Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2015, Az. 4 StR 124/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 2809

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4
StR
124/14

vom
5. November 2015
in der Strafsache
gegen

wegen fahrlässigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.]s hat in der Sitzung vom 5.
November
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in
am [X.]
Sost-Scheible,

[X.]in
am [X.]
Roggenbuck,
[X.] am [X.]
Cierniak,
[X.],
Dr. Quentin

als beisitzende [X.],

[X.] beim [X.]

in der Verhandlung

,
[X.] beim [X.]

bei der Verkündung

als Vertreterinnen
des
[X.]s,

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Prof. Dr. rer. nat.

A.

in der Verhandlung

als Sachverständiger

,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 1.
August 2013 aufgehoben
a)
im Strafausspruch mit den Feststellungen,
b)
soweit gegen den Beschwerdeführer der Verfall von [X.] in Höhe von mehr als 616

et worden ist; die weiter gehende Verfallsanordnung ent-fällt.
2.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorge-nannte Urteil dahin geändert, dass 50

r-den.
3.
Die weiter gehenden Revisionen werden verworfen.
4.
Im Umfang der Aufhebung zu Ziffer
1.
a) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an das Amtsgericht

Straf-richter

Iserlohn zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
-
4
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen fahrlässigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 190
Tagessätzen zu
je 25

Es hat ferner den Verfall von [X.] in Höhe von 1.452

e-n-geordnet. Die gegen dieses Urteil gerichteten Revisionen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft sind jeweils auf die Sachrüge gestützt. Während der Angeklagte seinen Freispruch auch in den [X.] anstrebt, begehrt die Staatsanwaltschaft diesbezüglich eine Verurteilung u.a. wegen vorsätz-lichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Insoweit wird das Rechtsmittel vom [X.] nicht vertre-ten. Die Revisionen erzielen jeweils den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet.
I.
1.
Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen:
Der Angeklagte betreibt in I.

ein Ladengeschäft, in dem er unter
anderem Zubehör für den [X.] von Cannabis vertreibt. Spätestens im Jahr
2010 beschloss der Angeklagte, der nicht über eine Erlaubnis zum Umgang mit Betäubungsmitteln verfügt, gewinnbringend Kräutermischungen anzubieten, die synthetische Cannabinoide enthielten. Wegen der cannabisähnlichen Wirkung werden diese Kräutermischungen in [X.] als Rauschmittel konsumiert, hauptsächlich geraucht. Die Kräutermischungen enthalten getrocknetes Pflan-zenmaterial, auf das synthetische Cannabinoide wie [X.], [X.] und 1
2
3
-
5
-
[X.] aufgesprüht werden. Die Wirkstoffe sind üblicherweise in den Kräu-termischungen nicht gleichmäßig verteilt. Der [X.]ent kann weder erken-nen, welches der in der Wirkungsweise unterschiedlich starken synthetischen Cannabinoide aufgesprüht wurde,
noch dessen Menge.
Dem Angeklagten war bekannt, dass die Kräutermischungen zum Kon-sum durch Rauchen verwendet wurden und dass diese eine bewusstseinsver-ändernde Wirkung hatten, sofern sie synthetische Cannabinoide enthielten. Mit den jeweiligen Lieferungen wurden ihm von seinem Lieferanten [X.] übersandt, die auswiesen, dass weder synthetische noch
pflanzliche Cannabinoide in dem untersuchten [X.] gefunden werden konnten. Die von den Herstellern dem Labor übersandten Proben enthielten nämlich

was der Angeklagte nicht wusste

im Gegensatz zu den tatsächlich vertrie-benen Produkten keine synthetischen Cannabinoide.
Am 5.
Oktober 2011 erwarb der Angeklagte bei einer [X.] Firma 30

1). Die
Tütchen enthielten das zum Tatzeitpunkt noch nicht dem Betäubungsmittel-gesetz unterfallende [X.] und 10,2
% des dem [X.] unterfallenden [X.], mithin bezogen auf die Gesamtmenge 9,18
Gramm [X.]. Am 17.
Oktober 2011 erwarb der Angeklagte bei demselben Lie-feranten 50

-
weils drei Gramm (Fall
2). Auch diese Kräutermischung enthielt [X.] und
[X.]. Bei einem Wirkstoffgehalt von 9,9
% [X.] betrug die reine Wirk-stoffmenge der Gesamtlieferung 14,85
Gramm [X.]. Der Angeklagte hielt es zum Zeitpunkt der Bestellungen für möglich, dass die Kräutermischungen [X.] unterfallen, nahm dies aber nicht billigend in Kauf. Von der Kräuter-4
5
-
6
-

28
Tütchen für jeweils 22

Oktober 2011 wurden aus den vorgenannten Lieferungen im Ladengeschäft des Angeklagten zwei Tütchen Weitere 38

aus dem Geschäft vom 17.
Okto-ber 2011 wurden in der Privatwohnung des Angeklagten gefunden.
2.
Das [X.] hat den Sachverhalt wie folgt bewertet:
Der Angeklagte habe bewusst fahrlässig gehandelt. Er habe es für [X.] gehalten, dass die am 5. und 17.
Oktober 2011 erworbenen Kräuter-unterfallende Stoffe enthielten und es pflichtwidrig unterlassen, eigene tragfähi-ge Erkundungen über die vorgenannten Produkte einzuholen. Eine am 11.
Ok-tober 2010 wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Betäubungsmittel-gesetz erfolgte Durchsuchung des Ladengeschäfts und der Privaträume des Angeklagten, die Kenntnis von der Nutzung der Kräutermischungen als Rauschmittel und der Hinweis in den [X.], dass diese sich jeweils nur auf die eingesandten Proben bezögen, hätten das Vertrauen in die [X.] der Hersteller erschüttert und ihm Anlass für eigene Nachforschungen ge-geben.
Das [X.] hat

sachverständig beraten

den Grenzwert der nicht geringen Menge von [X.] mit 2,62
Gramm (350
[X.]einheiten zu je 7,5
Milligramm) angesetzt. Die Gefährlichkeit von [X.] sei höher als die von Cannabis, aber geringer als jene von Amphetamin. Bei der Strafzumessung hat das [X.] maßgeblich berücksichtigt, dass die nicht geringe Menge in 6
7
8
-
7
-
beiden Fällen in erheblicher Weise überschritten sei und hat für das fahrlässige Handeltr

Ta-eine solche von 150
Tagessätzen verhängt. Bei der Anordnung des [X.] ist die [X.] ausweislich der Urteilsgründe versehentlich davon ausgegangen, dass der Angeklagte nicht nur 28

22

n
Go

verkauft habe.
II.
Das Rechtsmittel des Angeklagten erzielt den aus der Urteilsformel er-sichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist es unbegründet.
1.
Der Schuldspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten auf. Der Wirkstoff [X.] wurde durch die 24. BtMÄndV vom 18. [X.] ([X.] I 2009, 3944) mit Wirkung vom 22. Januar 2010 in die Lis-te der Anlage II des [X.]es aufgenommen und war deshalb zum jeweiligen Tatzeitpunkt Betäubungsmittel.
Das [X.] hat zu Recht einen Sorgfaltspflichtverstoß des Ange-klagten angenommen. Derjenige, der am Handel teilnimmt, muss sich darum kümmern, ob seine Stoffe Betäubungsmittel sind (Weber, BtMG, 4. Aufl.,
§ 29 Rn. 2043). Die dem Angeklagten vom Lieferanten überlassenen Laborbefunde bezogen sich ausweislich der Urteilsgründe für den Angeklagten erkennbar [X.] nur auf die vom Lieferanten eingereichte und untersuchte [X.]. Dass die zum Verkauf angeb

dem 9
10
11
-
8
-
Angeklagten
bekannten und bezweckten Verwendung in der [X.]enten-szene als Cannabis ersetzendes Rauschmittel fernliegend. Besondere [X.], warum der Angeklagte auf ein [X.] Verhalten seines Lieferanten bei der Einsendung der Proben an das Labor vertrauen konnte, hat das [X.] nicht festgestellt, insbesondere hat er in keinem Fall eine eigene Kon-trolluntersuchung der erworbenen Stoffe veranlasst.
2.
Hingegen hält der Strafausspruch der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a)
Das [X.] ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass Gold

-019 jeweils die Grenze der nicht ge-ringen Menge i.S.v. §
29a Abs.
1 Nr.
2 BtMG erreicht hat. Der Senat setzt [X.]

insoweit abweichend vom [X.]

den Grenzwert der nicht gerin-gen Menge für
[X.] auf eine Wirkstoffmenge von 6
Gramm fest.
Hierbei bezieht sich der Senat auf die in ständiger Rechtsprechung vom [X.] angewandte Methode (vgl. nur [X.], Urteile vom 3.
Dezem-ber 2008

2
StR
86/08, [X.]St 53, 89,
und vom 17.
November 2011

3
StR 315/10, [X.]St 57, 60). Danach ist der Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels stets in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungs-weise und -intensität festzulegen. Maßgeblich ist zunächst die äußerst gefähr-liche, gar tödliche Dosis des Wirkstoffs ([X.], Urteil vom 22.
Dezember 1987

1
StR
612/87, [X.]St 35, 179). Fehlen hierzu gesicherte Erkenntnisse, so errechnet sich der Grenzwert als ein Vielfaches der durchschnittlichen [X.]-einheit eines nicht an den Genuss dieser Droge gewöhnten [X.]enten. Das Vielfache ist nach Maßgabe der Gefährlichkeit des Stoffes, insbesondere sei-12
13
14
-
9
-
nes Abhängigkeiten auslösenden oder sonst die Gesundheit schädigenden
Potentials zu bemessen ([X.], Urteil vom 3.
Dezember 2008

2
StR
86/08, [X.]St 53, 89). Lassen sich auch zum [X.]verhalten keine ausreichenden Erkenntnisse gewinnen, so entscheidet ein Vergleich mit verwandten Wirkstof-fen (vgl. [X.], Urteile vom 24.
April 2007

1
StR
52/07, [X.]St 51, 318, 322,
und vom 17.
November 2011

3
StR
315/10, [X.]St 57, 60, 64).
aa)
Zur Wirkung und zur Gefährlichkeit von [X.] hat der Senat ein Gutachten des

Prof.
Dr.
rer.
nat.

A.

eingeholt. Danach ergibt sich Folgendes:
(1)
Die Wirkstoffe [X.] und CP
47,497-C8 waren als Hauptwirkstoffe -Produkten der ersten Generation enthalten. Nach deren
Aufnahme in Anlage
II zum [X.] wurden sie in den [X.] sehr schnell durch [X.] ersetzt. Im weiteren Verlauf wurde eine Vielzahl teils geringfügig, teils stärker modifizierter Substanzen in entspre-chenden Produkten gefunden. [X.] [chemische Bezeichnung: (Naphthalin-1-yl)(1-hexyl-1H-indol-3-yl)methanon] wurde erstmals im Oktober 2010 in einer Kräutermischung nachgewiesen. Es handelt sich wie bei [X.] um ein nach dem [X.] Chemiker

H.

benanntes vollsynthetisches
[X.], das bisher nicht in klinischen Studien am Menschen getestet wurde. Die Erkenntnismöglichkeiten zur pharmakologischen Wirkung der syn-thetischen Cannabinoide beschränken sich auf einzelne wissenschaftliche Selbstversuche und Fallberichte, in denen neben einer ausführlichen klinischen Beschreibung auch eine umfassende toxikologische Analytik durchgeführt [X.], die einen kausalen Zusammenhang zwischen Wirkstoffaufnahme und Sym-ptomatik belegen. Zudem stehen Daten aus [X.] sowie Ergebnissen aus in vivo-Studien (vor allem am Mausmodell) zur Verfügung, 15
16
-
10
-
wobei eine Übertragung der daraus gezogenen Schlüsse auf den Menschen nur eingeschränkt möglich ist.
(2)
Nach derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnissen wird die Wirkung der synthetischen Cannabinoide wie bei dem Wirkstoff der Cannabispflanze über das Endocannabinoidsystem vermittelt. Diese vergleichbare Wirkungs-weise hat trotz unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung zur Sammel-d-system ist nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Wirbeltieren und
Fischen vorhanden und an verschiedensten, teilweise sehr komplexen Prozes-sen beteiligt. Der Wirkstoff bindet an die [X.], der in hoher Dichte im zentralen Nervensystem vorhanden ist, und [X.], der sich vor-wiegend in Zellen des Immunsystems findet. Aufgrund der lipophilen Eigen-schaften der Substanzen können sie die Blut-Hirn-Schranke ungehindert pas-sieren. Durch die Bindung an den Rezeptor wird die Signalübermittlung in der rinsi-Agonisten unterschieden werden.
Anders als der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol, der am [X.] nur als partieller Agonist bindet, wirkt [X.] dort als voller Agonist. Dies führt dazu, dass dieser Wirkstoff wesentlich stärkere Effekte, auch solche lebensbe-drohlicher Art, erzeugen kann. Es tritt

anders als bei Tetrahydrocannabinol

keine Sättigung ein, vielmehr werden die Wirkungen, also auch die uner-wünschten Nebenwirkungen durch eine höhere Dosierung verstärkt. [X.] hat nicht so starke Wirkungen und ist deshalb ein [X.]. Für [X.] liegen keine gesicherten Daten vor, der Wirkstoff scheint sich tendenziell ähn-lich wie [X.] zu verhalten.
17
18
-
11
-
(3)
Ein weiterer Unterschied zwischen synthetischen Cannabinoiden
einerseits und Tetrahydrocannabinol andererseits liegt in der Potenz, d.h. im Maß der für die zum Erzielen einer Wirkung erforderlichen Dosis. [X.] weist gegenüber Tetrahydrocannabinol eine deutlich

etwa drei-
bis vierfach

höhere Potenz auf, d.h., dass das Maß der Wirkstärke etwa drei-
bis viermal so hoch anzusiedeln ist. Demgegenüber weist der Wirkstoff [X.], der sich von [X.] chemisch-strukturell nur geringfügig unterscheidet, nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen, insbesondere aufgrund einer Studie an [X.], eine eher dem Tetrahydrocannabinol vergleichbare Potenz auf. Mit Blick auf die identische Rezeptoraffinität sowie angesichts des strukturell ver-gleichbaren [X.] von [X.] und [X.] und des Umstands, dass beide [X.]en sind, dürfte [X.] eine ähnliche oder gleiche Po-tenz wie [X.] haben.
bb)
Der 1.
Strafsenat hat in seinem Urteil vom 14.
Januar 2015

1
StR 302/13, zur [X.] in [X.]St 60, 134 vorgesehen

die nicht geringe Menge für das synthetische Cannabinoid [X.] auf eine Wirkstoffmenge von sechs Gramm festgesetzt. Dabei hat der 1.
Strafsenat die Festsetzung des Grenzwerts der nicht geringen Menge weder an einer äußerst gefährlichen Do-sis noch an einer durchschnittlichen [X.]einheit ausgerichtet, weil zu beiden Mengeneinheiten derzeit keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen. Er hat die nicht geringe Menge vielmehr aus den in jenem Urteil nä-her dargelegten Gründen durch den Vergleich mit Tetrahydrocannabinol be-stimmt (Urteil vom 14.
Januar 2015 aaO Rn.
47
ff.).
Maßgeblich waren hierfür im Vergleich zu Tetrahydrocannabinol, für das der Grenzwert der nicht geringen Menge bei 7,5
Gramm Tetrahydrocannabinol

entsprechend 500
[X.]einheiten à 15
Milligramm

angenommen wird 19
20
21
-
12
-
(vgl. [X.], Urteil vom 18.
Juli 1984

3
StR
183/84, [X.]St 33, 8), die höhere bzw. vergleichbare Potenz des jeweiligen Wirkstoffs, die gesteigerte Gefähr-lichkeit aufgrund weiter
gehender unerwünschter Nebenwirkungen und deren wesentlich höhere Auftretenswahrscheinlichkeit (Urteil vom 14.
Januar 2015 aaO Rn.
56
ff., 92
ff.).
cc)
Der Senat hat sich bei der Bestimmung der nicht geringen Menge des Wirkstoffs [X.] der Vorgehensweise des 1.
Strafsenats angeschlossen und den Grenzwert der nicht geringen Menge durch einen Vergleich mit
[X.] auf dieselbe Menge wie bei dieser Substanz festgelegt.
b)
Der Strafausspruch unterliegt danach der Aufhebung. Das [X.] hat ausdrücklich strafschärfend gewertet, dass im Fall der Kräutermischung -fache und im Fall der Kräuter--fache überschritten ist. Dies trifft bei einem Grenzwert von 6
Gramm nicht zu.
3.
Auch
die über den Betrag von 616

[X.]verfall hat keinen Bestand.
Die Höhe des nach §
73a Satz
1 StGB für verfallen zu erklärenden [X.] bestimmt sich nach dem Wert des nach §
73 Abs.
1 Satz
1 StGB aus der Tat [X.], dessen Verfall aus den in §
73a Satz
1 StGB genannten Gründen nicht mehr angeordnet werden kann (vgl. [X.], Beschluss vom 10.
September 2002

1
StR
281/02, [X.], 198, 199; MüKo-StGB/[X.], 2.
Aufl., §
73a Rn.
14 mwN). Die Wertbestimmung erfolgt
nach dem Brutto-prinzip, sodass bei Rauschgiftgeschäften, wie sie hier in Rede stehen, der tat-sächlich erzielte Verkaufserlös

ohne Abzug von Einkaufspreis, Transportkos-22
23
24
25
-
13
-
ten etc.

anzusetzen ist (vgl. [X.], Urteil vom 10.
Juni 1999

4
StR
135/99, NStZ-RR
2000, 57, 58 mwN).
Nach den Feststellungen hat der Angeklagte von der von ihm zu Han-

Tütchen zu je 22

n-geordnete [X.]verfall von 1.452

Urteilsgründen ausgeführt hat, auf der irrigen Annahme, der Angeklagte habe auch 38

r-kauft. Der Senat ändert den Rechtsfolgenausspruch entsprechend ab.
III.
Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft führt lediglich zur Abänderung der Einziehungsentscheidung. Darauf, dass Rechtsmittel der Staatsanwalt-schaft auch zu Gunsten der Angeklagten wirken (§
301 StPO), kommt es nach dem Erfolg der Revision des Angeklagten nicht mehr an ([X.], Urteil vom 14.
August 2014

4
StR
163/14, NJW 2014, 3382, 3384 mwN). Im Übrigen ist das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft unbegründet.
1.
Der Schuldspruch des angefochtenen Urteils wegen fahrlässigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a)
Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.]s zur [X.] von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit handelt der [X.] vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, 26
27
28
29
-
14
-
dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der [X.] an sich unerwünscht sein. Bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft

nicht nur vage

darauf vertraut, der tat-bestandliche Erfolg werde nicht eintreten (u.a. [X.], Urteile vom 27.
Januar 2011

4
StR
502/10, [X.], 699,
und vom 4.
November 1988

1
StR 262/88, [X.]St 36, 1, 9
f.). Vertraut der Täter darauf, die für möglich gehaltene Folge werde nicht eintreten, so kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, ob er das ernsthaft konnte. Da beide Schuldformen im Grenzbereich eng bei-einander liegen, ist bei der Prüfung, ob der Täter vorsätzlich gehandelt hat, eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände geboten (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 27.
Januar 2011

4
StR
502/10, [X.], 699 mwN); sowohl das Wissens-
als auch das Willenselement muss grundsätzlich in jedem Einzelfall geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden.
b)
Den sich hieraus ergebenden Anforderungen wird das landgerichtliche Urteil gerecht. Die [X.] hat die rechtlichen Grundlagen für die Abgren-zung des bedingten Vorsatzes von bewusster Fahrlässigkeit zutreffend gese-hen und beachtet und eine entsprechende Gesamtwürdigung vorgenommen. Ihre Bewertung, bedingter Vorsatz sei insbesondere aufgrund der offenen Ver-triebsstruktur nicht erwiesen, weist keinen Rechtsfehler auf. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin erschöpft sich demgegenüber in einer eigenen Bewertung der festgestellten Tatsachen.
2.
Die Anordnung der Einziehung hält revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand. Das [X.] hat bei der Anordnung der Einziehung ersichtlich

wie bei der Anordnung des [X.]verfalls

übersehen, dass der Angeklagte 30
31
-
15
-
38

t-wohnung aufbewahrt hat. Der Senat schließt aus, dass die [X.], wenn sie sich dieses Umstandes bewusst gewesen wäre, nach ihrem Ermessen von der Einziehung abgesehen
hätte, denn eine Freigabe der Betäubungsmittel wä-re rechtsfehlerhaft gewesen. Er hat deshalb die [X.] ent-sprechend geändert.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Mutzbauer
Quentin

Meta

4 StR 124/14

05.11.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2015, Az. 4 StR 124/14 (REWIS RS 2015, 2809)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 2809

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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