Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.01.2015, Az. 1 StR 302/13

1. Strafsenat | REWIS RS 2015, 17228

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STRAFRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) REVISION (STRAFRECHT) DROGEN

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Gegenstand

Betäubungsmitteldelikt: Grenzwerte für die Annahme einer nicht geringen Menge bei synthetischen Cannabinoiden in Kräutermischungen


Leitsatz

1. Die nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP 47,497-C8-Homologes beginnt bei zwei Gramm.

2. Die nicht geringe Menge der synthetischen Cannabinoide JWH-073 und CP 47,497 beginnt bei sechs Gramm.

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 11. Januar 2013, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Komplex [X.] der Urteilsgründe,

b) im gesamten Strafausspruch,

c) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz.

2. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichnete Urteil, soweit es den Angeklagten betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) in den Komplexen [X.] und C.III.3. der Urteilsgründe,

b) im gesamten Strafausspruch,

c) im Ausspruch über den Verfall von Wertersatz.

3. Die weitergehenden Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft werden verworfen.

4. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die verbleibenden Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen

2

Inverkehrbringens bedenklicher Arzneimittel in Tateinheit mit Inverkehrbringen von Arzneimitteln mit irreführender Bezeichnung in Tateinheit mit Inverkehrbringen von Arzneimitteln minderer Qualität (Komplex [X.].),

3

versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Inverkehrbringen bedenklicher Arzneimittel in Tateinheit mit Inverkehrbringen von Arzneimitteln mit irreführender Bezeichnung in Tateinheit mit Inverkehrbringen von Arzneimitteln minderer Qualität (Komplexe [X.]I.1. und [X.]I.5.),

4

unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (Komplex [X.]I.2.),

5

unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen (Komplexe [X.] und [X.]I.4.)

6

zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem hat es den Verfall von Wertersatz in Höhe von 193.300,87 Euro angeordnet.

7

Hiergegen wenden sich sowohl der Angeklagte mit seiner auf eine Verfahrensrüge und die Sachrüge gestützten Revision als auch die Staatsanwaltschaft, die mit ihrem Rechtsmittel die Verletzung materiellen Rechts rügt.

8

Der [X.] hat das Verfahren, soweit es den Angeklagten betrifft, auf Antrag des [X.] hinsichtlich der Komplexe [X.]. und [X.]I.5. der Urteilsgründe gemäß § 154 Abs. 2 StPO i.V.m. § 154 Abs. 1 StPO eingestellt und es im Übrigen mit Zustimmung des [X.] gemäß § 154a Abs. 2 StPO i.V.m. § 154a Abs. 1 StPO auf Tatbestände des [X.]es beschränkt.

9

Die Revisionen erzielen jeweils den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet und waren daher zu verwerfen.

[X.]

I. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:

Der Angeklagte betrieb in D.      einen Handel mit Gewürz- und Kräutermischungen und vertrieb die Produkte über den Internetshop „[X.].    .de“. Er erwarb von [X.] aus dem Inland und dem [X.] Ausland Kräutermischungen, die synthetische Cannabinoide - namentlich die Wirkstoffe [X.], [X.], [X.] 47,497 bzw. [X.] 47,497-C8-Homologes - enthielten, um diese gewinnbringend weiterzuverkaufen und sich dadurch eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang zu eröffnen.

Dem Angeklagten war bekannt, dass die Kräutermischungen zum [X.] durch Rauchen verwendet wurden und dass diese eine bewusstseinsverändernde Wirkung hatten, sofern sie synthetische Cannabinoide enthielten. Er rechnete damit, dass derartige Wirkstoffe in den Mischungen enthalten waren und nahm dies zumindest billigend in Kauf. Auf den Verpackungen der Kräutermischungen war weder angegeben, dass diese synthetische Cannabinoide enthielten, noch war eine Dosierungsanleitung beigefügt. Die Wirkstoffe waren in den Kräutermischungen nicht gleichmäßig verteilt.

Im Einzelnen handelte es sich um folgende Fälle, soweit sie nach Teileinstellung des Verfahrens noch Gegenstand des Revisionsverfahrens sind:

1. Der Angeklagte erwarb im April 2009 aus [X.] jeweils 300 Päckchen mit je 3 Gramm der Kräutermischungen „SenCation Vanilla“ bzw. „[X.]“, die entweder den Wirkstoff [X.] oder den Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes enthielten, und verkaufte diese an zahlreiche Abnehmer weiter (Komplex [X.]I.1.).

2. Im Mai und Juni 2009 kaufte der Angeklagte aus [X.] in fünf Fällen die Kräutermischungen „[X.]“ bzw. „69“ an, die jeweils den Wirkstoff [X.] enthielten. Ausgehend von einem Gewicht pro Päckchen von mindestens 2 Gramm und einem Wirkstoffgehalt von mindestens 1,1 Prozent für „[X.]“ bzw. von einem Gewicht pro Päckchen von mindestens 1,2 Gramm und einem Wirkstoffgehalt von mindestens 1,8 Prozent für „69“ belief sich die Gesamtmenge [X.] bei den Einfuhren am 20. Mai 2009 (Fall 1: 1.000 Päckchen „[X.]“) auf 22 Gramm, am 25. Mai 2009 (Fall 2: 1.500 Päckchen „[X.]“) auf 33 Gramm, am 12. Juni 2009 (Fall 3: 800 Päckchen „[X.]“) auf 17,6 Gramm, am 19. Juni 2009 (Fall 4: 150 Päckchen „69“ sowie 800 Päckchen „[X.]“) auf 20,84 Gramm und am 22. Juni 2009 (Fall 5: 1.000 Päckchen „69“) auf 21,6 Gramm. Auch diese Kräutermischungen verkaufte der Angeklagte in der Folgezeit an zahlreiche Abnehmer weiter (Komplex [X.]I.2.).

3. Am 1. März 2009 verkaufte der Angeklagte 25 Päckchen der Kräutermischung „[X.]“, die den Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes enthielten (Komplex [X.]).

4. Am 10. März 2009 verkaufte der Angeklagte 25 Päckchen der Kräutermischung „[X.]“, die den Wirkstoff [X.] enthielten (Komplex [X.]I.4.).

II. Das [X.] hat folgende Wertungen vorgenommen:

1. a) Im Komplex [X.]I.1. der Urteilsgründe hat das [X.] den Angeklagten neben Verstößen gegen das [X.] auch wegen tateinheitlich begangenen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt. Es hat sich nicht davon überzeugen können, dass die vom Angeklagten gehandelten Kräutermischungen „SenCation Vanilla“ bzw. „[X.]“ tatsächlich den im Tatzeitraum in [X.] zum [X.] aufgeführten Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes enthielten, da bei Untersuchungen von bei dem Angeklagten aufgefundenen gleichnamigen Kräutermischungen teils dieser Wirkstoff, teils der erst nach dem Tatzeitraum in [X.] zum [X.] aufgenommene Wirkstoff [X.] festgestellt worden sei. Der Angeklagte habe aber jedenfalls billigend in Kauf genommen, dass die Kräutermischungen Wirkstoffe enthalten, die unter das [X.] fallen. Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der Kräutermischungen bzw. zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten davon hat das [X.] nicht getroffen.

b) Im Komplex [X.]I.2. der Urteilsgründe hat sich der Angeklagte nach Auffassung des [X.]s durch den Ankauf der Kräutermischungen „[X.]“ bzw. „69“ im Mai und Juni 2009 aus [X.] wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge strafbar gemacht. Den Grenzwert für die nicht geringe Menge des Wirkstoffs [X.] hat das [X.] sachverständig beraten auf 1,75 Gramm Wirkstoffmenge - entsprechend 350 [X.]einheiten zu je 5 Milligramm - festgesetzt. Eine äußerst gefährliche oder tödliche Dosis vermochte es mangels Datengrundlage nicht zu bestimmen. Bei der Festlegung der Maßzahl auf 350 [X.]einheiten hat es insbesondere berücksichtigt, dass [X.] im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol eine deutlich stärkere Wirkung und eine höhere akute Toxizität aufweise, [X.]/[X.]/MDMA bzw. Amphetamin/Methamphetamin andererseits aber eine noch stärkere akute Toxizität innewohne. Entsprechend dieser Einordnung sei die Maßzahl für [X.] als Mittelwert zwischen den für Amphetamin/Methamphetamin und THC von der Rechtsprechung angenommenen Maßzahlen von 200 bzw. 500 [X.]einheiten festzulegen.

c) Die Komplexe [X.] und [X.]I.4. der Urteilsgründe hat das [X.] jeweils als unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gewertet. Es hat lediglich festgestellt, dass sechs von 29 bei dem Angeklagten aufgefundenen Päckchen „[X.]“ im Durchschnitt 2,9 Gramm der Kräutermischung enthielten. Weitergehende Feststellungen zum Wirkstoffgehalt der im Fall [X.] gehandelten Kräutermischung bzw. zu dem Vorstellungsbild des Angeklagten davon hat es nicht getroffen.

2. a) Im Rahmen der Strafzumessung hat das [X.] im Komplex [X.]I.1. den Regelstrafrahmen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG zur Anwendung gebracht. Die Indizwirkung des angenommenen Regelbeispiels des gewerbsmäßigen Handelns (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) hat es mit der Begründung als entkräftet angesehen, dem Angeklagten sei nicht bekannt gewesen, ob in den von ihm gehandelten Kräutermischungen tatsächlich betäubungsmittelrechtlich relevante Wirkstoffe enthalten gewesen seien. Zudem stehe nicht fest, ob überhaupt und ggfs. in welcher Quantität in den Kräutermischungen tatsächlich der Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes enthalten gewesen sei. Den so gefundenen Strafrahmen hat das [X.] gemäß § 23 Abs. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB gemildert und auf eine Einzelfreiheitsstrafe von sechs Monaten erkannt.

b) Hinsichtlich des Komplexes [X.]I.2. der Urteilsgründe hat das [X.] jeweils minder schwere Fälle [X.]. § 30 Abs. 2 BtMG angenommen. Eine positive Kenntnis des Angeklagten, dass die von ihm eingeführten Kräutermischungen „[X.]“ und „69“ unter das [X.] fallende Wirkstoffe enthielten, habe nicht nachgewiesen werden können. Vielmehr habe er lediglich mit Eventualvorsatz gehandelt. [X.] hat es zudem gewertet, dass die synthetischen Cannabinoide den „weichen Drogen“ zuzuordnen und im Tatzeitraum das Problembewusstsein hinsichtlich der Strafbarkeit im Zusammenhang mit Kräutermischungen „noch nicht allzu ausgeprägt“ gewesen sei. Auch sei der Grenzwert für die nicht geringe Menge an [X.] noch nicht bekannt gewesen. Daher sei trotz des Umstands, dass der Angeklagte erheblich einschlägig vorbestraft und die nicht geringe Menge in jedem Fall um ein Vielfaches überschritten sei, die Anwendung des Strafrahmens des § 30 Abs. 2 BtMG geboten. Es hat unter nochmaliger Berücksichtigung des nur bedingten Vorsatzes auf [X.] von einem Jahr und drei Monaten, dreimal je einem Jahr sowie von zehn Monaten erkannt.

c) In den Komplexen [X.] und [X.]I.4. ist das [X.] vom Regelstrafrahmen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG ausgegangen, nachdem es die durch das gewerbsmäßige Handeln (§ 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG) ausgelöste Indizwirkung für einen besonders schweren Fall wegen des nur bedingten Vorsatzes des Angeklagten und der Einstufung von synthetischen Cannabinoiden als „weiche Droge“ als entkräftet angesehen hat. Es hat auf Geldstrafen von jeweils 60 Tagessätzen erkannt, die [X.] hat es auf 30 € festgesetzt.

3. Bei der Entscheidung über die Anordnung des Verfalls von Wertersatz ist das [X.] bei der Bestimmung des aus der Tat [X.] von den aus dem Verkauf der Kräutermischungen erzielten Erlösen ausgegangen. Die in den Urteilsgründen mit dem Zusatz „mit [X.]“ bzw. „ohne [X.]“ mitgeteilten Verkaufspreise hat es den [X.] entnommen. Sofern in den Rechnungen die Mehrwertsteuer (Umsatzsteuer) nicht gesondert ausgewiesen war, hat es diese von den Verkaufspreisen in Abzug gebracht.

B.

Das Rechtsmittel des Angeklagten erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

I. Die Verfahrensrüge, mit der die Revision die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts aufgrund der rechtfehlerhaften Entbindung eines Schöffen von der Dienstleistung geltend macht (§ 338 Nr. 1 StPO), bleibt aus den in der Antragsschrift des [X.] zutreffend dargelegten Gründen ohne Erfolg.

II. [X.] hat teilweise Erfolg.

Das [X.] hat rechtlich zutreffend seiner Wertung zugrunde gelegt, dass die Wirkstoffe [X.] und [X.] 47,497 bzw. [X.] 47,497-C8-Homologes ab dem 22. Januar 2009, der Wirkstoff [X.] erst ab dem 22. Januar 2010 den Vorschriften des [X.]es unterfielen.

1. Die Schuldsprüche in den Komplexen [X.]I.2. (a.), [X.] und [X.]I.4. (b.) weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Dagegen kann der Schuldspruch im Komplex [X.]I.1. (c.) keinen Bestand haben.

a) Die Verurteilung im Komplex [X.]I.2. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, hält revisionsgerichtlicher Überprüfung stand (vgl. zur konkurrenzrechtlichen Beurteilung [X.], Urteile vom 28. Februar 2007 - 2 [X.], [X.], 338 und vom 19. Juli 2006 - 2 [X.], [X.], 101; [X.], Beschlüsse vom 2. Juni 2006 - 2 StR 150/06, [X.], 277 und vom 5. März 2013 - 1 StR 35/13, [X.], 662).

Das [X.] ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass in den abgeurteilten Fällen der in den Kräutermischungen „[X.]“ und „69“ enthaltene Wirkstoff [X.] jeweils die Grenze der nicht geringen Menge [X.]. § 29a Abs. 1 Nr. 2, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG erreicht hat.

Die Berechnung der Mengen und des [X.] der betroffenen Kräutermischungen „[X.]“ und „69“ ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Der [X.] setzt jedoch - insoweit abweichend vom [X.] - den Grenzwert der nicht geringen Menge an [X.] auf eine Wirkstoffmenge von 2 Gramm fest.

Hierbei bezieht sich der [X.] auf die in ständiger Rechtsprechung vom [X.] angewandte Methode (vgl. nur [X.], Urteile vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08, [X.]St 53, 89 und vom 17. November 2011 - 3 [X.], [X.]St 57, 60). Danach ist der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und -intensität festzulegen. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefährliche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs ([X.], Urteil vom 22. Dezember 1987 - 1 [X.], [X.]St 35, 179). Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen [X.]einheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten [X.]enten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere seines Abhängigkeiten auslösenden oder sonst die Gesundheit schädigenden Potentials zu bemessen ([X.], Urteil vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08, [X.]St 53, 89). Lassen sich auch zum [X.]verhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstoffen (vgl. [X.], Urteile vom 24. April 2007 - 1 StR 52/07, [X.]St 51, 318 und vom 17. November 2011 - 3 [X.], [X.]St 57, 60).

Zur Wirkung und zur Gefährlichkeit von [X.] hat der [X.] Gutachten des [X.] der [X.]           [X.]    sowie des Apothekers für experimentelle Pharmakologie und Toxikologie   Da.     vom [X.] eingeholt. Danach ergibt sich Folgendes:

aa) Seit etwa dem [X.] entwickelte sich ein Markt für mit synthetischen Cannabinoiden versetzte Kräutermischungen, Räuchermischungen, Badesalze u.ä. (sog. „Legal Highs“ oder auch „Neue psychoaktive Substanzen“), die zur Herbeiführung eines Rauschzustandes - häufig als Ersatz für Cannabis - mit dem Ziel der Entspannung, der Stimmungsregulation oder der Intensivierung von Sinneseindrücken konsumiert wurden. Diese Stoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie in chemischen Syntheselaboren ohne großen technischen Aufwand mit Hilfe leicht zu beschaffender Bestandteile kostengünstig hergestellt werden können und zum Verkauf mit Pflanzenmaterial vermischt werden. Charakteristisch für solche Produkte ist die ungleichmäßige Verteilung der synthetischen Cannabinoide innerhalb der pflanzlichen Trägermasse. Auch die Wirkstoffkonzentration ist großen Schwankungen unterworfen. Waren in den ersten Jahren noch Produkte mit Wirkstoffkonzentrationen im einstelligen Prozentbereich auf dem Markt, so sind heute [X.] von bis zu 30 Prozent zu finden. Der Wirkstoffgehalt ist dem Produkt nicht anzusehen. Der Wirkstoff [X.] war - neben dem Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes - als Hauptwirkstoff in den sog. „Spice“-Produkten der ersten Generation enthalten, bis er nach seiner Aufnahme in [X.] zum [X.] durch andere synthetische Cannabinoide, so z.B. [X.], aber auch weitere, teilweise hochpotente Wirkstoffe, ersetzt wurde.

bb) Bei [X.] [chemische Bezeichnung: ([X.])[X.]] handelt es sich um ein nach dem [X.] Chemiker [X.] benanntes vollsynthetisches [X.], das bisher nicht in klinischen Studien am Menschen getestet wurde. Die Erkenntnismöglichkeiten zur pharmakologischen Wirkung der Substanz beschränken sich auf einzelne wissenschaftliche Selbstversuche und Fallberichte, in denen neben einer ausführlichen klinischen Beschreibung auch eine umfassende toxikologische Analytik durchgeführt wurde, die einen kausalen Zusammenhang zwischen Wirkstoffaufnahme und Symptomatik belegen. Zudem stehen Daten aus [X.] sowie Ergebnissen aus in vivo-Studien (vor allem am Mausmodell) zur Verfügung, wobei eine Übertragung der daraus gezogenen Schlüsse auf den Menschen nur eingeschränkt möglich ist.

cc) Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird die Wirkung der synthetischen Cannabinoide wie bei dem Wirkstoff der Cannabispflanze über das [X.] vermittelt. Diese vergleichbare Wirkungsweise hat trotz unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung zur Sammelbezeichnung als synthetische „Cannabinoide“ geführt. Das [X.] ist nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Wirbeltieren und Fischen vorhanden und an verschiedensten, teilweise sehr komplexen Prozessen beteiligt. Der Wirkstoff bindet an die [X.], der in hoher Dichte im zentralen Nervensystem vorhanden ist, und [X.], der sich vorwiegend in Zellen des Immunsystems findet. Aufgrund der lipophilen Eigenschaften der Substanzen können sie die Blut-Hirn-Schranke ungehindert passieren. Durch die Bindung an den Rezeptor wird die Signalübermittlung in der zugehörigen Zelle aktiviert. Anhand des Ausmaßes der Aktivierung kann zwischen einem vollen Agonisten und einem nur partiellen Agonisten unterschieden werden.

Anders als der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol, der am [X.] nur als partieller Agonist bindet, wirken [X.] und [X.] 47,497-C8-Homologes dort als volle Agonisten. Dies führt dazu, dass sie wesentlich stärkere Effekte, auch solche lebensbedrohlicher Art, erzeugen können. Es tritt - anders als bei Tetrahydrocannabinol - keine Sättigung ein, vielmehr werden die Wirkungen, also auch die unerwünschten Nebenwirkungen durch eine höhere Dosierung verstärkt. [X.] ist hingegen eher wie Tetrahydrocannabinol als partieller Agonist anzusehen.

Im Zusammenhang mit diesen Unterschieden der Substanzen [X.] einerseits und Tetrahydrocannabinol andererseits bei der sog. intrinsischen Aktivität ist auch zu sehen, dass [X.] gegenüber Tetrahydrocannabinol eine höhere Potenz aufweist. Das heißt, dass das Maß der Wirkstärke in Abhängigkeit von der Dosis oder Konzentration deutlich höher anzusiedeln ist. Entsprechend ist bei [X.] zur Erzielung einer Wirkung eine gegenüber Tetrahydrocannabinol wesentlich geringere Dosis erforderlich. Dies steht auch in Übereinstimmung mit Berichten von [X.]enten, die ebenfalls für [X.] bei gleicher Dosierung eine deutlich stärkere Wirkung im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol beschreiben. An Tieren durchgeführte Studien, im Rahmen derer Potenz und Rezeptoraffinität verschiedener synthetischer Cannabinoide im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol getestet wurden, lassen den wissenschaftlich belegten Schluss zu, dass der Wirkstoff [X.] mindestens um den Faktor 3 potenter als Tetrahydrocannabinol ist. Die insoweit erhobenen pharmakodynamischen Parameter ließen auch die Annahme eines höheren Faktors zu. Um aber dem Umstand, dass es sich um die Übertragung von am Tiermodell gewonnenen Daten auf den Menschen handelt und anderen möglichen Messunsicherheiten ausreichend Rechnung zu tragen, ist nicht auf diesen höheren Faktor, sondern auf die jedenfalls gesicherte Abschätzung der Potenz, nämlich dem Faktor 3 zurückzugreifen.

Die möglichen Unterschiede in der sog. intrinsischen Aktivität der synthetischen Cannabinoide, aber auch ihre damit zusammenhängende unterschiedliche Potenz führen dazu, dass man Feststellungen zur Gefährlichkeit eines dieser synthetischen Cannabinoide nicht ohne weiteres auf andere Stoffe übertragen kann. So gibt es innerhalb der Gruppe der synthetischen Cannabinoide deutliche Potenzunterscheide.

Betäubungsmittel wie Heroin, Kokain oder Amphetamin weisen hingegen einen komplett anderen Wirkungsmechanismus auf.

dd) Neben potentiell therapeutisch nutzbaren Effekten - wie Schmerzlinderung, Neuroprotektion, Hemmung gastrointestinaler Motilität, Linderung von Spastizität, antiemetische Wirkung, Senkung des Augeninnendrucks, Erleichterung des Schlafes und appetitanregende Wirkung - zeigt sich nach dem [X.] von synthetischen Cannabinoiden eine berauschende Wirkung, gekennzeichnet durch Stimmungssteigerung, Euphorie, Redseligkeit, veränderter Wahrnehmung (z.B. in Bezug auf Farben, Musik, Geschmack und Zeitgefühl) oder Gefühle erhöhter Einsicht und Bedeutung. Zu den häufigsten unerwünschten Nebenwirkungen nach dem [X.] synthetischer Cannabinoide gehören solche, die auch nach [X.] häufig auftreten, wie Beeinträchtigung des Denk-, Lern-, Erinnerungs- und Konzentrationsvermögens und der psychomotorischen Leistung, Gefühle von Unwirklichkeit, Depersonalisation und Distanziertheit, Unterbrechung von Gedankengängen, Angstzustände, Paranoia, erhöhte Herzfrequenz, Pupillenweitung, Bindehautrötung, verminderter Tränenfluss, Mundtrockenheit sowie Wirkungen auf endokrine und reproduktive Funktionen und die Thermoregulation. Daneben zeigen sich aber auch Symptome, die untypisch für Cannabisintoxikationen sind, wie lange anhaltendes Erbrechen, Bewusstlosigkeit, Wirkung auf die Atmung und Krampfanfälle. Das Erbrechen kann im Zusammenhang mit der Bewusstseinstrübung und der damit verbundenen [X.] genauso eine lebensgefährliche Situation begründen wie Krampfanfälle. Gerade diese Effekte führen zur Annahme einer gegenüber Tetrahydrocannabinol gesteigerten Gefährlichkeit für die Gesundheit des [X.]enten.

Die berauschende Wirkung von [X.] hält etwa ein bis zwei Stunden an, wobei die tatsächliche Wirkungsdauer, die davon abhängt, wie schnell die Substanzen metabolisiert und ausgeschieden werden, immer auch von der Dosis und der Art der Aufnahme, aber maßgeblich auch von der aktuellen Verfassung des [X.]enten und den Umgebungsbedingungen beeinflusst wird.

ee) Auch wenn die Wirkungen synthetischer Cannabinoide in erster Linie über das [X.] vermittelt werden, gibt es Hinweise darauf, dass die Substanzen auf weitere physiologischen Systeme einwirken. So zeigt das Wirkungsprofil dieser Substanzen im Vergleich zu dem von Cannabis ähnliche Symptome, aber auch markante Unterschiede. Derartige Systeme konnten aber bisher nicht identifiziert werden, weshalb diese nur möglichen, derzeit nicht belegbaren Effekte nach dem heutigen wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht Grundlage der rechtlich relevanten Beurteilung der Wirkung und Gefährlichkeit der Substanz sein können. Auch die Frage von Langzeittoxizität, krebserzeugenden Wirkungen, Beeinträchtigungen des Erbguts oder der Fertilität durch synthetische Cannabinoide - auf deren mögliches Vorliegen als Risiko insbesondere der Sachverständige   Da.     hingewiesen hat - kann anhand der mangelhaften Datenlage derzeit nicht beurteilt werden.

ff) Zur äußerst gefährlichen, gar tödlichen Dosis des Wirkstoffs [X.] liegen derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vor. Zwar können Vergiftungen mit synthetischen Cannabinoiden zu lebensbedrohlichen Zuständen führen, wobei Erbrechen mit der Gefahr der Aspiration bei Bewusstseinseintrübungen, negative Wirkungen auf die Atmung und Krampfanfälle im Vordergrund stehen. Die begrenzte Anzahl klinisch und analytisch dokumentierter Vergiftungsfälle bieten aber für eine Festlegung einer äußerst gefährlichen, gar tödlichen Dosis keine valide Grundlage, da zuverlässige Daten zu [X.]zeitpunkt und -menge fehlen und neben den synthetischen Cannabinoiden zumeist weitere Betäubungsmittel konsumiert wurden.

gg) Die Festlegung des [X.] der nicht geringen Menge auf Grundlage der durchschnittlichen [X.]einheit eines nicht an den Genuss der Droge gewöhnten [X.]enten kommt ebenfalls nicht in Betracht. Auch zum [X.]verhalten fehlt es an wissenschaftlich gesicherten Daten.

(1) Zwar lässt sich allgemein feststellen, dass die Dosierung des Wirkstoffs maßgeblich von der [X.]form sowie von der Anwendungsart abhängt.

Die gebräuchlichste [X.]form für synthetische Cannabinoide sind sog. Räuchermischungen, wobei das mit dem Wirkstoff versetzte pflanzliche Material als Tabakmischung in einem Joint oder in einer Wasserpfeife („Bong“) geraucht wird. Die Wirkung setzt bei dieser [X.]art aufgrund der Aufnahme des Wirkstoffs über die Lunge innerhalb weniger Minuten ein. Anders als bei Cannabis muss der Wirkstoff nicht erst aus der pflanzlichen Matrix freigesetzt werden, sondern steht sofort zur Verfügung. Da der [X.]ent in der Regel nicht wissen kann, wieviel Wirkstoff enthalten ist, wird er so lange rauchen, bis die gewünschte Wirkung eingetreten ist, er „titriert“. Dies beinhaltet das Risiko einer Überdosierung, da schon mit den ersten Zügen so viel aufgenommen worden sein kann, dass unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Derzeit weniger verbreitet ist noch das Verdampfen der Wirksubstanz - meist unter Einsatz des reinen Wirkstoffes - in einem „Vaporizer“ oder unter Einsatz des Wirkstoffs in gelöster Form als „E-Liquid“ in einer E-Zigarette. Dies erfordert im Vergleich zum Rauchen niedrigere Temperaturen, was mit einer höheren Bioverfügbarkeit aufgrund geringerer Verluste durch Verbrennung einhergeht. Da bei den Verdampfungstechniken im Unterschied zum Rauchen in der Regel auch keine Verluste durch Seitenstromrauch auftreten, reichen geringere Substanzmengen aus, um eine Wirkung zu erzielen. Sowohl für das Rauchen als auch für das Verdampfen gilt, dass sich der Anteil des über die Lunge aufgenommenen Wirkstoffs je nach konkreter Durchführung (z.B. „paffen“ oder inhalieren) stark unterscheiden kann. Ein geringer Teil der [X.]enten nimmt die Substanzen oral - z.B. nach Herstellung eines Aufgusses - zu sich. Die Wirkung tritt bei oraler Aufnahme mit einer erheblichen Verzögerung von einer halben bis zu mehreren Stunde(n) ein, was dem [X.]enten die Dosierung erschwert. Aufgrund des sog. [X.] (Metabolisierung der Substanz bei der ersten Leberpassage) und der langsameren Resorption werden bei dieser Art der Applikation bei gleicher Dosierung im Vergleich zum Rauchen bzw. Verdampfen wesentlich geringere [X.] erreicht, so dass bei oraler Aufnahme der Substanz eine wesentlich höhere Dosierung zur Erzielung gleicher Wirkung erforderlich ist.

(2) Zur konkreten Dosierung von [X.] stehen jedoch neben Daten aus vereinzelten wissenschaftlichen Selbstversuchen, die eine zu schmale Tatsachenbasis bieten, lediglich Angaben von [X.]enten in einschlägigen Internetforen zur Verfügung. Zwar finden sich dort Dosierungsempfehlungen, die - bezogen auf den reinen Wirkstoff in Pulverform - von 1 Milligramm bis maximal 5 Milligramm reichen. Diese Angaben erweisen sich aber für die Bestimmung der durchschnittlichen [X.]einheit, die zur Erreichung eines Rauschzustands bei einem nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten [X.]enten erforderlich ist, als nicht geeignet. Zum einen gehen diese Angaben häufig auf erfahrene [X.]enten zurück, bei denen bereits mit einer Toleranzentwicklung zu rechnen ist. Zum anderen ist angesichts der fehlenden Angabe, welches synthetische Cannabinoid in welcher Konzentration in den Räuchermischungen enthalten ist, nicht gesichert, dass die Angaben sich tatsächlich auf den genannten Wirkstoff beziehen und die Substanzmengen zutreffend bezeichnet sind.

(3) Hinzu tritt, dass insbesondere die synthetischen Cannabinoide aus der Gruppe der [X.]e, wie [X.] und [X.], extensiv metabolisiert werden und viele der Abbauprodukte ebenfalls pharmakologische Aktivität zeigen. Dies lässt erhebliche interindividuelle Unterschiede in der Reaktion auf den Wirkstoff erwarten.

hh) Nachdem eine Festsetzung des [X.] der nicht geringen Menge weder an einer äußerst gefährlichen, gar tödlichen Dosis, noch an einer valide abgesicherten [X.]einheit ausgerichtet werden konnte, war entscheidend ein Vergleich mit anderen, vergleichbar wirkenden Substanzen. Im Hinblick auf die dargelegten verwandten chemisch-toxikologischen Wirkungen erscheint es dem [X.] angebracht, den Grenzwert für [X.] im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol zu bestimmen. Beide Substanzen wirken auf das [X.], weisen ähnliche Wirkungsbilder auf und werden mit dem Ziel der Entspannung, der Stimmungsregulation oder der Intensivierung von Sinneseindrücken konsumiert.

Ein Vergleich mit den Grenzwerten der nicht geringen Menge anderer Betäubungsmittel - wie Heroin (vgl. [X.], Urteil vom 7. November 1983 - 1 StR 721/83, [X.]St 32, 162), Kokain (vgl. [X.], Urteil vom 1. Februar 1985 - 2 StR 685/84, [X.]St 33, 133), Amphetamin (vgl. [X.], Urteil vom 11. April 1985 - 1 [X.], [X.]St 33, 169), Methamphetamin (vgl. [X.], Urteil vom 3. Dezember 2008 - 2 StR 86/08, [X.]St 53, 89), [X.]/MDMA/[X.] (vgl. [X.], Urteil vom 9. Oktober 1996 - 3 StR 220/96, [X.]St 42, 255) oder LSD (vgl. [X.], Urteil vom 1. September 1987 - 1 [X.], [X.]St 35, 43) - kam dagegen aufgrund ihrer unterschiedlichen chemischen Grundstrukturen, der abweichenden [X.]motivation, vor allem aber des vollkommen abweichenden Wirkungsmechanismus nicht in Betracht. Zwar ist zu konstatieren, dass u.a. Heroin oder Kokain noch gefährlichere Wirkungen entfalten als synthetische Cannabinoide. Aufgrund der ganz unterschiedlichen Wirkungsweise, die erst bei vergleichsweise hohen Dosen einsetzt, kann dies aber nicht im losgelösten Vergleich der Grenzwerte zum Ausdruck gebracht werden.

ii) Der [X.] hat im [X.] an den Sachverständigen            [X.]    den Grenzwert der nicht geringen Menge für [X.] aufgrund eines Vergleichs mit Tetrahydrocannabinol auf zwei Gramm Wirkstoffmenge festgesetzt. Dies erscheint angebracht, um dem auf der Grundlage heutiger wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehenden Gefährdungspotential dieses Wirkstoffs im Vergleich zu anderen Betäubungsmitteln gerecht zu werden.

Maßgeblich ist hierfür die im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol, für das der Grenzwert der nicht geringen Menge bei 7,5 Gramm Tetrahydrocannabinol - entsprechend 500 [X.]einheiten à 15 Milligramm - angenommen wird (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juli 1984 - 3 [X.], [X.]St 33, 8), höhere Potenz des Wirkstoffs, seine gesteigerte Gefährlichkeit aufgrund weitergehender unerwünschter Nebenwirkungen, die sogar lebensbedrohlich wirken können, und die wesentlich höhere Auftretenswahrscheinlichkeit von starken unerwünschten Nebenwirkungen. Bei dieser Einordnung ist stets von den für den Angeklagten günstigsten relevanten Parametern ausgegangen worden; nach derzeitigem wissenschaftlichen Kenntnisstand nicht valide belegte Hinweise auf ein noch erheblicheres Gefährlichkeitsniveau, insbesondere im Hinblick auf die chronische Toxizität, also solchen Folgen, die erst nach wiederholtem [X.] auftreten, sind dabei nicht eingestellt worden.

(1) Zum einen weist [X.] im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol eine um mindestens den Faktor 3 erhöhte Potenz auf (vgl. unter cc).

(2) Auch in Bezug auf die akute Toxizität, also solcher Folgen, die bereits nach einem einmaligen [X.] auftreten können, erweist sich [X.] im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol als gefährlicher für die Gesundheit der [X.]enten. Beim [X.] von [X.] treten neben den auch beim [X.] von Cannabis bekannten unerwünschten Nebenwirkungen die beschriebenen erheblichen weiteren Nebenwirkungen auf. Die Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System, wie Herzrasen und erhöhter Blutdruck, stellen insbesondere für [X.]enten mit Vorschädigungen ein Risiko dar. Während Todesfälle durch den [X.] von Cannabis nicht bekannt sind, kann es bei Vergiftungen mit synthetischen Cannabinoiden zu lebensbedrohlichen Zuständen, wie Erbrechen verbunden mit der Gefahr der Aspiration bei Bewusstseinseintrübungen, Wirkungen auf die Atmung und Krampfanfällen, kommen.

(3) Ähnlich wie bei Cannabis wurde bei einigen [X.]enten die Auslösung psychotischer Symptome bzw. die Verschlechterung einer bereits bestehenden psychischen Erkrankung beschrieben, wobei jedoch meist keine klare Zuordnung zu einer bestimmten Wirksubstanz möglich war.

(4) Das Abhängigkeitspotential von [X.] ist dem von Cannabis jedenfalls gleichzusetzen. Die in der Kasuistik dokumentierten Entzugszeichen und die von [X.]enten beschriebene, mit einer Steigerung der Dosis verbundene vergleichsweise schnelle Toleranzentwicklung, die anhand von [X.] nachzuvollziehen ist, deuten sogar darauf hin, dass synthetische Cannabinoide schneller abhängig machen können als Cannabis. Mangels valider Datengrundlage kann dies allerdings nicht zugrunde gelegt werden. Für die Frage der suchterzeugenden Wirkung kommt auch der im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol, welches zwei bis drei Stunden wirkt, kürzeren Dauer der berauschenden Wirkung von lediglich ein bis zwei Stunden Bedeutung zu, die eine erhöhte Gefahr des zeitnahen wiederholten [X.]s („Nachlegen“) birgt.

(5) Bei der [X.]form des Rauchens haben synthetische Cannabinoide eine vergleichbare karzinogene Wirkung wie Cannabisprodukte.

(6) Die Gefahr einer Überdosierung ist bei [X.] höher einzustufen als bei Cannabis, was die Gefährlichkeit steigert. Während bei dem [X.] von Cannabis eine Sättigung dergestalt eintritt, dass eine Erhöhung der Dosis nicht mehr zu einer Steigerung der Wirksamkeit führt, ist eine derartige Wirkungsdeckelung bei als [X.] an den Rezeptor bindenden [X.] nicht vorhanden. Zudem führt die ungleichmäßige Verteilung des Wirkstoffs innerhalb der Trägermasse bei gleichbleibender Dosierung der Kräutermischung zu einer variierenden Wirkstoffdosis, die die Gefahr einer Überdosierung in stärkerem Maße erhöht, als dies bei Cannabisprodukten aufgrund schwankender [X.] der Fall ist. Hinzu kommt, dass der Wirkstoffgehalt in den Kräutermischungen insgesamt sehr großen Schwankungen unterliegt. Während die [X.] in den frühen Produkten meist - wie hier - im unteren Prozentbereich lagen, werden inzwischen nicht selten [X.] von zehn bis 20 Prozent festgestellt. All dies birgt die gegenüber dem [X.] von Cannabisprodukten erhöhte Gefahr einer starken Ausprägung der unerwünschten Nebenwirkungen, was sich z.B. bei der Beeinträchtigung des Herz-Kreislauf-Systems, aber auch bei den Nebenwirkungen, die bei [X.] nicht auftreten, sehr belastend, sogar lebensbedrohlich auswirken kann.

jj) Eine die praktische Handhabung erleichternde Festlegung des [X.] nach der Menge der Päckchen mit Kräutermischungen, ähnlich wie sie ergänzend zum [X.] bei LSD vorgenommen wurde (vgl. [X.], Urteil vom 1. September 1987 - 1 [X.], [X.]St 35, 43), ist nicht möglich. Die Schwankungen im Wirkstoffgehalt der unterschiedlichen Kräutermischungen sowie selbst zwischen einzelnen Päckchen von unter derselben Bezeichnung vertriebenen Kräutermischungen lassen eine ausreichend sichere Feststellung einer Mindestkonzentration des Wirkstoffs nicht zu.

kk) Soweit der Sachverständige   Da.     darauf hingewiesen hat, dass die für die Gefährlichkeit des Wirkstoffs maßgeblichen Aspekte wie Langzeittoxizität, Teratogenität, Zytotoxizität oder Kanzerogenität derzeit noch nicht hinreichend beurteilt werden können und aus präventiven Erwägungen die Festsetzung des [X.] der nicht geringen Menge auf 0,75 Gramm - entsprechend 150 [X.]einheiten à 5 Milligramm - angeregt hat, sieht der [X.] jedenfalls derzeit mangels gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse keine Basis, die eine für den Angeklagten nachteilige niedrigere Festsetzung des [X.] der nicht geringen Menge rechtfertigen würde.

ll) Auch bei Zugrundlegung eines [X.] der nicht geringen Menge von 2 Gramm statt 1,75 Gramm ist in allen fünf Fällen des Komplexes [X.]I.2. die nicht geringe Menge deutlich überschritten, so dass der Schuldspruch Bestand hat.

b) Die Schuldsprüche in den Komplexen [X.] und [X.]I.4. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln weisen keine Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf. Das [X.] hat jeweils keine nicht geringe Menge angenommen.

c) Dagegen hält der nach Beschränkung des Verfahrens gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. § 154a Abs. 1 StPO auf Tatbestände des [X.]es allein maßgebliche Schuldspruch wegen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Komplex [X.]I.1. revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand.

Das [X.] konnte sich angesichts der Untersuchungsergebnisse betreffend der beim Angeklagten aufgefundenen Kräutermischungen, wonach in den Kräutermischungen „SenCation Vanilla“ bzw. „[X.]“ teils der Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes, teils der Wirkstoff [X.] festgestellt wurde, nicht davon überzeugen, dass in den vom Angeklagten gehandelten Kräutermischungen ein unter das [X.] fallender Wirkstoff enthalten war. Jedoch fehlt es an Feststellungen dazu, welche Vorstellungen sich der Angeklagte vom Wirkstoffgehalt im Zeitpunkt des Ankaufs und der Einfuhr der insgesamt 600 Päckchen Kräutermischungen gemacht hat.

Auf konkrete Feststellungen zum (vorgestellten) Wirkstoffgehalt kann bei Verurteilung von Straftaten nach dem [X.] regelmäßig nicht verzichtet werden. Denn der Wirkstoffgehalt wirkt sich entscheidend auf die rechtliche Beurteilung der begangenen Betäubungsmitteldelikte, auf deren konkurrenzrechtliches Verhältnis und auf den Schuldumfang der Taten aus (vgl. [X.], Urteil vom 3. April 2008 - 3 StR 60/08, [X.], 471; [X.], BtMG, 4. Aufl., Vor § 29ff. Rn. 915 ff. mwN).

Da Feststellungen zum Vorstellungsbild des Angeklagten bezogen auf den Zeitpunkt des Ankaufs und der Einfuhr der Kräutermischungen „SenCation Vanilla“ bzw. „[X.]“ fehlen, kann der Schuldspruch auf die Revision des Angeklagten keinen Bestand haben.

2. Der Strafausspruch unterliegt insgesamt der Aufhebung.

Im Komplex [X.]I.1. erfasst die Aufhebung des Schuldspruchs den zugehörigen Strafausspruch. Auch in den Komplexen [X.]I.2. bis [X.]I.4. hat der Ausspruch über die jeweiligen Einzelstrafen keinen Bestand.

a) In den Komplexen [X.]I.2. und [X.]I.4. ergibt sich dies daraus, dass das [X.] der Strafzumessung durch Annahme des [X.] der nicht geringen Menge von [X.] von 1,75 Gramm statt 2 Gramm einen unzutreffenden Maßstab zugrunde gelegt hat. Auch im Komplex [X.] hebt der [X.] die Einzelstrafen auf, um dem neuen Tatrichter eine an der Festlegung der nicht geringen Menge des betroffenen Wirkstoffs (vgl. hierzu C.I.1.a.) orientierte, in sich stimmige Strafzumessung zu ermöglichen.

b) Der Wegfall bzw. die Aufhebung der Einzelstrafen zieht die Aufhebung des [X.] nach sich.

3. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz hat insgesamt keinen Bestand.

Bereits die Teileinstellung des Verfahrens hinsichtlich der Komplexe [X.]. und [X.]I.5. sowie die Aufhebung der Verurteilung im Komplex [X.]I.1. führen zur Aufhebung des angeordneten Wertersatzverfalls.

Eine Aufrechterhaltung hinsichtlich des aus den Taten der Komplexe [X.]I.2. bis [X.]I.4. [X.] kommt hier nicht in Betracht. Dem [X.] ist es auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht möglich, zu bestimmen, in welcher Höhe der Verfall von Wertersatz zu Recht angeordnet ist.

Das [X.] ist bei der Bestimmung des aus den Taten [X.] zutreffend von den Erlösen aus dem Verkauf der Kräutermischungen ausgegangen. Jedoch begegnet die Kürzung der Beträge um die Umsatzsteuer durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Zwar können steuerliche Belastungen zur Vermeidung einer Doppelbelastung bei der Anwendung der Härtevorschrift des § 73c StGB zu berücksichtigen sein (vgl. [X.], Urteil vom 21. März 2002 - 5 [X.], [X.]St 47, 260). Das [X.] übersieht jedoch, dass bei der unerlaubten Lieferung von Betäubungsmitteln innerhalb eines Mitgliedstaates keine Umsatzsteuerschuld entsteht. Zwar verbietet der Grundsatz der steuerlichen Wertneutralität bei der Erhebung der Umsatzsteuer grundsätzlich eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften. Dies gilt jedoch nicht für die unerlaubte Lieferung von Erzeugnissen wie Betäubungsmitteln, die schon ihrem Wesen nach - mit engen Ausnahmen - einem vollständigen Verkehrsverbot unterliegen. In einer derartigen besonderen Situation, in der jeder Wettbewerb zwischen einem legalen und einem illegalen Wirtschaftssektor ausgeschlossen ist, kann die Freistellung von der Mehrwertbesteuerung den Grundsatz der steuerlichen Wertneutralität nicht berühren ([X.], Urteil vom 5. Juli 1988 - Rechtssache [X.]/86, Slg. 1988, 3655; vgl. zur Einfuhrumsatzsteuer [X.], Urteil vom 28. Februar 1984 - Rechtssache [X.], [X.], 261). Der Angeklagte würde allerdings nach § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG für dennoch unrichtig in Rechnungen offen ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge haften. Aber auch insoweit käme eine Berücksichtigung dieser Haftung nur in Betracht, wenn die Steuern tatsächlich gezahlt oder jedenfalls bestandskräftig festgesetzt worden wären (vgl. [X.], Urteile vom 21. März 2002 - 5 [X.], [X.]St 47, 260 und vom 27. Oktober 2011 - 5 StR 14/11, [X.], 92; [X.], Beschlüsse vom 18. Februar 2004 - 1 StR 296/03, [X.], 227 und vom 25. März 2014 - 3 StR 314/13).

Eine Prüfung, inwieweit der für das aus den Taten der Komplexe [X.]I.2. bis [X.]I.4. Erlangte anzuordnende Wertersatzverfall hinter dem vom [X.] dem Verfall von Wertersatz zugrunde gelegten Betrag von 193.300,87 Euro zurückbleibt oder diesen übersteigt, ist dem [X.] nicht möglich. Zum einen hat das [X.] keine Feststellungen zum Stand des Besteuerungsverfahrens getroffen. Zum anderen hat es die Berechnungsgrundlagen nicht nachvollziehbar dargelegt. Soweit das [X.] die Verkaufspreise jeweils mit dem Zusatz „mit [X.]“ bzw. „ohne [X.]“ mitteilt, fehlt es an einer Klarstellung, ob es sich insoweit um die bereits um die Umsatzsteuer gekürzten Beträge handelt oder ob von den genannten Beträgen noch eine Korrektur um die Umsatzsteuer durchgeführt wurde.

C.

Das auf die Sachrüge gestützte Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft erzielt den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.

I. Die Schuldsprüche in den Komplexen [X.]I.1. und [X.] halten revisionsgerichtlicher Nachprüfung nicht stand. Dagegen weisen die Schuldsprüche in den Komplexen [X.]I.2. und [X.]I.4. keine Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf.

1. Der nach Beschränkung gemäß § 154a Abs. 2 i.V.m. § 154a Abs. 1 StPO auf Tatbestände des [X.]es allein maßgebliche Schuldspruch wegen versuchten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Komplex [X.]I.1. begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

a) Wie bereits unter [X.]. dargelegt, fehlt es an konkreten Feststellungen dazu, welche Vorstellungen sich der Angeklagte bei Ankauf und Einfuhr über den Wirkstoffgehalt der insgesamt 600 Päckchen der Kräutermischungen „SenCation Vanilla“ bzw. „[X.]“ gemacht hat. Dem [X.] ist aufgrund der fehlenden Feststellungen die Prüfung nicht möglich, ob nach dem Vorstellungsbild des Angeklagten der Grenzwert der nicht geringen Menge erreicht ist und damit eine Strafbarkeit nach § 30 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG möglich wäre.

Nach Auffassung des [X.]s ist der Grenzwert der nicht geringen Menge für den Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes ebenfalls bei 2 Gramm anzusetzen.

Den Ausführungen der Sachverständigen           [X.]    und   Da.    entnimmt der [X.], dass sich die für einen Wirkstoff gewonnenen Erkenntnisse nicht auf alle synthetischen Cannabinoide übertragen lassen. Allein der Umstand, dass andere Wirkstoffe ebenfalls über das [X.] wirken und an die [X.] binden, sagt nichts über deren Potenz und Wirkungsintensität aus. Diese Werte sind vielmehr für jeden Wirkstoff experimentell zu ermitteln. Entsprechend ist der Grenzwert der nicht geringen Menge für jeden Wirkstoff gesondert festzusetzen.

Soweit der Sachverständige   Da.    angeregt hat, dennoch den Grenzwert der nicht geringen Menge für alle synthetischen Cannabinoide einheitlich zu bestimmen und diesen im Hinblick darauf, dass deren Gefährlichkeit noch nicht hinreichend beurteilt werden könne, aus präventiven Erwägungen auf 0,75 Gramm - entsprechend 150 [X.]einheiten à 5 Milligramm - festzulegen, sieht der [X.] hierfür jedenfalls derzeit keine wissenschaftlich hinreichend gesicherte Grundlage.

Der [X.] hat die Sachverständigen auch zur Wirkung und zur Gefährlichkeit der in den vom Angeklagten gehandelten Kräutermischungen enthaltenen Wirkstoffe [X.] 47,497, [X.] 47,497-C8-Homologes und [X.] befragt. Hierzu ergibt sich Folgendes:

(1) Bei dem Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes - 5-(1,1-Dimethyloctyl)-2-[(1RS,3SR)-3-hydroxycyclohexyl]-phenol - handelt es sich um einen Vertreter der sog. [X.], eine Gruppe stickstofffreier Verbindungen, die in den 80er Jahren von Pharmaunternehmen erforscht wurde. Auch dieser Wirkstoff wurde bisher nicht in klinischen Studien am Menschen getestet, so dass für die Beurteilung seiner Gefährlichkeit ebenfalls nur die für den Wirkstoff [X.] beschriebenen Erkenntnisquellen zur Verfügung stehen.

Auf Basis dieser eingeschränkten Datengrundlage weist der Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes, der als voller Agonist am [X.] anzusehen ist, eine vergleichbare Potenz wie [X.] auf, wobei die berauschende Wirkung mit vier bis sechs Stunden wesentlich länger andauert (zum Vergleich [X.]: ein bis zwei Stunden; Tetrahydrocannabinol: zwei bis drei Stunden). Auch beim [X.] von [X.] 47,497-C8-Homologes treten neben den auch vom [X.] von Cannabis bekannten Nebenwirkungen weitere für Cannabisintoxikationen untypische Symptome auf, die denen nach dem [X.] von [X.] entsprechen.

Die vergleichbare Potenz und Wirkungsintensität der beiden Wirkstoffe sowie die im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol weitergehenden unerwünschten, auch potentiell lebensgefährlichen Nebenwirkungen und die erhöhte Auftretenswahrscheinlichkeit von starken Nebenwirkungen rechtfertigen es nach Auffassung des [X.]s, den Grenzwert der nicht geringen Menge auch für den Wirkstoff [X.] 47,497-C8-Homologes auf der Basis der derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisgrundlagen auf 2 Gramm festzusetzen.

(2) Demgegenüber weisen die Wirkstoffe [X.] - (Naphtalin-1-yl) (1-butyl-1H-indol-3-yl)[X.] - und [X.] 47,497 - (5-(1,1-Dimethylheptyl)-2-[(1RS,3SR)-3-hydroxycyclohexyl]-phenol) -, die sich von [X.] bzw. [X.] 47,497-C8-Homologes chemisch-strukturell nur geringfügig unterscheiden, nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen eine eher dem Tetrahydrocannabinol vergleichbare Potenz auf. Aber auch beim [X.] dieser Wirkstoffe treten neben den auch vom [X.] von Cannabis bekannten Nebenwirkungen weitere unerwünschte Effekte auf.

Auf dieser Grundlage hält der [X.] den Grenzwert der nicht geringen Menge für den in den gehandelten Kräutermischungen enthaltenen, aber im Tatzeitraum noch nicht unter das [X.] fallenden Wirkstoff [X.] sowie für den Wirkstoff [X.] 47,497 aufgrund seiner mit Tetrahydrocannabinol vergleichbaren Potenz, aber den im Vergleich zum [X.] von Cannabis schwerwiegenderen unerwünschten Nebenwirkungen und der demgegenüber erhöhten Auftretenswahrscheinlichkeit solcher Nebenwirkungen bei einer Wirkstoffmenge von jedenfalls 6 Gramm für erreicht.

b) Schon auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen erweist sich aber die Wertung als nur versuchtes Handeltreiben als fehlerhaft. Die Tathandlung des Handeltreibens umfasst jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit ([X.], Beschluss vom 26. Oktober 2005 - [X.], [X.]St 50, 252). Daher liegt bereits im Ankauf von Betäubungsmitteln zum gewinnbringenden Weiterverkauf ein vollendetes Handeltreiben. Sollten die tatsächlich gehandelten Kräutermischungen entgegen der Vorstellung des [X.] keine unter das [X.] fallenden Wirkstoffe enthalten haben - wie es das [X.] nach den bisherigen Feststellungen nicht ausschließen konnte -, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn es kommt nicht darauf an, dass der Umsatz durch die Tathandlung tatsächlich gefördert wird oder dazu überhaupt geeignet war ([X.], Urteil vom 2. Oktober 2013 - 1 StR 75/13). Maßgeblich ist die Vorstellung des [X.] von Art und Wirkstoffgehalt der Betäubungsmittel im Zeitpunkt der Abrede über den Ankauf; auf nachträgliche Abweichungen bei der Lieferung kommt es nicht an ([X.], Beschluss vom 25. Juli 2006 - 1 [X.], [X.], 350 [Ls.]).

2. Der Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Komplex [X.] hat gleichfalls keinen Bestand. Das [X.] hat keine Feststellungen zum Wirkstoffgehalt des in der Kräutermischung „[X.]“ enthaltenen Wirkstoffs [X.] 47,497-C8-Homologes bzw. den Vorstellungen des Angeklagten davon getroffen. Auch wenn es sich lediglich um 25 Päckchen der Kräutermischung handelt, kann der [X.] nicht sicher ausschließen, dass der Grenzwert der nicht geringen Menge von 2 Gramm erreicht ist und eine Verurteilung wegen § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG in Betracht kommt.

3. Die Schuldsprüche im Komplex [X.]I.2. wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und im Komplex [X.]I.4. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln weisen keine Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten auf. Insbesondere erreicht im Komplex [X.]I.4. die in den veräußerten 25 Päckchen der Kräutermischung „[X.]“ enthaltene Wirkstoffmenge [X.] bei Zugrundelegung der im Komplex [X.]I.2. rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu Gewicht der Päckchen (2 Gramm) und Wirkstoffgehalt (1,1 Prozent) mit 0,55 Gramm nicht den Grenzwert der nicht geringen Menge von 2 Gramm.

II. Der Strafausspruch unterliegt insgesamt der Aufhebung.

1. Die Aufhebung der Schuldsprüche in den Komplexen [X.]I.1. und [X.] erfasst die jeweils zugehörigen Strafaussprüche.

2. Auch in den Komplexen [X.]I.2. und [X.]I.4. hat der Ausspruch über die jeweiligen Einzelstrafen keinen Bestand. Die Strafzumessungserwägungen des [X.]s sind - auch unter Berücksichtigung des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen [X.] (vgl. nur [X.], Urteil vom 7. Februar 2012 - 1 [X.], [X.]St 57, 123) - nicht frei von [X.] zu Gunsten des Angeklagten.

Im Komplex [X.]I.2. wird hinsichtlich der Einfuhr am 19. Juni 2009 die Annahme bedingten Vorsatzes schon nicht von den Feststellungen getragen. Danach hatte der Angeklagte spätestens seit dem 16. Juni 2009 aufgrund eines positiven Untersuchungsbefunds Kenntnis davon, dass in der Kräutermischung „[X.]“ der Wirkstoff [X.] enthalten war.

Zudem hat das [X.] sowohl bei der [X.] als auch bei der konkreten Festsetzung der Strafhöhe maßgeblich zu Gunsten des Angeklagten gewertet, dass dieser lediglich mit bedingtem Vorsatz gehandelt habe. Es bestehen bereits Bedenken, dass das [X.] bei der [X.] schematisch allein an die Vorsatzform angeknüpft hat, ohne die erforderliche Würdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen (vgl. [X.], Urteil vom 11. Februar 1992 - 1 StR 708/91; [X.]/[X.]/[X.], Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 618 mwN). Jedenfalls aber führt die maßgebliche Berücksichtigung des bedingten Vorsatzes zu Gunsten des Angeklagten bei der [X.] dazu, dass dieser Umstand bei der konkreten Strafbestimmung nur noch mit eingeschränktem Gewicht erneut berücksichtigt werden durfte (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. April 1987 - 2 [X.], [X.]R StGB § 50 Strafhöhenbemessung 2 und vom 18. September 2013 - 5 StR 375/13, [X.], 41). Das Urteil lässt nicht erkennen, dass sich das [X.] dessen bewusst war.

3. Der Wegfall bzw. die Aufhebung der Einzelstrafen ziehen die Aufhebung der Gesamtstrafe nach sich.

III. Die Anordnung des Verfalls von Wertersatz hält revisionsgerichtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand.

Die vom [X.] vorgenommene Bestimmung des dem Verfall von Wertersatz zugrunde zu legenden Betrags begegnet - wie bereits unter [X.] dargelegt - durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der [X.] kann mangels Feststellungen zum Besteuerungsverfahren und aufgrund fehlender nachvollziehbarer Darlegung der Berechnungsgrundlagen nicht ausschließen, dass sich dieser Rechtsfehler zu Gunsten des Angeklagten ausgewirkt hat.

D.

I. Die jeweilige Aufhebung erfasst hier auch die zugrunde liegenden Feststellungen. Im Umfang der Aufhebung war die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückzuverweisen, da dem [X.] insoweit eine abschließende Prüfung nicht möglich ist.

II. [X.] hat auch über die Kosten der Rechtsmittel des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, soweit diese nicht die eingestellten Verfahrensteile betreffen.

Raum                        [X.]                         Jäger

               Cirener                          [X.]

Meta

1 StR 302/13

14.01.2015

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Urteil

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Landshut, 11. März 2013, Az: 6 KLs 57 Js 10932/09

§ 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 30 Abs 1 Nr 4 BtMG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.01.2015, Az. 1 StR 302/13 (REWIS RS 2015, 17228)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 969 REWIS RS 2015, 17228

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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