Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2012, Az. VI ZR 217/08

6. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6685

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Gegenstand

Persönlichkeitsrechtsverletzung im Internet: Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte; anwendbares Recht; Bereithalten einer Altmeldung in einem Online-Archiv unter namentlicher Nennung eines verurteilten Straftäters


Leitsatz

1. Die deutschen Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persönlichkeitsbeeinträchtigungen durch im Internet abrufbare Veröffentlichungen eines in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union niedergelassenen Anbieters jedenfalls dann international zuständig, wenn die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, den Mittelpunkt ihrer Interessen in Deutschland hat.

2. § 3 TMG enthält keine Kollisionsnorm, sondern ein sachrechtliches Beschränkungsverbot.

3. Zur Zulässigkeit des Bereithaltens nicht mehr aktueller Beiträge in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines Internetportals (Online-Archiv), in denen ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird.

Tenor

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 29. Juli 2008 aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 18. Januar 2008 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der [X.] Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.

2

Der in [X.] wohnhafte Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem bekannten Schauspieler [X.] zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. Der Kläger stellte mehrfach, zuletzt im Jahr 2004, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor deren Bescheidung er sich an die Presse wandte. Sein letzter Wiederaufnahmeantrag wurde im Jahr 2005 verworfen. Im Januar 2008 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Die in der [X.] niedergelassene Beklagte betreibt das [X.]. Dort hielt sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten bis zum 18. Juni 2007 eine auf den 23. August 1999 datierte Meldung mit dem Titel "Wird der [X.] neu verhandelt?" zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin heißt es unter voller Namensnennung der Betroffenen u.a.:

3

"[X.] wollen beide ihre Unschuld nachweisen …

4

…[X.] Volksschauspieler [X.] wollen die beiden Verurteilten eine Neuauflage des Prozesses erzwingen. Der zu lebenslanger Haft verurteilte [X.] (44) reichte vor dem [X.] in [X.] Beschwerde gegen das Urteil ein. Sein Halbbruder [X.] (46) ... will im September ebenfalls vor das [X.] gehen. ... [X.] war am 15. Juli 1990 tot im Schlafzimmer seiner Wohnung gefunden worden. Er hatte schwere Schädelverletzungen durch Hammerschläge und Stichwunden. [X.] wurden 1993 in einem aufwendigen Indizienprozess nach 53 Verhandlungstagen verurteilt. Die beiden Brüder beauftragten mit der Verfassungsbeschwerde den [X.] Rechtsanwalt [X.] "Wir wollen beweisen, dass mehrere Hauptbelastungszeugen beim Prozess nicht die Wahrheit gesagt haben. Damit wären die Grundlagen für das Urteil erschüttert. Meine Mandanten sind unschuldig." …"

5

Der Kläger sieht in dem Bereithalten der seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im [X.] eine Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der [X.], es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

6

Der erkennende Senat hat das Verfahren mit Beschluss vom 10. November 2009 ([X.], 226) ausgesetzt und den [X.] (nachfolgend: Gerichtshof) gemäß Art. 234 [X.] um eine Vorabentscheidung zur Auslegung von Art. 5 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ([X.] 2001, [X.], [X.] ff., nachfolgend: [X.]) und von Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ([X.] [X.], [X.], nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) ersucht. Der Gerichtshof hat hierüber durch Urteil vom 25. Oktober 2011 ([X.]. [X.]/09, [X.], 565 - [X.]) entschieden.

Entscheidungsgründe

I.

7

Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nach Art. 5 Nr. 3 [X.] bejaht. Das schädigende Ereignis drohe in [X.] einzutreten, da der [X.]auftritt der [X.] bestimmungsgemäß hier abgerufen werden könne. Dementsprechend sei der vom Kläger geltend gemachte Anspruch gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.] nach [X.] Recht zu beurteilen. Aus § 3 Abs. 2 TMG folge nichts anderes, da diese Norm keinen kollisionsrechtlicher Charakter habe. In dem Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im [X.] liege eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des [X.], die einen Unterlassungsanspruch aus den § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 [X.] analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG begründe. Der Kläger habe sich Mitte des Jahres 2006, als die Meldung noch abrufbar gewesen sei, kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des [X.] zur Bewährung befunden, weshalb eine Konstellation gegeben gewesen sei, wie sie der Entscheidung des [X.] vom 5. Juni 1973 ([X.] 35, 202 ff. - [X.]) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf seine bevorstehende Wiedereingliederung in die Gesellschaft beson[X.] schutzwürdige Interesse des [X.], nicht weiterhin öffentlich mit der Tat konfrontiert zu werden, überwiege das Interesse der [X.] an der weiteren Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen, die dem Verbreiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat, sondern nur die Nennung der Namen der Täter untersagt.

8

Der Umstand, dass - wie auch im Streitfall - Meldungen im [X.] häufig dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen erkennbar seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen Unterschied, ob die Identität des Betroffenen in einer neuen oder in einer älteren Meldung preisgegeben werde. Es komme auch nicht darauf an, ob die beanstandete Meldung mittels Suchmaschinen oder Querverweisen über ein auf die Tat bezogenes Schlagwort oder über den Namen des [X.] auffindbar sei. Auch der Umstand, dass über das [X.] verbreiteten Meldungen in der Regel ein geringerer Verbreitungsgrad zukomme als Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet würden, lasse nicht die Anlegung anderer als der vom [X.] für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.

9

Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer. Ihre Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf verneint werden, dass es sich bei dem Teil des [X.]auftritts, in dem die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein privilegiertes [X.]archiv handle. Denn eine über das [X.] allgemein zugängliche, in die Rubrik "Archiv" eingestellte Äußerung werde ebenso verbreitet wie jede andere Äußerung auch. Der Rubrik, in der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten werde, komme auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer Kontrolle über den eigenen [X.]auftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheblich, ob bereits die erstmalige [X.] der beanstandeten Inhalte rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig gewesen sei.

Aus dem Herkunftslandprinzip des § 3 Abs. 2 TMG folge nichts anderes, da das weitere Zugänglichhalten der Meldung unter Namensnennung auch nach [X.] Recht unzulässig gewesen sei. Nach [X.] Recht stehe dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus § 1330 Abs. 1 des [X.] in Verbindung mit § 7a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des [X.] Mediengesetzes zu. Die große Bedeutung, die das [X.] Recht dem Schutz der Resozialisierung eines aus der Strafhaft entlassenen verurteilten Straftäters beimesse, komme in § 113 des [X.] Strafgesetzbuches zum Ausdruck.

II.

Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.

1. Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte bejaht, die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 25. Oktober 2011 - [X.], [X.], 114 Rn. 10 - Blog-Eintrag; vom 31. Mai 2011 - [X.], [X.], 28 Rn. 16, jeweils mwN). Sie ergibt sich, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat, aus Art. 5 Nr. 3 [X.]. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht desjenigen Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die Begriffe "unerlaubte Handlung" und "Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist" in Art. 5 Nr. 3 [X.] autonom und weit auszulegen. In diesem Gerichtsstand sind alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art. 5 Nr. 1 [X.] anknüpft (vgl. [X.], Urteile vom 25. Oktober 2011 - [X.]. [X.]/09, [X.], 565 Rn. 38 - [X.]; zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: [X.], Urteil vom 1. Oktober 2002 - [X.]. C-167/00, NJW 2002, 3617 Rn. 36 - [X.], jeweils mwN). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichgestellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung fallen daher auch Persönlichkeitsrechts- oder Ehrverletzungen (vgl. [X.], Urteile vom 25. Oktober 2011 - [X.]. [X.]/09, aaO Rn. 42 ff. - [X.]; vom 7. März 1995 - [X.]. [X.]/93 - Slg. 1995, [X.] Rn. 17 ff. - [X.]). Erfasst werden neben Ansprüchen auf Gel[X.]atz auch Unterlassungsansprüche. Auf den Eintritt eines Schadens kommt es nicht an. Ausweislich des Wortlauts des Art. 5 Nr. 3 [X.] fallen auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich der Bestimmung (vgl. [X.], Urteile vom 25. Oktober 2011 - [X.]. [X.]/09, aaO Rn. 35 - [X.]; vom 1. Oktober 2002 - [X.]. C-167/00, aaO Rn. 44 ff. - [X.]; [X.], Urteil vom 24. Oktober 2005 - II ZR 329/03, [X.], 566; [X.][X.], 3. Aufl., Art. 5 [X.], Rn. 56, 59).

b) Die Frage, wie das Tatbestandsmerkmal "Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht" in Art. 5 Nr. 3 [X.] bei (drohenden) Persönlichkeitsrechtsverletzungen durch Inhalte auf einer [X.]-Website auszulegen ist, hat der Senat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 10. November 2009 gemäß Art. 234 [X.]V (jetzt: Art. 267 AEUV) zur Vorabentscheidung vorgelegt ([X.], 226). Der Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 25. Oktober 2011 ([X.]. [X.]/09, aaO - [X.]) wie folgt beantwortet:

"Art. 5 Nr. 3 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch Inhalte, die auf einer Website veröffentlicht worden sind, die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, die Möglichkeit hat, entweder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber dieser Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens zu erheben. Anstelle einer Haftungsklage auf Ersatz des gesamten entstandenen Schadens kann diese Person ihre Klage auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im [X.] veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Diese sind nur für die Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts verursacht worden ist."

Zur Begründung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die von ihm für Schadensersatzklagen wegen ehrverletzender Äußerungen in einem Druckerzeugnis entwickelten Kriterien (vgl. Urteil vom 7. März 1995, [X.]/93, aaO, - [X.]) für [X.]sachverhalte fortzuschreiben seien. Die Auswirkungen eines im [X.] veröffentlichten Inhalts auf die Persönlichkeitsrechte einer Person könnten am besten von dem Gericht des Ortes beurteilt werden, an dem das mutmaßliche Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen habe. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen habe, entspreche im Allgemeinen ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Allerdings könne eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen auch in einem anderen Mitgliedstaat haben, in dem sie sich gewöhnlich nicht aufhalte, sofern andere Indizien wie die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit einen beson[X.] engen Bezug zu diesem Staat herstellten (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2011 - [X.]. [X.]/09, aaO Rn. 48 f. - [X.]).

Diese Grundsätze gelten auch für Unterlassungsklagen (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 2011 - [X.]. [X.]/09, aaO Rn. 35 - [X.]; [X.], [X.], 189, 191).

c) Danach ist die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte vorliegend gegeben. Der Mittelpunkt der Interessen des [X.] befand und befindet sich in [X.]. Hier hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt und Lebensmittelpunkt. Hier wohnt er und ist sozial und familiär eingebunden (zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts vgl. [X.], [X.], 189, 191 f.; [X.], EWiR 2011, 743 f.). Hier wirkt sich eine Verletzung seines Achtungsanspruchs aus.

2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Entgegen der Auffassung der Revision ist der Klageantrag hinreichend bestimmt. Er ist dahingehend auszulegen, dass der [X.] untersagt werden soll, auf ihrer [X.]seite nicht mehr aktuelle Meldungen zum Abruf bereit zu halten, in denen im Zusammenhang mit dem Mord an [X.] der Name des [X.] genannt wird. Der Klageantrag ist dagegen nicht auf Unterlassung jedweder künftigen Berichterstattung gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Klagebegründung, die zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen ist (vgl. Senatsurteile vom 26. Mai 2009 - [X.]/08 - [X.], 1269 Rn. 13; vom 22. Februar 2011 - [X.], [X.], 180 Rn. 8 - [X.]portal [X.]; [X.], Urteil vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.]Z 173, 188 Rn. 17 - jugendgefährdende Medien bei [X.], jeweils mwN). Der Kläger hat [X.] deutlich gemacht, dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten ihn identifizierender Altmeldungen wie der konkret angegriffenen zum Abruf im [X.] wendet. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen das Begehren des [X.] verstanden. Dieses Verständnis hat der Kläger auch in der Revisionserwiderung bestätigt.

3. Die Klage ist aber nicht begründet.

a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach [X.] Recht zu beurteilen ist. Dieses Ergebnis folgt aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.].

aa) Die Verordnung ([X.]) Nr. 864/2007 des [X.] und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (nachfolgend: [X.]) ist im Streitfall nicht anwendbar, da gemäß deren Art. 1 Abs. 2 lit. g außervertragliche Schuldverhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind.

bb) Art. 40 [X.][X.] wird auch nicht durch § 3 Abs. 2 TMG in der hier noch maßgeblichen Fassung vom 26. Februar 2007 verdrängt. Denn diese Bestimmung enthält keine Kollisionsnorm.

(1) Der mit dem Begriff "Herkunftslandprinzip" überschriebene § 3 TMG regelt in seinem Absatz 1, dass in der Bundesrepublik [X.] niedergelassene Diensteanbieter und ihre Telemedien den Anforderungen des [X.] Rechts auch dann unterliegen, wenn die Telemedien in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/[X.] des [X.] und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden. Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 TMG wird der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die in der Bundesrepublik [X.] von Diensteanbietern geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden, die in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der e-commerce-Richtlinie niedergelassen sind, nicht eingeschränkt.

(2) Die Rechtsnatur und Reichweite des in § 3 TMG angeordneten Herkunftslandprinzips sind im Einklang mit Art. 3 der e-commerce-Richtlinie zu bestimmen, dessen Umsetzung die genannte nationale Vorschrift dient (vgl. BT-Drucks. 14/7345, [X.]; 16/3078, [X.]; Vorlagebeschluss vom 10. November 2009, [X.], 150; vgl. auch [X.], Der Betrieb 2001, 1919, 1923; [X.]., [X.] 2002, 302, 304).

(a) Der Senat hat deshalb mit Beschluss vom 10. November 2009 dem Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 [X.] (jetzt: Art. 267 AEUV) vorgelegt, ob die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 und 2 der e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter in dem Sinne haben, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen oder ob es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf [X.] handelt, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird.

(b) Der Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 25. Oktober 2011 ([X.]/09, aaO - [X.]) wie folgt beantwortet:

"Art. 3 der Richtlinie 2000/31/[X.] des [X.] und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr") ist dahin auszulegen, dass er keine Umsetzung in Form einer speziellen Kollisionsregel verlangt. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch vorbehaltlich der bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 4 der Richtlinie 2001/31 gestatteten Ausnahmen im koordinierten Bereich sicherstellen, dass der Anbieter eines Dienstes des elektronischen Geschäftsverkehrs keinen strengeren Anforderungen unterliegt, als sie das im [X.] dieses Anbieters geltende Sachrecht vorsieht."

Zur Begründung hat der Gerichtshof (aaO, Rn. 60 ff.) u.a. ausgeführt, dass bei der Auslegung des Art. 3 der Richtlinie deren Art. 1 Abs. 4 zu berücksichtigen sei, wonach die Richtlinie keine zusätzlichen Regeln im Bereich des internationalen Privatrechts hinsichtlich des anwendbaren Rechts schaffe. Eine Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie dahin, dass sie zu einer Anwendung des im [X.] geltenden [X.] führe, ziehe nicht ihre Einordnung als Regel im Bereich des internationalen Privatrechts nach sich. Dieser Absatz verpflichte die Mitgliedstaaten in erster Linie dazu, dafür Sorge zu tragen, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in ihrem Hoheitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht würden, den in diesen Mitgliedstaaten geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprächen, die in den koordinierten Bereich fallen. Die Auferlegung einer solchen Verpflichtung weise nicht die Merkmale einer Kollisionsregel auf, die dazu bestimmt wäre, einen spezifischen Konflikt zwischen mehreren zur Anwendung berufenen Rechtsordnungen zu lösen. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie untersage den Mitgliedstaaten, den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat aus Gründen einzuschränken, die in den koordinierten Bereich fallen. Aus Art. 1 Abs. 4 in Verbindung mit dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie folge dagegen, dass es den Aufnahmemitgliedstaaten grundsätzlich freistehe, das anwendbare Sachrecht anhand ihres internationalen Privatrechts zu bestimmen, soweit sich daraus keine Einschränkung der Freiheit zur Erbringung von Diensten des elektronischen Geschäftsverkehrs ergebe.

(c) Danach enthält auch die Bestimmung des § 3 TMG, die wie Art. 3 der e-commerce-Richtlinie auszulegen ist (BT-Drucks. 14/7345, [X.]; [X.], Der Betrieb 2001, 1919, 1923; [X.]., [X.] 2002, 302, 304), keine Kollisionsnorm, sondern ein sachrechtliches [X.] (vgl. auch Sack, [X.] 2011, 513 ff.; [X.], [X.], 189, 192; [X.], [X.] 2012, 176, 177; Brand, NJW 2012, 127, 130).

cc) Der nach Art. 40 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.] maßgebliche Erfolgsort liegt in [X.]. Hier wird die Achtung, die der in [X.] wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in [X.] genießt, gestört bzw. gefährdet (vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteile vom 3. Mai 1977 - [X.], NJW 1977, 1590 f.; vom 2. März 2010 - [X.], [X.]Z 184, 313 Rn. 23). Hier kollidiert sein Interesse an der Unterlassung der sein Persönlichkeitsrecht berührenden [X.] mit dem Interesse der [X.] an der Gestaltung ihres [X.]auftritts und an einer Berichterstattung.

dd) Sein Bestimmungsrecht zugunsten [X.] Rechts gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.] hat der Kläger in der Klageschrift ausgeübt.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger aber kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 [X.] analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu.

aa) Das Berufungsgericht hat allerdings mit Recht angenommen, dass das Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen Mordes Verurteilten bezeichnenden Meldung zum Abruf im [X.] einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter namentlicher Nennung des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], [X.]Z 183, 353 Rn. 10 - Online-Archiv I mit NA-Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 535/10; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08 - Online-Archiv II mit NA-Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 923/10; vom 20. April 2010 - [X.], [X.], 261 Rn. 11 mit NA-Beschluss des [X.] vom 23. Juni 2010 - 1 BvR 1316/10; vom 22. Februar 2011 - [X.], [X.], 180 Rn. 10 - [X.]portal [X.]; [X.] 35, 202, 226; [X.], NJW 2006, 2835 Rn. 10; [X.], 365 Rn. 15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die Medien, wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn - wie im Streitfall - den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungsplattform im [X.] zum Abruf bereitgehalten werden (vgl. [X.], [X.], 365 Rn. 17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten [X.]nutzer zugänglich (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], aaO - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08, aaO - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - [X.], aaO; [X.]/[X.], [X.], 133, 137).

bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des [X.] auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 [X.] verankerten Recht der [X.] auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entscheiden. Die Beklagte als ausländische juristische Person mit Sitz in der [X.] kann sich in europarechtskonformer Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 19 Abs. 3 GG im vorliegenden Zusammenhang auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen (vgl. [X.], NJW 2011, 3428 Rn. 69 ff.). Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der wi[X.]treitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der [X.] interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], aaO Rn. 11 - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08, aaO Rn. 14 - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - [X.], aaO; vom 22. Februar 2011 - [X.], [X.], 180 Rn. 11 - [X.]portal [X.], jeweils mwN). Insoweit ist die Rechtslage an[X.] als bei der Verletzung absoluter Rechte wie beispielsweise des Urheberrechts, bei der der Eingriff in das Recht die Rechtswidrigkeit regelmäßig indiziert (vgl. [X.], Beschluss vom 4. März 1957 - [X.], [X.]Z 24, 21, 27 f.; Urteile vom 12. Juli 1996 - [X.], [X.], 119; vom 5. Oktober 2010 - [X.], [X.], 335 Rn. 12, 24; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 823 Rn. 7 mwN).

cc) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im [X.] in rechtswidriger Weise verletzt worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des [X.] nicht ausreichend berücksichtigt und das von der [X.] verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäußerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.

(1) In der Rechtsprechung des [X.] sind verschiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwägungsvorgang vorgeben (vgl. [X.], [X.], 365 Rn. 17; [X.], 480 Rn. 61 f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeitsschaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine [X.] Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. [X.] 97, 391, 404 f.; [X.], [X.], 365 Rn. 17).

Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berücksichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, begründen grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des [X.] und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. [X.] 35, 202, 230 f.; [X.], [X.], 365 Rn. 18; vgl. auch Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 - [X.], [X.]Z 143, 199, 204).

Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des [X.] verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. [X.] 35, 202, 231 f.; [X.], [X.], 365 Rn. 19; vgl. auch Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 - [X.], [X.]Z 143, 199, 204; vom 28. Oktober 2008 - [X.], [X.]Z 178, 213 Rn. 22 f.; vom 15. November 2005 - [X.], [X.], 274 Rn. 14).

Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des [X.], von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zunehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und seiner Privatsphäre (vgl. [X.] 35, 202, 233; [X.], [X.], 365 Rn. 21). Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Verfolgung und Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, lassen sich wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des [X.] im Hinblick auf sein Interesse an der Wiedereingliederung in die [X.] nicht ohne weiteres rechtfertigen. Hiermit ist allerdings keine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse gemeint. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Strafhaft führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des [X.] des Straftäters von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], aaO Rn. 16 - Online-Archiv I mit NA-Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 535/10; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08, aaO Rn. 19 - Online-Archiv II mit NA-Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2010 - 1 BvR 923/10; vom 20. April 2010 - [X.], [X.], 261 Rn. 17 mit NA-Beschluss des [X.] vom 23. Juni 2010 - 1 BvR 1316/10; vom 1. Februar 2011 - [X.], [X.], 634 Rn. 17; [X.], [X.], 1859, 1860; [X.], 365 Rn. 21; [X.]MR, Urteil vom 7. Dezember 2006 - Beschwerde Nr. 35841/02, - [X.] gegen [X.], [X.], [X.] 2007, 472, 473, jeweils mwN). Für die Intensität der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung (vgl. [X.], [X.], 1859, 1860 und [X.], 365 Rn. 21, jeweils mwN).

(2) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des [X.] am Schutz seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend hinter dem von der [X.] verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten. Zwar kommt dem Interesse des [X.], von einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, vorliegend erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und die Verurteilung liegen lange zurück; der Kläger ist im Januar 2008 aus der Strafhaft entlassen worden. Andererseits beeinträchtigt die beanstandete Meldung sein Persönlichkeitsrecht einschließlich seines [X.] unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher Weise. Sie ist insbesondere nicht geeignet, den Kläger "[X.]" zu stellen oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.

Die Meldung enthält wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbrechen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. In ihr werden die Umstände der Tat und das Strafverfahren sachbezogen und objektiv dargestellt. Die den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung waren unter Berücksichtigung der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen [X.], das die Tat in der Öffentlichkeit erregt hatte, und des Umstands, dass sich der Kläger noch im [X.] unter Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die Aufhebung seiner Verurteilung bemüht und sich zu diesem Zweck gezielt an die Öffentlichkeit gewandt hatte, zum Zeitpunkt der Einstellung der Meldung in den [X.]auftritt der [X.] zulässig. Der Kläger stand zu diesem Zeitpunkt "im Licht der Öffentlichkeit"; durch die erstmalige [X.] der streitgegenständlichen Meldung wurde er nicht in unzulässiger Weise "erneut in das Licht der Öffentlichkeit gezerrt" (vgl. [X.], [X.], 365 Rn. 30, 33).

In der Art und Weise, wie die Meldung in der Folgezeit zum Abruf bereitgehalten wurde, kam ihr eine nur geringe Breitenwirkung zu. Der Verbreitungsgrad des konkret gewählten Mediums war gering; eine Fallgestaltung, wie sie der Lebach-I-Entscheidung des [X.] ([X.] 35, 202) zugrunde lag, ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven Nacherleben der Straftat unter Betonung der emotionalen Komponente führte (vgl. [X.] 35, 202, 228 f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gerade für eine solche Sendung mit einer beson[X.] hohen Einschaltquote zu rechnen ([X.] 35, 202, 227 f.). Hingegen setzte eine Kenntnisnahme vom Inhalt der beanstandeten Meldung im Streitfall eine gezielte Suche voraus. Die Meldung wurde nur auf einer als passive Darstellungsplattform geschalteten Website angeboten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. [X.], NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298 Rn. 20; [X.], [X.] 15/2009 [X.]). Sie war auch nicht (mehr) auf den aktuellen Seiten des [X.]auftritts der [X.] zugänglich, wo sie dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der [X.] ins Auge hätte fallen können. Vielmehr war sie ausweislich der Feststellungen des [X.], auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des [X.]auftritts der [X.] zugänglich und ausdrücklich - und für den Nutzer ohne weiteres ersichtlich - als Altmeldung gekennzeichnet. Sie war auch nicht in sonstiger Weise in einen Kontext eingebettet, der ihr den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh und die Annahme rechtfertigen würde, die Beklagte habe sich erneut bzw. zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl. dazu [X.], [X.], 342, 346 f.; von [X.], ZUM 2008, 102, 107; [X.], aaO; [X.], ZUM 2008, 156).

Zugunsten der [X.] fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], aaO Rn. 20 - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08, aaO Rn. 23 - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - [X.], aaO Rn. 21; vom 22. Februar 2011 - [X.], [X.], 180 Rn. 20 - [X.]portal [X.]; [X.], [X.], 126, 127; KG, [X.], 561, 563; [X.], ZUM 2007, 915, 917; [X.], 568, 569; [X.], aaO, 345 ff.; [X.], [X.], 143, 148). Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren und an der [X.] Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle [X.]en für interessierte Mediennutzer verfügbar halten. Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und Recherchierbarkeit bzw. ein Gebot der Löschung aller früheren den Straftäter identifizierenden Darstellungen in "[X.]" würde dazu führen, dass Geschichte getilgt und der Straftäter vollständig immunisiert würde (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], aaO - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08, aaO - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - [X.], aaO; vom 22. Februar 2011 - [X.], [X.], 180 Rn. 20 - [X.]portal [X.]; [X.], aaO, S. 345 f.; Dreier, [X.], 2009, [X.], 68, 76 mwN). Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch (vgl. [X.], [X.], 1859, 1860; [X.], 365 Rn. 21). Dies gilt insbesondere bei einem schweren Kapitalverbrechen wie im vorliegenden Fall, das in der Öffentlichkeit besondere Aufmerksamkeit erregt hat.

Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs- und Pressefreiheit hätte, der den freien Informations- und Kommunikationsprozess einschnüren würde (vgl. Senatsurteile vom 15. Dezember 2009 - [X.], aaO Rn. 21 - Online-Archiv I; vom 9. Februar 2010 - [X.]/08, aaO Rn. 24 - Online-Archiv II; vom 20. April 2010 - [X.], aaO Rn. 22; vom 1. Februar 2011 - [X.], aaO Rn. 22; [X.] 93, 266, 292; 99, 185, 197; [X.] [X.], 480 Rn. 62; vgl. ferner [X.], Urteil vom 1. April 2004 - I ZR 317/01, [X.]Z 158, 343, 353). Die Beklagte könnte ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, in Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren, nicht vollumfänglich erfüllen, wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem interessierten Nutzer den Zugriff auf frühere [X.]en zu ermöglichen. Würde auch das weitere Bereithalten als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen [X.] zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im [X.] nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzulässig und wäre die Beklagte verpflichtet, sämtliche archivierten Beiträge von sich aus immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Meinungs- und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen Aufwands bestünde die erhebliche Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen [X.] die Umstände ausklammern würde, die - wie vorliegend der Name des Straftäters - das weitere Vorhalten des Beitrags später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes Interesse hat.

dd) Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht nach den Grundsätzen des Datenschutzrechts geboten. Der Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ist im Streitfall nicht eröffnet. Selbst wenn es sich bei dem Bereithalten der den Namen des [X.] enthaltenden Meldung zum Abruf im [X.] um ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 BDSG handelte, wäre die Anwendung des Bundesdatenschutzgesetzes jedenfalls nach dessen § 1 Abs. 5 Satz 1 ausgeschlossen. Danach findet das Gesetz keine Anwendung, wenn eine in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den [X.] belegene verantwortliche Stelle personenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt, es sei denn, dies erfolgt durch eine Niederlassung im Inland (vgl. auch BT-Drucks. 14/4329, S. 29; [X.], [X.], 232, 233). Die beanstandete Meldung wurde aber von der in [X.] - und damit in einem Mitgliedstaat der [X.] - ansässigen [X.] zum Abruf im [X.] bereitgehalten.

4. [X.] beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Galke                                                  Wellner                                          Pauge

                            [X.]                                                von [X.]

Meta

VI ZR 217/08

08.05.2012

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 29. Juli 2008, Az: 7 U 22/08

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB, Art 5 Nr 3 EGV 44/2001, Art 3 Abs 1 EGRL 31/2000, Art 3 Abs 2 EGRL 31/2000, § 3 Abs 1 TMG, § 3 Abs 2 TMG, Art 40 Abs 1 S 2 BGBEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.05.2012, Az. VI ZR 217/08 (REWIS RS 2012, 6685)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6685

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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