BT-Drucksache 16/11515

Entwurf eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung

Vom 19. Dezember 2008


Deutscher Bundestag Drucksache 16/11515
16. Wahlperiode 19. 12. 2008

Gesetzentwurf

der Abgeordneten Dr. Carola Reimann, Detlef Parr, Frank Spieth, Dr. Harald Terpe,
Elke Ferner, Johannes Jung (Karlsruhe), Dr. Peter Struck, Dr. Margrit Spielmann,
Sabine Bätzing, Marion Caspers-Merk, Dr. Karl Addicks, Dr. Lale Akgün, Gregor
Amann, Gerd Andres, Niels Annen, Ingrid Arndt-Brauer, Rainer Arnold, Daniel
Bahr (Münster), Ernst Bahr (Neuruppin), Doris Barnett, Dr. Hans-Peter Bartels,
Klaus Barthel, Sören Bartol, Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Dirk
Becker, Uwe Beckmeyer, Cornelia Behm, Birgitt Bender, Klaus Uwe Benneter,
Dr. Axel Berg, Ute Berg, Petra Bierwirth, Karin Binder, Lothar Binding (Heidelberg),
Dr. Lothar Bisky, Volker Blumentritt, Clemens Bollen, Gerd Bollmann, Alexander
Bonde, Dr. Gerhard Botz, Klaus Brandner, Willi Brase, Bernhard Brinkmann
(Hildesheim), Angelika Brunkhorst, Marco Bülow, Dr. Michael Bürsch, Dr. Martina
Bunge, Ernst Burgbacher, Christian Carstensen, Dr. Peter Danckert, Karl Diller,
Patrick Döring, Martin Dörmann, Dr. Carl-Christian Dressel, Elvira Drobinski-Weiß,
Dr. Thea Dückert, Garrelt Duin, Detlef Dzembritzki, Sebastian Edathy, Siegmund
Ehrmann, Dr. Uschi Eid, Dr. Dagmar Enkelmann, Klaus Ernst, Petra Ernstberger,
Karin Evers-Meyer, Annette Faße, Hans-Josef Fell, Gabriele Fograscher, Dagmar
Freitag, Otto Fricke, Peter Friedrich, Sigmar Gabriel, Kai Gehring, Martin Gerster,
Iris Gleicke, Katrin Göring-Eckardt, Hans-Michael Goldmann, Renate Gradistanac,
Angelika Graf (Rosenheim), Dieter Grasedieck, Monika Griefahn, Kerstin Griese,
Gabriele Groneberg, Wolfgang Grotthaus, Wolfgang Gunkel, Hans-Joachim
Hacker, Heike Hänsel, Bettina Hagedorn, Klaus Hagemann, Dr. Christel
Happach-Kasan, Alfred Hartenbach, Michael Hartmann (Wackernheim), Hubertus
Heil, Dr. Reinhold Hemker, Dr. Barbara Hendricks, Bettina Herlitzius, Gustav
Herzog, Peter Hettlich, Gabriele Hiller-Ohm, Stephan Hilsberg, Priska Hinz
(Herborn), Ulrike Höfken, Bärbel Höhn, Dr. Barbara Höll, Iris Hoffmann (Wismar),
Frank Hofmann (Volkach), Birgit Homburger,Thilo Hoppe, Eike Hovermann,
Dr. Werner Hoyer, Klaas Hübner, Christel Humme, Ulla Jelpke, Josip Juratovic,
Johannes Kahrs, Ulrich Kasparick, Dr. h. c. Susanne Kastner, Michael Kauch,
Ulrich Kelber, Katja Kipping, Christian Kleiminger, Hans-Ulrich Klose, Monika
Knoche, Ute Koczy, Fritz Rudolf Körper, Dr. Bärbel Kofler, Walter Kolbow, Gudrun
Kopp, Sylvia Kotting-Uhl, Rolf Kramer, Anette Kramme, Nicolette Kressl, Angelika
Krüger-Leißner, Jürgen Kucharczyk, Helga Kühn-Mengel, Dr. Uwe Küster, Ute
Kumpf, Katrin Kunert, Markus Kurth, Heinz Lanfermann, Christian Lange

(Backnang), Dr. Karl Lauterbach, Monika Lazar, Sabine Leutheusser-
Schnarrenberger, Gabriele Lösekrug-Möller, Helga Lopez, Dr. Erwin Lotter, Lothar
Mark, Caren Marks, Katja Mast, Hilde Mattheis, Patrick Meinhardt, Dorothee
Menzner, Petra Merkel (Berlin), Ulrike Merten, Dr. Matthias Miersch, Jerzy Montag,
Marko Mühlstein, Detlef Müller (Chemnitz), Kerstin Müller (Köln), Dr. Rolf
Mützenich, Gesine Multhaupt, Winfried Nachtwei, Andrea Nahles, Wolfgang

Drucksache 16/11515 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Neskovic, Dirk Niebel, Omid Nouripour, Thomas Oppermann, Holger Ortel, Heinz
Paula, Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Joachim Poß, Florian Pronold, Dr. Sascha
Raabe, Mechthild Rawert, Maik Reichel, Gerold Reichenbach, Elke Reinke, Christel
Riemann-Hanewinckel, Walter Riester, Sönke Rix, René Röspel, Dr. Ernst Dieter
Rossmann, Karin Roth (Esslingen), Michael Roth (Heringen), Ortwin Runde,
Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Krista Sager, Manuel Sarrazin, Elisabeth
Scharfenberg, Bernd Scheelen, Dr. Hermann Scheer, Irmingard Schewe-Gerigk,
Marianne Schieder, Dr. Konrad Schily, Otto Schily, Silvia Schmidt (Eisleben),
Renate Schmidt (Nürnberg), Heinz Schmitt (Landau), Carsten Schneider (Erfurt),
Reinhard Schultz (Everswinkel), Swen Schulz (Spandau), Ewald Schurer,
Dr. Angelica Schwall-Düren, Rolf Schwanitz, Rita Schwarzelühr-Sutter, Dr. Ilja
Seifert, Dr. Petra Sitte, Dr. Hermann Otto Solms, Wolfgang Spanier, Dr. Max Stadler,
Dr. Ditmar Staffelt, Rainder Steenblock, Dieter Steinecke, Ludwig Stiegler,
Dr. Rainer Stinner, Rolf Stöckel, Christoph Strässer, Dr. Wolfgang Strengmann-
Kuhn, Joachim Stünker, Dr. Rainer Tabillion, Jörg Tauss, Jella Teuchner,
Dr. h. c. Wolfgang Thierse, Jörn Thießen, Franz Thönnes, Florian Toncar, Dr. Axel
Troost, Rüdiger Veit, Simone Violka, Jörg Vogelsänger, Dr. Marlies Volkmer, Hedi
Wegener, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Dr. Rainer Wend, Lydia Westrich,
Dr. Margrit Wetzel, Andrea Wicklein, Josef Philip Winkler, Engelbert Wistuba,
Dr. Wolfgang Wodarg, Hartfrid Wolff (Rems-Murr), Waltraud Wolff (Wolmirstedt),
Heidi Wright, Jörn Wunderlich, Uta Zapf, Manfred Zöllmer, Brigitte Zypries

Entwurf eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung

A. Problem

Nach Abschluss der Arzneimittelstudie „Das bundesdeutsche Modellprojekt zur
heroingestützten Behandlung Opiatabhängiger – eine multizentrische, randomi-
sierte, kontrollierte Therapiestudie“ sowie weiterer Spezialstudien zur diamor-
phingestützten Substitutionsbehandlung muss eine Entscheidung getroffen wer-
den, ob die Diamorphinbehandlung in Deutschland als zusätzliche Option zur
Behandlung schwerstkranker Opiatabhängiger eingeführt und in das Regelsys-
tem der gesundheitlichen Versorgung integriert werden soll. Die vorliegenden
Studienergebnisse sprechen dafür, eine Behandlung mit Diamorphin für eine
klar begrenzte Zielgruppe Opiatabhängiger zu ermöglichen, die zuvor ernsthafte
Behandlungsversuche mit herkömmlichen Substitutionsmitteln unternommen
haben, und hierbei strikte Regularien für Indikationsstellung und Durchführung
der Behandlung vorzusehen. Damit können schwerstkranke Opiatabhängige, die
bislang nicht erfolgreich behandelt werden konnten, künftig verstärkt therapeu-
tisch erreicht werden. Zugleich werden die negativen Folgen der Drogenabhän-
gigkeit für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abgemildert.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/11515

B. Lösung

Um eine Behandlung mit Diamorphin zu ermöglichen, ist Diamorphin als ver-
schreibungsfähiges Betäubungsmittel einzustufen. Darüber hinaus sind die
Modalitäten gesetzlich zu regeln, unter denen Diamorphin zur Substitutionsbe-
handlung verwendet werden kann. Hierzu sollen Anpassungen des Betäubungs-
mittelgesetzes, der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung sowie des
Arzneimittelgesetzes erfolgen.

Über die Frage einer Finanzierung der neuen Behandlungsform durch die ge-
setzliche Krankenversicherung wird der Gemeinsame Bundesausschuss nach
§ 91 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) entscheiden.

C. Alternativen

Im Sinne der Zielsetzung, eine zusätzliche, dauerhafte und auch langfristig trag-
fähige Option für die Behandlung schwerstkranker Opiatabhängiger zu schaf-
fen, besteht keine Alternative.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Der Haushalt des Bundes wird nicht oder nur unwesentlich belastet.

Die Haushalte der Länder und Kommunen werden wie bei der herkömmlichen
Substitutionsbehandlung mit den Kosten der psychosozialen Betreuungsmaß-
nahmen für die mit Diamorphin behandelten Patientinnen und Patienten belas-
tet, da diese Maßnahmen nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Kranken-
versicherung enthalten sind.

Perspektivisch werden die Haushalte von Ländern und Kommunen sowie die
gesetzlichen Krankenkassen und Rentenversicherungsträger von den Kosten
wiederholter, aber letztendlich erfolgloser Suchthilfemaßnahmen entlastet.
Durch die Diamorphinbehandlung können gerade solche Opiatabhängige er-
reicht werden, bei denen eine herkömmliche Substitutionsbehandlung nicht er-
folgreich verläuft oder die von anderen Maßnahmen der Suchtbehandlung gar
nicht mehr erreicht werden. Hierdurch können Kosten für die Behandlung spä-
terer Folge- und Begleiterkrankungen, für wiederholte Entzugs- und Rehabilita-
tionsmaßnahmen sowie für sonstige Drogenhilfemaßnahmen in zuwendungs-
finanzierten Projekten oder Einrichtungen der Eingliederungshilfe reduziert
werden.

Darüber hinaus ist für die öffentlichen Haushalte aufgrund der verbesserten Le-
galbewährung der Patientinnen und Patienten langfristig eine Ersparnis bei den
durch Delinquenz verursachten Kosten zu erwarten. So hat die gesundheitsöko-
nomische Begleitforschung zur Heroinstudie ergeben, dass sich die aufgrund
von Delinquenz und Inhaftierungen entstandenen Kosten bei den mit Diamor-
phin behandelten Patientinnen und Patienten im untersuchten ersten Behand-
lungsjahr um 4 460 Euro pro Patient reduzierten.

E. Sonstige Kosten

Die gesetzlichen Krankenkassen werden, vorbehaltlich einer entsprechenden
Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses, mit den Kosten der Dia-
morphinbehandlung belastet. Dies betrifft sowohl die ärztlichen Leistungen als
auch die Kosten des Arzneimittels.

2. Nach § 47a wird folgender § 47b eingefügt:

a) Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tier-

ärztlichen Hausapotheke,

b) Diamorphin als pharmazeutischer Unterneh-
mer abgibt,“.

b) In Nummer 14 werden nach der Angabe „§13 Abs. 3

㤠47b
Sondervertriebsweg Diamorphin

(1) Pharmazeutische Unternehmer dürfen ein diamor-
phinhaltiges Fertigarzneimittel, das zur substitutionsge-
stützten Behandlung zugelassen ist, nur an anerkannte
Drucksache 16/11515 – 4 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Entwurf eines Gesetzes zur diamorphingestützten Substitutionsbehandlung

Vom …

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1

Änderung des Betäubungsmittelgesetzes

Das Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der Bekannt-
machung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), zuletzt geän-
dert durch … wird wie folgt geändert:

1. § 13 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 2 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:

„Diamorphin darf nur vom pharmazeutischen Unter-
nehmer und nur an anerkannte Einrichtungen nach
Absatz 3 Satz 2 Nr. 2a und 2b gegen Vorlage der Ver-
schreibung abgegeben werden.“

b) Absatz 3 wird wie folgt geändert:

aa) In Satz 2 werden nach Nummer 2 folgende Num-
mern 2a und 2b eingefügt:

„2a. das Verschreiben von Diamorphin nur in
Einrichtungen, denen eine Erlaubnis von der
zuständigen Landesbehörde erteilt wurde,
zugelassen,

2b. die Mindestanforderungen an die Ausstat-
tung der Einrichtungen, in denen die Be-
handlung mit dem Substitutionsmittel Dia-
morphin stattfindet, festgelegt, “.

bb) Nach Satz 2 werden folgende Sätze eingefügt:

„Für das Verfahren zur Erteilung einer Erlaubnis
nach Satz 2 Nr. 2a gelten § 7 Satz 2 Nr. 1 bis 4, § 8
Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 und 3 Satz 1 bis 3, § 9 Abs. 2
und § 10 entsprechend. Dabei tritt an die Stelle
des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medi-
zinprodukte jeweils die zuständige Landesbehör-
de, an die Stelle der zuständigen obersten Landes-
behörde jeweils das Bundesinstitut für Arzneimit-
tel und Medizinprodukte.“

2. In § 19 Abs. 1 Satz 3 werden nach dem Wort „Tierärzten“
die Wörter „ , pharmazeutischen Unternehmern im Falle
der Abgabe von Diamorphin“ eingefügt.

3. § 29 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt geändert:

a) Nummer 7 wird wie folgt gefasst:

„7. entgegen § 13 Abs. 2

4. In § 32 Abs. 1 Nr. 6 wird nach der Angabe „§ 13 Abs. 3
Satz 2 Nr. 2,“ die Angabe „2b,“ eingefügt.

5. In Spalte 2 der Anlage I zu § 1 Abs. 1 wird der Stoffbe-
zeichnung „Heroin (Diacetylmorphin, Diamorphin)“ die
Angabe „– ausgenommen Diamorphin zu den in den An-
lagen II und III bezeichneten Zwecken –“ angefügt.

6. In Anlage II (verkehrsfähige, aber nicht veschreibungsfä-
hige Betäubungsmittel) zu § 1 Abs. 1 wird nach der Posi-
tion „Dextropropoxyhen“ die folgende Position einge-
fügt:

– sofern es zur Herstellung von Zubereitungen zu medi-
zinischen Zwecken bestimmt ist –.“

7. In Anlage III (verkehrsfähige und verschreibungsfähige
Betäubungsmittel) zu § 1 Abs. 1 wird nach der Position
„Dexmethylphenidat“ die folgende Position eingefügt:

– nur in Zubereitungen, die zur Substitutionsbehand-
lung zugelassen sind – .“

Artikel 2

Änderung des Arzneimittelgesetzes

Das Arzneimittelgesetz in der Fassung der Bekanntma-
chung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), zuletzt
geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 31. Oktober 2007
(BGBl. I S. 2510) wird wie folgt geändert:

1. In der Inhaltsübersicht wird nach § 47a folgende Angabe
eingefügt:

„§ 47b Sondervertriebsweg Diamorphin“.

INN andere nicht
geschützte

oder Trivialnamen

chemische Namen
(IUPAC)

“ ------ Diamorphin ((5R,6S)-4,5-Epoxy-17-
methyl-morphin-7-en-
3,6-diyl)diacetat

INN andere nicht
geschützte

oder Trivialnamen

chemische Namen
(IUPAC)

“ ------ Diamorphin ((5R,6S)-4,5-Epoxy-17-
methyl-morphin-7-en-
3,6-diyl)diacetat
Satz 2 Nr. 1“ ein Komma und die Angabe „2a“ einge-
fügt.

Einrichtungen im Sinne des § 13 Abs. 3 Nr. 2a des Betäu-
bungsmittelgesetzes und nur auf Verschreibung eines

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 5 – Drucksache 16/11515

dort behandelnden Arztes abgeben. Andere Personen
dürfen die in Satz 1 genannten Arzneimittel nicht in Ver-
kehr bringen.

(2) Die §§ 43 und 47 finden auf die in Absatz 1 Satz 1
genannten Arzneimittel keine Anwendung.“

Artikel 3

Änderung der Betäubungsmittel-
Verschreibungsverordnung

Die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom
20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80), zuletzt geändert durch
… wird wie folgt geändert:

1. In § 1 Abs. 3 werden nach dem Wort „Rettungsdienste“
die Wörter „ , den Einrichtungen nach § 5 Abs. 9b“ ein-
gefügt.

2. § 2 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 Buchstabe a wird nach Nummer 3 fol-
gende Nummer 3a eingefügt:

„3a. Diamorphin 30 000 mg,“.

b) Dem Absatz 3 werden folgende Sätze angefügt:

„Diamorphin darf der Arzt bis zur Menge seines
durchschnittlichen Monatsbedarfs verschreiben. Die
Vorratshaltung soll für Diamorphin den durchschnitt-
lichen Zweimonatsbedarf des Arztes nicht überschrei-
ten.“

3. In § 3 Abs. 1 Buchstabe b wird nach dem Wort „Cocain,“
das Wort „Diamorphin,“ eingefügt.

4. In § 4 Abs. 1 Buchstabe b wird nach dem Wort „Cocain,“
das Wort „Diamorphin,“ eingefügt.

5. § 5 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 3 wird folgender Satz angefügt:

„Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die Behandlung
nach den Absätzen 9a bis 9d.“

b) Absatz 4 wird wie folgt geändert:

aa) Die Sätze 2 bis 4 werden wie folgt gefasst:

„Als Substitutionsmittel darf der Arzt nur

a) Zubereitungen von Levomethadon, Methadon,
Levacetylmethadol und Buprenorphin,

b) in begründeten Ausnahmefällen Codein oder
Dihydrocodein,

c) Diamorphin als zur Substitution zugelassenes
Arzneimittel oder

d) ein anderes zur Substitution zugelassenes Arz-
neimittel

verschreiben. Die in Satz 2 Buchstabe a, b und d
genannten Substitutionsmittel dürfen nicht zur
parenteralen Anwendung bestimmt sein. Für die
Auswahl des Substitutionsmittels ist neben den
Vorschriften dieser Verordnung der allgemein an-

bb) Es wird folgender Satz angefügt:

„Für die Verschreibung von Diamorphin nach
Satz 2 Buchstabe c gelten die Absätze 6 bis 8
nicht.“

c) Dem Absatz 5 wird folgender Satz angefügt:

„Der Arzt, der Diamorphin verschreibt, darf die Ver-
schreibung nur einem pharmazeutischen Unterneh-
mer vorlegen.“

d) Nach Absatz 9 werden folgende Absätze 9a bis 9d
eingefügt:

„(9a) Zur Behandlung einer schweren Opiatabhän-
gigkeit kann das Substitutionsmittel Diamorphin zur
parenteralen Anwendung verschrieben werden. Der
Arzt darf Diamorphin nur verschreiben, wenn

1. er selbst eine suchttherapeutische Qualifikation im
Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 erworben hat, die
sich auf die Behandlung mit Diamorphin erstreckt,
oder er im Rahmen des Modellprojektes „Heroin-
gestützte Behandlung Opiatabhängiger“ mindes-
tens sechs Monate ärztlich tätig war,

2. bei dem Patienten eine seit mindestens fünf Jahren
bestehende Opiatabhängigkeit, verbunden mit
schwerwiegenden somatischen und psychischen
Störungen bei derzeit überwiegend intravenösem
Konsum vorliegt,

3. ein Nachweis über zwei erfolglos beendete Be-
handlungen der Opiatabhängigkeit, davon eine
mindestens sechsmonatige Behandlung gemäß
den Absätzen 2, 6 und 7 einschließlich psychoso-
zialer Betreuungsmaßnahmen, vorliegt und

4. der Patient das 23. Lebensjahr vollendet hat.

(9b) Die Behandlung mit Diamorphin darf nur in
Einrichtungen durchgeführt werden, denen eine Er-
laubnis durch die zuständige Landesbehörde erteilt
wurde.

Die Erlaubnis wird erteilt, wenn

1. nachgewiesen wird, dass die Einrichtung in das
örtliche Suchthilfesystem eingebunden ist,

2. gewährleistet ist, dass die Einrichtung über eine
zweckdienliche personelle und sachliche Ausstat-
tung verfügt,

3. eine sachkundige Person, die für die Einhaltung
der in Nummer 2 genannten Anforderungen, der
Auflagen der Erlaubnisbehörde sowie der Anord-
nungen der Überwachungsbehörde verantwortlich
ist (Verantwortlicher), benannt worden ist.

(9c) Das Überlassen und der Verbrauch von Dia-
morphin darf nur innerhalb der Einrichtung und nur
unter Aufsicht des Arztes oder des sachkundigen Per-
sonals erfolgen. In den ersten sechs Monaten der Be-
handlung müssen Maßnahmen der psychosozialen
Betreuung stattfinden.

(9d) Die Behandlung mit Diamorphin ist nach je-
weils spätestens zwei Jahren Behandlungsdauer da-
erkannte Stand der medizinischen Wissenschaft
maßgebend.“

raufhin zu überprüfen, ob die Voraussetzungen für die
Behandlung noch gegeben sind und ob die Behand-

Ende des Satzes durch ein Komma ersetzt und folgende
Nummer 6 angefügt: Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

U

Berlin, den 19. Dezember 2008

Dr. Carola Reimann
Detlef Parr
Frank Spieth
Dr. Harald Terpe
Elke Ferner
Johannes Jung (Karlsruhe)
Dr. Peter Struck
Dr. Margrit Spielmann
Sabine Bätzing
Marion Caspers-Merk
Dr. Karl Addicks
Dr. Lale Akgün
Gregor Amann
Gerd Andres
Niels Annen
Ingrid Arndt-Brauer
Rainer Arnold
Daniel Bahr (Münster)
Ernst Bahr (Neuruppin)
Doris Barnett
Dr. Hans-Peter Bartels
Klaus Barthel

Volker Beck (Köln)
Dirk Becker
Uwe Beckmeyer
Cornelia Behm
Birgitt Bender
Klaus Uwe Benneter
Dr. Axel Berg
Ute Berg
Petra Bierwirth
Karin Binder
Lothar Binding (Heidelberg)
Dr. Lothar Bisky
Volker Blumentritt
Clemens Bollen
Gerd Bollmann
Alexander Bonde
Dr. Gerhard Botz
Klaus Brandner
Willi Brase
Bernhard Brinkmann

(Hildesheim)
Angelika Brunkhorst

Dr. Martina Bunge
Ernst Burgbacher
Christian Carstensen
Dr. Peter Danckert
Karl Diller
Patrick Döring
Martin Dörmann
Dr. Carl-Christian Dressel
Elvira Drobinski-Weiß
Dr. Thea Dückert
Garrelt Duin
Detlef Dzembritzki
Sebastian Edathy
Siegmund Ehrmann
Dr. Uschi Eid
Dr. Dagmar Enkelmann
Klaus Ernst
Petra Ernstberger
Karin Evers-Meyer
Annette Faße
Hans-Josef Fell
Gabriele Fograscher
Drucksache 16/11515 – 6 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

lung fortzusetzen ist. Die Überprüfung erfolgt durch
Einholung einer Zweitmeinung durch einen Arzt, der
die Qualifikation gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 be-
sitzt und der nicht der Einrichtung angehört. Ergibt
diese Überprüfung, dass die Voraussetzungen für die
Behandlung nicht mehr gegeben sind, ist die diamor-
phingestützte Behandlung zu beenden.“

6. In § 8 Abs. 1 Satz 3 werden nach dem Wort „Apotheke“
die Wörter „, im Falle des Verschreibens von Diamorphin
nach § 5 Abs. 9a zur Vorlage bei einem pharmazeuti-
schen Unternehmer,“ eingefügt.

7. § 12 wird wie folgt geändert:

a) Dem Absatz 2 wird folgender Satz angefügt:

„Für die Verschreibung von Diamorphin gelten die
Sätze 2 bis 4 nicht.“

b) Dem Absatz 4 wird folgender Satz angefügt:

„Die Sätze 1 und 2 gelten im Falle der Abgabe von
Diamorphin für den Verantwortlichen für Betäu-
bungsmittel des pharmazeutischen Unternehmers ent-
sprechend.“

8. In § 13 Abs. 2 Satz 1 werden nach Nummer 6 ein Komma
und folgende Nummer 7 eingefügt:

„7. vom Verantwortlichen im Sinne des § 5 Abs. 9b
Nr. 3.“

9. In § 14 Abs. 1 Satz 1 werden in Nummer 5 der Punkt am

„6. beim pharmazeutischen Unternehmen im Falle der
Abgabe auf Verschreibung von Diamorphin Name
und Anschrift des verschreibenden Arztes und die
Nummer des Betäubungsmittelrezeptes.“

10. In § 16 werden in Nummer 4 der Punkt am Ende des
Satzes durch ein Komma ersetzt und folgende Num-
mer 5 angefügt:

„5. außerhalb einer Einrichtung nach § 5 Abs. 9b Dia-
morphin verschreibt, verabreicht oder zum unmit-
telbaren Verbrauch überlässt.“

11. § 17 wird wie folgt geändert:

a) In Nummer 10 werden nach der Angabe 㤠5 Abs. 2
Satz 1 Nr. 6“ das Wort „oder“ durch ein Komma er-
setzt und nach der Angabe „Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
und 3“ die Angabe „oder Abs. 9a Satz 2 Nr. 1“ ein-
gefügt.

b) In Nummer 10 werden der Punkt am Ende des
Satzes durch ein Komma ersetzt und folgende Num-
mer 11 angefügt:

„11. in einem Antrag nach § 5 Abs. 9b unrichtige
Angaben macht oder unrichtige Unterlagen
beifügt.“

Artikel 4

Inkrafttreten
Sören Bartol
Marieluise Beck (Bremen)

Marco Bülow
Dr. Michael Bürsch

Dagmar Freitag
Otto Fricke

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 7 – Drucksache 16/11515

Peter Friedrich
Sigmar Gabriel
Kai Gehring
Martin Gerster
Iris Gleicke
Katrin Göring-Eckardt
Hans-Michael Goldmann
Renate Gradistanac
Angelika Graf (Rosenheim)
Dieter Grasedieck
Monika Griefahn
Kerstin Griese
Gabriele Groneberg
Wolfgang Grotthaus
Wolfgang Gunkel
Hans-Joachim Hacker
Heike Hänsel
Bettina Hagedorn
Klaus Hagemann
Dr. Christel Happach-Kasan
Alfred Hartenbach
Michael Hartmann

(Wackernheim)
Hubertus Heil
Dr. Reinhold Hemker
Dr. Barbara Hendricks
Bettina Herlitzius
Gustav Herzog
Peter Hettlich
Gabriele Hiller-Ohm
Stephan Hilsberg
Priska Hinz (Herborn)
Ulrike Höfken
Bärbel Höhn
Dr. Barbara Höll
Iris Hoffmann (Wismar)
Frank Hofmann (Volkach)
Birgit Homburger
Thilo Hoppe
Eike Hovermann
Dr. Werner Hoyer
Klaas Hübner
Christel Humme
Ulla Jelpke
Josip Juratovic
Johannes Kahrs
Ulrich Kasparick
Dr. h. c. Susanne Kastner
Michael Kauch
Ulrich Kelber
Katja Kipping
Christian Kleiminger
Hans-Ulrich Klose
Monika Knoche
Ute Koczy

Walter Kolbow
Gudrun Kopp
Sylvia Kotting-Uhl
Rolf Kramer
Anette Kramme
Nicolette Kressl
Angelika Krüger-Leißner
Jürgen Kucharczyk
Helga Kühn-Mengel
Dr. Uwe Küster
Ute Kumpf
Katrin Kunert
Markus Kurth
Heinz Lanfermann
Christian Lange (Backnang)
Dr. Karl Lauterbach
Monika Lazar
Sabine Leutheusser-

Schnarrenberger
Gabriele Lösekrug-Möller
Helga Lopez
Dr. Erwin Lotter
Lothar Mark
Caren Marks
Katja Mast
Hilde Mattheis
Patrick Meinhardt
Dorothee Menzner
Petra Merkel (Berlin)
Ulrike Merten
Dr. Matthias Miersch
Jerzy Montag
Marko Mühlstein
Detlef Müller (Chemnitz)
Kerstin Müller (Köln)
Dr. Rolf Mützenich
Gesine Multhaupt
Winfried Nachtwei
Andrea Nahles
Wolfgang Neskovic
Dirk Niebel
Omid Nouripour
Thomas Oppermann
Holger Ortel
Heinz Paula
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Joachim Poß
Florian Pronold
Dr. Sascha Raabe
Mechthild Rawert
Maik Reichel
Gerold Reichenbach
Elke Reinke
Christel Riemann-Hanewinckel

René Röspel
Dr. Ernst Dieter Rossmann
Karin Roth (Esslingen)
Michael Roth (Heringen)
Ortwin Runde
Marlene Rupprecht

(Tuchenbach)
Krista Sager
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Bernd Scheelen
Dr. Hermann Scheer
Irmingard Schewe-Gerigk
Marianne Schieder
Dr. Konrad Schily
Otto Schily
Silvia Schmidt (Eisleben)
Renate Schmidt (Nürnberg)
Heinz Schmitt (Landau)
Carsten Schneider (Erfurt)
Reinhard Schultz (Everswinkel)
Swen Schulz (Spandau)
Ewald Schurer
Dr. Angelica Schwall-Düren
Rolf Schwanitz
Rita Schwarzelühr-Sutter
Dr. Ilja Seifert
Dr. Petra Sitte
Dr. Hermann Otto Solms
Wolfgang Spanier
Dr. Max Stadler
Dr. Ditmar Staffelt
Rainder Steenblock
Dieter Steinecke
Ludwig Stiegler
Dr. Rainer Stinner
Rolf Stöckel
Christoph Strässer
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Joachim Stünker
Dr. Rainer Tabillion
Jörg Tauss
Jella Teuchner
Dr. h. c. Wolfgang Thierse
Jörn Thießen
Franz Thönnes
Florian Toncar
Dr. Axel Troost
Rüdiger Veit
Simone Violka
Jörg Vogelsänger
Dr. Marlies Volkmer
Hedi Wegener
Gert Weisskirchen (Wiesloch)
Dr. Rainer Wend
Fritz Rudolf Körper
Dr. Bärbel Kofler

Walter Riester
Sönke Rix

Lydia Westrich
Dr. Margrit Wetzel

Drucksache 16/11515 – 8 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Andrea Wicklein
Josef Philip Winkler
Engelbert Wistuba
Dr. Wolfgang Wodarg

Hartfrid Wolff (Rems-Murr)
Waltraud Wolff (Wolmirstedt)
Heidi Wright
Jörn Wunderlich

Uta Zapf
Manfred Zöllmer
Brigitte Zypries

gen des Sachverständigenausschusses für Betäubungsmittel den pharmazeutischen Großhändler und die Apotheke),

nach § 1 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG).

I. Herstellung der Verschreibungsfähigkeit

sondern nur auf einem Sondervertriebsweg unmittelbar
vom pharmazeutischen Unternehmer zur behandelnden
Einrichtung geliefert werden soll.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 9 – Drucksache 16/11515

Begründung

A. Allgemeines

1. Ausgangslage

Die klinische Arzneimittelstudie „Das bundesdeutsche Mo-
dellprojekt zur heroingestützten Behandlung Opiatabhängi-
ger – eine multizentrische, randomisierte, kontrollierte The-
rapiestudie“, die in den Jahren 2001 bis 2006 gemeinsam
vom Bundesministerium für Gesundheit, von den Städten
Bonn, Frankfurt, Hannover, Karlsruhe, Köln und München
sowie den Ländern Hamburg, Hessen, Niedersachsen und
Nordrhein-Westfalen durchgeführt, finanziert und durch die
Bundesärztekammer beratend begleitet wurde und in der
über 1 000 schwerstopiatabhängige Patientinnen und Pa-
tienten behandelt wurden, hat untersucht, ob diese Zielgrup-
pe durch eine diamorphingestützte Behandlung besser er-
reicht und gesundheitlich sowie sozial besser stabilisiert
werden kann als durch die herkömmliche Behandlung mit
Methadon. Um einen Vergleich dieser Behandlungsmetho-
den zu ermöglichen, wurde die Hälfte der Patientinnen und
Patienten mit Diamorphin, die andere Hälfte mit Methadon
behandelt. Überprüft wurde auch, inwiefern die Patientinnen
und Patienten in der Behandlung gehalten und zur Aufnahme
weiterführender Therapien motiviert werden können und ob
das Angebot sinnvoll in das bestehende Drogenhilfesystem
integriert werden kann. Neben der medikamentösen Behand-
lung wurden die Patientinnen und Patienten psychosozial be-
treut.

Die klinische Studie kam zu dem Ergebnis, dass in beiden
Behandlungsgruppen eine deutliche gesundheitliche Verbes-
serung und ein Rückgang des illegalen Drogenkonsums er-
reicht wurde, dass aber die Diamorphinbehandlung bei der
speziellen Zielgruppe dieser Studie (Schwerstopiatabhängi-
ge) bezüglich der gesundheitlichen Verbesserung und des
Rückgangs des illegalen Drogenkonsums zu signifikant grö-
ßeren Effekten als die Methadonbehandlung führte.

2. Ziel und Gegenstand des Gesetzentwurfs

Mit dem Gesetzentwurf sollen die rechtlichen Voraussetzun-
gen dafür geschaffen werden, dass Diamorphin im Falle sei-
ner Zulassung als Arzneimittel im Rahmen der Substitu-
tionsbehandlung von Schwerstopiatabhängigen eingesetzt
werden kann. Zu diesem Zweck ist es erforderlich,

– dass Diamorphin als verschreibungsfähiges Betäubungs-
mittel eingestuft wird (Nummer I) und

– dass die Modalitäten, unter denen Diamorphin zur Sub-
stitution verwendet werden soll, geregelt werden (Num-
mer II).

Dabei setzt der Entwurf die Erkenntnisse der Heroinstudie
um und lehnt sich bei der Ausgestaltung der Substitutionsbe-
handlung mit Diamorphin stark an die Behandlungsmethode
der Studie an. Außerdem berücksichtigt er die Empfehlun-

als es zur substitutionsgestützten Behandlung zugelassen ist.
Damit bleibt die Verschreibungsfähigkeit für andere Be-
handlungszwecke – etwa die Schmerzbehandlung – aus-
geschlossen. Diese Einschränkung folgt daraus, dass die
Arzneimittelstudie nur Erkenntnisse über die Substitutions-
behandlung erbracht hat.

Daneben wird Diamorphin durch Aufnahme in die Anlage II
des BtMG auch verkehrsfähig gemacht, jedoch nur zum
Zweck der Herstellung von diamorphinhaltigen medizini-
schen Zubereitungen.

II. Modalitäten der Substitution mit Diamorphin

Es ist davon auszugehen, dass die substitutionsgestützte Be-
handlung mit Diamorphin grundsätzlich auf der Grundlage
der bestehenden Vorschriften über die Substitution erfolgt.
Wegen der Besonderheit der Substanz und der Behandlungs-
methode sind allerdings zahlreiche Sonderregelungen erfor-
derlich:

a) Da die Diamorphinbehandlung nur für Schwerstopiat-
abhängige angewendet werden soll, die nach den her-
kömmlichen Methoden nicht erfolgreich therapierbar
sind, ist der Zugang auf diesen Personenkreis zu be-
schränken. Die Diamorphinbehandlung kommt deshalb
nur in Betracht, wenn

– eine seit mindestens fünf Jahren bestehende Opiat-
abhängigkeit, verbunden mit schwerwiegenden soma-
tischen und psychischen Störungen bei überwiegend
intravenösem Konsum, vorliegt,

– vor Beginn der Diamorphinbehandlung mindestens
zwei erfolglose Therapien stattgefunden haben und

– der Patient mindestens 23 Jahre alt ist.

b) Die wesentliche Abweichung von der herkömmlichen
Substitution liegt darin, dass die Diamorphinbehandlung
nur in bestimmten Einrichtungen vorgenommen werden
darf, die besondere Anforderungen – insbesondere im
Hinblick auf personelle und sächliche Ausstattung und
Sicherheit – erfüllen müssen und einer Erlaubnis der zu-
ständigen Landesbehörde bedürfen. Ausstattung und Si-
cherheitsvorkehrungen im Einzelnen werden nicht durch
die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung festge-
legt, sondern sind durch Richtlinien der Länder zu regeln;
diese sollten sich an den derzeit bestehenden Einrichtun-
gen, die an der Studie teilnahmen, orientieren. Auch das
Sicherheitskonzept, das von den örtlichen Behörden er-
stellt werden muss, soll dem Sicherheitskonzept der ab-
geschlossenen Studie vergleichbar sein. Die Einrichtung
muss in das örtliche Drogenhilfesystem eingebunden sein.

c) Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass Dia-
morphin nicht über den vom Arzneimittelgesetz üblicher-
weise vorgesehenen Vertriebsweg (vom Hersteller über
Diamorphin soll durch entsprechende Ergänzung der Anla-
ge III BtMG insoweit verschreibungsfähig gemacht werden,

Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Dia-
morphinbestände, auch in der Form einer Arzneimittel-

Drucksache 16/11515 – 10 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

zubereitung, in hohem Maße gefährdet sind, weil eine er-
hebliche kriminelle Energie auf die Beschaffung dieses
Stoffes gerichtet ist. Dies macht Sicherheitsvorkehrun-
gen erforderlich, die von Apotheken nicht erwartet wer-
den können. Außerdem müssen die Transporte, die be-
sonders gefährdet sind, möglichst reduziert und auf die
Versorgung der zugelassenen Behandlungseinrichtungen
beschränkt werden.

d) Schließlich werden noch Sonderregelungen für die Be-
handlung selbst eingeführt:

– Die Aushändigung einer Verschreibung über eine für
bis zu sieben Tage benötigte Menge an eine Patientin
oder einen Patienten gemäß § 5 Abs. 8 der Betäubungs-
mittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV), (sog.
Take home), ist bei der Diamorphinsubstitution ausge-
schlossen.

– Die Diamorphinbehandlung durch eine Ärztin bzw.
einen Arzt ohne entsprechende suchtmedizinische
Qualifikation unter den Voraussetzungen des § 5
Abs. 3 BtMVV (sog. Konsiliarregelung) ist nicht zu-
lässig.

– Die psychosoziale Betreuung ist während der ersten
sechs Monate der Behandlung obligatorisch.

– Die Diamorphinbehandlung ist nach spätestens zwei
Jahren Behandlungsdauer durch Einholung einer
Zweitmeinung zu überprüfen und gegebenenfalls zu
beenden, wenn die Voraussetzungen für eine Behand-
lung nicht mehr erfüllt sind.

e) Im Hinblick auf die suchtmedizinische Qualifikation der
behandelnden Ärztinnen und Ärzte beabsichtigt die Bun-
desärztekammer, diese Behandlungsmethode sowohl in
ihre Substitutionsrichtlinien als auch in das Fortbildungs-
curriculum zu integrieren, so dass künftig alle substituie-
renden Ärztinnen und Ärzte auch Kenntnisse in diesem
Bereich haben werden. Für Ärztinnen und Ärzte, die im
Rahmen des Modellprojektes „Heroingestützte Behand-
lung Opiatabhängiger“ ärztlich tätig waren, gilt eine
Übergangsvorschrift, die sie vom Erwerb einer Zusatz-
qualifikation für die diamorphingestützte Behandlung
befreit.

B. Einzelbegründung

Zu Artikel 1 (Änderung des Betäubungsmittel-
gesetzes)

Zu Nummer 1 (§ 13 Abs. 2 und 3 BtMG)

§ 13 Abs. 2 BtMG wird ergänzt, um die Abgabe von Dia-
morphin durch den pharmazeutischen Unternehmer unmit-
telbar an die mit Diamorphin substituierende Einrichtung zu
regeln.

Diamorphingestützte Substitution soll nur in Einrichtungen
erfolgen, die über eine von der zuständigen Landesbehörde
hierfür erteilte Erlaubnis verfügen. § 13 Abs. 3 BtMG ent-
hält den Erlaubnisvorbehalt sowie die Ermächtigungsgrund-

Für das Verwaltungsverfahren bei der Erlaubniserteilung
gelten die Verfahrensvorschriften für die Erlaubnis nach § 3
BtMG entsprechend.

Zu Nummer 2 (§ 19 Abs. 1 Satz 3 BtMG)

Folgeänderung, die sich aus dem Sondervertriebsweg für
Diamorphin ergibt.

Zu den Nummern 3 und 4 (§ 29 Abs. 1 Satz 1 und § 32
Abs. 1 BtMG)

Mit diesen Vorschriften wird in Verbindung mit den Vor-
schriften der BtMVV (siehe Artikel 3 Nr. 10 und 11) der
Straftaten- und Ordnungswidrigkeitenkatalog um die für die
Diamorphinsubstitution relevanten Tatbestände ergänzt.

Zu den Nummern 5 bis 7 (Anlagen I, II und III zu § 1
Abs. 1 BtMG)

Mit den Änderungen der drei Anlagen zu den Positionen
„Heroin“ und „Diamorphin“ wird eine differenzierte Umstu-
fung von Diamorphin vorgenommen. Mit der Einfügung in
die Anlage III wird die Verschreibungsfähigkeit von Dia-
morphin hergestellt, jedoch nur für zugelassene Zubereitun-
gen und nur zum Zwecke der Substitution. Das bedeutet,
dass keine Verschreibungsfähigkeit für individuelle Rezep-
turen besteht und dass Diamorphin für andere Indikationen,
zum Beispiel Schmerzbehandlung, nicht verschrieben wer-
den darf. Mit der Einfügung in die Anlage II wird die Ver-
kehrsfähigkeit von Diamorphin ausschließlich zur Herstel-
lung von Zubereitungen zu medizinischen Zwecken
begründet.

Zu Artikel 2 (§ 47b – neu – des Arzneimittelgesetzes)

Durch die Einfügung eines neuen § 47b wird für Diamorphin
ein Sondervertriebsweg verankert, der den Besonderheiten
dieser Substanz und der medizinischen Behandlung mit Dia-
morphin Rechnung trägt: Diamorphin soll nicht über den
vom Arzneimittelgesetz üblicherweise vorgesehenen Ver-
triebsweg vom Hersteller über den pharmazeutischen Groß-
händler und die Apotheke, sondern unmittelbar vom phar-
mazeutischen Unternehmer zur behandelnden Einrichtung
geliefert werden.

Durch die Regelung in Absatz 2 wird klargestellt, dass die
Abgabe von Diamorphin über die Apotheke oder als Muster
ausgeschlossen ist.

Die Inhaltsübersicht wird angepasst.

Zu Artikel 3 (Änderung der Betäubungsmittel-
Verschreibungsverordnung)

Zu Nummer 1 (§ 1 Abs. 3 BtMVV)

Die Aufzählung der Einrichtungen, in denen lückenlose
Nachweisführung von Bestand und Verbleib von Betäu-
bungsmitteln zu erfolgen hat, wird um Einrichtungen mit
diamorphingestützter Substitution erweitert.

Zu Nummer 2 (§ 2 Abs. 1 und 3 BtMVV)

Für Diamorphin als Substitutionsmittel wird die Höchstver-

lage für die Festlegung von Mindestanforderungen an diese
Einrichtungen.

schreibungsmenge für die patientenbezogene Verschreibung
entsprechend den Erkenntnissen der Studie festgelegt.

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 11 – Drucksache 16/11515

Für Diamorphin soll eine im Vergleich zu den anderen auf-
geführten Substitutionsmitteln größere Vorratshaltung er-
möglicht werden, weil dadurch die Transportfrequenz redu-
ziert wird.

Zu den Nummern 3 und 4 (§ 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 1
BtMVV)

Hiermit wird geregelt, dass Zahnärzte und Tierärzte kein
Diamorphin verschreiben dürfen.

Zu Nummer 5

Zu Buchstabe a (§ 5 Abs. 3 BtMVV)

Die Diamorphinbehandlung durch einen Arzt ohne entspre-
chende suchtmedizinische Qualifikation unter den Voraus-
setzungen des § 5 Abs. 3 BtMVV (sog. Konsiliarregelung)
ist ausgeschlossen. Nur entsprechend qualifizierte Ärzte dür-
fen diese Form der Substitution durchführen.

Zu Buchstabe b (§ 5 Abs. 4 BtMVV)

Diamorphin wird in die Reihe der Substitutionsmittel aufge-
nommen. Es wird die Verschreibungsfähigkeit von Diamor-
phin nur für zur Substitution zugelassene Arzneimittel er-
möglicht. Die Herstellung von individuellen Rezepturen, die
Diamorphin enthalten, ist ausgeschlossen.

Diamorphin darf als einziges der in Satz 1 aufgeführten Sub-
stitutionsmittel injiziert werden.

Die Bezugnahme auf die Verordnung in Satz 3 stellt klar,
dass der anerkannte Stand der medizinischen Wissenschaft
nicht der alleinige Maßstab für die Auswahl des Substitu-
tionsmittels ist, sondern dass daneben die in der Verordnung
festgelegten Kriterien erfüllt sein müssen.

Es wird klargestellt, dass die Absätze 6 bis 8 für die oral an-
wendbaren Substitutionsmittel gelten, für Diamorphin hin-
gegen nicht. Insbesondere sind für die Substitution mit Dia-
morphin „Take-home“-Verordnungen und Verordnungen für
die Mitnahme des Substitutionsmittels während eines Aus-
landsaufenthaltes ausgeschlossen.

Zu Buchstabe c (§ 5 Abs. 5 BtMVV)

Folgeänderung, die sich aus dem Sondervertriebsweg für
Diamorphin ergibt.

Zu Buchstabe d (§ 5 Abs. 9a bis 9d BtMVV)

Die neuen Absätze 9a bis 9d enthalten die wesentlichen Son-
derregelungen für die Substitution mit Diamorphin:

Zu Absatz 9a

Absatz 9a regelt die Voraussetzungen, die Arzt und Patient
erfüllen müssen, um an einer diamorphingestützten Substitu-
tion teilnehmen zu können. Hinsichtlich der Qualifikation
der Ärzte nach Nummer 1 beabsichtigt die Bundesärztekam-
mer, geeignete Weiterbildungsinhalte in die Zusatzweiterbil-
dung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ aufzunehmen,
so dass Ärzte, die künftig in Einrichtungen der Diamorphin-
behandlung tätig werden, diese erwerben und zur Sicherung

versorgung“ erworben haben und Diamorphin im Rahmen
der diamorphingestützten Substitution verschreiben möch-
ten, müssen ein entsprechendes Zusatzmodul erwerben und
nachweisen. Im Hinblick auf die Ärzte, die bereits im
Rahmen des Modellprojektes „Heroingestützte Behandlung
Opiatabhängiger“ mindestens sechs Monate ärztlich tätig
waren, kann das Erfordernis einer diamorphinspezifischen
suchttherapeutischen Qualifikation bereits als nachgewiesen
gelten.

Die Zugangsvoraussetzungen in den Nummern 2 bis 4 stel-
len sicher, dass Diamorphin nur bei Schwerstabhängigen, die
vorwiegend intravenös konsumieren, und nur als nachrangi-
ge Behandlungsmethode angewendet wird. Es muss beim
Patienten eine aktuelle Abhängigkeit von Opiaten vorliegen,
die die Kriterien der körperlichen Entzugssymptomatik und
der Toleranzentwicklung mit einschließt. Die Schwere der
Abhängigkeit ergibt sich insbesondere aus deren Länge (seit
mindestens fünf Jahren sowie derzeit anhaltende Abhängig-
keit) und aus den gesundheitlichen Begleitumständen. Der
Nachweis über zwei erfolglos abgebrochene oder abge-
schlossene Behandlungen der Opiatabhängigkeit mit aner-
kannten Behandlungsmethoden, davon eine mindestens
sechs Monate andauernde Behandlung mit einem oralen
Substitutionsmittel sowie begleitender psychosozialer Be-
treuung, muss erbracht werden. Ein derart ausgeprägtes Er-
krankungsbild und ein Abhängigkeitsprofil können in aller
Regel erst bei Patienten erwartet werden, die mindestens
23 Jahre alt sind. Diese Altersgrenze entspricht den Vorga-
ben der Heroin-Arzneimittelstudie.

Zu Absatz 9b

Absatz 9b knüpft an den neuen § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2a
BtMG an, wonach eine Substitutionstherapie mit Diamor-
phin nur in Einrichtungen durchgeführt werden darf, denen
durch die zuständige Landesbehörde eine entsprechende Er-
laubnis erteilt wurde. Er nennt die Voraussetzungen für die
Erteilung dieser Erlaubnis im Hinblick auf ihre Einbindung
in das örtliche Suchthilfesystem und die personelle und sach-
liche Ausstattung der Einrichtung. Die sachliche Ausstat-
tung schließt auch geeignete Sicherheitsvorkehrungen für
die mit Diamorphin substituierenden Einrichtungen mit ein.
Die näheren Einzelheiten der sachlichen Ausstattung sowie
der Sicherheitsvorkehrungen sollen (möglichst einheitlich)
in Richtlinien der Länder geregelt werden. Die Sicherheits-
vorkehrungen sollten auf einem Sicherheitskonzept beruhen,
das zwischen den örtlich zuständigen Behörden abzustim-
men ist. Es muss die Sicherheit des Betäubungsmittelver-
kehrs unter Berücksichtigung der besonderen Gefährlichkeit
des Stoffes Diamorphin gewährleisten und den örtlichen Ge-
gebenheiten Rechnung tragen.

Im Rahmen der Erlaubniserteilung ist eine sachkundige Per-
son als Verantwortlicher in dieser Einrichtung zu benennen.

Zu Absatz 9c

Absatz 9c bestimmt, dass das Überlassen und der Verbrauch
von Diamorphin nur innerhalb der Einrichtung und nur unter
Aufsicht des Arztes oder des sachkundigen Personals erfol-
gen darf. Die psychosoziale Betreuung, die bei der Substitu-
der Strukturqualität auch nachweisen müssen. Ärzte, die die
bisherige Zusatzweiterbildung „Suchtmedizinische Grund-

tion insoweit vorgeschrieben ist, als sie erforderlich ist (vgl.
§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BtMVV), ist bei der Diamorphin-

Drucksache 16/11515 – 12 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

behandlung in jedem Fall während der ersten sechs Monate
der Behandlung obligatorisch.

Zu Absatz 9d

Absatz 9d dient der regelmäßigen Prüfung der Voraussetzun-
gen, unter denen diese Therapieoption durchgeführt werden
darf. Dies soll verhindern, dass die Diamorphinbehandlung
ohne zeitliche Begrenzung immer weiter fortgesetzt wird.
Durch die Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung wird
außerdem eine verbesserte Qualitätssicherung angestrebt.
Die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Diamor-
phinbehandlung nicht (mehr) gegeben sind, bildet einen
zwingenden Grund für den Abbruch der Behandlung.

Seitens der Bundesärztekammer ist beabsichtigt, zu medizi-
nischen Sachverhalten – wie z. B. den näheren Umständen
des Überlassens und des Verbrauchs von Diamorphin, der
Verweildauer der Patienten nach Injektion in der Einrich-

tung – entsprechende Ergänzungen in ihre „Richtlinien zur
Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiat-
abhängiger“ aufzunehmen.

Zu den Nummern 6 bis 9 (§ 8 Abs. 1 Satz 3, § 12
Abs. 2 und 4, § 13 Abs. 2
Satz 1 und § 14 Abs. 1 Satz 1
BtMVV)

Die Vorschriften zur Abgabe auf eine Verschreibung sowie
zur Nachweisführung werden den spezifischen Bedingungen
für die Diamorphinsubstitution angepasst.

Zu den Nummern 10 und 11 (§§ 16 und 17 BtMVV)

Mit diesen Vorschriften wird der Straftaten- und Ordnungs-
widrigkeitenkatalog für die Diamorphinsubstitution ange-
passt.

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