Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2012, Az. VI ZR 217/08

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 6688

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
VI [X.]/08
Verkündet am:

8. Mai 2012

Holmes

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; [X.] § 823 Abs. 1 [X.], 1004 Abs. 1 Satz 2; [X.] I-VO Art. 5 Nr. 3; e-commerce-Richtlinie Art. 3 Abs. 1 und 2; [X.] § 3 Abs. 1 und 2
a)
Die [X.] Gerichte sind zur Entscheidung über Klagen wegen Persön-lichkeitsbeeinträchtigungen durch im [X.] abrufbare [X.]en eines in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] niedergelas-senen Anbieters jedenfalls dann international zuständig, wenn die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, den Mittelpunkt ihrer Interessen in [X.] hat.
b)
§ 3 [X.] enthält keine Kollisionsnorm, sondern ein sachrechtliches Be-schränkungsverbot.
c)
Zur Zulässigkeit des Bereithaltens nicht mehr aktueller Beiträge in dem für Altmeldungen vorgesehenen Teil eines [X.]portals (Online-Archiv), in [X.] ein verurteilter Straftäter namentlich genannt wird.
[X.], Urteil vom 8. Mai 2012 -
VI [X.]/08 -
O[X.]

[X.]

-

2

-

Der VI.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Mai
2012
durch den Vorsitzenden [X.], die Richter
Wellner,
Pauge und
Stöhr und die Richterin von Pentz
für Recht erkannt:
Auf die Rechtsmittel der [X.] werden das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 29. Juli
2008
aufgehoben und das Urteil des [X.] vom 18. Januar
2008
abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung der [X.] Berichterstattung über eine Straftat in Anspruch.
Der in [X.] wohnhafte Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem bekannten Schauspieler [X.] zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Tat hatte erhebliches Aufsehen erregt. Der Kläger stellte mehrfach, zuletzt im Jahr 2004, Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens, vor deren Bescheidung er sich an die Presse 1
2
-

3

-

wandte. Sein letzter Wiederaufnahmeantrag wurde im Jahr 2005 verworfen. Im Januar 2008 wurde der Kläger auf Bewährung aus der Strafhaft entlassen. Die in der [X.] niedergelassene Beklagte betreibt das [X.]portal
www.rainbow.at. Dort hielt sie auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten bis zum 18.
Juni 2007 eine auf den 23.
August 1999 datierte Meldung mit dem Titel "Wird der [X.] neu verhandelt?"
zum freien Abruf durch die [X.] bereit. Darin heißt es unter voller Namensnennung der Betroffenen u.a.:
"[X.] wollen beide ihre Unschuld nachweisen

un Jahre nach dem Mord
an dem [X.] Volksschauspieler [X.] wollen die beiden Verurteilten eine Neuauflage des Prozesses erzwingen. Der zu lebenslanger Haft verurteilte [X.] (44) reichte vor dem [X.] in [X.] Beschwerde gegen das Urteil ein. Sein Halbbruder [X.] (46) ... will im September ebenfalls vor das [X.] gehen. ... [X.] war am 15.
Juli 1990 tot im Schlafzimmer seiner Wohnung gefunden worden. Er hatte schwere Schädelverletzungen durch Hammerschlä-ge
und Stichwunden. [X.] wurden 1993 in einem aufwendigen Indizien-prozess nach 53 Verhandlungstagen verurteilt. Die beiden Brüder beauftragten mit der Verfassungsbeschwerde den [X.] Rechtsanwalt [X.]
"Wir wollen beweisen, dass mehrere Hauptbelastungszeugen beim Prozess nicht die Wahrheit gesagt haben. Damit
wären die Grundlagen für das Urteil erschüttert. Meine Mandanten sind unschuldig." "
Der Kläger sieht in dem Bereithalten der
seinen Namen enthaltenden Altmeldung zum Abruf im [X.] eine Verletzung seines allgemeinen Persön-lichkeitsrechts. Mit der Klage verlangt er von der [X.], es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berich-3
4
5
-

4

-

ten. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsge-richt zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabwei-sung weiter.
Der erkennende Senat hat das Verfahren mit
Beschluss vom 10.
November 2009 ([X.], 226) ausgesetzt und den Gerichtshof der [X.] [X.]en (nachfolgend: Gerichtshof)
gemäß Art.
234 [X.] um eine Vorabentscheidung zur Auslegung von Art.
5 Nr.
3 der Verordnung ([X.]) Nr.
44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zustän-digkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen ([X.] 2001, [X.], S.
1
ff., nachfolgend: [X.]) und von Art.
3 Abs.
1 und 2 der Richtlinie 2000/31/[X.] des [X.] und des Rates vom 8.
Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsver-kehrs, im Binnenmarkt ([X.] [X.], S.
1, nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) ersucht. Der Gerichtshof hat hierüber durch Urteil vom 25. Oktober 2011 ([X.].
[X.]/09, [X.], 565
-
eDate [X.])
entschieden.
6
-

5

-

Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte nach Art.
5 Nr.
3 [X.] bejaht. Das
schädigende Ereignis drohe in [X.] einzutreten, da der [X.]auftritt der [X.]
bestimmungsge-mäß hier abgerufen werden
könne.
Dementsprechend sei der vom Kläger gel-tend gemachte Anspruch gemäß Art.
40 Abs.
1 Satz
2 [X.][X.] nach [X.] Recht zu beurteilen. Aus §
3 Abs.
2 [X.] folge nichts anderes, da diese Norm keinen kollisionsrechtlicher Charakter habe. In dem
Bereithalten der den Kläger identifizierenden Meldung zum Abruf im [X.] liege eine Verletzung des [X.] Persönlichkeitsrechts des [X.], die einen Unterlassungsanspruch aus den §
823 Abs.
1, §
1004 Abs.
1 [X.] analog in Verbindung mit Art.
1 Abs.
1,
Art.
2 Abs.
1 GG begründe. Der Kläger habe sich Mitte des Jahres 2006, als die Meldung noch abrufbar gewesen sei, kurz vor der Entlassung aus der Strafhaft unter Aussetzung des [X.] zur Bewährung befunden, wes-halb eine Konstellation gegeben gewesen sei, wie sie der Entscheidung des [X.] vom 5.
Juni 1973 ([X.] 35, 202
ff. -
Lebach I) zugrunde gelegen habe. Das im Hinblick auf seine bevorstehende Wiederein-gliederung in die Gesellschaft beson[X.] schutzwürdige Interesse des [X.], nicht weiterhin öffentlich mit der Tat konfrontiert zu werden, überwiege das [X.] der [X.] an der weiteren Verbreitung der Meldung umso mehr, als die Einschränkungen, die dem Verbreiter solcher Meldungen auferlegt würden, denkbar gering seien. Diesem werde nämlich nicht die Berichterstattung über die Tat, sondern nur die Nennung der Namen der Täter untersagt.
7
-

6

-

Der Umstand, dass -
wie auch im Streitfall
-
Meldungen im [X.] häufig dauerhaft abrufbar gehalten würden und als ältere Meldungen erkennbar seien, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es mache keinen Unterschied, ob die Identität des Betroffenen in einer neuen oder in einer älteren Meldung preisge-geben werde. Es komme auch nicht darauf an, ob die beanstandete Meldung mittels Suchmaschinen oder Querverweisen über ein auf die Tat bezogenes Schlagwort oder über den Namen des [X.] auffindbar sei. Auch der Umstand, dass über das [X.] verbreiteten Meldungen in der Regel ein geringerer Ver-breitungsgrad zukomme als Meldungen, die über die Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbreitet würden, lasse nicht die Anlegung anderer als der vom [X.] für die Massenmedien entwickelten Maßstäbe zu.
Die Beklagte sei hinsichtlich der Rechtsbeeinträchtigung auch Störer. [X.] Störereigenschaft könne insbesondere nicht im Hinblick darauf verneint wer-den, dass es sich bei dem Teil des [X.]auftritts, in dem die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehalten worden sei, um ein privilegiertes [X.]ar-chiv handle. Denn eine über das [X.] allgemein zugängliche, in die Rubrik "Archiv" eingestellte Äußerung werde ebenso verbreitet wie jede andere Äuße-rung auch. Der Rubrik, in der die beanstandete Meldung zum Abruf bereitgehal-ten werde, komme auch unter
dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit einer [X.] über den eigenen [X.]auftritt keine Bedeutung zu. Ferner sei unerheb-lich, ob bereits die erstmalige [X.] der beanstandeten Inhalte rechtswidrig oder ob die Verbreitung der Meldung ursprünglich rechtmäßig ge-wesen sei.
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7

-

Aus dem Herkunftslandprinzip des §
3 Abs.
2 [X.] folge nichts anderes, da das weitere Zugänglichhalten der Meldung unter Namensnennung auch nach [X.] Recht unzulässig gewesen sei. Nach [X.] Recht stehe
dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus §
1330 Abs.
1 des Ös-terreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches in Verbindung mit §
7a Abs.
1 Satz
1 Nr.
2 des [X.] Mediengesetzes zu. Die große Bedeu-tung, die das [X.] Recht dem Schutz der Resozialisierung eines aus der Strafhaft entlassenen verurteilten Straftäters beimesse, komme in §
113 des [X.] Strafgesetzbuches zum Ausdruck.

II.
Diese Erwägungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus
§
823 Abs.
1,
§
1004 Abs.
1 Satz
2 [X.] analog i.V.m. Art.
1 Abs.
1, Art.
2 Abs.
1 GG zu.
1.
Zu Recht hat das Berufungsgericht allerdings die internationale [X.] der [X.]
Gerichte bejaht, die auch unter der Geltung des §
545 Abs.
2 ZPO in der Revisionsinstanz zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 25.
Oktober 2011 -
VI
ZR 93/10, [X.], 114 Rn.
10
-
Blog-Eintrag; vom 31.
Mai 2011 -
VI
ZR 154/10, [X.]Z 190, 28 Rn.
16, jeweils mwN). Sie ergibt sich, wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat,
aus Art.
5 Nr.
3 [X.]. Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, vor dem Gericht desje-nigen Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, 10
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-

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-

die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden.

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die [X.]
"unerlaubte Handlung"
und "Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist"
in
Art.
5 Nr.
3 [X.] autonom und weit auszulegen. In [X.] Gerichtsstand sind
alle Klagen zulässig, mit denen eine Schadenshaftung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinne des Art.
5 Nr.
1 [X.] anknüpft (vgl. [X.], Urteile
vom 25.
Oktober 2011 -
[X.].
[X.]/09, [X.], 565 Rn.
38 -
eDate [X.]; zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: [X.], Urteil vom 1.
Oktober 2002 -
[X.].
[X.]/00, NJW 2002, 3617 Rn.
36 -
Henkel, jeweils mwN). Abzugrenzen ist die unerlaubte Handlung ebenso wie die ihr gleichge-stellte Handlung von einem Vertrag, d.h. von einer freiwillig eingegangenen Verpflichtung. Unter den Begriff der unerlaubten Handlung fallen daher auch Persönlichkeitsrechts-
oder Ehrverletzungen (vgl. [X.], Urteile vom 25.
Oktober 2011 -
[X.].
[X.]/09, aaO
Rn.
42 ff. -
eDate [X.];
vom 7.
März 1995 -
[X.].
[X.]/93
-
Slg. 1995, I-415
Rn. 17 ff.
-
Shevill).
Erfasst wer-den neben Ansprüchen auf Gel[X.]atz auch Unterlassungsansprüche. Auf den Eintritt eines Schadens kommt es nicht an. Ausweislich des Wortlauts des Art.
5 Nr.
3 [X.] fallen auch vorbeugende Klagen in den Anwendungsbereich der Bestimmung
(vgl. [X.], Urteile vom 25.
Oktober 2011 -
[X.].
[X.]/09, aaO Rn.
35 -
eDate [X.]; vom 1.
Oktober 2002 -
[X.].
[X.]/00, aaO Rn.
44
ff. -
Henkel;
[X.], Urteil vom 24.
Oktober 2005 -
II
ZR 329/03, [X.], 566; [X.], 3.
Aufl., Art.
5 [X.], Rn.
56, 59).
b)
Die Frage,
wie das Tatbestandsmerkmal
"Ort, an dem das [X.] Ereignis einzutreten droht" in Art.
5 Nr.
3 [X.] bei (drohenden) [X.] durch Inhalte auf einer [X.]-Website auszulegen ist, hat der Senat dem Gerichtshof mit Beschluss vom 10. November 2009 ge-13
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9

-

mäß Art. 234 [X.]V (jetzt: Art. 267 AEUV) zur Vorabentscheidung vorgelegt ([X.], 226).
Der Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 25.
Oktober 2011 ([X.].
[X.]/09, aaO
-
eDate [X.]) wie folgt
beantwortet:

"Art.
5 Nr.
3 der Verordnung ([X.]) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.
Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil-
und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Fall der Geltendmachung einer Verletzung von Persön-lichkeitsrechten durch Inhalte, die auf einer Website veröffentlicht worden sind, die Person, die sich in ihren Rechten verletzt fühlt, die Möglichkeit hat, entwe-der bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem der Urheber dieser Inhalte niedergelassen ist, oder bei den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem sich der Mittelpunkt ihrer Interessen befindet, eine Haftungsklage auf Ersatz des gesam-ten entstandenen Schadens zu erheben. Anstelle einer Haftungsklage auf Er-satz des gesamten entstandenen Schadens kann diese Person ihre Klage auch vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben, in dessen Hoheitsgebiet ein im [X.] veröffentlichter Inhalt zugänglich ist oder war. Diese sind nur für die
Entscheidung über den Schaden zuständig, der im Hoheitsgebiet des Mitglied-staats des angerufenen Gerichts verursacht worden ist."
Zur Begründung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die von ihm für Schadensersatzklagen wegen ehrverletzender Äußerungen in einem Drucker-zeugnis entwickelten Kriterien (vgl. Urteil vom 7.
März 1995, [X.]/93, aaO, -
Shevill) für [X.]sachverhalte fortzuschreiben seien.
Die Auswirkungen ei-nes im [X.] veröffentlichten Inhalts auf die Persönlichkeitsrechte einer Per-son könnten am besten von dem Gericht des Ortes beurteilt werden, an dem das mutmaßliche Opfer den Mittelpunkt seiner Interessen habe. Der Ort, an dem eine Person den Mittelpunkt ihrer Interessen habe, entspreche im [X.] ihrem gewöhnlichen Aufenthalt. Allerdings könne eine Person den Mit-15
16
-

10

-

telpunkt ihrer Interessen auch in einem anderen Mitgliedstaat haben, in dem sie sich gewöhnlich nicht aufhalte, sofern andere Indizien wie die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit einen beson[X.] engen Bezug zu diesem Staat
herstellten (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Oktober 2011 -
[X.].
[X.]/09, aaO Rn.
48
f. -
eDate [X.]).
Diese Grundsätze gelten auch für Unterlassungsklagen (vgl. [X.], Ur-teil vom 25.
Oktober 2011
-
[X.].
[X.]/09, aaO Rn.
35 -
eDate [X.]; [X.], [X.], 189, 191).
c) Danach ist die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichte vorliegend gegeben. Der Mittelpunkt der Interessen des [X.] befand und befindet sich in [X.]. Hier hat er seinen gewöhnlichen Aufenthalt
und Lebensmittelpunkt. Hier wohnt er und ist sozial und familiär eingebunden
(zum Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts vgl. [X.], [X.], 189, 191
f.; [X.], [X.], 743
f.). Hier wirkt sich eine Verletzung seines [X.] aus.
2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig.
Entgegen der Auffassung der Revision ist der Klageantrag hinreichend bestimmt. Er ist dahingehend auszu-legen, dass der [X.] untersagt werden soll,
auf ihrer [X.]seite nicht mehr aktuelle Meldungen zum Abruf bereit zu halten, in denen im [X.] mit dem Mord an [X.] der Name des [X.] genannt wird. Der Klageantrag ist dagegen nicht auf Unterlassung jedweder künftigen
Be-richterstattung gerichtet. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus der Klagebegründung, die zur Ermittlung des Klagebegehrens heranzuziehen ist (vgl. Senatsurteile
vom 26.
Mai 2009 -
VI
ZR 174/08
-
VersR 2009, 1269 Rn.
13; vom 22.
Februar 2011 -
VI
ZR 346/09, [X.], 180 Rn.
8 -
[X.]portal faz.net; [X.], Urteil vom 12.
Juli 2007 -
I
ZR 18/04, [X.]Z 173, 188 Rn.
17
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jugendgefährdende 17
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Medien bei [X.],
jeweils mwN). Der Kläger hat [X.] deutlich [X.], dass er sich lediglich gegen das weitere Vorhalten ihn identifizierender Altmeldungen wie der konkret angegriffenen zum Abruf im [X.] wendet. In diesem Sinne haben auch die Vorinstanzen das Begehren des [X.] ver-standen. Dieses Verständnis hat der Kläger auch in der Revisionserwiderung
bestätigt.

3. Die Klage ist aber nicht begründet.
a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach [X.] Recht zu beurteilen ist. Dieses Ergebnis folgt aus Art.
40 Abs.
1 Satz 2 [X.][X.].
aa) Die Verordnung ([X.]) Nr. 864/2007 des [X.] und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhält-nisse anzuwendende Recht (nachfolgend: [X.]) ist im Streitfall nicht anwendbar, da gemäß deren Art.
1 Abs.
2 lit.
g außervertragliche Schuld-verhältnisse aus der Verletzung der Persönlichkeitsrechte vom
Anwendungsbe-reich der Verordnung ausgenommen sind.
bb) Art.
40 [X.][X.] wird auch nicht durch
§
3 Abs.
2 [X.] in der hier noch maßgeblichen Fassung vom 26. Februar 2007 verdrängt.
Denn diese Be-stimmung
enthält
keine
Kollisionsnorm.
(1) Der mit dem Begriff "Herkunftslandprinzip" überschriebene §
3 [X.] regelt in seinem Absatz 1, dass in der Bundesrepublik [X.] niederge-lassene Diensteanbieter und ihre Telemedien den Anforderungen des deut-schen Rechts auch dann unterliegen, wenn die Telemedien in einem anderen Staat innerhalb des Geltungsbereichs der Richtlinie 2000/31/[X.] des [X.] und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche 20
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24
-

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-

Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektroni-schen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie)
geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden. Gemäß §
3 Abs.
2 Satz
1 [X.] wird der freie Dienstleistungsverkehr von Telemedien, die in der Bundesrepublik [X.] von Diensteanbietern geschäftsmäßig angeboten oder erbracht werden, die in einem anderen Staat innerhalb des [X.] der e-commerce-Richtlinie niedergelassen sind, nicht eingeschränkt.
(2) Die Rechtsnatur und Reichweite des in §
3 [X.] angeordneten Her-kunftslandprinzips
sind
im Einklang mit Art.
3 der e-commerce-Richtlinie zu be-stimmen,
dessen Umsetzung die genannte nationale Vorschrift dient (vgl. BT-Drucks. 14/7345, S.
31; 16/3078, S.
14; Vorlagebeschluss vom 10.
November 2009, [X.], 150; vgl. auch [X.], Der Betrieb 2001, 1919, 1923; [X.]., [X.] 2002, 302, 304).
(a) Der Senat hat
deshalb
mit Beschluss vom 10. November 2009 dem Gerichtshof die Frage zur Vorabentscheidung gemäß Art.
234 [X.]
(jetzt: Art.
267 AEUV)
vorgelegt, ob die Bestimmungen des Art.
3 Abs.
1 und 2 der
e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter in dem Sinne haben, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen oder ob es sich
bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf [X.] handelt, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts in-haltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird.
(b) Der Gerichtshof hat die Frage mit Urteil vom 25. Oktober 2011
([X.]/09, aaO -
eDate [X.]) wie folgt beantwortet:
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-

13

-

"Art. 3 der Richtlinie 2000/31/[X.] des [X.] und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der [X.], insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt ("Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr") ist dahin auszulegen, dass er keine Umsetzung in Form einer speziellen Kollisionsregel verlangt. Die Mitgliedstaaten müssen jedoch vorbehaltlich der bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art.
3 Abs.
4 der Richtlinie 2001/31 gestatteten Ausnah-men im koordinierten Bereich sicherstellen, dass der Anbieter eines Dienstes des elektronischen Geschäftsverkehrs keinen strengeren Anforderungen unter-liegt, als sie das im [X.] dieses Anbieters geltende Sachrecht vor-sieht."

Zur Begründung hat der Gerichtshof
(aaO, Rn. 60 ff.)
u.a. ausgeführt, dass bei der Auslegung des Art.
3 der Richtlinie deren Art.
1 Abs.
4 zu berück-sichtigen
sei, wonach die Richtlinie keine zusätzlichen Regeln im Bereich des internationalen Privatrechts hinsichtlich des anwendbaren Rechts schaffe. Eine Auslegung des Art.
3 Abs.
1 der Richtlinie dahin, dass sie zu einer Anwendung des im [X.] geltenden [X.] führe, ziehe nicht ihre Einord-nung als Regel im Bereich des internationalen Privatrechts nach sich. Dieser Absatz verpflichte die Mitgliedstaaten in erster Linie dazu, dafür Sorge zu tra-gen, dass die Dienste der Informationsgesellschaft, die von einem in ihrem Ho-heitsgebiet niedergelassenen Diensteanbieter erbracht würden, den in diesen Mitgliedstaaten geltenden innerstaatlichen Vorschriften entsprächen, die in den koordinierten Bereich fallen. Die Auferlegung einer solchen Verpflichtung weise nicht die Merkmale einer Kollisionsregel auf, die dazu bestimmt wäre, einen spezifischen Konflikt zwischen mehreren zur Anwendung berufenen [X.] zu lösen.
Art.
3 Abs.
2 der Richtlinie untersage den Mitgliedstaaten, den 28
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-

freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft aus einem anderen Mitgliedstaat aus Gründen einzuschränken, die in den koordinierten Bereich fallen. Aus Art.
1 Abs.
4 in Verbindung mit dem 23. Erwägungsgrund der Richt-linie folge
dagegen, dass es den Aufnahmemitgliedstaaten grundsätzlich frei-stehe, das anwendbare Sachrecht anhand ihres internationalen Privatrechts zu bestimmen, soweit sich daraus keine Einschränkung der Freiheit zur Erbringung von Diensten des elektronischen Geschäftsverkehrs ergebe.
(c)
Danach enthält auch die Bestimmung des §
3 [X.], die wie Art.
3 der e-commerce-Richtlinie auszulegen ist
(BT-Drucks.
14/7345, S.
31; [X.], Der Betrieb 2001, 1919, 1923; [X.]., [X.] 2002, 302, 304), keine Kollisionsnorm, sondern ein sachrechtliches [X.] (vgl. auch Sack, [X.] 2011, 513
ff.; [X.], [X.], 189, 192; [X.], [X.] 2012, 176, 177; Brand, NJW 2012, 127, 130).
cc) Der nach Art.
40 Abs.
1 Satz
2 [X.][X.] maßgebliche Erfolgsort liegt
in [X.].
Hier wird die Achtung, die der in [X.] wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in [X.] genießt, gestört bzw. gefährdet
(vgl. zur Störung des Achtungsanspruchs am Wohnort des Betroffenen: Senatsurteile vom 3.
Mai 1977 -
VI
ZR 24/75, NJW 1977, 1590
f.; vom 2.
März 2010 -
VI
ZR 23/09, [X.]Z 184, 313 Rn.
23). Hier kollidiert sein Interesse an der [X.] mit dem [X.] der [X.] an der Gestaltung ihres [X.]auftritts und an einer Be-richterstattung.
dd) Sein Bestimmungsrecht zugunsten [X.] Rechts gemäß Art.
40 Abs.
1 Satz 2 [X.][X.] hat der Kläger in der Klageschrift ausgeübt.
30
31
32
-

15

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b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger aber kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aus §
823 Abs.
1, §
1004 Abs.
1 Satz
2 [X.] analog i.V.m. Art.
1 Abs.
1, Art. 2 Abs.
1 GG zu.
aa)
Das Berufungsgericht hat
allerdings
mit Recht angenommen, dass das Bereithalten der den Kläger namentlich als wegen
Mordes Verurteilten [X.] Meldung
zum Abruf im [X.] einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] darstellt. Denn die Berichterstattung über eine Straftat unter
namentlicher
Nennung
des Straftäters beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatle-bens, weil sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (vgl. Senatsurteile
vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, [X.]Z 183, 353 Rn.
10 -
Online-Archiv
I mit NA-Beschluss des [X.] vom 6.
Juli 2010 -
1
BvR 535/10; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08 -
Online-Archiv
II mit NA-Beschluss des [X.] vom 6.
Juli 2010 -
1
BvR 923/10; vom 20.
April 2010 -
VI
[X.], [X.], 261 Rn.
11 mit NA-Beschluss des [X.] vom 23. Juni 2010 -
1
BvR 1316/10; vom 22.
Februar 2011 -
VI
ZR 346/09, [X.], 180 Rn.
10 -
[X.]portal faz.net;
[X.] 35, 202, 226; [X.],
NJW 2006, 2835
Rn.
10; [X.], 365 Rn.
15). Dies gilt nicht nur bei aktiver Informationsübermittlung durch die [X.], wie es im Rahmen der herkömmlichen Berichterstattung in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen geschieht, sondern auch dann, wenn -
wie im Streit-fall
-
den Täter identifizierende Inhalte lediglich auf einer passiven Darstellungs-plattform im [X.] zum Abruf bereitgehalten werden (vgl. [X.],
[X.], 365 Rn.
17). Diese Inhalte sind nämlich grundsätzlich jedem interessierten [X.] zugänglich (vgl. Senatsurteile vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 33
34
-

16

-

227/08,
aaO
-
Online-Archiv
I; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO
-
Online-Archiv
II; vom 20.
April 2010 -
VI
[X.], aaO; [X.]/[X.], [X.], 133, 137).
bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat es das Berufungsgericht auch für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag
aufgrund einer Abwägung des Rechts des [X.] auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privat-lebens aus Art.
1 Abs.
1,
Art. 2 Abs.
1 GG,
Art.
8 Abs.
1 [X.] mit dem in Art.
5 Abs.
1 GG, Art.
10 [X.] verankerten Recht der [X.] auf Mei-nungs-
und Medienfreiheit zu entscheiden. Die Beklagte als ausländische juris-tische Person mit Sitz in der [X.] kann sich in [X.] Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 19 Abs. 3 GG im vorlie-genden Zusammenhang auf das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG berufen (vgl. [X.], NJW 2011, 3428 Rn. 69 ff.). Wegen der Eigenart des Persönlichkeits-rechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, son-dern muss erst durch eine Abwägung der wi[X.]treitenden grundrechtlich ge-schützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der [X.] Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichti-gen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senatsurteile vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, aaO Rn.
11 -
Online-Archiv
I; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO Rn.
14 -
Online-Archiv
II; vom 20.
April 2010 -
VI
[X.], aaO; vom 22.
Februar 2011 -
VI
ZR 346/09, [X.], 180 Rn.
11 -
[X.]portal faz.net, jeweils mwN).
Insoweit ist die Rechtslage an[X.] als bei der Verletzung absolu-ter Rechte
wie beispielsweise des Urheberrechts, bei der der Eingriff in das Recht die Rechtswidrigkeit regelmäßig indiziert
(vgl. [X.], Beschluss vom 4.
März 1957 -
GSZ 1/56, [X.]Z 24, 21, 27 f.; Urteile
vom 12. Juli 1996 -
V
ZR 35
-

17

-

280/94, [X.], 119; vom 5.
Oktober 2010 -
I
ZR 127/09, [X.], 335 Rn.
12, 24; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
823 Rn.
7 mwN).
cc) [X.] hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] durch das Bereithalten der beanstandeten Inhalte zum Abruf im [X.] in rechtswidriger Weise ver-letzt worden sei. Das Berufungsgericht hat die besonderen Umstände des [X.] nicht ausreichend berücksichtigt und das von der [X.] [X.] Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihr Recht auf freie Meinungsäu-ßerung mit einem zu geringen Gewicht in die Abwägung eingestellt.
(1) In der Rechtsprechung des [X.] sind ver-schiedene Kriterien entwickelt worden, die Leitlinien für den konkreten Abwä-gungsvorgang vorgeben (vgl. [X.], [X.], 365 Rn.
17; [X.], 480 Rn.
61
f., jeweils mwN). Danach müssen wahre Tatsachenbehauptungen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Allerdings kann auch eine wahre Darstellung das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie einen Persönlichkeits-schaden anzurichten droht, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Ver-breitung der Wahrheit steht. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die Aussagen geeignet sind, eine erhebliche Breitenwirkung zu entfalten und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen nach sich zu ziehen, so dass sie zum Anknüpfungspunkt für eine [X.] Ausgrenzung und Isolierung zu werden drohen (vgl. [X.] 97, 391, 404
f.; [X.],
[X.], 365 Rn.
17).
Geht es um eine Berichterstattung über eine Straftat, so ist zu berück-sichtigen, dass eine solche Tat zum Zeitgeschehen gehört, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträch-tigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor 36
37
38
-

18

-

Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, [X.] grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an [X.] Information über Tat und Täter. Dieses wird umso stärker sein, je mehr sich die Tat in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abhebt. Bei schweren Gewaltverbrechen ist in der Regel ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information über die Tat und ihren Hergang, über die Person des [X.] und seine Motive sowie über die Strafverfolgung anzuerkennen (vgl. [X.] 35, 202, 230
f.; [X.],
[X.], 365 Rn.
18; vgl. auch
Senatsurteil
vom 7.
Dezember 1999 -
VI
ZR 51/99, [X.]Z 143, 199, 204).
Bei der Abwägung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung mit der damit zwangsläufig verbundenen Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des [X.] verdient für die aktuelle Berichterstattung über Straftaten das Informationsinteresse im Allgemeinen den Vorrang. Denn wer den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, muss sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtli-chen Sanktionen beugen, sondern er muss auch dulden, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. [X.] 35, 202, 231
f.; [X.],
[X.], 365 Rn.
19; vgl. auch Senatsurteile vom 7.
Dezember 1999 -
VI
ZR 51/99, [X.]Z 143, 199, 204; vom 28.
Oktober 2008 -
VI
ZR 307/07, [X.]Z 178, 213 Rn.
22
f.; vom 15.
November 2005 -
VI
ZR 286/04, [X.], 274 Rn.
14).
Mit zeitlicher Distanz zur Straftat gewinnt dagegen das Interesse des [X.], von
einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, zu-nehmende Bedeutung. Das Persönlichkeitsrecht bietet Schutz vor einer zeitlich
uneingeschränkten Befassung der Medien mit der Person des Straftäters und seiner Privatsphäre (vgl. [X.] 35, 202, 233; [X.],
[X.], 365 Rn.
21). 39
40
-

19

-

Hat die das öffentliche Interesse veranlassende Tat mit der Verfolgung und Verurteilung die gebotene rechtliche Sanktion erfahren und ist die Öffentlichkeit hierüber hinreichend informiert worden, lassen sich wiederholte Eingriffe in das Persönlichkeitsrecht des [X.] im Hinblick auf sein Interesse an der [X.] in die [X.] nicht ohne
weiteres rechtfertigen. Hiermit ist allerdings keine vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse gemeint. Das allgemeine [X.] vermittelt Straftätern keinen Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr mit ihrer Tat konfrontiert zu werden. Selbst die Verbüßung der Strafhaft
führt nicht dazu, dass ein Täter den uneingeschränkten Anspruch erwirbt, mit der Tat "allein gelassen zu werden". Maßgeblich ist vielmehr stets, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht einschließlich des [X.] von der Berichterstattung unter den konkreten Umständen des Einzelfalls beeinträchtigt wird (vgl. Senatsurteile vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, aaO Rn.
16 -
Online-Archiv
I mit NA-Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2010 -
1
BvR 535/10; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO Rn.
19 -
Online-Archiv
II mit NA-Beschluss des [X.] vom 6.
Juli 2010 -
1
BvR 923/10; vom 20.
April 2010 -
VI
[X.], [X.], 261 Rn.
17 mit NA-Beschluss des [X.] vom 23.
Juni 2010 -
1
BvR 1316/10; vom 1.
Februar 2011 -
VI
ZR 345/09, [X.], 634 Rn.
17; [X.], [X.], 1859, 1860; [X.], 365 Rn.
21; [X.]MR, Urteil vom 7.
Dezember 2006 -
Beschwerde Nr.
35841/02,
-
[X.]ischer Rundfunk gegen [X.], Nr.
68, [X.] 2007, 472, 473, jeweils
mwN). Für die Intensität der Beeinträchti-gung des Persönlichkeitsrechts kommt es auch auf die Art und Weise der [X.], insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums an. So stellt eine Fernsehberichterstattung in der Regel einen weitaus stärkeren Eingriff in -

20

-

die Privatsphäre des Betroffenen dar als eine Wortberichterstattung (vgl. [X.],
[X.], 1859, 1860 und [X.], 365 Rn.
21, jeweils mwN).
(2) Nach diesen Grundsätzen hat das Interesse des [X.] am Schutz seiner Persönlichkeit und an der Achtung seines Privatlebens vorliegend hinter dem von der [X.] verfolgten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurückzutreten. Zwar kommt dem In-teresse des [X.], von
einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben, vorliegend erhöhtes Gewicht zu. Die von ihm begangene Straftat und die Verurteilung liegen lange zurück; der Kläger ist im Januar 2008 aus der Strafhaft
entlassen worden.
Andererseits beeinträchtigt die
beanstandete
Mel-dung
sein Persönlichkeitsrecht einschließlich seines [X.] unter den besonderen Umständen des Streitfalls nicht in erheblicher Weise. Sie
ist
insbesondere nicht geeignet, den Kläger
"[X.]" zu stel-len oder in einer Weise "an das Licht der Öffentlichkeit zu zerren", die ihn als Straftäter (wieder) neu stigmatisieren könnte.
Die Meldung enthält wahrheitsgemäße Aussagen über ein Kapitalverbre-chen an einem bekannten Schauspieler, das erhebliches öffentliches Aufsehen erregt hatte. In ihr werden die Umstände der Tat und das Strafverfahren sach-bezogen und objektiv dargestellt. Die den Kläger identifizierenden Angaben in der Meldung waren unter Berücksichtigung der Schwere des Verbrechens, der Bekanntheit des Opfers, des erheblichen [X.], das die Tat in der Öffent-lichkeit erregt hatte, und des Umstands, dass sich der Kläger noch im Jahr 2004 unter
Inanspruchnahme aller denkbaren Rechtsbehelfe um die Aufhebung seiner Verurteilung bemüht und sich zu diesem Zweck gezielt an die Öffentlich-keit gewandt hatte, zum Zeitpunkt der Einstellung der Meldung in den [X.]-auftritt der [X.] zulässig. Der Kläger stand zu diesem Zeitpunkt "im Licht der Öffentlichkeit"; durch die erstmalige [X.] der streitgegenständli-41
42
-

21

-

chen Meldung wurde er nicht in unzulässiger
Weise "erneut in das Licht der [X.] gezerrt"
(vgl. [X.], [X.], 365 Rn.
30, 33).
In der Art und Weise, wie die Meldung
in der Folgezeit zum Abruf [X.] wurde, kam ihr
eine nur geringe Breitenwirkung zu. Der [X.] des konkret gewählten Mediums war gering; eine Fallgestaltung, wie sie der Lebach-I-Entscheidung des [X.] ([X.] 35, 202) zugrunde lag, ist nicht gegeben. Gegenstand dieser Entscheidung war eine Fernsehdokumentation zur besten Sendezeit, die zu einem intensiven Nacher-leben der Straftat unter Betonung der emotionalen Komponente führte (vgl. [X.] 35, 202, 228
f.). Unter den damaligen Fernsehbedingungen war gera-de für eine solche Sendung mit einer beson[X.] hohen Einschaltquote zu [X.] ([X.]
35, 202, 227
f.). Hingegen setzte
eine Kenntnisnahme vom Inhalt der
beanstandeten Meldung
im Streitfall
eine gezielte Suche voraus.
Die Mel-dung
wurde
nur auf einer als passive
Darstellungsplattform geschalteten [X.] angeboten, die typischerweise nur von solchen Nutzern zur Kenntnis ge-nommen wird, die sich selbst aktiv informieren (vgl. [X.],
NJW 2003, 2818, 2819; NJW 2008, 1298
Rn.
20; [X.], [X.] 15/2009 Anm.
5). Sie
war
auch nicht (mehr) auf den aktuellen Seiten des [X.]auftritts der Beklag-ten
zugänglich, wo sie
dem Nutzer unmittelbar nach Aufruf der Homepage der [X.] ins Auge hätte fallen können. Vielmehr war sie ausweislich der Fest-stellungen des [X.], auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, nur noch auf den für Altmeldungen vorgesehenen Seiten des [X.]auf-tritts der [X.] zugänglich und ausdrücklich -
und für den Nutzer ohne wei-teres ersichtlich
-
als Altmeldung gekennzeichnet. Sie war auch nicht in [X.] in einen Kontext eingebettet, der ihr
den Anschein der Aktualität oder den Charakter einer erneuten Berichterstattung verlieh
und die Annahme [X.] würde, die Beklagte habe sich erneut bzw. zeitlich uneingeschränkt mit der Person des Straftäters befasst (vgl. dazu Hoecht, [X.], 342, 346
f.; von 43
-

22

-

Petersdorff-Campen, ZUM 2008, 102, 107; [X.], aaO; [X.], ZUM 2008, 156).

Zugunsten der [X.] fällt darüber hinaus ins Gewicht, dass ein aner-kennenswertes Interesse der Öffentlichkeit nicht nur an der Information über das aktuelle Zeitgeschehen, sondern auch an der Möglichkeit besteht, vergan-gene zeitgeschichtliche Ereignisse zu recherchieren (vgl. Senatsurteile vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, aaO Rn.
20 -
Online-Archiv
I; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO Rn.
23 -
Online-Archiv
II; vom 20.
April 2010 -
VI [X.], aaO Rn.
21;
vom 22. Februar
2011 -
VI
ZR 346/09, [X.], 180 Rn.
20 -
[X.]portal faz.net; [X.], [X.], 126, 127; KG, [X.], 561, 563; [X.], ZUM 2007, 915, 917; [X.], 568, 569; Hoecht, aaO, 345
ff.; [X.], [X.], 143, 148).
Dementsprechend [X.] die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlich-keit zu informieren und an der [X.] Willensbildung mitzuwirken, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle [X.]en für interes-sierte Mediennutzer verfügbar halten. Ein generelles Verbot der Einsehbarkeit und Recherchierbarkeit bzw. ein Gebot der Löschung aller früheren den [X.] identifizierenden Darstellungen in "[X.]"
würde dazu führen, dass Geschichte getilgt und der Straftäter vollständig immunisiert würde (vgl. Senatsurteile vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, aaO
-
Online-Archiv
I; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO
-
Online-Archiv
II; vom 20.
April 2010 -
VI
[X.], aaO; vom 22.
Februar 2011 -
VI
ZR 346/09, [X.], 180 Rn.
20 -
[X.]portal faz.net;
Hoecht, aaO, S.
345
f.; Dreier, [X.], 2009, S.
67, 68, 76 mwN). Hierauf hat der Täter aber keinen Anspruch (vgl. [X.], [X.], 1859, 1860; [X.], 365 Rn.
21).
Dies gilt insbesondere bei
einem schweren
Kapitalverbrechen wie im vorliegenden Fall, das in der [X.] besondere Aufmerksamkeit erregt hat.
44
-

23

-

Weiterhin ist zu beachten, dass das vom Kläger begehrte Verbot einen abschreckenden Effekt auf den Gebrauch der Meinungs-
und Pressefreiheit hätte, der den freien
Informations-
und Kommunikationsprozess einschnüren würde (vgl. Senatsurteile vom 15.
Dezember 2009 -
VI
ZR 227/08, aaO Rn.
21 -
Online-Archiv
I; vom 9.
Februar 2010 -
VI
ZR 243/08, aaO Rn.
24 -
Online-Archiv
II;
vom 20.
April 2010 -
VI
[X.], aaO Rn.
22; vom 1.
Februar 2011 -
VI
ZR 345/09, aaO Rn. 22; [X.] 93, 266, 292; 99, 185, 197; [X.] [X.], 480 Rn.
62; vgl. ferner [X.], Urteil vom 1.
April 2004 -
I
ZR 317/01, [X.]Z 158, 343, 353). Die Beklagte könnte ihren verfassungsrechtlichen Auf-trag, in
Wahrnehmung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren, nicht vollumfänglich erfüllen, wenn es ihr generell verwehrt wäre, dem interes-sierten Nutzer
den Zugriff auf frühere [X.]en
zu ermöglichen. [X.] auch das weitere Bereithalten
als solcher erkennbarer und im Zeitpunkt der erstmaligen [X.]
zulässiger Altmeldungen auf für Altmeldungen vorgesehenen Seiten zum Abruf im [X.] nach Ablauf einer gewissen Zeit oder nach Veränderung der zugrunde liegenden Umstände ohne weiteres unzu-lässig und wäre die Beklagte verpflichtet, sämtliche archivierten Beiträge von sich aus immer wieder auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollieren, würde die Mei-nungs-
und Medienfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt. Angesichts des mit einer derartigen Kontrolle verbundenen personellen und zeitlichen [X.] bestünde die erhebliche Gefahr, dass die Beklagte entweder ganz von einer der Öffentlichkeit zugänglichen Archivierung absehen oder bereits bei der erstmaligen [X.] die Umstände
ausklammern würde, die -
wie [X.] der Name des Straftäters
-
das weitere Vorhalten des Beitrags
später rechtswidrig werden lassen könnten, an deren Mitteilung die Öffentlichkeit aber im Zeitpunkt der erstmaligen Berichterstattung ein schützenswertes
Interesse hat.
45
-

24

-

dd) Eine andere rechtliche Beurteilung ist auch nicht nach den Grundsät-zen des Datenschutzrechts geboten. Der
Anwendungsbereich des Bundesda-tenschutzgesetzes ist im Streitfall
nicht eröffnet. Selbst wenn es sich bei dem Bereithalten der den Namen des [X.] enthaltenden Meldung
zum Abruf im [X.] um ein "Verarbeiten" personenbezogener Daten im Sinne des §
3 Abs.
4 Satz
1 BDSG handelte, wäre die Anwendung des Bundesdatenschutz-gesetzes jedenfalls nach dessen §
1 Abs.
5 Satz
1 ausgeschlossen.
Danach
findet das Gesetz keine Anwendung, wenn eine in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den [X.] belegene verantwortliche Stelle perso-nenbezogene Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt, es sei denn, dies erfolgt durch eine Niederlassung im Inland
(vgl. auch BT-Drucks. 14/4329, S.
29; [X.], [X.], 232, 233).
Die beanstandete Meldung wurde aber von der in [X.]
-
und damit in einem Mitgliedstaat der [X.]
-
ansässigen [X.] zum Abruf im [X.] bereitgehalten.
46
-

25

-

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
91 Abs.
1 ZPO.
Galke
Wellner
Pauge

Stöhr
von Pentz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.01.2008 -
324 O 548/07 -

O[X.], Entscheidung vom 29.07.2008 -
7 U 22/08 -

47

Meta

VI ZR 217/08

08.05.2012

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.05.2012, Az. VI ZR 217/08 (REWIS RS 2012, 6688)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6688

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VI ZR 217/08

VI ZR 245/08

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