Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2015, Az. XII ZB 473/13

12. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 15337

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Gegenstand

Adoptionsverfahren zur Annahme des durch Samenspende gezeugten Kindes der eingetragenen Lebenspartnerin durch die andere Lebenspartnerin: Erforderlichkeit der Einwilligung des möglichen leiblichen Vaters; Entbehrlichkeit einer Benachrichtigung des möglichen Vaters von dem Verfahren zur Sicherung dessen Beteiligungsmöglichkeit


Leitsatz

1. Vater im Sinne von § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB kann auch ein Samenspender sein (im Anschluss an Senatsurteil vom 15. Mai 2013, XII ZR 49/11, BGHZ 197, 242 = FamRZ 2013, 1209).

2. Die Einwilligung des - möglichen - leiblichen Vaters in die Adoption ist nur erforderlich, wenn dieser durch eine entsprechende Glaubhaftmachung am Adoptionsverfahren mitwirkt. Nur dann ist er vom Familiengericht am Verfahren zu beteiligen.

3. Das grundrechtlich geschützte Interesse des leiblichen Vaters, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einnehmen zu können, ist verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, dass dieser vom Familiengericht entsprechend § 7 Abs. 4 FamFG vom Verfahren benachrichtigt werden muss, um ihm eine Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen.

4. Von einer Benachrichtigung kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es aufgrund der umfassend aufgeklärten Umstände unzweifelhaft ist, dass eine Beteiligung des möglichen leiblichen Vaters nicht in Betracht kommt. Das ist der Fall, wenn dieser auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse von vornherein verzichtet hat. Darüber hinaus ist eine Benachrichtigung nur noch unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 BGB entbehrlich.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des 19. Zivilsenats als [X.] in [X.] vom 30. Juli 2013 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.

Wert: 5.000 €

Gründe

I.

1

Die Beteiligten zu 1 und 2 sind eingetragene Lebenspartnerinnen. Das betroffene Kind ist mithilfe einer "privaten" Samenspende gezeugt und im November 2010 von der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Mutter) geboren worden.

2

Die Beteiligte zu 1 hat die Annahme des Kindes beantragt. Sie hat eine Zustimmungserklärung des leiblichen [X.] nicht vorgelegt. Sie hat erklärt, ihr seien zwar Name und Aufenthaltsort des [X.] bekannt. Dieser habe sie aber aufgefordert, ihn nicht zu benennen, woran sie und die Mutter sich gebunden fühlten.

3

Das Amtsgericht hat den Adoptionsantrag mangels Zustimmung des leiblichen [X.] zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde, mit welcher sie ihren Adoptionsantrag weiterverfolgt.

II.

4

Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

5

1. Nach Auffassung des [X.] scheitert die Adoption an der fehlenden Zustimmung des leiblichen [X.] gemäß § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach sei bei Fehlen eines gesetzlichen [X.] derjenige als Vater anzusehen, der die Voraussetzung des § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB glaubhaft mache. Zwar greife die Regelung nach ihrem Wortlaut nicht ein, weil der Samenspender der Mutter nicht beigewohnt habe. Die Vorschrift sei aber jedenfalls entsprechend anzuwenden, wofür sich das Beschwerdegericht auf die Entscheidung des erkennenden [X.]s vom 15. Mai 2013 ([X.], 242 = [X.], 1209) bezogen hat. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung müsse die in der Literatur umstrittene Frage, ob § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB auf den Samenspender analog anzuwenden sei, für den Fall bejaht werden, dass der Zeugung des Kindes mittels Samenspende keine Vereinbarung nach § 1600 Abs. 5 BGB vorausgegangen sei.

6

Der vorliegende Fall sei mit einer konsentierten heterologen Insemination im Sinne des § 1600 Abs. 5 BGB nicht gleichzusetzen. Auch wenn zwischen dem Vater, der Mutter und der Annehmenden eine Adoption von vornherein vereinbart worden sei, verbleibe ein maßgeblicher Unterschied deshalb, weil bei einer Vereinbarung im Sinne von § 1600 Abs. 5 BGB ein Dritter als Ehemann der Mutter oder durch Anerkennung Vater werden solle. Das Gericht könne ohne Beteiligung des biologischen [X.] schon nicht überprüfen, ob es im Zusammenhang mit der privaten Insemination eine solche Vereinbarung gegeben habe. Demnach sei die Einwilligung des biologischen [X.] in die Adoption erforderlich. Auf das Zustimmungserfordernis könne nicht aus [X.] verzichtet werden. Auch wenn es nachvollziehbar erscheine, dass der Annehmende aufgrund einer Absprache mit dem Vater dessen Identität nicht preisgeben wolle, könne darin kein Grund gesehen werden, von dem gesetzlichen Zustimmungserfordernis abzusehen. Dass der Vater sich einem späteren Kontakt mit dem Kind verschließen würde, nur weil er im Adoptionsverfahren angehört worden sei, sei nicht wahrscheinlich. Jedenfalls sei kein hinreichender Grund gegeben, vom Zustimmungserfordernis gemäß § 1747 Abs. 1 BGB abzusehen, das das rechtliche Gehör des [X.] absichern solle.

7

Das Zustimmungserfordernis verstoße auch nicht gegen Art. 3 Abs. 2 oder 3 [X.]. Nach der Rechtsprechung des [X.] verstoße es nicht gegen Grund- oder Menschenrechte, wenn § 1591 Nr. 1 BGB nicht auf die eingetragene Lebenspartnerin der Mutter eines Kindes angewendet werde. Entsprechendes müsse auch für die [X.]chaft nach § 1592 Nr. 2 BGB gelten.

8

Der Auffassung der Beteiligten zu 1, der biologische Vater habe auf sein Zustimmungsrecht wirksam verzichtet, könne nicht gefolgt werden. Das Gericht könne keine sicheren Erkenntnisse über den behaupteten Verzicht erlangen, bevor es den biologischen Vater ordnungsgemäß beteiligt habe. Die bloße Behauptung der übrigen Beteiligten, der Vater sei mit der Annahme einverstanden, reiche demgegenüber nicht aus. Dies würde dem Sinn und Zweck des § 1747 Abs. 1 Satz 1 BGB widersprechen, wonach die Einwilligung des [X.] nur im gerichtlichen Verfahren erklärt werden könne. Nichts anderes könne für den Verzicht auf das Zustimmungsrecht gelten.

9

Schließlich sei der leibliche Vater zur Abgabe einer Erklärung auch nicht dauerhaft außerstande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt. Ob § 1747 Abs. 4 BGB im Fall einer Weigerung der Mutter, die Identität des [X.] anzugeben, entsprechend anzuwenden sei, könne dahinstehen, weil hier jedenfalls auch der Beteiligten zu 1 als [X.] die Identität des [X.] bekannt sei.

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

a) Nach § 9 Abs. 7 Satz 1 LPartG kann ein Lebenspartner ein Kind seines Lebenspartners allein annehmen. Die Stiefkindadoption durch einen Lebenspartner setzt die Zustimmung des Kindes und des anderen Elternteils voraus (§§ 1746, 1747 BGB). Dass § 9 Abs. 7 Satz 2 LPartG keinen ausdrücklichen Verweis auf diese Vorschriften enthält, steht ihrer Anwendung nicht entgegen ([X.]/[X.] 14. Aufl. § 9 LPartG Rn. 14; [X.]/[X.] BGB [2010] § 9 LPartG Rn. 71; vgl. auch [X.] [X.], 521 Rn. 94). Der Gesetzgeber hat zur Anwendung der Adoptionsvorschriften nur im Hinblick auf die Besonderheiten der Stiefkindadoption einzelne Regelungen getroffen, während die übrigen, nicht die Stiefkindadoption betreffenden Vorschriften des Adoptionsrechts ohne gesonderte gesetzliche Anordnung anwendbar sein sollten (vgl. BT-Drucks. 15/3445 S. 15).

b) Zur Annahme eines Kindes ist nach § 1747 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einwilligung der Eltern erforderlich. Sofern [X.] nach § 1592 BGB als Vater anzusehen ist, gilt als Vater, wer die Voraussetzung des § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB glaubhaft macht (§ 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB).

aa) Nach § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB wird im Verfahren auf gerichtliche Feststellung der [X.]chaft (§ 1592 Nr. 3 BGB) als Vater vermutet, wer der Mutter während der [X.] beigewohnt hat. Die [X.]chaftsvermutung kann nach dem gesetzlichen Regelungskonzept zur gerichtlichen Feststellung der [X.]chaft führen, falls der Nachweis der genetischen [X.]chaft nicht erbracht worden ist. Ob die Vorschrift auch auf den Samenspender anzuwenden ist, ist umstritten (bejahend etwa [X.]/Wellenhofer 6. Aufl. § 1600 d Rn. 98; verneinend [X.]/[X.] BGB [2011] § 1600 d Rn. 50 jeweils mwN). Die Frage braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn von § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m. § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB ist der Samenspender unabhängig von der Entscheidung der Streitfrage schon aufgrund der besonderen Zweckrichtung der Vorschriften umfasst (im Ergebnis ebenso [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 25 ff.; [X.]/[X.] Stand: 1. August 2014 § 1747 Rn. 7; [X.]/[X.] BGB 74. Aufl. § 1747 Rn. 3; [X.] FuR 2014, 261, 262; [X.], 120, 122). Während § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB für sich genommen eine Regel der objektiven Beweislast enthält, die trotz [X.] zur positiven [X.]chaftsfeststellung führen kann (vgl. [X.]/[X.] BGB [2011] § 1600 d Rn. 4 mwN sowie - zum Umfang der Amtsaufklärungspflicht - [X.]surteil [X.] 168, 79 = [X.], 1745; [X.] NJW 2010, 3772; OLG Celle [X.], 1669), dient § 1600 d Abs. 2 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB dem Zweck, bei (noch) nicht feststehender rechtlicher [X.]chaft den als Vater in Betracht kommenden Mann zu bezeichnen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich am Adoptionsverfahren zu beteiligen.

Die Regelung ist zusammen mit dem [X.] des nichtehelichen [X.] durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz - [X.] - vom 16. Dezember 1997 ([X.] I S. 2942) eingeführt worden. Durch das [X.] sollte unter anderem Entscheidungen des [X.] (FamRZ 1995, 110) und des [X.] (FamRZ 1995, 789) Rechnung getragen werden. Die Einwilligungsberechtigung des [X.] eines nicht in der Ehe geborenen und nicht legitimierten Kindes ist nach der Gesetzesbegründung allerdings nur effektiv, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet werde, rechtzeitig vor einer Adoption seines Kindes durch Dritte seine [X.]chaft - auch gegen den Willen der Mutter - geltend zu machen (BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Der leibliche Vater sollte demnach die Möglichkeit erhalten, seine [X.]chaft feststellen zu lassen und im Adoptionsverfahren sein Elternrecht geltend zu machen. Das entspricht dem Schutz nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Der leibliche, aber nicht rechtliche Vater ist nach der Rechtsprechung des [X.] als solcher zwar noch nicht Träger des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 [X.]. Die Grundrechtsnorm schützt den leiblichen Vater aber in seinem Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen ([X.] FamRZ 2003, 816, 818; vgl. auch [X.] [X.], 521, 524).

Demnach ist es aufgrund Art. 6 Abs. 2 Satz 1 [X.] und der damit übereinstimmenden Schutzrichtung des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB geboten, dem vermuteten Vater eine Beteiligung am Adoptionsverfahren zu ermöglichen. Dies ist nicht auf die natürliche Zeugung beschränkt, sondern gilt auch im Fall der Samenspende. Dementsprechend hat der [X.] entschieden, dass die [X.]chaftsanfechtung durch den sogenannten biologischen Vater gemäß § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht von einer Beiwohnung im Wortsinn abhängig ist, zumal die gerichtliche [X.]chaftsfeststellung eine Beiwohnung nicht voraussetzt ([X.]surteil [X.], 242 = [X.], 1209). Dieselbe Erwägung greift auch im Anwendungsbereich des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB ein ([X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 26). Denn die Vorschrift trägt ebenfalls dem grundrechtlich geschützten Interesse des vermuteten leiblichen [X.] Rechnung, in die Elternstellung einrücken zu können, und soll verhindern, dass diese Möglichkeit durch eine kurze Zeit nach der Geburt durchgeführte Adoption vereitelt wird.

bb) Nach § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB ist die Einwilligung des vermuteten leiblichen [X.] nur erforderlich, wenn dieser die Möglichkeit seiner leiblichen [X.]chaft glaubhaft macht. Mit dem Erfordernis der Glaubhaftmachung setzt die Vorschrift voraus, dass ein [X.]chaftsprätendent seine Interessen im Verfahren selbst aktiv wahrnimmt (vgl. [X.]/[X.] [2007] § 1747 Rn. 14; [X.] JAmt 2001, 57, 60). Dementsprechend muss der mögliche leibliche Vater vom Familiengericht nach § 188 Abs. 1 Nr. 1 b FamFG nicht ohne weiteres am Verfahren beteiligt werden. Er ist vielmehr nur zu beteiligen, wenn er dem Verfahren unter Berufung auf seine mögliche [X.]chaft beitritt (MünchKommFamFG/[X.] 2. Aufl. § 188 Rn. 8; [X.] FuR 2014, 261, 263; [X.]/Weinreich/[X.] FamFG 4. Aufl. § 188 Rn. 5). Sieht er hingegen von einer Glaubhaftmachung ab, ist seine Zustimmung zu der Adoption nicht erforderlich. Das folgt bereits aus dem Wortlaut des § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB und entspricht der mit dem Gesetz verfolgten Absicht (vgl. BT-Drucks. 13/4899 [X.]). Dies steht auch mit der verfassungsrechtlichen Grundlage im Einklang. Denn ohne aktive Beteiligung am Verfahren macht der leibliche Vater von seinem grundrechtlich geschützten Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen (vgl. [X.] FamRZ 2003, 816, 818), keinen Gebrauch und ist demzufolge nicht schutzbedürftig.

Ein Verzicht auf die Mitwirkung am Verfahren setzt allerdings voraus, dass der mögliche leibliche Vater von der Geburt des Kindes und von dem Adoptionsverfahren Kenntnis hat. Ohne eine entsprechende Kenntnis ist ihm die Wahrung seines grundrechtlich geschützten Interesses nicht möglich. Dementsprechend hat der [X.] in der von der Gesetzesbegründung zum Kindschaftsrechtsreformgesetz in Bezug genommenen Entscheidung (auch) beanstandet, dass eine Adoption ohne Wissen des leiblichen [X.] durchgeführt wurde ([X.], 110, 112 [[X.]]; vgl. [X.]/[X.] [2007] § 1747 Rn. 14). Der leibliche Vater darf mithin nicht dadurch schutzlos gestellt werden, dass er von dem Adoptionsverfahren schon keine Kenntnis erlangt. Die Notwendigkeit seiner Unterrichtung ist nicht etwa mit der Begründung zu verneinen, der leibliche Vater habe durch Bemühungen um die Mutter vermeiden können, dass ihm seine [X.]chaft verborgen geblieben sei (so [X.], 2897, 2898; [X.] FuR 2014, 261, 263). Allein aus der Unkenntnis kann nicht auf ein Desinteresse des (möglichen) leiblichen [X.] geschlossen werden (vgl. - neben [X.], 110, 112 - die Fallgestaltungen der Entscheidungen des [X.] FamRZ 2004, 1456 [[X.]] sowie - zum selben Fall - [X.] FamRZ 2004, 1857 und [X.]sbeschluss vom 26. September 2007 - [X.] 229/06 - FamRZ 2007, 1969; ferner [X.]sbeschluss vom 16. Juni 2010 - [X.] 35/10 - FamRZ 2010, 1242). Dementsprechend ist nach den Vorstellungen des Gesetzgebers die Einwilligungsberechtigung des [X.] eines nicht in der Ehe geborenen und nicht legitimierten Kindes nur effektiv, wenn ihm die Möglichkeit eröffnet wird, rechtzeitig vor einer Adoption seines Kindes durch Dritte seine [X.]chaft - auch gegen den Willen der Mutter - geltend zu machen (BT-Drucks. 13/4899 [X.]).

Etwas anderes gilt dann, wenn zuverlässig davon ausgegangen werden kann, dass der - mögliche - leibliche Vater die rechtliche [X.]tellung zu dem Kind von vornherein nicht einnehmen will, wie es etwa bei der sogenannten anonymen Samenspende regelmäßig der Fall ist ([X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 27; vgl. [X.]surteile vom 28. Januar 2015 - [X.] - zur Veröffentlichung in [X.] bestimmt und [X.], 242 = [X.], 1209 Rn. 21 f. sowie den Fall des [X.] FamRZ 2014, 674). In diesem Fall ergibt sich bereits aus den Umständen der - medizinisch assistierten - Zeugung, dass der leibliche Vater seine [X.] nicht wahrnehmen will. Mithin ist dessen Einwilligung in die Adoption nicht erforderlich und bedarf es entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht seiner Beteiligung am Verfahren (i.E. ebenso [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 27). Weder die Person des leiblichen [X.] noch dessen Aufenthalt müssen vom Familiengericht ermittelt werden.

cc) Eine Unterrichtung des möglichen leiblichen [X.] vom Verfahren ist ferner unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB entbehrlich, wenn etwa sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Zwar gilt diese Vorschrift als Ausnahme vom gesetzlichen [X.] nur für einen Elternteil im Sinn von § 1747 Abs. 1 BGB, als welcher der [X.]chaftsprätendent erst nach Glaubhaftmachung gilt. Wird demgegenüber die Adoption auch dadurch begrenzt, dass ein möglicher leiblicher Vater entweder vom Adoptionsverfahren Kenntnis oder aber auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse von vornherein verzichtet haben muss, so bedarf es einer entsprechenden Anwendung des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB auch auf den möglichen leiblichen Vater. Denn dieser steht nicht besser als der rechtliche Vater, der nicht zu einer Zustimmung imstande ist oder dessen Aufenthalt unbekannt ist. Wenn demnach im Interesse des Kindes an einer Adoption die Einwilligung des rechtlichen Elternteils unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht erforderlich ist, so gilt dies für den - möglichen - leiblichen Vater ebenfalls.

dd) Eine Einbeziehung des [X.] ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen entbehrlich. Insbesondere wird die Lebenspartnerin der Mutter nicht ohne rechtfertigende Grundlage anders behandelt als ein mit der Mutter verheirateter Mann. Denn dieser kann und wird in den meisten Fällen auch leiblicher Elternteil (Vater) des Kindes sein. Ähnlich verhält es sich mit einem nicht mit der Mutter verheirateten Mann, der mit deren Zustimmung die [X.]chaft zu dem Kind anerkennt. Dass das Adoptionsverfahren, wie die Rechtsbeschwerde anführt, mit "Hindernissen belastet" ist, trägt dem ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Interesse des möglichen [X.] Rechnung, die rechtliche [X.]tellung einnehmen zu können (vgl. [X.]surteil [X.], 242 = [X.], 1209 Rn. 18 mwN zur Rechtsprechung des [X.]).

ee) Das grundrechtlich geschützte Interesse des leiblichen [X.] ist verfahrensrechtlich dadurch zu sichern, dass dieser vom Familiengericht entsprechend § 7 Abs. 4 FamFG vom Verfahren zu benachrichtigen ist, um ihm eine Beteiligung am Verfahren zu ermöglichen. Das Gericht hat demnach im Rahmen der Amtsaufklärung gemäß § 26 FamFG Name und Anschrift des in Betracht kommenden leiblichen [X.] zu ermitteln, wobei die Beteiligten nach § 27 FamFG an der Aufklärung mitzuwirken und ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und wahrheitsgemäß abzugeben haben.

Der in diesem Punkt vor allem der Sicherung der Rechte des leiblichen [X.] dienenden Ermittlungspflicht ist regelmäßig noch nicht dadurch genügt, dass das Gericht allein aufgrund der Angaben der Annehmenden und der Mutter davon ausgeht, der diesen bekannte leibliche Vater sei mit der Adoption einverstanden (a.A. OLG Dresden Beschluss vom 28. Oktober 2010 - 21 UF 443/10 - nicht veröffentlicht).

Von einer Benachrichtigung des leiblichen [X.] vom Verfahren kann ausnahmsweise abgesehen werden, wenn es aufgrund der umfassend aufgeklärten Umstände unzweifelhaft ist, dass eine Beteiligung des leiblichen [X.] nicht in Betracht kommt. Dies ist der Fall, wenn der leibliche Vater auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse, die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen, von vornherein verzichtet hat. Darüber hinaus ist die Information des möglichen leiblichen [X.] nur noch unter den Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB entbehrlich.

Greift keine der vorgenannten Ausnahmen von der Benachrichtigungspflicht ein und kann eine Benachrichtigung nicht erfolgen, ist der Adoptionsantrag zurückzuweisen, weil anderenfalls das grundrechtlich (und von der [X.]) geschützte Interesse des möglichen leiblichen [X.], die Rechtsstellung als Vater des Kindes einzunehmen, verletzt würde.

c) Die angefochtene Entscheidung entspricht den aufgeführten Grundsätzen nicht in vollem Umfang.

aa) Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der von der Mutter und der Annehmenden nicht benannte Samenspender Elternteil im Sinne von § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB sein kann. Dass die Zeugung - nach den Angaben der Beteiligten - mithilfe einer Samenspende erfolgt ist, steht dem nicht entgegen.

bb) Zu Unrecht ist das Beschwerdegericht allerdings davon ausgegangen, dass der mögliche leibliche Vater der Adoption in jedem Fall zustimmen müsse.

(1) Denn die Zustimmung ist nur erforderlich, wenn er durch eine Glaubhaftmachung im Sinn von § 1747 Abs. 1 Satz 2 BGB an dem Adoptionsverfahren aktiv mitwirkt. Mangels einer solchen Mitwirkung ist er am Verfahren auch nicht von Amts wegen zu beteiligen.

Durch das Fehlen einer Glaubhaftmachung wird die Adoption allerdings noch nicht eröffnet, solange der mögliche leibliche Vater von dem Adoptionsverfahren nicht benachrichtigt ist oder von vornherein auf sein grundrechtlich geschütztes Interesse, in die [X.], verzichtet hat. Ist dies nicht der Fall und liegen auch die Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht vor, darf die Adoption nicht ausgesprochen werden.

(2) Das Beschwerdegericht ist zwar im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass die Adoption unter den gegebenen Umständen (noch) nicht ausgesprochen werden kann, wenn dies auch nicht darauf beruht, dass der mögliche leibliche Vater in jedem Fall in die Adoption einwilligen muss, sondern darauf, dass der gerichtlichen Benachrichtigungspflicht (noch) nicht genügt werden konnte. Dass die Annehmende und die Mutter versichern, der leibliche Vater sei mit der Adoption einverstanden, genügt nach den oben dargestellten Grundsätzen für sich genommen noch nicht, um das Gericht von seiner Benachrichtigungspflicht zu entbinden.

Da bei der Adoption neben den Rechten der Eltern und den Interessen der Adoptionswilligen vor allem auch das Interesse des Kindes zu berücksichtigen ist, kann der Adoptionsantrag aber nur dann allein wegen der von Seiten der Beteiligten verweigerten Information über den Vater zurückgewiesen werden, wenn das Familiengericht alle zur Verfügung stehenden [X.] ausgeschöpft hat. Das geht aus dem angefochtenen Beschluss nicht hervor. Das Beschwerdegericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass der leibliche Vater am Verfahren zwingend zu beteiligen sei und der Adoption zustimmen müsse. Die Beteiligten haben die Nennung des [X.] unter anderem deswegen verweigert, weil dieser nicht am Verfahren beteiligt werden wolle. Da sie somit von falschen Voraussetzungen ausgegangen sind, ist nicht ausgeschlossen, dass sie auf der Grundlage der vorliegenden Entscheidung zu einer Nennung des [X.] bereit sind.

d) Da sich die - unrichtige - Rechtsauffassung des [X.] somit auf dessen Verfahrensgestaltung ausgewirkt hat, ist nicht auszuschließen, dass dieses bei [X.] rechtlichen Ausgangspunkt und einer dementsprechenden Verfahrensgestaltung zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Der angefochtene Beschluss kann demnach keinen Bestand haben. Die Sache ist an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, weil es weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedarf.

3. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf folgendes hin:

Das Beschwerdegericht wird vor einer Prüfung der allgemeinen Adoptionsvoraussetzungen nach § 1741 BGB Name und Anschrift des möglichen [X.] aufzuklären und hierzu die Beteiligten - unter den geänderten Voraussetzungen - erneut zur Mitwirkung nach § 27 FamFG aufzufordern sowie etwaige weitere [X.] auszuschöpfen haben (vgl. [X.] FPR 2005, 196, 198 f.; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 29). Zwangsmittel gegen die Mutter und die Annehmende sind in diesem Rahmen nicht zulässig ([X.]/[X.] [2007] § 1747 Rn. 15; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 1747 Rn. 10). Sind sämtliche [X.] ausgeschöpft, wird zu prüfen sein, ob die Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB vorliegen. Dass der Aufenthalt des möglichen [X.] dauernd unbekannt ist, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht schon dadurch verwirklicht, dass Annehmende und Mutter, die vom möglichen Vater wissen, dessen Person und Aufenthalt dem Gericht nicht mitteilen (vgl. jurisPK-BGB/[X.] 7. Aufl. § 1747 Rn. 15; [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 31; [X.] FamRZ 2002, 1647; AG Tempelhof-Kreuzberg FamRZ 2005, 302; [X.]/[X.] BGB 74. Aufl. § 1747 Rn. 9). Denn der Aufenthalt des möglichen [X.] ist jedenfalls dann nicht mehr unbekannt, wenn der Annehmenden und der Mutter die Identität und der Aufenthalt des möglichen [X.] bekannt sind. Zwar mag es unter besonderen Umständen der Mutter und der Annehmenden im Einzelfall unzumutbar sein, die Person des möglichen [X.] zu benennen (vgl. etwa [X.]sbeschluss vom 2. Juli 2014 - [X.] 201/13 - FamRZ 2014, 1440 Rn. 15 [zum Auskunftsanspruch des Scheinvaters] sowie [X.]/[X.] 3. Aufl. § 1747 Rn. 32). Solche Umstände sind hier indes nicht ersichtlich. Allein die Weigerung von Mutter und [X.], die Identität des [X.] preiszugeben, erfüllt die Voraussetzungen des § 1747 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht.

Bleiben demnach im weiteren Verfahren vor dem Beschwerdegericht auch aufgrund einer den vorstehenden Grundsätzen entsprechenden umfassenden Aufklärung Name und Anschrift des leiblichen [X.] unbekannt und liegt auch kein Fall des § 1747 Abs. 4 BGB vor, so wird die Beschwerde zurückzuweisen sein.

Dose                        [X.]

             Schilling                                    [X.]

Meta

XII ZB 473/13

18.02.2015

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend KG Berlin, 30. Juli 2013, Az: 19 UF 17/13

§ 1600d Abs 2 S 1 BGB, § 1747 Abs 1 S 2 BGB, § 1747 Abs 4 BGB, § 9 Abs 7 LPartG, § 7 Abs 4 FamFG, § 26 FamFG, § 27 FamFG, § 188 FamFG, Art 6 Abs 2 S 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 18.02.2015, Az. XII ZB 473/13 (REWIS RS 2015, 15337)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 1820 REWIS RS 2015, 15337

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