Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2016, Az. 26 W (pat) 59/13

26. Senat | REWIS RS 2016, 14420

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Gegenvorstellung gegen Gegenstandswertfestsetzung - zur Statthaftigkeit - Abgrenzung zur Anhörungsrüge – zur Änderung eines an sich unanfechtbaren Beschlusses auf Gegenvorstellung hin – keine Rechtsverletzung – kein Abweichen vom festgesetzten Regelgegenstandswert


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke ...

(hier: Gegenvorstellung gegen [X.])

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] am 16. März 2016 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters [X.] und des Richters kraft Auftrag Schödel

beschlossen:

Die Gegenvorstellung des Inhabers der angegriffenen Marke gegen den Beschluss des Senats vom 13. August 2015 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

B... (...) hat die Widersprechende aus der prioritätsälteren Gemeinschaftswortmarke [X.] (EM ...) Widerspruch erhoben. Die Markenstelle für Klasse 32 des [X.] ([X.]) hat zunächst den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle diesen [X.] teilweise aufgehoben und die Löschung der angegriffenen Marke für die Waren der Klasse 32 mit Ausnahme der Ware „Biere“ angeordnet, weil insoweit Verwechslungsgefahr bestehe.

2

Gegen diesen [X.]uss hat der Markeninhaber Beschwerde eingelegt und Verfahrenskostenhilfe beantragt. Nachdem dieser [X.] mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Beschwerde mit [X.]uss vom 31. Juli 2013 zurückgewiesen worden ist, hat der Markeninhaber die Beschwerdegebühr eingezahlt und seine Beschwerde begründet.

3

Mit [X.]uss vom 23. Juli 2014 hat der Senat die Beschwerde des Markeninhabers zurückgewiesen und die Kosten des Verfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten dem Beschwerdeführer auferlegt.

4

Den dagegen gerichteten Antrag des Markeninhabers auf Nichterhebung von Kosten und dessen Gegenvorstellung vom 18. August 2014 hat der Senat mit [X.]uss vom 1. Oktober 2014 zurückgewiesen.

5

Auf den Antrag der Widersprechenden hat der Senat mit [X.]uss vom 13. August 2015 den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren auf 50.000 € festgesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, in Übereinstimmung mit dem [X.] und der Mehrheit der Senate des [X.] gehe der Senat bei unbenutzten Marken in einem Widerspruchsbeschwerdeverfahren von einem Regelgegenstandswert von 50.000 € aus. Da der Beschwerdeführer keine konkreten gegenstandswerterhöhenden Umstände, wie z. B. eine Benutzungsaufnahme vor Abschluss des Widerspruchsbeschwerdeverfahrens oder besonders hohe Aufwendungen für die Entwicklung der Marke, vorgetragen habe, komme eine Erhöhung nicht in Betracht.

6

Gegen diesen ihm am 22. August 2015 zugestellten [X.]uss richtet sich die am 25. August 2015 bei Gericht eingegangene Gegenvorstellung des Markeninhabers vom 24. August 2015, mit der er „die Aussetzung des Kostenzuspruchs der  [X.] GmbH“ beantragt und die Festsetzung des Regelgegenstandswertes von 50.000 € beanstandet. Er ist der Ansicht, dass aufgrund der Entwicklung im [X.] ein weit höherer Wert der angegriffenen Marke als 50.000 € anzunehmen sei. Ferner erhebt er Bedenken gegen die Vollmacht der anwaltlichen Vertreter der Widersprechenden, die er auch nach Vorlage der Prozessvollmacht aufrechterhält, insbesondere verlangt er einen Handelsregisterauszug, der belegt, dass der die Vollmacht ohne Firmenstempel Unterzeichnende auch der Geschäftsführer der Widersprechenden sei.

7

Die Widersprechende hat sich zur Gegenvorstellung nicht geäußert.

8

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

9

1. Die Gegenvorstellung ist zulässig.

a) Der Rechtsbehelf der Gegenvorstellung gegen die gemäß § 33 Abs. 4 Satz 3 RVG unanfechtbare Wertfestsetzung vom 13. August 2015 ist statthaft.

Der Statthaftigkeit der Gegenvorstellung steht die Einführung der Anhörungsrüge seit dem 1. Januar 2002 durch Einfügung des nach § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] anwendbaren § 321a ZPO aufgrund des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 ([X.] I S. 1887), das mit Wirkung vom 1. Januar 2005 durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Anhörungsrügengesetz) vom 9. Dezember 2004([X.] I S. 3220) neu gefasst worden ist, nicht entgegen ([X.], [X.]. v. 16. März 2006 – I ZB 48/05, [X.], 704 – Markenwert; BSG NJW 2006, 860; BFH, [X.]. v. 30. März 2005 – [X.]; [X.] W (pat) 460/09 m. w. N.; [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 79 Rdnr. 47; a. A. B[X.] GRUR 2007, 156, 157 – Anhörungsrüge; [X.]/Hacker/[X.], [X.], 11. Aufl., § 83 Rdnr. 4).

Denn die Gegenvorstellung verfolgt das Ziel, den Fachgerichten die Möglichkeit zu eröffnen, ihr Verhalten unter bestimmten rechtlichen Gesichtspunkten nochmals zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Demgegenüber beschränkt sich die Anhörungsrüge auf die Fortführung des Verfahrens, wenn ein Rechtsmittel oder ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (BSG a. a. O.). [X.] ist somit nur die Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG. Eine solche Anhörungsrüge hat der Markeninhaber aber nicht erhoben. Außerhalb des Anwendungsbereichs der Anhörungsrüge nach § 82 Abs. 1 Satz 1 [X.] i. V. m. § 321a ZPO gegen nicht mit der Rechtsbeschwerde anfechtbare Entscheidungen ist daher Raum für den außerordentlichen Rechtsbehelf der (befristeten) Gegenvorstellung (Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 321a Rdnr. 3a).

b) Die Gegenvorstellung ist auch fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Notfrist des analog anzuwendenden § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG erhoben worden.

2. Die Gegenvorstellung hat aber keinen Erfolg.

a) Die Änderung eines an sich unanfechtbaren [X.]usses auf Gegenvorstellung hin ist nur möglich, wenn die getroffene Entscheidung in offensichtlichem Widerspruch zum Gesetz steht und insbesondere unter Verletzung von Grundrechten ergangen ist, so dass sie sonst nur im Wege der [X.]beschwerde angegriffen werden könnte, oder wenn die Entscheidung zu einem groben prozessualen oder [X.] Unrecht führen würde (BSG a. a. O.). Von [X.] wegen ist es geboten, dass ein Gericht seine gegen ein Verfahrensgrundrecht verstoßende Entscheidung selbst korrigiert ([X.] 107, 395 ff.; [X.] NJW 2004, 292; GRUR 2005, 614 f.).

b) Die vom Markeninhaber vorgebrachten Gründe für die erhobene Gegenvorstellung zeigen keine Rechtsverletzung auf. Das Vorbringen des Markeninhabers rechtfertigt somit nicht die Änderung des [X.]usses vom 13. August 2015.

aa) Der Senat sieht keinen Anlass, von dem in Übereinstimmung mit dem [X.] und der Mehrheit der Senate des [X.] bei unbenutzten Marken in einem Widerspruchsbeschwerdeverfahren festgesetzten Regelgegenstandswert von 50.000 € abzuweichen.

Abgesehen davon, dass die Gegenvorstellung nicht dazu dient, versäumten Vortrag nachzuholen, so dass ergänzendes Vorbringen nicht zu einer neuen Sachentscheidung führen kann, hat der Markeninhaber auch in seiner Gegenvorstellung keine konkreten gegenstandswerterhöhenden Umstände angeführt. Der pauschale Hinweis auf die Entwicklung im [X.] genügt dafür nicht.

bb) Unabhängig davon, ob die Rüge der mangelnden Vollmacht im Rahmen der Gegenvorstellung berücksichtigt werden kann, hat die Widersprechende hinsichtlich der vom Markeninhaber bestrittenen Vertretungsbefugnis ihrer Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 7. Oktober 2015 eine vom 25. Juni 2014 stammende und von ihrem ausweislich des Handelsregisters des [X.] ([X.]) seit 2012 bestellten Geschäftsführer [X.] unterzeichnete, ordnungsgemäße Prozessvollmacht vorgelegt. Auch ohne Firmenstempel ist durch die Angabe u. a. des vorliegenden Verfahrens klar erkennbar, dass der Unterzeichner für die Widersprechende handelt.

c) Soweit der Markeninhaber „die Aussetzung des Kostenzuspruchs der Firma [X.] GmbH“ beantragt, begehrt er die Aussetzung des Kostenfestsetzungsverfahrens bis zum Abschluss des Verfahrens über die Gegenstandswertfestsetzung. Da dieses mit der vorliegenden Entscheidung über die Gegenvorstellung abgeschlossen ist, ist sein Antrag gegenstandslos geworden.

3. Das Verfahren ist entsprechend § 33 Abs. 9 RVG kostenfrei.

4. Die Entscheidung über die Gegenvorstellung ist unanfechtbar (vgl. B[X.] a. a. O. – Anhörungsrüge).

Meta

26 W (pat) 59/13

16.03.2016

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 321a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 16.03.2016, Az. 26 W (pat) 59/13 (REWIS RS 2016, 14420)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 14420

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

26 W (pat) 59/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Gegenstandswert - zur Zulässigkeit – zur Festsetzung des Gegenstandswertes


26 W (pat) 34/13 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – Gegenstandswert - zur Zulässigkeit – zur Festsetzung des Gegenstandswertes


26 W (pat) 35/14 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Gegenstandswert im Widerspruchsbeschwerdeverfahren" – Maßgeblichkeit des wirtschaftlichen Interesses des Inhabers der angegriffenen Marke …


26 W (pat) 536/16 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – "Gegenstandswert im Widerspruchsbeschwerdeverfahren" – Maßgeblichkeit des wirtschaftlichen Interesses des Inhabers der angegriffenen Marke …


26 W (pat) 19/12 (Bundespatentgericht)

Markenbeschwerdeverfahren – zur Kostenentscheidung – zur Gegenstandswertfestsetzung


Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.