ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) VERBRAUCHERSCHUTZ GASPREISE Hinzufügen
Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Verfahrensaussetzung: Zulässigkeit bei Anhängigkeit eines dieselbe Frage betreffenden Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof; Aussetzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Das vorliegende Verfahren wird gemäß § 148 ZPO analog bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem dort anhängigen Verfahren [X.]/11 ausgesetzt.
I.
Die Klägerin, ein regionales [X.], beliefert den Beklagten seit 2002 leitungsgebunden mit Erdgas. Sie änderte den Arbeitspreis für das von ihr gelieferte Gas zwischen Oktober 2004 und April 2007 mehrfach; der Beklagte erhob hiergegen Widerspruch. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter anderem die Zahlung des rückständigen Betrags aus den Jahresabrechnungen für die Jahre 2004 bis 2008 begehrt. Das [X.] hat der Klage insoweit stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Das Berufungsgericht hat - ebenso wie das [X.] - den Beklagten als [X.] qualifiziert und vor diesem Hintergrund angenommen, dass der Klägerin ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2 [X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] zugestanden habe. Die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme als billig im Sinne des § 315 BGB angesehen.
Mit seiner Revision wendet sich der Beklagte gegen die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als [X.]vertrag und bezweifelt ferner, ob die im [X.]verhältnis geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechte des § 4 [X.] (beziehungsweise § 5 [X.]) den europarechtlichen Transparenzvorgaben genügen. Letztlich erhebt der Beklagte Einwände gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Billigkeitsprüfung.
II.
Das vorliegende Verfahren ist gemäß § 148 ZPO analog bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem dort anhängigen Verfahren [X.]/11 auszusetzen.
1. Der Senat hat durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren [X.] ([X.], 1620 ff.) dem Gerichtshof der [X.] (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 AEUV vorgelegt:
Ist Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang A Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/55/[X.] und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnenmarkt und zur Aufhebung der [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in Erdgaslieferungsverträgen mit Haushalts-Kunden, die im Rahmen der allgemeinen Versorgungspflicht beliefert werden ([X.]), den Anforderungen an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das [X.] seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemessener Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom [X.], wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?
2. Diese Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.
3. Der Senat kann daher unter Beachtung seiner in Art. 267 Abs. 3 AEUV enthaltenen [X.] keine abschließende Sachentscheidung treffen. Eine Vorlage auch dieses Verfahrens an den Gerichtshof würde jedoch dort nicht zu einer schnelleren Beantwortung der maßgeblichen Rechtsfrage führen (vgl. hierzu [X.], [X.], 1836, 1837). Hieran ändert nichts, dass der Gerichtshof seinerseits das Verfahren [X.]/11 bis nach der Urteilsverkündung in den [X.] und [X.]/11 ausgesetzt hat.
Im Gegenteil würde die Funktion des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren beeinträchtigt, wenn die gleiche Rechtsfrage mehrfach vorgelegt würde (vgl. [X.], Beschluss vom 30. März 2005 - [X.], [X.]Z 162, 373, 378). Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV stellt ein grundlegendes Instrument dar, um den Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht zu verwirklichen und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten ([X.], [X.], 734, 735). Die verbindliche Auslegung des Gemeinschaftsrechts ist dem Gerichtshof vorbehalten. Da der Gerichtshof aber kein Rechtsmittelgericht für sämtliche mitgliedschaftlichen Verfahren darstellt ([X.], Beschluss vom 30. März 2005 - [X.], aaO), genügt es, wenn dort über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage lediglich in einem Verfahren verhandelt und entschieden wird.
4. Der Senat hält es daher für angemessen, das vorliegende Verfahren gemäß § 148 ZPO analog wegen Vorgreiflichkeit des beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreits auszusetzen (zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vgl. auch [X.], aaO S. 1836 f.; [X.], Beschlüsse vom 5. Juni 1984 - 3 [X.], juris; vom 6. November 2002 - 5 [X.] (A), juris; [X.], aaO S. 734 ff.; noch offen gelassen von [X.], Beschluss vom 30. März 2005 - [X.], aaO).
Ball Dr. Milger Dr. Hessel
Dr. [X.] Dr. Bünger
Meta
24.01.2012
Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZR
vorgehend OLG Düsseldorf, 13. April 2011, Az: VI-2 U (Kart) 3/09, Urteil
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 24.01.2012, Az. VIII ZR 158/11 (REWIS RS 2012, 9887)
Papierfundstellen: NJW 2016, 1718 WM 2016, 989 REWIS RS 2012, 9887
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
VIII ZR 236/10 (Bundesgerichtshof)
Verfahrensaussetzung: Zulässigkeit bei Anhängigkeit eines dieselbe Frage betreffenden Vorabentscheidungsverfahrens beim Europäischen Gerichtshof; Aussetzung im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
VIII ZR 158/11 (Bundesgerichtshof)
VIII ZR 162/11 (Bundesgerichtshof)
VIII ZR 236/10 (Bundesgerichtshof)
VIII ZR 13/12 (Bundesgerichtshof)
Aussetzung eines Verfahrens wegen Vorgreiflichkeit eines beim EuGH anhängigen Vorabentscheidungsverfahrens: Europarechtskonformität von Bestimmungen der AVBGasV …