Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2011, Az. 2 AZR 543/10

2. Senat | REWIS RS 2011, 3475

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Gegenstand

Kirchlicher Arbeitnehmer - Kündigung - Loyalitätsverstoß


Leitsatz

Auch bei Kündigungen wegen Enttäuschung der berechtigten Loyalitätserwartungen eines kirchlichen Arbeitgebers kann die stets erforderliche Interessenabwägung im Einzelfall zu dem Ergebnis führen, dass dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zumutbar und die Kündigung deshalb unwirksam ist. Abzuwägen sind das Selbstverständnis der Kirchen einerseits und das Recht des Arbeitnehmers auf Achtung seines Privat- und Familienlebens andererseits.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1. Juli 2010 - 5 [X.]/09 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der Beklagten.

2

[X.]er Kläger ist seit dem Jahre 2000 im [X.] [X.] in [X.] als Chefarzt der Abteilung Innere Medizin („Abteilungsarzt“) beschäftigt. Trägerin des Krankenhauses ist die Beklagte.

3

Nach dem Arbeitsvertrag der Parteien leisten die Mitarbeiter ihren [X.]ienst im Geist [X.] Nächstenliebe; als wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung ist ua. „Leben in kirchlich ungültiger Ehe oder eheähnlicher Gemeinschaft“ vorgesehen.

4

Nach Art. 3 Abs. 2 der auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Grundordnung des kirchlichen [X.]ienstes vom 22. September 1993 ([X.]) können kirchliche [X.]ienstgeber pastorale, katechetische sowie in der Regel erzieherische und leitende Aufgaben nur einer Person übertragen, die der [X.] [X.] angehört. Art. 4 Abs. 1 [X.] fordert von den [X.] Mitarbeitern, dass sie die Grundsätze der [X.] Glaubens- und Sittenlehre anerkennen und beachten. Bei leitenden [X.] Mitarbeitern, zu denen ua. [X.] gehören, ist das persönliche Lebenszeugnis iSd. Grundsätze der [X.] Glaubens- und Sittenlehre erforderlich.

5

Nach Art. 5 Abs. 1 [X.] muss der [X.]ienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die [X.] nicht mehr erfüllt, durch Beratung zu erreichen versuchen, dass dieser den Mangel auf [X.]auer beseitigt. Als letzte Maßnahme kommt eine Kündigung in Betracht. Gem. Art. 5 Abs. 2 [X.] ist der Abschluss einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der [X.] ungültigen Ehe ein schwerwiegender [X.], der eine Kündigung rechtfertigen kann. In diesem Fall ist nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 [X.] die Weiterbeschäftigung ua. dann ausgeschlossen, wenn der [X.] von leitend tätigen Mitarbeitern begangen wird. Lediglich aus schwerwiegenden Gründen des Einzelfalls kann ausnahmsweise von der Kündigung abgesehen werden (Art. 5 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Im Fall des Abschlusses einer nach dem Glaubensverständnis und der Rechtsordnung der [X.] ungültigen Ehe scheidet eine Weiterbeschäftigung jedenfalls dann aus, wenn sie unter öffentliches Ärgernis erregenden oder die Glaubwürdigkeit der [X.] beeinträchtigenden Umständen geschlossen wird (Art. 5 Abs. 5 [X.]).

6

Eine ungültige Ehe schließt nach [X.] Rechtsverständnis (vgl. [X.]on [[X.].] 1085 § 1 Codex Iuris [X.]onici [CIC]), wer durch das Band einer früheren Ehe gebunden ist. Eine neue Eheschließung ist auch dann nicht erlaubt, wenn eine frühere Ehe aus irgendeinem Grund nichtig oder aufgelöst worden ist, die Nichtigkeit bzw. die Auflösung der früheren Ehe aber noch nicht rechtmäßig und sicher feststeht, [X.]. 1085 § 2 CIC.

7

Nachdem sich seine erste Ehefrau im Jahre 2005 von ihm getrennt hatte, lebte der Kläger mit seiner jetzigen Frau von 2006 bis 2008 unverheiratet zusammen. [X.]as war der Beklagten nach den Feststellungen des [X.]s seit [X.] 2006 bekannt. Nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau Anfang 2008 heiratete der Kläger im August 2008 seine jetzige Frau standesamtlich. [X.]avon erfuhr die Beklagte spätestens im November 2008. In den folgenden Wochen fanden sowohl zwischen den Parteien als auch auf Seiten der Beklagten Erörterungen und Beratungen statt. Nach Anhörung der bei ihr bestehenden Mitarbeitervertretung ([X.]), die von einer Stellungnahme absah, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis im März 2009 fristgerecht zum 30. September 2009.

8

[X.]agegen hat der Kläger Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. [X.]ie erneute Heirat stelle keinen Kündigungsgrund dar. Er sei als Chefarzt weder leitender Angestellter noch Träger der kirchlichen Verkündigung iSd. Art. 5 Abs. 3 [X.]. [X.]ie Kündigung verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. [X.]ie Beklagte habe andere geschiedene und wiederverheiratete Chefärzte durchaus eingestellt oder weiterbeschäftigt oder beschäftige sie sogar derzeit. Ein etwaiges Kündigungsrecht habe die Beklagte überdies verwirkt. Er habe sich nicht kirchenfeindlich verhalten. [X.]ie Trennung sei nicht öffentlich geworden. Sie habe auch bei der Belegschaft kein Ärgernis erregt.

9

[X.]er Kläger hat beantragt

        

1.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 30. März 2009 zum 30. September 2009 nicht beendet worden ist;

        

2.    

für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag die Beklagte zu verpflichten, ihn über den 30. September 2009 hinaus als Leitenden Arzt Abteilung medizinische Klinik (Innere Medizin) am [X.] in [X.] bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses weiterzubeschäftigen.

[X.]ie Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial gerechtfertigt. [X.]er Kläger sei eine ungültige Ehe iSd. [X.] [X.]nrechts eingegangen und habe dadurch in erheblicher Weise gegen seine Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis verstoßen. [X.]er Kläger sei als leitender Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 [X.] anzusehen. Sie habe das Kündigungsverfahren nach Kenntnis von der Wiederverheiratung zügig vorangetrieben. Ein Großteil der vom Kläger benannten geschiedenen und wiederverheirateten Chefärzte sei nicht katholisch. Andere arbeiteten in Krankenhäusern, die nicht in ihrer Trägerschaft stünden. Herr [X.]r. B sei Ende 2003 ausgeschieden. Zudem habe er seine Wiederverheiratung erst einen Monat vor seinem altersbedingten Ausscheiden angezeigt; mit Rücksicht auf das kurz bevorstehende Ausscheiden sei in diesem Fall von einer Kündigung abgesehen worden. Allenfalls bei dem schon in den 80er Jahren verstorbenen Chefarzt [X.]r. S könne ein vergleichbarer Sachverhalt angenommen werden. [X.]amals habe die Grundordnung des kirchlichen [X.]ienstes aber noch nicht gegolten.

[X.]as Arbeitsgericht hat nach den [X.] erkannt. [X.]as [X.] hat - nach [X.]urchführung einer Beweisaufnahme - die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Ob ein mögliches Kündigungsrecht der [X.] verwirkt wäre, kann dahin stehen. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 [X.]. Der Kläger hat zwar gegen [X.] verstoßen. Dieser Verstoß führt aber unter den hier gegebenen Umständen nicht zur Wirksamkeit der Kündigung: Die erforderliche umfassende Abwägung der rechtlich geschützten Interessen beider Parteien geht zu Gunsten des [X.] aus.

I. Das Recht der [X.] zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung dürfte entgegen der Auffassung des [X.] nicht verwirkt sein. Die [X.] hat die Kündigung nicht mit illoyaler Verspätung ausgesprochen. Nachdem sie im November 2008 von der Wiederverheiratung erfahren hatte, musste sie nicht nur das in der Grundordnung vorgeschriebene beratende Gespräch mit dem Kläger führen, sondern auch den Aufsichtsrat beteiligen und eine Stellungnahme des Generalvikars einholen. Angesichts der - auch für die [X.] und das Krankenhaus - weitreichenden Folgen des [X.] ist es nicht zu beanstanden, dass sie dabei umsichtig und ohne Hast vorging. Letztlich kommt es auf eine etwaige Verwirkung des Kündigungsrechts nicht an. Die Kündigung ist aus anderen Gründen unwirksam.

II. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 [X.]. Diese Bestimmung findet auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.

1. Der Kläger hat sich durch die Wiederverheiratung in Widerspruch zu den berechtigten Loyalitätserwartungen der [X.] gesetzt. Ob eine Enttäuschung dieser Erwartungen die Kündigung (auch) aus Gründen im Verhalten oder (nur) aus Gründen in der Person des [X.] bedingen kann, braucht dabei nicht entschieden zu werden (2 a). Die Kündigung war nicht schon wegen Verstoßes gegen § 1 [X.], §§ 1, 7 [X.] sozial ungerechtfertigt. Zu der in der Kündigung liegenden unterschiedlichen Behandlung wegen der Religion war die [X.] an sich nach § 9 Abs. 2 [X.] berechtigt (2 b). Jedoch führt die Abwägung der beiderseitigen Interessen zur [X.] (2 c).

2. Eine Kündigung ist aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer eine Vertragspflicht erheblich - in der Regel schuldhaft - verletzt hat, die zumutbare Möglichkeit einer anderen, zukünftige Störungen zuverlässig ausschließenden Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint. Auch die erhebliche Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht kann eine Kündigung sozial rechtfertigen ([X.] 9. Juni 2011 - 2 [X.] - Rn. 34, [X.] 2011, 2724; 28. Oktober 2010 - 2 [X.] - Rn. 12, AP [X.] 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 62 = EzA [X.] § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 78 ). Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer sich rechtswirksam zu [X.] oder Unterlassen hat verpflichten können. Ob dies mit Blick auf das Versprechen, nicht erneut zu heiraten, unter dem Regime staatlichen Rechts möglich ist, erscheint nicht unzweifelhaft.

Eine Kündigung ist aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers bedingt, wenn der Arbeitnehmer aufgrund persönlicher Eigenschaften - ohne dass ihm das vorwerfbar wäre - nicht (mehr) in der Lage ist, die Leistung vertragsgerecht zu erfüllen ([X.] 18. Januar 2007 - 2 [X.] 731/05 - Rn. 15, [X.]E 121, 32). Vorausgesetzt ist eine Nicht- oder Schlechterfüllung der geschuldeten Leistung, etwa weil der Arbeitnehmer einer beruflichen Anforderung nicht (mehr) entspricht.

Da die Kündigung im Streitfall auf einer Ungleichbehandlung beruht, sind zur näheren Bestimmung ihrer [X.] Rechtfertigung die Vorschriften des [X.] heranzuziehen ([X.] 6. November 2008 - 2 [X.] 523/07 - [X.]E 128, 238). Die stets notwendige Abwägung der rechtlich geschützten Interessen der Parteien muss bei Kündigungen aus [X.] Gründen dem Selbstverständnis der [X.]n ein besonderes Gewicht beimessen ([X.] 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - zu [X.] 1 e der Gründe, [X.]E 70, 138). Die Arbeitsgerichte haben zwischen dem Recht der Arbeitnehmer auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens (Art. 8 [X.]) einerseits und den nach Art. 9 [X.] (Religionsfreiheit) und Art. 11 [X.] (Vereinigungsfreiheit) geschützten Rechten der Religionsgemeinschaft andererseits abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot folgt auch aus der Rechtsprechung des [X.] ([X.]MR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17; 23. September 2010 - 425/03 - [X.] 2011, 277; 23. September 2010 - 1620/03 - [X.] 2011, 279), deren Beachtung verfassungsrechtlich geboten ist ([X.] 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - [X.]E 111, 307).

a) Mit der Wiederverheiratung hat der Kläger gegen seine Loyalitätsobliegenheit aus dem Arbeitsvertrag (§ 10 Abs. 4 Nr. 2) und gegen die darin in Bezug genommene Grundordnung (Art. 5 Abs. 2 [X.]) verstoßen. Durch die Eingehung seiner zweiten (standesamtlichen) Ehe hat der Kläger den Grundsatz der Unauflöslichkeit der Ehe verletzt. Dieser zählt zu den wesentlichen Grundsätzen der [X.] Glaubens- und Sittenlehre. Er wird in den Vorschriften des [X.] von 1983 bekräftigt ([X.]. 1055, 1056, 1134 und insbesondere [X.]. 1141, nach dem die gültig geschlossene und vollzogene Ehe zwischen Getauften durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgelöst werden kann). Das Verbot der Wiederverheiratung gilt nach der [X.] Glaubenslehre auch in der [X.], in der ein eingeleitetes Ehenichtigkeitsverfahren noch nicht erfolgreich beendet ist. Im Streitfall lag daher zum [X.]punkt der Kündigung ein Verstoß gegen [X.]. 1085 § 2 [X.] vor (vgl. [X.] 16. September 2004 - 2 [X.] 447/03 - Rn. 48, [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5).

aa) Das Verlangen der [X.] nach Einhaltung der Vorschriften der [X.] Glaubens- und Sittenlehre steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben.

(1) Dem Kläger steht freilich das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG und auf Schutz der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) zu. Diese Grundrechte umfassen regelmäßig auch die Freiheit, eine zweite Ehe einzugehen. Die Gestaltung des privaten [X.] steht außerhalb der Einflusssphäre des Arbeitgebers und wird durch arbeitsvertragliche Pflichten nur insoweit eingeschränkt, wie sich das private Verhalten auf den betrieblichen Bereich auswirkt und dort zu Störungen führt. Berührt außerdienstliches Verhalten den arbeitsvertraglichen [X.] nicht, so ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht berechtigt, die ihm bekannt gewordenen Umstände aus der Privatsphäre des Arbeitnehmers durch den Ausspruch einer Kündigung zu missbilligen ([X.] 10. September 2009 - 2 [X.] 257/08 - Rn. 20, AP [X.] 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = EzA [X.] § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77; 16. September 2004 - 2 [X.] 447/03 - Rn. 43, [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 44 = EzA BGB 2002 § 242 Kündigung Nr. 5).

(2) Die Grundrechte des Arbeitnehmers nach Art. 2 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 GG bestehen jedoch nicht uneingeschränkt. Nach dem Beschluss des [X.] vom 4. Juni 1985 (- 2 BvR 1718/83 ua. - [X.]E 70, 138), dem das [X.] in ständiger Rechtsprechung gefolgt ist (so zB [X.] 21. Februar 2001 - 2 [X.] 139/00 - Rn. 53, [X.] [X.]ndienst § 611 Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47; 24. April 1997 - 2 [X.] 268/96 - [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 27 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 43; 18. November 1986 - 7 [X.] 274/85 - AP GG Art. 140 Nr. 35 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 26), kommt das durch Art. 140 GG iVm. Art. 137 Abs. 3 [X.] verfassungsrechtlich verbürgte Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht neben den verfassten [X.]n auch den ihnen zugeordneten, insbesondere karitativen Einrichtungen zu ([X.] 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - Rn. 59, aaO). Die Verfassungsgarantie des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts gewährleistet den [X.]n darüber zu befinden, welche Dienste es in ihren Einrichtungen geben soll und in welchen Rechtsformen sie wahrzunehmen sind. Die [X.]n können sich dabei der staatlichen Privatautonomie bedienen, um ein Arbeitsverhältnis zu begründen und zu regeln ([X.]E 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - Rn. 58, aaO).

(3) Bedienen sich die [X.]n wie jedermann der Privatautonomie zur Begründung von Arbeitsverhältnissen, so findet auf diese das staatliche Arbeitsrecht Anwendung. Die Einbeziehung der kirchlichen Arbeitsverhältnisse in das staatliche Arbeitsrecht hebt indessen deren Zugehörigkeit zu den „eigenen Angelegenheiten“ der [X.] iSv. Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 [X.] nicht auf. Das ermöglicht es den [X.]n, in den Schranken des für alle geltenden Gesetzes den kirchlichen Dienst nach ihrem Selbstverständnis zu regeln und dazu die spezifischen Obliegenheiten kirchlicher Arbeitnehmer verbindlich zu machen. Werden [X.] in einem Arbeitsvertrag festgelegt, nimmt der kirchliche Arbeitgeber nicht nur die allgemeine Vertragsfreiheit für sich in Anspruch; er macht zugleich von seinem verfassungskräftigen Selbstbestimmungsrecht Gebrauch ([X.] 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/03 ua. - Rn. 59, [X.]E 70, 138).

(4) Welche kirchlichen Grundverpflichtungen als Gegenstand des Arbeitsverhältnisses bedeutsam sein können, richtet sich nach den von der verfassten [X.] anerkannten Maßstäben. Dagegen kommt es weder auf die Auffassung der einzelnen betroffenen kirchlichen Einrichtungen, bei denen die Meinungsbildung von verschiedenen Motiven beeinflusst sein kann, noch auf diejenige breiter Kreise unter [X.]nmitgliedern oder gar einzelner, bestimmten Tendenzen verbundener Mitarbeiter an ([X.] 21. Februar 2001 - 2 [X.] 139/00 - Rn. 53, [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47). Die Arbeitsgerichte haben die vorgegebenen kirchlichen Maßstäbe für die Bewertung einzelner [X.] zugrunde zu legen, soweit die Verfassung das Recht der [X.] anerkennt, hierüber selbst zu befinden. Es bleibt danach grundsätzlich den verfassten [X.]n überlassen, verbindlich zu bestimmen, was die „Glaubwürdigkeit der [X.] und der Einrichtung, in der sie beschäftigt sind“ (vgl. Art. 4 Abs. 4, Art. 5 Abs. 5 [X.]) erfordert, welches die zu beachtenden „Grundsätze der [X.] Glaubens- und Sittenlehre“ sind (vgl. Art. 4 Abs. 1 [X.]) und welche „Loyalitätsverstöße“ (vgl. Art. 5 Abs. 2 [X.]) aus „[X.] Gründen“ als „schwerwiegend“ anzusehen sind. Auch die Entscheidung darüber, ob und wie innerhalb der im kirchlichen Dienst tätigen Mitarbeiter eine Abstufung der [X.] eingreifen soll (vgl. Art. 5 Abs. 3 und Abs. 4 [X.]), ist grundsätzlich eine dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit (vgl. [X.] 21. Februar 2001 - 2 [X.] 139/00 - aaO; bestätigend: [X.]MR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17).

bb) Nach den damit maßgeblichen kirchlichen Vorschriften liegt ein [X.] vor.

(1) Die nach Art. 5 Abs. 2 [X.] generell als Kündigungsgrund in Betracht kommende Wiederheirat eines verheirateten Arbeitnehmers rechtfertigt nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 [X.] eine Kündigung, wenn der betroffene Mitarbeiter „leitend tätig“ ist. Die Wahrnehmung einer „[X.]“ ist nicht erforderlich. Nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] kann von einer Kündigung allerdings ausnahmsweise abgesehen werden, wenn schwerwiegende Gründe des Einzelfalls die Kündigung als unangemessen erscheinen lassen.

(2) Der Kläger als Abteilungsarzt für „Innere Medizin“ ist leitender Mitarbeiter iSd. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 [X.]. Das zeigt [X.]. A Ziff. 6 der auf den Arbeitsvertrag anwendbaren Grundordnung für [X.] Krankenhäuser in [X.] vom 5. November 1996. Danach sind leitend tätige Mitarbeiter im Sinne der genannten Grundordnung ua. die [X.]. Gem. § 1 Abs. 1 des Dienstvertrags ist der Kläger Abteilungsarzt.

(3) Ein Ausnahmefall nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 [X.] liegt nicht vor. Die Beurteilung des [X.], die [X.] habe das Vorliegen von [X.] zu Recht verneint, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(4) Die Kündigung erweist sich nicht als unverhältnismäßig wegen Missachtung der Verfahrensvorschrift des Art. 5 Abs. 1 [X.]. Nach Art. 5 Abs. 1 [X.] muss der kirchliche Dienstgeber, wenn ein Mitarbeiter die [X.] nicht mehr erfüllt, durch „Beratung“, dh. „ein klärendes Gespräch“ versuchen, dass der Mitarbeiter diesen Mangel auf Dauer beseitigt. Im vorliegenden Fall ist die [X.] dieser Verpflichtung im Gespräch vom 26. Januar 2009 nachgekommen.

b) Die Kündigung ist nicht wegen Verstoßes gegen §§ 1, 7 [X.] ungerechtfertigt iSd. § 1 [X.]. Die mit ihr verbundene Ungleichbehandlung des [X.] wegen seiner Religion ist nach § 9 Abs. 2 [X.] gerechtfertigt.

aa) Liegt - wie hier - eine Nichtachtung von [X.] vor, so ist die weitere Frage, ob sie eine Kündigung des kirchlichen Arbeitsverhältnisses sachlich rechtfertigt, nach den kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften des § 1 [X.] und des § 626 BGB zu beantworten. Diese unterliegen als für alle geltendes Gesetz iSd. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 [X.] umfassender arbeitsgerichtlicher Anwendungskompetenz ([X.] 7. März 2002 - 1 BvR 1962/01 - EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47a; [X.] 21. Februar 2001 - 2 [X.] 139/00 - [X.] § 611 [X.]ndienst Nr. 29 = EzA BGB § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 47). Die Gerichte müssen jedoch auch in diesem Rahmen dem in Art. 137 Abs. 3 [X.] gewährleisteten Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften Rechnung tragen ([X.] 4. Juni 1985 - 2 BvR 1718/83 ua. - [X.]E 70, 138). Dabei sind in Fällen, in denen die Kündigung eine Benachteiligung iSd. §§ 1 ff. [X.] mit sich bringt, für die Frage der [X.] Rechtfertigung nach § 1 [X.] die Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 ([X.]I S. 1897) heranzuziehen ([X.] 6. November 2008 - 2 [X.] 523/07 - [X.]E 128, 238).

bb) Die hier vorliegende Benachteiligung des [X.] führt nicht nach § 1 [X.] iVm. §§ 1, 7, 9 [X.] zur [X.].

(1) Die Kündigung stellt zwar eine unmittelbare Benachteiligung des [X.] wegen der Religion iSd. § 3 Abs. 1 [X.] dar. Dem Kläger wäre nicht wegen Wiederverheiratung gekündigt worden, wenn er nicht katholisch wäre.

(2) Die Benachteiligung ist jedoch nach § 9 Abs. 2 [X.] gerechtfertigt.

(a) Nach § 9 Abs. 2 [X.] berührt das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion nicht das Recht der Religionsgemeinschaften und der ihnen zugeordneten Einrichtungen iSd. § 9 Abs. 1 [X.], von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können. Die Vorschrift will Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] vom 27. November 2000 umsetzen. Danach können - sofern die Bestimmungen dieser Richtlinie im Übrigen eingehalten werden - die [X.]n und andere öffentliche oder private Organisationen, deren Ethos auf religiösen Grundsätzen oder Weltanschauungen beruht, im Einklang mit den einzelstaatlichen verfassungsrechtlichen Bestimmungen und Rechtsvorschriften von den für sie arbeitenden Personen verlangen, dass sie sich loyal und aufrichtig im Sinne des Ethos der Organisation verhalten. Ob dadurch allein unterschiedliche Behandlungen wegen der Religion oder auch Benachteiligungen aus anderen Gründen (zB wegen der sexuellen Identität) erlaubt werden (vgl. ausführlich [X.] Diskriminierungsschutz Rn. 487 ff. [X.]) kann dahinstehen, da die unterschiedliche Behandlung hier ausschließlich wegen der Religion erfolgt.

(b) Im Streitfall hat der Kläger sich illoyal im Sinne des Ethos der [X.] verhalten. Die [X.] sieht, wie aus dem Arbeitsvertrag, der Grundordnung und den Vorschriften des Corpus Iuris [X.]onici hervorgeht, für leitende Mitarbeiter die Wiederverheiratung Geschiedener als einen schweren Verstoß gegen zentrale Anforderungen ihrer Glaubens- und Sittenlehre an. Danach kommt der Ehe nicht eine formelle Funktion im Sinne eines frei zu schließenden und auch wieder zu lösenden privatrechtlichen Vertrages zu, sondern sie ist als Sakrament unauflöslich und integraler Bestandteil der göttlichen Schöpfungs- und Erlösungsordnung ([X.] Diskriminierungsschutz Rn. 491). Diese Vorgabe muss von der staatlichen Gewalt geachtet werden. Die erneute Heirat eines nach kirchlichem Verständnis Verheirateten ist ein schwerer und ernster Verstoß gegen die [X.] ([X.]/[X.] 4. Aufl. § 9 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 9 [X.] Rn. 33; [X.]/[X.]/Krieger [X.] 3. Aufl. § 9 Rn. 17).

(c) Die umstrittene Frage, ob und in welchem Umfang Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/[X.] es gebietet, dass die nach § 9 [X.] vom Arbeitgeber gestellte berufliche Anforderung zugleich die Voraussetzungen einer nach der Art der Tätigkeit gerechtfertigten Anforderung erfüllt (vgl. etwa [X.]/[X.] § 9 Rn. 22 ff.; [X.]/[X.]/Krieger [X.] § 9 Rn. 13 ff.; [X.]/v. Fürstenberg BB 2008, 2122; BT-Drucks. 16/1780 S. 35 f.; Schreiben der [X.] vom 31. Januar 2008 zu dem am 28. Oktober 2010 eingestellten Vertragsverletzungsverfahren 2007/2362 zu Nr. 2), kann dahinstehen. Eine Auslegungsfrage iSd. Art. 267 AEUV stellt sich, wie die Prüfung durch den Senat ergeben hat, nicht. Im Streitfall ist das Verbot der Wiederverheiratung auch nach der Art der vom Kläger ausgeübten Tätigkeit gerechtfertigt. Die Einhaltung der [X.] Glaubens- und Sittenlehre ist zwar nicht Voraussetzung für die Ausübung des [X.] im rein praktischen Sinne. Der Kläger ist jedoch als Chefarzt Vorgesetzter zahlreicher Mitarbeiter und verkörpert ihnen gegenüber und auch gegenüber den Patienten und ihren Angehörigen sowie in der Öffentlichkeit in besonderem Maße das Ethos der [X.]. Sein Verhalten wird von seinen Mitarbeitern und von den Patienten und ihren Angehörigen der [X.] zugerechnet. Die [X.] als juristische Person vermittelt ethische Glaubwürdigkeit in herausragendem Maß durch ihr Führungspersonal. Diese in mehrfacher Hinsicht besondere Funktion rechtfertigt es, dass die [X.] von denjenigen Mitarbeitern, die sie mit der Wahrnehmung der Leitungsaufgaben betraut, eine Identifikation mit den Kernpunkten der [X.] Glaubens- und Sittenlehre fordert. Auch der [X.] geht davon aus, dass besondere berufliche Anforderungen nicht nur dann gegeben sind, wenn sie ein gleichsam handwerkliches Erfordernis darstellen, sondern auch, wenn sie im Einklang mit der Richtlinie 2000/78/[X.] auf den religiösen Grundsätzen des Arbeitgebers und der Bedeutung der Tätigkeit des betreffenden Arbeitnehmers für diesen beruhen (so für das Gebot der ehelichen Treue nach dem Verständnis der Mormonenkirche [X.]MR 23. September 2010 - 425/03 - [X.] 2011, 277; vgl. auch [X.]MR 3. Februar 2011 - 18136/02 - EzA BGB 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 17).

c) Liegt danach ein [X.] des [X.] vor, der an sich geeignet ist, die ordentliche Kündigung nach § 1 [X.] zu rechtfertigen, so ergibt doch die Abwägung der beiderseitigen Interessen der Parteien, dass der [X.] die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist.

aa) Zu Gunsten der [X.] wiegt die unverkennbare Schwere des [X.]es. Die [X.] hat als [X.] Einrichtung das vom Grundgesetz gestützte Recht, auch als solche zu wirken und in Erscheinung zu treten. Sie versteht [X.] im Sinne der Erfüllung eines religiösen Auftrages. Nach der [X.] Sittenlehre gehören Nächstenliebe und die Unauflöslichkeit der Ehe als Teile zu derselben, umfassenden, nicht verfügbaren und einheitlichen Auffassung vom Menschen als Geschöpf Gottes. Art. 9 und Art. 11 [X.] gewährleisten, dass sich Menschen aufgrund einer sie verbindenden religiösen Auffassung zusammenfinden und ihre Angelegenheiten nach Maßstäben ordnen können, die nicht vom Staat oder der jeweils herrschenden öffentlichen Meinung über die Natur des Menschen korrigiert werden dürfen. Das gilt auch dann, wenn die betreffenden Auffassungen einer Bevölkerungsmehrheit unplausibel, rückwärtsgerichtet oder irrational erscheinen mögen.

bb) Entscheidend geschwächt wird das Interesse der [X.] an der Auflösung des Arbeitsverhältnisses allerdings durch drei Umstände, aus denen hervorgeht, dass sie selbst die Auffassung vertritt, einer ausnahmslosen Durchsetzung ihrer sittlichen Ansprüche zur Wahrung ihrer Glaubwürdigkeit nicht immer zu bedürfen.

(1) Dies zeigt sich daran, dass die [X.] nach Art. 3 Abs. 2 [X.] mit leitenden Tätigkeiten auch nicht[X.] Personen betrauen kann. Der [X.] Glaube ist nur regelmäßige Voraussetzung für die Übertragung von Leitungsaufgaben. Die [X.] ist also durch die Grundordnung nicht gezwungen, ihr „Wohl und Wehe“ gewissermaßen bedingungslos mit dem Lebenszeugnis ihrer leitenden Mitarbeiter für die [X.] Sittenlehre zu verknüpfen.

(2) Durch diese Rechtslage ist es auch zu erklären, dass die [X.] mehrfach Chefärzte beschäftigt hat bzw. beschäftigt, die als Geschiedene erneut geheiratet haben. Es handelt sich insoweit überwiegend um nicht[X.] Arbeitnehmer bzw. [X.] Arbeitnehmer in besonderen Lebenslagen, denen gegenüber sie entweder von vornherein nicht die strenge Befolgung der [X.] Glaubens- und Sittenlehre verlangt oder mit Rücksicht auf besondere Gegebenheiten nicht durchsetzen zu müssen glaubte. Richtig ist, dass darin - anders als es das [X.] gesehen hat - kein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz gefunden werden kann. Das ändert aber nichts daran, dass die [X.] das Ethos ihrer Organisation durch eine differenzierte Handhabung bei der Anwendung und Durchsetzung ihres legitimen Loyalitätsbedürfnisses selbst nicht zwingend gefährdet sieht.

(3) Die [X.] hat nach den Feststellungen des [X.] den nach dem Vertrag der Parteien der Wiederverheiratung gleichwertigen Verstoß des ehelosen Zusammenlebens des [X.] seit [X.] 2006 gekannt und hingenommen. Auch das zeigt, dass sie selbst ihre moralische Glaubwürdigkeit nicht ausnahmslos bei jedem [X.] als erschüttert betrachtet, sondern sich, möglicherweise angesichts der ausgeprägten Verdienste des [X.] um die Patienten und ihres eigenen mit diesen Verdiensten verbundenen Rufs, durchaus zu unterscheiden gestattet.

Schon bei Einbeziehung nur dieser Umstände ist schwer erkennbar, warum ihr die Beschäftigung des [X.] nunmehr unzumutbar sein sollte.

cc) Der [X.] ist die Weiterbeschäftigung des [X.] jedenfalls dann zumutbar, wenn dessen Belange gegen die ihren abgewogen werden.

Zu Gunsten des [X.] fällt sein grundrechtlich und durch Art. 8, Art. 12 [X.] geschützter Wunsch in die Waagschale, in einer nach bürgerlichem Recht geordneten Ehe mit seiner jetzigen Frau zu leben. Auch deren Recht, die Form des Zusammenlebens mit dem von ihr gewählten Partner im gesetzlich vorgesehenen Rahmen zu bestimmen, verdient Achtung. Freilich hat der Kläger als [X.] durch den Vertragsschluss mit der [X.] in die Einschränkung seines Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens eingewilligt. Wenn er an der Erfüllung seiner religiösen Pflicht aus Gründen, die den innersten Bezirk des Privatlebens betreffen, gescheitert ist, so geschah dies jedoch nicht aus einer ablehnenden oder auch nur gleichgültigen Haltung heraus. Der Kläger stellt die mit seiner Religionszugehörigkeit verbundenen ethischen Pflichten nicht in Abrede und hat sich zu keinem [X.]punkt gegen die kirchliche Sittenlehre ausgesprochen oder ihre Geltung oder Zweckmäßigkeit in Zweifel gezogen. Im Gegenteil versucht er, den ihm nach kanonischem Recht verbliebenen Weg zur kirchenrechtlichen Legalisierung seiner Ehe zu beschreiten. Seine Leistung und sein Einsatz für die ihm anvertrauten Patienten, für seine Mitarbeiter und für sie selbst werden von der [X.] anerkannt. Störungen des Leistungsaustauschs bestehen nicht. Irgendwelche auch nur leichten Irritationen bei Mitarbeitern oder Patienten wegen des [X.] sind nicht erkennbar.

Angesichts dessen ist die ausgesprochene Kündigung sozial nicht gerechtfertigt.

III. Die Kosten der Revision fallen der [X.] nach § 97 Abs. 1 ZPO zur Last.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

        

        

    Grimberg    

        

    Niebler    

                 

Meta

2 AZR 543/10

08.09.2011

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 30. Juli 2009, Az: 6 Ca 2377/09, Urteil

Art 4 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 6 Abs 1 GG, Art 140 GG, Art 137 Abs 3 WRV, § 1 Abs 2 KSchG, Art 8 MRK, Art 9 MRK, Art 11 MRK, Art 12 MRK, can 1055 CIC, can 1056 CIC, can 1085 § 2 CIC, Art 2 KathKiGrdO, Art 3 Abs 2 KathKiGrdO, Art 4 Abs 1 KathKiGrdO, Art 5 Abs 1 KathKiGrdO, Art 5 Abs 2 KathKiGrdO, Art 5 Abs 3 KathKiGrdO, Art 5 Abs 4 KathKiGrdO, Art 5 Abs 5 KathKiGrdO, § 1 AGG, § 3 Abs 1 AGG, § 7 AGG, § 9 Abs 1 AGG, § 9 Abs 2 AGG, Art 4 Abs 2 EGRL 78/2000

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 08.09.2011, Az. 2 AZR 543/10 (REWIS RS 2011, 3475)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3475


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvR 661/12

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 661/12, 22.10.2014.


Az. 2 AZR 543/10

Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 543/10, 08.09.2011.


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10 Sa 18/13 (Landesarbeitsgericht Hamm)


6 Ca 2377/09 (Arbeitsgericht Düsseldorf)


Referenzen
Wird zitiert von

4 Sa 371/23

2 BvR 661/12

18 Sa 1197/20

4 Sa 876/16

10 Sa 18/13

18 Sa 867/11

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