Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.07.2020, Az. II ZB 19/19

2. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 1099

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Gegenstand

Betroffener Emittent für Schadensersatzansprüche bei Emittentenpublizität am Sekundärmarkt


Leitsatz

Für Klagen, in denen ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher Kapitalmarktinformation geltend gemacht wird, ist, soweit es um die Emittentenpublizität am Sekundärmarkt geht, betroffener Emittent derjenige, dem eine Informationspflichtverletzung in Bezug auf die von ihm begebenen Finanzinstrumente vorgeworfen wird.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 3. Zivilsenats des [X.] vom 12. August 2019 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen der [X.] zu 49 %, die Beigetretene zu 3 zu 43 % und die Beigetretene zu 4 zu 8 %.

Der Streitwert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 30 Mio. € festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die [X.] zu 2 ist seit Juni 2007 als Holdinggesellschaft an der [X.] zu 1 beteiligt, im September 2015 hielt sie ca. 52 % der Stammaktien. Die [X.] zu 1 stellte Dieselfahrzeuge mit einer Abschalteinrichtung her, durch die die Fahrzeuge die gesetzlichen Emissionsgrenzwerte für Stickoxide zwar auf dem Prüfstand einhielten, im realen Fahrbetrieb aber überstiegen. Der Einsatz der Abschalteinrichtungen wurde aufgrund umweltbehördlicher Untersuchungen im [X.] bzw. [X.] 2015 aufgedeckt und von der US-Umweltbehörde [X.] ([X.]) am 18. September 2015 öffentlich gemacht. Am 22. September 2015 veröffentlichte die [X.] zu 1 eine Ad-hoc-Meldung, mit der sie ankündigte, für notwendige Servicemaßnahmen und weitere Anstrengungen zur Rückgewinnung des Kundenvertrauens im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres rund 6,5 Mrd. € ergebniswirksam zurückzustellen. Im Zeitraum 18. bis 22. September 2015 fiel der Schlusskurs der Vorzugsaktie der [X.] zu 1 am Handelsplatz Xetra der [X.] von 162,40 € auf 106 € und der Schlusskurs der Stammaktie von 161,35 € auf 111,20 €.

2

Beim [X.] wurden wegen der Verletzung von Informationspflichten zahlreiche [X.] anhängig, die sich überwiegend gegen die [X.] zu 1, in mindestens sechs Fällen gegen beide [X.] als Streitgenossen richten und mit denen Schäden aus Investitionen in Aktien der [X.] zu 1, zum Teil auch aus Investitionen in Aktien der [X.] zu 2 geltend gemacht werden. Vor dem [X.] wurden weitere [X.] anhängig, die sich zum Teil ausschließlich gegen die [X.] zu 1 und zum Teil allein gegen die [X.] zu 2 richten. Diese Klagen beziehen sich teilweise auf Investitionen in Aktien der [X.] zu 1, teilweise auf Investitionen in Aktien der [X.] zu 2 und teilweise auf Investitionen in Aktien beider [X.].

3

Das [X.] hat das auf den Vorlagebeschluss des [X.] vom 5. August 2016 eingeleitete Musterverfahren mit Beschlüssen vom 2. Mai 2019 und vom 20. Juni 2019 um folgende [X.] erweitert:

4

[X.] der Beigeladenen [X.]    :

"[X.] Zur alleinigen ausschließlichen Zuständigkeit des [X.] nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in den [X.] wegen der Dieselthematik

1. Es wird festgestellt, dass die beiden [X.] in sämtlichen gegen sie eingeleiteten [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik stets "betroffener" Emittent [X.]. § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind, und zwar unabhängig davon, ob sie allein oder als Streitgenossen zusammen verklagt werden und unabhängig davon, auf welche Finanzinstrumente sich die Klagen beziehen.

2. Es wird festgestellt, dass § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO für alle unter Ziff. 1. genannten [X.] allein am Sitz des [X.] einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet.

I[X.] Zur alleinigen ausschließlichen Zuständigkeit des [X.] nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in den [X.] wegen der Dieselthematik

Es wird festgestellt, dass § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO für alle unter Ziff. [X.]1. genannten [X.] allein am Sitz des [X.] einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet."

5

[X.] der [X.] zu 1:

"1. Zur Zuständigkeit des [X.] nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO

a) Es wird festgestellt, dass die [X.] zu 1 in sämtlichen gegen sie eingeleiteten [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik stets "betroffener" Emittent [X.]. § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist, und zwar unabhängig davon, ob sie allein oder mit der [X.] zu 2 als Streitgenossin zusammen verklagt wird und auf welche Finanzinstrumente die jeweiligen Kläger ihre angeblich schadensursächlichen Transaktionen stützen.

b) Es wird festgestellt, dass § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO für alle unter Ziff. 1. lit. a) genannten und gegen die [X.] zu 1 gerichteten [X.] am Sitz des "betroffenen" oder - im Fall der passiven Streitgenossenschaft - des "primär betroffenen" Emittenten einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet.

c) Hilfsweise für den Fall, dass die unter Ziff. 1. lit. a) und b) begehrten Feststellungen unzulässig oder unbegründet sein sollten, wird festgestellt, dass die Kläger in den [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik, in denen die [X.] gemeinsam als [X.] verklagt sind, ein ihnen nach eigener Auffassung zustehendes Gerichtsstandswahlrecht zugunsten des [X.] mit Klagerhebung in [X.] wirksam ausgeübt haben und eine Abtrennung und Verweisung der gegen die [X.] zu 2) gerichteten [X.] daher ausgeschlossen ist.

d) Hilfsweise für den Fall, dass die unter Ziff. 1. lit. a), b) und c) begehrten Feststellungen unzulässig oder unbegründet sein sollten, wird festgestellt, dass in den [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik, in denen die [X.] gemeinsam als [X.] verklagt sind, jeder betroffene Emittent an seinem Heimatgerichtsstand [X.]. §§ 12, 17 ZPO zu verklagen ist, unabhängig davon, auf welche Finanzinstrumente die Kläger ihre angeblich schadensursächlichen Transaktionen stützen."

6

[X.] der [X.] zu 2:

"1. Es wird festgestellt, dass die [X.] zu 2 in sämtlichen gegen sie erhobenen [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik stets "betroffener" Emittent im Sinne von § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist, wenn der behauptete Schaden aus Transaktionen in Finanzinstrumente der Muster-beklagten zu 2 resultiert, und zwar unabhängig davon, ob sie allein oder mit der [X.] zu 1 als Streitgenossin zusammen verklagt wird.

2. Es wird festgestellt, dass § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO für alle gegen die [X.] zu 2) unter Ziffer 1 genannten [X.] allein am Sitz des [X.] einen ausschließlichen Gerichtsstand begründet, und zwar unabhängig davon, ob sie allein oder mit der [X.] zu 1) als Streitgenossin zusammen verklagt wird."

7

Das [X.] hat mit [X.] über die vorstehend genannten [X.] entschieden und unter Zurückweisung der weitergehenden [X.] festgestellt, dass die [X.] in den gegen sie eingeleiteten [X.] in Bezug auf eigene [X.] unabhängig davon, ob sie als Streitgenossen zusammen verklagt würden, und unabhängig davon, auf welche Finanzinstrumente sich die Klagen bezögen, stets betroffener Emittent im Sinn des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO seien, mit der Folge, dass an ihrem Sitz ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet sei. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.], der Feststellungen entsprechend der [X.] der Beigeladenen [X.]     und die Zurückweisung der [X.] der [X.] anstrebt.

B.

8

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

9

[X.] Das [X.] (O[X.], [X.], 1829) hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Ein [X.] sei zulässig. Die Anwendung von § 301 ZPO sei nicht nach § 11 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgeschlossen und der Sinn und Zweck der Vorschrift treffe auch für das Kapitalanleger-Musterverfahren zu, weil das Gericht das Verfahren durch die Möglichkeit der Abschichtung von Verfahrensstoff und Beteiligten des [X.] sinnvoll strukturieren und gegebenenfalls eine zeitnahe Entscheidung erreichen könne. In Bezug auf einen [X.] über einzelne [X.] stelle sich die Frage der Teilbarkeit des Streitgegenstands nicht, weil jedes [X.] einen eigenen Streitgegenstand des [X.] bilde. Ob und in welcher Weise die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen einem [X.] entgegenstehen könne, bedürfe keiner Entscheidung, weil diese Gefahr bei der Entscheidung über Rechtsfragen zur örtlichen Zuständigkeit nicht bestehen könne. Der Erlass eines [X.]s über diese Rechtsfragen sei zweckmäßig.

Die Rechtsfragen im Zusammenhang mit der örtlichen Zuständigkeit der Ausgangsgerichte seien taugliche Gegenstände eines [X.]s. [X.] seien nicht nur Rechtsfragen, die die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens anspruchsbegründender oder anspruchsausschließender Voraussetzungen beträfen. Gegen eine solche Beschränkung spreche der Wortlaut von § 1 Abs. 1 [X.] und der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck der Bündelung und Kanalisierung.

Betroffener Emittent nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO sei derjenige, welcher nach dem haftungsbegründenden Klagevorwurf den Kapitalmarkt falsch oder irreführend informiert oder die gebotene Information unterlassen habe. Der Gesetzgeber habe Schadensersatzansprüche wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher [X.] als deliktische oder deliktsähnliche Ansprüche qualifiziert und dies lege nahe, die örtliche Zuständigkeit am Ort des deliktischen Handelns anzuknüpfen. Dafür spreche auch, dass der Grund für die Verfahrenskonzentration am Ort des betroffenen Emittenten die Vorstellung des Gesetzgebers gewesen sei, es müsse zur Feststellung von fehlerhaften oder irreführenden [X.]en stets auf Unternehmensdaten und die verlautbarten [X.] am Sitz des Unternehmens zurückgegriffen werden. Die unternehmensbezogene Sichtweise entspreche am ehesten dem Sinn und Zweck der [X.], mit der verhindert werden solle, dass die Zuständigkeit für die Beurteilung einer bestimmten öffentlichen [X.] zersplittere. Dieses Ziel könne bei einer Bündelung nach dem von der Investition betroffenen Wertpapier nicht erreicht werden. In den Fällen, in denen ein Emittent wegen Beihilfe zur Publizitätspflichtverletzung eines anderen Emittenten in Anspruch genommen werde, sei gemäß § 32b Abs. 1 ZPO eine ausschließliche Zuständigkeit am Sitz desjenigen Emittenten begründet, dem nach dem haftungsbegründenden Klagevorwurf eine täterschaftliche Publizitätspflichtverletzung vorgeworfen werde.

Eine weitergehende Bündelung in Fällen, in denen innerhalb desselben [X.] mehrere Emittenten beteiligt seien, komme nicht in Betracht. Aus dem Wortlaut und der Systematik der Vorschrift lasse sich hierfür nichts ableiten. Der Gesetzgeber habe dieser Konstellation nicht durch eine weitergehende Regelung Rechnung getragen, sondern die Möglichkeit einer divergierenden ausschließlichen Zuständigkeit auf [X.] der Ausgangsgerichte in Ausnahmefällen in Kauf genommen. Der Sinn und Zweck des § 32b Abs. 1 ZPO gebiete es nicht, eine vollständige Konzentration sämtlicher Ausgangsverfahren an einem Gerichtsstand herbeizuführen. Eine Bündelung nach der Theorie des "hauptbetroffenen" oder "primär betroffenen" Emittenten ermögliche keine hinreichend klare Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit. Die mit dieser Bestimmung verbundenen [X.] würden nicht vermindert, sondern verschärft, wenn die Auslegung auf [X.] des [X.] im Sinn des § 4 Abs. 1 [X.] verlagert werde. Die von der [X.] zu 1 vertretene Auslegung des § 32b ZPO führe dazu, dass bereits vor Eingang der ersten Klage in einem Verfahrenskomplex eine Abgrenzung des [X.] [X.]. § 4 Abs. 1 [X.] erfolgen und innerhalb dieses [X.] ein "primär betroffener" Emittent ermittelt werden müsse. Etwas anderes ergebe auch die strukturelle Ähnlichkeit zu Art. 8 Nr. 1EuGVVO nicht, der eine Wahlmöglichkeit eröffne und gerade keine Auswahl eines primär betroffenen Beklagten verlange.

Eine konzerndimensionale Auslegung des Merkmals der Betroffenheit lasse sich mit dem Sinn und Zweck des § 32b ZPO ebenfalls nicht in Einklang bringen. Diese Auslegung gewährleiste keine Konzentration der Verfahren, sondern eröffne ein freies Wahlrecht der Anleger. Auch in der von den Beigeladenen [X.]     vertretenen Variante einer konzerndimensionalen Interpretation des § 32b ZPO, in der für sämtliche Ausgangsklagen die alleinige ausschließliche Zuständigkeit am Sitz des Mutterunternehmens, hier die ausschließliche Zuständigkeit des [X.] begründet wäre, trage der Zielsetzung des Gesetzgebers, an die für die Überprüfung der streitgegenständlichen [X.]en maßgeblichen Unternehmensdaten anzuknüpfen, nicht mehr Rechnung. Es treffe auch nicht zu, dass der Sinn des Kapitalanleger-[X.]gesetzes es verbiete, eine einheitliche Klage gegen mehrere Emittenten aufgrund mehrerer Finanzinstrumente aufzutrennen. Die Konzentrationswirkung des § 32b Abs. 1 ZPO bleibe in verschiedenen Konstellationen hinter der Bündelungswirkung des Kapitalanleger-[X.]gesetzes zurück. Abgesehen davon führe dieses eine Bündelung gleichgerichteter Verfahren nur im Rahmen eines [X.] herbei. Etwaige [X.] beträfen aber nicht vollständig den gleichen Lebenssachverhalt.

Es bestehe auch kein Gerichtsstandswahlrecht gemäß § 35 ZPO, weil unterschiedliche Streitgegenstände betroffen seien.

I[X.] Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.

1. Das [X.] hat den Erlass eines [X.]s nach § 16 Abs. 1 Satz 1, § 11 Abs. 1 [X.], § 301 Abs. 1 Satz 1 ZPO über die die örtliche Zuständigkeit betreffenden [X.] mit Recht für zulässig gehalten. Dies wird von den [X.]en des [X.] im Ergebnis nicht in Frage gestellt und unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

a) Die Anwendung von § 301 ZPO ist nicht nach § 11 Abs. 1 Satz 2 ZPO von dem allgemeinen Verweis auf die für das Verfahren vor den Landgerichten geltenden Vorschriften der ZPO ausgenommen. Entsprechend wird allgemein angenommen, dass die Vorschrift des § 301 ZPO über den Erlass eines Teilurteils im Musterverfahren entsprechend anwendbar ist ([X.], Beschluss vom 25. Juli 2013 - 11 O 36/08 KfH, BeckRS 2015, 4477; Vollkommer in KK-[X.], 2. Aufl., § 11 Rn. 133; Kotschy in Vorwerk/[X.], [X.], 2. Aufl., § 11 Rn. 22; [X.]/[X.]/[X.] in [X.], Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 16 [X.] Rn. 4; [X.], Das [X.] als allgemeine Regelung für Massenverfahren, 2010, [X.]). Soweit der [X.] in anderem Zusammenhang ausgeführt hat, der Erlass eines [X.]s widerspreche dem Sinn und Zweck des [X.] ([X.], Beschluss vom 20. Januar 2015 - [X.], [X.], 703 Rn. 22), folgt daraus nichts anderes. Diese Entscheidung betraf ausschließlich die Zweckmäßigkeit eines [X.]s im Fall einer Erweiterung des [X.] nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem [X.].

b) Zutreffend hat das [X.] auch angenommen, dass sich die Frage der Teilbarkeit des Streitgegenstands bei einer Entscheidung über einzelne [X.] nicht stellt, weil jedes [X.] im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] ein gesondertes Rechtsschutzbegehren ist und einen eigenständigen Streitgegenstand des [X.] bildet ([X.], Beschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 32; Beschluss vom 16. Juni 2020 - [X.], juris Rn. 21). Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen liegt jedenfalls hier nicht vor, weil die zur örtlichen Zuständigkeit nach § 32b Abs. 1 ZPO aufgeworfenen Fragen unabhängig von den weiteren [X.]n des [X.] entschieden werden können.

2. Die [X.], mit denen die gerichtliche Zuständigkeit nach § 32b ZPO geklärt werden soll, sind zulässig.

a) Die der Entscheidung des [X.]s zu Grunde liegenden [X.] sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] klärungsfähig.

[X.]) Das Rechtsbeschwerdegericht ist weder durch § 20 Abs. 1 Satz 3 [X.] noch durch § 6 Abs. 1 Satz 2 [X.] daran gehindert zu prüfen, ob das [X.], über das durch [X.] entschieden wurde, Gegenstand eines [X.] sein kann ([X.], Beschluss vom 13. Dezember 2011 - [X.], [X.], 117 Rn. 13; Beschluss vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 135; Beschluss vom 23. Oktober 2018 - [X.], [X.], 25 Rn. 70).

bb) Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, dass die [X.] auf die Klärung einer Rechtsfrage im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] gerichtet seien. Das [X.] betrifft eine Rechtsfrage, wenn eine die Auslegung einer Rechtsnorm betreffende Frage abstrakt beantwortet werden und die Anwendung des Rechts im Einzelfall dem Prozessgericht vorbehalten bleiben soll ([X.] in KK-[X.], 2. Aufl., § 2 Rn. 53; [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 2 [X.] Rn. 19; Vorwerk/[X.] in Vorwerk/[X.], [X.], 2. Aufl., § 2 Rn. 18; [X.], Das Kapitalanleger-[X.]gesetz [[X.]] Anwendungsfragen und Rechtsdogmatik, 2011, [X.] ff.). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Mit den [X.]n, über die das [X.] entschieden hat, soll nicht nur geklärt werden, wie der Begriff des "betroffenen Emittenten" in § 32 Abs. 1 [X.] abstrakt zu verstehen ist. Die [X.] betreffen auch die konkrete Rechtsanwendung im Einzelfall. Es soll beantwortet werden, ob die [X.] in den konkret erhobenen Klagen als betroffener Emittent anzusehen sind und ob für diese Klagen ein ausschließlicher Gerichtsstand nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO beim [X.] bzw. beim [X.] begründet ist.

cc) Die [X.] betreffen aber die Feststellung von anspruchsbegründenden Voraussetzungen im Sinn des § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]. Der Begriff der anspruchsbegründenden Voraussetzungen in § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] umschließt auch die Voraussetzungen der Zulässigkeit der Klage, hier solche der örtlichen Zuständigkeit. Das Musterverfahren ist nicht auf die Klärung materiell-rechtlicher Anspruchsvoraussetzungen beschränkt, sondern erfasst auch die Voraussetzungen des prozessualen Anspruchs ([X.] inKK-[X.], 2. Aufl., § 2 Rn. 36; aA Maier-Reimer/Wilsing, [X.] 2006, 79, 99). Zu diesen gehören alle Voraussetzungen, die eine dem Kläger günstige Sachentscheidung über den Streitgegenstand ermöglichen. Eine Beschränkung auf die Voraussetzungen materiell-rechtlicher Ansprüche ergibt sich aus dem Wortlaut des Gesetzes und der Begründung des [X.] nicht(BT-Drucks. 17/8799, [X.]). Der Regierungsentwurf zu § 2 [X.] aF benennt zwar exemplarisch Voraussetzungen für materiell-rechtliche Ansprüche, lässt aber nicht erkennen, dass insoweit eine Einschränkung beabsichtigt war (BT-Drucks. 15/5091, [X.]). Eine solche Einschränkung stünde dem Sinn und Zweck des [X.] entgegen, in dem sich, wie der vorliegende Fall deutlich macht, verallgemeinerungsfähige Fragen auch auf [X.] der Zulässigkeit der Klagen stellen können.

b) Der Klärungsfähigkeit der [X.] und deren Bestimmtheit steht es, anders als die Rechtsbeschwerde andeutet, nicht entgegen, dass sich die Annahme der Zuständigkeit des [X.] aus dem individuellen Prozessgeschehen und der Anwendung weiterer Normen, insbesondere der §§ 36, 281, 282 Abs. 3 Satz 1 und 2 und § 513 Abs. 2 ZPO, ergeben kann. Die [X.] betreffen nur den ausschließlichen Gerichtsstand nach § 32b ZPO und ihnen liegen allgemein klärungsfähige Tatsachen und Rechtsfragen zu Grunde.

c) Entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung führt der Umstand, dass über die [X.] [X.] 2. und I[X.] der Beigeladenen [X.]     nicht ohne Widerspruch positiv entschieden werden kann, nicht zu deren Unzulässigkeit. Im Ausgangspunkt zutreffend weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung zwar darauf hin, dass der Vorlagebeschluss (§ 6 Abs. 1 [X.]) und der [X.] (§ 15 Abs. 1 [X.]), die im Musterverfahren an die Stelle einer verfahrenseinleitenden Klageschrift treten, die vom [X.] zu treffenden Feststellungen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt bezeichnen müssen ([X.], Beschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 63 f.; Beschluss vom 9. Januar 2018 - [X.], [X.], 578 Rn. 55 f.; Beschluss vom 10. Juli 2018 - [X.], [X.], 2307 Rn. 121 f.). Hieraus folgt aber nicht, dass die Anforderungen an die Bestimmtheit eines [X.]s denen entsprechen, die von der Rechtsprechung für die Bestimmtheit eines Klageantrags entwickelt worden sind, und bei mehreren Streitgegenständen die Reihenfolge zu benennen wäre, in der die Anträge zur Überprüfung durch das Gericht gestellt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 24. März 2011 - [X.], [X.]Z 189, 56 Rn. 9 - TÜV). Dieses Erfordernis beruht darauf, dass der Kläger selbst die gebotene Bestimmung des Streitgegenstands vornehmen muss und diese nicht zur Disposition des Gerichts stellen kann ([X.], Beschluss vom 24. März 2011 - [X.], [X.]Z 189, 56 Rn. 9 - TÜV). Für das Musterverfahren kann entsprechendes nicht gelten. Das [X.] muss im Musterverfahren nicht über den vom jeweiligen Kläger geltend gemachten Streitgegenstand, sondern über die im Vorlagebeschluss aufgeführten [X.] gleichgerichteter [X.]anträge entscheiden, wobei der Vorlagebeschluss für das [X.] bindend ist, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 [X.]. Dem [X.] eröffnet sich auch bei sich ausschließenden oder gegenseitig widersprechenden [X.]n keine Dispositionsmöglichkeit, sondern es muss über sämtliche [X.] entscheiden und sie ggf. zurückweisen, es sei denn, dass für einzelne [X.] ein Sachentscheidungsinteresse nicht mehr fortbesteht (vgl. [X.], Beschluss vom 22. November 2016 - [X.], [X.]Z 213, 65 Rn. 106; Beschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 49; Beschluss vom 9. Januar 2018 - [X.], [X.], 578 Rn. 60).

3. Entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde sind die [X.] der [X.] nicht schon deswegen zurückzuweisen, weil die angestrebten Feststellungen vom [X.] nicht in dem beantragten Umfang, sondern mit einer Einschränkung getroffen worden sind. Das [X.] ist weder an den Wortlaut der [X.] gebunden (Vollkommer in KK-[X.], 2. Aufl., § 16 Rn. 19) noch ist es daran gehindert, innerhalb des durch das [X.] vorgegebenen Streitgegenstands des [X.] eine Feststellung nur teilweise zu treffen und das weitergehende [X.] zurückzuweisen. Die Feststellung des [X.]s hat sich lediglich innerhalb des durch das [X.] bestimmten Streitgegenstands des [X.] zu halten ([X.], Beschluss vom 21. Oktober 2014 - [X.], [X.]Z 203, 1 Rn. 132; Beschluss vom 19. September 2017 - [X.], [X.]Z 216, 37 Rn. 64; Beschluss vom 10. Juli 2018 - [X.], [X.], 2307 Rn. 33). Dass unter diesem Gesichtspunkt ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO vorliegt, macht die Rechtsbeschwerde nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich.

4. Die den Feststellungen des [X.]s zu Grunde liegende rechtliche Beurteilung, nach der die [X.] in den gegen sie eingeleiteten [X.] in Bezug auf eigene [X.] unabhängig davon, ob sie als Streitgenossen zusammen verklagt werden und unabhängig davon, auf welche Finanzinstrumente sich die Klagen beziehen, stets betroffener Emittent im Sinn des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind, ist zutreffend.

a) Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das [X.] habe den [X.]n der [X.] nicht entsprechen dürfen, weil diesen die Auffassung zu Grunde liege, der Gerichtsstand des betroffenen Emittenten setze sich auch durch, wenn zwei Emittenten als Gesamtschuldner im Sinn des § 60 ZPO an einem Gericht verklagt würden, an dem nur einer von ihnen den besonderen Gerichtsstand des § 32b Abs. 1 ZPO habe. Die vom [X.] getroffenen Feststellungen und die diesen zu Grunde liegenden [X.] betreffen ausschließlich die Frage, wer als betroffener Emittent nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO anzusehen ist und wo anknüpfend daran ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist. Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfene Frage, ob § 32b Abs. 1 ZPO einem über die passive Streitgenossenschaft begründbaren Gerichtsstand den Boden entzieht, ist vom [X.] nicht beantwortet worden und stellt sich nach den [X.]n auch nicht. Entsprechend kann auch die vom [X.] vorgenommene Einschränkung gegenüber dem [X.] [X.] 1. der Beigeladenen [X.]     nicht mit Blick auf einen über die passive Streitgenossenschaft begründbaren Gerichtsstand unzulässig sein.

b) Das [X.] hat auch zutreffend angenommen, dass die [X.] jeweils betroffener Emittent im Sinn des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in den gegen sie eingeleiteten [X.] sind, soweit diese auf jeweils eigene [X.] gestützt werden, und dass kein alleiniger ausschließlicher Gerichtsstand nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO für alle [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik besteht, weder beim [X.] noch beim [X.]. Ebenfalls richtig und entgegen der Sicht der Rechtsbeschwerde vom Gegenstand der [X.] gedeckt ist die Feststellung des [X.]s, dass in Fällen, in denen ein Emittent wegen Beihilfe zu einer Publizitätspflichtverletzung eines anderen Emittenten in Anspruch genommen wird, eine ausschließliche Zuständigkeit gemäß § 32b Abs. 1 ZPO am Sitz desjenigen Emittenten begründet ist, dem nach dem haftungsbegründenden Klagevorwurf eine täterschaftliche Publizitätspflichtverletzung vorgeworfen wird.

Für die hier in Rede stehenden Klagen ist betroffener Emittent derjenige, dem eine Informationspflichtverletzung in Bezug auf die von ihm begebenen Finanzinstrumente vorgeworfen wird. Eine darüber hinausgehende Bündelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen, in denen mehrere Emittenten mit Sitz an unterschiedlichen Gerichten verklagt werden, sieht § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht vor.

[X.]) Wer in den Fällen des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO betroffener Emittent ist, wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortet.

(1) Teilweise wird als betroffen im Sinn des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO derjenige Emittent angesehen, dessen Wertpapier oder sonstige Vermögensanlage Gegenstand der fehlgeschlagenen Kapitalanlage ist (O[X.], [X.], 348, 349; [X.], [X.], 1451, 1456; [X.] in [X.] ZPO, Stand: 01.03.2020, § 32b ZPO Rn. 14; [X.], ZPO, 11. Aufl., § 32b Rn. 1; [X.], [X.] 2019, 639, 644). Für die Bestimmung der Betroffenheit solle es nicht auf die Urheberschaft der jeweiligen [X.] und auch nicht auf eine Beteiligung als Prozesspartei ankommen, sondern vielmehr auf die Auswirkung der Information auf das jeweilige Papier oder die sonstige Vermögensanlage (Reuschle/[X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 32b Rn. 82; [X.] in Vorwerk/[X.], [X.], 2. Aufl., § 32b ZPO Rn. 19). Maßgeblicher Anknüpfungspunkt sei das jeweilige Wertpapier des von der [X.] betroffenen Emittenten ([X.], [X.], 1511, 1514).

(2) Eine andere Ansicht, der sich das [X.] angeschlossen hat, sieht als betroffenen Emittenten denjenigen an, der nach dem haftungsbegründenden Klagevorwurf tatsächlich fehlerhaft gehandelt hat oder hätte handeln müssen (Vollkommer, EWiR 2018, 127, 128; [X.] in Musielak/[X.], ZPO, 17. Aufl., § 32b Rn. 5; [X.], EWiR 2019, 747, 748; jedenfalls bei einer Verletzung von [X.]: Sänger, [X.] 3/2020 [X.]). Teilweise wird auch auf den Emittenten abgestellt, auf den sich die beanstandete Information bezieht (Schütze/Reuschle in [X.], 5. Aufl., § 25 Rn. 97).

(3) Eine dritte Ansicht meint, das Tatbestandsmerkmal des "betroffenen Emittenten" bezeichne nur die nach den einschlägigen Haftungsvorschriften verklagte [X.]. Für Schadensersatzansprüche wegen veröffentlichter öffentlicher [X.] sei auf diese als Anknüpfungspunkt für die gerichtliche Zuständigkeit abzustellen, bei der unterlassenen öffentlichen [X.] auf den Sitz des Emittenten ([X.] in KK-[X.], 2. Aufl., § 32b ZPO Rn. 10; [X.], [X.], 1446, 1451 f.).

(4) Für den Fall, dass mehrere Emittenten mit Sitz an unterschiedlichen Gerichten verklagt werden, werden zudem verschiedene Ansätze für eine Bündelung der örtlichen Zuständigkeit vertreten.

Die Rechtsbeschwerde beruft sich für ihren Standpunkt auf eine Entscheidung des [X.], nach der eine "konzerndimensionale" Betrachtung geboten sei, die das Tatbestandsmerkmal der Betroffenheit mit dem Erfüllungsort der kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflicht gleichsetze und den Radius der gerichtlichen Zuständigkeit nach § 32b ZPO auf sämtliche Tochter- und Beteiligungsgesellschaften erweitere. Die das Ereignis auslösende Beteiligungsgesellschaft könne abweichend von ihrem statuarischen Sitz auch im Forum ihrer Konzernobergesellschaft in Anspruch genommen werden, wobei der Kläger nach § 35 ZPO die Wahl unter mehreren zuständigen Gerichten habe. Die Verbindung mehrerer Unternehmen zu einem Konzern bilde eine planvoll wirkende Wirtschaftseinheit, die über den Zweck der einzelnen Unternehmen hinaus einen eigenen weiteren Zweck verfolge. Der Konzern habe wie ein Unternehmen eine einheitliche Leitung. Diese habe grundsätzlich kein rechtliches, sondern nur ein faktisches Durchgriffsrecht auf die Vorstände der abhängigen Unternehmen und bestimme die Geschäftspolitik dieser Unternehmen. Der Konzern sei daher zwar nicht formalrechtlich, jedoch faktisch wie ein Unternehmen organisiert ([X.], Beschluss vom 6. Dezember 2017 - 22 AR 2/17 Kap, Rn. 246, 254, 255, 258, abgerufen im Klageregister unter [X.] am 21. Juli 2020).

Teilweise wird vertreten, dass in dem Fall, in dem die Auswirkungen einer kursrelevanten Information in Anbetracht der oftmals vielschichtigen Beteiligungsverhältnisse mehrere börsennotierte Gesellschaften beträfen, durch § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ein einziger Gerichtsstand am Sitz des "primär" betroffenen Emittenten begründet werde, wobei maßgeblicher Anknüpfungspunkt der Sitz des Emittenten sei, auf dessen Unternehmensdaten es zur Überprüfung der streitgegenständlichen [X.] schwerpunktmäßig ankomme ([X.]/[X.]brück, [X.], 359, 362 f.). Anderenfalls werde das wesentliche Ziel des Gesetzgebers, der den Fall einer haftungsbegründenden Involvierung mehrerer Emittenten in denselben Lebenssachverhalt bei der Ausgestaltung des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO wohl schlicht übersehen habe, durch Begründung eines einheitlichen Gerichtsstands der Zersplitterung der betroffenen [X.] entgegenzuwirken, verfehlt. Der ausschließliche Gerichtsstand schütze nicht zuletzt den mit der Verteidigung gegen zahlreiche Ausgangsverfahren stark belasteten Emittenten, der vor der unkoordinierten Initiierung mehrerer Musterverfahren durch verschiedene Ausgangsgerichte geschützt werde, welche mit erheblichem zusätzlichen Verteidigungsaufwand und gravierender Rechtsunsicherheit verbunden wären sowie schlimmstenfalls einer widersprüchlichen Beurteilung durch verschiedene [X.]e([X.]/[X.]brück, [X.], 359, 365 ff.).

Schließlich wird angenommen, es sei die Möglichkeit einer Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eröffnet, wenn mehrere Emittenten mit Sitz an unterschiedlichen Gerichten verklagt werden ([X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 32b Rn. 10).

bb) Für Klagen, in denen ein Schadensersatzanspruch wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlicher [X.] geltend gemacht wird, ist, soweit es um die Emittentenpublizität am Sekundärmarkt geht, betroffener Emittent derjenige, dem eine Informationspflichtverletzung in Bezug auf die von ihm begebenen Finanzinstrumente vorgeworfen wird. Eine darüber hinausgehende Bündelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen, in denen mehrere Emittenten mit Sitz an unterschiedlichen Gerichten verklagt werden, sieht § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO nicht vor.

(1) Der Wortlaut von § 32b Abs. 1 ZPO erhellt nicht, nach welchen Kriterien der betroffene Emittent zu ermitteln ist. Ältere Vorschriften, die eine [X.] für Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter [X.] vorsahen, knüpften im Grundsatz an den Sitz der Börse an, deren Zulassungsstelle den Prospekt oder Verkaufsprospekt gebilligt hat (§ 48 Satz 1 BörsG und § 13 Abs. 2 Nr. 1 [X.] in der bis zum 31. Oktober 2005 geltenden Fassung). Nach dem Gesetzentwurf der Bundesregierung soll § 32b Abs. 1 ZPO, soweit regelbar, verhindern, dass die Zuständigkeit für die Beurteilung einer bestimmten öffentlichen [X.] aufgrund verschiedener Gerichtsstände zersplittert wird ([X.] eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drucks. 15/5091, [X.]; vgl. auch [X.], Beschluss vom 30. Juli 2013 - [X.], [X.], 1688 Rn. 15). Durch den neuen ausschließlichen Gerichtsstand werde bei Schadensersatzklagen wegen falscher öffentlicher [X.]en aller Voraussicht nach nur ein Sachverständigengutachten erforderlich sein, um die beweiserheblichen Behauptungen zu klären. Dies führe zur Beschleunigung des Verfahrens und bewirke eine erhebliche Kostenersparnis für alle Beteiligten. Diese Vorteile überwögen den mit der [X.] verbundenen Nachteil, wonach die geschädigte [X.] nicht mehr die Möglichkeit habe, am ortsnahen Gericht des Erfolgsorts zu klagen. Dies wiege jedoch nicht schwer, weil zur Feststellung von fehlerhaften oder irreführenden [X.]en stets auf Unternehmensdaten und die verlautbarten [X.] am Sitz des Unternehmens zurückgegriffen werden müsse. Der Gerichtsstand des Erfolgsorts stelle bei der Aufklärung der Richtigkeit oder Fehlerhaftigkeit von [X.]en kein geeignetes Anknüpfungsmoment dar ([X.] eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren, BT-Drucks. 15/5091, [X.]).

(2) Für die Auslegung des Begriffs der Betroffenheit ist in den Blick zu nehmen, dass für den hier vorliegenden Fall der Emittentenpublizität am Sekundärmarkt der Emittent der fehlgeschlagenen Kapitalanlage in der Regel auch derjenige sein dürfte, dem eine haftungsbegründende Informationspflichtverletzung vorgeworfen wird, so dass die oben unter [X.]) (1) und (2) dargestellten Ansichten zum selben Ergebnis führen. Macht, wie in einzelnen dem Musterverfahren zu Grunde liegenden Ausgangsverfahren, ein Kapitalanleger wegen einer Informationspflichtverletzung dagegen Schäden wegen mehrerer fehlgeschlagener Kapitalanlagen geltend (hier z.B. in Aktien der [X.] zu 1 und der [X.] zu 2 wegen einer Informationspflichtverletzung der [X.] zu 1), wären bei einer auf die fehlgeschlagene Kapitalanlage bezogenen Anknüpfung entgegen dem Regelungszweck der Vorschrift mehrere ausschließliche Gerichtsstände eröffnet und auch nicht gewährleistet, dass der Gerichtsstand an dem Ort begründet ist, an dem auf die maßgeblichen Unternehmensdaten und die verlautbarten [X.] zurückgegriffen werden kann. In dieser besonderen Konstellation wird gerade deutlich, dass betroffener Emittent nach der Zielrichtung der Vorschrift derjenige ist, dem in Bezug auf die von ihm begebenen Finanzinstrumente eine Informationspflichtverletzung vorgeworfen wird. Die Ansicht, die für die Zuständigkeit auf den Ort der [X.] abstellen möchte, findet im Wortlaut des § 32b Abs. 1 ZPO keine Stütze.

(3) Ob der [X.] im Hinblick darauf, dass das Oberlandegericht das [X.] 1. b) der [X.] zu 1 zurückgewiesen hat, soweit mit diesem die Feststellung angestrebt wurde, dass nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO am Sitz des "primär betroffenen" Emittenten ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet sein kann, und der [X.] insoweit rechtskräftig geworden ist, nur eingeschränkt prüfen kann, ob für das vorliegende Musterverfahren eine weitergehende [X.] nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Betracht kommt, oder die Prüfungsbefugnis im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht eingeschränkt ist, insbesondere, weil die von den Beigeladenen angegriffenen Feststellungen nicht unabhängig vom rechtskräftig entschiedenen Teil des [X.]s beantwortet werden können, bedarf keiner Entscheidung. Die Erwägungen des [X.]s, mit denen es einen einheitlichen Gerichtsstand am Sitz des "primär betroffenen" Emittenten verneint hat, sind rechtlich nicht zu beanstanden.

Es ist schon nicht zu ersehen, dass der Gesetzgeber eine [X.] angestrebt hat, wenn von einem bestimmten Lebenssachverhalt mehrere Emittenten betroffen sind. Der oben unter (1) angeführten Begründung des [X.] liegt vielmehr die Erkenntnis zu Grunde, dass die gesetzliche Regelung einer Zersplitterung der Gerichtsstände nur begrenzt entgegenwirken kann. Mit der Regelung, dass der ausschließliche Gerichtsstand nur dann eröffnet ist, wenn die Klage zumindest auch gegen den Emittenten, den Anbieter oder die Zielgesellschaft gerichtet wird (hierzu [X.], Beschluss vom 30. Juli 2013 - [X.], [X.], 1688 Rn. 23), wird ebenfalls unterstrichen, dass eine umfassende Bündelung der Zuständigkeit in bestimmten Fällen nicht erfolgen soll.

Die Argumentation für die Notwendigkeit einer über den Wortlaut des § 32b Abs. 1 ZPO hinausgehenden [X.] beruht zudem auf unzutreffenden Annahmen. Es bedarf keiner umfassenden Zuweisung sämtlicher auf einen einheitlichen Lebenssachverhalt gestützter Ausgangsverfahren an dasselbe Gericht, um die mit diesem Lebenssachverhalt verbundenen beweiserheblichen Tatsachenfragen bindend für die diesen betreffende Ausgangsverfahren zu entscheiden, die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 [X.] auszusetzen sind (so aber [X.]/[X.]brück, [X.], 359, 366). Der [X.] hat für das hier in Rede stehende Geschehen zwischenzeitlich entschieden, dass es für die Frage der Abhängigkeit nach § 7 Satz 1, § 8 Abs. 1 [X.] maßgeblich ist, ob mit der Entscheidung über die [X.] im Musterverfahren eine Bindung des [X.] nach § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] eintreten kann, und dass für Schadensersatzansprüche, die auf das Unterlassen einer öffentlichen [X.] gestützt werden, eine Entscheidung über die [X.] eines bereits eingeleiteten [X.] nur dann bindende Wirkung haben kann, wenn diese [X.] dieselbe öffentliche [X.] betreffen ([X.], Beschluss vom 16. Juni 2020 - [X.], juris Rn. 20). Einem Musterverfahren können zudem Ausgangsverfahren unterschiedlicher Gerichte zu Grunde liegen (O[X.], [X.], 348, 349).

Das [X.] hat auch zutreffend hervorgehoben, dass die Bestimmung eines "primär betroffenen" Emittenten mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist, die dem aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot entgegenstehen, dass [X.] sich möglichst eindeutig aus einer allgemeinen Norm ergeben muss ([X.] 25, 336, 346).

Die Zuständigkeitsbestimmung muss auch keinem "konzerndimensionalen Verständnis" folgen (so aber [X.], Beschluss vom 6. Dezember 2017 - 22 AR 2/17 Kap., Rn. 255, abgerufen im Klageregister unter [X.] am 21. Juli 2020). Es wäre vom jeweiligen Einzelfall abhängig, ob die [X.] am Gerichtsstand der Muttergesellschaft gegeben wäre, wie es die Rechtsbeschwerde geltend macht. Wie aus dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu ersehen ist, sollen als typisierende Merkmale für eine sachnahe Gerichtszuständigkeit die Unternehmensdaten und Ad-Hoc-Meldungen des informationspflichtigen Emittenten maßgeblich sein ([X.] eines Gesetzes zur Einführung von Kapitalanleger-Musterverfahren,BT-Drucks. 15/5091, [X.]). Im Übrigen könnte ein Wahlrecht zwischen den Gerichtsständen der betroffenen Konzernunternehmen nach § 35 ZPO eine am Kriterium der [X.] orientierte [X.] unterlaufen.

(4) Ob eine weitergehende [X.] über eine entsprechende Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO erreicht werden kann ([X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 32b Rn. 10; aA O[X.], [X.], 348, 352) war vom [X.] nicht zu entscheiden und muss auch vom [X.] nicht beantwortet werden.

cc) Das [X.] hat weiterhin zutreffend und innerhalb der Grenzen der [X.] der Beigeladenen [X.]     und der [X.] zu 2 angenommen, dass für den Fall einer Beihilfe zur Informationspflichtverletzung eines anderen Emittenten nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO ein ausschließlicher Gerichtsstand am Sitz des Emittenten begründet ist, dem eine falsche, irreführende oder unterlassene [X.] in Bezug auf die von ihm begebenen Finanzinstrumente vorgeworfen wird.

(1) Dem [X.] [X.] 1. der Beigeladenen [X.]     liegt die Behauptung zu Grunde, dass beide [X.] in sämtlichen gegen sie eingeleiteten [X.] im Zusammenhang mit der Dieselthematik stets betroffener Emittent im Sinn des § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO sind. Gleiches gilt in Bezug auf die [X.] zu 2 nach ihrem [X.] 1. Die Frage, wo ein Gerichtsstand nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 ZPO im Falle einer Beihilfe zu einer Informationspflichtverletzung begründet ist, wäre nach dem Inhalt der [X.] nur dann nicht zu klären gewesen, wenn sich diese Frage in den [X.] nicht stellen würde. Die Rechtsbeschwerde weist aber selbst darauf hin, dass die [X.] zu 2 in den Ausgangsverfahren nicht nur wegen der Verletzung eigener kapitalmarktrechtlicher Pflichten, sondern auch wegen einer Beihilfe zur Verletzung kapitalmarktrechtlicher Pflichten durch die [X.] zu 1 in Anspruch genommen wurde.

(2) Ausgehend davon, dass betroffener Emittent nach § 32b Abs. 1 ZPO derjenige ist, dem eine Informationspflichtverletzung in Bezug auf die von ihm begebenen Finanzinstrumente vorgeworfen wird, kann die [X.] zu 2, soweit ihr eine Beihilfe zu einer Informationspflichtverletzung der [X.] zu 1 hinsichtlich der von ihr begebenen Finanzinstrumente vorgeworfen wird, nicht selbst betroffene Emittentin sein.

[X.]     

      

Wöstmann     

      

Born   

      

Bernau     

      

V. Sander     

      

Meta

II ZB 19/19

21.07.2020

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Braunschweig, 12. August 2019, Az: 3 Kap 1/16, Beschluss

§ 32b Abs 1 Nr 1 ZPO, § 7 S 1 KapMuG, § 8 Abs 1 KapMuG, § 22 Abs 1 S 1 KapMuG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.07.2020, Az. II ZB 19/19 (REWIS RS 2020, 1099)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 1384-1385 WM2020,1774 REWIS RS 2020, 1099


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. II ZB 19/19

Bundesgerichtshof, II ZB 19/19, 01.12.2020.

Bundesgerichtshof, II ZB 19/19, 21.07.2020.


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