Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 20.12.2017, Az. 1 BvR 2754/17

1. Senat 4. Kammer | REWIS RS 2017, 270

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung, gerichtet gegen die Anordnung einer Sonderprüfung gem § 142 Abs 2 AktG bei einem Kraftfahrzeughersteller bzgl der sog Abgasthematik - Unzulässigkeit des eA-Antrags mangels Darlegung eines Nachteils iSd § 32 Abs 1 BVerfGG sowie der Dringlichkeit einer einstweiligen Regelung


Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Gründe

1

Die Beschwerdeführerin wendet sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen die auf § 142 Abs. 2 [X.] gestützte Bestellung eines [X.]s. Dieser soll prüfen, ob ihre Organe im Zusammenhang mit der sogenannten "Abgasthematik" Pflichten verletzt und insbesondere gegen die [X.] verstoßen haben.

2

1. Die Beschwerdeführerin ist eine börsennotierte Aktiengesellschaft, deren satzungsgemäßer Unternehmensgegenstand die Herstellung und der Vertrieb von Fahrzeugen und Motoren aller Art, deren Zubehör sowie aller Anlagen, Maschinen und Werkzeuge und sonstigen technischen Erzeugnisse ist. Die Antragstellerinnen des Ausgangsverfahrens geben an, Aktionärinnen der Beschwerdeführerin zu sein.

3

Nachdem im Mai 2014 bei [X.] in [X.] Unregelmäßigkeiten bei Messungen der Stickoxidwerte zwischen dem Prüfstand und dem normalen Fahrbetrieb bemerkt worden waren, leiteten die zuständigen [X.] Behörden Ermittlungen ein, die im Januar 2017 in einen Vergleich zwischen der Beschwerdeführerin und dem U.S. Department of Justice mündeten.

4

Zur internen Aufarbeitung der Dieselthematik beauftragte die Beschwerdeführerin mehrere Rechtsanwaltskanzleien.

5

Im Zusammenhang mit der Dieselthematik führen die Staatsanwaltschaften B. und M. gegenwärtig Ermittlungsverfahren durch.

6

In der ordentlichen Hauptversammlung der Beschwerdeführerin am 22. Juni 2016 wurden Anträge der Antragstellerinnen des Ausgangsverfahrens auf Durchführung einer Sonderprüfung nach § 142 Abs. 1 [X.] jeweils durch die Mehrheit der Aktionäre abgelehnt. Die anschließend von diesen gestellten Anträge auf Anordnung einer Sonderprüfung gemäß § 142 Abs. 2 [X.] wies das [X.] mit Beschluss vom 23. Juni 2017 zurück. Auf ihre hiergegen eingelegte Beschwerde hob das [X.] die Entscheidung des [X.] mit Beschluss vom 8. November 2017 teilweise auf und ordnete die Durchführung einer Sonderprüfung unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen an. Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge und Gegenvorstellung der Beschwerdeführerin wies das [X.] mit Beschluss vom 23. November 2017 zurück.

7

2. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die Anordnung der Sonderprüfung sowie die Zurückweisung ihrer Anhörungsrüge. Durch die Anordnung der Sonderprüfung sieht sie sich in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt. Im Wesentlichen beruft sich die Beschwerdeführerin darauf, das [X.] habe bei der Auslegung von § 142 Abs. 2 [X.], namentlich bei der vorzunehmenden Verhältnismäßigkeitsprüfung, die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf Berufsfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt. Darüber hinaus rügt sie die Verletzung ihrer Rechte aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 103 Abs. 1 GG.

8

Die Beschwerdeführerin beantragt, im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 32 [X.] die Wirksamkeit des Beschlusses des [X.]s Celle vom 8. November 2017 - 9 W 86/17 - einstweilen bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde auszusetzen und die Durchführung der Sonderprüfung bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde zu untersagen.

9

Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 [X.]) sind nicht gegeben. Zwar ist die erhobene Verfassungsbeschwerde weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat aber keinen Erfolg, weil er unzulässig ist. Denn die Beschwerdeführerin hat einen Nachteil im Sinne des § 32 [X.] und im Übrigen teilweise die Dringlichkeit einer sofortigen Entscheidung nicht hinreichend dargelegt.

1. Zu den Zulässigkeitsanforderungen an einen Antrag nach § 32 Abs. 1 [X.] gehört die substantiierte Darlegung der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 25. Oktober 2006 - 1 BvQ 30/06 -, juris; Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. November 2006 - 1 BvQ 33/06 -, juris; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 27. November 2015 - 2 BvQ 43/15 -, juris). Nach § 32 Abs. 1 [X.] kann das [X.] im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei gelten, selbst wenn eine Verfassungsbeschwerde in der Sache Aussicht auf Erfolg hat, für den Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das [X.] im Rahmen der insoweit grundsätzlich maßgeblichen Folgenabwägung strenge Maßstäbe (vgl. [X.]E 71, 158 <161>; 88, 185 <186>; 91, 252 <257 f.>; 111, 147 <152 f.>; stRspr; [X.], Beschluss der [X.] des Erstens Senats vom 23. August 2017 - 1 BvR 1783/17 -, juris, Rn. 9).

2. Ausgehend hiervon hat die Beschwerdeführerin nicht substantiiert dargelegt, dass ihr für den Fall, dass eine einstweilige Anordnung nicht erlassen wird, ein schwerer Nachteil droht (a). Teilweise fehlt es außerdem an der Darlegung eines dringenden Regelungsbedarfs (b).

a) Zwar sind mit dem Beginn der Prüfung bereits Beeinträchtigungen verbunden, die nicht reversibel sind. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Vollzug einer hoheitlichen Maßnahme in der Regel mit Nachteilen für den Grundrechtsträger verbunden ist. Auch irreversible Nachteile führen nicht stets zu der Annahme, es liege ein schwerer Nachteil im Sinne von § 32 [X.] vor. Zu berücksichtigen ist vielmehr auch, wie schwer die tatsächlichen Beeinträchtigungen wiegen, die die Grundrechtsverletzung mit sich bringt ([X.]E 77, 130 <136>).

aa) Die Beschwerdeführerin trägt vor, im Zusammenhang mit der Dieselthematik würden weltweit tausende Prozesse geführt, wobei allein Anleger derzeit Ansprüche in Höhe von rund 9 Milliarden € geltend machten. Die Aufnahme der Sonderprüfung löse [X.] in außerordentlicher Höhe aus, weil die Kläger auf Informationen aus einem möglichen späteren Sonderprüfungsbericht spekulierten und deshalb während der Dauer der Prüfung nur zu deutlich schlechteren Bedingungen für die Beschwerdeführerin zum Abschluss von Prozessvergleichen bereit seien. Damit ist ein schwerwiegender Nachteil nicht ausreichend substantiiert dargetan. Die Beschwerdeführerin legt bereits nicht dar, was Gegenstand dieser Klagen ist und ob und inwiefern die im Rahmen der Sonderprüfung relevanten Umstände in den bereits anhängigen Verfahren von einer solchen Bedeutung sind, dass allein das Verfahren der Sonderprüfung geeignet ist, die Kläger zu einer günstigeren Einschätzung ihrer [X.] zu veranlassen. Die Behauptung, es ergäben sich [X.] in "außerordentlicher" Höhe, bleibt insgesamt vage. Im Hinblick darauf, dass durch die Staatsanwaltschaften B. und M. bereits Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit der Dieselthematik eingeleitet wurden, hätte außerdem näher dargelegt werden müssen, weshalb allein die Bestellung eines [X.]s die Möglichkeit zum Abschluss von Prozessvergleichen wesentlich erschweren soll.

Die Beschwerdeführerin behauptet ferner, jedes nach dem angelsächsischen Rechtskreis dem Schutz des [X.] ("legal privilege") unterfallende Dokument, das dem [X.] zur Verfügung gestellt werden müsse, verliere "potenziell" diesen Schutz und müsse somit im Rahmen des [X.] Beweisverfahrens offengelegt werden. Dadurch drohten ihr Risiken und Verschlechterungen in laufenden, nicht nur auf die Dieselthematik bezogenen Klageverfahren in [X.]. Damit ist die Gefahr schwerer Nachteile infolge der Durchführung der Sonderprüfung nicht genügend bezeichnet. Die Beschwerdeführerin legt schon nicht nachvollziehbar dar, dass nach den ausländischen Rechtsordnungen gerade die Einsichtnahme von Dokumenten durch den [X.] im Rahmen eines gerichtlich angeordneten Verfahrens den Verlust des [X.] auslöst. Auch werden die hierdurch drohenden finanziellen Risiken nur pauschal mit "Klagerisiken oder Verschlechterungen in laufenden Klageverfahren in [X.]" angegeben. Soweit Risiken im Zusammenhang mit Zivilklagen in [X.] behauptet werden, verhält sich die Beschwerdeführerin im Übrigen nicht zu der Frage, ob nicht die bereits abgeschlossenen Vergleiche weitere Klagen ausschließen mit der Folge, dass der Beschwerdeführerin durch den Verlust des [X.] insoweit kein Schaden mehr entstehen könnte. Die Beschwerdeführerin hätte außerdem darlegen müssen, ob und in welchem Umfang die bereits durch die Staatsanwaltschaft beschlagnahmten Unterlagen den behaupteten Schutz durch das [X.] verloren haben. Dasselbe gilt hinsichtlich von Unterlagen, die auf der Grundlage des im Vergleich der Beschwerdeführerin mit dem [X.] vereinbarten Verfahren zur Überwachung der Regeltreue (Compliance) eingesehen werden. Schließlich finden sich keine konkreten Ausführungen zu der Behauptung, der Verlust des [X.] beschränke sich nicht auf die Dieselthematik, sondern betreffe möglicherweise das "gesamte Geschäft" der Beschwerdeführerin. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Prüfungsrecht des [X.]s Unterlagen ausschließt, die bei objektiver Betrachtung keinen auch nur mittelbaren Bezug zu dem Prüfungsgegenstand aufweisen (Rieckers/[X.], in: [X.] Komm [X.], 3. Aufl. 2015, § 145 Rn. 50; [X.], in: MüKo [X.], 4. Aufl. 2018, § 145 Rn. 17).

Soweit die Beschwerdeführerin schließlich meint, durch die Bestellung eines [X.]s könnten sich weitere Kläger zur verjährungshemmenden Klageerhebung veranlasst sehen, handelt es sich bei dieser Annahme bereits nach der Formulierung der Beschwerdeschrift ("könnten sich veranlasst sehen") um eine reine Vermutung. Darüber hinaus werden die finanziellen und sonstigen Auswirkungen entsprechender Klageerhebungen nicht konkret dargelegt. Abgesehen davon handelt es sich bei dem Risiko, mit unberechtigten Klagen konfrontiert zu werden, um ein hinzunehmendes allgemeines Lebensrisiko. Allein durch die Erhebung von Klagen entstehen der Beschwerdeführerin auch keine irreversiblen Nachteile, da im Falle der Unbegründetheit der Klageforderung ein Kostenerstattungsanspruch besteht.

Im Übrigen fehlt es hinsichtlich der behaupteten Nachteile bei Zivil- und Anlegerprozessen insgesamt an Ausführungen dazu, ob und in welchem Umfang diese Nachteile durch etwaige Vorteile der Beschwerdeführerin aus der Sonderprüfung insbesondere in Gestalt von Schadenersatzansprüchen gegenüber ihren Organen oder gegenüber Versicherungen für den Fall des Nachweises von Pflichtverletzungen kompensiert werden könnten.

bb) Soweit die Beschwerdeführerin der Auffassung ist, ein schwerer Nachteil bestehe in der Belastung ihrer materiellen und personellen Ressourcen durch die Prüfungsmaßnahmen des [X.]s, genügt dies ebenfalls nicht den Anforderungen an die Darlegung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 [X.].

Die mit einer Sonderprüfung typischerweise verbundenen Kosten und Belastungen begründen keine eine einstweilige Anordnung rechtfertigenden schweren Nachteile. Die Ursache für solche typischen Nebeneffekte liegen letztlich nicht in der Sonderprüfung selbst, sondern in dem Verdacht des Vorliegens von Unredlichkeiten oder groben Verletzungen des Gesetzes oder der Satzung der Aktiengesellschaft, der gemäß § 142 Abs. 2 [X.] Voraussetzung für die gerichtliche Bestellung eines [X.]s auf Antrag einer Aktionärsminderheit ist (Mock, in: [X.]/Stilz, [X.], 3. Aufl. 2015, § 142 Rn. 134). Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt sich nicht entnehmen, dass die von ihr geltend gemachten Kosten und Belastungen der Sonderprüfung gemessen an der Größe der Gesellschaft über den insoweit üblichen Rahmen hinausgehen.

Im Übrigen hat die Beschwerdeführerin unabhängig von diesem Aspekt nicht hinreichend dargelegt, dass die aus der gerichtlichen Bestellung eines [X.]s resultierenden Belastungen tatsächlich besonders schwerwiegend sind. Sie verweist insoweit lediglich auf die bereits durch die internen Ermittlungsmaßnahmen entstandenen Kosten im "Umfang eines mittleren dreistelligen Millionenbetrages". Zwar handelt es sich hierbei in absoluten Zahlen betrachtet um einen erheblichen Betrag. Für die Frage, ob ein schwerer Nachteil im Sinne von § 32 Abs. 1 [X.] vorliegt, kommt es hierauf jedoch nicht an. Vielmehr hätte die Beschwerdeführerin darlegen müssen, warum die befürchteten Kosten auch unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Verhältnisse und der Größe des Unternehmens eine "erhebliche Beeinträchtigung" darstellen. Außerdem fehlt es an Ausführungen zu der naheliegenden Frage, ob der befürchtete Nachteil nicht dadurch gemindert werden kann, dass dem [X.] die bisherigen internen Prüfergebnisse zur Verfügung gestellt werden.

Hinsichtlich des geltend gemachten irreversiblen prüfungsbedingten Nachteils durch Einsichtnahme in potenziell sensible Unterlagen ist zu berücksichtigen, dass der [X.] und seine Hilfspersonen nach § 144 [X.] in Verbindung mit § 323 Abs. 1 Satz 1 HGB zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Annahme eines - nie gänzlich auszuschließenden - Verstoßes gegen diese Pflicht ist rein spekulativer Natur.

Die Bindung personeller Ressourcen etwa wegen der Durchführung von Interviews ist typische Folge des [X.]. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin lässt nicht erkennen, dass ihr insoweit ungewöhnlich große Belastungen drohen, zumal sie vergleichbare Belastungen im Rahmen der von ihr veranlassten internen Prüfung offenbar für zumutbar gehalten hatte.

cc) Soweit die Beschwerdeführerin meint, ein schwerer Nachteil liege in dem Umstand begründet, dass bei der Auswertung interner Daten von Mitarbeitern wie etwa E-Mails private und intime Inhalte durch den Sonderermittler und dessen Hilfspersonen eingesehen werden könnten, kann dies nicht überzeugen. Ziel ist allein die Sichtung geschäftlicher Unterlagen, mit deren Einsichtnahme durch Dritte aus geschäftlichen Gründen die Mitarbeiter der Beschwerdeführerin grundsätzlich rechnen müssen.

b) Darüber hinaus hat die Beschwerdeführerin entgegen ihrer aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] folgenden Obliegenheit auch die Dringlichkeit einer einstweiligen Regelung nicht substantiiert dargelegt (vgl. [X.]E 20, 363 <365>; 29, 179 <183>; 34, 211 <216>; 132, 287 <293 Rn. 13>), soweit es um Nachteile aus einer [X.] des [X.] geht.

Steht ein Nachteil nicht unmittelbar bevor, ist der sofortige Erlass einer einstweiligen Anordnung nur dann "dringlich" im Sinne des § 32 [X.], wenn dessen späterer Eintritt ansonsten nicht zuverlässig abgewehrt werden könnte ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], Neuausgabe 2015, § 32 Rn. 241 m.w.N.). Eine solche Dringlichkeit ist bezogen auf etwaige Nachteile einer [X.] des Prüfberichts des [X.]s mit bestimmten Inhalten weder dargetan noch ersichtlich.

Die Beschwerdeführerin geht selbst von einer monatelangen oder sogar jahrelangen Prüftätigkeit des [X.]s aus. Der Prüfungsbericht und dessen [X.] stehen erst am Ende dieses langwierigen Verfahrens. Erst zu diesem Zeitpunkt besteht auch Klarheit über den Inhalt des Berichts und sich daraus möglicherweise ergebende Nachteile für die Beschwerdeführerin. Zwar ist der Beschwerdeführerin zuzugeben, dass schwere Nachteile möglicherweise nicht durch einen Schutzantrag nach § 145 Abs. 4 [X.] abgewehrt werden können, da in den im Handelsregister zu veröffentlichenden Prüfungsbericht zwingend die Tatsachen aufzunehmen sind, die zur Darlegung von Unredlichkeiten oder groben Verletzungen gemäß § 142 Abs. 2 [X.] unerlässlich sind. Die Aufnahme solcher Tatsachen kann selbst dann nicht verhindert werden, wenn überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten würden (vgl. § 145 Abs. 4 [X.]). Allerdings sind keine Gründe ersichtlich, warum es der Beschwerdeführerin nicht möglich sein sollte, die [X.] des [X.] zu einem Zeitpunkt, zu dem dessen Inhalt und die sich daraus ergebenden Folgen für die Beschwerdeführerin erkennbar sind, durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu verhindern. Nach § 145 Abs. 4 [X.] kann ein Gericht auf Antrag des Vorstands gestatten, dass bestimmte Tatsachen nicht in den Bericht aufgenommen werden, wenn überwiegende Belange der Gesellschaft dies gebieten und sie zur Darlegung der Unredlichkeiten oder groben Verletzungen gemäß § 142 Abs. 2 [X.] nicht unerlässlich sind. Damit der Schutz des § 145 Abs. 4 [X.] nicht ins Leere läuft, muss dem Vorstand die Antragstellung vor der [X.] des [X.] möglich sein, was zwingend die vorherige Kenntnisnahme des [X.] und der bevorstehenden [X.] voraussetzt. Damit fehlt es derzeit an einem dringenden Regelungsbedürfnis.

Somit kommt es nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin aus der [X.] des [X.] folgende schwere Nachteile hinreichend dargetan hat. Solche Nachteile sind auf Grundlage ihres Vortrags im Übrigen auch nicht ersichtlich.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2754/17

20.12.2017

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 4. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Celle, 23. November 2017, Az: 9 W 86/17, Beschluss

§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 32 Abs 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 142 Abs 2 AktG, § 145 Abs 4 AktG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 20.12.2017, Az. 1 BvR 2754/17 (REWIS RS 2017, 270)

Papier­fundstellen: WM2018,132 REWIS RS 2017, 270

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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