BT-Drucksache 17/1069

Deutsche Polizeiarbeit in Afghanistan

Vom 16. März 2010


Deutscher Bundestag Drucksache 17/1069
17. Wahlperiode 16. 03. 2010

Große Anfrage
der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Korte, Agnes Alpers, Jan van Aken,
Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Karin Binder, Matthias W. Birkwald,
Heidrun Bluhm, Steffen Bockahn, Christine Buchholz, Eva Bulling-Schröter,
Dr. Martina Bunge, Roland Claus, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Heidrun
Dittrich, Werner Dreibus, Dr. Dagmar Enkelmann, Klaus Ernst, Wolfgang Gehrcke,
Nicole Gohlke, Diana Golze, Annette Groth, Dr. Gregor Gysi, Heike Hänsel,
Dr. Rosemarie Hein, Inge Höger, Dr. Barbara Höll, Andrej Hunko, Dr. Lukrezia
Jochimsen, Katja Kipping, Harald Koch, Jutta Krellmann, Katrin Kunert, Caren
Lay, Sabine Leidig, Ralph Lenkert, Michael Leutert, Stefan Liebich, Ulla Lötzer,
Dr. Gesine Lötzsch, Thomas Lutze, Ulrich Maurer, Dorothee Menzner, Cornelia
Möhring, Kornelia Möller, Niema Movassat, Wolfgang Neskovic, Thomas Nord,
Petra Pau, Jens Petermann, Richard Pitterle, Yvonne Ploetz, Ingrid Remmers, Paul
Schäfer (Köln), Michael Schlecht, Dr. Herbert Schui, Dr. Ilja Seifert, Kathrin Senger-
Schäfer, Raju Sharma, Dr. Petra Sitte, Kersten Steinke, Sabine Stüber, Alexander
Süßmair, Dr. Kirsten Tackmann, Frank Tempel, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich,
Kathrin Vogler, Sahra Wagenknecht, Halina Wawzyniak, Harald Weinberg, Katrin
Werner, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Deutsche Polizeiarbeit in Afghanistan

Der Polizeiaufbau in Afghanistan wird von einer Vielzahl von Nationen und
Missionen unterstützt. Akteure sind unter anderem das bilaterale deutsche
Polizeiteam (GPPT), EUPOL (Europäische Polizeimission) Afghanistan, die
USA, eine Reihe anderer Staaten sowie Private Militär- und Sicherheitsunter-
nehmen (PMSCs). Zudem hat die NATO eine sogenannte NATO Training
Mission ins Leben gerufen (NTM). Die verschiedenen Akteure verfolgen un-
terschiedliche Konzepte. Federführend bei der Polizeiausbildung ist das dem
US-Verteidigungsministerium zugehörige Vereinte Sicherheitskommando –
Afghanistan (CSTC-A), das ein eher militärisch orientiertes Ausbildungsziel
verfolgt.

Eine effiziente Koordinierung dieser vielfältigen Bemühungen findet offenbar
nicht statt. Zwar gibt es unterschiedliche Gremien, unter anderem der Interna-
tionale Polizeikoordinierungsausschuss (IPCB), das bereits genannte CSTC-A,

auch EUPOL leistet Koordinierungsarbeit. Dennoch sieht sich die Bundes-
regierung nicht in der Lage, Details zur Ausbildungsarbeit anderer Akteure und
zur Präsenz von Privaten Militär- und Sicherheitsdienstleistern (bzw. Söldner-
firmen, PMSCs) anzugeben (Bundestagsdrucksache 17/586). „Koordiniertes
Vorgehen oder das Festlegen von Standards gibt es nicht“, hält der Bund Deut-
scher Kriminalbeamter (BDK) in einem Positionspapier vom Januar 2010 fest.

Drucksache 17/1069 – 2 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Die afghanische Polizei, insbesondere die Bereitschaftspolizei (ANCOP), ist
paramilitärisch orientiert. Dadurch, wie auch durch ihre enge Zusammenarbeit
mit der Bundeswehr, werden auch deutsche Polizisten immer mehr in eine
paramilitärische Tätigkeit eingebunden, was ihr Sicherheitsrisiko erhöht. So
sah sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) schon vor knapp zwei Jahren ver-
anlasst, in einem Positionspapier darauf hinzuweisen, die deutsche Polizei sei
„weder vom Berufsbild, noch von der Ausbildung und auch nicht von der Aus-
rüstung her geeignet, in unbefriedete Bürgerkriegsgebiete entsandt zu werden“.
Gerade heute, da der Bundesminister der Verteidigung, Dr. Karl-Theodor
Freiherr zu Guttenberg, selbst einräumt, in Afghanistan herrschten kriegsähn-
liche Zustände, erhält die GdP-Forderung, ein Polizeieinsatz dürfe „nur nach
Beendigung von Kriegshandlungen“ erfolgen, große Relevanz.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter bilanziert in seinem Positionspapier,
dass die Sicherheitslage in Afghanistan schlechter geworden sei. Mit zuneh-
mender Dauer schwinde die Zustimmung für den Einsatz, sowohl in Afghanis-
tan als auch in Deutschland. Die afghanische Polizei genieße in Afghanistan
kaum Ansehen, sie sei dafür bekannt, die Bevölkerung „abzukassieren“. Ihre
„Straßenräuber-Abzockerei“ und das Problem der „allumfassenden Korrup-
tion“ veranlassen den BDK, den Einsatz als „Desaster“ zu bilanzieren. Außer-
dem befürchtet der BDK, das geringe Ansehen der Afghanischen Nationalpoli-
zei (ANP) könne auf die deutschen Polizeiausbilder abfärben, wenn sie etwa
korrupte Beamte unterstützen. Das könnte die Gefährdung der deutschen Aus-
bilder weiter erhöhen.

Die Qualität der Ausbildung afghanischer Polizisten ist bisher nicht evaluiert
worden. Berichte über hohe Desertionsraten bzw. Übertritte zu PMSCs, Mili-
zen, Warlords oder Aufständischen und die anhaltend hohe Analphabetenquote
vermitteln den Eindruck, dass die Polizeiausbildungshilfe wenig erfolgreich ist.

Zudem droht das proklamierte Ziel der Polizeihilfe – der Aufbau rechtsstaat-
licher Verhältnisse incl. eines staatlichen Gewaltmonopols – dadurch konter-
kariert zu werden, dass damit begonnen wurde, lokale Milizen zu rekrutieren
und sie im Kampf gegen Aufständische zu engagieren.

Wir fragen die Bundesregierung:

Übersicht über Akteure

1. Welche Polizei-Ausbildungsmissionen welcher Akteure gibt es derzeit in
Afghanistan (bitte möglichst vollständige Auflistung)?

2. Wie viele Kräfte sind dabei von Seiten welcher Nationen sowie inter-/supra-
nationaler Organisationen engagiert (bitte jeweils nach Angehörigen von
Polizei und Militärs sowie zivilen Beratern unterscheiden und deren Funk-
tionen aufzeigen)?

3. Welche Privaten Sicherheits- und Militärdienstleister (PMSCs) sind dabei
engagiert (bitte vollständig auflisten und Zahl der eingesetzten Kräfte sowie
Funktionen darstellen)?

a) Wer hat diese Unternehmen engagiert bzw. beauftragt, und wer über-
nimmt die Kosten?

b) Wie viele und welche PMSCs verfügen über eine Lizenzierung seitens
der afghanischen Regierung?

c) Wie hat sich die Zahl der von PMSCs Beschäftigten seit 2002 entwickelt?

4. Wie hoch ist die finanzielle Unterstützung, mit der die unterschiedlichen

Akteure zum Aufbau der afghanischen Polizei beitragen (bitte für die
Jahre 2002 bis 2009 sowie wenn möglich Planungen für 2010 angeben)?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 3 – Drucksache 17/1069

5. Wie haben sich die deutschen Gesamtkosten in Zusammenhang mit dem
Aufbau der afghanischen Polizei seit 2002 entwickelt (bitte pro Jahr nach
entsprechenden Haushaltstiteln gliedern)?

Für welche Zwecke (auslandsbedingte Mehraufwendungen, Baukosten,
Ausstattungshilfe usw.) wurden diese Gelder verwendet?

6. Was sind die wesentlichen Unterschiede bei den Ausbildungskonzepten
und konkreten Ausbildungsangeboten von GPPT, EUPOL, NTM, den USA
und anderen Akteuren?

a) Welche Ziele und Standards verfolgen diese?

b) Welche Art von Unterstellungsverhältnissen und Hierarchien existieren
zwischen diesen Akteuren?

7. Wie bewertet die Bundesregierung bislang den Erfolg der unterschied-
lichen Ausbildungsmissionen (bitte differenziert darstellen)?

a) Aufgrund welcher Tatsachen und welchen Zahlenmaterials kommt sie
zu dieser Einschätzung?

b) Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für das weitere deutsche
Engagement?

8. Wie gestalten sich die Koordinierungsbemühungen des International Police
Coordination Board (IPCB), und wie setzt sich dieses zusammen?

a) Welche Nationen, Organisationen bzw. Missionssteller entsenden wie
viele Vertreter?

Wie viele deutsche Vertreter sind darunter, und von welchen Dienststel-
len stammen diese?

b) Welche PMSCs entsenden wie viele Vertreter?

c) Wie viele der Teilnehmer des IPCB sind Angehörige von Militärs, und
um welche Militärs handelt es sich dabei?

9. Wie häufig tagt das IPCB, wie häufig hat es in den Jahren 2007, 2008 und
2009 jeweils getagt?

10. Werden Protokolle von den Sitzungen angefertigt, und wenn ja, sind diese
der Bundesregierung bekannt, und inwiefern beabsichtigt sie, diese dem
Bundestag zur Kenntnis zu bringen?

11. Welche auf dem Gebiet des Polizeiaufbaus tätigen Akteure sind nicht im
IPCB vertreten?

12. In welchem Maße werden im IPCB oder in anderen Gremien (welchen?)
bevorstehende Projekte bzw. Ausbildungs- und Ausstattungsmaßnahmen
im Vorfeld den anderen Akteuren angekündigt, und welche Defizite sieht
die Bundesregierung hier?

13. Wie bewertet die Bundesregierung in Hinsicht auf die Koordinierungs-
funktion bisherige Erfolge und bestehende Defizite des IPCB?

Wie bewertet sie die Bereitschaft der verschiedenen Akteure, ihre Aktivi-
täten im Rahmen des IPCB abzustimmen, und welche Akteure beteiligen
sich nach Auffassung der Bundesregierung zu wenig an der erforderlichen
Koordination?

14. Welche Rolle spielt das CSTC-A für Entwicklung, Koordinierung, Imple-
mentierung und Durchführung der Polizeiausbildung?

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15. Sind im CSTC-A Vertreter anderer Akteure, und wenn ja,

a) wie viele (bitte den jeweiligen Akteuren zuordnen und bei deutschen
Vertretern die entsendende Dienststelle angeben),

b) wie häufig tagt das entsprechende Koordinierungsgremium,

c) werden Protokolle von den Sitzungen angefertigt, und wenn ja, sind
diese der Bundesregierung bekannt, und inwiefern beabsichtigt sie,
diese dem Bundestag zur Kenntnis zu bringen?

16. Wie werden das IPCB und CSTC-A finanziert (bitte Beiträge unterschied-
licher Partnernationen bzw. Organisationen und wichtigste Ausgabenpos-
ten darstellen sowie bei deutschen Beiträgen die entsprechenden Haus-
haltstitel angeben)?

17. Welche für deutsche Polizisten sowie Soldaten maßgeblichen Rechtsgrund-
lagen sowie schriftliche Kodifizierungen gibt es für ihre Teilnahme an der
Koordinierungsarbeit des IPCB und des CSTC-A?

a) Welche Abmachungen wurden außerdem zwischen den unterschied-
lichen Akteuren zur Koordinierung der Polizeiausbildung getroffen?

b) In welchen Kommando- und Unterstellungsverhältnissen befinden sich
deutsche Soldaten bzw. Polizisten hierbei?

c) Wer entscheidet bei Konflikten über die konkrete Arbeitsaufteilung?

18. Welche Rolle spielt die EU-Projektzelle?

Wie viele deutsche Vertreter wirken darin (bitte entsendende Dienststelle
angeben), und wie viele Vertreter welcher anderer Nationen bzw. Organisa-
tionen?

19. Welche weiteren Koordinierungsstrukturen, Arbeitsgruppen, Projektgrup-
pen usw. existieren in Afghanistan im Bereich der Polizeiausbildung (ein-
schließlich derer auf regionaler Ebene)?

a) Wie sind diese jeweils zusammengesetzt (bitte ständige Mitglieder und
Teilnehmer vollständig aufführen)?

b) Wie häufig tagen diese Gremien?

c) Werden Protokolle von den Sitzungen angefertigt, und wenn ja, sind
diese der Bundesregierung bekannt, und inwiefern beabsichtigt sie,
diese dem Bundestag zur Kenntnis zu bringen?

20. Welche weiteren Formen der Kooperation gibt es zwischen den verschiede-
nen Akteuren auf dem Gebiet der Polizeiausbildung (bitte detailliert dar-
stellen)?

21. Wie schätzt die Bundesregierung Rolle und Bedeutung von IPCB, CSTC-A,
EUPOL sowie GPPT und ihr Verhältnis zueinander ein?

a) Inwiefern stehen diese miteinander in institutionalisiertem oder infor-
mellem Kontakt, um ihre Bemühungen aufeinander abzustimmen?

b) Verfügt die Bundesregierung über Organigramme, die die unterschied-
lichen Koordinierungsinstanzen und deren Zusammensetzung sowie
Zusammenarbeit darstellen (bitte ggf. als Anlage beifügen)?

22. Welche Rolle und Bedeutung haben Private Sicherheits- und Militärunter-
nehmer (PMSCs) bei der Polizeiausbildung in Afghanistan?

23. Welche PMSCs sind mit wie vielen Angehörigen in Afghanistan vertreten,
und worin besteht ihre Tätigkeit?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 5 – Drucksache 17/1069

a) Sind PMSCs direkt an Ausbildungsmaßnahmen beteiligt, und wenn ja,
an welchen, an welchen Standorten, und mit wie vielen Personen?

b) Welche Berührungspunkte gibt es zwischen PMSCs, dem GPPT,
EUPOL und NTM (bitte jeweils einzeln darstellen)?

c) Wie bewertet die Bundesregierung die Koordination der unterschied-
lichen Ausbildungsmaßnahmen insbesondere mit den PMSCs?

d) Welche Ausbildungskonzepte verfolgen die PMSCs, und wer kontrol-
liert sie?

e) Inwiefern sind Mitarbeiter von PMSCs mit Schusswaffen ausgerüstet?

Welche Detailkenntnisse hierzu hat die Bundesregierung?

24. Wie bewertet die Bundesregierung insgesamt den Stand der Koordinierung
der unterschiedlichen Ausbildungsakteure bzw. die bestehenden Konkur-
renzen?

a) Welche Defizite sieht sie?

b) Inwiefern werden unterschiedliche Ausbildungsabschnitte definiert und
gewährleistet, dass Absolventen des einen Abschnittes im Anschluss
daran den nächsten Ausbildungsabschnitt (eines anderen Akteurs) be-
ginnen können?

c) Inwiefern sind PMSCs in die Koordinierung der Ausbildung integriert,
und an welchen Koordinierungsgremien beteiligen sich PMSCs (bitte
einzeln aufführen und Unternehmen benennen)?

d) Welche Konsequenzen will sie aus dieser Bewertung ziehen bzw. wel-
che sind bereits gezogen worden?

25. Wie gestaltet sich die Koordination zwischen deutschen Polizisten und
deutschen Soldaten (für Feldjäger bitte gesondert angeben), welche Gre-
mien sind hierfür eingerichtet, und wer ist darin vertreten?

Welche weiteren Koordinierungsgremien sind in diesem Zusammenhang
von Belang, und inwiefern stehen diese mit den anderen Koordinierungs-
gremien bzw. Missionen in Kontakt?

26. Kann die Bundesregierung Angaben dazu machen

a) wie viele afghanische Polizisten seit 2002 von den verschiedenen inter-
nationalen Akteuren aus- und fortgebildet worden sind (bitte pro Akteur
einzeln darstellen),

b) wie viele von diesen heute noch im afghanischen Polizeidienst sind,

c) und wenn nein, warum kann sie solche Angaben nicht über das IPCB
oder andere Koordinierungsgremien beziehen?

27. Wie bewertet die Bundesregierung die Strategie, lokale Milizen für den
Kampf gegen Aufständische zu unterstützen, und welche Bedeutung hat
dies aus ihrer Sicht für die Bemühungen, in Afghanistan rechtsstaatliche
Verhältnisse inklusive des Aufbaus eines staatlichen Gewaltmonopols her-
zustellen?

a) Ist die Absicht, Public Protection Units aufzustellen oder andere Milizen
zu engagieren, im IPCB oder an anderer Stelle (welcher?) zuvor ange-
kündigt und abgesprochen worden?

b) Welche Kooperationsformen zwischen Milizen und Polizeikräften (wel-
cher Staaten) sind der Bundesregierung bekannt?
c) Sind deutsche Polizisten und/oder Soldaten an der Unterstützung von
Milizen beteiligt, und wenn ja, inwiefern?

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28. Welche Ausstattungs- und Ausbildungshilfen für Milizen sind durch die in
Afghanistan engagierten Organisationen, Nationen bzw. Unternehmen bis-
lang erfolgt, und welche sind noch vorgesehen (bitte detailliert darstellen
und Geber und Empfänger auflisten)?

a) Wird hierüber im IPCB oder an anderer Stelle (welcher?) regelmäßig
informiert, und wenn ja, wie beurteilt die Bundesregierung die Vollstän-
digkeit dieser Berichte?

Wenn nein, warum nicht?

b) Wie wird der Verbleib erfolgter Ausstattungshilfe an Milizen kontrol-
liert, und welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Erfolg
dieser Kontrolle?

29. Wie bewertet die Bundesregierung den bisherigen Verlauf und Erfolg der
Community Defence Initiative, und welche Konsequenzen will sie hieraus,
ggf. über ihre Präsenz in Koordinierungsgremien, ziehen?

30. Wie weit sind mittlerweile die Überlegungen zur Schaffung einer afghani-
schen Gendarmerie gediehen, und inwiefern wird sich Deutschland an ihrer
allfälligen Ausbildung beteiligen (bitte ggf. die Zahl deutscher Polizisten
sowie Soldaten angeben, die hieran beteiligt werden)?

31. Ist der Bundesregierung bekannt, ob bzw. inwiefern die Europäische Gen-
darmerietruppe (EGF) in Afghanistan eingesetzt wird oder künftig einge-
setzt werden soll, und falls ja, inwiefern werden deutsche Polizisten sowie
Soldaten mit der EGF zusammenarbeiten?

32. Welche Ausführungen kann die Bundesregierung darüber machen, inwie-
fern der BND (Bundesnachrichtendienst) und der MAD (Militärischer
Abschirmdienst) sich mit der Ausbildungsarbeit deutscher Polizisten in
Afghanistan beschäftigen?

Aufbau Justizwesen

33. Welchen Stellenwert hat die Vermittlung eines (Menschen-)Rechts-
bewusstseins bei afghanischen Polizisten im Vergleich zur Vermittlung
handwerklich-polizeilicher Fähigkeiten?

a) Welche Kurse werden zur Vermittlung eines (Menschen-)Rechtsbe-
wusstseins bei afghanischen Polizisten angeboten, und inwiefern sind
deutsche Polizisten hieran beteiligt?

b) Welche weiteren Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, um
afghanischen Polizisten ein rechtsstaatliches Fundament der Polizei-
tätigkeit zu vermitteln?

34. Wie hoch ist der Anteil von Richtern und Staatsanwälten, die über keine
juristische Ausbildung verfügen (ggf. nach Distrikten gliedern, über die der
Bundesregierung Erkenntnisse vorliegen)?

35. Wie viele Richter, Staatsanwälte und Strafvollzugsbeamte sind in Afgha-
nistan seit 2002 insgesamt ausgebildet worden?

36. Wie bewertet die Bundesregierung den gegenwärtigen Zustand des afgha-
nischen Justizwesens und die Einhaltung rechtsstaatlicher Standards durch
dieses?

a) In welchen Bereichen sieht sie Defizite?

b) Wie bewertet sie insbesondere die Gewährleistung der Rechte von
Frauen sowie sozialer, ethnischer, politischer Minderheiten und von

Homosexuellen und Transgendern?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 7 – Drucksache 17/1069

37. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, um den Aufbau
eines afghanischen Justizwesens zu fördern, und welche finanziellen Be-
lastungen geht sie dabei ein, und aus welchem Einzelposten werden diese
getragen?

38. Welche Anstrengungen zum Justizaufbau unternehmen andere Akteure
(welche, und in welchem Rahmen)?

39. Inwiefern beteiligt sich die Bundesregierung am Afghanischen Treuhand-
fonds für Wiederaufbau, wie hoch ist dieser Fonds insgesamt, und welche
Nationen beteiligen sich mit welchem Fördervolumen daran?

40. Finanziert Deutschland weiterhin den Justizkoordinator in Kundus, und
wenn nein, warum nicht?

Wenn ja,

a) wer hat den Koordinator ausgewählt, und inwiefern ist dies mit welchen
Stellen sowie Koordinierungsgremien abgesprochen worden,

b) welche konkreten Erfahrungen hat der Koordinator gemacht,

c) was sind die bisherigen und was die zukünftigen Tätigkeitsschwer-
punkte des Koordinators,

d) welche konkreten Erfolge kann der Koordinator vorweisen,

e) hat der Koordinator einen Jahres-, Rechenschafts-, Zwischen- oder
sonstigen Bericht erfasst, der seine Tätigkeit beschreibt, und wenn ja,
wo findet sich dieser Bericht, und inwiefern kann er dem Bundestag zu-
gänglich gemacht werden?

41. Wie bewertet die Bundesregierung den gegenwärtigen Zustand des afgha-
nischen Strafvollzugswesens (Rechtsstaatlichkeit des Vollzugs, Zustand
der Strafvollzugsanstalten), und welche Defizite sieht sie?

NTM/FDD

42. Welche Nationen, Organisationen sowie Privatunternehmen beteiligen sich
derzeit an der NATO Training Mission (NTM)?

43. Wer (welche Dienststelle/Abteilung) leitet die Maßnahmen im Rahmen der
NTM?

a) Welche Gremien, Organisationen, Unternehmen oder Dienststellen sind
mit der Konzeptionierung der im Rahmen der NTM stattfindenden Aus-
bildungsmaßnahmen betraut, und welche Koordinierungsgremien gibt
es hierfür?

b) Wie sind diese Gremien strukturiert, und wer ist darin vertreten (bitte
ggf. ein Organigramm anfügen)?

44. Welche Ausbildungsmaßnahmen sind im Rahmen der NTM bislang kon-
kret durchgeführt worden, und welche sind derzeit geplant (bitte nach Bei-
trägen der einzelnen teilnehmenden Akteure aufgliedern)?

45. Aus welchem Grund beteiligt sich die Bundeswehr nicht an der NTM-Aus-
bildungsarbeit bzw. falls sie sich mittlerweile daran beteiligt, in welchem
Umfang und mit welchen Beiträgen?

46. Welche finanziellen Aufwendungen haben die NATO-Staaten für die NTM
vereinbart, und inwiefern beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland
hieran?

47. Inwiefern ist die Etablierung und Arbeitsweise der NTM im Vorfeld mit
anderen Akteuren wie EUPOL, Bundespolizei und Länderpolizeien abge-

stimmt und in Gremien wie dem IPCB besprochen worden, und wie voll-
zieht sich gegenwärtig die entsprechende Kommunikation?

Drucksache 17/1069 – 8 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

48. Inwiefern sind deutsche Polizisten (im GPPT oder EUPOL) in Maßnahmen
im Rahmen von NTM eingebunden?

49. Inwiefern treffen die Angaben der NATO auf ihrer Homepage zu, ISAF
(Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe in Afghanistan) arbeite „in
Abstimmung und mit Unterstützung“ durch EUPOL AFG, und ISAF unter-
stütze die afghanische Polizei „vorrangig auf taktischem Gebiet, mit mili-
tärischer Unterstützung“?

a) In welcher Form erfolgt die Abstimmung zwischen ISAF und EUPOL
sowie dem GPPT, und welche Koordinierungsgremien werden hierfür
genutzt (bitte deren Zusammensetzung angeben)?

b) Welche Art von Unterstützung wird von der ISAF gewährt, und welchen
Polizeieinheiten kommt diese zuteil?

c) Werden auch Milizen im Rahmen der NTM unterstützt, und wenn ja,
wie genau?

50. Inwiefern gehört zur Polizeiausbildung im Rahmen der NTM auch Ausstat-
tungshilfe (bitte ggf. Ausrüstungsgüter auflisten)?

a) Welche Ausstattungshilfen sind bislang bereit oder in Aussicht gestellt
worden (bitte jeweils Geber und Empfänger angeben)?

b) Wer entscheidet über die Vergabe der Ausstattungsgüter?

c) Wer stellt die Ausstattungsgüter zur Verfügung, und wer kommt für die
Kosten auf?

d) Wer kontrolliert den Verbleib dieser Güter bei der afghanischen Polizei?

51. Wer leitet die Maßnahmen im Rahmen des FDD (bitte Dienststelle/Abtei-
lung angeben)?

52. Inwiefern ist die Information der Zeitschrift des US-Verteidigungsministe-
riums „Enduring Ledger“ (Oktober 2009) zutreffend, dass der Ausbil-
dungsteil im Rahmen von FDD künftig von der NTM wahrgenommen
wird, und zwar unter Führung des CSTC-A und wie ist in diesem Zu-
sammenhang die Aussage der Bundesregierung (auf Bundestagsdruck-
sache 17/586) zu verstehen, die „Gesamtkoordination des Ausbildungspro-
gramms“ übernehme EUPOL?

a) Welche Rolle spielen die genannten Organisationen bzw. Gremien so-
wie das IPCB bei Konzeptionierung, Durchführung und Koordination
des FDD?

b) Welche Nationen bzw. Akteure übernehmen welche Phasen des FDD?

c) Was bedeutet die Rolle des CSTC-A bzw. der USA für die praktische
Arbeit der im Rahmen des FDD eingesetzten deutschen Polizisten und
für die Unterstellungsverhältnisse?

53. Welche konkreten Unterstützungsleistungen führt die Bundeswehr im Rah-
men des FDD durch?

Welche davon inner- und außerhalb gesicherter Zentren?

a) Welche unterschiedlichen Aufgaben haben, über die verschiedenen
Ausbildungsetappen verteilt, Soldaten und Polizisten im FDD-Pro-
gramm?

b) Wie viele deutsche Soldaten sind im Rahmen des FDD insgesamt enga-
giert, und wie viele sollen sich in diesem und im kommenden Jahr daran
beteiligen?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 9 – Drucksache 17/1069

c) Wie viele Police Mentoring Teams will die Bundesregierung 2010 und
2011 zur Verfügung stellen?

d) Wie viele deutsche Polizisten haben sich bislang am FDD beteiligt, wie
viele beteiligen sich gegenwärtig daran, und wie viele sollen sich in die-
sem und im kommenden Jahr daran beteiligen (bitte differenzieren in
Lang- und Kurzzeitexperten)?

e) Nutzen die Police Mentoring Teams zivile Fahrzeuge oder militärische
Fahrzeuge, und welche Beschriftung tragen diese?

54. Welche konkreten Erfahrungen sind bislang im Rahmen der FDD-Ausbil-
dung gemacht worden, und welche Konsequenzen wurden hieraus gezo-
gen?

55. In wie vielen Distrikten ist das FDD-Programm bereits abgeschlossen wor-
den, und inwiefern ist in diesen Distrikten eine signifikante und nachhal-
tige Veränderung der Sicherheitslage sowie der Polizeiarbeit festzustellen?

56. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zu der Frage, inwiefern sich
durch das FDD-Programm die Kenntnis und Berücksichtigung der Men-
schenrechte und der einschlägigen nationalen Rechtsgrundlagen bei den
trainierten Polizisten signifikant und nachhaltig bessert, und welche zeitli-
chen und sonstigen Kapazitäten stehen zur Verfügung, um diesbezügliche
Maßnahmen überhaupt durchzuführen?

57. Ist bislang stets gewährleistet gewesen, dass sich Evaluierungs-, Ausbil-
dungs- und Nachbetreuungsteil des FDD unmittelbar aufeinander folgen
oder hat es bei einzelnen Maßnahmen längere Unterbrechungen gegeben
(bei wie vielen Maßnahmen, wie lange waren die Unterbrechungen)?

58. Inwiefern wird militärische Unterstützung auch in der Evaluierungs- und
Nachbetreuungsphase zur Verfügung gestellt?

59. Inwiefern sind PMSCs in das FDD eingebunden (welche)?

60. Inwiefern ist EUPOL in die praktische Durchführung des FDD eingebun-
den?

61. Welche Veränderungen wird es im FDD durch die Entsendung Tausender
von US-Soldaten geben, die Polizeiausbildung betreiben sollen, und wie
schätzt die Bundesregierung diese weitere Militarisierung der Polizeiarbeit
unter Sicherheitsaspekten ein?

62. Welche Unterstützung in Zusammenhang mit der Polizeiausbildung leistet
die Bundeswehr über ihr Engagement beim FDD hinaus, und inwiefern
wird sie ihren Kräfteansatz hierfür ausbauen oder hat dies bereits getan
(bitte detailliert darstellen)?

63. Soll die bisherige Basisausbildung deutscher Feldjäger, die gegenwärtig
ausgesetzt ist, wieder aufgenommen werden, und wenn ja, wann und in
welchem Umfang, und inwiefern gibt es dabei Modifikationen des Ausbil-
dungsinhaltes und der Ausbildungslänge?

64. Worin liegt nach Ansicht der Bundesregierung der spezifische Nutzen der
Einbindung von Soldaten in die Polizeiausbildung?

65. Welche Art von Ausrüstungsgegenständen wird im Rahmen von FDD aus-
gehändigt, und wer kommt hierbei für die Kosten auf?

66. Welche weiteren Formen der Zusammenarbeit (über FDD hinaus) zwi-
schen im Rahmen von GPPT oder EUPOL eingesetzten deutschen Polizis-
ten und ISAF-Einheiten einschließlich der Bundeswehr gibt es (bitte mög-

lichst vollständige Aufzählung einschließlich der Nutzung von Unterkünf-
ten)?

Drucksache 17/1069 – 10 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

Afghanische Polizei

67. Welche Ausstattungshilfen hat die Bundesrepublik in den Jahren 2009 und
2010 der afghanischen Polizei geleistet, und welche Ausstattungshilfen
sind derzeit geplant (bitte nach ANP, ANCOP und ABP (afghanische
Grenzpolizei) getrennt darstellen)?

68. Inwiefern kann die Bundesregierung die Ausführungen eines ehemaligen
Polizeiausbilders (Deutsche Polizei, 3/2010) bestätigen, demzufolge hoch-
wertige Kriminaltechnik „in Abstellräumen des Innenministeriums oder in
Polizeihauptquartieren angehäuft wird und verrottet, sobald sich die inter-
nationalen Polizeiausbilder zurückziehen. Einsatz, Wartung und Pflege
sind nicht organisiert“?

69. Wie viele afghanische Polizisten sind derzeit in den unterschiedlichen Poli-
zeieinheiten einsatzbereit?

70. Wie viele afghanische Polizisten haben inzwischen an Aus- bzw. Fortbil-
dungsmaßnahmen deutscher Polizisten bzw. Polizeitrainer teilgenommen?

a) Wie viele dieser Ausbildungen haben nur vier Wochen gedauert?

b) Welche Ausbildungsinhalte wurden vermittelt (bitte komplett aufführen
und die Dauer der jeweiligen Ausbildungen angeben)?

c) Welche Ausbildungsabschlüsse wurden dabei erreicht?

d) Wie viele dieser Ausbildungsmaßnahmen sind nach der Londoner
Afghanistan-Konferenz abgeschlossen worden (bitte ebenfalls nach
Ausbildungsinhalten und -abschlüssen gliedern), und für wie realistisch
hält die Bundesregierung das selbstgesteckte Ziel, innerhalb von drei
Jahren (gerechnet von der Londoner Afghanistankonferenz an) 15 000
afghanische Polizisten auszubilden?

e) Enthalten die Zahlen zu den obigen Fragen Mehrfachnennungen, weil
manche afghanische Polizisten an mehreren Kursen teilgenommen
haben, und wenn ja, wie hoch ist die Zahl der bislang insgesamt sowie
nach der Londoner Konferenz ausgebildeten Polizisten nach Abzug von
Mehrfachnennungen?

71. Wie erklärt sich der Widerspruch zwischen der Aussage der Bundesregie-
rung auf Bundestagsdrucksache 17/586, die Ausbildungszeiten betrügen
zum Teil nur vier Wochen, und der Aussage des früheren GPPT-Leiters in
Kabul, der bei einem Berichterstattergespräch im Haushaltsausschuss am
8. Februar 2010 ausführte, eine Ausbildungsdauer von acht Wochen sei als
Minimum zu betrachten?

72. Wie viele der ausgebildeten Polizisten sind Angehörige der ANP, der Be-
reitschaftspolizei (ANCOP) bzw. der Grenzpolizei (ABP)?

73. Wie hoch ist der Frauenanteil bei der afghanischen Polizei (bitte nach den
verschiedenen Polizeieinheiten sowie nach einfachem, mittleren und höhe-
ren Dienst differenziert darstellen)?

74. Wie schätzt die Bundesregierung die ethnische Ausgewogenheit der afgha-
nischen Polizei ein (bitte detailliert nach ANCOP, ANP und ABP), und an-
hand welcher Kriterien wird die „ethnische Zugehörigkeit“ eines Polizisten
ermittelt?

75. Worin unterscheiden sich die Einsatzkonzepte und Aufgabengebiete der
Afghanischen Nationalpolizei, der Bereitschaftspolizei und der Grenzpoli-
zei?
76. Trifft es zu, dass Einsätze anlässlich von Demonstrationen insbesondere zu
den Aufgabengebieten der Bereitschaftspolizei gehören?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 11 – Drucksache 17/1069

77. Welches Engagement wird bislang in der deutschen Polizeimission auf das
„Train-the-Trainer“-Konzept, also die Ausbildung von Polizeiausbildern,
gelegt, und wie viele deutsche Polizisten fungieren hierbei als Ausbilder?

a) Trifft es zu, dass seit 2002 rund 900 afghanische Ausbilder von deut-
schen Polizisten ausgebildet worden sind (ggf. die korrekten Zahlen
nennen)?

b) Zu welchen Polizeieinheiten (ANP, ANCOP, ABP) gehören diese Aus-
bilder?

c) Warum beschränkt die Bundesregierung das Ziel der in den nächsten
drei Jahren auszubildenden Trainer auf 500 und strebt damit eine niedri-
gere Zahl als in der Vergangenheit an?

d) Nach welchen Kriterien und von welcher Behörde/welcher Dienststelle
werden die afghanischen Polizeibeamten für das „Train-the-Trainer“-
Verfahren bestimmt?

78. Wie bewertet die Bundesregierung das Problem der Verluste bei der afgha-
nischen Polizei, insbesondere Todesfälle in Folge von Kampfhandlungen
oder Anschlägen, Desertionen, vorzeitige Kündigungen, Übertritte zu Ar-
mee und PMSCs?

Welches Zahlenmaterial steht der Bundesregierung hierzu zur Verfügung
(bitte ggf. angeben)?

79. Wie bewertet die Bundesregierung das Problem der kurzen Dienstzeit,
welche die Verträge für einen Großteil der afghanischen Polizei vorsehen,
welches Zahlenmaterial steht ihr hierfür zur Verfügung und welche Konse-
quenzen werden daraus gezogen?

80. Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem der Korruption bei der
afghanischen Polizei sowie anderen Institutionen des Sicherheitsapparates
und des Justizwesens (bitte detailliert darstellen), und welche Maßnahmen
werden, mit welchen deutschen Beiträgen, unternommen, um das Problem
zu lösen?

81. Welche Erfahrungen hat die Bundesregierung mit dem Law and Order
Trust Fund for Afghanistan (LOTFA) gemacht, und mit welchen Beiträgen
beteiligt sich die Bundesrepublik Deutschland hieran?

a) Welche weiteren Nationen beteiligen sich gegenwärtig mit welchem
finanziellen Engagement, und welche Zusagen für die Finanzierung der
gegenwärtigen LOTFA-Phase sind bisher von welchen Nationen (ein-
schließlich Deutschland) gemacht worden?

b) Welche Defizite gibt es bei der Gewährleistung pünktlicher und zuver-
lässiger Gehaltszahlungen für die Polizei?

82. Wie hoch sind derzeit die Gehälter für afghanische Polizisten (bitte nach
Dienstgraden bzw.- jahren aufgliedern sowie für ANP, ANCOP und ABP
getrennt darstellen)?

a) Wie hoch sind die Gehälter im Vergleich zum afghanischen Durch-
schnittsverdienst?

b) Wie hoch sind sie im Vergleich zu den Gehältern, die PMSCs bezahlen
bzw. zum Sold, den illegale bewaffnete Gruppen inklusive den Aufstän-
dischen bezahlen?

c) Inwieweit ist derzeit die pünktliche Zahlung der Gehälter gewährleistet,
und welche Probleme gibt es hierbei?

Drucksache 17/1069 – 12 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

83. Wie schätzt die Bundesregierung die Analphabetenquote bei der afghani-
schen Polizei ein (bitte aufgeteilt nach den unterschiedlichen Polizeieinhei-
ten und Regionen)?

84. Wie bewertet die Bundesregierung die Einhaltung rechtsstaatlicher Stan-
dards durch die afghanische Polizei, und in welchen Bereichen sieht sie
besonders hohe Defizite (bitte nach ANP, ANCOP und ABP aufgliedern)?

85. Inwiefern trifft es zu, dass hohe afghanische Polizeibeamte nicht oder nicht
ausschließlich nach fachlicher Qualifikation ernannt werden, sondern auf-
grund sozialer Beziehungen oder anderer fachfremder Erwägungen („Gut-
dünken des Präsidenten“)?

86. Ist der Bundesregierung bekannt und werden in den verschiedenen Koordi-
nierungsgremien Informationen darüber ausgetauscht, wie viele Fälle von
Gefangenenmisshandlung, Vergewaltigung und Tötungsdelikten durch Jus-
tizvollzugspersonal oder Polizisten es gibt (bitte ggf. angeben), und wenn
nein, welche Schritte unternimmt die Bundesregierung beispielsweise
gegenüber der afghanischen Regierung oder im Rahmen der diversen
Koordinierungsgremien, um solche Informationen zu erhalten?

87. Inwiefern beteiligt sich die ABP am Drogenschmuggel?

88. Inwiefern hält die Bundesregierung die in der Bundeswehr sowie unter
Polizisten verbreitete Einschätzung für zutreffend,

a) dass die „Crashkurse“, die afghanische Polizisten im Rahmen des FDD
erhalten, allenfalls Fähigkeiten vermitteln, sich gegen Angriffe wehren
zu können, die Polizisten jedoch über Gesetze, Beweissicherung oder
Probleme, wie zum Beispiel häusliche Gewalt, „so gut wie nichts“ er-
fahren, und

b) die angesetzte Zeitspanne für die PMTs (Polizei-Mentoren-Teams) viel
zu kurz bemessen sei, weil es „optimistisch gedacht“ fünf Jahre dauern
würde, „ehe wir sie allein arbeiten lassen können“, wie deutsche Polizis-
ten in Faizabad zitiert werden (loyal, 3/2010)?

89. Inwiefern trifft die Erkenntnis des Bundes Deutscher Kriminalbeamter
(BDK) zu, dass die afghanische Polizei in der Bevölkerung ein geringes
Ansehen genieße und unter anderem für ihre „Straßenräuber-Abzockerei“
bzw. dafür bekannt sei, die Bevölkerung an Checkpoints „abzukassieren“?

90. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussichten, Afghanistan in einen
Rechtsstaat zu transformieren, wenn es selbst in der von der Bundeswehr
kontrollierten und – relativ – stabilen Provinz Badachschan nur so lange
ruhig ist, wie sich die Bundeswehr nicht in die „schmutzigen Geschäfte“
der örtlichen Machthaber (Waffen- und Drogenhandel) einmischen, wie
dortige Soldaten von der Zeitschrift „loyal“ (3/2010) zitiert werden?

a) Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen auf die Glaub-
würdigkeit der deutschen Polizisten, wenn die afghanische Bevölkerung
zur Kenntnis nehmen muss, dass „die Deutschen“ die örtlichen Macht-
haber ihren kriminellen Geschäften nachgehen lassen?

b) Wie verträgt sich der Anspruch, einen Rechtsstaat aufzubauen, damit,
kriminelle Machthaber ungeschoren ihren Geschäften nachgehen zu las-
sen?

91. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über weitere illegale Metho-
den der afghanischen Polizei und deren Verbreitung?

92. Inwiefern haben deutsche Polizisten unangemeldeten Zugang zu Polizei-

wachen, Arrestzellen, Gefängnissen, und wie oft haben sie in der Vergan-
genheit Gebrauch von dieser Möglichkeit gemacht?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 13 – Drucksache 17/1069

93. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über Missstände in afgha-
nischen Gewahrsams- bzw. Haftanstalten?

94. Wie beurteilt die Bundesregierung das Problem des Schwunds an Ausrüs-
tungsgegenständen, die der afghanischen Polizei zur Verfügung gestellt
worden sind?

a) Wie beurteilt sie insbesondere das Problem des Schwunds an Schuss-
waffen, und inwieweit sind verschwundene bzw. gestohlene Schuss-
waffen an Aufständische oder illegale bewaffnete Gruppen geraten?

b) Wie viele Schusswaffen wurden in den Jahren 2002 bis 2009 aus
Beständen der afghanischen Polizei als verschwunden bzw. gestohlen
gemeldet (bitte nach Jahren und Schusswaffen aufgliedern)?

GPPT, EUPOL

95. Wie viele deutsche Polizisten waren bislang insgesamt in Afghanistan,
wie viele von ihnen zwei-, drei- und vierfach (bitte differenziert darstellen
nach Langzeit- und Kurzzeitexperten)?

96. Über welche Bewaffnung verfügen die im Rahmen von GPPT und
EUPOL eingesetzten deutschen Polizisten, und wie oft und bei welchen
Gelegenheiten haben sie in der Vergangenheit Gebrauch von diesen ge-
macht?

Sind dabei Personen verletzt oder getötet worden (bitte ggf. Zahlen nen-
nen)?

97. Inwiefern ist der Bundesregierung bekannt, über welche Bewaffnung
Polizisten anderer Missionssteller oder Akteure verfügen, und ob durch
deren Gebrauch bereits Personen zu Schaden kamen?

98. Inwiefern ist der Bundesregierung bekannt, über welche Bewaffnung Mit-
arbeiter afghanischer sowie ausländischer PMSCs verfügen, und ob durch
deren Gebrauch bereits Personen zu Schaden kamen?

99. Wie beurteilt die Bundesregierung die Sicherheitsstandards bei EUPOL
und dem GPPT im Vergleich?

a) Wie ist der Widerspruch zu erklären zwischen der Ausführung der
Bundesregierung auf Bundestagsdrucksache 17/586, die Sicherheits-
standards der EUPOL Mission entsprächen „in weiten Teilen denen
des bilateralen Polizei Projektteams“, und der Aussage eines Vertreters
des Bundesministeriums des Innern in der Innenausschusssitzung am
1. Dezember 2009, demzufolge die Sicherheitsstandards bei EUPOL
sehr hoch seien und es nicht gewollt sei, die Standards des GPPT an
diese anzugleichen, weil die Mission sonst nicht mehr praktikabel
durchzuführen sei?

b) Wodurch unterscheiden sich die Sicherheitsstandards konkret und in-
wiefern würde eine Angleichung der Standards des GPPT an jene von
EUPOL den Missionserfolg gefährden?

100. Inwiefern werden deutsche Polizisten vor ihrem Einsatz in Afghanistan
auf die dortigen, einem Kriegszustand vergleichbaren, Zustände vorberei-
tet, und welches, besonders auf den Einsatz in Kriegsgebieten zugeschnit-
tenes, Sicherheitstraining absolvieren sie dabei?

Welche Unterschiede gibt es hierbei zwischen Angehörigen des GPPT
und von EUPOL?

Drucksache 17/1069 – 14 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

101. Wie beurteilt die Bundesregierung, angesichts der Tatsache, dass der Bun-
desminister der Verteidigung den Afghanistan-Konflikt selbst als bewaff-
neten Konflikt betrachtet, die Notwendigkeit eines Parlamentsvorbehaltes
für die Entsendung von Polizisten ins Ausland, speziell in Kriegsgebiete?

102. Inwiefern teilt die Bundesregierung die Einschätzung der Gewerkschaft
der Polizei, Polizisten dürften nur nach Beendigung eines bewaffneten
Konflikts ins Ausland geschickt werden, und welche Konsequenzen erge-
ben sich daraus für den Afghanistan-Einsatz der Polizei, der in einem
zumindest kriegsähnlichen Umfeld stattfindet?

103. Wie schätzt die Bundesregierung die Gefahr ein, dass die intensive Zu-
sammenarbeit mit der afghanischen Polizei angesichts deren geringen An-
sehens sich negativ auf die deutschen Polizisten, insbesondere auf deren
Sicherheitslage und Ansehen, auswirkt, wie dies unter anderem der BDK
befürchtet?

104. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung des BDK, die Teilnahme
an Polizei-Mentoren-Teams im Rahmen des FDD sei „unbestritten der
gefährlichste Job, den je ein deutscher Polizist im Auslandseinsatz wahr-
genommen hat“, und wenn nein, warum nicht?

105. Beabsichtigt die Bundesregierung, auch bei fortwährend schlechter Si-
cherheitslage, an den Polizei-Mentoren-Teams festzuhalten oder will sie,
wie auch vom BDK gefordert, deutsche Polizisten nur noch in gesicherten
Ausbildungszentren einsetzen, und wenn nein, warum nicht?

106. Inwiefern wird beim Einsatz im Rahmen des FDD-Programms darauf
geachtet, dass deutsche Polizisten nur in „gesicherten“ Gebieten arbeiten,
und wie kann angesichts der Bürgerkriegssituation in Afghanistan über-
haupt von „gesicherten“ Gebieten gesprochen werden?

107. Beabsichtigt die Bundesregierung, Ausbildungen afghanischer Polizisten
verstärkt in Deutschland anzubieten, und wenn ja, welche Details kann sie
hierzu angeben, und wenn nein, warum nicht?

108. Inwiefern werden den afghanischen Polizisten Fähigkeiten zur „adäqua-
ten Bekämpfung“ von Aufständischen vermittelt?

a) Mit welchen eigenen Beiträgen sind deutsche Polizisten an der Ver-
mittlung dieser spezifischen Fähigkeiten beteiligt, und wodurch sind
sie speziell hierzu qualifiziert?

b) Mit welchen eigenen Beiträgen sind Soldaten der Bundeswehr und/
oder anderer Armeen an der Vermittlung dieser spezifischen Fähigkei-
ten beteiligt?

109. Wie beurteilt die Bundesregierung das Sicherheitsrisiko für deutsche Poli-
zisten, wenn sie eng mit der Bundeswehr zusammenarbeiten, die Unter-
künfte mit dieser teilen und von ihr begleitet werden, angesichts der Tat-
sache, dass zahlreiche NGOs (non-governmental organization) militäri-
schen Begleitschutz explizit ablehnen, weil sie fürchten, sonst erst recht in
den Fokus von Aufständischen zu geraten?

110. Wie viele deutsche Polizisten halten sich gegenwärtig in Afghanistan auf,
und in welchen Provinzen (bitte getrennt nach EUPOL und GPPT darstel-
len)?

a) Wie viele von ihnen sind Langzeit- und wie viele sind Kurzzeitexper-
ten?

b) Wie viele aus Deutschland stammende zivile Experten gehören derzeit

der EUPOL-Mission an?

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15 – Drucksache 17/1069

c) Wie viele der entsandten Polizeibeamten gehören dem höheren und
wie viele dem mittleren Dienst an (bitte nach EUPOL und GPPT ge-
trennt darstellen und auch hier zwischen Langzeit- und Kurzzeitexper-
ten unterscheiden)?

111. Wie gestaltet sich gegenwärtig die Bewerberlage in Deutschland für die
Dienstposten im GPPT sowie bei EUPOL, und welche Zahlen stehen der
Bundesregierung hierbei zur Verfügung (bitte für GPPT und EUPOL ge-
trennt angeben sowie nach Bewerbern für Kurzzeit- und Langzeitaufent-
halte unterscheiden)?

112. Wie gestaltet sich derzeit der geplante Aufwuchs der EUPOL-Mission,
und welche Schwierigkeiten gibt es hierbei?

113. Wie viele Dienstposten (Neu- und Nachbesetzungen) wurden bei den letz-
ten fünf Bewerberaufrufen der EUPOL-Mission ausgeschrieben, und für
wie viele Dienstposten gab es keine Bewerber?

114. Welche Vakanzen bestehen derzeit bei der Besetzung von EUPOL-
Dienstposten?

115. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussichten, die angestrebte Erhö-
hung des GPPT und der EUPOL-Mission zu erreichen, und welchen Zeit-
punkt hält sie dabei für realistisch?

116. Welche zusätzlichen Anreize sollen deutschen Polizisten geboten werden,
um sie zu einem freiwilligen Einsatz in Afghanistan zu motivieren?

a) Wird von Seiten der Bundesregierung erwogen, verstärkte finanzielle
Anreize zu bieten, und wenn ja, in welcher Höhe?

b) Wird erwogen, verstärkten Freizeitausgleich anzubieten, und wenn ja,
inwiefern?

c) Wird erwogen, auch pensionierte Polizeibeamte nach Afghanistan zu
entsenden?

d) Wie weit sind die Überlegungen gediehen, Auslandseinsätze bei Be-
förderungen besonders zu berücksichtigen?

e) Welche weiteren Maßnahmen zur Motivationssteigerung sind geplant
bzw. werden erwogen?

117. Welche konkreten Änderungen hat die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Inter-
nationale Polizeimissionen (AG IPM) seit 2008 zur qualitativen und
quantitativen Verbesserung der Nachbereitung von Auslandseinsätzen,
speziell des Afghanistan-Einsatzes, eingeleitet, und welche Defizite aus
der Vergangenheit wurden hierbei genannt?

118. Ist bei Rückkehrern aus dem Polizeieinsatz eine Teilnahme an Nachbe-
treuungsseminaren obligatorisch oder freiwillig, und wie viele der bisher
in Afghanistan eingesetzten Polizeibeamten haben nicht an Nachbetreu-
ungsseminaren teilgenommen?

a) Wie viel Zeit vergeht zwischen der Rückkehr aus Afghanistan und dem
Beginn eines Nachbetreuungsseminars?

b) Wie lange dauert ein solches Seminar?

c) Wie viele Teilnehmer gibt es dabei und wer leitet das Seminar?

119. Wie kann im Rahmen von Nachbetreuungsseminaren ein Bedarf für die
Heranziehung von Psychologen festgestellt werden bzw. wer kann diesen
Bedarf feststellen?

Drucksache 17/1069 – 16 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
120. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über posttraumatische
Belastungsstörungen bei Polizisten, die aus ihrem Afghanistan-Einsatz
resultieren?

121. Wie viele aus Afghanistan zurückgekehrte Polizeibeamte haben pro Jahr
seit 2002 eine therapeutische Nachsorge in Anspruch genommen;

a) wie viele davon direkt nach der Rückkehr,

b) wie viele innerhalb des ersten Quartals nach der Rückkehr,

c) wie viele innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Rückkehr?

122. Wie schätzt die Bundesregierung die Problematik ein, dass manche Poli-
zeibeamte aus Sorge davor, von Kollegen verachtet zu werden, eine psy-
chotherapeutische Betreuung ablehnen bzw. nicht einmal den Bedarf
abklären, und was unternimmt die Bundesregierung, um solche Sorgen
bzw. Hemmschwellen abzubauen?

123. Wie viele Polizisten haben innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ein-
satz in Afghanistan ihren Dienst quittiert, wie viele waren länger als drei
Monate vom Dienst beurlaubt, und wie viele waren für den Einsatz an
ihren ursprünglichen Dienststellen nicht mehr geeignet?

124. Bis wann wird nach Auffassung der Bundesregierung die afghanische
Polizei auf einem solchen Niveau selbständig ausbildungs- und arbeitsfä-
hig sein, dass die Polizeimissionen bzw. die deutsche Beteiligung hieran
beendet werden können?

Berlin, den 16. März 2010

Dr. Gregor Gysi und Fraktion

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