Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 02.03.2021, Az. 2 BvE 4/16

2. Senat | REWIS RS 2021, 8266

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Erfolglose Organklage gegen das Fehlen einer gesetzförmigen Zustimmung (Mandatsgesetz) zur vorläufigen Anwendung des Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement - CETA)


Tenor

Der Antrag wird verworfen.

Gründe

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege des [X.] gegen die Stellungnahme des Antragsgegners vom 22. September 2016 (vgl. [X.] 18/190 vom 22. September 2016, [X.] ff.; BTDrucks 18/9663) und die Unterlassung einer gesetzesförmigen Zustimmung zur vorläufigen Anwendung des Freihandelsabkommens zwischen der [X.] und [X.] ([X.] - [X.]).

2

1. Der [X.] befasste sich über einen längeren Zeitraum mit den Verhandlungen zu [X.]. Das Abkommen war Gegenstand von Plenarsitzungen, Sitzungen des [X.] und zehn weiterer mitberatender Ausschüsse, mehrerer [X.] (19. Februar 2014, 15. Dezember 2014, 6. Juli 2016, 5. September 2016) und Fachgesprächen mit dem [X.] Chefunterhändler [X.] (8. Oktober 2014), der [X.] [X.] (14. Januar 2016) und der [X.] Handelsministerin [X.] (14. April 2016).

3

Am 10. Mai 2016 beantragten die Fraktion [X.] im Deutschen [X.] und zehn ihrer Abgeordneten, der Antragsgegner wolle eine Stellungnahme zu [X.] beschließen und die Bundesregierung auffordern, im Rat der [X.] den Beschluss über die vorläufige Anwendung von [X.] abzulehnen (vgl. BTDrucks 18/8391).

4

Am 5. Juli 2016 beantragten die Fraktion [X.] und acht ihrer Abgeordneten, der Antragsgegner wolle beschließen, festzustellen, dass [X.] mitgliedstaatliche Kompetenzen berühre und in die Angelegenheiten der Länder eingreife. Der Antragsgegner solle daher die Bundesregierung auffordern, dafür Sorge zu tragen, dass [X.] als gemischtes Abkommen neben dem Antragsgegner auch dem Bundesrat zur Abstimmung vorgelegt werde (vgl. BTDrucks 18/9030).

5

Der Ausschuss für Energie und Wirtschaft des Deutschen [X.]es hörte in seiner 87. Sitzung am 5. September 2016 Sachverständige zu verfassungs- und europarechtlichen Fragen und zu inhaltlichen Aspekten von [X.] an und beschloss in seiner 88. Sitzung am 21. September 2016, die Ablehnung der oben genannten Anträge zu empfehlen (vgl. BTDrucks 18/9697 und 18/9703).

6

Die Fraktion [X.] und elf ihrer Abgeordneten beantragten am 20. September 2016 unter dem Titel "Gemeinwohl vor Konzerninteressen - [X.] stoppen" (vgl. BTDrucks 18/9665), der Antragsgegner wolle beschließen, nach Art. 23 Abs. 3 [X.] Stellung zu nehmen und festzustellen, dass die Unterzeichnung und vorläufige Anwendung von [X.] in seiner bestehenden Form gegen das [X.]srecht und auch das Grundgesetz verstoße. Weiter solle der Antragsgegner die Bundesregierung auffordern, den [X.] Vertreter im Ministerrat anzuweisen, den Vorschlag der [X.] für einen Beschluss des Rates über die vorläufige Anwendung von [X.] und den Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Unterzeichnung von [X.] abzulehnen, und für den Fall, dass die Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit getroffen würden und der [X.] Vertreter im Rat überstimmt würde, juristisch gegen diese Beschlüsse vorzugehen. Zur Begründung verwies der Antrag unter anderem darauf, dass die von der [X.] vorgeschlagenen [X.] ergehen und die [X.]identität verletzen würden (vgl. BTDrucks 18/9665, [X.]). Insbesondere sei eine vorläufige Anwendung von [X.] nur zulässig, soweit die ausschließlichen Zuständigkeiten der [X.] reichten. Es genüge daher nicht, das Kapitel zum Investitionsschutz von der vorläufigen Anwendung auszunehmen. Auch für Verkehrsdienstleistungen, die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen, den Arbeitnehmerschutz und die in [X.] vorgesehenen [X.] mit ihren weitreichenden Zuständigkeiten sowie für die [X.] besitze die [X.] keine ausschließliche Zuständigkeit. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen [X.]es habe dies zumindest für die Bestimmungen über Verkehrsdienstleistungen bestätigt. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum das im Frühjahr 2017 erwartete Ergebnis des Gutachtens des Gerichtshofs der [X.] zum [X.]-Singapur-Abkommen ([X.]) - dieses liegt inzwischen vor (vgl. [X.], Gutachten 2/15 vom 16. Mai 2017, Freihandelsabkommen zwischen der [X.] und der [X.], [X.]:[X.]) - nicht abgewartet werde, das eine erste Klärung zur Reichweite der handelspolitischen Zuständigkeiten der [X.] bringen könne (vgl. BTDrucks 18/9665, [X.]). Die Anträge der Fraktion [X.] beziehungsweise ihrer Abgeordneten wurden abgelehnt (vgl. [X.] 18/190 vom 22. September 2016, [X.]8794, 18800 ff.).

7

Der Antragsgegner nahm stattdessen den Antrag der Fraktionen der [X.] und [X.] an, die streitgegenständliche Stellungnahme abzugeben (vgl. [X.] 18/190 vom 22. September 2016, [X.]8803 ff.). Mit dieser stellte er "in Wahrnehmung seiner Integrationsverantwortung" unter anderem fest (BTDrucks 18/9663, S. 3):

(…)

Auf Grundlage des [X.] entscheiden die Mitgliedstaaten im [X.]-Rat auch über die vorläufige Anwendung von [X.]. Die in der [X.]-Zuständigkeit liegenden Teile von [X.] dürfen jedoch erst nach Zustimmung des [X.] vorläufig angewendet werden. Dies ist wichtig, um dem Abkommen eine [X.] Legitimation auf [X.]-Ebene zu verschaffen. [X.] darf die vorläufige Anwendung in den Bereichen erfolgen, die nationalstaatliche Kompetenzen umfassen.

Der Deutsche [X.] begrüßt die Bereitschaft der [X.] Regierung, der [X.] und der Bundesregierung im Rahmen des weiteren Verfahrens rechtsverbindliche Klärungen der noch offenen Fragen herbeizuführen und setzt sich gleichfalls hierfür ein.

Der Deutsche [X.] wird im Lichte des weiteren Prozesses im Ratifizierungsverfahren abschließend über seine Zustimmung zu [X.] entscheiden.

II. Der Deutsche [X.] fordert die Bundesregierung deshalb auf,

1. den [X.] zu Angelegenheiten im Zusammenhang mit [X.] weiterhin umfassend und frühzeitig zu informieren. Der [X.] wird die kommenden Beratungen zu [X.] auf [X.] und eine ggf. vorläufige Anwendung von den in der [X.]-Zuständigkeit liegenden Teilen des Abkommens aktiv und intensiv begleiten. Dazu wird die Bundesregierung den [X.] über alle Beratungsgegenstände, Vorschläge und Initiativen, die im Zusammenhang mit [X.] behandelt werden, unterrichten. Bei Bedarf wird der Deutsche [X.] von seinem Recht Gebrauch machen, zu Positionen der [X.] Stellung zu nehmen. Durch ein größtmögliches Maß an Transparenz wird der Deutsche [X.] seinen Beitrag zu einer informierten öffentlichen Debatte leisten;

2. in der [X.] darauf hinzuwirken, dass zwischen der [X.] und [X.] gemeinsam getroffene Vereinbarungen zu [X.] im Zuge des weiteren Prozesses in rechtsverbindlichen Erklärungen festgehalten werden;

3. im Rat durch eine Unterzeichnung von [X.] als gemischtem Abkommen unter den oben genannten Maßgaben den Weg zu einem Ratifizierungsverfahren zu eröffnen und

4. durchzusetzen, dass in Abstimmung zwischen [X.]-Ministerrat, [X.] und [X.] Ausnahmen von der vorläufigen Anwendung vereinbart werden, wo dies aufgrund von Zuständigkeiten der [X.]-Mitgliedstaaten rechtlich geboten ist sowie in jedem Fall im Bereich des [X.] (Kapitel 8). Die ausgenommenen Bereiche können zur Sicherung [X.]r und [X.] Interessen über die in früheren Abkommen ausgenommenen Teile hinausgehen.

8

2. Der Senat hat mit Urteil vom 13. Oktober 2016 in den Verfahren 2 BvR 1368/16, 2 BvR 1444/16, 2 BvR 1482/16, 2 BvR 1823/16 und 2 [X.] den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Zustimmung des [X.] Vertreters im Rat zur vorläufigen Anwendung von [X.] nach Maßgabe der Gründe abgelehnt (vgl. [X.] 143, 65 <66>). Dort hat er ausgeführt, dass sich der Beschluss des Rates über die vorläufige Anwendung im Hauptsacheverfahren möglicherweise als [X.] herausstellen könne und auch eine Berührung der durch Art. 79 Abs. 3 [X.] geschützten [X.]identität nicht ausgeschlossen sei (vgl. [X.] 143, 65 <93 Rn. 50>). Der [X.] dürfte es unter anderem an einer Vertragsschlusskompetenz für [X.], den Investitionsschutz, den internationalen Seeverkehr, die gegenseitige Anerkennung von Berufsqualifikationen und den Arbeitsschutz fehlen (vgl. [X.] 143, 65 <93 ff. Rn. 52 ff.>). Nicht auszuschließen sei weiter, dass sich der Beschluss des Rates zur vorläufigen Anwendung von [X.] auch insoweit als [X.] darstellen könnte, als mit [X.] Hoheitsrechte auf das Gerichts- und das [X.] [X.] werden sollten (vgl. [X.] 143, 65 <95 Rn. 58>). Nicht völlig ausgeschlossen erscheine ferner, dass die Ausgestaltung des in [X.] vorgesehenen [X.]s die Grundsätze des Demokratieprinzips als Teil der [X.]identität des Grundgesetzes berühre (vgl. [X.] 143, 65 <95 ff. Rn. 59 ff.>). Die Risiken für die Schutzgüter des Art. 38 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] ließen sich jedoch durch unterschiedliche Vorkehrungen praktisch ausschließen. Dem Risiko eines [X.]s könne durch Ausnahmen von der vorläufigen Anwendung begegnet werden (vgl. [X.] 143, 65 <98 ff. Rn. 67 ff.>). Einer etwaigen Berührung der [X.]identität (vgl. Art. 79 Abs. 3 [X.]) durch Kompetenzausstattung und Verfahren des [X.]s könne - jedenfalls im Rahmen der vorläufigen Anwendung - zum Beispiel durch eine interinstitutionelle Vereinbarung, nach der Beschlüsse gemäß Art. 30.2 Abs. 2 [X.] nur aufgrund eines einstimmig angenommenen gemeinsamen Standpunktes nach Art. 218 Abs. 9 A[X.]V gefasst werden, oder andere Vorkehrungen begegnet werden (vgl. [X.] 143, 65 <100 Rn. 71>). Zudem müsse sichergestellt werden, dass [X.] die vorläufige Anwendung von [X.] auch einseitig beenden könne (vgl. [X.] 143, 65 <100 f. Rn. 72>).

9

3. [X.] wurde schließlich auch von den Organen der [X.] als gemischtes Abkommen behandelt. In der Sitzung des [X.] am 18. Oktober 2016 einigten sich die Mitgliedstaaten auf Entwürfe von Erklärungen der [X.] Institutionen, die gemeinsam mit weiteren Erklärungen der Mitgliedstaaten bei der Annahme des Beschlusses über die Unterzeichnung von [X.] durch den Rat (vgl. Ratsdokument 10972/1/16 REV 1 vom 26. Oktober 2016) in das [X.] aufgenommen wurden (vgl. Ratsdokument 13463/1/16 REV 1 vom 27. Oktober 2016; vgl. hierzu auch [X.] 144, 1 <7 ff. Rn. 12>). Dazu gehört unter anderem die Erklärung Nr. 15 des Rates, in der festgehalten wird:

Der Rat der [X.] bestätigt, dass die vorläufige Anwendung nur für Angelegenheiten gilt, die in den Zuständigkeitsbereich der [X.] fallen.

Am 28. Oktober 2016 (vgl. Pressemitteilung des [X.]) beschloss der Rat der [X.] die Unterzeichnung (vgl. Beschluss <[X.]> 2017/37 des Rates vom 28. Oktober 2016 über die Unterzeichnung - im Namen der [X.] - des umfassenden Wirtschafts- und Handelsabkommens <[X.]> zwischen [X.] einerseits und der [X.] und ihren Mitgliedstaaten andererseits, ABl [X.] Nr. L 11 vom 14. Januar 2017, [X.] f.) und die vorläufige Anwendung von [X.] (vgl. Beschluss <[X.]> 2017/38 des Rates vom 28. Oktober 2016, a.a.[X.], [X.]080 f.).

Die vorläufige Anwendung wurde auf folgende Teile von [X.] beschränkt beziehungsweise folgende Teile wurden von der vorläufigen Anwendung ausgenommen (vgl. Art. 1 Abs. 1 Beschluss <[X.]> 2017/38 des Rates):

(…)

a) Nur die folgenden Bestimmungen des Kapitels Acht des Abkommens (Investitionen) werden vorläufig angewendet, und nur soweit ausländische Direktinvestitionen betroffen sind:

- Artikel 8.1 bis 8.8,

- Artikel 8.13,

- Artikel 8.15 mit Ausnahme von dessen Absatz 3 und

- Artikel 8.16;

b) die folgenden Bestimmungen des Kapitels Dreizehn des Abkommens (Finanzdienstleistungen) werden nicht vorläufig angewendet soweit sie [X.], den Investitionsschutz oder die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Investoren und [X.] betreffen:

- Artikel 13.2 Absätze 3 und 4,

- Artikel 13.3 und Artikel 13.4,

- Artikel 13.9 und

- Artikel 13.21;

c) die folgenden Bestimmungen des Abkommens werden nicht vorläufig angewendet:

- Artikel 20.12,

- Artikel 27.3 und Artikel 27.4, soweit diese Artikel für Verwaltungsverfahren, Überprüfung und Rechtsbehelf auf Ebene der Mitgliedstaaten gelten,

- Artikel 28.7 Absatz 7;

d) die vorläufige Anwendung der Kapitel 22, 23 und 24 des Abkommens beachtet die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der [X.] und den Mitgliedstaaten.

Am 30. Oktober 2016 wurde [X.] unterzeichnet. Das [X.] stimmte dem Abkommen in seiner Plenarsitzung vom 15. Februar 2017 zu. Seit dem 21. September 2017 wird [X.] vorläufig angewendet. Die Ratifikation durch die Mitgliedstaaten und den Rat der [X.] steht noch aus.

Mit [X.] vom 27. September 2016 hat die Fraktion [X.] Organklage erhoben und einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Letzteren hat sie mit [X.] vom 24. Oktober 2016 für erledigt erklärt. Sie begehrt die Feststellung, dass die Stellungnahme des Antragsgegners vom 22. September 2016 und die damit verbundene Unterlassung einer konstitutiven und verfassungsrechtlich zulässigen Zustimmung zur vorläufigen Anwendung von [X.] das Grundgesetz und Rechte des Deutschen [X.]es verletze.

1. Die Antragstellerin hält ihren Antrag für zulässig. Der Antrag sei auf einen zulässigen Verfahrensgegenstand gerichtet. Bereits die Stellungnahme selbst sei eine rechtserhebliche Maßnahme, habe der Antragsgegner dem [X.] Vertreter im Rat der [X.] damit doch signalisiert, dass er der vorläufigen Anwendung von [X.] und seiner Unterzeichnung zustimmen könne.

Zudem seien die Stellungnahme und mit ihr die - von der Antragstellerin für notwendig erachtete - nicht erfolgte Zustimmung des Antragsgegners durch Gesetz hinsichtlich der vorläufigen Anwendung von [X.] beziehungsweise einzelner seiner Teile auch ein rechtserhebliches Unterlassen (vgl. § 64 Abs. 1 [X.]). Die Integrationsverantwortung des Antragsgegners nach Art. 23 [X.] habe sich insoweit zu einer konkreten Handlungspflicht in dem Sinne verdichtet, dass bezüglich der vorläufigen Anwendung von [X.] - analog zu den Vorgaben des Integrationsverantwortungsgesetzes - eine Ermächtigung und Weisung an den [X.] Vertreter im Rat in Gesetzesform erforderlich gewesen oder, allgemeiner, hätte sichergestellt werden müssen, dass es zu keinem Handeln [X.] und zu keiner Berührung der [X.]identität komme.

Die Antragsbefugnis der Antragstellerin ergebe sich daraus, dass die Mitwirkungsrechte des Antragsgegners aus Art. 23 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 [X.] beeinträchtigt seien. Die angegriffene Stellungnahme sichere die Rechte des Antragsgegners im Entscheidungsprozess über die vorläufige Anwendung von [X.] nicht hinreichend. Die vorläufige Anwendung des Abkommens sei - ungeachtet möglicher Beschränkungen gemäß dem Entwurf eines Ratsbeschlusses vom 16. September 2016 - ein [X.], der überdies durch Art. 79 Abs. 3 [X.] geschützte Grundsätze verletze. Zudem werde die Zustimmung zur vorläufigen Anwendung eines gemischten Abkommens, in dem [X.] mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet würden, der Integrationsverantwortung des Antragsgegners nicht gerecht, denn eine solche Zustimmung bedürfe stets der Gesetzesform. Das ergebe sich auch aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.]. Die Fraktionen könnten eine Verletzung dieser Rechte im Wege der Prozessstandschaft geltend machen.

Das Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben. Der [X.] stehe in keinem Subsidiaritätsverhältnis zu anderen politischen Handlungsmöglichkeiten.

2. Der Antrag sei auch begründet. Die Stellungnahme verletze Rechte des Antragsgegners aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2, Art. 23 Abs. 3, Art. 38 und Art. 79 Abs. 2 [X.]. Die vorläufige Anwendung von [X.] missachte die unionale und verfassungsrechtliche Kompetenzordnung, entziehe für die [X.] Selbstbestimmung zentrale Politikbereiche der Disposition des Antragsgegners und berühre damit die durch Art. 79 Abs. 3 [X.] geschützte [X.]identität.

Der Antragsgegner habe es unter Verstoß gegen seine Integrationsverantwortung versäumt, das Stimmverhalten des [X.] Vertreters im Rat der [X.] an eine vorherige gesetzliche Ermächtigung zu binden. Nur so sei sicherzustellen, dass kein Handeln [X.] und keine Berührung der [X.]identität ermöglicht würden. Auch müsse gesichert werden, dass die vorläufige Anwendung nach Art. 218 Abs. 5 A[X.]V auf Verlangen der Mitgliedstaaten beendet werden könne. Dass die Stellungnahme - von nicht näher bezeichneten Einschränkungen zu Kapitel 8 [X.] und der salvatorischen Klausel, dass die unionale Kompetenzordnung beachtet werden möge, abgesehen - keine inhaltlichen Vorgaben dafür mache, welche Bereiche des Abkommens von einer vorläufigen Anwendung auszunehmen seien, sei verfassungswidrig. Eine solche Festlegung hätte in Form eines Gesetzes getroffen werden und sich dazu verhalten müssen, welche Vertragsteile konkret in die Kompetenz der [X.] fallen ("konstitutive Eingrenzung" und "[X.] Vorstrukturierung").

Hinsichtlich solcher Teile von [X.], die über Art. 218 Abs. 5 A[X.]V vorläufig angewandt werden sollten, ohne dass eine [X.]skompetenz bestünde, habe es einer spezifischen Übertragung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] bedurft.

Zur Übertragung von Hoheitsrechten auf [X.]-Gremien, die nicht von Art. 218 Abs. 9 A[X.]V gedeckt sei, habe der Antragsgegner zudem mit qualifizierter Mehrheit gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Art. 79 Abs. 2 [X.] entscheiden müssen. Das betreffe insbesondere Kapitel 26 [X.], das ähnlich wie [X.] im Vertrag über die Arbeitsweise der [X.] wirke. Sofern beispielsweise der Gemischte [X.]-Ausschuss nach Art. 26.1 Abs. 5 Buchstabe e [X.] Auslegungen des Abkommens vornehmen könne und sich diese auch in der Phase der vorläufigen Anwendung auf die Konkretisierung von Bestimmungen des Kapitels 14 [X.] zur Inländerbehandlung und Meistbegünstigung (vgl. Art. 14.2 Abs. 2 [X.]) erstreckten, erhalte der Ausschuss auch für diese Phase Befugnisse, die in den Bereich der mitgliedstaatlichen Kompetenzen übergriffen. Hinzu komme, dass ausweislich von Art. 30.6 Abs. 1 1. Alternative [X.] durchaus Individualrechte durch das Abkommen begründet würden. Auch Art. 26.3 Abs. 2 [X.] ("vorbehaltlich der Erfüllung etwaiger interner Anforderungen und des Abschlusses etwaiger interner Verfahren") schütze die mitgliedstaatlichen Rechte nicht hinreichend, da es keine explizite Regelung dieser internen Verfahren gebe. Zudem habe der Gemischte [X.]-Ausschuss nach Art. 26.1 Abs. 5 Buchstaben a, g und h [X.] die Kompetenz, die institutionelle Struktur des im [X.] zu verändern.

Mit dem vorläufigen Inkrafttreten von [X.] änderten sich die Entscheidungsstrukturen in den einzelnen Bereichen. So werde über Art. 218 Abs. 5 A[X.]V eine dynamische Fortentwicklung ermöglicht, die Sachbereiche in ein völkerrechtliches Entscheidungsverfahren überführe. Damit könnten Entscheidungsbefugnisse sogar aus dem Bereich der [X.] heraus übertragen werden. Es sei daher Aufgabe des Gesetzgebers, die Bereiche konkret zu kennzeichnen, die einer vorläufigen Anwendung zugeführt werden sollen. Für Bereiche, die in die Zuständigkeit der [X.] fielen, ergebe sich dies aus der Integrationsverantwortung des Art. 23 Abs. 1 [X.], für die Bereiche in nationaler Zuständigkeit aus Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.].

Die Antragstellerin betont, dass sie die vorläufige Anwendung von [X.] auch im Lichte der im Entwurf eines Ratsbeschlusses vom 16. September 2016 vorgesehenen Einschränkungen als [X.] erachte. Der Entwurf des Ratsbeschlusses reiche "nicht weit genug, um die Rechtswidrigkeiten hinsichtlich der vorläufigen Anwendung zu beseitigen". Auch mit einem derart eingeschränkten Beschluss würden dem Antragsgegner maßgebliche Politikbereiche entzogen, die für die [X.] Selbstbestimmung zentral und durch die [X.]identität geschützt seien. Der Antragsgegner habe daher nicht nur inhaltliche Vorgaben für die Einschränkung der unter die vorläufige Anwendung fallenden Bereiche machen, sondern auch eine zeitliche Beschränkung vorsehen und sicherstellen müssen, sodass die vorläufige Anwendung von [X.] auf Verlangen der Mitgliedstaaten beendet werden könne.

Die mangelnde Einbeziehung des [X.] in das [X.] von [X.] widerspreche darüber hinaus dem Demokratieprinzip (vgl. Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 [X.]) in [X.] und qualifizierter Weise. Das gelte für die Einrichtung der [X.] sowie für Art. 21.7 Abs. 5 [X.] (Umsetzung von [X.]) und Art. 26.1 Abs. 5 Buchstabe e [X.] (Enteignungsschutz). Da Art. 13.2 Abs. 3 [X.], der auf Kapitel 8 [X.] verweise, vorläufig anwendbar sei, werde zudem das von der vorläufigen Anwendung eigentlich ausgenommene Kapitel über Investitionen doch wieder vorläufig anwendbar.

Schließlich sei der Passus in der Stellungnahme, dass "zwischen der [X.] und [X.] gemeinsam getroffene Vereinbarungen zu [X.] im Zuge des weiteren Prozesses in rechtsverbindlichen Erklärungen festgehalten werden", inhaltlich zu vage, weil er das "Was" und das "Wie" der Umsetzung eventueller Begleitvereinbarungen offenlasse.

Der Antragsgegner hat mit [X.] vom 23. April 2018 Stellung genommen. Er erachtet den Antrag für unzulässig (1.) und unbegründet (2.).

1. Der Antrag sei unzulässig, weil er den Anforderungen des § 64 Abs. 2 [X.] nicht genüge. Zudem zeige die Antragstellerin keinen rechtserheblichen Angriffsgegenstand auf und könne deshalb eine Antragsbefugnis nicht darlegen.

Der Antrag genüge nicht den Anforderungen des § 64 Abs. 2 [X.], da er nicht die Bestimmung des Grundgesetzes bezeichne, die der Antragsgegner verletzt haben solle. Eine solche Bezeichnung im Antrag sei jedoch unabdingbar, sodass es nicht genüge, wenn sich diese aus der Antragsbegründung ergebe. Das folge aus dem Urteil des Senats vom 2. Juni 2015 (vgl. [X.] 139, 194).

Die beanstandete Unterlassung einer "konstitutiven" Zustimmung zur vorläufigen Anwendung von [X.] durch Gesetz sei nicht rechtserheblich, da der Antragsgegner zur Vornahme der hier eingeforderten Maßnahme von [X.] wegen nicht verpflichtet gewesen sei. Aus dem Grundgesetz ergebe sich keine Pflicht des Antragsgegners, den [X.] Vertreter im Rat durch Gesetz zur Zustimmung zu [X.] zu ermächtigen und die Bereiche konkret zu benennen, in denen eine Zustimmung untersagt sein solle. Die Rüge verwische verschiedene Aspekte der Integrationsverantwortung und verkenne zugleich, dass sich aus dem Integrationsverfassungsrecht allenfalls ausnahmsweise konkrete und unausweichliche Handlungspflichten ergäben.

Der Begriff der Integrationsverantwortung stehe nicht für eine selbstständige [X.]norm, sondern knüpfe an das ausdifferenzierte System von Teilhabe-, Gestaltungs- und Kontrollkompetenzen an. In diesem Sinne sei der Antragsgegner verpflichtet, an der Verwirklichung eines vereinten [X.] dadurch mitzuwirken (vgl. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 [X.]), dass er für eine "gute Europapolitik" sorge (vgl. Art. 23 Abs. 2, Abs. 1 Satz 2, Satz 3 [X.]). So entfalte die Integrationsverantwortung eine Legitimationsfunktion. Zugleich habe der Antragsgegner über die Einhaltung des [X.] zu wachen und aktiv gegen kompetenzwidriges Verhalten vorzugehen. Darin liege im Rahmen der Integrationsverantwortung seine Kontrollfunktion.

Die Gesetzgebungspflichten nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] seien [X.]. Von diesen seien die Beteiligungsrechte gemäß Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] sowie dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem [X.] in Angelegenheiten der [X.] ([X.]ZBBG) abzugrenzen, die Ausdruck eines variablen Systems der informierten Mitwirkung seien. Der Antragsgegner habe zu entscheiden, ob er einschreiten wolle und könne dabei aus einem breiten Spektrum zwischen informeller Kommunikation und förmlicher Stellungnahme auswählen. Von Art. 23 Abs. 1a [X.] abgesehen sei die Integrationsverantwortung nicht an einzelne Mitwirkungstitel, Einflussmodi und Handlungsformen gebunden.

Vor diesem Hintergrund sei der Antrag wohl so zu verstehen, dass die Antragstellerin ein Gesetz als Ausfluss der Integrationsverantwortung verlange, das dem [X.] Vertreter im Rat die Zustimmung zur vorläufigen Anwendung von [X.] ermögliche ("positive Integrationsverantwortung") und Einschränkungen vorsehen müsse, um Rechtswidrigkeiten hinsichtlich der vorläufigen Anwendung zu beseitigen ("negative Integrationsverantwortung").

Hinsichtlich einer positiven Integrationsverantwortung habe die Antragstellerin jedoch nicht dargetan, dass das bestehende Mandat des [X.] Vertreters im Rat nicht bereits die Zustimmung zur vorläufigen Anwendung der Übereinkunft umfasse. Auch ein Mandatsbegrenzungsgesetz im Sinne einer negativen Integrationsverantwortung schulde der Bundesgesetzgeber nicht. Die Integrationsverantwortung verdichte sich hier nicht etwa zu einer solchen konkreten Handlungspflicht. Angesichts des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung schlössen die Mandate der [X.] Vertreter im Rat eine Begrenzung auf die in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten (vgl. Art. 4 Abs. 1 [X.]V) mit ein.

Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Antragsgegner als Integrationsgesetzgeber gehalten sei, den Maßstab zu [X.], den der Gerichtshof der [X.] - etwa im Rahmen eines Gutachtens nach Art. 218 Abs. 11 A[X.]V - oder das [X.] bei der [X.] anlegten. Das [X.] habe im [X.] (vgl. [X.] 142, 123 <207 Rn. 162>) vielmehr bestätigt, dass eine konkrete Handlungspflicht des Antragsgegners erst nach einer entsprechenden Feststellung des [X.]s bestehe.

Fehl gehe auch die Rüge, dass es für eine Weiterübertragung von Hoheitsrechten keine gesetzliche Grundlage gebe. [X.]-Gremien könnten nur durch Erlass von "sekundärem internationalen Recht" ohne Durchgriffswirkung rechtsetzend tätig werden. Dieses bedürfe keiner spezifischen Legitimation, weil eine solche Möglichkeit bereits von Art. 218 Abs. 9 A[X.]V vorgesehen sei. Eine Befugnis zur Ergänzung oder Änderung des institutionellen Rahmens sei damit nicht verbunden.

Mit [X.] im Sinne der [X.] sei die Rechtsetzungskompetenz der [X.]-Gremien nicht zu vergleichen. [X.] seien auf eine materielle Vertragsänderung gerichtet, während es vorliegend allein um nachgeordnete Rechtsakte gehe, die den institutionellen Rahmen der Übereinkunft weder im Sinne des Art. 218 Abs. 9 A[X.]V ergänzten noch änderten. Das von den [X.]-Gremien gesetzte Recht sei daher eher dem von der [X.] erlassenen Tertiärrecht als einer Brückenklausel vergleichbar.

Eine Verpflichtung zum Erlass eines Mandatsgesetzes bestünde auch dann nicht, wenn der Rat mit der Beschlussfassung über die vorläufige Anwendung von [X.] die Grenzen des Primärrechts überschritte. In einer solchen Ultra-vires-Konstellation würde eine Ermächtigung durch Gesetz keine heilende Wirkung entfalten. Soweit die Antragstellerin rüge, dass sich der Ratsbeschluss über die vorläufige Anwendung nicht in den Grenzen der Art. 3 Abs. 1 Buchstabe e, Art. 207 A[X.]V halte, könne sie nicht geltend machen, dass es dazu eines Gesetzes bedurft hätte. Dies verkenne, dass es ohne eine Änderung des Primärrechts an einer Übertragung von Hoheitsrechten fehle.

Der Einwand, dass die vorläufige Anwendung von [X.] Grundsätze verletze, die zur [X.]identität zählten, und dass die nicht ausreichende Rück-bindung des [X.]s insbesondere dem Demokratieprinzip widerspreche, könne die Forderung nach einem Mandatsgesetz ebenfalls nicht begründen. Einerseits sei schon nicht dargelegt, wie ein Mandatsgesetz eine Rückbindung der [X.]-Gremien hätte gewährleisten sollen. Andererseits habe das [X.] bereits festgestellt, dass der Antragsgegner bei der Wahrnehmung seiner Integrationsverantwortung nicht notwendig in Gesetzesform vorgehen müsse. Indem der Antragsgegner in seiner Stellungnahme festgehalten habe, dass er "bei Bedarf (…) von seinem Recht Gebrauch machen [werde], zu Positionen der [X.] Stellung zu nehmen" und die vorläufige Anwendung "aktiv und intensiv [zu] begleiten", habe er seine Integrationsverantwortung "idealtypisch eingeleitet".

Auch dem Risiko, dass [X.]-Ausschüsse ihre Kompetenzen zu weit auslegten, könne der Antragsgegner nicht durch ein vorsorgliches Gesetz begegnen. Vielmehr müsse er den Vertragsvollzug begleiten, kontinuierlich beobachten und auf unerwartete Entwicklungen angemessen reagieren.

Dass die vorläufige Anwendung von [X.] nach Art. 218 Abs. 5 A[X.]V auf Verlangen der Mitgliedstaaten nicht beendet werden könne, sei ebenfalls keine zulässige Rüge. Es bestehe keine verfassungsrechtliche Pflicht des Antragsgegners, auf eine [X.] gerade in Gesetzesform hinzuwirken.

Dem Antrag fehle es schließlich am Rechtsschutzbedürfnis, da er in der Sache auf eine allgemeine, von den Rechten und Pflichten des Antragsgegners losgelöste Kontrolle abziele.

2. Der Antrag sei auch unbegründet. Eine hinreichend qualifizierte Verletzung des [X.] sei nicht greifbar und der weitere Vollzugs- und Ratifikationsprozess ohne gesetzliche Vorgaben zu steuern gewesen. Insoweit habe der Antragsgegner ein breiteres Spektrum an Handlungsoptionen.

Den allenfalls gebotenen Schutz der [X.]identität müsse der Antragsgegner nicht schon bei der Beschlussfassung über die vorläufige Anwendung von [X.] sicherstellen. Zwar sei denkbar, dass den [X.]-Gremien gewichtige Fortentwicklungskompetenzen zukämen; solchen Risiken könne der Antragsgegner allerdings nicht mit einem Mandatsgesetz begegnen. Er müsse vielmehr gegebenenfalls auf Fehlentwicklungen reagieren. Dies gelte auch, soweit die [X.] Legitimation von [X.] prekär erscheine.

Der Antragsgegner habe schließlich nicht versäumt sicherzustellen, "dass die vorläufige Anwendung nach Art. 218 Abs. 5 A[X.]V auf Verlangen der Mitgliedstaaten beendet werden" könne; vielmehr habe er die Vorläufigkeit der vorläufigen Anwendung von [X.] in der streitgegenständlichen Stellungnahme hinreichend betont.

Die Bundesregierung hat mit [X.] vom 23. April 2018 Stellung genommen und hält den Antrag ebenfalls für unzulässig (1.) und unbegründet (2.).

1. Der Zulässigkeit stehe entgegen, dass der [X.] keine objektive Beanstandungsklage sei. Rechte des Antragsgegners seien nicht verletzt. Die Antragstellerin übergehe die Besonderheiten, die sich aus der Natur von [X.] als gemischtem Abkommen ergäben. So würden die Teile, die nicht in die Zuständigkeit der [X.] fielen, auch nicht vorläufig angewendet. Dass die anderen Teile vorläufig angewendet würden, berühre die Kompetenzen des Antragsgegners nicht. Soweit ersichtlich, sei in keinem Mitgliedstaat der [X.] eine Begleitung, Ermächtigung oder sonst konstitutive Gesetzgebung im Hinblick auf die vorläufige Anwendung von [X.] erfolgt. Im Übrigen habe der Antragsgegner diese Aspekte intensiv begleitet.

2. Der Antrag sei auch unbegründet. Die bisherige Mitwirkung des Antragsgegners an [X.] genüge den Anforderungen des Grundgesetzes. So habe er [X.] bereits vor der Einleitung des Ratifikationsverfahrens als gemischtes Abkommen in einer Vielzahl von Ausschusssitzungen und durch den Austausch mit zuständigen Akteuren der [X.], eine wiederholte Befassung des [X.] sowie in [X.] intensiv behandelt. Die Bundesregierung habe den Antragsgegner in Übereinstimmung mit den Vorgaben des Gesetzes über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem [X.] in Angelegenheiten der [X.] hinreichend informiert, um ihn eng in die Beratungsprozesse über die [X.] Handelspolitik einzubinden.

Ein Zustimmungsgesetz sei nicht erforderlich gewesen, da mit dem Ratsbeschluss nach Art. 218 Abs. 5 A[X.]V weder Hoheitsrechte übertragen noch die [X.] Gründungsverträge weiterentwickelt würden. [X.] sei nicht unmittelbar anwendbar, sodass auch die Einrichtung von [X.] keine Rolle für die Frage spiele, ob ein Zustimmungsgesetz nach Art. 23 [X.] erforderlich sei. Beschlüsse des Gemischten Ausschusses gemäß Art. 26.3 Abs. 2, Art. 30.2 Abs. 2 Satz 2 [X.] unterlägen einem Zustimmungsvorbehalt der Vertragsparteien.

Der Antragsgegner habe sich auf sein Mitwirkungsrecht nach Art. 23 Abs. 3 [X.] in Verbindung mit § 8 [X.]ZBBG konzentriert. Dies sei nicht zu beanstanden, da die Form der Befassung mit einem unionalen Vorhaben und die Entscheidung über die Abgabe einer Stellungnahme in seinem politischen Ermessen lägen.

In der mündlichen Verhandlung vom 13. Oktober 2020 haben die Beteiligten ihren Vortrag konkretisiert und ergänzt.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat dabei klargestellt, dass der gestellte Antrag ausschließlich darauf abziele, dass der Antragsgegner ein Mandatsgesetz sowie begleitende gesetzgeberische Maßnahmen habe erlassen müssen.

Als sachkundige Dritte im Sinne von § 27a [X.] sind Frau Prof. Dr. [X.], [X.], und Herr Prof. Dr. [X.], [X.], angehört worden.

Der Antrag ist unzulässig.

1. Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 [X.] in Verbindung mit § 13 Nr. 5, §§ 63 ff. [X.] entscheidet das [X.] über die Auslegung des Grundgesetzes aus Anlass von Streitigkeiten über den Umfang der Rechte und Pflichten eines obersten Bundesorgans oder anderer Beteiligter, die durch dieses Grundgesetz oder in der Geschäftsordnung eines obersten Bundesorgans mit eigenen Rechten ausgestattet sind.

a) Gegenstand des [X.] kann nur eine Maßnahme oder ein Unterlassen sein. Das zur Nachprüfung gestellte Verhalten muss rechtserheblich sein oder sich zumindest zu einem die Rechtsstellung des Antragstellers beeinträchtigenden, rechtserheblichen Verhalten verdichten können (vgl. [X.] 13, 123 <125>; 57, 1 <4 f.>; 60, 374 <381>; 97, 408 <414>; 118, 277 <317>; 120, 82 <96>; 138, 45 <59 f. Rn. 27>; 150, 194 <199 f. Rn. 17>; 152, 8 <19 f. Rn. 27>). Erforderlich ist, dass dieser durch die angegriffene Maßnahme in seinem Rechtskreis konkret betroffen ist (vgl. [X.] 124, 161 <185>; 138, 45 <59 f. Rn. 27>; 150, 194 <199 f. Rn. 17>). Handlungen, die nur vorbereitenden oder bloß vollziehenden Charakter haben, scheiden als Angriffsgegenstand im [X.] aus (vgl. [X.] 97, 408 <414>; 120, 82 <96>; 150, 194 <199 f. Rn. 17>).

b) Ein Antrag im [X.]verfahren ist gemäß § 64 Abs. 1 [X.] nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, dass er oder das Organ, dem er angehört, durch eine Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners in seinen ihm durch das Grundgesetz übertragenen Rechten und Pflichten verletzt oder unmittelbar gefährdet ist. Die Antragstellerin kann als Fraktion des Deutschen [X.]es im [X.]verfahren eigene Rechte und Rechte des Deutschen [X.]es im Wege der Prozessstandschaft, das heißt fremde Rechte im eigenen Namen, geltend machen (stRspr; vgl. [X.] 152, 8 <18 Rn. 25> m.w.N.).

Bei dem [X.] handelt es sich um eine kontradiktorische Parteistreitigkeit (vgl. [X.] 126, 55 <67>; 138, 256 <258 f. Rn. 4>; 150, 194 <200 Rn. 18>; 152, 8 <20 Rn. 28>). Er dient der gegenseitigen Abgrenzung der Kompetenzen von [X.]organen oder ihren Teilen in einem [X.]rechtsverhältnis, nicht hingegen der Kontrolle der objektiven [X.]mäßigkeit eines bestimmten Organhandelns (vgl. [X.] 104, 151 <193 f.>; 118, 244 <257>; 126, 55 <67 f.>; 140, 1 <21 f. Rn. 58>; 143, 1 <8 Rn. 29>; 150, 194 <200 Rn. 18>; 152, 8 <20 Rn. 28>). [X.] des [X.] ist auf Seiten des Antragstellers die Durchsetzung der geltend gemachten eigenen oder fremden Rechte (vgl. [X.] 67, 100 <126>; 124, 78 <113>; 143, 101 <132 Rn. 104>; 150, 194 <200 Rn. 18>; 152, 8 <20 Rn. 28>; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl. 2020, § 64 Rn. 19). Der [X.] eröffnet daher nicht die Möglichkeit einer objektiven Beanstandungsklage (vgl. [X.] 118, 277 <319>; 126, 55 <68>; 138, 256 <259 Rn. 5>; 140, 1 <21 f. Rn. 58>; 150, 194 <200 Rn. 18>; 152, 8 <20 Rn. 28>). Für eine allgemeine oder umfassende, von den Rechten des Antragstellers losgelöste, abstrakte Kontrolle der [X.]mäßigkeit einer angegriffenen Maßnahme ist im [X.] kein Raum (vgl. [X.] 73, 1 <30>; 80, 188 <212>; 104, 151 <193 f.>; 118, 277 <318 f.>; 136, 190 <192 Rn. 5>; 150, 194 <200 Rn. 18>; 152, 8 <20 Rn. 28>). Das Grundgesetz kennt keinen allgemeinen Gesetzes- oder [X.]vollziehungsanspruch, auf den die Organklage gestützt werden könnte (vgl. [X.], in: [X.]/Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.], § 64 Rn. 63 ). Auch eine Respektierung sonstigen ([X.]-)Rechts kann im [X.] nicht erzwungen werden; er dient allein dem Schutz der Rechte der [X.]organe im Verhältnis zueinander, nicht aber einer allgemeinen [X.]aufsicht (vgl. [X.] 100, 266 <268>; 118, 277 <319>; 150, 194 <200 f. Rn. 18>; 152, 8 <20 f. Rn. 28>). Das Grundgesetz hat insbesondere den Deutschen [X.] als Gesetzgebungsorgan, nicht als umfassendes "Rechtsaufsichtsorgan" über die Bundesregierung eingesetzt. Aus dem Grundgesetz lässt sich daher auch kein eigenes Recht des [X.]es dahingehend ableiten, dass jegliches materiell oder formell verfassungswidrige Handeln der Bundesregierung zu unterbleiben habe (vgl. [X.] 68, 1 <72 f.>; 126, 55 <68>; 150, 194 <201 Rn. 18>).

Mit Rechten im Sinne des § 64 Abs. 1 [X.] sind allein diejenigen Rechte gemeint, die dem Antragsteller oder dem Organ, dem er angehört, zur ausschließlich eigenen Wahrnehmung oder zur Mitwirkung übertragen sind oder deren Beachtung erforderlich ist, um die Wahrnehmung seiner Kompetenzen und die Gültigkeit seiner Akte zu gewährleisten (vgl. [X.] 68, 1 <73>; 150, 194 <201 Rn. 19>; 152, 8 <21 Rn. 28>).

Für die Zulässigkeit eines [X.] erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass die von dem Antragsteller behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung solcher verfassungsmäßigen Rechte unter Beachtung der vom [X.] entwickelten Maßstäbe nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. [X.] 138, 256 <259 Rn. 6>; 140, 1 <21 f. Rn. 58>; 150, 194 <201 Rn. 20>; 152, 8 <21 Rn. 29>).

Nach § 64 Abs. 2 [X.] ist im Antrag zudem die Bestimmung des Grundgesetzes zu bezeichnen, gegen die durch die beanstandete Maßnahme oder Unterlassung des Antragsgegners verstoßen wird (vgl. [X.] 134, 141 <192 Rn. 149>; 138, 102 <108 Rn. 23>; 139, 194 <220 Rn. 97>; 150, 194 <201 Rn. 21>).

Als allgemeine Verfahrensvorschrift gilt § 23 Abs. 1 [X.] auch für das [X.]verfahren. Die Norm verlangt eine über die bloße Bezeichnung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 64 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] hinausgehende nähere Substantiierung der Begründung (vgl. [X.] 24, 252 <258>; 123, 267 <339>; 152, 55 <61 Rn. 18>).

2. Die verfassungsgerichtliche Prüfung ist auf den durch den Antrag umschriebenen Verfahrensgegenstand beschränkt. Allerdings ist das [X.] bei der Auslegung des Antrags nicht an dessen Wortlaut gebunden. Entscheidend ist vielmehr der eigentliche Sinn des mit einem Antrag verfolgten prozessualen Begehrens (vgl. [X.] 68, 1 <68>; 129, 356 <364>; 150, 194 <199 Rn. 15>). Dieser kann sich auch aus der Antragsbegründung ergeben (vgl. [X.] 68, 1 <64>; 136, 277 <301 f. Rn. 66>; 150, 194 <199 Rn. 15>).

Nach diesen Maßstäben hat die Antragstellerin weder eine mögliche Verletzung ihrer eigenen Rechte noch von Rechten des Deutschen [X.]es substantiiert dargelegt, die sie im Wege der Prozessstandschaft geltend machen könnte.

Die Antragstellerin leitet aus Art. 23 Abs. 1 [X.] das Gebot eines isolierten Mandatsgesetzes jenseits der Verträge ab. Da das Grundgesetz ein solches Mandatsgesetz nicht vorsieht, scheidet eine Rechtsverletzung durch das Unterlassen eines solchen Gesetzes von vornherein aus (1.). Der Antrag lässt sich auch nicht dahingehend verstehen, dass sie rügen wollte, die Stellungnahme des Antragsgegners vom 22. September 2016 stelle bereits für sich betrachtet eine nicht hinreichende Wahrnehmung der Integrationsverantwortung durch den [X.] dar. Eine die verfassungsrechtlichen Anforderungen verfehlende Wahrnehmung der Integrationsverantwortung durch den Deutschen [X.] hat die Antragstellerin im Übrigen auch nicht hinreichend substantiiert gerügt (2.).

1. Das Grundgesetz kennt kein Mandatsgesetz, das eine Inanspruchnahme von Hoheitsrechten durch die [X.] oder andere zwischenstaatliche Einrichtungen legitimieren könnte. Nimmt die [X.] oder eine andere Einrichtung Hoheitsrechte in Überschreitung der ihr in den zugrunde liegenden Verträgen eingeräumten Kompetenzen einseitig und im Widerspruch zum geltenden Integrationsprogramm wahr oder wird durch ihr Handeln die Identität der Verfassung berührt, so ist dieses Handeln vom Zustimmungsgesetz nicht gedeckt und damit verfassungswidrig. Ein solches Handeln bleibt auch dann mit der Verfassung unvereinbar, wenn der [X.] Vertreter im Rat in der Form eines Gesetzes ermächtigt würde, ihm zuzustimmen. Eine Heilung des [X.]verstoßes durch Gesetz ist im Falle eines [X.]s ohne vorangegangene Änderung der Verträge und im Falle eines Identitätsverstoßes gar nicht möglich. Der Gesetzgeber darf die Bundesregierung auch nicht dazu ermächtigen, einem [X.] von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der [X.] zuzustimmen ([X.] 151, 202 <297 f. Rn. 144>).

Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin oder des Deutschen [X.]es durch das Unterlassen eines solchen Mandatsgesetzes scheidet daher von vornherein aus. Das gilt auch für die von der Antragstellerin begehrte Begleitgesetzgebung zur vorläufigen Anwendung von [X.]. Dass der Bevollmächtigte der Antragstellerin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, er sehe die Grundlage für die Notwendigkeit eines Mandatsgesetzes im vorliegenden Fall in Art. 23 Abs. 1 [X.], nicht in Art. 59 Abs. 2 [X.], ändert daran nichts.

2. Das in der mündlichen Verhandlung mehrfach bekundete Anliegen der Antragstellerin, aus Art. 23 Abs. 1 [X.] das Gebot eines isolierten Mandatsgesetzes jenseits der Verträge abzuleiten, schließt es aus, den Antrag - unter Zugrundelegung der Antragsschrift - dahingehend zu verstehen, dass sich die Antragstellerin auch gegen den Inhalt der Stellungnahme des Antragsgegners vom 22. September 2016 wendet, um eine nicht hinreichende Wahrnehmung der Integrationsverantwortung durch diesen zu rügen.

Selbst wenn der Antrag in dieser Weise ausgelegt würde, hätte die Antragstellerin eine Verletzung der Integrationsverantwortung jedenfalls nicht hinreichend substantiiert gerügt. Sie hat weder ausreichend zum Inhalt der Integrationsverantwortung des Antragsgegners (a) vorgetragen noch dazu, was in Ansehung der Stellungnahme vom 22. September 2016 daraus für den vorliegenden Fall konkret folgt (b und c).

a) Wie alle [X.]organe trifft auch den Deutschen [X.] eine spezifische Integrationsverantwortung. Diese findet ihre Grundlage in Art. 23 Abs. 1 [X.], wonach die Bundesrepublik [X.] bei der Entwicklung der [X.] mitwirkt, die den dort genannten Anforderungen genügen muss. Die Integrationsverantwortung ist darauf gerichtet, bei der Übertragung von Hoheitsrechten und der Umsetzung des [X.] dafür Sorge zu tragen, dass sowohl das auf der Grundlage von Art. 23 Abs. 1 Satz 2 [X.] gebilligte Integrationsprogramm eingehalten als auch die Integrität der durch Art. 79 Abs. 3 [X.] geschützten [X.]identität gewahrt wird. Welche Verpflichtungen damit konkret verbunden sind, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab.

Der [X.] wirkt nach Art. 23 Abs. 2 und Abs. 3 [X.] in Angelegenheiten der [X.] mit. Aus dieser spezifischen Ausprägung des Demokratiegebots ergibt sich ein Recht (vgl. [X.] 131, 152 <196 ff.>; 132, 195 <260 Rn. 156, 271 f. Rn. 181 f.>; 135, 317 <402 f. Rn. 166, 420 Rn. 213, 428 Rn. 232 f.>), zugleich aber auch eine Pflicht des [X.] (vgl. [X.] 134, 366 <395 Rn. 49>; 146, 216 <251 Rn. 49>; Brand, Europapolitische Kommunikation zwischen [X.] und Bundesregierung, 2015, [X.] ff.; [X.]/ v. [X.]/Frau, in: BeckOK [X.], Art. 23 Rn. 37 <15. November 2020>; [X.], in: [X.], [X.], 16. Aufl. 2020, Art. 23 Rn. 50; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 23 Rn. 112), seine Integrationsverantwortung effektiv wahrzunehmen (vgl. [X.] 134, 366 <395 f. Rn. 48 f.>; 146, 216 <250 ff. Rn. 47 ff.>).

b) Bei der Wahrnehmung der Integrationsverantwortung kommt dem [X.] grundsätzlich ein weiter politischer Handlungsspielraum zu (aa). In der Rechtsprechung des Senats finden sich Aussagen zur Art und Weise, wie die Integrationsverantwortung wahrgenommen werden kann beziehungsweise im Falle von [X.]en oder Identitätsverletzungen wahrgenommen werden muss (bb).

aa) Bei der Wahrnehmung ihrer Integrationsverantwortung entscheiden die [X.]organe grundsätzlich eigenverantwortlich darüber, wie sie den ihnen obliegenden Schutzauftrag erfüllen; sie verfügen insoweit über einen weiten Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum (vgl. [X.] 125, 39 <78>; 151, 202 <299 Rn. 148>; [X.], Urteil des [X.] vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 109). Vorhandene Risiken müssen sie erwägen und politisch verantworten (vgl. [X.] 151, 202 <299 Rn. 148>).

Eine Verletzung der unter anderem auf Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] bezogenen Integrationsverantwortung ist - ähnlich wie eine Verletzung (anderer) grundrechtlicher Schutzpflichten - erst gegeben, wenn es an jeglichen Schutzvorkehrungen fehlt, die getroffenen Regelungen und Maßnahmen offensichtlich ungeeignet oder völlig unzureichend sind oder wenn sie erheblich hinter dem Schutzziel zurückbleiben (vgl. [X.] 142, 123 <210 f. Rn. 169>; 151, 202 <299 Rn. 148>).

bb) Die Integrationsverantwortung des Deutschen [X.]es beschränkt sich nicht auf die Festlegung des [X.] durch die Übertragung von Hoheitsrechten. In deren Folge erwächst ihm auch eine Verantwortung für die damit ermöglichte Entwicklung der [X.] Integration, die er in deren weiterem Verlauf effektiv wahrnehmen muss (vgl. etwa [X.] 151, 202 <287 Rn. 121, 332 f. Rn. 218, 371 f. Rn. 312>).

Zwar ist im Bereich der [X.] nach der Konzeption des Grundgesetzes in erster Linie die Bundesregierung gefordert. Demgegenüber ist die Rolle des [X.] im außenpolitischen Bereich schon aus funktionalen Gründen zurückgenommen (vgl. [X.] 104, 151 <207>; 131, 152 <195>). Der Verkehr mit anderen [X.], die Vertretung in internationalen Organisationen, zwischenstaatlichen Einrichtungen und Systemen gegenseitiger kollektiver Sicherheit (vgl. Art. 24 Abs. 2 [X.]) sowie die Sicherung der gesamtstaatlichen Verantwortung bei der Außenvertretung [X.]s liegen grundsätzlich in den Händen der Bundesregierung, die institutionell und dauerhaft über die notwendigen personellen, sachlichen und organisatorischen Möglichkeiten verfügt, um auf wechselnde äußere Lagen zügig und sachgerecht zu reagieren (vgl. [X.] 68, 1 <87>; 104, 151 <207>; 131, 152 <195>).

Die der Bundesregierung anvertraute auswärtige Gewalt steht allerdings nicht außerhalb parlamentarischer Kontrolle (vgl. [X.] 104, 151 <207>; 131, 152 <195>; vgl. ferner [X.] 49, 89 <125>; 68, 1 <89>; 90, 286 <364>). In Bezug auf den Bereich der [X.] gibt Art. 23 [X.] dem [X.] vor dem Hintergrund der mit der Europäisierung verbundenen Gewichtsverlagerung zugunsten der Exekutive weitreichende Mitwirkungsrechte (vgl. [X.] 131, 152 <196 ff.>), die das [X.] aufgrund seiner Integrationsverantwortung aber auch verpflichten. So sieht Art. 23 Abs. 2 Satz 1 [X.] für Angelegenheiten der [X.] eine Mitwirkung von [X.] und Bundesrat vor. Das korrespondiert mit Art. 12 [X.]V, der den nationalen [X.]en auch unionsrechtlich eine Mitwirkung im institutionellen Gefüge der [X.] zuweist. Art. 23 Abs. 2 Satz 2 [X.] verpflichtet die Bundesregierung deshalb, den [X.] und den Bundesrat umfassend und zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu unterrichten. Zentraler, wenn auch nicht ausschließlicher Bezugspunkt für die Mitwirkung des [X.]es ist die Verpflichtung der Bundesregierung, dem [X.] vor einer Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der [X.] Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (Art. 23 Abs. 3 Satz 1 [X.]) und diese Stellungnahme - die in der Regel als [X.]beschluss ergeht - bei den Verhandlungen zu berücksichtigen (Art. 23 Abs. 3 Satz 2 [X.]).

Konkretisiert werden die Rechte des [X.]es durch das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bundesregierung und Deutschem [X.] in Angelegenheiten der [X.] und das Gesetz über die Wahrnehmung der Integrationsverantwortung des [X.]es und des Bundesrates in Angelegenheiten der [X.] (Integrationsverantwortungsgesetz - IntVG).

Für den [X.] kommt ein breites Spektrum an Maßnahmen in Betracht. Er kann - im Zusammenwirken mit den anderen zuständigen [X.]organen - Kompetenzüberschreitungen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der [X.] nachträglich legitimieren, indem er eine - die Grenzen von Art. 79 Abs. 3 [X.] wahrende - Änderung des Primärrechts veranlasst und die [X.] in Anspruch genommenen Hoheitsrechte gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3 [X.] förmlich überträgt. Soweit dies nicht möglich oder nicht gewünscht ist, trifft ihn die Pflicht, mit rechtlichen oder politischen Mitteln auf die Aufhebung der vom Integrationsprogramm nicht gedeckten Maßnahmen hinzuwirken sowie - solange die Maßnahmen fortwirken - geeignete Vorkehrungen dafür zu treffen, dass die innerstaatlichen Auswirkungen der Maßnahmen so weit wie möglich begrenzt bleiben (vgl. [X.] 134, 366 <395 f. Rn. 49>; 142, 123 <211 Rn. 170>; 151, 202 <299 Rn. 149>; [X.], Urteil des [X.] vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 109, 231).

Hierzu verfügt der [X.] über eine Reihe von Mitteln, derer er sich bedienen kann, um seiner Integrationsverantwortung gerecht zu werden (vgl. [X.] 142, 123 <211 f. Rn. 171>). Dazu zählen - gegebenenfalls über die Bundesregierung vermittelt - insbesondere eine Klage vor dem Gerichtshof der [X.] (vgl. Art. 263 Abs. 1 A[X.]V), die Beanstandung der fraglichen Maßnahme gegenüber den handelnden und den sie kontrollierenden Stellen, das Stimmverhalten in den Entscheidungsgremien der [X.] einschließlich der Ausübung von Vetorechten, Vorstöße zu Vertragsänderungen (vgl. Art. 48 Abs. 2, Art. 50 [X.]V) sowie Weisungen an nachgeordnete Stellen, die in Rede stehende Maßnahme nicht anzuwenden. Der [X.] kann sich dabei seines Frage-, Debatten- und Entschließungsrechts bedienen, das ihm zur Kontrolle des Handelns der Bundesregierung in Angelegenheiten der [X.] zusteht (vgl. Art. 23 Abs. 2 [X.]). Er kann der Bundesregierung seine Auffassung jederzeit durch Beschluss mitteilen (vgl. Art. 40 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 75 Abs. 1 Buchstabe d, Abs. 2 Buchstabe [X.]) oder - wie im Falle des [X.] (vgl. [X.] 151, 202 <371 f. Rn. 311 f.>) - ein Gesetz erlassen. Im Übrigen kann er sich - je nach Angelegenheit - auch der Subsidiaritätsklage (vgl. Art. 23 Abs. 1a [X.] i.V.m. Art. 12 Buchstabe b [X.]V und Art. 8 Subsidiaritätsprotokoll), des Enquêterechts (vgl. Art. 44 [X.]) oder des [X.] (vgl. Art. 67 [X.]) bedienen.

Bei einem vom [X.] festgestellten [X.] oder einer Berührung der [X.]identität bedarf es jedenfalls einer Plenardebatte, da der [X.] seine Repräsentationsfunktion grundsätzlich in seiner Gesamtheit wahrnimmt. Entscheidungen von erheblicher Tragweite wie die Entschließung darüber, welche Wege zur Wiederherstellung der Kompetenzordnung beschritten werden sollen, hat grundsätzlich ein Verfahren vorauszugehen, das der Öffentlichkeit Gelegenheit bietet, ihre Auffassungen auszubilden und zu vertreten, und das die Volksvertretung dazu veranlasst, Notwendigkeit und Umfang der zu beschließenden Maßnahmen in öffentlicher Debatte zu klären (vgl. [X.] 142, 123 <212 f. Rn. 172 f.>).

Die [X.]organe müssen sich bei Berührungen der [X.]identität sowie offensichtlichen und strukturell bedeutsamen Kompetenzüberschreitungen durch Maßnahmen von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der [X.] ([X.]en) aktiv mit der Frage auseinandersetzen, wie die Kompetenzordnung wiederhergestellt werden kann, und eine positive Entscheidung darüber treffen, welche Wege dafür beschritten werden sollen (vgl. zuletzt [X.], Urteil des [X.] vom 5. Mai 2020 - 2 BvR 859/15 u.a. -, Rn. 107, 231). An einem [X.] oder einer Identitätsverletzung darf er nicht mitwirken (vgl. [X.] 151, 202 <297 f. Rn. 144, 321 Rn. 194>), sondern muss ihnen entgegentreten (vgl. [X.] 142, 123 <207 f. Rn. 163 ff.>; 151, 202 <276 Rn. 94>). In welcher Form dies geschehen muss, hängt von den Gesamtumständen des konkreten Falles ab.

c) Im vorliegenden Fall hat sich der Antragsgegner, bevor er die Stellungnahme vom 22. September 2016 beschloss, über einen längeren Zeitraum intensiv mit [X.] auseinandergesetzt: Dies geschah in zahlreichen Plenarsitzungen (vgl. Plenarsitzungen am 22. Mai 2014 ; am 25. September 2014 ; am 16. Januar 2015 ; am 27. Februar 2015 ; am 12. Juni 2015 ; am 10. September 2015 ; am 1. Oktober 2015 ; am 13. November 2015 ; am 4. Dezember 2015 sowie am 13. Mai 2016 ); am 6. Juli 2016 wurde zudem eine aktuelle Stunde zu [X.] durchgeführt (vgl. [X.] 18/182, [X.]7934 ff.). Darüber hinaus hat er sich in einer Vielzahl von Ausschusssitzungen (insbesondere des federführenden [X.], ferner von zehn weiteren mitberatenden Ausschüssen), durch die Anhörung von Sachverständigen (vgl. u.a. Protokoll der 6. Sitzung des [X.], Bau und Reaktorsicherheit vom 19. Februar 2014 ; Protokoll der 25. Sitzung des [X.] vom 15. Dezember 2014 ; Protokoll der 89. Sitzung des [X.], Bau und Reaktorsicherheit vom 6. Juli 2016 ; Protokoll der 87. Sitzung des [X.] vom 5. September 2016 ) und durch den Austausch mit zuständigen Akteuren [X.]s und der [X.] (u.a. Gespräche des [X.] mit dem [X.] Chefunterhändler [X.] am 8. Oktober 2014, mit der [X.] [X.] am 14. Januar 2016 und mit der [X.] Handelsministerin [X.] am 14. April 2016) mit dem Vorhaben befasst.

Die Stellungnahme vom 22. September 2016, bei der es sich um eine solche im Sinne von Art. 23 Abs. 3 [X.] handelt, enthält erkennbar inhaltliche Vorgaben für die Mitwirkung der Bundesregierung im Rat der [X.]. Sie betont, dass die vorläufige Anwendung des [X.] keinesfalls in den Bereichen erfolgen dürfe, die mitgliedstaatliche Kompetenzen umfassen. Ausdrücklich adressiert sie den Investitionsschutz, geht aber darüber hinaus. Sie fordert die Bundesregierung auf durchzusetzen, dass in Abstimmung zwischen dem Rat der [X.], der [X.] und dem Europäischen [X.] Ausnahmen von der vorläufigen Anwendung vereinbart werden, wo dies aufgrund von Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten der [X.] rechtlich geboten ist.

Warum der Antragsgegner mit seiner Stellungnahme vom 22. September 2016 vor diesem Hintergrund seine Integrationsverantwortung verletzt haben sollte, hat die Antragstellerin nicht dargetan. Insbesondere hat sie sich nicht hinreichend damit auseinandergesetzt, dass der Antragsgegner im vorliegenden Fall in Anbetracht eines möglichen [X.]s und einer nicht ausgeschlossenen Berührung der [X.]identität (vgl. [X.] 143, 65 <95 Rn. 50 ff.>) umfangreich tätig geworden ist, und zwar bevor das Urteil des Senats vom 13. Oktober 2016 (vgl. [X.] 143, 65) vorlag.

Hinzu kommt, dass die Stellungnahme des Antragsgegners im laufenden Abstimmungsprozess vor Abschluss der Verhandlungen über [X.] beschlossen worden ist, in deren Gefolge es noch zu zahlreichen Änderungen der anstehenden Beschlussentwürfe gekommen ist, die dem in der Stellungnahme formulierten Anliegen in erheblichem Umfang Rechnung getragen haben. Auch damit setzt sich die Antragstellerin nicht auseinander.

Die Auslagenerstattung richtet sich im [X.]verfahren nach § 34a Abs. 3 [X.]. Sie kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere [X.] vorliegen (vgl. [X.] 96, 66 <67>). Solche Gründe sind hier nicht ersichtlich.

Meta

2 BvE 4/16

02.03.2021

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: BvE

Art 23 Abs 1 GG, Art 23 Abs 3 GG, Art 79 Abs 3 GG, Art 12 EU, EUBes 2017/37, Art 1 Abs 1 EUBes 2017/38, EUZBBG 2013, IntVG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 02.03.2021, Az. 2 BvE 4/16 (REWIS RS 2021, 8266)

Papier­fundstellen: WM2021,552 REWIS RS 2021, 8266

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