BT-Drucksache 18/420

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Vom 4. Februar 2014


Deutscher Bundestag Drucksache 18/420
18. Wahlperiode 04.02.2014

Antrag
der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Katrin Göring-Eckardt, Dr. Gregor Gysi,
Britta Haßelmann, Dr. Anton Hofreiter, Jan Korte, Dr. Konstantin von Notz,
Dr. Petra Sitte, Hans-Christian Ströbele, Dr. Sahra Wagenknecht, Jan van Aken,
Agnes Alpers, Luise Amtsberg, Kerstin Andreae, Annalena Baerbock,
Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Herbert Behrens, Karin Binder,
Matthias W. Birkwald, Heidrun Bluhm, Dr. Franziska Brantner, Agnieszka
Brugger, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter, Roland Claus, Sevim
Da delen, Dr. Diether Dehm, Ekin Deligöz, Kat a Dörner, Katharina Dröge,
Harald Ebner, Klaus Ernst, Dr. Thomas Gambke, Matthias Gastel, Wolfgang
Gehrcke, Kai Gehring, Nicole Gohlke, Diana Golze, Annette Groth, Dr. André
Hahn, Heike Hänsel, Anja Hajduk, Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Bärbel
Höhn, Andrej Hunko, Sigrid Hupach, Dieter Janecek, Ulla Jelpke, Susanna
Karawanskij, Kerstin Kassner, Uwe Kekeritz, Katja Keul, Sven-Christian
Kindler, Katja Kipping, Maria Klein-Schmeink, Tom Koenigs, Sylvia Kotting-Uhl,
Jutta Krellmann, Oliver Krischer, Stephan Kühn (Dresden), Christian Kühn
(Tübingen), Renate Künast, Katrin Kunert, Markus Kurth, Caren Lay, Monika
Lazar, Sabine Leidig, Steffi Lemke, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Stefan
Liebich, Dr. Tobias Lindner, Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Nicole Maisch,
Peter Meiwald, Irene Mihalic, Cornelia Möhring, Niema Movassat, Beate
Müller-Gemmeke, Özcan Mutlu, Dr. Alexander S. Neu, Thomas Nord, Omid
Nouripour, Cem Özdemir, Friedrich Ostendorff, Petra Pau, Lisa Paus, Harald
Petzold (Havelland), Richard Pitterle, Brigitte Pothmer, Martina Renner, Tabea
Rößner, Claudia Roth (Augsburg), Corinna Rüffer, Manuel Sarrazin, Elisabeth
Scharfenberg, Ulle Schauws, Dr. Gerhard Schick, Michael Schlecht, Dr. Frithjof
Schmidt, Kordula Schulz-Asche, Kersten Steinke, Dr. Wolfgang
Strengmann-Kuhn, Dr. Kirsten Tackmann, Azize Tank, Frank Tempel, Dr. Harald
Terpe, Markus Tressel, Jürgen Trittin, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich,
Dr. Julia Verlinden, Kathrin Vogler, Doris Wagner, Beate Walter-Rosenheimer,
Halina Wawzyniak, Harald Weinberg, Katrin Werner, Dr. Valerie Wilms, Birgit
Wöllert, Jörn Wunderlich, Hubertus Zdebel, Sabine Zimmermann (Zwickau), Pia
Zimmermann und der Fraktionen DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Drucksache 18/420 – 2 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

Der Bundestag wolle beschließen:

A. Einsetzung

I. Es wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt.

II. Der Untersuchungsausschuss soll aus … Mitgliedern und entsprechend vie-
len Stellvertretern bestehen.

B. Auftrag

I. Der Untersuchungsausschuss soll – angestoßen insbesondere durch Pressebe-
richterstattung infolge der Enthüllungen von Edward Snowden über Internet-
und Telekommunikationsüberwachung – klären,

1. ob, in welcher Weise und in welchem Umfang seit dem Jahr 2001 aus-
ländische (insbesondere US-amerikanische und britische) Nachrichten-
dienste innerdeutsche und von Deutschland ab- oder hier eingehende
elektronische Kommunikationsvorgänge überwachen ließen;

2. ob und ab wann die Bundesregierung, ihr nachgeordnete Dienststellen,
deren Vertreter oder Beauftragte Hinweise darauf bzw. positive Kenntnis
davon (Nummer 1) hatten;

3. ob und ggf. welche technischen und rechtlichen Vorkehrungen seitens
der Bundesregierung oder in ihrem Verantwortungsbereich im Untersu-
chungszeitraum bestanden, selbst getroffen oder veranlasst wurden, um
derartigen Praktiken wirksam zu begegnen, bzw. inwieweit, bis wann
und weshalb dies ggf. unterblieben ist;

4. ob und ggf. inwiefern Anzeichen bestehen, dass die Bundesregierung,
deren Vertreter oder Beauftragte in diesem Bereich (einschließlich Fern-
melde- und Elektronischer Aufklärung) seit dem Jahr 2001 mit Sicher-
heitsbehörden anderer Staaten kooperiert haben, Daten und Erkenntnisse
der Sicherheitsbehörden anderer Staaten aus diesem Bereich genutzt ha-
ben sowie möglicherweise Teil eines systematisierten wechselseitigen
oder „Ring“-Tausches geheimdienstlicher Informationen waren oder
sind, in dem der jeweils anderen Seite Daten bzw. Erkenntnisse übermit-
telt werden, insbesondere solche, die jene nach dem am Ort der Datener-
hebung geltenden Recht selbst nicht erheben darf;

5. ob die Bundesregierung seit 2001 ausländischen insbesondere US-ameri-
kanischen Stellen auf deutschem Staatsgebiet Exekutivmaßnahmen, z. B.
Observationen, Festnahmen oder u. U. völkerrechtswidrige Handlungen
(z. B. die Lenkung von Kampfdrohneneinsätzen in Afrika), ausdrücklich
oder stillschweigend gestattet oder diese bewusst geduldet hat.

II. Der Ausschuss soll insbesondere klären,

1. ob und inwieweit ausländische Nachrichtendienste, insbesondere die US-
amerikanische National Security Agency (NSA) sowie das britische
Government Communications Headquarters (GCHQ) von Deutschland
ausgehende oder hier geführte Tele- und Internetkommunikation hiesiger
Bevölkerung, Staatsangehöriger, Unternehmen und Dienststellen bis hin
zur Bundesregierung, deren Mitgliedern und Ministerien sowie deren
entsprechende Kommunikation im Ausland überwachten (oder überwa-
chen ließen), auswerteten und sich hierfür ggf. auch Daten durch die ent-
sprechende Unternehmen übermitteln ließen;

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 3 – Drucksache 18/420

2. ob und ggf. seit wann die Bundesregierung welche Erkenntnisse über
solche Praktiken – auch zum Nachteil von Drittstaaten, deren öffentli-
chen Stellen, Bevölkerung und Unternehmen – hatte sowie ob und ggf.
wie diese jeweils überprüft worden sind;

3. ob und ggf. wie Vertreter deutscher Dienststellen oder deren Auftrag-
nehmer selbst an diesen Praktiken jeweils mitgewirkt, diese unterstützt
oder hiervon profitiert haben, etwa indem sich deutsche Dienststellen
Daten aus Kommunikationsüberwachung mit Bezug zu Deutschland,
seiner Bevölkerung, Staatsangehörigen und Unternehmen oder zum
Nachteil von Drittstaaten, deren öffentlichen Stellen, Bevölkerung und
Unternehmen übermitteln ließen;

4. ob die von der damaligen Bundesregierung im Zeitraum vor der Bundes-
tagswahl am 22. September 2013 mitgeteilten Tatsachen und vorge-
nommenen Bewertungen zu den Punkten unter Abschnitt II Nummer 1
bis 3 zutrafen;

5. ob den Kontrollinstitutionen Informationen im Hinblick auf den Unter-
suchungsgegenstand verborgen geblieben sind;

6. welche technischen und rechtlichen Maßnahmen oder Vorkehrungen die
Bundesregierung getroffen oder veranlasst hat, um Praktiken der Über-
wachung der elektronischen Kommunikation – beispielsweise durch Ein-
satz des u. a. zur Spionageabwehr gesetzlich verpflichteten Bundesamtes
für Verfassungsschutz – zu kontrollieren, aufzuklären und ggf. abzustel-
len und warum dies ggf. unterblieben ist und wer hierfür die Verantwor-
tung trägt;

7. welche Tätigkeiten die Bundesregierung nebst ihr nachgeordnete Dienst-
stellen ggf. je wann ergriffen haben, um auf eine Aufklärung, Strafver-
folgung und Beendigung dieser Praktiken hinzuwirken, bzw. weshalb
und ggf. aufgrund welcher Umstände und Einflussnahmen dies unter-
blieben ist;

8. ob und inwieweit der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die In-
formationsfreiheit unverzüglich unterrichtet worden ist über Erkenntnis-
se und Informationen, die geeignet waren und/oder sind, den Verdacht
auf Verletzung datenschutzrechtlicher Bestimmungen zu begründen,
bzw. weshalb und ggf. aufgrund welcher Umstände und Einflussnahmen
dies unterblieben ist;

9. ob Mitglieder oder Amtsträger der Bundesregierung sowie die ihr nach-
geordneten Dienststellen etwaige Datenübermittlungen z. B. an US-
Stellen grundsätzlich oder deren konkrete Einzelheiten gekannt, gebil-
ligt, angeordnet oder unterstützt haben, und ob die Bundesregierung über
diese Kooperation ab 2001 sowie insbesondere nach den konkreteren
Medienberichten ab Anfang Juni 2013 den Deutschen Bundestag und die
Öffentlichkeit zutreffend informiert hat;

10. inwiefern und wodurch die Bundesregierung in ihrem Verantwortungs-
bereich Gestaltung und Betrieb von Telekommunikations- und IT-
Strukturen, Dateien, Registern und Verwaltungsprozessen gegen unbe-
rechtigten Datenabfluss und -zugriff Dritter gesichert hatte und hat;

11. ob und inwiefern die Bundesregierung sowie die ihr nachgeordneten
Dienststellen US-amerikanischen Sicherheitsbehörden ermöglicht haben,
Informationen von Asylbewerbern im deutschen Asylverfahren abzu-
schöpfen.

Drucksache 18/420 – 4 – Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode

III. Schließlich soll der Ausschuss klären,

1. welche rechtlichen und technischen Veränderungen am deutschen Sys-
tem der nachrichtendienstlichen oder militärischen Auslandsüberwa-
chung nötig sind, um der Grund- und Menschenrechtsbindung deutscher
Stellen künftig vollauf gerecht zu werden;

2. welche rechtlichen und technischen Veränderungen bezüglich der Über-
mittlung, Entgegennahme und des Austausches von Informationen mit
ausländischen Sicherheitsbehörden nötig sind, um der Bindung der Bun-
desregierung und aller deutschen Stellen an die Grund- und Menschen-
rechte vollauf gerecht zu werden;

3. ob zum Schutze der Telekommunikations- und IT-Sicherheit künftig
Veränderungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge nötig sind;

4. welche Maßnahmen nötig sind, um die Bevölkerung, Unternehmen und
öffentliche Verwaltung besser vor Internet- und Telekommunikations-
überwachung durch ausländische Stellen zu schützen;

5. wie die exekutive, parlamentarische, justizielle und unabhängige
datenschützerische Kontrolle der Sicherheitsbehörden des Bundes künf-
tig lückenlos und effektiv gewährleistet werden kann;

6. welche sonstigen rechtlichen, technisch-infrastrukturellen und politi-
schen Konsequenzen zu ziehen sind.

Berlin, den 3. Februar 2014

Dr. Dietmar Bartsch
Katrin Göring-Eckardt
Dr. Gregor Gysi
Britta Haßelmann
Dr. Anton Hofreiter
Jan Korte
Dr. Konstantin von Notz
Dr. Petra Sitte
Hans-Christian Ströbele
Dr. Sahra Wagenknecht
Jan van Aken
Agnes Alpers
Luise Amtsberg
Kerstin Andreae
Annalena Baerbock
Marieluise Beck (Bremen)
Volker Beck (Köln)
Herbert Behrens
Karin Binder
Matthias W. Birkwald
Heidrun Bluhm
Dr. Franziska Brantner
Agnieszka Brugger
Christine Buchholz
Eva Bulling-Schröter
Roland Claus
Sevim Da delen
Dr. Diether Dehm

Ekin Deligöz
Katja Dörner
Katharina Dröge
Harald Ebner
Klaus Ernst
Dr. Thomas Gambke
Matthias Gastel
Wolfgang Gehrcke
Kai Gehring
Nicole Gohlke
Diana Golze
Annette Groth
Dr. André Hahn
Heike Hänsel
Anja Hajduk
Dr. Rosemarie Hein
Inge Höger
Bärbel Höhn
Andrej Hunko
Sigrid Hupach
Dieter Janecek
Ulla Jelpke
Susanna Karawanskij
Kerstin Kassner
Uwe Kekeritz
Katja Keul
Sven-Christian Kindler
Katja Kipping

Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 5 – Drucksache 18/420

Maria Klein-Schmeink
Tom Koenigs
Sylvia Kotting-Uhl
Jutta Krellmann
Oliver Krischer
Stephan Kühn (Dresden)
Christian Kühn (Tübingen)
Renate Künast
Katrin Kunert
Markus Kurth
Caren Lay
Monika Lazar
Sabine Leidig
Steffi Lemke
Ralph Lenkert
Michael Leutert
Stefan Liebich
Dr. Tobias Lindner
Dr. Gesine Lötzsch
Thomas Lutze
Nicole Maisch
Peter Meiwald
Irene Mihalic
Cornelia Möhring
Niema Movassat
Beate Müller-Gemmeke
Özcan Mutlu
Dr. Alexander S. Neu
Thomas Nord
Omid Nouripour
Cem Özdemir
Friedrich Ostendorff
Petra Pau
Lisa Paus
Harald Petzold (Havelland)
Richard Pitterle
Brigitte Pothmer

Martina Renner
Tabea Rößner
Claudia Roth (Augsburg)
Corinna Rüffer
Manuel Sarrazin
Elisabeth Scharfenberg
Ulle Schauws
Dr. Gerhard Schick
Michael Schlecht
Dr. Frithjof Schmidt
Kordula Schulz-Asche
Kersten Steinke
Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn
Dr. Kirsten Tackmann
Azize Tank
Frank Tempel
Dr. Harald Terpe
Markus Tressel
Jürgen Trittin
Dr. Axel Troost
Alexander Ulrich
Dr. Julia Verlinden
Kathrin Vogler
Doris Wagner
Beate Walter-Rosenheimer
Halina Wawzyniak
Harald Weinberg
Katrin Werner
Dr. Valerie Wilms
Birgit Wöllert
Jörn Wunderlich
Hubertus Zdebel
Sabine Zimmermann (Zwickau)
Pia Zimmermann
Fraktion DIE LINKE.
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Autoren

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.