Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13

8. Senat | REWIS RS 2015, 15264

URHEBER- UND MEDIENRECHT ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT INTERNET PERSÖNLICHKEITSRECHT FILM RECHT AM EIGENEN BILD

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Gegenstand

(Videoaufnahme eines Arbeitnehmers - Veröffentlichung - Unterlassungsanspruch - Widerruf einer Einwilligung i.S.d. § 22 KunstUrhG)


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 8. Mai 2013 - 8 [X.]/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Unterlassung der weiteren Veröffentlichung eines [X.] zu Werbezwecken im [X.] sowie um die Zahlung eines vom Kläger beanspruchten Schmerzensgeldes.

2

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen für Kälte- und Klimatechnik. Auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 10. Januar 2007, bezeichnet als „Betriebsvereinbarung“, trat der Kläger am 15. Januar 2007 als Monteur in ihre Dienste. Am 30. Oktober 2008 erklärte der Kläger - wie 25 weitere Arbeitnehmer der [X.] - durch Unterschrift auf einer Namensliste, dass Filmaufnahmen von seiner Person zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der [X.] „verwendet und ausgestrahlt werden dürfen“. Auf dieser Grundlage ließ die Beklagte 2008 einen Werbefilm fertigen, in welchem ihr Unternehmen dargestellt wurde. Der Kläger ist in zwei kurzen Sequenzen von jeweils zwei bis drei Sekunden zu sehen, nämlich einmal an einem Schaltschrank stehend und zum anderen auf einem Stuhl sitzend. In der Folgezeit konnte das Video im Rahmen eines neuen [X.]auftritts der [X.] von ihrer Homepage aus angesteuert und eingesehen werden.

3

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien endete am 15. September 2011. Mit Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 ließ der Kläger den Widerruf seiner „möglicherweise“ erteilten Einwilligung zur Verwendung seiner Bilder erklären und die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 13. November 2011 auffordern, das Video von der Homepage zu entfernen. Ein vom Kläger eingeleitetes einstweiliges Verfügungsverfahren blieb in zwei Instanzen erfolglos. Die Beklagte hat am 26. Januar 2012 das Video von der Homepage genommen, sich jedoch vorbehalten, es in Zukunft erneut auf diesem Wege zu veröffentlichen.

4

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anfertigung und Veröffentlichung der Videoaufnahme stelle die Erhebung personenbezogener Daten im Sinne des § 3 BDSG dar, zu der der Kläger nicht [X.] im Sinne des § 4a BDSG seine Einwilligung erteilt habe. Die Formvorschriften des BDSG seien nicht eingehalten worden, sodass die Beklagte die Daten des [X.] von Anfang an nicht habe nutzen dürfen. Daraus resultiere sowohl der Unterlassungsanspruch des [X.] nach § 35 BDSG als auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus den §§ 611, 242 BGB aufgrund der mehrjährigen Persönlichkeitsrechtsverletzung. Selbst wenn von einer wirksam erteilten Einwilligung auszugehen wäre, sei diese von vornherein auf die Zeit des Bestandes des Arbeitsverhältnisses begrenzt gewesen. Zudem ergebe sich der Unterlassungs- und Schmerzensgeldanspruch auch aus den §§ 823, 1004 BGB. Letzterer werde der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt, müsse aber mindestens den dreifachen Bruttomonatslohn betragen, mithin 6.819,75 Euro.

5

Der Kläger hat beantragt,

        

1.    

der [X.] zu untersagen, die Videoaufnahmen, auf denen der Kläger zu sehen ist, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

                 

hilfsweise:

                 

der [X.] zu untersagen, die Videoaufnahmen, auf denen der Kläger zu sehen ist, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

                 

hilfsweise:

                 

der [X.] zu untersagen, die Videoaufnahmen, auf denen der Kläger zu sehen ist und die im [X.] unter „[X.]“ veröffentlicht sind/waren, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

                 

hilfsweise:

                 

der [X.] zu untersagen, die Filmaufnahmen, auf denen das Bildnis des Klägers zu sehen ist und die auf der Homepage „[X.]“ durch nacheinander Anklicken der Links „Über uns“ und „B Firmenpräsentation-Video“ zu sehen sind/waren, weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich zu machen,

                 

hilfsweise:

                 

die Beklagte zu verurteilen, eine Wiederveröffentlichung des zu Werbezwecken erstellten [X.], auf welchem der Kläger zu sehen ist, auf ihrer Homepage zu unterlassen,

                 

für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtung aus Nr. 1 der [X.] ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, anzudrohen, ersatzweise Ordnungshaft des Geschäftsführers der [X.],

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld zu zahlen, das der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens aber 6.819,75 Euro betragen sollte, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 1. April 2011.

6

Zur Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung hat die Beklagte die Auffassung vertreten, der Sachverhalt sei nach dem - spezielleren - § 22 KUG zu beurteilen. Die danach an eine wirksame Einwilligung zu stellenden Anforderungen seien erfüllt. Die Einwilligung sei zeitlich unbefristet, jedenfalls aber nicht befristet auf das Ende des Arbeitsverhältnisses vom Kläger erteilt worden. Gründe für einen Widerruf dieser Einwilligung habe der Kläger nicht vorgetragen. Zudem liege ein individueller Bezug zur Person und zur Persönlichkeit des [X.] bei beiden fraglichen [X.]zenen nicht vor. In Ermangelung einer Persönlichkeitsrechtsverletzung, insbesondere aber einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung komme ein Schmerzensgeldanspruch des [X.] nicht in Betracht.

7

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] blieb vor dem [X.] ohne Erfolg. Mit der vom Senat durch Beschluss vom 12. Dezember 2013 zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat keinen Erfolg; die Klage ist unbegründet. Eine nach § 22 [X.] erforderliche Einwilligung hat der Kläger wirksam erteilt. Sie war nicht auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses befristet. Einen Grund für seinen vorsorglich erklärten Widerruf der Einwilligung hat der Kläger nicht dargelegt.

9

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Einen Anspruch auf Unterlassung der weiteren [X.] des [X.] nach § 823 Abs. 1 und Abs. 2 BGB iVm. § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, §§ 22, 23 [X.], Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG habe der Kläger nicht. Er habe die nach § 22 [X.] erforderliche Einwilligung zur [X.] der betreffenden Filmaufnahmen erteilt, da die von ihm am 30. Oktober 2008 geleistete Unterschrift auf der Namensliste sich erkennbar auf die vorangestellte Einverständniserklärung bezogen hat. Die Einwilligung sei zeitlich unbegrenzt, dh. nicht auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses begrenzt erteilt und mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht gegenstandslos geworden; sie sei nicht automatisch erloschen. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Bilddateien reinen Illustrationszwecken dienten und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportierten.

Wirksam widerrufen habe der Kläger seine Einwilligung nicht. Nach allen Auffassungen werde für den Widerruf einer Einwilligung ein Grund verlangt. Wenigstens müsse sich die Einstellung des [X.] zum Aussagegehalt der [X.]equenzen geändert bzw. grundlegend gewandelt haben. Letzteres könne allein aus dem Ende des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien nicht geschlossen werden. Im Übrigen lasse das Vorbringen des [X.] nicht erkennen, aus welchen Gründen ihm ein weiteres Festhalten an der Einwilligung nunmehr unzumutbar sein solle.

Infolge des bestehenden und nicht wirksam widerrufenen Einverständnisses des [X.] fehle es für einen etwaigen Schmerzensgeldanspruch schon an einer schuldhaften und rechtswidrigen Verletzung von Persönlichkeitsrechten des [X.], § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.

B. Diese Begründung hält im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Rechtlich zutreffend hat das [X.] als Anspruchsgrundlage § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB iVm. den §§ 22, 23 [X.] und Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zugrunde gelegt.

1. Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] ist die Zulässigkeit von [X.] nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 [X.] zu beurteilen (vgl. [X.] - Rn. 8 [X.]; 6. März 2007 - [X.]/06 - Rn. 9 ff. [X.], [X.], 275; 6. März 2007 - VI ZR 13/06 - Rn. 9 ff. [X.]). Nach diesem Schutzkonzept kommt eine Tangierung von Persönlichkeitsrechten grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die abgebildete Person überhaupt erkennbar und individualisierbar ist. Dies vorausgesetzt, kann die [X.] von „Bildern“ iSd. § 23 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 [X.] ohne Einwilligung geschehen. Dagegen dürfen „Bildnisse“ einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 [X.]). Hiervon besteht nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 [X.] eine Ausnahme, wenn es sich um Bildnisse im Bereich der Zeitgeschichte handelt, wobei allerdings durch die Verbreitung berechtigte Interessen des Abgebildeten nicht verletzt werden dürfen, § 23 Abs. 2 [X.].

2. Dieses Schutzkonzept, das auch der Senat seiner Beurteilung zugrunde legt, entspricht verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben. Das [X.] hat es ausdrücklich als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden bezeichnet, dass der [X.] die rechtliche Beurteilung der Voraussetzungen der §§ 22 ff. [X.] anhand eines von ihm dazu entwickelten [X.] vornimmt, wobei er nicht grundsätzlich gehindert ist, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen und dieses Schutzkonzept zu modifizieren ([X.] 26. Februar 2008 - 1 BvR 1602/07 -, - 1 BvR 1606/07 -, - 1 BvR 1626/07 - Rn. 78 ff., [X.]E 120, 180; vgl. auch 13. Juni 2006 - 1 BvR 565/06 - [X.]K 8, 205 und 15. Dezember 1999 - 1 [X.] - [X.]E 101, 361). Ebenso hat der [X.] wiederholt die Prüfung des [X.] nach dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 [X.] in [X.] als mit dem in Art. 8 der Grundrechtecharta der [X.] verankerten Recht jeder Person auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten für vereinbar erklärt (EGMR 7. Februar 2012 - 40660/08, 60641/08 -). Schließlich wird von der überwiegenden Meinung der urheberrechtlichen Literatur das aus §§ 22, 23 [X.] entwickelte abgestufte Schutzkonzept als verfassungs- und europarechtskonform angesehen (vgl. [X.]/[X.] 3. Aufl. [X.] § 22 Rn. 11 ff.; ausführlich [X.] in [X.] 4. Aufl. § 23 [X.] Rn. 22 - 79).

3. Grundlage für den Anspruch des [X.] ist nicht § 35 Abs. 3 [X.] (Sperrung). Entgegen der Auffassung der Revision ist der Unterlassungsanspruch nicht nach dem [X.] zu beurteilen. § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] bestimmt, dass „andere Rechtsvorschriften des [X.] soweit sie auf personenbezogene Daten einschließlich deren [X.] anzuwenden sind“, den Vorschriften des [X.] „vorgehen“.

a) Bei den §§ 22, 23 [X.] handelt es sich um Rechtsvorschriften des [X.]. Zwar stammen sie aus dem Jahr 1907. Es handelt sich jedoch nicht um [X.] Recht. Anlässlich der Verabschiedung des Urheberrechtsgesetzes 1965 ließ der [X.]tag durch § 141 Nr. 5 [X.] die §§ 22, 23 [X.] ausdrücklich in [X.]. Dass die damals beabsichtigte umfassende Neuregelung des [X.] später scheiterte, ändert nichts daran, dass die §§ 22, 23 [X.] als spezielles, Bildnis schützendes [X.]gesetz in [X.] blieben.

b) Der Unterlassungsantrag des [X.] zielt darauf ab, eine „Videoaufnahme, auf der er zu sehen ist“ nicht weiter (im [X.]) zu veröffentlichen. Auch bewegte Abbildungen wie Videoaufnahmen können Bildnisse sein. § 22 Satz 1 [X.] normiert die Voraussetzung dafür, dass „Bildnisse … verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt“, also veröffentlicht werden. Dies ist der Gegenstand des Streites zwischen den Parteien. Um die Erhebung personenbezogener Daten oder, mit anderen Worten, die Herstellung von Bildern oder Bildnissen (§ 3 Abs. 3 [X.]) geht es nicht. Sind somit für die Frage der [X.] die Regelungssachverhalte von [X.] und [X.] kongruent, so gehen die Bestimmungen des [X.] als spezialgesetzlicher Bildnisschutz vor. Auf die „[X.]“ des [X.] kann nicht, auch nicht hilfsweise oder ergänzend, zurückgegriffen werden. Auch auf etwa strengere gesetzliche Voraussetzungen des [X.]es kann grundsätzlich nicht verwiesen werden. Allerdings ist das [X.] verfassungskonform auszulegen. Verfassungsgrundsätze, die zum Datenschutzrecht und dem [X.] geführt haben, sind bei der Anwendung des [X.] zu beachten und zu wahren.

II. Die [X.] des [X.] im [X.] durch die Beklagte fällt unter die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 [X.], da das Video „Bildnisse“ des [X.] iSv. § 22 [X.] enthält.

Das [X.] hat festgestellt, dass der Kläger in beiden Sequenzen erkennbar ist. Auch stand die Örtlichkeit nicht im Vordergrund; die Personendarstellung spielte keine derart untergeordnete Rolle, als dass sie auch hätte entfallen können, ohne dass sich Gegenstand und Charakter der Bilder verändert hätten. Die beiden den Kläger wenige Sekunden zeigenden Sequenzen waren kein bloßes „Beiwerk“ des Gesamtbilds. Die Person des [X.] war in ihnen individualisiert und erkennbar.

III. Nach § 22 [X.] dürfen Bildnisse nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.

1. Unter „Einwilligung“ iSd. § 22 [X.] ist die vorherige Zustimmung zu verstehen, § 183 Satz 1 BGB. Deren Rechtsnatur wird von der Rechtsprechung nicht einheitlich beurteilt. Vom [X.] ist die Einwilligung als Realakt eingeordnet worden (Einwilligung zu einem ärztlichen Heileingriff, vgl. [X.] 22. April 1980 - VI ZR 121/78 - [X.]Z 77, 74). Das [X.] (17. März 1989 - 21 [X.] -) hat die Einwilligung in [X.] dagegen mehrfach ausdrücklich als rechtsgeschäftliche Willenserklärung oder mindestens als geschäftsähnliche Handlung qualifiziert. Die Frage braucht nicht entschieden zu werden, da nach allen Ansichten die für Willenserklärungen geltenden Grundsätze jedenfalls entsprechend heranzuziehen sind.

2. Das [X.] stellt für die Einwilligung keine Formerfordernisse auf. Nach dem [X.] kann daher grundsätzlich die Einwilligung auch formlos oder konkludent geschehen ([X.] 23. Juni 2010 - 3 [X.] - Rn. 25).

a) Dies stellt einen erkennbaren Wertungswiderspruch zu den Einwilligungserfordernissen des § 4a Abs. 1 Satz 3 [X.] dar, der Schriftform verlangt, „soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen“ erscheint. Die in der datenschutzrechtlichen Literatur vertretene Auffassung, insoweit sei § 22 [X.] keine „Vollregelung“ im Sinne einer lex specialis, ist nicht weiterführend. Eine Verweisung, wie in § 12 Abs. 3 TMG, auf das Datenschutzrecht erfolgt im [X.] gerade nicht (vgl. aber [X.] in [X.] [X.] 8. Aufl. § 1 Rn. 170 f.). Das [X.] stellt eine bereichsspezifische, spezialgesetzliche Regelung dar. Infolge dessen kann es nicht darauf ankommen, ob sie in den Anforderungen und Voraussetzungen schwächer ausgestaltet ist als das [X.], und zwar auch dann nicht, wenn dieses als „datenschutzrechtliches Grundgesetz“ aufgefasst wird.

b) Jedoch ist § 22 [X.] verfassungskonform auszulegen. In ständiger Rechtsprechung hat das [X.] die Pflicht der Gerichte bestätigt, zu prüfen, ob im Sinne einer Abwägung der betroffenen Belange, hier zwischen dem Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, eine Erlaubnis erforderlich ist, und wenn ja, in welcher Form ([X.] 27. Oktober 2006 - 1 BvR 1811/99 - [X.]K 9, 399; 11. Juni 1991 - 1 BvR 239/90 - [X.]E 84, 192; zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundlegend: [X.] 15. Dezember 1983 - 1 [X.] ua. - [X.]E 65, 1). Wegen der Bedeutung des Rechts der Arbeitnehmer, auch im Arbeitsverhältnis ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, führt eine solche Abwägung im Ergebnis dazu, dass auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf. Nur dadurch kann verdeutlicht werden, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer zur [X.] ihrer Bildnisse unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen aus dem eingegangenen Arbeitsverhältnis erfolgt und dass die Erteilung oder Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen haben dürfen.

3. Der Kläger hat schriftlich seine Einwilligung zur [X.] der ihn zeigenden Videodateien erteilt.

a) Das [X.] hat festgestellt, dass der Kläger durch Unterschreiben der Namensliste mit der Überschrift „Thema: Filmaufnahmen“ sein Einverständnis gemäß dem Vorblatt zur Nutzung seiner Bilder im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der [X.] inklusive ihrer „Ausstrahlung“ erteilt hat. Diese von der Revision nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffene, nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene tatrichterliche Überzeugung ist nur beschränkt revisibel. Sie kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sich das [X.] entsprechend den Vorgaben des Prozessrechts mit dem Prozessstoff umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat und seine Würdigung vollständig und rechtlich möglich ist sowie nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt ([X.] 26. Juni 2014 - 8 [X.] - Rn. 42; 27. März 2014 - 6 [X.] - Rn. 37; 26. September 2013 - 8 [X.]/12 - Rn. 28). Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Feststellung des [X.]s stand. Die Würdigung, der Kläger habe seine Einwilligung erteilt, ist jedenfalls im Rahmen einer rechtlich erforderlichen Schriftform revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die dagegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben erfolglos.

b) Die Einwilligung wurde auch aus Anlass des hinreichend genau bezeichneten Auftrags an die Firma K von der [X.] eingeholt, die im Vorblatt zum Ausdruck gebracht hat, dass das Einverständnis „zur freien Nutzung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit“ der [X.] „verwendet und ausgestrahlt werden“ darf. Es handelte sich also um eine anlassbezogene Einwilligung, die im Einzelfall eingeholt, klar bezeichnet und nicht zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt wurde. Insbesondere ist es auch keine Einwilligung, die vorab in allgemeiner Form im Arbeitsvertrag erteilt worden wäre.

c) Hinweise darauf, die am 30. Oktober 2008 durch Unterschrift auf der Namensliste erteilte Einwilligung habe nicht auf der freien Entscheidung des [X.] beruht, sind weder dem Berufungsurteil noch dem Akteninhalt zu entnehmen.

aa) Auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses können Arbeitnehmer sich grundsätzlich „frei entscheiden“, wie sie ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben wollen. Dem steht weder die grundlegende Tatsache, dass Arbeitnehmer abhängig Beschäftigte sind noch das Weisungsrecht des Arbeitgebers, § 106 [X.], entgegen. Mit der Eingehung eines Arbeitsverhältnisses und der Eingliederung in einen Betrieb begeben sich die Arbeitnehmer nicht ihrer Grund- und Persönlichkeitsrechte. Die zu § 4a [X.] formulierte Gegenauffassung ([X.] in [X.] [X.] 8. Aufl. § 4a Rn. 62) verkennt, dass schon nach § 32 [X.] Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich ist, unter den Voraussetzungen des § 32 [X.] sogar einwilligungsfrei. Löste die Verweigerung einer außerhalb von § 32 [X.] erforderlichen schriftlichen Einwilligung Benachteiligungen aus, so stellte dies einen groben Verstoß gegen die arbeitgeberseitigen Pflichten aus § 241 Abs. 2 und § 612a BGB dar, der zum Schadensersatz nach §§ 282, 280 Abs. 1 BGB verpflichtete. Eine Nebenpflicht des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis, der Erhebung, Verarbeitung und [X.] seiner Daten - soweit erforderlich - zuzustimmen, besteht nicht.

bb) Dem Vorbringen des [X.] ist nicht zu entnehmen, dass seine Unterschrift nicht auf seiner freien Entscheidung beruhte oder unter Druck und Zwang geschah. Zudem haben sechs Beschäftigte damals nicht unterschrieben, in einem Fall fehlt sogar der sonst von fremder Hand hinzugefügte Abwesenheitsvermerk „Urlaub, Krank oder Schule“. Ebenso hat der Kläger weder eine Anfechtung aus dem Grund widerrechtlicher Drohung erklärt (§ 123 Abs. 1 BGB), noch hat er andere Sachverhalte vorgetragen, die gegen eine frei entschiedene Einwilligung sprechen könnten.

IV. Die wirksame Einwilligung des [X.] iSd. § 22 [X.] ist nicht mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 15. September 2011 erloschen.

1. Dem Wortlaut nach ist die Einwilligung unbefristet erteilt worden, also ohne kalendermäßige Befristung und auch nicht beschränkt auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses.

2. Rechtsfehlerfrei hat das [X.] erkannt, dass jedenfalls dann, wenn das Bild oder der Film reinen Illustrationszwecken dient und keinen auf die individuelle Person des Arbeitnehmers Bezug nehmenden Inhalt transportiert, das Einverständnis des Arbeitnehmers nicht automatisch im Zuge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet, sondern vielmehr der Arbeitnehmer ausdrücklich Solches erklären muss. Die tatrichterliche Würdigung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, im Streitfall sei ein individueller Bezug der Filmaufnahmen auf die Person des [X.] nicht gegeben, weil beide fraglichen [X.]equenzen reinen Illustrationszwecken dienten, nämlich der Darstellung von Arbeitsabläufen im Betrieb der [X.]. Dies gilt auch für die weitere Würdigung des Berufungsgerichts, der handschriftliche Vermerk „Belegschaft“ auf dem [X.] ließe nicht den Schluss zu, dass die Einwilligung nur für die Dauer der Belegschaftszugehörigkeit des [X.] Gültigkeit entfalten sollte. Ein Fall der offensichtlichen Beschränkung der Einwilligung des Arbeitnehmers nur auf die Dauer des Arbeitsverhältnisses liegt erkennbar nicht vor (vgl. [X.] 24. Januar 2012 - 19 [X.] 1480/11 -).

3. Die Einwilligung des [X.] ist schließlich nicht durch den - vorsorglich erklärten - Widerruf im Anwaltsschreiben vom 4. November 2011 unwirksam geworden.

a) Eine zeitlich nicht beschränkt erteilte Einwilligung bedeutet im Grundsatz nicht, dass sie unwiderruflich erteilt worden wäre. Allerdings deutet ein Umkehrschluss aus § 28 Abs. 3a Satz 1 aE [X.] darauf hin, dass eine einmal erteilte Einwilligung nicht generell „jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden kann“. Es ist wiederum im Rahmen der gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Seite, § 241 Abs. 2 BGB, eine Abwägung im Einzelfall vorzunehmen. Auf der Seite des Arbeitgebers stehen das [X.]sinteresse wie das wirtschaftliche Interesse an einer wenigstens kostendeckenden Verwertung der entstandenen Produktionskosten zu Werbezwecken. Auf der Seite des einwilligenden Arbeitnehmers steht sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das bei oder anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses neue [X.] bekommen haben kann, aber nicht muss.

b) In diesem Zusammenhang kann der Arbeitnehmer grundsätzlich anführen, dass mit seiner Person und mit der Abbildung seiner Erscheinung nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht weiter für das Unternehmen geworben werden soll. Dies gilt jedenfalls in dem Fall, in dem für die Verwendung zu Werbezwecken eine Vergütung nicht erfolgt war. Es muss aber mit der Person des ausgeschiedenen Arbeitnehmers oder mit seiner Funktion im Unternehmen geworben werden. Bei einer allgemeinen Darstellung des Unternehmens, auch wenn diese aus Werbezwecken erfolgt ist und ins [X.] gestellt wird, bei der die Person und Persönlichkeit des Arbeitnehmers nicht hervorgehoben, sein Name nicht genannt und die Identität seiner Person auch sonst nicht herausgestellt wird und bei der zudem beim Betrachter nicht zwingend der Eindruck entsteht, es handele sich um die aktuelle Belegschaft, kann von einer wirtschaftlichen und persönlichkeitsrelevanten Weiter-„verwertung“ der Abbildung des Arbeitnehmers nicht ausgegangen werden. So wenig wie Arbeitnehmer, hier also der Kläger, aufgrund einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht gehalten sind, der Verwendung und Herstellung ihrer Abbildung während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses zuzustimmen, so wenig können sie ihre einmal wirksam erteilte Einwilligung allein aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerrufen. Im Ergebnis der in solchen Fällen vorzunehmenden Gesamtabwägung ist vielmehr zu verlangen, dass der widerrufende Arbeitnehmer einen Grund im Sinne einer Erklärung angibt, warum er nunmehr, anders als bei der Jahre zurückliegenden Erteilung der Einwilligung, sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung gegenläufig ausüben will.

c) Eine in diesem Sinne plausible Erklärung für den Widerruf hat der Kläger nicht gegeben. Es fällt zudem auf, dass die Zustimmung zur [X.] Ende 2008 erteilt wurde, der Widerruf jedoch erst knapp drei Jahre später erfolgte. Das [X.] hat daher im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die erforderliche Einwilligung vom Kläger wirksam erteilt und nicht wirksam widerrufen wurde.

V. Rechtsfehlerfrei hat das [X.] einen Anspruch des [X.] auf Schmerzensgeld abgelehnt.

1. [X.]“ nach § 253 Abs. 2 BGB liegt nicht vor, da der Kläger keine Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung geltend macht.

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens auslösen, § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. [X.] 19. August 2010 - 8 [X.] -; 28. Oktober 2010 - 8 [X.] -; 20. Juni 2013 - 8 [X.] -). Es ist jedoch revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das [X.] hier einen schlüssigen Vortrag des [X.], der auf eine schwere Persönlichkeitsrechtsverletzung schließen lässt, verneint hat.

Eine solche ergibt sich nicht aus der unstreitigen Tatsache, dass die Beklagte auf das Aufforderungsschreiben des [X.] vom 4. November 2011 erst am 26. Januar 2012 das Video aus dem [X.] genommen hat. Dies ist noch eine angemessene Reaktionszeit im Hinblick auf die schwierige Rechtslage. Auch ist die Überlegung des Berufungsgerichts rechtlich zutreffend, bei Unwirksamkeit des Widerrufs der Einwilligung komme eine Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine weitere [X.] im [X.] nicht infrage.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Wein    

        

    [X.]    

                 

Meta

8 AZR 1011/13

19.02.2015

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Koblenz, 30. Oktober 2012, Az: 9 Ca 4130/11, Urteil

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 22 KunstUrhG, § 23 KunstUrhG, § 35 BDSG 1990, § 183 BGB, § 241 Abs 2 BGB, § 823 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, § 1004 Abs 1 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2015, Az. 8 AZR 1011/13 (REWIS RS 2015, 15264)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15264

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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