Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2012, Az. VIII ZR 162/11

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 5252

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII [X.]/11

vom

27. Juni
2012

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am
27. Juni
2012 durch den Vorsitzenden [X.], [X.] Frellesen, die Richterin

Dr. Hessel
sowie die
Richter [X.] und Dr. Schneider
beschlossen:
Das vorliegende Verfahren wird gemäß § 148 ZPO analog bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem dort anhängigen Verfahren [X.]/11 ausgesetzt.

Gründe:
I.
Die Klägerin, ein regionales Gasversorgungsunternehmen, beliefert den Beklagten seit 1979
leitungsgebunden mit Erdgas. Sie änderte den Arbeitspreis für das von ihr gelieferte Gas inzwischen mehrfach; der Beklagte erhob hierge-gen ab
Juli 2005 Widerspruch. Mit ihrer Klage
hat die Klägerin
die Zahlung rückständiger Entgeltforderungen begehrt. Der Beklagte hat widerklagend unter anderem beantragt festzustellen, dass von der Klägerin zwischen Mai 2002 und Januar 2007 vorgenommene [X.] unbillig und unwirksam sind.
Das [X.] hat der Klage stattgegeben
und die Widerklage abgewiesen. Die Berufung des
Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Das Berufungsgericht hat -
ebenso wie
das [X.]
-
den Beklagten als Tarifkunden qualifiziert und vor diesem Hintergrund
angenommen, dass der Klägerin ein einseitiges Preisänderungsrecht gemäß § 4 Abs. 1 und 2
[X.] beziehungsweise § 5 Abs. 2 [X.] zugestanden habe. Die [X.] bis Dezember 2004 seien nicht mehr auf ihre Billigkeit zu überprü-1
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fen, da der Beklagte
ihnen nicht innerhalb angemessener Zeit widersprochen habe. Die von der Klägerin vorgenommenen Preiserhöhungen
ab Januar 2005
hat das Berufungsgericht nach Durchführung einer Beweisaufnahme als billig im Sinne des § 315 BGB angesehen.
Mit seiner Revision wendet sich der Beklagte gegen die Qualifikation des Vertragsverhältnisses als Tarifkundenvertrag und bezweifelt ferner, ob die im Tarifkundenverhältnis geltenden gesetzlichen Preisänderungsrechte des §
4 [X.] beziehungsweise § 5 [X.]
den europarechtlichen Transparenz-vorgaben genügen. Letztlich erhebt der Beklagte Einwände gegen die vom Be-rufungsgericht vorgenommene Billigkeitsprüfung.

II.
Das vorliegende Verfahren ist gemäß § 148 ZPO analog bis zu der Ent-scheidung des Gerichtshofs der [X.] in dem dort anhängigen Verfahren [X.]/11 auszusetzen.
1. Der Senat hat
durch Beschluss vom 18. Mai 2011 in dem Verfahren [X.] ([X.], 1620 ff.) dem Gerichtshof der [X.] (im Folgenden: Gerichtshof) folgende Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art.
267 AEUV vorgelegt:
Ist Art.
3 Abs.
3 in Verbindung mit Anhang A Buchst.
b und/oder c der Richtlinie 2003/55/[X.] und des Rates vom 26.
Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Erdgasbinnen-markt und
zur Aufhebung der [X.]/[X.] dahin auszulegen, dass eine nationale gesetzliche Regelung über Preisänderungen in [X.], die im Rahmen der [X.] [X.] beliefert werden (Tarifkunden), den [X.] an das erforderliche Maß an Transparenz genügt, wenn in ihr Anlass, Voraussetzungen und Umfang einer Preisänderung zwar nicht 3
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wiedergegeben sind, jedoch sichergestellt ist, dass das Gasversor-gungsunternehmen seinen Kunden jede Preiserhöhung mit angemesse-ner Frist im Voraus mitteilt und den Kunden das Recht zusteht, sich durch Kündigung vom [X.], wenn sie die ihnen mitgeteilten geänderten Bedingungen nicht akzeptieren wollen?
2. Diese Frage hält der Senat
auch im vorliegenden Fall für entschei-dungserheblich.
3. Aufgrund der Entscheidungserheblichkeit der unter Ziffer 1 genannten Frage kann der Senat in dieser Sache unter Beachtung seiner in Art. 267 Abs.
3 AEUV enthaltenen [X.] keine abschließende Sachentschei-dung
treffen. Eine Vorlage auch dieses Verfahrens an den Gerichtshof würde jedoch dort nicht zu einer schnelleren Beantwortung der maßgeblichen Rechts-frage führen (vgl. hierzu [X.], [X.], 1836, 1837). Hieran ändert nichts, dass der Gerichtshof seinerseits das Verfahren [X.]/11 bis nach der Urteils-verkündung in den [X.] und [X.]/11 ausgesetzt hat.
Im Gegenteil würde die Funktion des Gerichtshofs im Vorabentschei-dungsverfahren beeinträchtigt, wenn die gleiche Rechtsfrage mehrfach [X.] würde (vgl. [X.], Beschluss vom 30. März 2005 -
X [X.], [X.]Z 162, 373, 378). Das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 267 AEUV stellt ein grundlegendes Instrument dar, um den Grundsatz des Vorrangs des [X.] vor nationalem Recht zu verwirklichen und die einheitliche An-wendung des Gemeinschaftsrechts in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten ([X.], [X.], 734). Die verbindliche Auslegung des Gemeinschafts-rechts ist dem Gerichtshof vorbehalten. Da der Gerichtshof aber kein Rechts-mittelgericht für sämtliche mitgliedschaftlichen Verfahren darstellt ([X.], [X.] vom 30. März 2005 -
X [X.], aaO), genügt es, wenn dort über eine klärungsbedürftige Rechtsfrage lediglich in einem Verfahren verhandelt und entschieden wird.
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4. Der Senat hält es daher für angemessen, das vorliegende Verfahren gemäß § 148 ZPO analog wegen Vorgreiflichkeit des beim [X.] Rechtsstreits auszusetzen (zur Zulässigkeit dieser Vorgehensweise vgl. Senatsbeschlüsse vom 24. Januar 2012
-
VIII ZR 236/10,
juris, und [X.], juris, jeweils mwN).
Ball
[X.]
Dr. Hessel

[X.]
Dr. Schneider

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 04.06.2008 -
34 O ([X.]) 170/06 -

O[X.], Entscheidung vom 13.04.2011 -
VI-2 U ([X.]) 13/08 -

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Meta

VIII ZR 162/11

27.06.2012

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.06.2012, Az. VIII ZR 162/11 (REWIS RS 2012, 5252)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 5252

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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