Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2021, Az. 5 AZR 505/20

5. Senat | REWIS RS 2021, 4642

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Gegenstand

Mindestlohn - Bereitschaft - ausländische Betreuungskräfte


Leitsatz

Nach Deutschland in einen Privathaushalt entsandte ausländische Betreuungskräfte haben, soweit nicht der Anwendungsbereich der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche eröffnet ist, Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht nur für Vollarbeit, sondern auch für Bereitschaftsdienst.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 17. August 2020 - 21 Sa 1900/19 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die [X.]arteien streiten über [X.] nach dem [X.] für den [X.]raum Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015.

2

Die [X.]lägerin ist [X.] Staatsangehörige mit Wohnsitz in [X.]. Sie schloss mit der [X.], einem Unternehmen mit Sitz in [X.], unter dem 8. April 2015 einen in [X.]r Sprache abgefassten Arbeitsvertrag, der in [X.] Übersetzung auszugsweise lautet:

      

„Ab 15.04.2015:

                 

1.    

Das Unternehmen beauftragt den Arbeitnehmer mit der Aufgabe, in [X.], [X.], Wohnanlage I, [X.], Eingang A, Beschäftigungsort: [X.], [X.], [X.], Eingang A, Dienstposten - Sozialassistent auszuführen, Code nach dem Nationalen [X.]lassifikator der Dienstposten: 53221003, Arbeitskategorie - drei, mit [X.]robezeit von 6 Monaten, Teilarbeitszeit - 6 Stunden, pro Woche - 30 Stunden bei den Bedingungen der summierten Abrechnung der Arbeitszeit.

        
                          

Grundstundenbelohnung - 16.62 [X.] für jede von dem Arbeitnehmer abgediente Stunde.

        
                          

…       

        
        

Die Vergütung wird jeden Monat mit einer Frist bis zum letzten Arbeitstag des Monats, der den Monat, für welche sie gezahlt wird, ausbezahlt.

        
        

Charakter der Arbeit - laut Dienstcharakteristik, die unzertrennlicher Teil des Arbeitsvertrages ist.

        
                 

2.    

Der Arbeitnehmer verpflichtet sich, mit der Arbeit am 15.04.2015 zu beginnen.

        
                 

3.    

Die [X.]ündigungsfrist bei Beendigen des Arbeitsvertrages wird auf 30 Tage festgelegt und ist gleich für die beiden Vertragsseiten.

        
                 

4.    

Höhe des bezahlten Jahresurlaub - 20 Arbeitstage

        
                 

5.    

Sonstige Bedingungen des Arbeitsvertrages:

        
                          

-       

Die [X.]robezeit ist zu Gunsten des Arbeitgebers,

        
                          

-       

Dem Arbeitnehmer wird für Teilzeitarbeit je 16,62 [X.] pro Stunde bezahlt, wobei jeden Tag die Teilzeitbeschäftigung abgerechnet, auf Grundlage welcher die Monatsvergütung bestimmt wird.

        
                 

6.    

Für die in diesem Vertrag unerledigten Fragen werden die Bestimmungen des Arbeitsgesetzbuches, der normativen Akten zu seiner Anwendung, der kollektiven Arbeitsvertrag, der Hausordnung des Unternehmens, der Dienstcharakteristik und der Firmenregel für die Arbeitsvergütung angewendet.“

        

3

Unter dem 15. April 2015 unterschrieb die [X.]lägerin eine „Erklärung“, wonach sie ua. zur [X.]enntnis genommen habe, dass ihre „[X.]“ für einen vollen Monat 950,00 Euro betrage. Des Weiteren unterzeichnete sie am selben Tag eine „Vereinbarung“, die übersetzt auszugsweise lautet:

      

„[X.]

        

bezüglich der Entsendung von

        

D       

        

1. Ich bin damit einverstanden, in der [X.] an einem 6-Stunden-Arbeitstag mit einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten und einer wöchentlichen Ruhezeit von 2 Arbeitstagen - Samstag und Sonntag - zu arbeiten.

        

…       

        

4. Ich bin mit der Bedingung einverstanden, keine Überstunden zu machen.“

4

Die [X.]lägerin wurde nach [X.] entsandt und arbeitete im Haushalt der über 90-jährigen zu betreuenden [X.]erson, bei der sie auch [X.] bewohnte. Ihre Aufgaben umfassten neben Haushaltstätigkeiten (wie Einkaufen, [X.]ochen, [X.]utzen etc.) eine „Grundversorgung“ (wie Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden ua.) und [X.] Aufgaben ([X.] leisten, Ansprache, gemeinsame Interessenverfolgung). Dem zugrunde lag ein auf Vermittlung der [X.], einer in [X.] ansässigen Agentur, zwischen der [X.] und der zu betreuenden [X.]erson - für diese handelnd deren [X.] - geschlossener Dienstleistungsvertrag, der auszugsweise folgende Regelungen enthält:

      

„§ 1 Allgemeine Bestimmungen

        

…       

        

(2) Der Leistungsgeber sorgt dafür, dass seine entsendeten Arbeitnehmer pünktlich und gewissenhaft ihren Dienst versehen, sowie über die Anforderungen des [X.]/Leistungsempfängers informiert sind.

        
        

…       

                 
        

(5) Der Leistungsnehmer versichert, keine Weisungen zur Art und Weise der zu erledigenden Aufgaben des entsandten Mitarbeiters auszuüben. Dieses darf nur der Leistungsgeber. Änderungen können nur nach Absprache mit dem Leistungsgeber erfolgen. Die Nichtbeachtung kann dazu führen, dass der Mitarbeiter als Arbeitnehmer/-in des [X.] bzw. Leistungsempfängers angesehen wird.

        
        

…       

                 
        

§ 2 Leistungsbeschreibung

        
        

Der Leistungsgeber verpflichtet sich, durch seine Mitarbeiter für die oben bestimmte [X.] und nach der konkreten Bedarfserhebung (Grundlage ist der durch den Leistungsnehmer beim Vermittler ‚Deutsche S‘ eingereichte Erhebungs-/Fragebogen, welcher von diesem an den Leistungsgeber weitergeleitet wurde) Dienstleistungen für den Leistungsnehmer im oben genannten Haushalt zu erbringen. Der Leistungsumfang bezieht sich auch auf nachfolgende Tätigkeiten:

        
        

-       

Hilfe bei der Ausübung der alltäglichen Aktivitäten

        
        

-       

Haushaltstätigkeiten wie Aufräumen, Waschen, Nahrungszubereitung etc.

        
        

-       

Mit der Betreuung und der Ernährung verbundene Einkäufe

        
        

-       

Terminvereinbarung mit Ärzten und Begleitung zu Arztterminen (falls die Sprachkenntnisse hierfür ausreichend sind)

        
        

-       

Hilfe beim Verlassen der Wohnräume (Spaziergänge, Termine etc.)

        
        

-       

Soziale Aufgaben (Gesellschaft leisten, Ansprache, [X.]ommunikation, gemeinsame Interessenverfolgung etc.)

        
        

-       

Grundversorgung (Hilfe bei der Hygiene, beim Ankleiden etc.) solange es sich hierbei nicht um den überwiegenden Teil der Leistungserbringung handelt.

        
        

-       

Sowie weitere Tätigkeiten, die nach der Anerkennung, Qualifikation und Erfahrung des [X.]ersonals für die Sicherung der ordentlichen Betreuung des Auftraggebers notwendig sind.

        
        

Ausdrücklich ausgenommen von den Leistungen sind schwere Garten- und Feldarbeiten, medizinische Dienstleistungen und professionelle pflegerische Tätigkeiten der Behandlungspflege, die eine Fachausbildung erfordern, wie zum Beispiel Injektionen oder Verbandswechsel.

        
        

§ 3 Unterbringung / Verpflegung / Zutrittsrecht / Freizeitregelung

        
        

(1) Der Leistungsnehmer stellt dem Mitarbeiter [X.] zur alleinigen Nutzung zur Verfügung. …

        
        

(2) Der Leistungsnehmer sorgt für angemessene Verpflegung in normal üblicher Qualität und ausreichender Quantität. Die Verpflegungs- und Unterkunftskosten werden nicht gesondert in Rechnung gestellt, sondern wurden bei Verhandlungen und Vereinbarung der Vergütung berücksichtigt und einkalkuliert.

        
        

…       

                 
        

(4) Die Freizeit-/[X.]ausenregelung erfolgt nach gegenseitiger Absprache bzw. entsprechend den Vereinbarungen im Fragebogen, sowie unter Berücksichtigung der Betreuungssituation vor Ort.“

        

5

In dem in § 2 Dienstleistungsvertrag erwähnten Erhebungs-/Fragebogen ist auszugsweise Folgendes angegeben:

      

„Angedachter Einsatz:

        

-       

24 Stunden Betreuung/[X.]flege

        
        

…       

                 
        

Folgende Tätigkeiten sind für die [X.]. [X.]erson zu leisten:

        
        

-       

[X.]örperpflege im Bett, Zubereitung von Frühstück, Mittag, Vesper, Abendessen

        
        

Hilfestellung beim Essen und Trinken

                 
        

Windelkontrolle und Wechsel

                 
        

Wäsche Waschen

                 
        

Einkaufen

                 
        

Andere Aufgabenbereiche:

        
        

-       

Einkaufen

        
        

-       

[X.]ochen

        
        

-       

[X.]utzen

        
        

-       

Waschen

        
        

-       

Bügeln

        
        

Weitere Angaben zur pflegebedürftigen [X.]erson:

        
        

-       

leidet an Altersschwäche

        
        

-       

[X.]flegestufe: 2

        
        

Wie kann der Zustand der pflegebedürftigen [X.]erson beschrieben werden:

        
        

-       

geistig und körperlich krank

        
        

-       

Altersdemenz: Nein

        
        

-       

Nachtwachen notwendig: Ja

        
        

Umfang: Nach Bedarf

        
        

-       

Inkontinent: Nein

        
        

-       

[X.]ommt ambul. [X.]flegedienst: Ja

        
        

Aufgaben: med. Betreuung“

        

6

Vom 15. bis zum 30. April 2015 und vom 1. bis zum 30. September 2015 hielt sich die [X.]lägerin in Absprache mit der [X.] in [X.] auf und erhielt für diese [X.] weder Vergütung noch Urlaubsentgelt. Während ihrer Abwesenheit im September 2015 wurde sie bei der zu betreuenden [X.]erson von einer ebenfalls aus [X.] entsandten Arbeitnehmerin der [X.], die zu dieser [X.] mit einem Deputat von 35 Wochenstunden beschäftigt war, vertreten. Für geleistete Arbeit in den Monaten Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 erhielt die [X.]lägerin eine Vergütung von 950,00 Euro netto monatlich sowie weitere 30,00 Euro netto für zwei Feiertage im Dezember 2015, insgesamt 6.680,00 Euro netto.

7

Auf eine Nachfrage des [X.]s der zu betreuenden [X.]erson teilte die Beklagte diesem mit Schreiben vom 6. Juli 2016 mit, „der Arbeitnehmer verfügt über einen freien Tag in der Woche“, wobei dies „ein ganzer Tag“ oder „stundenweise durch die ganze Woche verteilt“ sein könne, je nach [X.]undenbedarf und gegenseitiger Absprache mit dem Assistenten.

8

Nachdem das Arbeitsverhältnis der [X.]arteien Ende September 2016 endete, hat die [X.]lägerin mit gewerkschaftlicher Hilfe im Oktober 2016 gegenüber der [X.], der [X.] und dem [X.] der zu betreuenden [X.]erson erfolglos weitere Vergütung nach dem [X.] geltend gemacht.

9

Mit ihrer im August 2018 anhängig gemachten und der [X.] am 20. November 2018 zugestellten [X.]lage hat die [X.]lägerin Urlaubsentgelt für die [X.] vom 15. bis zum 30. April 2015 und Vergütung für geleistete Arbeit für den [X.]raum 1. Mai bis zum 31. August 2015 und 1. Oktober bis zum 31. Dezember 2015 auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns von - damals - 8,50 Euro brutto verlangt. Sie hat vorgetragen, nicht nur 30 Wochenstunden, sondern rund um die Uhr gearbeitet zu haben oder in Bereitschaft gewesen zu sein. Sie habe die zu betreuende [X.]erson an sieben Tagen pro Woche gegen 6:30 Uhr geweckt und sei dann bis zur Nachtruhe zwischen 22:00 und 23:00 Uhr tätig gewesen. So habe sie der zu betreuenden [X.]erson beim Anziehen sowie der Morgen- und Abendpflege geholfen, die Mahlzeiten zubereitet, Einkäufe erledigt und den Haushalt versorgt. Des Weiteren habe sie die zu betreuende [X.]erson beim Spazierengehen begleitet und ihr auch sonst Gesellschaft geleistet. Nachts habe die Türe ihres Zimmers offen bleiben müssen, damit sie auf Zuruf der zu betreuenden [X.]erson habe Hilfe leisten können. Die [X.]lägerin hat gemeint, abzüglich der im Streitzeitraum erhaltenen 6.680,00 Euro netto stehe ihr der gesetzliche Mindestlohn für 24 Stunden je Arbeitstag für - unter Einschluss eines Erholungsurlaubs vom 15. bis zum 30. April 2015 - insgesamt 231 [X.]alendertage zu.

Die [X.]lägerin hat erstinstanzlich beantragt,

      

die Beklagte zu verurteilen, an die [X.]lägerin 47.124,00 Euro brutto abzüglich 6.680,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf [X.]rozentpunkten über dem Basiszinssatz seit [X.]lagezustellung zu zahlen.

Die Beklagte hat [X.]lageabweisung beantragt und gemeint, sie schulde den gesetzlichen Mindestlohn nur für die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden. In dieser [X.] hätten die der [X.]lägerin obliegenden Aufgaben ohne Weiteres erledigt werden können. Bereitschaftsdienst sei nicht vereinbart gewesen. Sollte die [X.]lägerin tatsächlich mehr gearbeitet haben, sei dies nicht auf Veranlassung der [X.] erfolgt. Die [X.]lägerin habe sie auch nicht davon unterrichtet, dass sie entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung mehr als 30 Wochenstunden arbeite.

Das Arbeitsgericht hat die [X.]lage auf Urlaubsentgelt abgewiesen und der [X.]lägerin für geleistete Arbeit ausgehend von einer Arbeitszeit von 24 Stunden arbeitstäglich und 209 Arbeitstagen insgesamt 42.636,00 Euro brutto abzüglich erhaltener 6.680,00 Euro netto nebst [X.]rozesszinsen zugesprochen. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Ersturteil teilweise abgeändert und der [X.]lage - ausgehend von einer geschätzten Arbeitszeit von 21 Stunden arbeitstäglich und 215 Arbeitstagen - in Höhe von 38.377,50 Euro brutto abzüglich 6.680,00 Euro netto nebst [X.]rozesszinsen entsprochen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige [X.]lageabweisung weiter, während die [X.]lägerin mit ihrer Anschlussrevision die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] und die [X.] der Klägerin sind begründet und führen zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Das Urteil des [X.]s ist schon insoweit rechtsfehlerhaft, als es gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO verstoßen hat. Dies ist vom Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten ([X.] Rspr., [X.] 18. September 2019 - 5 [X.] - Rn. 11, [X.]E 168, 25) und betrifft [X.] für sechs in der Berufungsinstanz nicht mehr streitgegenständliche Tage in Höhe von 1.071,00 Euro brutto nebst Zinsen.

1. Die Klägerin hat erstinstanzlich [X.] für geleistete Arbeit für die 215 Kalendertage des ursprünglichen [X.] (1. Mai bis 31. August 2015 und 1. Oktober bis 31. Dezember 2015) beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem indes nur für 209 Arbeitstage entsprochen und offenbar - ohne dies näher auszuführen - sechs vermeintlich freie Tage von der Klageforderung abgezogen.

2. Gegen die teilweise Abweisung der Klage hat die Klägerin kein Rechtsmittel eingelegt und das Ersturteil insoweit rechtskräftig werden lassen. Sie hat in der Begründung ihrer [X.] ausdrücklich klargestellt, dass sie die fehlerhafte Anrechnung der nach ihrem schon erstinstanzlichen Vorbringen erst im [X.] gewährten freien Tage durch das Arbeitsgericht akzeptiert hat und somit Vergütung für den 20. und 30. Juli 2015 sowie den 2., 9., 24. und 31. August 2015 nicht mehr streitgegenständlich sei. Das [X.] hat der Klägerin indes auch für diese Tage - in der Annahme eines „nicht näher nachvollziehbaren Rechenfehlers“ des Arbeitsgerichts - Vergütung zugesprochen, indem es bei seiner Berechnung der zugesprochenen [X.] von 215 Arbeitstagen ausgegangen i[X.]

II. Die Revision der [X.] ist begründet. Unbeschadet einer Korrektur des Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO tragen die Feststellungen des [X.]s die Höhe der zugesprochenen Klageforderung nicht.

1. Für die Klage sind die [X.] Gerichte für Arbeitssachen gemäß § 15 Satz 1 [X.] international zuständig. Davon ist das [X.] zu Recht ausgegangen. Insoweit hat die Revision auch keine Angriffe erhoben.

a) Nach § 15 Satz 1 [X.] können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in den Geltungsbereich dieses Gesetzes entsandt sind oder waren, eine auf den [X.]raum der Entsendung bezogene Klage auf Erfüllung der Verpflichtungen nach § 2 [X.] vor einem [X.] Gericht für Arbeitssachen erheben. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Klägerin war im Streitzeitraum von der in [X.] ansässigen [X.] nach [X.], also in den Geltungsbereich des [X.], zur vorübergehenden Arbeitsleistung entsandt. Das steht zwischen den [X.]en außer Streit. Die Klage bezieht sich auf die Erfüllung der Verpflichtung der [X.] nach § 2 Nr. 1 [X.] in der im Streitzeitraum geltenden Fassung ([X.] aF). Danach finden die in Rechts- oder Verwaltungsvorschriften enthaltenen Regelungen über die Mindestentgeltsätze einschließlich der Überstundensätze auch auf Arbeitsverhältnisse zwischen einem im Ausland ansässigen Arbeitgeber und seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zwingend Anwendung. Zu den Mindestentgeltsätzen iSd. § 2 Nr. 1 [X.] aF gehörte seit dem 1. Januar 2015 auch der gesetzliche Mindestlohn nach dem [X.] (so ausdrücklich Regierungsbegründung zu § 20 [X.], [X.]. 18/1558 S. 42; [X.], vgl. nur [X.]/[X.] 21. Aufl. [X.] § 20 Rn. 1; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 2 [X.] Rn. 5; [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 20 Rn. 4; [X.] in [X.] [X.]/[X.] 2. Aufl. § 2 [X.] Rn. 7 - jeweils [X.]).

b) Die internationale Zuständigkeit der [X.] Gerichtsbarkeit in derartigen Fällen ist gegeben. Art. 6 [X.]/[X.] ([X.]) sieht ausdrücklich vor, dass Klagen wie die vorliegende (auch) in dem Mitgliedstaat erhoben werden können, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt ist oder war (zu dem in Art. 2 Abs. 1 Richtlinie 96/71/[X.] definierten unionsrechtlichen Begriff der Entsendung vgl. etwa [X.] 1. Dezember 2020 - [X.]/18 - [Federatie Nederlandse Vakbeweging] Rn. 43 ff. [X.]). [X.] kann de[X.]alb, wie das [X.] zutreffend angenommen hat, ob sich die Zuständigkeit [X.] Gerichte auch aus Art. 21 Abs. 1 Buch[X.] b Verordnung ([X.]) Nr. 1215/2012 ([X.] Ia-Verordnung) ergäbe, weil die Klägerin während der gesamten Dauer ihres Arbeitsverhältnisses mit der [X.] ihre Arbeit gewöhnlich in [X.] verrichtet hat.

2. Die Klage ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Klägerin verlangt zuletzt für den [X.]raum Mai bis August 2015 und Oktober bis Dezember 2015 für geleistete [X.] und Bereitschaft für jeden Kalendertag mit Ausnahme des 20. und 30. Juli 2015 sowie des 2., 9., 24. und 31. August 2015 für jeweils 24 Stunden den gesetzlichen Mindestlohn von - damals - 8,50 Euro brutto unter Abzug der von der [X.] in dieser [X.] erhaltenen Nettovergütung.

3. Die Klage ist dem Grunde nach begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte nach § 1 Abs. 1 iVm. § 20 [X.] für die von ihr im Inland geleistete Arbeit Anspruch auf Zahlung eines Arbeitsentgelts mindestens in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns.

a) Der Anspruch der Klägerin aus § 1 Abs. 1 [X.] und die korrespondierende Verpflichtung der [X.] nach § 20 [X.] bestehen unabhängig davon, ob auf das Arbeitsverhältnis der [X.]en ansonsten nach der Verordnung ([X.]) Nr. 593/2008 ([X.] I-VO) aufgrund Rechtswahl im Rahmen des Art. 8 Abs. 1 [X.] I-VO oder anhand objektiver Anknüpfung iSd. Art. 8 Abs. 2 bis Abs. 4 [X.] I-VO [X.] Recht Anwendung findet. Durch die ausdrückliche Verpflichtung auch von Arbeitgebern mit Sitz im Ausland zur Zahlung des Mindestlohns hat § 20 [X.] international zwingende Wirkung ([X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 20 Rn. 4) und ist jedenfalls eine Eingriffsnorm iSv. Art. 9 Abs. 1 [X.] I-VO, die unabhängig davon gilt, ob im Übrigen [X.] Recht auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet (ganz [X.], vgl. nur [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 20 Rn. 5; [X.] in [X.] [X.]/[X.] 2. Aufl. § 1 [X.] Rn. 67; HK-[X.]/[X.]. § 20 Rn. 2; [X.] ArbR-HdB/[X.] 18. Aufl. § 66 Rn. 21; [X.]/[X.] 21. Aufl. [X.] § 20 Rn. 1; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 20 [X.] Rn. 2; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 20 [X.] Rn. 1; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 61 Rn. 10; FG [X.]-Brandenburg 16. Januar 2019 - 1 K 1161/17 - Rn. 36).

aa) Eingriffsnormen sind zwingende Vorschriften, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrnehmung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, [X.] oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie auf alle in Betracht kommenden Sachverhalte angewendet werden müssen. Erforderlich ist, dass die Vorschrift nicht nur auf den Schutz von [X.] der Arbeitnehmer gerichtet ist, sondern mit ihr zumindest auch öffentliche Gemeinwohlinteressen verfolgt werden ([X.] 21. März 2017 - 7 [X.] - Rn. 67, [X.]E 158, 266; 18. April 2012 - 10 [X.] - Rn. 14 [X.], [X.]E 141, 129; Deinert Internationales Arbeitsrecht § 10 Rn. 19 ff. - jeweils noch zu Art. 34 [X.]BGB aF; EuArbRK/[X.] 3. Aufl. [X.][X.] Art. 9 Rn. 11; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 13 Rn. 70; [X.]/[X.] 21. Aufl. [X.] I-VO Art. 9 Rn. 21; [X.]/[X.] 9. Aufl. Art. 9 [X.] I-VO Rn. 35). Das ist beim [X.] der Fall. Mit ihm verfolgt der Gesetzgeber nicht nur Individual-, sondern auch Gemeinwohlinteressen, indem umfassend alle abhängig Beschäftigten vor den Folgen einer unangemessen niedrigen Vergütung geschützt werden. Durch die Normierung eines angemessenen Verhältnisses von Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt sollen die Existenzsicherung durch Arbeitseinkommen als Ausdruck der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG) für alle im Inland tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleistet und damit zugleich die [X.] Sicherungssysteme entlastet werden (vgl. [X.]. 18/1558 S. 28; [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 29 f., [X.]E 155, 202; zu den Funktionen des gesetzlichen Mindestlohns [X.]. auch [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. Einführung Rn. 67 ff.).

bb) Ein solches Verständnis des § 20 [X.] gebietet zudem Art. 3 Abs. 1 [X.] 96/71/[X.]. Dieser sieht vor, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass entsandte Arbeitnehmer unabhängig von dem auf das jeweilige Arbeitsverhältnis anwendbaren Recht hinsichtlich der in dieser Vorschrift aufgeführten Aspekte die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen garantiert erhalten, die in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet die Arbeitsleistung erbracht wird, festgelegt sind (vgl. [X.] 12. Februar 2015 - [X.]/13 - [Sähköalojen ammattiliitto] Rn. 29; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 20 [X.] Rn. 2).

b) Der gesetzliche Vergütungsanspruch der Klägerin nach dem [X.] und die entsprechende Verpflichtung der [X.] werden nicht gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 [X.] durch die im Streitzeitraum geltende Zweite Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche (2. PflegeArbbV) verdrängt (zum Verhältnis der vom [X.] erlassenen 2. PflegeArbbV zum [X.] im Einzelnen [X.] 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 26 ff.). Der Sachvortrag der [X.]en bietet keine hinreichenden Anhaltspunkte für die Annahme, der Geltungsbereich der 2. PflegeArbbV sei eröffnet. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die in [X.] ansässige Beklagte im Streitzeitraum neben der Rekrutierung und Entsendung einheimischer Betreuungskräfte nach [X.] überhaupt einen Pflegebetrieb iSd. § 1 Abs. 1 Satz 2 2. PflegeArbbV, also einen solchen, der überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringt, unterhalten hätte.

c) Die Klage ist entgegen der Auffassung der Revision nicht unschlüssig.

aa) Macht der Arbeitnehmer geltend, die vom Arbeitgeber tatsächlich gezahlte Vergütung erreiche den gesetzlichen Mindestlohn nicht, begründet dies von Gesetzes wegen einen Anspruch auf [X.], wenn der Arbeitnehmer in der Abrechnungsperiode, die längstens einen Kalendermonat betragen darf, für die geleisteten Arbeitsstunden im Ergebnis nicht mindestens den in § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] vorgesehenen Bruttolohn erhält. Für die schlüssige Begründung einer auf Zahlung der [X.] zum gesetzlichen Mindestlohn gerichteten Klage ist es de[X.]alb erforderlich, für jeden Kalendermonat ein konkret beziffertes Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns darzulegen ([X.] 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 24).

bb) Diesem Erfordernis genügt der Sachvortrag der Klägerin.

(1) Zwischen den [X.]en steht außer Streit, dass die von der [X.] gezahlte monatliche (Netto-)Vergütung allenfalls den gesetzlichen (Brutto-)Mindestlohn für die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden erfüllen könnte. Die Sachleistungen in Gestalt von Kost und Logis bleiben insoweit unberücksichtigt. Dem Ziel des [X.]es entsprechend, jedem Arbeitnehmer ein existenzsicherndes Monatseinkommen zu gewährleisten, fordern §§ 1 und 2 [X.] mit dem Begriff der „Zahlung“ und der Nennung eines Eurobetrags in „brutto“ eine Entgeltleistung in Form von Geld ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 29, [X.]E 155, 202 sowie im [X.] daran BayObLG 26. November 2020 - 201 ObOWi 1381/20 - Rn. 7; ebenso [X.] NZA 2015, 70, 75; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 1 [X.] Rn. 20; [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 82; [X.] ArbR-HdB/[X.] 18. Aufl. § 66 Rn. 33; [X.] RdA 2015, 99, 105; Sura BB 2018, 437, 441; [X.] in [X.] [X.]/[X.] 2. Aufl. § 1 [X.] Rn. 127; aA HK-[X.]/[X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 96; [X.]/[X.] 21. Aufl. [X.] § 1 Rn. 6). Hat die Klägerin tatsächlich in jedem Kalendermonat des [X.] - wie sie behauptet - mehr gearbeitet, ist zwingend ein Anspruch auf [X.] entstanden. Dessen Höhe lässt sich, ausgehend von der Berechnung der Klägerin, anhand der feststehenden Anzahl der Tage der jeweiligen im Streit befindlichen Monate multipliziert mit 24 Stunden und dem damaligen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro brutto abzüglich der unstreitig erhaltenen Nettovergütung für jeden Kalendermonat unschwer ermitteln.

(2) An der Schlüssigkeit der Klage mangelt es entgegen der Auffassung der Revision auch nicht de[X.]alb, weil - so die Beklagte - die Klägerin die Klage anhand eines Stundendurchschnitts begründet hätte (zu einer solchen Fallgestaltung [X.] 29. Juni 2016 - 5 [X.] - Rn. 13, [X.]E 155, 318). Denn die Klägerin hat ihre Forderung nicht „nur pauschal ermittelt“, sondern für einen konkreten Streitzeitraum behauptet, jeden Arbeitstag 24 Stunden tatsächlich Arbeitsleistung erbracht zu haben, sei es [X.], sei es in Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdien[X.]

d) In welchem Umfang tatsächlich geleistete Arbeit mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten ist, richtet sich entgegen der Auffassung der Revision auch bei entsandten Arbeitnehmern nicht nur nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen, sondern primär nach den Vorgaben des [X.]es. Denn der Mindestlohnanspruch aus § 1 Abs. 1 [X.] ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Anspruch, der eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch tritt ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 22, [X.]E 155, 202, seither [X.] Rspr.). Weil § 20 [X.] den Arbeitgeber mit Sitz im Ausland gegenüber seinen im Inland beschäftigten Arbeitnehmern nach denselben Grundsätzen zur Zahlung des Mindestlohns verpflichtet, wie sie für einen Arbeitgeber mit Sitz im Inland gelten, wären arbeitsvertragliche Vereinbarungen, die den inländischen gesetzlichen Mindestlohnanspruch unterschritten oder vereitelten, nach § 3 Satz 1 [X.] unwirksam, unabhängig davon, welchem Recht der Arbeitsvertrag ansonsten unterliegt. Desgleichen verdrängt § 20 [X.] als Eingriffsnorm etwa abweichendes [X.] Recht.

e) Dem steht § 2 Nr. 1 [X.] aF mit der Formulierung „Mindestentgeltsätze“ nicht entgegen. Mit diesem Begriff, der durch das Gesetz zur Umsetzung der [X.] ([X.]) 2018/957 des [X.] und des Rates vom 28. Juni 2018 zur Änderung der [X.]/[X.] über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen vom 10. Juli 2020 ([X.] 1657) durch den Begriff Entlohnung ersetzt wurde, ist - anders als die Revision annimmt - nicht nur die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns gemeint. Er umfasst vielmehr auch die Modalitäten, nach denen der gesetzliche Mindestlohn zu zahlen i[X.] Das gebietet schon eine unionsrechtskonforme Auslegung des § 2 Nr. 1 [X.] aF. In seiner im Streitzeitraum geltenden Fassung sprach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Buch[X.] c [X.]/[X.] zwar von „[X.]n“, während es nunmehr nach der Änderung der [X.] 96/71/[X.] durch die [X.] ([X.]) 2018/957 „Entlohnung“ heißt. Doch hat der Gericht[X.]of der Europäischen Union schon seit längerem geklärt, dass der Begriff „[X.]“ weit auszulegen ist und zumindest den im Recht des Aufnahmemitgliedstaats vorgesehenen Mindestlohn umfasst (vgl. [X.] 8. Dezember 2020 - [X.]/18 - [[X.]/Parlament und Rat] Rn. 144; 12. Februar 2015 - [X.]/13 - [Sähköalojen ammattiliitto] Rn. 32 ff.). Der Gericht[X.]of hat ferner darauf hingewiesen, dass sich nach Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2 [X.] 96/71/[X.] der Begriff der [X.] ausdrücklich nach den Rechtsvorschriften und/oder Praktiken des Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet der Arbeitnehmer entsandt wird, bestimmt.

f) Nach [X.] [X.] schuldet der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindestlohn für jede tatsächlich geleistete Arbeitsstunde. Der Mindestlohn ist für alle Stunden, während derer der Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeit erbringt, zu zahlen ([X.] 29. Juni 2016 - 5 [X.] - Rn. 24, [X.]E 155, 318).

aa) Mit dem Mindestlohn zu vergütende Arbeit ist nicht nur die [X.], sondern auch die Bereitschaft ([X.] 11. Oktober 2017 - 5 [X.] - Rn. 13; 29. Juni 2016 - 5 [X.] - Rn. 27 ff., [X.]E 155, 318). Der Arbeitnehmer kann während des Bereitschaftsdienstes nicht frei über die Nutzung dieses [X.]raums bestimmen, sondern muss sich an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort bereithalten, um im Bedarfsfalle die Arbeit von sich aus (Arbeitsbereitschaft) oder „auf Anforderung“ (Bereitschaftsdienst) aufzunehmen. Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst sind nicht nur arbeitsschutzrechtlich Arbeitszeit (zu unionsrechtlichen Vorgaben hierzu [X.] 9. März 2021 - [X.]/19 - Rn. 26 ff. und - [X.]/19 - Rn. 25 ff. - jeweils [X.]), sondern nach inländischem Recht vergütungspflichtige Arbeit ([X.] 29. Juni 2016 - 5 [X.] - Rn. 28, aaO). Denn zu dieser zählt auch die vom Arbeitgeber veranlasste Untätigkeit, während derer der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz oder einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle anwesend sein muss und nicht frei über die Nutzung des [X.]raums bestimmen kann, er also weder eine Pause (§ 4 [X.]) noch Freizeit hat ([X.] 20. April 2011 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 137, 366; 19. November 2014 - 5 [X.] - Rn. 16, [X.]E 150, 82; 18. November 2015 - 5 [X.] 761/13 - Rn. 13, [X.]E 153, 248; 17. April 2019 - 5 [X.] 250/18 - Rn. 21; 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 27).

bb) Der gesetzliche Mindestlohn ist nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] „je [X.]stunde“ festgelegt. Damit knüpft die Norm an die „vergütungspflichtige Arbeitszeit“ an ([X.] 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 31 [X.]; ebenso zu dem „je Stunde“ festgelegten Mindestentgelt nach der Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche vom 15. Juli 2010 [X.] 18. November 2015 - 5 [X.] 761/13 - Rn. 17, [X.]E 153, 248), ohne diese abweichend von dem von der Rechtsprechung entwickelten Verständnis dieses Begriffs zu definieren. Die gesetzliche Vergütungspflicht des [X.]es differenziert nicht nach dem Grad der tatsächlichen Inanspruchnahme und gibt damit auch für Bereitschaft einen ungeschmälerten Anspruch auf den Mindestlohn ([X.] 29. Juni 2016 - 5 [X.] - Rn. 29, [X.]E 155, 318; 11. Oktober 2017 - 5 [X.] - Rn. 14; 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 27; ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum, [X.]. etwa [X.]/[X.] 21. Aufl. [X.] § 1 Rn. 4; [X.]/[X.] 9. Aufl. § 1 [X.] Rn. 7; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 61 Rn. 15; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 1 [X.] Rn. 17; [X.] ArbR-HdB/[X.] 18. Aufl. § 66 Rn. 23; [X.] in [X.] [X.]/[X.] 2. Aufl. § 1 [X.] Rn. 43; HK-[X.]/[X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 40).

cc) Soweit demgegenüber angenommen wird, nur [X.] sei mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten (zB [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 60 ff., die zwischen „[X.]“ und [X.] in der Bereitschaft differenzieren; [X.]. zu [X.] AP [X.] § 1 Nr. 2, der auf eine fehlende gesetzliche Festlegung, dass [X.]en des Bereitschaftsdienstes Arbeitszeit iSd. [X.]es sind, verweist; krit. auch [X.]/[X.]/[X.]/Bleckmann/[X.] 2021, 321, 329 ff., die einen „neuen, besseren Rechtsrahmen für die Pflege in häuslicher Gemeinschaft“ durch den Gesetzgeber anmahnen), wird außer [X.] gelassen, dass es hierfür weder im Wortlaut des [X.]es noch in der Gesetzesbegründung hinreichend konkrete Anhaltspunkte gibt. Der Gesetzgeber hat im [X.] auch keine Fakturierung der [X.]en des Bereitschaftsdienstes vorgenommen, wie sie - als Reaktion auf die Rechtsprechung, das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV sei auch für Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst zu zahlen ([X.] 19. November 2014 - 5 [X.] - [X.]E 150, 82; zur Entwicklung [X.] 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 33) - ab dem 1. Januar 2015 für [X.]en des Bereitschaftsdienstes in der vom [X.] erlassenen Zweiten und Dritten Verordnung über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche enthalten war.

dd) Ohne eine im Gesetz selbst niedergelegte Staffelung fehlt es an einer Legitimation, geleistete Arbeit mit weniger als dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten (so schon [X.] 29. Juni 2016 - 5 [X.] - Rn. 29, [X.]E 155, 318). Zwar geht das [X.] in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass für Sonderformen der Arbeit wie Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst ein geringeres Entgelt als für [X.] vorgesehen werden kann (zB [X.] 17. April 2019 - 5 [X.] 250/18 - Rn. 21 [X.]). Es ist jedoch allein Sache des Gesetzgebers und nicht der Gerichte (zu den Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung vgl. [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.], 1 BvR 1375/14 - Rn. 72 ff., [X.]E 149,126), zu entscheiden, ob [X.]en des Bereitschaftsdienstes generell oder jedenfalls im Bereich der häuslichen Pflege aus der [X.] gänzlich herausgenommen oder mit einem geringeren als dem Mindestlohn für [X.] vergütet werden sollen (zu einem Vorschlag für eine normative Regelung [X.]. [X.]/[X.]/[X.]/Bleckmann/[X.] 2021, 321, 330). Die im Schrifttum angeführten rechtspolitischen Probleme („Jede Form von [dauerhaften] Branchen- und Tätigkeitsdifferenzierungen war in der Koalition nicht konsensfähig, da damit eine Aufweichung des Konzepts eines allgemeinen und damit eben branchenübergreifenden und nicht tätigkeitsspezifischen Mindestlohns einhergegangen wäre“, [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 63) beschreiben allein das politische Unvermögen, in diesem Bereich, in dem seit langem Reformbedarf angemahnt wird (dazu pars pro [X.] zuletzt [X.]/[X.]/[X.]/Bleckmann/[X.] 2021, 321, 324 ff.; siehe dazu auch die Gesamtdarstellung der Problematik bei [X.] Rechtliche Ausgestaltung der 24-h-Betreuung durch ausländische Pflegekräfte in [X.] Privathau[X.]alten 2018 - jeweils [X.]), eine gesetzliche Regelung zu treffen und hierfür die politische Verantwortung zu übernehmen. Hieraus resultiert aber entgegen der im Schrifttum geäußerten Auffassung keine rechtliche Unmöglichkeit, derartige gesetzliche Regelungen zu treffen (so aber [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 63). Auf der Grundlage des geltenden [X.]es ist der Rechtsprechung jedenfalls eine Rechtsfortbildung im Sinne einer Einschränkung des Anspruchs auf den gesetzlichen Mindestlohn für geleistete Bereitschaftsdienste nicht möglich.

4. Das [X.] hat, wie die Beklagte zu Recht rügt, mit seiner Annahme, die Klägerin habe arbeitstäglich 21 Stunden Arbeitsleistung erbracht, § 286 Abs. 1 ZPO verletzt. In welcher Höhe die Klage auf [X.] begründet ist, kann der Senat auf der Grundlage der bi[X.]erigen Feststellungen nicht selbst entscheiden.

a) Nach § 286 Abs. 1 ZPO haben die Tatsacheninstanzen unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach ihrer freien Überzeugung darüber zu befinden, ob sie eine tatsächliche Behauptung für wahr erachten oder nicht.

aa) Gegenstand der Würdigung ist der gesamte Tatsachenstoff, von dem der Tatrichter im Laufe des Verfahrens in [X.] Kenntnis erlangt hat (PG/Laumen ZPO 13. Aufl. § 286 Rn. 6; MüKoZPO/[X.]. § 286 Rn. 7). Das Gericht kann oder muss dabei gegebenenfalls zwecks (informeller) Anhörung einer [X.] auch das persönliche Erscheinen der [X.] anordnen (§§ 141, 137 Abs. 4 ZPO), wenn eine [X.] einen von ihr zu führenden Beweis oder Gegenbeweis nur mit ihrer eigenen Aussage - wie zum Beispiel hinsichtlich eines Vier-Augen-Gesprächs - erbringen könnte, die rechtlichen Voraussetzungen für eine [X.]vernehmung (ua. § 448 ZPO) aber nicht vorliegen ([X.] 1. August 2017 - 2 BvR 3068/14 - Rn. 58 [X.]). Der Tatrichter kann im Rahmen der freien Würdigung des [X.] den Behauptungen und Angaben einer [X.] (vgl. §§ 141, 137 Abs. 4 ZPO) unter Umständen auch dann glauben, wenn diese ihre Richtigkeit sonst nicht - auch nicht mittels [X.]vernehmung, weil es an der erforderlichen Anfangswahrscheinlichkeit fehlt - beweisen kann ([X.] 27. September 2017 - [X.] - Rn. 12 [X.]). Bei seiner Entscheidung hat er sich mit den Angaben der [X.]en auseinanderzusetzen und darzulegen und zu begründen, dass und we[X.]alb er sie für wahr oder nicht wahr hält (Nassall jurisPR-[X.]ZivilR 5/2018 [X.]. 3).

bb) Für eine den Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügende richterliche Überzeugung bedarf es keiner absoluten oder unumstößlichen Gewis[X.]eit im Sinne des wissenschaftlichen Nachweises ([X.] 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 - Rn. 40). Der Tatrichter darf und muss sich vielmehr mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewis[X.]eit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen ([X.] 1. Dezember 2016 - I ZR 128/15 - Rn. 27; 6. Mai 2015 - [X.]/14 - Rn. 11; [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 44, [X.]E 155, 202).

cc) [X.] ist zu überprüfen, ob sich das Berufungsgericht mit dem [X.] und den [X.] umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt ([X.] 11. Juni 2015 - I ZR 19/14 - Rn. 32; 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 44, [X.]E 155, 202).

b) Nach diesen Grundsätzen hat das [X.] § 286 Abs. 1 ZPO rechtsfehlerhaft angewendet. Die Revision rügt zu Recht, das Berufungsgericht habe den Vortrag der [X.] zum Umfang der von der Klägerin geschuldeten und geleisteten Arbeit nicht ausreichend gewürdigt, insbesondere den Hinweis der [X.] auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden nicht berücksichtigt. Das [X.] hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte könne sich nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht auf die im Arbeitsvertrag vereinbarte zeitliche Begrenzung der Arbeitszeit berufen. Hierdurch hat es den durch Art. 103 Abs. 1 GG geschützten Anspruch der [X.] auf rechtliches Gehör verletzt. Diese hat hiernach Anspruch darauf, dass das Gericht ihren Tatsachenvortrag zur Kenntnis nimmt und im Rahmen von § 286 Abs. 1 ZPO würdigt. Gesetzliche Verwertungsverbote bestehen im Streitfall nicht. Die angeführten Rechtspositionen der Klägerin (Art. 12 Abs. 1 GG; Art. 31 Abs. 1 GRC) begründen derartige Verbote nicht. Diese Grundrechtspositionen sind vielmehr im Rahmen der nach § 286 Abs. 1 ZPO vorzunehmenden Würdigung des Tatsachenstoffs zu berücksichtigen.

c) Die Verletzung von § 286 Abs. 1 ZPO führt gemäß § 562 Abs. 1 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Senat ist an einer eigenen Sachentscheidung gehindert (§ 563 Abs. 3 ZPO). Die Würdigung des [X.]vortrags und der angebotenen Beweise ist grundsätzlich Aufgabe der [X.]e. Der Sachverhalt ist auch nicht vollständig aufgeklärt. Im erneuten Berufungsverfahren wird sich das [X.] - gegebenenfalls nach weiterem Sachvortrag der [X.]en und Erhebung der schon bislang angebotenen Beweise - unter umfassender Würdigung des beiderseitigen [X.] die tatrichterliche Überzeugung bilden müssen, in welchem zeitlichen Umfang die Klägerin [X.] oder Bereitschaftsdienst auf Veranlassung der [X.] geleistet hat.

d) Für das fortgesetzte Berufungsverfahren weist der Senat darauf hin, dass die Annahme des [X.]s, die Klägerin habe mehr als die im Arbeitsvertrag angegebenen 30 Wochenstunden arbeiten müssen, nach Aktenlage nicht fernliegend i[X.]

aa) Das [X.] wird im Rahmen der Würdigung des [X.] und der gegebenenfalls noch zu erhebenden Beweise nach § 286 Abs. 1 ZPO festzustellen haben, ob die arbeitsvertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ernsthaft gewollt war oder tatsächliche Umstände dafür sprechen, dass ein anderes Arbeitszeitvolumen dem wirklichen Willen der [X.]en entsprochen hat.

(1) Hierbei wird es ua. die Zusatzvereinbarung vom 15. April 2015 in den Blick zu nehmen haben. Darin ist bestimmt, dass die Klägerin in [X.] an einem 6-Stunden-Arbeitstag mit einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten und einer wöchentlichen Ruhezeit von zwei Arbeitstagen - Sonnabend und Sonntag - zu arbeiten hatte. Welche Bedeutung einer täglichen Ruhezeit von 60 Minuten bei einem 6-Stunden-Arbeitstag zukommen soll, erschließt sich nicht ohne Weiteres. In diesem Zusammenhang wird das [X.] auch die Antwort der [X.] auf eine Nachfrage des Sohns der zu pflegenden Person zu berücksichtigen haben, wonach der Klägerin nur ein freier Tag pro Woche zustehe, der auch stundenweise gewährt werden könne. Dies steht im Widerspruch zu der getroffenen vertraglichen Vereinbarung, wonach Sonnabend und Sonntag arbeitsfrei sein sollten. Dass im Streitzeitraum, also im [X.], während des Einsatzes der Klägerin bei der zu betreuenden Person die Sonnabende und Sonntage arbeitsfrei gewesen wären oder die Klägerin auch nur einen Tag wöchentlich frei gehabt hätte, hat die Beklagte nicht einmal behauptet.

(2) Des Weiteren wird das Berufungsgericht die zwischen der [X.] und der zu betreuenden Person geschlossenen Verträge, die eine 24-Stunden-Betreuung vorsehen, zu würdigen haben. Die Beklagte hat sich in dem auf Vermittlung der [X.] mit der zu betreuenden Person geschlossenen Dienstleistungsvertrag zu umfangreichen Hau[X.]alts- und Betreuungsleistungen verpflichtet. Zu diesen gehörten - bei der laut Fragebogen zur Leistungsbeschreibung „angedachten 24 Stunden Betreuung/Pflege“ - auch umfangreiche „[X.] Aufgaben“ (wie Gesellschaft leisten, Ansprache und gemeinsame Interessenverfolgung) und Nachtwachen, die von der [X.] durch ihre Mitarbeiter im Hau[X.]alt der zu betreuenden Person zu erbringen waren. Zu diesem Zweck hat die Beklagte die Klägerin nach [X.] entsandt und in der Wohnung der zu betreuenden Person [X.] beziehen lassen. Dabei könnte bei gebotener lebenspraktischer Betrachtungsweise allen Beteiligten klar gewesen sein, dass angesichts des Alters der zu betreuenden Person und des mit ihr vereinbarten Leistungsumfangs für die der Klägerin obliegenden Arbeiten eine Arbeitszeit von 30 Wochenstunden objektiv nicht ausreichend war. Dementsprechend hat die Beklagte im bi[X.]erigen Verfahren nicht substantiiert dargelegt, dass und in welcher Weise es angesichts der mit der zu betreuenden Person vereinbarten Leistungen der Klägerin möglich gewesen wäre, die ihr zugewiesenen Aufgaben innerhalb einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden zu erledigen und es ihr gestattet war, nach sechs Arbeitsstunden, zur Nachtzeit und an den Wochenenden die zu betreuende Person sich selbst zu überlassen. Es spricht de[X.]alb einiges dafür, dass die vertraglichen Vereinbarungen zur Arbeitszeit lediglich der kostengünstigen Gestaltung des von der [X.] so genannten „[X.]“ geschuldet waren.

bb) Das [X.] wird weiter zu prüfen haben, ob die Beklagte mit der Entsendung der Klägerin in den Hau[X.]alt der zu betreuenden Person zur Erledigung der der [X.] dieser gegenüber obliegenden Betreuungsleistungen „Mehrarbeit“ der Klägerin veranlasst (vgl. allgemein zu dem Erfordernis der Veranlassung von Mehrarbeit durch den Arbeitgeber [X.] 10. April 2013 - 5 [X.] 122/12 - Rn. 14 ff. [X.]) und, soweit nicht [X.] zu leisten war, zumindest konkludent Bereitschaftsdienst angeordnet hat. Auch hierfür dürfte einiges sprechen. Anderenfalls hätte es ihr angesichts des [X.] und des Umstands, dass die Klägerin als „Sozialassistentin“ bei der zu betreuenden Person Wohnung nehmen musste, oblegen, konkret vorzugeben, an welchen Tagen die Klägerin von wann bis wann zur Arbeit zur Verfügung stehen musste und von wann bis wann sie sich zurückziehen und frei über die Nutzung ihrer [X.] bestimmen durfte, ohne auf mögliche Bedürfnisse der zu betreuenden Person Rücksicht nehmen zu müssen. Dies hat die Beklagte bi[X.]er unterlassen. Weder dem Arbeitsvertrag noch dem Dienstleistungsvertrag mit der zu betreuenden Person ist zu entnehmen, dass die Klägerin nur zu bestimmten [X.]en, nicht aber jederzeit der zu betreuenden Person zur Verfügung stehen musste. In diesem Zusammenhang wird das Berufungsgericht auch den Vortrag der [X.], die Klägerin habe sich ihre Arbeitszeit im Rahmen der vereinbarten Vertrauensarbeitszeit einteilen können, einzuordnen und zu würdigen haben. Hierzu wird es in Betracht zu ziehen haben, ob es gegebenenfalls nach ergänzendem Sachvortrag der [X.]en diese und ihre gesetzlichen Vertreter persönlich anhört, die angebotenen Zeugenbeweise erhebt und/oder die geforderte [X.]vernehmung der Klägerin vornimmt.

cc) Unter der Voraussetzung des § 287 Abs. 2 ZPO wird das [X.] eine Schätzung der Arbeitszeit in Betracht ziehen können, wenn aufgrund unstreitigen Sachvortrags oder nach § 286 Abs. 1 ZPO für wahr erachteten Sachvortrags der Klägerin feststeht, dass diese über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus [X.] oder Bereitschaft geleistet hat, aber nicht jede einzelne „Mehrstunde“ belegen kann (vgl. - zu Überstunden - [X.] 25. März 2015 - 5 [X.] 602/13 - Rn. 21, [X.]E 151, 180).

III. Die [X.] der Klägerin ist begründet. Das [X.] hat § 287 Abs. 2 ZPO rechtsfehlerhaft angewendet.

1. Im Unterschied zu den strengen Anforderungen des § 286 Abs. 1 ZPO genügt für eine Schätzung eine erhebliche, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit für die richterliche Überzeugungsbildung. Der revisionsrechtlichen Überprüfung unterliegt dabei, ob das [X.] alle wesentlichen Bemessungsfaktoren berücksichtigt oder der Schätzung unrichtige oder unbewiesene Anknüpfungstatsachen zugrunde gelegt hat und damit die Schätzung mangels konkreter Anhaltspunkte völlig „in der Luft hängt“, also willkürlich ist (vgl. [X.] 31. März 2021 - 5 [X.] 148/20 - Rn. 34; 26. Oktober 2016 - 5 [X.] 168/16 - Rn. 37, [X.]E 157, 116; [X.] 12. Juli 2016 - [X.] - Rn. 49, [X.]Z 211, 146).

2. Daran gemessen hängt die vom Berufungsgericht vorgenommene Schätzung völlig „in der Luft“. Das [X.] hat im angefochtenen Urteil keinerlei belastbare Anknüpfungstatsachen für seine Schätzung dargetan. Es mag nach der allgemeinen Lebenserfahrung wenig glaubhaft erscheinen, dass die Klägerin über Wochen hinweg täglich 24 Stunden Arbeitsleistung - und sei es teilweise in Form von Bereitschaft - erbracht hat. Das [X.] legt aber nicht offen, aufgrund welcher festgestellten Tatsachen oder konkreten Anhaltspunkte es annimmt, die Klägerin habe sich täglich für eine Stunde innerhalb der Wohnung der zu betreuenden Person der jederzeitigen Arbeitsaufnahme entziehen und täglich zwei Stunden die Wohnung ohne die zu betreuende Person zum Zwecke der Freizeit verlassen können. Soweit es ausführt, es gehe um die Möglichkeit der Klägerin, sich sowohl innerhalb der Wohnung beispielsweise für ein ausgiebiges Bad oder Telefongespräche der jederzeitigen Arbeitsaufnahme zu entziehen oder auch die Wohnung für eine beschränkte [X.] zu verlassen, etwa um sich mit Bekannten oder Freunden zu treffen oder einen Spaziergang zu machen, gibt es hierfür im Sachvortrag der [X.]en keinerlei Tatsachengrundlage. Die Schätzung hängt damit völlig „in der Luft“. Eine nicht fernliegende Anhörung der Klägerin hierzu (§§ 141, 137 Abs. 4 ZPO) ist nicht erfolgt.

3. Das Berufungsurteil ist wegen des aufgezeigten Rechtsfehlers auch im Umfang der Beschwer der Klägerin aufzuheben und die Sache auch insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO). Aufgrund fehlender Feststellungen ist dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich (§ 563 Abs. 3 ZPO).

IV. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das [X.] auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    [X.]    

        

    Volk    

        

    [X.]    

        

        

        

    S. Teichfuß    

        

    Zimmer    

                 

Meta

5 AZR 505/20

24.06.2021

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 22. August 2019, Az: 44 Ca 11017/18, Urteil

§ 2 Nr 1 AEntG 2009, § 1 Abs 1 MiLoG, § 20 MiLoG, Art 9 Abs 1 EGV 593/2008, Art 3 Abs 1 EGRL 71/96, § 1 Abs 2 S 1 MiLoG, § 1 Abs 3 S 1 MiLoG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.06.2021, Az. 5 AZR 505/20 (REWIS RS 2021, 4642)

Papier­fundstellen: MDR 2022, 178-179 REWIS RS 2021, 4642

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10 AZR 200/11

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