Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31.10.2023, Az. 2 BvE 4/21

2. Senat | REWIS RS 2023, 7605

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Gegenstand

Organklage der AfD-Bundestagsfraktion im Zusammenhang mit dem Eigenmittelbeschluss-Ratifizierungsgesetz (ERatG; RIS: GII210322) mangels Darlegung einer Antragsbefugnis unzulässig


Tenor

Der Antrag wird verworfen.

Der Antrag der Antragstellerin auf Erstattung ihrer notwendigen Auslagen wird abgelehnt.

Gründe

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege der Organklage gegen die Mitwirkung der Bundesregierung und des [X.], der Antragsgegnerin zu 1. und des Antragsgegners zu 2., an dem Zustandekommen des [X.] über das Eigenmittelsystem der [X.] und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/[X.], [X.] (vgl. [X.] 2021 [X.], [X.] - [X.]), mit dem die [X.] dem Beschluss ([X.], [X.]) 2020/2053 des Rates über das Eigenmittelsystem der [X.] und zur Aufhebung des Beschlusses 2014/335/[X.], [X.] (vgl. ABl [X.] Nr. L 424 vom 15. Dezember 2020, [X.] ff.; im Folgenden: Eigenmittelbeschluss 2020) zugestimmt hat. Dieser bildet die Grundlage für die Ermächtigung der [X.], zur Finanzierung des temporären Aufbauinstruments "[X.] [X.]" (im Folgenden: NG[X.]) bis 2026 am Kapitalmarkt Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro aufzunehmen. Zudem wendet sich die Antragstellerin gegen die Mitwirkung der Antragsgegnerin zu 1. an dem Beschluss des Rates der [X.] über die Verordnung ([X.]) 2020/2094 des Rates vom 14. Dezember 2020 zur Schaffung eines Aufbauinstruments der [X.] ("[X.]" - [X.]RI) zur Unterstützung der Erholung nach der [X.] (vgl. ABl [X.] Nr. [X.] vom 22. Dezember 2020, [X.] ff.; im Folgenden: [X.]RI-VO).

2

1. Auf der Tagung des Europäischen Rates vom 17. bis 21. Juli 2020, die unter dem Eindruck der COVID-19-[X.] stattfand, vereinbarten die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der [X.] den Mehrjährigen Finanzrahmen ([X.]) 2021 bis 2027 und das temporäre Aufbauinstrument NG[X.] (vgl. Außerordentliche Tagung des Europäischen Rates <17., 18., 19., 20. und 21. Juli 2020> - Schlussfolgerungen, [X.]CO 10/20 vom 21. Juli 2020). Mit diesem sollen die gravierenden wirtschaftlichen und [X.] Auswirkungen der [X.] in den Mitgliedstaaten eingedämmt und gemildert werden.

3

Am 14. Dezember 2020 nahm der Rat der [X.] den Eigenmittelbeschluss 2020 an. Darin wird die [X.] - ausschließlich zur Bewältigung der Folgen der COVID-19-[X.] - ermächtigt, an den Kapitalmärkten im Namen der [X.] Mittel bis zu einem Betrag von 750 Milliarden Euro zu Preisen von 2018 aufzunehmen. Das temporäre Aufbauinstrument NG[X.] findet seine Grundlage in der auf Art. 122 A[X.]V gestützten [X.]RI-VO. Als Kernstück des NG[X.] wurde die auf Art. 175 Abs. 3 A[X.]V gestützte Verordnung ([X.]) 2021/241 des [X.] und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (vgl. ABl [X.] Nr. L 57 vom 18. Februar 2021, [X.]7 ff.) geschaffen.

4

2. Am 19. Februar 2021 legte die Bundesregierung den Gesetzentwurf zur Zustimmung der [X.] zum Eigenmittelbeschluss 2020 vor (vgl. BTDrucks 19/26821). Der [X.] nahm den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum [X.] - wie vom [X.] empfohlen (vgl. BTDrucks 19/27901) - am 25. März 2021 an. Das vom [X.] beschlossene Gesetz wurde noch am selben Tag auf die Tagesordnung des Bundesrates gesetzt, der ihm am 26. März 2021 gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG einstimmig zustimmte (vgl. [X.] 235/21 ). Das [X.] wurde durch den Bundespräsidenten am 23. April 2021 ausgefertigt und am 28. April 2021 im [X.] verkündet (vgl. [X.] [X.]). Der Eigenmittelbeschluss 2020 trat am 1. Juni 2021 rückwirkend zum 1. Januar 2021 in [X.] (Art. 12 Eigenmittelbeschluss 2020), nachdem ihm alle Mitgliedstaaten gemäß ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt hatten. Eine erste Auszahlung von NG[X.]-Mitteln erfolgte am 28. Juni 2021 (vgl. [X.], Pressemitteilung vom 28. Juni 2021, [X.]/21/3262).

5

3. In dem parallelen [X.] 2 BvR 547/21 ordnete der [X.] mit Beschluss vom 26. März 2021 an, dass das [X.] durch den Bundespräsidenten bis zur Entscheidung des [X.] über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht ausgefertigt werden durfte (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 26. März 2021 - 2 BvR 547/21 -). Mit Beschluss vom 15. April 2021 lehnte der [X.] den Antrag der Beschwerdeführer auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab (vgl. [X.]E 157, 332 - [X.] - eA).

6

4. Mit Urteil vom 6. Dezember 2022 ([X.], Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 - [X.] - NG[X.]) wies der [X.] des [X.] in den parallelen Verfahren 2 BvR 547/21 und 2 BvR 798/21 die dort erhobenen Verfassungsbeschwerden als unbegründet zurück.

7

Er stellte fest, dass das [X.] die Beschwerdeführer nach Maßgabe der vom [X.] zur Ultra-vires- und zur Identitätskontrolle entwickelten Maßstäbe nicht in ihren geltend gemachten Rechten verletze. Der dem [X.] zugrundeliegende Eigenmittelbeschluss 2020 stelle weder eine offensichtliche Überschreitung der Ermächtigung aus Art. 311 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 und 2 A[X.]V dar (a), noch beeinträchtige er die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des [X.] (b). Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 A[X.]V sei nicht veranlasst (c). [X.] des [X.] Müller gab ein Sondervotum zu der Entscheidung ab (d).

8

a) Zwar enthielten die Verträge keine Einzelermächtigung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.]V, die die [X.] berechtige, Kredite an den Kapitalmärkten aufzunehmen. Ausnahmsweise komme jedoch die Aufnahme von Krediten als sonstige Einnahmen im Sinne von Art. 311 Abs. 2 A[X.]V in Betracht, wenn die Ermächtigung zur Kreditaufnahme im Eigenmittelbeschluss 2020 vorgesehen sei, die Mittel ausschließlich zweckgebunden für eine der [X.] zugewiesene Einzelermächtigung eingesetzt würden, die Kreditaufnahme zeitlich befristet und der Höhe nach begrenzt sei und die Summe der sonstigen Mittel den Umfang der Eigenmittel nicht übersteige. Dass Art. 5 Eigenmittelbeschluss 2020 diese Anforderungen erfülle, erscheine vor allem im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 122 Abs. 1 und 2 A[X.]V und die Summe der Eigenmittel fraglich, sei jedoch nicht offensichtlich ausgeschlossen. Auch eine Umgehung des Art. 125 Abs. 1 A[X.]V komme in Betracht, sei jedoch ebenfalls nicht offensichtlich (vgl. im Einzelnen [X.], Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 149 ff.).

9

b) Der Eigenmittelbeschluss 2020 berühre auch nicht die Verfassungsidentität des Grundgesetzes im Sinne von Art. 79 Abs. 3 GG (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 211 ff.). In Ansehung der strikten Zweckbindung und klaren Begrenzung von Höhe und Dauer der aufgenommenen Mittel und der Zustimmung des [X.] im Verfahren nach Art. 311 Abs. 3 Satz 3 A[X.]V beeinträchtige er - für sich genommen - nicht dessen haushaltspolitische Gesamtverantwortung. Eine Gesamtbetrachtung sämtlicher vom [X.] gebilligter Schulden, Haftungszusagen und Garantien im Kontext der [X.] lasse zwar erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt erkennen, überschreite aber nicht den weiten haushaltspolitischen Einschätzungsspielraum des [X.]. Dieser sei - im Zusammenwirken mit der Bundesregierung - im Rahmen seiner Integrationsverantwortung allerdings verpflichtet, die Verwendung der Mittel aus NG[X.] und die Entwicklung des mit ihm verbundenen [X.] für den Bundeshaushalt fortlaufend zu beobachten und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen zum Schutz des Bundeshaushalts zu ergreifen.

c) Eine Vorlage an den Gerichtshof der [X.] gemäß Art. 267 Abs. 3 A[X.]V sei nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 236 f.). Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gerichtshof die in Rede stehenden Einzelermächtigungen in Art. 122 und Art. 311 Abs. 2 und 3 A[X.]V im Ergebnis enger auslegen werde als das [X.]. Bei der Auslegung von Art. 125 Abs. 1 A[X.]V handele es sich unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Rechtssache [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 27. November 2012, [X.], [X.]/12, [X.]:C:2012:756) um einen "acte éclairé".

d) In einem Sondervotum legte [X.] des [X.] Müller seine von der Entscheidung abweichende Meinung nieder. Angesichts der von der [X.]smehrheit selbst ausgeführten, schwerwiegenden Zweifel an der Primärrechtskonformität des [X.] habe es vorliegend zumindest einer Vorlage an den Gerichtshof der [X.] bedurft.

Die Antragstellerin wendet sich in ihrer Antragsschrift vom 1. April 2021 in der Hauptsache gegen Handlungen und Unterlassungen der Antragsgegner und vertritt die Auffassung, beide seien in mehrfacher Hinsicht ihren sich aus der Integrationsverantwortung ergebenden Pflichten im Zusammenhang mit der Novellierung des [X.] nicht nachgekommen. Sie begehrt jeweils festzustellen, dass die Antragsgegner hierdurch die eigenen Rechte der Antragstellerin als Fraktion sowie die Rechte und Verantwortlichkeiten des [X.], welche sie im Wege der Prozessstandschaft für diesen wahrnehme, verletzt hätten.

1. Der Antrag sei zulässig. Als Fraktion im Deutschen [X.] sei die Antragstellerin im [X.] beteiligtenfähig. Sie sei berechtigt, Rechte, die dem [X.] zustünden, in Prozessstandschaft auch gegenüber dem Antragsgegner zu 2. selbst geltend zu machen. Die Antragstellerin sei nach § 64 Abs. 1 [X.]G antragsbefugt, weil sie in substantiierter Weise jedenfalls die Möglichkeit dargelegt habe, dass die Antragsgegner durch die im Antrag im Einzelnen genannten Handlungen und Unterlassungen die Rechte und Pflichten des [X.]es und damit auch ihre Rechte als stärkster Oppositionsfraktion verletzt hätten. Das Rechtsschutzbedürfnis sei gegeben, da die Antragstellerin Initiativen ergriffen habe, die aber von der Mehrheit des [X.] abgelehnt worden seien.

2. In der Sache erhebt die Antragstellerin im Wesentlichen eine Ultra-vires- sowie eine Identitätsrüge.

a) Die [X.] sei nicht befugt, die [X.] zur Aufnahme von Krediten - zumal in einer Höhe von 750 Milliarden Euro - zu ermächtigen. Diese erfolge [X.], was auch Art. 17 Abs. 2 der Haushaltsordnung der [X.] und die ausnahmsweise Ermächtigung zur Kreditaufnahme in Art. 266 Abs. 6 der Haushaltsordnung der [X.] bestätigten. Gegen eine allgemeine Kreditaufnahmebefugnis spreche weiterhin die Rolle der [X.] mit eigener Rechtspersönlichkeit. Außerdem sei der Eigenmittelbeschluss 2020 selbst kein Primärrecht, weswegen seine Änderung auch keine Vertragsänderung sei oder bezwecke. Art. 136 Abs. 3 A[X.]V entfalte eine Sperrwirkung für eine Kreditfinanzierung der [X.]. Auch der [X.] stehe der Kreditaufnahme entgegen. Eine Ermächtigung zur Kreditaufnahme ergebe sich weder aus Art. 311 Abs. 3 A[X.]V noch aus Art. 122 A[X.]V. Mittel bis zu 750 Milliarden Euro könnten wegen des viel zu hohen Kreditvolumens nicht als "sonstige Einnahmen" im Sinne des Art. 311 Abs. 2 A[X.]V verstanden werden. Die [X.] könne die Kreditaufnahme nicht rechtfertigen. Eine allgemeine Befugnis der [X.], in Notlagen den Mitgliedstaaten finanzielle Hilfestellung zu geben, sei den [X.] nicht zu entnehmen. Es lägen zudem ein Verstoß gegen das [X.]. 125 A[X.]V sowie eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Verschiebung zulasten mitgliedstaatlicher Kompetenzen vor. Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung werde grob und strukturwidrig missachtet.

b) Die vertragswidrige Ermächtigung der [X.] zur Kreditaufnahme im Umfang von 750 Milliarden Euro sei auch mit der Identität des Grundgesetzes unvereinbar. Diese Belastung zukünftiger Generationen durch hohe Schulden sei nicht verantwortbar. Der [X.] trage weniger dem Ausgleich der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen der [X.] Rechnung, sondern [X.] vornehmlich Ressourcen von den finanzstärkeren zu den finanzschwächeren Mitgliedstaaten der [X.]. Dies gehe vor allem zulasten [X.], das mit 25 % den größten Anteil der Kosten der [X.] trage. Darüber hinaus werde [X.] durch das Wiederaufbauinstrument zusätzlich in Anspruch genommen, wenn andere Mitgliedstaaten Verpflichtungen aus dem Eigenmittelbeschluss 2020 nicht erfüllten, was angesichts der hohen Verschuldung der meisten Mitgliedstaaten mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sei. Die Verletzung der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung und damit des [X.] Prinzips durch die Zustimmung zum [X.] sei - in Anbetracht eines Volumens von circa 800 Milliarden Euro und derzeit nicht überblickbarer Haftungsfolgen - offensichtlich. Schließlich lege die Überdeckung der auszureichenden Kredite die Vermutung nahe, dass Kreditausfälle einiger Mitgliedstaaten bereits einkalkuliert seien.

c) In formeller Hinsicht vertritt die Antragstellerin außerdem die Ansicht, die Zustimmung des [X.]es zum Eigenmittelbeschluss 2020 sei nicht in einem den Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG entsprechenden Verfahren zustande gekommen.

3. Die Antragstellerin beantragt ferner, "die Kosten des Verfahrens den [X.] aufzuerlegen".

4. Mit Schriftsatz vom 20. Juli 2022 bekräftigt die Antragstellerin ihr bisheriges Vorbringen. Auch die aktuelle Fraktion der Alternative für [X.] der 20. Wahlperiode halte an der Organklage fest. Das Rechtsschutzbedürfnis bestehe weiterhin. Das Projekt "[X.]" sei noch nicht zu Ende geführt, und es müsse mit weiteren Kreditaufnahmen sowie weiterer Finanzierung der Agenden der [X.] gerechnet werden. Weitere Schriftsätze der Antragstellerin sind bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht eingegangen.

Den Antrag, dem Bundespräsidenten im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, das [X.] auszufertigen, zu unterschreiben und zu verkünden sowie dem zuständigen Bundesminister zu untersagen, das Gesetz vor der Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten gegenzuzeichnen, hat der [X.] mit Beschluss vom 8. Juni 2021 nach § 24 [X.]G verworfen (vgl. [X.]E 158, 202 - [X.] - [X.]). Der Antrag sei mangels [X.] im Zeitpunkt der Entscheidung des [X.] unzulässig, nachdem der Bundespräsident auf den Beschluss des [X.]s vom 15. April 2021 das [X.] ausgefertigt habe und dieses im [X.] verkündet worden sei (vgl. [X.]E 158, 202 <208 Rn. 6> insbesondere unter Bezugnahme auf [X.]E 157, 332). Im Übrigen wäre dem Antrag, unabhängig von der Frage, ob und inwieweit die Anträge im Hauptsacheverfahren von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet seien, aus den im Beschluss des [X.]s vom 15. April 2021 dargelegten Gründen, die sich auf das vorliegende Verfahren entsprechend übertragen ließen, der Erfolg in der Sache von vornherein zu versagen gewesen (vgl. [X.]E 158, 202 <208 Rn. 7> unter Bezugnahme auf [X.]E 157, 332 <387 Rn. 95>).

Der Antrag ist unzulässig. Die Antragstellerin hat ihre Antragsbefugnis nicht hinreichend dargelegt.

Die Antragsbefugnis gemäß § 64 Abs. 1 [X.]G setzt voraus, dass nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass der Antragsgegner Rechte des Antragstellers, die aus einem verfassungsrechtlichen Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten erwachsen, durch die beanstandete rechtserhebliche Maßnahme oder Unterlassung verletzt oder unmittelbar gefährdet hat (vgl. [X.]E 94, 351 <362 f.>; 99, 19 <28>; 104, 14 <19>; 104, 310 <325>; 108, 251 <271 f.>; 118, 277 <317>; 134, 141 <194 Rn. 160>; 140, 115 <144 Rn. 74>; [X.], Urteil des [X.] vom 24. Januar 2023 - 2 [X.] -, Rn. 53 - PartGuaÄndG 2018 - [X.]; Beschluss des [X.] vom 20. Juni 2023 - 2 [X.] -, Rn. 34 - [X.] Finanzierungsausschluss [X.]). Für die Zulässigkeit eines [X.]verfahrens erforderlich, aber auch ausreichend ist es, dass die von dem Antragsteller behauptete Verletzung oder unmittelbare Gefährdung seiner verfassungsmäßigen Rechte unter Beachtung der vom [X.] entwickelten Maßstäbe nach dem vorgetragenen Sachverhalt möglich erscheint (vgl. [X.]E 138, 256 <259 Rn. 6>; 140, 1 <22 Rn. 58>; 150, 194 <201 Rn. 20>; 151, 191 <199 Rn. 22> - [X.]; [X.], Urteil des [X.] vom 24. Januar 2023 - 2 [X.] -, Rn. 53; Beschluss des [X.] vom 20. Juni 2023 - 2 [X.] -, Rn. 34; stRspr).

Nach diesen Maßstäben fehlt der Antragstellerin die Antragsbefugnis. Die Antragstellerin sieht bei sachgerechter Würdigung ihres Begehrens (vgl. zur Auslegung von Anträgen [X.]E 139, 194 <220 Rn. 97>; 150, 194 <199 Rn. 15> m.w.N.) durch Handlungen und Unterlassungen der Antragsgegner jeweils deren Integrationsverantwortung im Zusammenhang mit der Novellierung des [X.] verletzt, weil die Ermächtigung der [X.] zur Kreditaufnahme im Umfang von 750 Milliarden Euro [X.] erfolge und nicht mit der Identität des Grundgesetzes vereinbar sei. Hierdurch hätten die Antragsgegner sowohl die eigenen Rechte der Antragstellerin als Fraktion verletzt als auch die Rechte des [X.]es, welche sie im Wege der Prozessstandschaft für diesen wahrnehme.

1. Nach dem Urteil des [X.]s vom 6. Dezember 2022 ([X.], Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -) sind die geltend gemachten Rechte nicht verletzt. Der [X.] hat mit diesem Urteil entschieden, dass das [X.] nach Maßgabe der vom [X.] zur Ultra-vires- und zur Identitätskontrolle entwickelten Maßstäbe keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt. Der Eigenmittelbeschluss 2020 stelle weder eine offensichtliche Überschreitung der Ermächtigung aus Art. 311 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 122 Abs. 1 und 2 A[X.]V dar, noch beeinträchtige er die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des [X.] (vgl. [X.], Urteil des [X.] vom 6. Dezember 2022 - 2 BvR 547/21, 2 BvR 798/21 -, Rn. 120 ff.). Der [X.] hat dabei die von der Antragstellerin im hiesigen Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen umfassend behandelt. Eine Verletzung der von der Antragstellerin im hiesigen Verfahren geltend gemachten organschaftlichen Rechte des [X.] scheidet danach aus. Es kann daher offenbleiben, ob die Antragsbefugnis bereits bei Antragstellung gefehlt hat. Jedenfalls ist sie infolge der Klärung der Rechtslage durch das Urteil vom 6. Dezember 2022 entfallen. Zumindest wäre es Sache der Antragstellerin gewesen, substantiiert darzulegen, inwieweit trotz des Urteils des [X.] vom 6. Dezember 2022 die Antragsbefugnis fortbesteht. Daran fehlt es.

Die geltend gemachte Verletzung in eigenen Rechten als Oppositionsfraktion scheidet bereits dem Grunde nach aus, weil die Verfassung weder explizit spezifische Oppositionsfraktionsrechte begründet noch sich aus dem Grundgesetz ein Gebot der Schaffung solcher Rechte ableiten lässt (vgl. hierzu [X.]E 142, 25 <58 ff. Rn. 91 ff.>; 160, 411 <424 f. Rn. 42> - Wahl eines Vizepräsidenten des [X.]es - Vorschlagsrecht; [X.], Urteil des [X.] vom 24. Januar 2023 - 2 [X.] -, Rn. 59 ff.).

2. Soweit die Antragstellerin rügt, die Zustimmung des [X.]es zum Eigenmittelbeschluss 2020 sei nicht in einem den Anforderungen des Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG entsprechenden Verfahren zustande gekommen, ist der Antrag mangels der Übertragung von Hoheitsrechten (vgl. [X.]E 157, 332 <378 f. Rn. 78 ff.>) durch das [X.] ebenfalls unzulässig.

Der Antrag auf Erstattung der notwendigen Auslagen ist abzulehnen. Die Auslagenerstattung richtet sich im [X.]verfahren nach § 34a Abs. 3 [X.]G und kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn besondere [X.] vorliegen (vgl. [X.]E 96, 66 <67> m.w.N.; 148, 11 <39 Rn. 81> m.w.N.; 150, 194 <203 Rn. 29>; 154, 320 <353 Rn. 97> m.w.N. - [X.] auf der Homepage des [X.]; 157, 1 <30 Rn. 86> - CETA-[X.] I; 160, 411 <426 Rn. 46>; 162, 207 <269 Rn. 186> - Äußerungsbefugnisse der Bundeskanzlerin; stRspr). Solche Gründe sind hier weder vorgetragen noch ersichtlich.

Meta

2 BvE 4/21

31.10.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvE

vorgehend BVerfG, 8. Juni 2021, Az: 2 BvE 4/21, Ablehnung einstweilige Anordnung

§ 64 Abs 1 BVerfGG, EUBes 2020/2053, GII210322

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31.10.2023, Az. 2 BvE 4/21 (REWIS RS 2023, 7605)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 7605

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