Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2012, Az. III ZR 196/11

3. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 2136

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ÖFFENTLICHES RECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) EUROPA- UND VÖLKERRECHT SCHADENSERSATZ GLÜCKSSPIEL SPORTWETTEN

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Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 15. Juli 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine in [X.] ansässige Anbieterin von Sportwetten, macht gegen die [X.] L.             (Beklagte zu 1) sowie gegen den [X.] (Beklagter zu 2) aus eigenem und aus abgetretenem Recht Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung [X.] Rechts geltend.

2

Die Klägerin verfügt über eine Erlaubnis der gibraltarischen Behörden für die Veranstaltung von Sportwetten. Die von ihr unter anderem in [X.] angebotenen Wetten vertrieb sie - neben ihrer Präsenz im [X.] - auch über Wettbüros, welche von selbständigen Geschäftsbesorgern geführt wurden. Ein solcher Geschäftsbesorger (im Folgenden: Zedent) betrieb im Gebiet der Beklagten zu 1 ein Wettbüro und trat der Klägerin später seine Schadensersatzansprüche ab.

3

Mit Verfügung vom 7. Juli 2005 untersagte die Beklagte zu 1 dem Zedenten die Vermittlung von Sportwetten und ordnete die sofortige Vollziehung ihres Verwaltungsakts gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO an. Sie stützte sich auf die Generalklausel des Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 des [X.] in Verbindung mit § 284 StGB und §§ 3, 5 Abs. 2 des [X.] zum Lotteriewesen in [X.] (gültig vom 1. Juli 2004 bis 31. Dezember 2007) und führte an, dem Zedenten fehle die notwendige staatliche Erlaubnis zum Vermitteln von Sportwetten.

4

Auf den gegen diese Verfügung gerichteten Widerspruch des Zedenten hob die Beklagte zu 1 zwar die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit auf, half dem Rechtsmittel jedoch im Übrigen nicht ab und legte den Vorgang dem Landratsamt D.                       als zuständiger Widerspruchsbehörde vor. Mit Bescheid vom 7. Juni 2006 wies das Landratsamt den Widerspruch des Zedenten gegen die Untersagungsverfügung zurück und ordnete deren sofortige Vollziehung wieder an.

5

Der Zedent erhob daraufhin Klage gegen die Verfügung der Beklagten zu 1 vor dem [X.]        und stellte den Antrag, die aufschiebende Wirkung seiner Klage nach § 80 Abs. 5 VwGO wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 7. September 2006 wies das Verwaltungsgericht diesen Antrag zurück. Zum 1. Oktober 2006 stellte der Zedent die Vermittlung von Sportwetten der Klägerin ein. Mit Beschluss vom 6. Dezember 2006 wies der [X.] die Beschwerde des Zedenten gegen die Abweisung seines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zurück.

6

Die Klägerin sieht in dem Erlass der behördlichen Untersagungsverfügung, den im Folgenden ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen sowie in der Schaffung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Vorschriften des [X.] jeweils qualifizierte Verstöße gegen das Recht der [X.]. Sie verlangt von den Beklagten für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2006 als Gesamtschuldnern die Zahlung von 30.000 € als Ersatz eigenen Schadens und solchen des Zedenten. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

8

Nach Auffassung des Berufungsgerichts kann die Klägerin Schadensersatz weder nach den Grundsätzen des gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs noch aus § 839 BGB, Art. 34 [X.] oder aus enteignungsgleichem Eingriff verlangen.

9

Im Hinblick auf einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat sich das Berufungsgericht die Auffassung des [X.] zu eigen gemacht, die [X.] hätten zwar objektiv die europarechtlich gewährleistete Dienstleistungsfreiheit der Klägerin und des Zedenten verletzt. Das [X.] hat hierzu ausgeführt, nach Urteilen des [X.]s der [X.] vom 8. September 2010 genüge das in den [X.] Ländern bestehende [X.] nicht der für einen gerechtfertigten Eingriff in die [X.] Dienstleistungsfreiheit erforderlichen Kohärenz, da Pferdewetten und bestimmte andere Glückspiele (z.B. Automatenspiele) der Gewerbefreiheit unterlägen, obgleich sie ein höheres Suchtpotential beinhalteten, als die dem Monopol unterfallenden Sportwetten. In Übereinstimmung mit der Vorinstanz hat das Berufungsgericht gemeint, es fehle jedoch an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht. Bis zu den Urteilen des [X.]s vom 8. September 2010 sei die Rechtsfrage, ob das [X.] gegen [X.]s Recht verstoße, nicht in dem Maße geklärt gewesen, als dass die Maßnahmen der [X.] als offenkundige Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht einzustufen gewesen seien.

Auch durch das das [X.] [X.] betreffende Urteil des [X.] vom 28. März 2006 sei der Beurteilungs- und Ermessensspielraum der [X.] nicht entfallen oder auf Null reduziert worden. Weder habe das [X.] darin ausdrücklich die Verletzung unionsrechtlicher Vorschriften festgestellt, noch beinhalteten die Feststellungen denknotwendig eine solche. Auch der [X.] der [X.] habe ausgeführt, dass sich das [X.] in seiner Entscheidung vom 28. März 2006 sowie in einem Beschluss vom 2. August 2006 nicht zur Vereinbarkeit des [X.]s mit dem Unionsrecht geäußert habe. Das Berufungsgericht hat weiter ausgeführt, das [X.] habe ausdrücklich festgestellt, dass die maßgebliche [X.] Norm nicht nichtig sei und während der eingeräumten Übergangsfrist Eingriffe in das Grundrecht nach Art. 12 [X.] rechtfertige. Dass eine solche Übergangsfrist auch auf europarechtlicher [X.]e gerechtfertigt sein könne, habe der [X.] der [X.] erstmals in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 in Sachen "[X.]" verneint.

Soweit die Klägerin den Verwaltungsgerichten vorwerfe, eine Vorlage an den [X.] der [X.] unterlassen zu haben, stelle dies ebenfalls keinen offenkundigen Verstoß gegen [X.]s Recht dar, da eine Vorlagepflicht nach Art. 234 [X.]V (nunmehr Art. 267 AEUV) für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes grundsätzlich nicht bestehe.

Ansprüche aus § 839 BGB, Art. 34 [X.] und enteignungsgleichem Eingriff schieden ebenfalls aus.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin als (gibraltarische) Veranstalterin von Sportwetten und die für sie auf der Grundlage von Geschäftsbesorgungsverträgen tätigen ([X.]) Vermittler Dienstleistungen im Sinne von Art. 49 [X.] (jetzt Art. 56 AEUV) angeboten haben ([X.], Urteil vom 8. September 2010 - [X.] u.a. - [X.] u.a., [X.], 1409 Rn. 56 ff). Weiterhin steht aufgrund der Urteile des [X.]s der [X.] vom 8. September 2010 ([X.]/08 - [X.], [X.], 1422; [X.] aaO; [X.]/06 - [X.] - [X.], 1419) fest, dass das in [X.] bis 2008 gemäß dem Staatsvertrag zum Lotteriewesen in [X.] vom 20. Juni 2004 (BayGVBl. [X.]) geltende [X.], aufgrund dessen ausschließlich die im [X.] zusammengeschlossenen Lotterieunternehmen der Länder Sportwetten ("[X.]") anbieten und (über die Lottoannahmestellen sowie über das [X.]) vertreiben durften, und damit die darauf beruhenden Verwaltungs- und Gerichtsentscheidungen der Bediensteten zu 1 und 2 objektiv mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar waren: Die Regelungen, die der Eindämmung der Spielsucht dienen sollten, verstießen gegen das in den Urteilen des [X.]s statuierte Kohärenzgebot, da eine Reihe von Glückspielen (insbesondere Automatenspiele), die nicht unter das staatliche Monopol fielen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol galt. Zudem beanstandete der [X.] in den die Rechtslage in [X.] und [X.] betreffenden Entscheidungen [X.] und [X.] die Durchführung intensiver Werbekampagnen durch den Inhaber des staatlichen Monopols auf Sportwetten.

2. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Verletzung der Dienstleistungsfreiheit durch die [X.] stelle keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das [X.] Recht dar, wie er für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlich sei (so auch zur Rechtslage in [X.] OLG Köln, Urteil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11, juris, Rn. 20 ff), ist im Ergebnis gleichfalls nicht zu beanstanden.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.]s der [X.] ist ein Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert, wenn der betreffende Mitgliedstaat bei der Wahrnehmung seiner [X.] die Grenzen, die der Ausübung seiner Befugnisse gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat (z.B. [X.], Urteile vom 13. März 2007 - [X.]/04 - [X.] in [X.], [X.]. 2007, [X.] Rn. 118; vom 8. Oktober 1996 - [X.] u.a. - Dillenkofer u.a., [X.]. 1996, [X.] Rn. 25; vom 26. März 1996 - [X.]/93 - [X.], [X.]. 1996, [X.] Rn. 42; vom 5. März 1996 - [X.]/93 u.a. - Brasserie du Pêcheur [X.]. 1996, [X.] Rn. 45, 55 ; siehe auch Senatsbeschluss vom 26. April 2012 - [X.], juris Rn. 12; Senatsbeschluss vom 24. Juni 2010 - [X.]/09, NJW 2011, 772 Rn. 7; Senatsurteile vom 22. Januar 2009 - [X.], NJW 2009, 2534 Rn. 22 und vom 24. Oktober 1996 - [X.], [X.], 30, 38). Diesem restriktiven Haftungsmaßstab liegt die Erwägung zugrunde, dass die Wahrnehmung gesetzgeberischer Tätigkeit, insbesondere bei wirtschaftspolitischen Entscheidungen, [X.] durch die Möglichkeit von Schadensersatzklagen behindert werden darf, wenn [X.] den Erlass von Maßnahmen gebieten, die die Interessen des Einzelnen beeinträchtigen können ([X.], Urteile in Sachen [X.] aaO Rn. 40 und Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 45; Senatsbeschluss vom 26. April 2012 aaO). Nur wenn der Mitgliedstaat zum [X.]punkt der Rechtsverletzung über einen erheblich verringerten oder gar auf Null reduzierten Gestaltungsspielraum verfügte, kann schon die bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen ([X.], Urteile in Sachen [X.] in [X.] und Dillenkofer jew. aaO; Senat aaO).

Um festzustellen, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß vorliegt, sind alle Gesichtspunkte des Einzelfalls zu berücksichtigen, die für den dem nationalen Gericht vorgelegten Sachverhalt kennzeichnend sind. Zu diesen Gesichtspunkten gehören insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift, die Frage, ob der Verstoß oder der Schaden vorsätzlich begangen beziehungsweise zugefügt wurde oder nicht, die Frage, ob ein etwaiger Rechtsirrtum entschuldbar ist oder nicht, und die Frage, ob möglicherweise das Verhalten eines Gemeinschaftsorgans dazu beigetragen hat, dass nationale Maßnahmen oder Praktiken in [X.] Weise eingeführt oder aufrecht erhalten wurden (z.B. [X.], Urteile in Sachen [X.] in [X.] aaO Rn. 119; Brasserie du Pêcheur aaO Rn. 56 sowie vom 4. Dezember 2003 - [X.]/01 - [X.], [X.]. 2003, [X.] Rn. 86; Senat aaO mwN).

Die vom [X.] entwickelten Grundsätze zur Haftung eines Mitgliedstaats für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht gelten dabei für alle Staatsgewalten unabhängig davon, ob der schadensverursachende Verstoß dem Gesetzgeber, den Gerichten oder der Verwaltung des Mitgliedstaats anzulasten ist (vgl. [X.], Urteil vom 30. September 2003 - [X.]/01 - [X.], [X.]. 2003, [X.] Rn. 31 f).

b) Ob an den vorstehenden Kriterien gemessen ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist, haben die Tatsachengerichte unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere an Hand der vom [X.] der [X.] entwickelten Leitlinien zu beurteilen (Senatsurteil vom 22. Januar 2009 - [X.], NJW 2009, 2534 Rn. 23). Die insoweit eingeschränkte revisionsrechtliche Überprüfung des Berufungsurteils  lässt im Ergebnis Rechtsfehler nicht erkennen.

aa) Da die Klägerin der [X.] zu 1 keine über den bloßen Vollzug der vom [X.] zu 2 getroffenen Regelungen hinausgehenden Verstöße vorwirft, hat sich das Berufungsgericht bei der Beurteilung des exekutiven und legislativen Handelns der [X.] sowie des materiellrechtlichen Inhalts der Entscheidungen des Verwaltungsgerichts R.         und des [X.] mit Recht auf die Frage der Vereinbarkeit der in [X.] im maßgeblichen [X.]raum geltenden Regelungen zum [X.] mit dem [X.]n Gemeinschaftsrecht beschränkt.

bb) Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass vorliegend eine einfache Verletzung des Gemeinschaftsrechts zur Annahme eines qualifizierten Verstoßes nicht ausreicht. In Ermangelung einer abschließenden gemeinschaftsrechtlichen Harmonisierung auf dem Gebiet des [X.] verblieb dem [X.] zu 2 ein erheblicher Gestaltungsspielraum.

cc) [X.]falls nicht zu beanstanden ist die Würdigung des Berufungsgerichts, dass in dem in Rede stehenden [X.]raum die Rechtsprechung des [X.]s der [X.] die Grenzen zulässiger staatlicher Glückspielmonopole noch nicht so präzise geklärt hatte, dass die in [X.] seinerzeit geltende Rechtslage aufgrund der Judikatur des [X.]s als offenkundig mit dem [X.]n Recht unvereinbar gewertet werden musste.

Erst in seinen Entscheidungen vom 8. September 2010 ([X.]/08 - [X.], [X.], 1422; [X.]/07 u.a. - [X.] u.a. - [X.], 1409; [X.]/06 - [X.] - [X.], 1419) hat sich der [X.] mit der Rechtfertigung des [X.] [X.]s und dessen konkreter Ausgestaltung befasst. In den vorangegangenen Entscheidungen zur staatlichen Regulierung und Monopolisierung von Sportwetten (Urteile vom 6. November 2003 - C-243/01 - [X.] [X.]. 2003, [X.] = NJW 2004, 139; vom 21. Oktober 1999 - [X.]/98 - [X.], [X.]. 1999, [X.] = [X.], 151; vom 21. September 1999 - [X.]/97- [X.], [X.]. 1999, [X.], 148 und vom 24. März 1994 - [X.]/92 - [X.], [X.]. 1994, [X.] = NJW 1994, 2013) hat der [X.] zwar abstrakte Grenzen für solche Reglementierungen aufgezeigt. Jedoch hat er zugleich betont, dass den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, festzulegen, welche Erfordernisse sich insbesondere bezüglich der Art und Weise der Veranstaltung von Lotterien ergäben (Urteile in Sachen [X.] aaO Rn. 63; [X.] aaO Rn. 14 f, 33 f; [X.] aaO, Rn. 13 f, 35 f, 39; [X.] aaO, Rn. 60 f). Nähere Vorgaben zur Ausübung dieses Ermessens enthalten die Entscheidungen nicht. Dies trifft insbesondere auch auf die von der Revision angeführten Urteile in den Sachen [X.] und [X.] (jew. aaO) zu, die sich mit der Rechtslage in [X.] befassen.

(1) In dem Fall [X.] hat der [X.] ausgeführt, die Begrenzung des Glückspielbetriebs zu den Zwecken, die Spiellust und den Betrieb der [X.] in geordnete Bahnen zu lenken, die Risiken eines solchen Betriebs im Hinblick auf Betrug und andere Straftaten auszuschalten und die sich daraus ergebenden Gewinne gemeinnützigen Zwecken zuzuführen, diene europarechtlich legitimen Zielen (aaO Rn. 35). Der [X.] hat die Zulässigkeit von Beschränkungen des Wettbetriebs negativ dahingehend abgegrenzt, dass sie wirklich dem Ziel dienen müssten, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, und dass die Erzielung von Einnahmen für [X.] Aktivitäten nur eine erfreuliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund der betriebenen restriktiven Politik sein dürfe (aaO Rn. 36). Schließlich hat der [X.] betont, es sei Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften gerechtfertigten Zielen dienten und die in ihnen enthaltenen Beschränkungen verhältnismäßig seien (aaO Rn. 37). Nähere inhaltliche Vorgaben, welche (weiteren) Ziele im Bereich der Regulierung von Wetten eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen können und welche Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele zulässig sind, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Im Gegenteil hat der [X.], ebenso wie im Urteil in der Sache [X.] (aaO, Rn. 35 f, 39), den weiten Ermessens-, Beurteilungs- und Entscheidungsspielraum der Mitgliedstaaten bei der Zulassung von Lotterie- und Glückspielangeboten unterstrichen (Stein, Anmerkung zu dem Urteil in der Sache [X.], [X.], 153, 154). Insbesondere auch die Monopolisierung bei einem Anbieter hat der [X.] nicht für unzulässig gehalten (siehe Urteil in der Sache [X.] aaO, Rn. 32 f; Urteil in der Sache [X.] aaO Rn. 34 f). Die Unvereinbarkeit der [X.]n Rechtslage betreffend die Sportwetten mit der Dienstleistungsfreiheit ließ sich damit aus dem Urteil in der Sache [X.] nicht ableiten.

(2) Dies gilt in gleicher Weise für das Urteil des [X.]s der Europäischen Gemeinschaften in der Sache [X.]. Darin hat der [X.] zunächst unter Bezugnahme auf seine Entscheidungen in den Sachen [X.], [X.] und [X.] bekräftigt, dass den Mitgliedstaaten nach Maßgabe ihrer jeweiligen sittlichen, religiösen, kulturellen und soziokulturellen Besonderheiten ein Ermessen zustehe, Beschränkungen des Betriebs von [X.]n und Wetten zu statuieren (aaO Rn. 63). Weiterhin hat er betont, dass solche Beschränkungen durch zwingende Gründe, wie den Verbraucherschutz, die [X.] und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das [X.]n gerechtfertigt sein können (aaO Rn. 67). Allerdings hat er weiter ausgeführt, die Reglementierungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt seien, Störungen der [X.]n Ordnung vorzubeugen, müssten auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie "kohärent" und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitrügen (aaO).

Obgleich zur Begründung der Europarechtswidrigkeit der im maßgeblichen [X.]raum in [X.] geltenden Rechtslage angeführt wurde, sie genüge nicht den Anforderungen der Kohärenz, konnte aus der "[X.]-Entscheidung" noch nicht mit der notwendigen Klarheit abgeleitet werden, dass die in Rede stehenden Regelungen zu Sportwetten einen nicht gerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten. Der [X.] hat sich in diesem Urteil mit der Kohärenz, das heißt mit der Stimmigkeit, der dort maßgeblichen [X.] Rechtsvorschriften nur unter dem Gesichtspunkt befasst, dass der [X.] im [X.] eine Politik der Ausweitung des [X.]ns und Wettens verfolge und sich in diesem Fall als Rechtfertigung seiner Reglementierungen nicht auf die öffentliche [X.] und die Notwendigkeit berufen könne, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern (aaO Rn. 68 f). Die Kohärenz unter dem für den vorliegenden Sachverhalt maßgebenden Aspekt, dass Glücksspiele, die nicht unter das staatliche Monopol fallen, ein höheres Suchtpotential aufweisen als jene, für die das Monopol gilt, war in der "[X.]-Entscheidung" hingegen auch nicht andeutungsweise angesprochen. Dieser Gesichtspunkt hat in der Rechtsprechung des [X.]s der [X.] erst in den Urteilen vom 8. September 2010 ([X.] aaO Rn. 67 f; [X.] aaO Rn. 100 ff, 106) Bedeutung erlangt. Dementsprechend ließ sich dem "[X.]-Urteil" kein - zumindest kein einen qualifizierten Verstoß begründender - Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die fraglichen Regelungen einen ungerechtfertigten Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit beinhalteten.

[X.]) Der Revision ist allerdings im Ausgangspunkt darin beizupflichten, dass die Würdigung des Berufungsgerichts, aus dem Urteil des [X.] vom 28. März 2006 ([X.] 115, 276) habe sich ebenfalls nicht mit der für einen gemeinschafts- beziehungsweise unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch erforderlichen Deutlichkeit die Unvereinbarkeit des [X.]n Monopols für Sportwetten mit der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit ergeben, nicht mehr vom tatrichterlichen Beurteilungsspielraum gedeckt ist. Das [X.] hat dort unter Bezugnahme auf Randnummer 62 der "[X.]-Entscheidung" des [X.]s der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, [X.]. 2003, [X.]) ausgeführt, die - durch die seinerzeitigen [X.]n Regelungen nicht erfüllten - Anforderungen des [X.] Verfassungsrechts liefen parallel zu den vom [X.] zum Gemeinschaftsrecht formulierten Vorgaben, nach denen die Erzielung von Einnahmen zur Finanzierung [X.]r Aktivitäten nur nützliche Nebenfolge, nicht aber der eigentliche Grund einer restriktiven Politik im Bereich von Wetten und Glückspielen sein dürfe ([X.] 115, 276, 316 f). [X.] ist der Revision weiterhin, dass der Generalanwalt beim [X.] Mengozzi in seinem Schlussantrag in der Sache "[X.] u.a." unter Bezugnahme auf das Urteil des [X.] vom 28. März 2008 ausgeführt hat, die Lektüre dieser Entscheidung lasse es als "unzweifelhaft" erscheinen, dass das (mit dem [X.]n übereinstimmende [X.] und [X.]) [X.] nicht die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt habe, um als kohärent und systematisch eingestuft zu werden ([X.]/07, juris Rn. 64). Dies ist richtig. Zwar stellt die von der Revision angeführte Passage aus dem Urteil des [X.] lediglich ein obiter dictum dar. Ferner hat das [X.] hervorgehoben, ihm fehle die Zuständigkeit, einen möglichen Verstoß gegen [X.]s Gemeinschaftsrecht zu prüfen (aaO [X.]). Gleichwohl hat es sich ausdrücklich dahingehend festgelegt, dass die von ihm festgestellten verfassungsrechtlichen Mängel der bestehenden Regelungen zum [X.] in gleicher Weise mit den vom [X.] der [X.] entwickelten europarechtlichen Vorgaben unvereinbar seien. Damit konnte für die Rechtsanwender in der Judikative und der Exekutive sowie für den Gesetzgeber auch der europarechtliche status quo nicht mehr zweifelhaft sein.

Dennoch haben die [X.] nicht in hinreichend qualifizierter Weise gegen das [X.] Recht verstoßen.

(1) Zwar hat die Verwaltung der [X.] auch nach Bekanntwerden des Urteils des [X.] die Untersagungsverfügung aufrecht erhalten und es der Klägerin beziehungsweise ihrem Geschäftsbesorger nicht - etwa durch Erteilung einer entsprechenden Genehmigung - ermöglicht, Sportwetten zu vertreiben. Ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist ihr gleichwohl nicht anzulasten. Denn die Bediensteten der [X.] durften annehmen, dass es bis zu der vom [X.] dem Gesetzgeber aufgegebenen Neuregelung des Wett- und Glückspielrechts, die spätestens zum 1. Januar 2008 erfolgen musste, auch mit dem materiellen [X.]n Gemeinschaftsrecht in Einklang stand, das Angebot von Sportwetten den bisherigen Monopolinhabern vorzubehalten. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob insoweit die Rechtsauffassung vertretbar war, während der vom [X.] zugestandenen Übergangszeit bis zum 31. Dezember 2007 sei ein an sich materiell europarechtswidriger Regelungszustand aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 8. September 2010 - [X.]/06 - [X.], [X.], 1419 Rn. 66 mwN) gemeinschaftsrechtlich hinnehmbar, wie dies in dem Verfahren "[X.]" vor dem [X.] offenbar alle Regierungen, die Erklärungen abgegeben haben, geltend gemacht haben (vgl. [X.] aaO Rn. 63; Schlussanträge des Generalanwalts [X.], juris, Rn. 79 ff; siehe ferner [X.] [X.], 1435, 1439; [X.] [X.], 1078, 1080).

Das [X.] hat während der von ihm zugestandenen Übergangsfrist nicht die uneingeschränkte Fortgeltung der als verfassungswidrig - und aufgrund der Parallelität der Kohärenzanforderungen zugleich als gemeinschaftsrechtswidrig - erkannten Rechtslage gebilligt. Vielmehr hat es für die Anwendbarkeit der bislang geltenden Normen Maßgaben statuiert, nach denen unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der [X.] und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen war ([X.] 115, 276, 319). Danach durften zwar - vor dem Hintergrund, dass die Errichtung eines staatlichen [X.] für sich genommen weder verfassungs- noch europarechtswidrig ist (vgl. [X.] aaO S. 309) - das gewerbliche Veranstalten von Wetten durch private Unternehmen und die Vermittlung von Wetten, die nicht vom [X.] zu 2 veranstaltet wurden, weiterhin als verboten angesehen und ordnungsrechtlich unterbunden werden, wobei das [X.] sogar eine Aufrechterhaltung der Strafbewehrung nicht für ausgeschlossen erachtete (aaO S. 319). Jedoch war damit zu beginnen, das [X.] konsequent an einer Bekämpfung der Wettsucht und einer Begrenzung der [X.] auszurichten. Der Staat durfte insbesondere die Übergangszeit nicht zu einer expansiven Vermarktung von Wetten nutzen. Daher waren bis zu einer Neuregelung die Erweiterung des Angebots staatlicher Wettveranstaltungen sowie eine Werbung, die über sachliche Informationen zur Art und Weise der Wettmöglichkeit hinausgehend gezielt zum Wetten aufforderte, untersagt. Ferner hatte die staatliche Lotterieverwaltung umgehend aktiv über die Gefahren des Wettens aufzuklären (aaO).

Das [X.] hat die in der gesetzlichen Regelung angelegten und dementsprechend in der Praxis realisierten Defizite bei der Verwirklichung der das [X.] grundsätzlich rechtfertigenden, vorgenannten Ziele darin gesehen, dass es an einer aktiven Prävention fehlte (aaO S. 311 f) und vor allem, dass die Geschäftspraxis des Monopolanbieters nach ihrem tatsächlichen Erscheinungsbild dem einer wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung entsprach (aaO S. 314 ff). Das [X.] hat insoweit die breit angelegte Werbung, in der das Wetten als sozialadäquate, wenn nicht sogar positiv bewertete Unterhaltung dargestellt wurde (aaO S. 314), die breiten Vertriebswege und die fehlende aktiv kommunizierte Prävention beanstandet (aaO S. 315 f).

Der Behebung eben jener Defizite dienten die im Vorgriff auf entsprechende gesetzliche Neuregelungen für die Übergangszeit aufgestellten Maßgaben. Ihr Inhalt zielte darauf ab, genau die Mängel der bestehenden Rechtslage abzustellen, die maßgeblich zu deren Verfassungswidrigkeit führten. Da das [X.] bei seiner Entscheidung nicht nur der Sache nach die Kriterien der "[X.]-Entscheidung" angewandt, sondern zugleich - wie ausgeführt - die Parallelität der Anforderungen des [X.] Verfassungsrechts zu den vom Europäischen [X.] zum Gemeinschaftsrecht formulierten betont hatte (aaO S. 316 f), lag für die Verwaltung der [X.] die Annahme nahe, dass, sofern diese Maßgaben beachtet werden, auch vor dem formellen Erlass der entsprechenden (Änderungs-)Gesetze in der Praxis ein Zustand hergestellt werden kann, der nicht nur mit dem Grundgesetz, sondern auch mit dem Europarecht in Einklang steht (so vor allem [X.], Beschluss vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 53, 64; die dagegen eingelegte Verfassungsbeschwerde wurde durch [X.] des [X.] vom 19. Oktober 2006, [X.], 2326, nicht zur Entscheidung angenommen). Im Übrigen wäre wegen des Anwendungsvorrangs des Gemeinschaftsrechts die Einräumung einer Übergangszeit durch das [X.] nicht nur ins Leere gegangen, sondern sogar für den Rechtsanwender irreführend gewesen. Dass die vom [X.] eingeforderten Maßgaben tatsächlich zügig und vollständig umgesetzt wurden, hat der [X.], vom [X.] gebilligt, der [X.]n Verwaltung in ständiger Rechtsprechung attestiert (z.B. [X.], Beschlüsse vom 3. August 2006, [X.], 1430, 1431 f; vom 23. August 2006 - 24 CS 06.1881, juris Rn. 35 f, 52; vom 2. Oktober 2007 - 24 CS 07.1986, juris Rn. 30 und vom 15. November 2007 - 24 CS 07.2792, juris Rn. 29 f; [X.] [X.], 2326, 2327 zum Beschluss des [X.] vom 23. August 2006; siehe auch [X.], [X.] vom 31. März 2006 - 1 BvR 1840/05, juris Rn. 5).

(2) Die vorstehenden Erwägungen gelten auch für die mit dem Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Untersagungsverfügung der [X.] zu 1 befassten Verwaltungsgerichte des [X.] zu 2. Anders als die Revision geltend macht, liegt auch kein hinreichend qualifizierter Verstoß von Bediensteten des [X.] zu 2 gegen [X.]s Gemeinschaftsrecht vor, weil der [X.] es unterlassen hat, das von dem Zedenten angestrengte Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Untersagungsverfügung der [X.] zu 1 gemäß Art. 234 Abs. 3 [X.] (jetzt Art. 267 Abs. 3 AEUV) auszusetzen und dem [X.] der [X.] die Frage der Vereinbarkeit der in [X.] seinerzeit geltenden Regelungen über das [X.] mit dem [X.]n Recht vorzulegen. Zwar ist der Verwaltungsgerichtshof in Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO letztinstanzlich entscheidendes Gericht (siehe § 152 Abs. 1 VwGO), das nach den genannten Bestimmungen zur Vorlage an den [X.] grundsätzlich verpflichtet ist, wenn über die Auslegung von Gemeinschafts- beziehungsweise Unionsrecht zu befinden ist. Nach der Rechtsprechung des [X.]s entfällt die [X.] jedoch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, sofern es, wie hier, jeder [X.] unbenommen bleibt, ein Hauptverfahren entweder selbst einzuleiten oder dessen Einleitung zu verlangen, in dem jene im summarischen Verfahren vorläufig entschiedene Frage des Gemeinschaftsrechts erneut geprüft werden und den Gegenstand einer Vorlage bilden kann, ([X.], Urteile vom 24. Mai 1977 - 107/76 - [X.], [X.]. 1977, 957 Rn. 5 f und vom 27. Oktober 1982 - 35 und 36/82 - [X.] u.a., [X.]. 1982, 3723 Rn. 8 ff; siehe auch [X.] NJW 2007, 1521, 1522).

Das hiernach bestehende Ermessen des [X.] war entgegen der Auffassung der Klägerin schon deshalb nicht auf Null reduziert, weil aus den zuvor dargestellten Gründen ein offenkundiger Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht nicht vorlag.

(3) Soweit die Legislative des [X.] zu 2 betroffen ist, ist ein solcher Verstoß ebenfalls auszuschließen. Dabei kann dem Gesetzgeber insbesondere nicht vorgehalten werden, er habe schnellstmöglich, also noch vor Ablauf der vom [X.] eingeräumten Übergangszeit, eine "auch dem Buchstaben nach" gemeinschaftsrechtskonforme Gesetzeslage schaffen müssen. Zunächst durfte auch der Gesetzgeber davon ausgehen, dass schon vor Anpassung des Gesetzeswortlauts an die Vorgaben des [X.] die Exekutive willens und in der Lage ist, für die Übergangsphase einen Zustand herzustellen, der europarechtlich keinen durchgreifenden Bedenken (mehr) ausgesetzt ist. Zudem war ausreichende [X.] vonnöten, um den aus den Vorgaben des [X.] folgenden (national- wie europarechtlichen) Anpassungsbedarf sorgfältig zu ermitteln, die hieraus folgenden Handlungsoptionen herauszuarbeiten und sich - gegebenenfalls auch nach Abstimmung mit den Rechtssetzungsorganen des [X.] - unter Abwägung der jeweils in Rede stehenden Belange für eine Lösung zu entscheiden. So gab es für die Schaffung einer im Sinne der Rechtsprechung des [X.]s der [X.] kohärenten Lösung für den Bereich der Sportwetten und Glücksspiele eine Vielzahl von denkbaren Lösungen, da den Mitgliedstaaten insoweit ein weiter Ermessensspielraum zusteht ([X.], Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01 - [X.], [X.]. 2003, [X.] Rn. 63 mwN). Hinzu kommt, dass die hier maßgeblichen Regelungen nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes von den Ländern zu schaffen waren und diese Regelungen, um einen - sinnvollen - bundeseinheitlichen Standard zu gewährleisten, in einem Staatsvertrag aller [X.] Länder enthalten waren. Aufgrund dieser Ausgangslage ist dem [X.] zu 2 insbesondere nicht anzulasten, dass sie auf einen gesetzgeberischen "Alleingang" verzichtete und zusammen mit den übrigen Ländern wiederum eine - nunmehr den europarechtlichen Vorgaben entsprechende – bundeseinheitliche Regelung anstrebte. Unter Berücksichtigung dieser Umstände war es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte zu 2 - ebenso wie alle anderen [X.]länder - die bis zum 31. Dezember 2007 eingeräumte Übergangsfrist ausschöpfte.

ee) Der weitere Hinweis der Revision auf den Beschluss der [X.] des [X.] des [X.] vom 27. April 2005 ([X.], 1141) ist für ihre Rechtsauffassung unbehelflich. Das [X.] hat darin unter Bezugnahme auf die "[X.]-Entscheidung" lediglich geäußert, "erhebliche Zweifel" an der Vereinbarkeit des [X.]s mit dem Gemeinschaftsrecht könnten "nicht … ausgeschlossen" werden (aaO S. 1142 f). Ein offenkundiger Verstoß der [X.] gegen das Gemeinschaftsrecht lässt sich angesichts dieser zurückhaltenden Formulierung hieraus nicht ableiten.

ff) Die Einleitung des Vertragsverletzungsverfahrens 2003/4350 durch die [X.] mit dem von der Klägerin vorgelegten Schreiben vom 4. April 2006 ist für die Rechtsposition der Klägerin ebenfalls unbehelflich. Zwar mag sich hieraus ebenso wie aus der Entscheidung des [X.] vom 28. März 2006 die Unvereinbarkeit des [X.]s mit dem Gemeinschaftsrecht ergeben haben. Aus den vorstehenden Gründen scheidet jedoch gleichwohl ein hinreichend qualifizierter Verstoß der [X.] gegen das [X.] Recht aus. In dem Schreiben äußerte die [X.] Zweifel an der Vereinbarkeit der in den einzelnen [X.]ländern geltenden Regelungen zum [X.] mit der Dienstleistungsfreiheit nur unter den in der "[X.]-Entscheidung" des [X.]s der Europäischen Gemeinschaften (Urteil vom 6. November 2003 - C-243/01, [X.]. 2003, [X.]) angesprochenen Aspekten. Die [X.] bemängelte, dass nach ihr vorliegenden Erkenntnissen die Monopolveranstalter in [X.] einen erheblichen Werbeaufwand für die Sportwetten betrieben. Unter Bezugnahme auf Randnummer 69 des "[X.]-Urteils" (aaO) wies sie darauf hin, dass sich die Mitgliedstaaten zur Rechtfertigung von Reglementierungen von Wetten nicht auf die Notwendigkeit berufen dürften, die Gelegenheiten zum Spiel zu vermindern, wenn ihre Behörden die Verbraucher  zugleich dazu anreizten und ermunterten, an Lotterien, Glücksspielen oder Wetten teilzunehmen, damit der Staatskasse daraus Einnahmen [X.]. [X.] diese Defizite wurden jedoch abgestellt, so dass die [X.] die Rechtspraxis vertretbar als gemeinschaftskonform ansehen konnten.

c) Eine Vorlage der Sache an den [X.] der [X.]  gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV ist nicht erforderlich. Die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat als vorlagebedürftig angesehene Frage, ob ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht mit der Erwägung verneint werden könne, die Mitgliedstaaten hätten sich für berechtigt halten dürfen, für eine Übergangszeit einen europarechtswidrigen Zustand aufrechtzuerhalten, stellt sich aus den unter b, [X.] (1) ausgeführten Gründen nicht. Auch im Übrigen besteht keine Notwendigkeit, eine Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 2, 3 AEUV einzuholen. Die Feststellung, ob die Voraussetzungen für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch im konkreten Einzelfall erfüllt sind, obliegt entsprechend den vom [X.] hierfür entwickelten Leitlinien grundsätzlich den nationalen Gerichten ([X.], Urteile vom 13. März 2007 - [X.]/04 - [X.] in [X.] - [X.]. 2007, [X.] Rn. 116 und vom 12. Dezember 2006 - [X.]/04 - [X.] in [X.], [X.]. 2006, [X.], Rn. 210 mwN). [X.] Fragen, die über die bloße Anwendung der Grundsätze des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs auf den konkreten Sachverhalt hinausgehen, wirft der Fall nicht auf.

3. Ansprüche der Klägerin gegen die [X.] aus § 839 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 34 Satz 1 [X.] bestehen gleichfalls nicht.

Zwar handelten die Verwaltungsbediensteten der [X.] objektiv pflichtwidrig, weil die Untersagungsverfügung mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar war. Jedoch fällt ihnen insoweit aus den oben (2 b [X.] (1)) genannten Gründen keine Fahrlässigkeit zur Last, zumal sie sich bei ihrer Einschätzung der Rechtslage im Einklang mit der Rechtsprechung des für sie zuständigen Verwaltungsgerichtshofs befanden (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 1995 - [X.], NJW 1995, 2918, 2920).

Eine Haftung des [X.] zu 2 wegen legislativen Unrechts kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil der Gesetzgeber lediglich Aufgaben der Allgemeinheit wahrnimmt, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehlt, ihm daher grundsätzlich keine drittschützenden Amtspflichten im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB obliegen (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2006 - [X.], NVwZ 2007, 362 Rn. 23; Senatsurteile vom 24. Oktober 1996 - [X.], [X.], 30, 32 und vom 7. Juni 1988 - [X.], NJW 1989, 101). Die Amtshaftung für die [X.] des [X.] zu 2 scheitert an § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB.

4. Zu Recht haben die Vorinstanzen auch Ansprüche aus enteignungsgleichem Eingriff verneint. Insoweit erhebt die Revision ebenfalls keine [X.].

Schlick                                    Herrmann                                       Hucke

                    Tombrink                                       [X.]

Meta

III ZR 196/11

18.10.2012

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 15. Juli 2011, Az: 1 U 392/11, Urteil

Art 56 AEUV, Art 340 AEUV, Art 34 GG, § 839 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.10.2012, Az. III ZR 196/11 (REWIS RS 2012, 2136)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 2136


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 2571/12

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 2571/12, 07.01.2014.


Az. III ZR 196/11

Bundesgerichtshof, III ZR 196/11, 18.10.2012.


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