BT-Drucksache 17/888

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Vom 2. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/888 (neu)
17. Wahlperiode 02. 03. 2010

Antrag
der Abgeordneten Ulrich Kelber, Dr. Matthias Miersch, Dorothee Menzner, Sylvia
Kotting-Uhl, Jan van Aken, Agnes Alpers, Kerstin Andreae, Ingrid Arndt-Brauer,
Rainer Arnold, Sabine Bätzing, Heinz-Joachim Barchmann, Doris Barnett,
Dr. Hans-Peter Bartels, Klaus Barthel, Sören Bartol, Dr. Dietmar Bartsch, Bärbel
Bas, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Dirk Becker, Uwe Beckmeyer,
Cornelia Behm, Herbert Behrens, Birgitt Bender, Karin Binder, Lothar Binding
(Heidelberg), Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Steffen Bockhahn, Gerd
Bollmann, Alexander Bonde, Klaus Brandner, Willi Brase, Bernhard Brinkmann
(Hildesheim), Christine Buchholz, Marco Bülow, Eva Bulling-Schröter, Edelgard
Bulmahn, Dr. Martina Bunge, Ulla Burchardt, Martin Burkert, Roland Claus, Viola
von Cramon-Taubadel, Petra Crone, Sevim Dag˘delen, Dr. Peter Danckert,
Dr. Diether Dehm, Ekin Deligöz, Heidrun Dittrich, Martin Dörmann, Katja Dörner,
Werner Dreibus, Elvira Drobinski-Weiß, Garrelt Duin, Sebastian Edathy, Siegmund
Ehrmann, Dr. Dagmar Enkelmann, Dr. h. c. Gernot Erler, Klaus Ernst, Petra
Ernstberger, Karin Evers-Meyer, Hans-Josef Fell, Elke Ferner, Gabriele
Fograscher, Dr. Edgar Franke, Dagmar Freitag, Peter Friedrich, Sigmar Gabriel,
Dr. Thomas Gambke, Wolfgang Gehrcke, Kai Gehring, Michael Gerdes, Martin
Gerster, Iris Gleicke, Günter Gloser, Katrin Göring-Eckardt, Nicole Gohlke, Diana
Golze, Ulrike Gottschalck, Angelika Graf (Rosenheim), Michael Groschek, Michael
Groß, Annette Groth, Wolfgang Gunkel, Dr. Gregor Gysi, Hans-Joachim Hacker,
Heike Hänsel, Bettina Hagedorn, Michael Hartmann (Wackernheim), Britta
Haßelmann, Hubertus Heil (Peine), Dr. Rosemarie Hein, Rolf Hempelmann,
Dr. Barbara Hendricks, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, Gustav Herzog,
Gabriele Hiller-Ohm, Petra Hinz (Essen), Priska Hinz (Herborn), Ulrike Höfken,
Inge Höger, Dr. Eva Högl, Bärbel Höhn, Dr. Barbara Höll, Ingrid Hönlinger, Frank
Hofmann (Volkach), Dr. Anton Hofreiter, Thilo Hoppe, Christel Humme, Andrej
Hunko, Ulla Jelpke, Dr. Lukrezia Jochimsen, Josip Juratovic, Oliver Kaczmarek,
Johannes Kahrs, Dr. h. c. Susanne Kastner, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Memet
Kilic, Sven Kindler, Katja Kipping, Maria Klein-Schmeink, Lars Klingbeil, Hans-
Ulrich Klose, Harald Koch, Ute Koczy, Tom Koenigs, Fritz Rudolf Körper,
Dr. Bärbel Kofler, Daniela Kolbe (Leipzig), Jan Korte, Anette Kramme, Jutta
Krellmann, Nicolette Kressl, Oliver Krischer, Angelika Krüger-Leißner, Agnes
Krumwiede, Stephan Kühn, Renate Künast, Fritz Kuhn, Ute Kumpf, Katrin Kunert,
Markus Kurth, Undine Kurth (Quedlinburg), Christine Lambrecht, Christian Lange
(Backnang), Dr. Karl Lauterbach, Caren Lay, Monika Lazar, Sabine Leidig, Steffen-
Claudio Lemme, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Stefan Liebich, Burkhard
Lischka, Gabriele Lösekrug-Möller, Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch, Kirsten
Lühmann, Thomas Lutze, Nicole Maisch, Agnes Malczak, Caren Marks, Katja
Mast, Hilde Mattheis, Ulrich Maurer, Petra Merkel (Berlin), Ullrich Meßmer,
Cornelia Möhring, Kornelia Möller, Jerzy Montag, Niema Movassat, Kerstin Müller

Drucksache 17/888 (neu) – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

(Köln), Beate Müller-Gemmeke, Franz Müntefering, Dr. Rolf Mützenich, Andrea
Nahles, Wolfgang Neskovic, Ingrid Nestle, Dietmar Nietan, Manfred Nink, Thomas
Nord, Dr. Konstantin von Notz, Omid Nouripour, Aydan Özog˘uz, Thomas
Oppermann, Holger Ortel, Friedrich Ostendorff, Dr. Hermann Ott, Petra Pau, Heinz
Paula, Lisa Paus, Jens Petermann, Johannes Pflug, Richard Pitterle, Yvonne
Ploetz, Eckhard Pols, Joachim Poß, Brigitte Pothmer, Dr. Wilhelm Priesmeier,
Florian Pronold, Dr. Sascha Raabe, Mechthild Rawert, Gerold Reichenbach,
Dr. Carola Reimann, Ingrid Remmers, Sönke Rix, René Röspel, Tabea Rößner,
Dr. Ernst Dieter Rossmann, Claudia Roth (Augsburg), Michael Roth (Heringen),
Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Krista Sager, Manuel Sarrazin, Anton Schaaf,
Axel Schäfer (Bochum), Paul Schäfer (Köln), Elisabeth Scharfenberg, Christine
Scheel, Dr. Hermann Scheer, Dr. Gerhard Schick, Marianne Schieder
(Schwandorf), Michael Schlecht, Dr. Frithjof Schmidt, Ulla Schmidt (Aachen),
Silvia Schmidt (Eisleben), Carsten Schneider (Erfurt), Olaf Scholz, Ottmar
Schreiner, Dr. Herbert Schui, Swen Schulz (Spandau), Ewald Schurer, Frank
Schwabe, Dr. Angelica Schwall-Düren, Rolf Schwanitz, Stefan Schwartze,
Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-Schäfer, Raju Sharma, Dr. Carsten Sieling,
Dr. Petra Sitte, Sonja Steffen, Peer Steinbrück, Dorothea Steiner, Kersten Steinke,
Dr. Frank-Walter Steinmeier, Christoph Strässer, Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn,
Hans-Christian Ströbele, Sabine Stüber, Alexander Süßmair, Kerstin Tack,
Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Dr. Harald Terpe, Dr. h. c. Wolfgang Thierse,
Wolfgang Tiefensee, Markus Tressel, Jürgen Trittin, Dr. Axel Troost, Alexander
Ulrich, Rüdiger Veit, Kathrin Vogler, Ute Vogt, Dr. Marlies Volkmer, Sahra
Wagenknecht, Daniela Wagner, Halina Wawzyniak, Harald Weinberg, Katrin
Werner, Andrea Wicklein, Heidemarie Wieczorek-Zeul, Dr. Dieter Wiefelspütz,
Wolfgang Wieland, Dr. Valerie Wilms, Josef Philip Winkler, Waltraud Wolff
(Wolmirstedt), Jörn Wunderlich, Uta Zapf, Dagmar Ziegler, Sabine Zimmermann,
Manfred Zöllmer, Brigitte Zypries

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Der Bundestag wolle beschließen:

Es wird ein Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes
eingesetzt.

Dem Untersuchungsausschuss sollen 15 ordentliche Mitglieder (CDU/CSU:
6 Mitglieder, SPD: 3 Mitglieder, FDP: 2 Mitglieder, DIE LINKE.: 2 Mitglieder,
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 2 Mitglieder) und die entsprechende Anzahl
von stellvertretenden Mitgliedern angehören.

Der Untersuchungsausschuss soll, ausgehend von der mit Kabinettsbeschluss
vom 13. Juli 1983 getroffenen zentralen Lenkungsentscheidung der Bundes-
regierung, sich bei der Suche nach einem Endlager für radioaktive Abfälle aus
der friedlichen Nutzung der Kernenergie ausschließlich auf die untertägige Er-
kundung des Standorts Gorleben zu beschränken und keine alternativen Stand-
orte zu prüfen, klären,

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/888 (neu)

– auf Grundlage welcher Gutachten, Expertisen oder sonstiger Informationen
diese Entscheidung durch welche Personen, unter wessen Mitwirkung, auf
wessen Empfehlungen hin und aus welchen Beweggründen getroffen wurde,

– ob bei der Entscheidung der aktuelle Stand von Wissenschaft und Technik
zu Grunde gelegt wurde,

– ob es politische Vorfestlegungen oder Vorgaben bezüglich des Standorts
Gorleben als Endlager gab, und falls ja, welches die Gründe hierfür waren,

– ob es durch Mitglieder oder Mitarbeiter der Bundesregierung oder von drit-
ter Seite Bemühungen gab, den Inhalt von rechts- oder naturwissenschaftli-
chen Expertisen, Gutachten oder Empfehlungen in diesem Zusammenhang
zu beeinflussen oder ob vorhandene Expertisen ungenügend berücksichtigt
oder zurückgehalten worden sind,

– ob Mitglieder oder Mitarbeiter der Bundesregierung im Zusammenhang mit
der Entscheidung vom 13. Juli 1983 gegenüber dem Parlament, der Öffent-
lichkeit oder dritten Stellen Informationen vorenthalten oder unvollständige
oder falsche Angaben gemacht haben,

– welche rechtlichen, tatsächlichen und politischen Konsequenzen aus den in
diesem Untersuchungsverfahren gewonnenen Erkenntnissen für den Stand-
ort Gorleben und die zukünftige Suche nach einem Endlagerstandort zu zie-
hen sind.

Der Untersuchungsausschuss soll dabei auch folgende Fragen klären:

1. Wer hat wann auf Bundesebene die Entscheidung für Salz als Wirtsgestein
zur Einlagerung radioaktiver Abfälle getroffen?

2. Welche Äußerungen, Stellungnahmen, Gutachten, Empfehlungen oder sons-
tige Informationen von Behörden oder dritten Stellen lagen der Bundes-
regierung hierzu vor?

3. Auf welcher Informationsgrundlage wurde der von der Landesregierung
Niedersachsen benannte Standort Gorleben durch den Bund akzeptiert?

4. Inwiefern wurde sichergestellt, dass dabei der aktuelle Stand von Wissen-
schaft und Technik zu Grunde gelegt wurde?

5. Wurde hinsichtlich des Langzeitsicherheitsnachweises für den Standort Gor-
leben auf Daten für den damals unter DDR-Gebiet liegenden Teil der geolo-
gischen Formation verzichtet, und falls ja, aus welchem Grund und mit wel-
cher Berechtigung?

6. Welche sonstigen Kriterien spielten bei der Auswahl des Standorts Gorleben
gegebenenfalls eine Rolle?

7. Wurden die am 5. Januar 1983 im Bundesanzeiger veröffentlichten „Sicher-
heitskriterien für die Endlagerung radioaktiver Abfälle in einem Bergwerk“
unabhängig von konkreten Standorten und ausschließlich auf der Grundlage
des aktuellen Stands von Wissenschaft und Technik entwickelt oder orien-
tierten sie sich ganz oder teilweise an den Standortbedingungen in Gorleben,
um die Standortwahl Gorleben dadurch gegebenenfalls zu untermauern?

8. Welche Standorte waren bis zur Entscheidung der Bundesregierung vom
13. Juli 1983 als untersuchungswürdige Alternativen zu Gorleben in der
Diskussion, und aus welchen Gründen wurde jeweils entschieden, diese
alternativen Standorte nicht weiter zu erkunden?

9. Wurde die Entscheidung zur ausschließlichen Erkundung des Standorts Gor-
leben aufgrund bestimmter Kriterien getroffen, und falls ja, wo sind diese
Kriterien festgehalten, und wann wurden sie von wem entwickelt?

Drucksache 17/888 (neu) – 4 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

10. Inwiefern wurde sichergestellt, dass bei der Entscheidung zur ausschließ-
lichen Erkundung des Standorts Gorleben der aktuelle Stand von Wissen-
schaft und Technik zu Grunde gelegt wurde und die Voraussetzungen für
eine untertägige Erkundung des Standorts Gorleben erfüllt waren?

11. Welche Äußerungen, Stellungnahmen oder Empfehlungen von Behörden
oder anderen Einrichtungen, die sich mit der Erkundung von alternativen
Standorten auseinandersetzten, lagen der Bundesregierung zum Zeitpunkt
des Kabinettsbeschlusses vor oder hätten ihr vorliegen müssen?

Gab es entsprechende Stellungnahmen bei der Landesregierung Nieder-
sachsen, von denen die Bundesregierung Kenntnis hatte oder hätte haben
können oder müssen?

12. Wer hat im Bereich der Bundesregierung, in der Landesregierung Nieder-
sachsen und den ihr zugeordneten Behörden oder von dritter Seite an der
Entscheidungsfindung auf Bundesebene direkt oder indirekt mitgewirkt
oder Bemühungen unternommen, auf die Entscheidung einzuwirken?

In welcher Art und Weise erfolgte dies jeweils?

13. Welche schriftlichen Unterlagen (Gutachten, Expertisen, Vorentwürfe, Ex-
posés, Vermerke o. Ä.) lagen den Mitgliedern und Mitarbeitern der Bun-
desregierung im Vorfeld der Entscheidung vom 13. Juli 1983 vor?

Von wem wurden diese Unterlagen jeweils wann und mit welchen Maßga-
ben oder Vorgaben in Auftrag gegeben?

Gab es Bemühungen von Mitgliedern oder Mitarbeitern der Bundesregie-
rung oder von dritter Stelle, auf deren Inhalte Einfluss zu nehmen, und wel-
che Folgen hatten diese Bemühungen gegebenenfalls?

Welche Äußerungen bzw. Stellungnahmen von Mitgliedern oder Mitarbei-
tern der Bundesregierung gab es gegebenenfalls zu diesen Unterlagen?

14. Welche Erkenntnisse lagen der Bundesregierung in Bezug auf die bereits
seit den 60er-Jahren untersuchte so genannte Gorleben-Rinne vor, wonach
die Ton-Deckschicht über dem Salzstock von einer Rinne durchzogen sei,
durch die stetig Grundwasser fließe, wodurch die Gefahr bestehe, dass bei
einer Atommüll-Einlagerung radioaktiv belastete Lauge ins Grundwasser
dringen könne (vgl. etwa: Frankfurter Rundschau vom 22. September
2009)?

Wie wurde mit diesen Erkenntnissen im weiteren Verlauf gegebenenfalls
umgegangen?

15. Wurde von der Bundesregierung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am
13. Juli 1983 oder im Verlauf der Erkundung entschieden, gebilligt, tole-
riert, ignoriert oder fahrlässig verkannt, dass die auf der Grundlage der ge-
troffenen Entscheidung vorzunehmenden Baumaßnahmen in Gorleben
eventuell nicht nur der reinen Erkundung dienen, sondern so angelegt sein
sollten, dass der Bau für den industriellen Betrieb als Endlager genutzt
werden können sollte (vgl. dazu etwa: Frankfurter Rundschau vom 29. Mai
2009)?

Sollte also unabhängig von tatsächlichen Erkundungsergebnissen ein spä-
teres Endlager vorbereitet oder ein verdecktes Endlager errichtet werden?

Sollte ein Planfeststellungsverfahren zum Bau des Endlagers umgangen
werden?

Sollten dadurch letztlich Fakten geschaffen werden, die es später erschwe-
ren sollten, von einer Nutzung des Standorts Gorleben als Endlager wieder
Abstand zu nehmen?

Welche Zusatzkosten wurden dadurch gegebenenfalls verursacht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/888 (neu)

16. Gab es Bemühungen der Atomwirtschaft oder ihr nahestehender Institu-
tionen oder Personen, Einfluss auf die Entscheidungsfindung der Bundes-
regierung oder weiterer am Verfahren beteiligter Stellen oder Personen aus-
zuüben, und welche Folgen hatten diese gegebenenfalls, insbesondere hin-
sichtlich möglicher Interessenkonflikte?

17. Gab es insbesondere im Vorfeld der Entscheidung vom 13. Juli 1983 Kon-
takte bzw. Absprachen von an der Entscheidungsfindung direkt oder indi-
rekt beteiligten Personen mit Vertretern der Energieversorgungsunterneh-
men oder anderer direkt oder indirekt an der Erkundung beteiligter Unter-
nehmen bezüglich der Festlegung auf den Standort Gorleben und dessen
weiterer Erkundung?

18. Hat es in diesem Zusammenhang einen Wechsel von Personen aus öffent-
lichen Stellen des Bundes, der Landesregierung Niedersachsen sowie den
jeweils zugeordneten Behörden zu Unternehmen der Energiewirtschaft, die
mit der nuklearen Stromerzeugung oder der Entsorgung des dabei anfallen-
den radioaktiven Abfalls befasst waren, gegeben oder haben Wechsel in
umgekehrter Reihenfolge stattgefunden?

19. Welche fachlichen und/oder politischen Gründe waren letztlich ausschlag-
gebend für die Entscheidung der Bundesregierung vom 13. Juli 1983?

20. Gab es Bemühungen der beteiligten Bundeseinrichtungen, eine breite Öf-
fentlichkeitsbeteiligung zu vermeiden, und falls ja, welche waren dies, und
aus welchen Beweggründen erfolgten sie?

21. Wurde bei der untertägigen Erkundung auch deshalb Bergrecht und nicht
Atomrecht zu Grunde gelegt, um ein atomrechtliches Planfeststellungsverfah-
ren mit der damit verbundenen Beteiligung der Öffentlichkeit zu umgehen?

22. Welche Finanzmittel wurden wann, von wem und auf welcher Basis in die
Region Gorleben transferiert, und sollten diese dazu dienen, die Akzeptanz
des geplanten Endlagers bei den Bürgerinnen und Bürgern zu erhöhen?

23. Hat die Bundesregierung dem Parlament, der Öffentlichkeit oder sonstigen
Stellen im Zusammenhang mit der Entscheidung vom 13. Juli 1983 Infor-
mationen und Erkenntnisse vorenthalten?

24. Hat die Bundesregierung in diesem Zusammenhang gegenüber dem Parla-
ment, der Öffentlichkeit oder im Rahmen von Gerichtsverfahren unvoll-
ständige oder falsche Angaben gemacht?

25. Wurden in den Jahren 1997/1998 Änderungen am ursprünglichen Erkun-
dungs- oder Endlagerkonzept z. B. wegen fehlender Salzrechte vorgenom-
men?

26. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus den durch den Untersu-
chungsausschuss gewonnenen Erkenntnissen

– im Hinblick auf beteiligte Personen und Institutionen bzw. Behörden,

– im Hinblick auf die Zukunft des Standorts Gorleben und die künftige
Suche nach einem geeigneten Endlager für hochradioaktive Abfälle,
insbesondere unter Berücksichtigung des internationalen Stands von
Wissenschaft und Technik sowie der Beteiligung der Öffentlichkeit?

Berlin, den 2. März 2010

Ulrich Kelber
Dr. Matthias Miersch
Dorothee Menzner
Sylvia Kotting-Uhl

Jan van Aken
Agnes Alpers
Kerstin Andreae
Ingrid Arndt-Brauer

Drucksache 17/888 (neu) – 6 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Rainer Arnold
Sabine Bätzing
Heinz-Joachim Barchmann
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel
Sören Bartol
Dr. Dietmar Bartsch
Bärbel Bas
Marieluise Beck (Bremen)
Volker Beck (Köln)
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Cornelia Behm
Herbert Behrens
Birgitt Bender
Karin Binder
Lothar Binding (Heidelberg)
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Steffen Bockhahn
Gerd Bollmann
Alexander Bonde
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann (Hildesheim)
Christine Buchholz
Marco Bülow
Eva Bulling-Schröter
Edelgard Bulmahn
Dr. Martina Bunge
Ulla Burchardt
Martin Burkert
Roland Claus
Viola von Cramon-Taubadel
Petra Crone
Sevim Dag˘delen
Dr. Peter Danckert
Dr. Diether Dehm
Ekin Deligöz
Heidrun Dittrich
Martin Dörmann
Katja Dörner
Werner Dreibus
Elvira Drobinski-Weiß
Garrelt Duin
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. Dagmar Enkelmann
Dr. h. c. Gernot Erler
Klaus Ernst
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Hans-Josef Fell
Elke Ferner
Gabriele Fograscher
Dr. Edgar Franke

Dagmar Freitag
Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Dr. Thomas Gambke
Wolfgang Gehrcke
Kai Gehring
Michael Gerdes
Martin Gerster
Iris Gleicke
Günter Gloser
Katrin Göring-Eckardt
Nicole Gohlke
Diana Golze
Ulrike Gottschalck
Angelika Graf (Rosenheim)
Michael Groschek
Michael Groß
Annette Groth
Wolfgang Gunkel
Dr. Gregor Gysi
Hans-Joachim Hacker
Heike Hänsel
Bettina Hagedorn
Michael Hartmann (Wackernheim)
Britta Haßelmann
Hubertus Heil (Peine)
Dr. Rosemarie Hein
Rolf Hempelmann
Dr. Barbara Hendricks
Bettina Herlitzius
Winfried Hermann
Gustav Herzog
Gabriele Hiller-Ohm
Petra Hinz (Essen)
Priska Hinz (Herborn)
Ulrike Höfken
Inge Höger
Dr. Eva Högl
Bärbel Höhn
Dr. Barbara Höll
Ingrid Hönlinger
Frank Hofmann (Volkach)
Dr. Anton Hofreiter
Thilo Hoppe
Christel Humme
Andrej Hunko
Ulla Jelpke
Dr. Lukrezia Jochimsen
Josip Juratovic
Oliver Kaczmarek
Johannes Kahrs
Dr. h. c. Susanne Kastner
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Memet Kilic
Sven Kindler
Katja Kipping

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/888 (neu)

Maria Klein-Schmeink
Lars Klingbeil
Hans-Ulrich Klose
Harald Koch
Ute Koczy
Tom Koenigs
Fritz Rudolf Körper
Dr. Bärbel Kofler
Daniela Kolbe (Leipzig)
Jan Korte
Anette Kramme
Jutta Krellmann
Nicolette Kressl
Oliver Krischer
Angelika Krüger-Leißner
Agnes Krumwiede
Stephan Kühn
Renate Künast
Fritz Kuhn
Ute Kumpf
Katrin Kunert
Markus Kurth
Undine Kurth (Quedlinburg)
Christine Lambrecht
Christian Lange (Backnang)
Dr. Karl Lauterbach
Caren Lay
Monika Lazar
Sabine Leidig
Steffen-Claudio Lemme
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Burkhard Lischka
Gabriele Lösekrug-Möller
Ulla Lötzer
Dr. Gesine Lötzsch
Kirsten Lühmann
Thomas Lutze
Nicole Maisch
Agnes Malczak
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Ulrich Maurer
Petra Merkel (Berlin)
Ullrich Meßmer
Cornelia Möhring
Kornelia Möller
Jerzy Montag
Niema Movassat
Kerstin Müller (Köln)
Beate Müller-Gemmeke
Franz Müntefering
Dr. Rolf Mützenich
Andrea Nahles
Wolfgang Neskovic

Ingrid Nestle
Dietmar Nietan
Manfred Nink
Thomas Nord
Dr. Konstantin von Notz
Omid Nouripour
Aydan Özog˘uz
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Friedrich Ostendorff
Dr. Hermann Ott
Petra Pau
Heinz Paula
Lisa Paus
Jens Petermann
Johannes Pflug
Richard Pitterle
Yvonne Ploetz
Eckhard Pols
Joachim Poß
Brigitte Pothmer
Dr. Wilhelm Priesmeier
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Gerold Reichenbach
Dr. Carola Reimann
Ingrid Remmers
Sönke Rix
René Röspel
Tabea Rößner
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Claudia Roth (Augsburg)
Michael Roth (Heringen)
Marlene Rupprecht (Tuchenbach)
Krista Sager
Manuel Sarrazin
Anton Schaaf
Axel Schäfer (Bochum)
Paul Schäfer (Köln)
Elisabeth Scharfenberg
Christine Scheel
Dr. Hermann Scheer
Dr. Gerhard Schick
Marianne Schieder (Schwandorf)
Michael Schlecht
Dr. Frithjof Schmidt
Ulla Schmidt (Aachen)
Silvia Schmidt (Eisleben)
Carsten Schneider (Erfurt)
Olaf Scholz
Ottmar Schreiner
Dr. Herbert Schui
Swen Schulz (Spandau)
Ewald Schurer
Frank Schwabe
Dr. Angelica Schwall-Düren

Drucksache 17/888 (neu) – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Begründung

Deutschland benötigt dringend eine Lösung zur Endlagerung hochradioaktiver
Abfälle. Aufgrund der zentralen Leitungsentscheidung der Bundesregierung
mit Kabinettsbeschluss vom 13. Juli 1983 wurde als Standort für ein derartiges
Lager ausschließlich der Salzstock in Gorleben erkundet. Kritiker führen seit
jeher an, dass die Festlegung auf Gorleben politisch manipuliert worden sei und
zweifeln die Eignung des Salzstocks als Endlager an.

Im Jahr 2009 wurden Dokumente publik, die den Verdacht begründen, dass die
Entscheidung der Bundesregierung vom 13. Juli 1983, sich bei der Erkundung
auf den Standort Gorleben zu beschränken und damit die Erkundung alternati-
ver Standorte auszuschließen, auf politischer Vorfestlegung bzw. politischer
Einflussnahme beruhte und nicht auf Grundlage wissenschaftlicher Expertise
erfolgte.

Die genauen Umstände der Standortauswahl sind bis heute nicht geklärt. Zahl-
reiche Geologen hatten die Eignung des Salzstocks von Anfang an bezweifelt
und auf die Inhomogenität des Salzstocks, auf Frostrisse, die ihn durchziehen,
und auf das über weite Strecken fehlende Deckgebirge über dem Salzstock
(„Gorleben-Rinne“) verwiesen. In dem weit in den Salzstock hineinreichenden
Kalisalz, das leicht wasserlöslich ist, sahen sie eines der Hauptprobleme für die
Gewährleistung einer sicheren Isolation der Radionuklide über den erforderli-
chen Zeitraum von einer Million Jahre. Es ist deshalb verwunderlich, dass an
der Entscheidung beteiligte Stellen wie der Bundesanstalt für Geowissenschaf-
ten und Rohstoffe entsprechende Erkenntnisse, die gegen eine Eignung des
Standorts sprechen, nicht vorgelegen haben sollen, diese zumindest aber nicht
publik gemacht wurden.

Rolf Schwanitz
Stefan Schwartze
Dr. Ilja Seifert
Kathrin Senger-Schäfer
Raju Sharma
Dr. Carsten Sieling
Dr. Petra Sitte
Sonja Steffen
Peer Steinbrück
Dorothea Steiner
Kersten Steinke
Dr. Frank-Walter Steinmeier
Christoph Strässer
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Hans-Christian Ströbele
Sabine Stüber
Alexander Süßmair
Kerstin Tack
Dr. Kirsten Tackmann
Frank Tempel
Dr. Harald Terpe
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Wolfgang Tiefensee
Markus Tressel
Jürgen Trittin

Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Rüdiger Veit
Kathrin Vogler
Ute Vogt
Dr. Marlies Volkmer
Sahra Wagenknecht
Daniela Wagner
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Andrea Wicklein
Heidemarie Wieczorek-Zeul
Dr. Dieter Wiefelspütz
Wolfgang Wieland
Dr. Valerie Wilms
Josef Philip Winkler
Waltraud Wolff (Wolmirstedt)
Jörn Wunderlich
Uta Zapf
Dagmar Ziegler
Sabine Zimmermann
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/888 (neu)

Infolge von Medienberichten über den Verdacht unzulässiger politischer Ein-
flussnahme auf ein der Entscheidung für den Standort Gorleben zu Grunde lie-
gendes Gutachten der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (vgl. statt vieler
nur: Süddeutsche Zeitung vom 9. September 2009) wurde von der Bundes-
regierung im September 2009 eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitern des Bundes-
ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) und des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie des Bundeskanzler-
amts eingesetzt. Diese war nicht in der Lage, ein einvernehmliches Ergebnis
vorzulegen. Stattdessen gibt es einen umfänglichen Berichtsentwurf des BMU
sowie eine knappe gegenläufige Stellungnahme des Bundeskanzleramts, die
aufgrund eines Widerspruchs des BMU nicht als einvernehmlicher Bericht der
Bundesregierung gelten kann. Mithin liegt noch kein abschließendes und um-
fassendes Urteil über die Vorgänge des Jahres 1983 und deren Genese vor.

Ziel des Untersuchungsausschusses ist es vor allem, zu überprüfen, ob die Aus-
wahl und Entscheidung zur alleinigen Erkundung des Standorts Gorleben am
Stand von Wissenschaft und Technik orientiert war oder ob und gegebenenfalls
in welcher Form es hierbei politische Einflussnahmen auf die der Entscheidung
zu Grunde liegenden wissenschaftliche Expertisen gegeben hat und wer hierfür
die Verantwortung trägt.

Dies ist vor allem deshalb erforderlich, weil erst im September des letzten Jah-
res durch Presseberichterstattung Tatsachen offenbar wurden, die die Vermu-
tung politischer Fehlentscheidungen mit weitreichenden und bis heute wirken-
den Konsequenzen zumindest nahelegen und damit ein großes öffentliches
Interesse an einer möglichst lückenlosen Aufklärung dieses konkreten Vor-
gangs begründen.

Der Untersuchungsausschuss soll dadurch in die Lage versetzt werden, aus sei-
nen Erkenntnissen Empfehlungen für die künftige Endlagersuche zu erarbeiten.

Autoren

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