Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 07.07.2010, Az. 1 BvR 2556/09

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2010, 5064

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) SOZIALRECHT HARTZ IV

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Leistungen nach SGB 2 und Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG) - kein erhöhter Bedarf für Besuch einer Privatschule - anteilige Berücksichtigung von "Schüler-BAföG" als Einkommen iSd § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 verfassungsgemäß


Gründe

1

Die [X.]beschwerde betrifft die Anrechnung von Leistungen nach dem [X.] ([X.]) auf die Leistungen nach dem [X.] ([X.]).

I.

2

Die im Februar 1988 geborene Beschwerdeführerin lebte im streitgegenständlichen Zeitraum gemeinsam mit ihrer Mutter und ihren beiden Geschwistern in einem im Eigentum der Mutter stehenden Einfamilienhaus. Von August 2004 bis Juli 2007 befand sie sich in einer Ausbildung in einer staatlich anerkannten Berufsfachschule in privater Trägerschaft. Ausweislich des [X.]war sie verpflichtet, Schulgebühren in monatlichen Raten in Höhe von 55 Euro beziehungsweise (im zweiten Ausbildungsjahr) 65 Euro zu zahlen. Zusätzlich entrichtete sie eine monatliche Aufwandspauschale in Höhe von 70 Euro für Zusatzleistungen des Schulträgers.

3

Die Beschwerdeführerin bezog im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem [X.] in [X.]von 192 Euro monatlich. Außerdem bezog sie Leistungen nach dem [X.]. Der Leistungsträger berücksichtigte dabei die Leistungen nach dem [X.] sowie das Kindergeld in Höhe von 154 Euro monatlich als [X.] Einkommen.

4

Auf die Klagen der Beschwerdeführerin sprachen ihr das Sozialgericht und das [X.] teilweise höhere Leistungen nach dem [X.] zu. Die Leistungen nach dem [X.] seien nur teilweise als Einkommen anzurechnen.

5

Die Revisionen des Leistungsträgers hatten teilweise Erfolg. Das [X.] entschied, dass die Leistungen nach dem [X.] in Höhe von 109,60 Euro monatlich als [X.] Einkommen zu berücksichtigen seien und lediglich ein Betrag in Höhe von 82,40 Euro als zweckbestimmte Einnahme privilegiert sei. Der zweckbestimmte Anteil sei nicht konkret entsprechend der zweckgebundenen Verwendung durch die Beschwerdeführerin, sondern pauschal zu bestimmen. Mit der Regelung des § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a [X.] solle einerseits vermieden werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des [X.] verfehlt werde. Andererseits solle die Vorschrift aber auch verhindern, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht würden. Die Leistungen nach dem [X.] dienten sowohl der Deckung des Lebensunterhalts während der Ausbildung als auch der Deckung der Kosten der Ausbildung selbst. Unter Beachtung von Sinn und Zweck von § 11 [X.] sowie des in [ref=9bf165f6-9cdd-443a-8eb4-0a366f33c642]§ 3 Abs. 3 Satz 1 [X.][/ref] normierten Nachranggrundsatzes sei erforderlich, den Anteil der Ausbildungsförderung, der eine Privilegierung nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a [X.] erfahre, betragsmäßig einzugrenzen. Dabei könne es nicht auf die subjektive Zweckbestimmung durch den Empfänger der Leistung ankommen. Für eine Privilegierung sei vielmehr erforderlich, dass sich der Verwendungszweck im Vorhinein nach objektiver Betrachtung erkennen lasse. Ansonsten würde je nach Ausgabeverhalten des Hilfeempfängers Einkommen unter Schutz gestellt, das von der objektiven Zweckrichtung her durchaus (auch) der Sicherung des Lebensunterhalts dienen solle. Im Übrigen werde nur eine pauschale Bestimmung des Ausbildungsanteils den Anforderungen einer Massenverwaltung gerecht. In der Praxis der Sozialhilfeträger, der sich die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende überwiegend angeschlossen hätten, sei ausgehend von einer entsprechenden Regelung in den Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum [X.] in der Fassung vom 21. Dezember 1990 davon ausgegangen worden, dass eine Pauschale von 20 vom Hundert von den Leistungen nach dem [X.] für ausbildungsbedingte Kosten gewährt werde. Die Pauschalierung in einer solchen Größenordnung sei durchaus nachvollziehbar, da der überwiegende Teil der Leistungen nach dem [X.] zur Sicherung des Lebensunterhalts bestimmt sei. Die Pauschalierung müsse sich allerdings von dem Betrag ableiten, der nach dem [X.] insgesamt als bedarfsdeckend angesehen werde. Eine nachvollziehbare Pauschalierung könne sich daher nur von dem durch den Gesetzgeber des [X.]es festgesetzten Gesamtbedarf eines Auszubildenden in entsprechender Ausbildungsform ableiten. Die Pauschale sei vorliegend also ausgehend von dem Betrag zu bestimmen, mit dem ein Berufsfachschüler, der wegen der Förderfähigkeit der Ausbildung nach dem [X.] nach § 7 Abs. 5 [X.] von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem [X.] ausgeschlossen sei, seine gesamten Ausbildungskosten decken müsse. Dies seien nach § 12 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 [X.] in der bis zum 31. Juli 2008 geltenden Fassung 412 Euro. Für die Beschwerdeführerin errechne sich daraus eine Pauschale für zweckbestimmte Ausbildungskosten in Höhe von 82,40 Euro (20 vom Hundert von 412 Euro). Die Ausbildungskosten, die über den zweckbestimmten Anteil der Ausbildungsförderung hinaus wegen der Besonderheiten der vorliegenden Ausbildung angefallen seien, könne die Beschwerdeführerin nicht als mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendige Ausgaben im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 [X.] vom Einkommen absetzen. Es könnten solche Ausgaben nicht als mit der Erzielung des Einkommens notwendige Ausgaben abgesetzt werden, die der Art nach bereits bei der Ermittlung des Einkommens wegen einer besonderen Zweckbestimmung berücksichtigt worden seien. Wenn diese Einnahme nicht erst über den entsprechenden Mitteleinsatz des Leistungsempfängers ihre Zweckbindung erlangen könne, sondern sich die Zweckbindung nach objektiven Kriterien bestimmen lassen müsse, könne deshalb eine weitergehende subjektive Zweckbestimmung bei Anwendung des [ref=ba093abf-8c6a-44fc-85bf-3f4e20878b83]§ 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 [X.][/ref] keine Beachtung finden.

6

Mit der [X.]beschwerde, die sich ausschließlich gegen die drei Entscheidungen des [X.]s - sie betreffen unterschiedliche Zeiträume, sind ansonsten aber im Wesentlichen identisch - richtet, rügt die Beschwerdeführerin insbesondere eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips, von Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 GG sowie Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG, da die angegriffenen Entscheidungen ihrem Bedürfnis, eine Fachschulausbildung in einer Schule in privater Trägerschaft zu absolvieren, nicht hinreichend Rechnung trage. Sie sei im Verhältnis zu vergleichbaren Auszubildenden in schulgeldfreien Ausbildungsstätten benachteiligt. Das Sozialstaatsprinzip gebiete, dass Schüler und Auszubildende auch Ersatzschulen unabhängig von der wirtschaftlichen Lage ihrer Eltern besuchen könnten. In diesem Zusammenhang sieht die Beschwerdeführerin auch eine Verletzung von [X.]-006c02214559]Art. 7 Abs. 4 Satz 3 [X.]]. Sie werde gegenüber Auszubildenden in bemittelten Elternhäusern oder von Auszubildenden an schulgeldfreien Schulen benachteiligt. Der existenzielle Grundsicherungsbedarf schließe zudem auch das Erfordernis einer Rücklagenbildung ein.

II.

7

Die [X.]beschwerde ist - unbeschadet des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen. Sie hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil sie jedenfalls unbegründet ist. Daher ist der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten abzulehnen.

8

1. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Aufwendungen der Beschwerdeführerin für den Besuch der privaten Berufsfachschule nicht zu einem höheren, bei der Berechnung der Leistungen nach dem [X.] zu berücksichtigenden gesetzlichen Bedarf führen.

9

a) Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG enthält einen Anspruch auf die Zurverfügungstellung derjenigen Mittel, die zur Aufrechterhaltung eines menschenwürdigen Daseins unbedingt erforderlich sind (vgl. [X.] 82, 60 <80>; [X.], Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 [X.] u. a. -, NJW 2010, S. 505 <508, Rn. 135>). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin enthält das Grundrecht keinen Anspruch auf Leistungen zur Rücklagenbildung oder zur Finanzierung der Aufwendungen für den Besuch einer Privatschule. Wenn die Mindestvoraussetzungen für ein menschenwürdiges Dasein der Bürger sichergestellt sind, liegt es allein in der Entscheidung des Gesetzgebers, in welchem Umfang darüber hinaus [X.] Hilfe gewährt wird (vgl. [X.] 17, 210 <216>; 40, 121 <133>; 82, 60 <80>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91 -, juris, Rn. 8). Dabei steht ihm ein weiter Gestaltungsspielraum zu (vgl. [X.] 17, 210 <216>; 82, 60 <80>).

b) Die Bemessung des Existenzminimums, dessen Sicherung Ziel des hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommenden [X.] ist (vgl. § 1 Abs. 2 Nr. 2 [X.]), richtet sich ausschließlich nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG, so dass für den Rückgriff auf andere Grundrechte kein Raum ist (vgl. [X.], Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u. a. -, NJW 2010, S. 505 <509, Rn. 145>). Deswegen sind die von der Beschwerdeführerin vorgetragenen [X.], sie sei durch die Nichtberücksichtigung ihrer durch den Besuch der Berufsfachschule entstandenen Kosten in ihren Grundrechten aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG verletzt, unbegründet.

c) Auch die Regelungen des Art. 7 Abs. 4 und 5 GG berühren die hier streitigen Fragen nicht. Dort sind lediglich die Voraussetzungen für die Zulassung privater Schulen niedergelegt und der Schutz solcher Institutionen geregelt. Zwar lassen sich hieraus auch staatliche Förderpflichten gegenüber den Trägern dieser Schulen ableiten (vgl. [X.] 75, 40 <61 ff.>; 90, 107 <114 ff.>). Zur Frage der finanziellen Unterstützung von Schülern solcher Schulen verhält sich diese Vorschrift aber nicht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Februar 1982 - 7 [X.]/81 -, NVwZ 1982, [X.] f.; BVerwG, Urteil vom 13. August 1992 - 5 C 70/88 -, NVwZ 1993, S. 691 <692>).

2. Die Berücksichtigung von Einkommen bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit und bei der Berechnung der zustehenden Leistungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1, § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl. zur Anrechnung des Kindergelds als Einkommen [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 11. März 2010 - 1 BvR 3163/09 -, juris, Rn. 6 ff.).

a) Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) wird durch die Anrechnung von Einkommen nicht verletzt. Dieses Grundrecht greift dann ein, wenn und soweit andere Mittel zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums nicht zur Verfügung stehen (vgl. [X.], Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u. a. -, NJW 2010, S. 505 <507, Rn. 134>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 7. April 2010 -1 [X.] -, n.v.). Die Verfassung gebietet nicht die Gewährung von be-darfsunabhängigen, voraussetzungslosen Sozialleistungen. Der Gesetzgeber hat vielmehr einen weiten Spielraum, wenn er Regelungen darüber trifft, ob und in welchem Umfang bei der Gewährung von Sozialleistungen, die an die Bedürftigkeit des Empfängers anknüpfen, sonstiges Einkommen des Empfängers auf den individuellen Bedarf angerechnet wird (vgl. [X.] 100, 195 <205>).

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, ob und in welchem Umfang die Privilegierung von bestimmten Einnahmen, wie sie § 11 Abs. 3 [X.] vorsieht, verfassungsrechtlich geboten ist. Jedenfalls ist es nicht wegen Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG erforderlich, dass solche Einnahmen von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen sind, auf die der Hilfebedürftige zur Deckung seines Existenzminimums tatsächlich zurückgreifen kann. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es notwendig, aber auch ausreichend, dass das Existenzminimum gedeckt werden kann, ohne dass es auf den Rechtsgrund der Einnahme oder die subjektive Verwendungsabsicht des Hilfebedürftigen ankäme.

Es kann dahinstehen, ob es andere freiheitsrechtliche Vorgaben in bestimmten Konstellationen gebieten, bestimmte Sozialleistungen von der Einkommensanrechnung auszunehmen. Dies könnte dann notwendig sein, soweit anderenfalls etwaige verfassungsrechtliche Leistungsansprüche aufgrund der Einkommensanrechnung im Rahmen des [X.] de facto nicht erfüllt würden. Dies ist hier jedoch nicht das Fall, weil jedenfalls der Besuch einer privaten Ausbildungseinrichtung nicht von [X.] wegen durch die Gewährung staatlicher Mittel ermöglicht oder erleichtert werden muss.

b) [X.] ist ansonsten nur Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 17, 210 <216>; 100, 195 <205>).

aa) Wird durch eine Norm eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten, verletzt sie den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 100, 195 <205>; 107, 205 <214>; 109, 96 <123>; stRspr). Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, dass hinsichtlich der Ungleichbehandlung an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal angeknüpft wird. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmal ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitsgrundsätze reichen (vgl. [X.] 97, 271 <290>; 99, 367 <388>; 107, 27 <45> m.w.N.). Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. [X.] 17, 210 <216>; 77, 84 <106>; 81, 156 <205>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91 -, juris, Rn. 8). [X.] Grund für eine Ungleichbehandlung kann dabei insbesondere der Nachrang von Sozialleistungen, zu dem auch der Einsatz anderweitigen Einkommens gehört, sein ([X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 24. Oktober 1991 - 1 BvR 1159/91 -, juris, Rn. 9).

Daraus folgt, dass der Gesetzgeber gleichartige Einnahmen bei verschiedenen Personengruppen nicht unterschiedlich der Einkommensanrechnung unterwerfen darf, ohne dass hierfür ein nach Art und Gewicht bestehender Unterschied besteht, der die ungleiche Behandlung rechtfertigt. Dabei kann auch dem Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität bei der Regelung von [X.] eine besondere Bedeutung für die Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen zukommen (vgl. [X.] 100, 195 <205>). [[X.]-4d73-9c44-157928f79590]Art. 3 Abs. 1 [X.]] ist hingegen bereits nicht einschlägig, wenn verschiedenartige Einnahmen bei der Einkommensanrechnung unterschiedlich berücksichtigt werden.

bb) § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] verletzt bei der hier in Rede stehenden Anrechnung des sogenannten Schüler-[X.] [ref=[X.]-[X.]-5f981c778654]Art. 3 Abs. 1 [X.]] nicht. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Ungleichbehandlung liegt nicht vor.

Die Beschwerdeführerin wird durch die Anrechnung von Einkommen nicht anders behandelt als Auszubildende, die Leistungen nach dem [X.] beziehen und eine schulgeldfreie Schule besuchen. Die Einkommensanrechnung erfolgt in beiden Fällen in gleicher Weise. Die gesetzliche Regelung differenziert hier nicht. Unterschiedlich ist lediglich das diesbezügliche Ausgabeverhalten, das aber nicht von staatlicher Seite kompensiert werden muss.

Die Beschwerdeführerin wird auch gegenüber bemittelten Auszubildenden nicht schlechter behandelt. Personen, die über hinreichendes Einkommen beziehungsweise Vermögen verfügen, erhalten weder Leistungen nach dem [X.] noch Leistungen nach dem [X.]. Die Beschwerdeführerin wird gegenüber diesen Personengruppen durch die Gewährung staatlicher Leistungen vielmehr privilegiert. Dies gilt auch mit Blick auf diejenigen Personen, die nur Leistungen nach dem [X.] erhalten. Diese müssen - anders als die Beschwerdeführerin - ihren Lebensunterhalt, soweit er nicht durch die Leistungen nach dem [X.] gedeckt werden kann, aus eigenen Mitteln finanzieren.

3. Das [X.] hat die maßgeblichen Vorschriften auch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angewendet.

a) Das [X.] prüft - abgesehen vom Willkürverbot - insofern nur, ob eine angegriffene Entscheidung [X.]erkennen lässt, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Auffassung von der Bedeutung eines Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereiches beruhen und auch in ihrer materiellen Bedeutung für den Rechtsfall von einigem Gewicht sind (vgl. [X.] 97, 12 <27>; [X.]K 6, 46 <50>; 10, 13 <15>; 10, 159 <163>; stRspr).

b) Solche Fehler sind hier nicht ersichtlich. Das [X.] hat die mit [X.]recht in Einklang stehenden Vorschriften des einfachen Rechts angewendet, ohne dass dies verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen würde.

Dies gilt insbesondere mit Blick auf Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG. Das [X.] durfte nach dem oben Ausgeführten davon ausgehen, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums nur besteht, soweit andere Mittel nicht zur Verfügung stehen. Solche Mittel waren hier jedoch in Gestalt der Leistungen nach dem [X.] verfügbar. Durch diese Leistungen einerseits und die gekürzte Regelleistung andererseits hat die Beschwerdeführerin im Ergebnis sogar mehr staatliche Leistungen erhalten, als aufgrund § 20 Abs. 2 Satz 2, § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] im streitgegenständlichen Zeitraum gesetzlich vorgesehen waren, weil die Anrechnung der Leistungen nach dem [X.] in den angegriffenen Entscheidungen nur teilweise erfolgte.

Die Auffassung des [X.]s, dass die mit dem Besuch der Privatschule verbundenen Aufwendungen nicht gemäß [ref=[X.]-3e8902ddf742]§ 11 Abs. 2 Nr. 5 [X.][/ref] das zu berücksichtigende Einkommen mindern, weil nicht auf diesem Weg das Gebot, den Anteil der zweckbestimmten Einnahmen nach objektiven Maßstäben festzulegen, umgangen werden darf, ist vertretbar und damit nicht willkürlich, so dass auch dies keinen verfassungsrechtlichen Bedenken unterliegt.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2556/09

07.07.2010

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BSG, 17. März 2009, Az: B 14 AS 61/07 R, Urteil

Art 1 Abs 1 GG, Art 20 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 1 BAföG, § 11 BAföG, § 12 BAföG, BAföGVwV, § 11 Abs 1 S 1 SGB 2, § 11 Abs 2 Nr 5 SGB 2, § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 07.07.2010, Az. 1 BvR 2556/09 (REWIS RS 2010, 5064)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5064

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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