Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 25/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 10068

ARBEITSRECHT ALLGEMEINES GLEICHBEHANDLUNGSGESETZ BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) PRESSE PRESSEFREIHEIT MINDESTLOHN

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Gegenstand

Mindestlohn - Zeitungszusteller - Nachtarbeitszuschlag


Leitsatz

1. Die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 MiLoG, die für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller unter den dort genannten Voraussetzungen bis zum 31. Dezember 2017 einen abgesenkten Mindestlohn vorgesehen hat, verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

2. Erfolgt die Zeitungszustellung dauerhaft in Nachtarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes, haben Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller Anspruch auf einen Nachtarbeitszuschlag in Höhe von 30 % des ihnen je Arbeitsstunde zustehenden Mindestlohns, sofern nicht eine höhere Vergütung vereinbart ist.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. Dezember 2016 - 3 [X.]/16 - wird zurückgewiesen.

2. Auf die Revision der Klägerin wird - unter Zurückweisung der Revision im Übrigen - das Urteil des [X.] vom 7. Dezember 2016 - 3 Sa 43/16 - teilweise aufgehoben und die Beklagte weiter verurteilt, an die Klägerin weitere 480,50 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 43,15 Euro seit dem 8. Februar 2015, aus 23,84 Euro seit dem 8. März 2015, aus 37,85 Euro seit dem 8. April 2015, aus 17,09 Euro seit dem 8. Mai 2015, aus 37,02 Euro seit dem 8. Juni 2015, aus 41,83 Euro seit dem 8. Juli 2015, aus 37,40 Euro seit dem 8. August 2015, aus 6,81 Euro seit dem 8. September 2015, aus 27,52 Euro seit dem 8. Oktober 2015, aus 40,96 Euro seit dem 8. November 2015, aus 35,27 Euro seit dem 8. Dezember 2015, aus 36,79 Euro seit dem 8. Januar 2016, aus 5,59 Euro seit dem 8. Februar 2016, aus 28,69 Euro seit dem 8. März 2016, aus 37,09 Euro seit dem 8. April 2016 und aus 23,60 Euro seit dem 8. Mai 2016 zu zahlen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 87 % und die Beklagte 13 % zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Differenzvergütung und dabei insbesondere darüber, ob die Klägerin nur den abgesenkten gesetzlichen Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 [X.] beanspruchen kann, eine Vertretungsprämie mindestlohnwirksam ist sowie die Höhe des [X.]s.

2

Die Klägerin ist seit dem 1. August 2013 bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin als Zeitungszustellerin beschäftigt. [X.] vereinbart ist eine Vergütung auf Stücklohnbasis. Daneben zahlte die Beklagte einen [X.] in Höhe von 25 % auf den Stücklohn sowie eine Vertretungsprämie, sofern die Klägerin neben den ihr zugewiesenen (vier) Zustellbezirken die Vertretung in einem weiteren Zustellbezirk übernahm.

3

Im Streitzeitraum Januar 2015 bis April 2016 arbeitete die Klägerin ausschließlich und mehr als zwei Stunden zur Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 [X.]). Dabei trug sie die Tageszeitung „[X.]“ aus, ferner den „[X.], der aus zweitverwerteten Artikeln des [X.]s und Werbung besteht. Zur Zustelltätigkeit der Klägerin gehörte auch die Publikation „[X.] Heimspiel“, die Dauerkartenbesitzer vor einem Bundesliga-Heimspiel des SV [X.] Bremen erhalten.

4

Mit ihrer am 12. August 2015 anhängig gemachten und mehrfach - zuletzt in der Berufungsinstanz - erweiterten Klage hat die Klägerin Differenzvergütung geltend gemacht und gemeint, sie habe seit dem 1. Januar 2015 Anspruch auf den vollen gesetzlichen Mindestlohn. Die Übergangsregelung für Zeitungszustellerinnen und Zeitungszusteller verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, zudem lägen die Voraussetzungen des § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] nicht vor. Sie sei arbeitsvertraglich nicht ausschließlich zur Zustellung der dort genannten Produkte, sondern auch zum Austragen von Anzeigenblättern, Briefen und Werbematerialien verpflichtet. Der „[X.] sei nur ein scheinbares Anzeigenblatt ohne nennenswerten redaktionellen Inhalt, das „[X.] Heimspiel“ keine periodische Zeitschrift. Die Vertretungsprämie sei nicht auf den Mindestlohn anrechenbar, weil sie nicht die Normalleistung abdecke, sondern die Übernahme von Mehrarbeit und die besondere Flexibilität der Klägerin honoriere. Schließlich sei der [X.] auf der Basis des vollen gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen und müsse wegen ihrer Dauernachtarbeit 30 % betragen.

5

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.244,58 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach bestimmter Staffelung zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, die Klägerin könne aufgrund ihrer tatsächlichen Tätigkeit als Zeitungszustellerin nur den abgesenkten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 [X.] beanspruchen, den sie erhalten habe. Die Vertretungsprämie erfülle den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn mit. Der [X.] sei wie arbeitsvertraglich vereinbart zu berechnen, lege man den - abgesenkten - Mindestlohn zugrunde, sei ein Zuschlag von 10 % angemessen.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klägerin als weiteren Mindestlohn für den Monat Mai 2015 65,37 Euro brutto nebst Zinsen zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufungen beider Parteien hat das [X.] - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen - der Klägerin insgesamt 236,74 Euro brutto nebst Zinsen als weiteren [X.] zuerkannt. Mit der vom [X.] für beide Parteien zugelassenen Revision hält die Klägerin an ihrem weitergehenden Klageantrag fest, während die Beklagte die vollständige Klageabweisung begehrt.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet, soweit sie die prozentuale Höhe des [X.] angreift. Im Übrigen sind ihre Revision und die der [X.] unbegründet. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin im Streitzeitraum nur den abgesenkten Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 [X.] beanspruchen kann, die gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam und Grundlage für den Zuschlag nach § 6 Abs. 5 [X.] der gesetzliche Mindestlohn ist, sofern die Arbeitsvertragsparteien keine höhere Vergütung vereinbart haben. [X.] ist lediglich die Annahme, im Streitfall sei ein [X.] von 25 % und nicht ein solcher von 30 % angemessen.

9

I. Die Klägerin hat als [X.]ungszustellerin für geleistete Arbeit im streitgegenständlichen [X.]raum nach § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] lediglich Anspruch auf 75 % des Mindestlohns nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] und ab 1. Januar 2016 auf 85 % hiervon (zum Mindestlohn als Geldfaktor bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall: vgl. [X.] 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 17; 20. September 2017 - 10 [X.] - Rn. 24, jeweils mwN). Den Anspruch der Klägerin auf diesen abgesenkten Mindestlohn hat die [X.] mit ihren Zahlungen vollständig erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB), denn auch die der Klägerin gewährte Vertretungsprämie ist mindestlohnwirksam, dh. geeignet, den Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn zu erfüllen.

1. [X.]ungszustellerinnen und [X.]ungszusteller sind nach der Legaldefinition des § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] Personen, die in einem Arbeitsverhältnis ausschließlich periodische [X.]ungen oder [X.]schriften an Endkunden zustellen; dies umfasst auch Zustellerinnen und Zusteller von Anzeigenblättern mit redaktionellem Inhalt. Diese Voraussetzungen lagen bei der Klägerin im Streitzeitraum vor.

a) Ob Beschäftigte [X.]ungszustellerin oder [X.]ungszusteller iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] sind, richtet sich nach der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und nicht nach den arbeitsvertraglich (auch) geschuldeten Tätigkeiten, sofern und solange der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts (§ 106 GewO) von den vertraglich eröffneten Möglichkeiten keinen Gebrauch macht.

[X.]) Der Wortlaut des § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] stellt ab auf „Personen, die in einem Arbeitsverhältnis (…) zustellen“. Maßgeblich ist danach - verdeutlicht durch das Verb „zustellen“ - die tatsächliche Tätigkeit des Beschäftigten, nicht seine arbeitsvertragliche Verpflichtung (im Ergebnis wie hier: HK-[X.]/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 43; [X.]/[X.] 18. Aufl. § 24 [X.] Rn. 3; unklar [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 69). Ein Rückgriff auf den Arbeitsvertrag und die dort vereinbarten Tätigkeiten des jeweiligen Zustellers als Anknüpfungspunkt fehlt; es wird lediglich - wegen des persönlichen Anwendungsbereichs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 [X.] an sich überflüssig - ein Arbeitsverhältnis als Grundlage der Zustellung verlangt.

[X.]) Das Abstellen auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit entspricht der Gesamtsystematik des [X.]es. Der Anspruch auf den Mindestlohn entsteht gemäß § 1 Abs. 2 iVm. §§ 20, 1 Abs. 1 [X.] mit und für jede geleistete Arbeitsstunde, nicht jedoch für [X.]en ohne Arbeitsleistung ([X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.]E 155, 202; seither st. Rspr., vgl. 6. Dezember 2017 - 5 [X.] - Rn. 15 ff.).

cc) Damit ist es entgegen der Auffassung der Klägerin unerheblich, dass ihr nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen auch die Zustellung etwa von Briefen oder Werbeprospekten hätte angewiesen werden können. Von dieser Möglichkeit hat die [X.] im Streitzeitraum unstreitig nicht Gebrauch gemacht.

b) Die Klägerin hat im Streitzeitraum ausschließlich Presseerzeugnisse der in § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] genannten Art zugestellt.

[X.]) Dass der „[X.]“ eine periodisch erscheinende Tageszeitung ist, stellt die Klägerin nicht in Abrede.

[X.]) Der „[X.]“ besteht nach den nicht angegriffenen tatsächlichen Feststellungen des [X.]s aus Werbeprospekten, die von zweitverwerteten Artikeln des „[X.]s“ ummantelt werden. Ob er damit - wie das [X.] meint - ein Anzeigenblatt mit redaktionellem Inhalt ist, kann dahingestellt bleiben. Denn anderenfalls handelte es sich um eine Wochenzeitung mit beigelegten Werbeprospekten. Für die von § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] verlangte Ausschließlichkeit ist es nach zutreffender einhelliger Auffassung im Schrifttum unschädlich, wenn einer zuzustellenden [X.]ung Werbebeilagen bereits maschinell „eingeschossen“ oder von [X.] eingelegt sind, streitig ist lediglich, ob das Bestücken der [X.]ung mit Werbebeilagen durch den Zusteller selbst dem Ausschließlichkeitsprinzip entgegensteht (bejahend etwa: [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 67; [X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 24 [X.] Rn. 2; [X.] in [X.]. § 24 [X.] Rn. 15; [X.]/[X.] 18. Aufl. § 24 [X.] Rn. 3; Umgehungspotential befürchtend HK-[X.]/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 39, 84). Dass sie Werbeprospekte oder Werbebeilagen in den „[X.]“ habe einlegen müssen, hat die Klägerin nicht behauptet.

cc) Für den Begriff der [X.]ung iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] ist es des Weiteren nicht konstitutiv, dass der redaktionelle Inhalt „neu“ oder „aktuell“ ist. Ein solches Erfordernis enthält die Norm - anders als etwa die für die Zulässigkeit von Sonn- und Feiertagsarbeit verlangte Tagesaktualität in § 10 Abs. 1 Nr. 8 [X.] - nicht. Eine Wochenzeitung kann de[X.]alb auch aus zweitverwerteten Artikeln einer Tageszeitung bestehen. Soweit die Klägerin erstmals in der Revisionsinstanz die Periodizität des „Kuriers der Woche“ in Frage stellen will, handelt es sich dabei um neues - noch dazu unsubstantiiertes - Vorbringen, das in der Revisionsinstanz nicht berücksichtigt werden kann (§ 559 ZPO).

[X.]) Die Publikation „[X.] Heimspiel“ ist ein (Fußball-)Magazin, das zu jedem Heimspiel des SV [X.] Bremen erscheint. Rechtlich handelt es sich - was die Klägerin insoweit nicht in Abrede stellt - um eine [X.]schrift, die nicht nur Dauerkartenbesitzern, sondern jedermann zugänglich ist und die entgegen der Auffassung der Klägerin auch periodisch iSd. § 24 Abs. 2 Satz 3 [X.] erscheint. Dies ist bei einer Druckschrift der Fall, wenn eine bestimmte Zahl von [X.]ungs- oder [X.]schriftennummern regelmäßig innerhalb eines bestimmten [X.]raums, der längstens ein Jahr betragen darf, erscheint und nicht nur gelegentlich publiziert werden soll ([X.] 20. September 2012 - I [X.] - Rn. 32; [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 63). Das „[X.] Heimspiel“ ist nach seiner Aufmachung und der bi[X.]erigen Praxis nicht nur auf gelegentliche Publikation angelegt, sondern auf regelmäßiges Erscheinen zu den Heimspielen des SV [X.] Bremen. Bei 18 in der [X.] spielenden Vereinen ergeben sich 17 Heimspiele in der Hin- und Rückrunde und damit 17 Nummern jährlich.

2. § 24 Abs. 2 [X.] verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG (so auch die überwiegende Auffassung im Schrifttum, vgl. etwa [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 52 ff.; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 24 [X.] Rn. 8; [X.] ArbR-HdB/[X.] 17. Aufl. § 66 Rn. 20; [X.]/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; aA etwa HK-[X.]/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 83; [X.]/[X.] für [X.]ungszusteller? 2014 S. 115 ff.; eine Verfassungsbeschwerde gegen die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 [X.] hat das [X.] wegen unzureichender Begründung nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. [X.] 25. Juni 2015 - 1 BvR 20/15 -).

a) Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt grundsätzlich ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen ([X.] 10. April 2018 - 1 [X.] ua. - Rn. 94 f., st. Rspr.).

Bei zeitlich begrenzten [X.] hat der Gesetzgeber eine besondere Gestaltungsfreiheit ([X.] 12. Februar 2003 - 2 [X.][X.] 3 b [X.] der Gründe, [X.]E 107, 218) und verfügt über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum, wenn er die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, das Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzt, um [X.] oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, insbesondere Schutzvorschriften zugunsten des typischerweise unterlegenen Vertragsteils vorsieht. Dabei liegt die Einschätzung der für die Konfliktlage maßgeblichen ökonomischen und [X.] Rahmenbedingungen in der politischen Verantwortung des Gesetzgebers, ebenso die [X.] auf die künftige Entwicklung und die Wirkung seiner Regelung. Dasselbe gilt für die Bewertung der Interessenlage, wozu er die einander entgegenstehenden Belange hinsichtlich ihrer Schutzbedürftigkeit gewichten muss (vgl. [X.] 23. Oktober 2013 - 1 BvR 1842/11, 1 BvR 1843/11 - Rn. 70, [X.]E 134, 204; 29. Juni 2016 - 1 BvR 1015/15 - Rn. 64, [X.]E 142, 268). Dabei ist die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers im Rahmen von [X.] umso größer, je geringfügiger die Ungleichheit nach Dauer oder Höhe ist (vgl. [X.] 19. April 1977 - 1 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 44, 283; 12. Februar 2003 - 2 [X.][X.] 3 b [X.] der Gründe, [X.]E 107, 218).

b) Gemessen daran hat der Gesetzgeber mit der vorübergehenden Ungleichbehandlung der [X.]ungszustellerinnen und [X.]ungszusteller durch die Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 [X.], die auf Beschlussempfehlung des [X.] aufgenommen wurde, nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

[X.]) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Grundrecht der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, in dessen Schutzbereich auch der Vertrieb von Presseprodukten, etwa die Botenzustellung von [X.]ungen, fällt ([X.] 29. April 2003 - 1 [X.] - zu II 2 b der Gründe, [X.]K 1, 136), die Übergangsregelung tatsächlich geboten hat (krit. etwa: [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 53 f.; [X.] in [X.]. § 24 [X.] Rn. 11; HK-[X.]/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 67 ff.; [X.]. zum generellen Verlangen einer Ausnahme vom Mindestlohn für die [X.]ungszustellung: die Rechtsgutachten [X.], Mindestlohn und Pressefreiheit [2014] sowie [X.], Pressefreiheit als Vertriebsfreiheit [2013]) oder sie lediglich Ausdruck der besonderen Wertschätzung der freien Presse ist, die diese in den Gesetzgebungsorganen genießt (so [X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 24 [X.] Rn. 2). Denn jedenfalls hat der Gesetzgeber mit § 24 Abs. 2 [X.] die ihm bei Übergangsregelungen eingeräumten Spielräume nicht überschritten.

[X.]) Seine Einschätzung, eine „stufenweise Einphasung“ des Mindestlohns für den Bereich der Zustellung von Presseerzeugnissen sei geeignet und erforderlich zur Sicherung der Pressefreiheit, weil die mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten insbesondere in ländlichen und strukturschwachen Regionen die Trägerzustellung beeinträchtigen ([X.]. 18/2010 [neu] S. 25), liegt innerhalb des ihm zustehenden weiten Beurteilungsspielraums (ähnlich: [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 58; [X.]/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 24 [X.] Rn. 8) und seiner politischen Verantwortung für die prognostizierte Wirkung einer übergangslosen Einführung des vollen Mindestlohns in diesem Bereich. Die Annahme des Gesetzgebers, der für die übrigen Wirtschaftszweige in § 24 Abs. 1 [X.] eröffnete Weg, über bundesweite, nach dem [X.] erstreckte Tarifverträge vorübergehend vom Mindestlohn abzuweichen, sei wegen der besonderen Beschäftigten- und Entgeltstrukturen im Bereich der [X.]ungszustellung nicht gangbar, jedenfalls nicht sachgerecht ([X.]. 18/2010 [neu] S. 25), ist ein einleuchtender Sachgrund für die Differenzierung zwischen allgemeiner (§ 24 Abs. 1 [X.]) und besonderer (§ 24 Abs. 2 [X.]) Übergangsregelung (im Ergebnis ebenso: [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 24 Rn. 57; [X.]/Krause 4. Aufl. § 61 Rn. 9; krit. [X.] [X.], 865, 872; abl. HK-[X.]/Jerchel/Trümmer 2. Aufl. § 24 Rn. 79).

cc) Die getroffene Übergangsregelung ist angemessen und auf einen relativ kurzen [X.]raum angelegt. Sie hat wegen der - nach § 9 Abs. 1 Satz 1 [X.] zu erwartenden - Anhebung des vollen Mindestlohns zum 1. Januar 2017 insgesamt drei Jahre angedauert. Innerhalb dieses [X.]raums hat sich zudem die Entgeltdifferenz jährlich vermindert. Der abgesenkte Mindestlohn für [X.]ungszustellerinnen und [X.]ungszusteller betrug 2015 75 %, 2016 85 % und 2017 96 % des vollen Mindestlohns. Der Gesetzgeber hat damit in einem überschaubaren [X.]raum in deutlichen Schritten eine Angleichung des Mindestlohns für [X.]ungszusteller an den allgemeinen Mindestlohn vorgenommen. Die vorgenommene Differenzierung erweist sich de[X.]alb im Ergebnis auch als verhältnismäßig im engeren Sinn und somit als verfassungskonform.

3. Den Anspruch der Klägerin auf den Mindestlohn nach § 24 Abs. 2 Satz 1 [X.] und dessen Berücksichtigung als Geldfaktor bei der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG) hat die [X.] - auch aus Sicht der Klägerin - mit ihren im Streitzeitraum geleisteten Zahlungen erfüllt, sofern die im Streitzeitraum gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam ist. Das ist entgegen der Auffassung der Klägerin der Fall.

a) [X.], dh. geeignet den Mindestlohnanspruch zu erfüllen, sind alle im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachten Entgeltzahlungen mit Ausnahme der Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf eine tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung (zB § 6 Abs. 5 [X.]) beruhen ([X.]. seit [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.] - Rn. 32, [X.]E 155, 202; zuletzt [X.] 17. Januar 2018 - 5 [X.] - Rn. 16 mwN; zum Streitstand zwischen „Entgelttheorie“ und „Normalleistungstheorie“ im Schrifttum [X.]. nur [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 106 ff.; [X.]/Müller-Glöge 7. Aufl. § 1 [X.] Rn. 22 f., jeweils mwN). Dies beruht darauf, dass der Mindestlohn nach § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.] „je [X.]stunde“ festgesetzt ist und das Gesetz den Anspruch nicht von der zeitlichen Lage der Arbeit oder den mit der Arbeitsleistung verbundenen Umständen oder Erfolgen abhängig macht. Entgegen der Auffassung der Klägerin gebietet die Entstehungsgeschichte des [X.]es kein anderes Verständnis. Der Begriff der „Normalleistung“ hat keinen Eingang in den Wortlaut des [X.]es gefunden (im Einzelnen [X.] 21. Dezember 2016 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 157, 356; zust. [X.] [X.]. [X.] [X.] § 1 Nr. 3; [X.]/[X.] 8. Aufl. § 1 [X.] Rn. 15b; kritisch [X.] 2018, 121, 122).

b) Danach ist die der Klägerin gezahlte Vertretungsprämie mindestlohnwirksam. Sie ist im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis erbrachtes zusätzliches Arbeitsentgelt für Mehrarbeit und wird gerade für die tatsächliche Arbeitsleistung gewährt. Einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung unterliegt diese auf arbeitsvertraglicher Grundlage gezahlte Prämie nicht.

II. Die Klägerin hat aufgrund ihrer [X.] Anspruch auf einen Zuschlag von 30 % auf den ihr nach § 24 Abs. 2 [X.] zustehenden Mindestlohn.

1. Die Verpflichtung der [X.], der Klägerin einen angemessenen, auf der Basis des Mindestlohns berechneten Ausgleich für die während der Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden zu gewähren, folgt nicht unmittelbar aus dem [X.]. Dieses bestimmt den Mindestlohn unabhängig von der zeitlichen Lage der Arbeit (st. Rspr., zuletzt [X.] 17. Januar 2018 - 5 [X.] - Rn. 16) und sieht einen gesonderten Zuschlag für Nachtarbeit nicht vor ([X.] 20. September 2017 - 10 [X.] - Rn. 29).

2. Der Anspruch ergibt sich aus § 6 Abs. 5 [X.].

a) Danach hat der Arbeitgeber, wenn - wie hier - eine tarifvertragliche Ausgleichsregelung nicht besteht, dem Nachtarbeitnehmer (§ 2 Abs. 5 [X.]) für die während der Nachtzeit (§ 2 Abs. 3 [X.]) geleisteten Arbeitsstunden eine angemessene Anzahl bezahlter freier Tage oder einen angemessenen Zuschlag auf das ihm hierfür zustehende Bruttoarbeitsentgelt zu gewähren. Dabei kann das Wahlrecht des Arbeitgebers (§ 262 BGB) a[X.]edungen werden, die Vertragsparteien können sich dauerhaft auf eine Variante des Ausgleichs festlegen ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 55, [X.]E 153, 378; 15. Juli 2009 - 5 [X.] - Rn. 21, [X.]E 131, 215).

b) Von der Möglichkeit, einen Ausgleich durch Zahlung von Geld zu vereinbaren, haben die Parteien arbeitsvertraglich Gebrauch gemacht. Die Annahme des [X.]s, die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 5 [X.] seien erfüllt, greift die [X.] mit der Revision nicht an. Die Parteien streiten allein über die Höhe des zu zahlenden Nachtzuschlags.

3. Der in § 6 Abs. 5 [X.] nur allgemein geregelte Anspruch auf angemessenen Ausgleich kann durch einzelvertragliche Regelung näher ausgestaltet werden ([X.] 15. Juli 2009 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.]E 131, 215). Diese muss aber den Vorgaben des § 6 Abs. 5 [X.] genügen, die Norm ist zwingend ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 19, [X.]E 153, 378). Eine vertragliche Vereinbarung, die zum Nachteil des Arbeitnehmers hinter den gesetzlichen Vorgaben für einen angemessenen Ausgleich zurückbleibt, ist nach § 6 Abs. 5 [X.] iVm. § 134 BGB unwirksam.

4. § 6 Abs. 5 [X.] verlangt einen angemessenen Zuschlag auf das dem Arbeitnehmer für die Nachtarbeit zustehende Bruttoarbeitsentgelt.

a) Bei dem Merkmal „angemessen“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, bei dessen Anwendung dem [X.] ein Beurteilungsspielraum zukommt. Dieser ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat oder bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 19, 36, [X.]E 153, 378).

b) Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die Entscheidung des [X.]s nicht in Gänze stand. Das [X.] ist zwar vom zutreffenden Begriff des angemessenen [X.] ausgegangen und hat zu Recht angenommen, dass dieser - sofern die Parteien keine höhere Vergütung vereinbart haben - auf der Grundlage des gesetzlichen Mindestlohns zu berechnen ist. Seine Würdigung, es lägen Umstände vor, die eine „Abweichung nach unten“ gebieten würden, ist indes nicht frei von [X.]. Dabei kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO selbst endentscheiden, weil alle für die Beurteilung der Angemessenheit des Ausgleichs maßgeblichen Tatsachen festgestellt sind und neuer Sachvortrag hierzu nicht zu erwarten ist.

[X.]) Der Zuschlag nach § 6 Abs. 5 [X.] knüpft an das dem Nachtarbeitnehmer für die Nachtarbeit „zustehende“ Bruttoarbeitsentgelt an.

(1) [X.] ist bei Fehlen einer günstigeren Regelung der gesetzliche Mindestlohn, denn dieser ist kraft Gesetzes (§§ 1, 3, 20 [X.]) vom Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für tatsächliche Arbeit zu zahlen (ebenso: [X.] 20. September 2017 - 10 [X.] - Rn. 30; [X.]/Nimmerjahn [X.] 2. Aufl. § 1 Rn. 178; wohl auch [X.] in [X.]. § 1 [X.] Rn. 113).

(2) Sinn und Zweck der Ausgleichsregelung bestätigen dieses aus dem Wortlaut der Norm und der Gesetzessystematik gewonnene Verständnis. Der vom Gesetzgeber mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 [X.] verfolgte Zweck, Nachtarbeit im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers zu verteuern und auf diesem Weg einzuschränken ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 18, [X.]E 153, 378), käme nicht - voll - zum Tragen, stellte man bei der Beurteilung der Angemessenheit des Zuschlags nicht auf das wertmäßige Verhältnis zu dem Bruttoarbeitsentgelt ab, das dem Arbeitnehmer für die während der gesetzlichen Nachtzeit geleisteten Arbeitsstunden kraft Gesetzes zusteht, sondern auf ein niedrigeres arbeitsvertraglich vereinbartes Entgelt.

(3) Grundlage des der Klägerin zu gewährenden [X.] kann de[X.]alb entgegen der Auffassung der [X.] nicht der arbeitsvertraglich vereinbarte Stücklohn sein, weil dieser unstreitig hinter dem gesetzlichen Mindestlohn zurückbleibt. Insoweit ist die vereinbarte Höhe des [X.] unwirksam, § 6 Abs. 5 [X.] iVm. § 134 BGB.

[X.]) Der Rechtsprechung des [X.] folgend hat das [X.] einen Zuschlag von 25 % auf das der Klägerin zustehende Bruttoarbeitsentgelt bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl von bezahlten freien Tagen als regelmäßig angemessenen Ausgleich für Nachtarbeit angenommen (vgl. [X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 23 mwN, [X.]E 153, 378). Entgegen der Auffassung der [X.] liegen keine Umstände vor, die es rechtfertigen, von dieser im Regelfall angemessenen Zuschlag[X.]öhe nach unten abzuweichen. Vielmehr ist - wie die Revision der Klägerin zu Recht geltend macht - hiervon nach oben abzuweichen, weil die Klägerin dauerhaft Nachtarbeit iSd. [X.]es leistet.

(1) Ein geringerer als der regelmäßige Zuschlag von 25 % auf das dem Arbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt, wie ihn die [X.] mit ihrer Revision erstrebt, kann nach § 6 Abs. 5 [X.] nur ausreichend sein, wenn die Belastung durch die geleistete Nachtarbeit im Vergleich zum Üblichen geringer ist, weil zB in diese [X.] in nicht unerheblichem Umfang Arbeitsbereitschaft fällt oder es sich um nächtlichen Bereitschaftsdienst handelt, bei dem von vornherein von einer geringeren Arbeitsbelastung auszugehen ist. Nach der Art der Arbeitsleistung ist auch zu beurteilen, ob der vom Gesetzgeber mit dem [X.] verfolgte Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Wege einzuschränken, zum Tragen kommen oder in einem solchen Fall nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden kann. Relevanz kann die letztgenannte Erwägung aber nur in den Fällen haben, in denen die Nachtarbeit aus zwingenden technischen Gründen oder aus zwingend mit der Art der Tätigkeit verbundenen Gründen bei wertender Betrachtung vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 6 Abs. 5 [X.] unvermeidbar ist ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 29 mwN, [X.]E 153, 378).

(2) Hiervon ausgehend hat das [X.] entgegen der Auffassung der [X.] den der Klägerin zu gewährenden [X.] nicht zu hoch angesetzt.

(a) Die Revision der [X.] zeigt nicht auf, dass das [X.] bei der Unterordnung des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff des angemessenen Ausgleichs Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungsgrundsätze verletzt oder wesentliche Umstände zu Lasten der [X.] unberücksichtigt gelassen hätte oder zu einem widersprüchlichen Ergebnis gelangt wäre. Umstände, die vorliegend eine Abweichung von dem regelmäßig als angemessen anzusehenden Prozentsatz von 25 % nach unten rechtfertigen könnten, legt die [X.] nicht substantiiert dar. Sie setzt lediglich die eigene Bewertung an die Stelle der vom Berufungsgericht vorgenommenen.

(b) Soweit sich die [X.] in der Revision auf eine Entscheidung des [X.] im Bewachungsgewerbe beruft, übersieht sie, dass der dortige Wachmann - anders als die Klägerin beim Zustellen - während seiner Nachtarbeit auch „Phasen der Entspannung“ hatte, weil er nur zu drei Kontrollgängen verpflichtet war und nur auf Einflüsse von außen reagieren musste ([X.] 11. Februar 2009 - 5 [X.] - Rn. 15). Soweit diese Entscheidung - obwohl nicht streitgegenständlich - dahingehend verstanden werden könnte, der Senat erachte generell für [X.]ungszusteller einen [X.] von 10 % als angemessen, wird daran nicht festgehalten.

(c) Dass ein Zuschlag für Nachtarbeit von 25 % auf den Mindestlohn von [X.]ungszustellerinnen und [X.]ungszustellern die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Branche übersteigen würde, behauptet die [X.] ohne weitere Substantiierung nur pauschal. Abgesehen davon, dass rein wirtschaftliche Erwägungen grundsätzlich nicht geeignet sind, eine Abweichung vom Regelwert nach unten zu begründen ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 30, [X.]E 153, 378), hat der Gesetzgeber aus Rücksicht auf die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte Pressefreiheit den mit der Einführung des Mindestlohns einhergehenden Mehrkosten für den Vertrieb von [X.]ungen und [X.]schriften mit der Übergangsregelung des § 24 Abs. 2 [X.] Rechnung getragen (vgl. [X.]. 18/2010 [neu] S. 25). Dagegen hat er in Kenntnis der üblichen frühmorgendlichen Zustellzeiten die Angemessenheit des Zuschlags für Nachtarbeit von [X.]ungszustellerinnen und [X.]ungszustellern nicht selbst bestimmt oder die Branche von der Zuschlagspflicht des § 6 Abs. 5 [X.] ausgenommen und es somit bei den für alle Branchen geltenden, von der Rechtsprechung zu § 6 Abs. 5 [X.] entwickelten Grundsätzen belassen.

(3) Bei der Festlegung der Höhe des [X.] hat das [X.] indes zu Lasten der Klägerin außer Betracht gelassen, dass sie im Streitzeitraum ihre reguläre Arbeitsleistung in [X.] erbracht hat und damit ein Umstand vorliegt, der ein „Abweichen nach oben“ gebietet.

(a) Die Höhe des Zuschlags auf das Bruttoarbeitsentgelt kann sich erhöhen, wenn die Belastung durch die Nachtarbeit unter qualitativen (Art der Tätigkeit) oder quantitativen (Umfang der Nachtarbeit) Aspekten die normalerweise mit der Nachtarbeit verbundene Belastung übersteigt. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn ein Arbeitnehmer nach seinem Arbeitsvertrag bzw. nach entsprechender Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber dauerhaft in Nachtarbeit tätig wird („[X.]“). Bei der Erbringung der regulären Arbeitsleistung in [X.] ist de[X.]alb regelmäßig ein [X.] von 30 % auf den [X.] (bzw. die Gewährung einer entsprechenden Anzahl freier Tage) als angemessen anzusehen ([X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 28 mwN, [X.]E 153, 378; [X.]/[X.] 18. Aufl. § 6 [X.] Rn. 14; [X.] [X.] 3. Aufl. § 6 Rn. 87; [X.]/[X.] [X.] 8. Aufl. § 6 Rn. 30).

(b) Die Klägerin erbringt die von ihr geschuldete Arbeitsleistung nach den Feststellungen des [X.]s ausschließlich zur Nachtzeit iSd. § 2 Abs. 3 [X.]. Dabei arbeitet sie unstreitig pro Arbeitsnacht mehr als zwei Stunden, leistet also Nachtarbeit iSd. § 2 Abs. 4 [X.] und ist - ebenfalls unstreitig - an mehr als 48 Tagen im Kalenderjahr tätig, also [X.] (§ 2 Abs. 5 [X.]). Sie hat de[X.]alb grundsätzlich Anspruch auf einen Ausgleich nach § 6 Abs. 5 [X.] durch Gewährung eines Zuschlags von 30 % auf den ihr - im Streitzeitraum nach § 24 Abs. 2 [X.] - zustehenden [X.] (vgl. [X.] 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 40, [X.]E 153, 378).

(c) Umstände, die trotz der [X.] einen geringeren Zuschlag als die regelmäßig festzusetzenden 30 % auf das dem Nachtarbeitnehmer zustehende Bruttoarbeitsentgelt rechtfertigen würden, hat das [X.] nicht festgestellt und sind von der [X.] in den Tatsacheninstanzen auch nicht dargelegt worden.

([X.]) Aus der Art der Tätigkeit als [X.]ungszustellerin ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme, die Belastung der Klägerin durch die Nachtarbeit sei geringer als diejenige anderer Beschäftigter, die Nachtarbeit leisten. Die Klägerin leistet beim Zustellen unstreitig [X.], [X.]en minderer Beanspruchung oder „Phasen der Entspannung“ (vgl. [X.] 11. Februar 2009 - 5 [X.] - Rn. 15) fallen somit nicht an.

([X.]) Unerheblich ist bei [X.], ob es sich beim [X.]ungszustellen - wie die [X.] in der Revisionsinstanz geltend macht - um „im Grundsatz leichte Arbeit“ handelt. § 6 Abs. 5 [X.] knüpft nicht an die Schwere der Tätigkeit als solcher, sondern an die besonderen Belastungen durch jede (Voll-)Arbeit in der Nachtzeit an. Soweit die [X.] in diesem Zusammenhang darauf verweist, selbst Kinder ab 13 Jahren dürften [X.]ungen zustellen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 [X.]), gilt dies gemäß § 2 Abs. 1 letzter [X.]. [X.] nur, wenn diese Beschäftigung nach § 5 Abs. 3 [X.] leicht und für sie geeignet ist. Zudem müssen die zulässigen Beschäftigungen für Kinder ab 13 Jahren im Übrigen den Schutzvorschriften des [X.] entsprechen, § 2 Abs. 3 [X.], so dass eine Zustellung von [X.]ungen durch Kinder ab 13 Jahren in der Nachtzeit des [X.] und vor 08:00 Uhr morgens ausgeschlossen ist, § 5 Abs. 3 Satz 3 [X.].

(cc) Ohne Belang ist ferner, dass die Klägerin nicht die gesamte Nachtzeit von 23:00 bis 06:00 Uhr arbeitet. Denn der Ausgleich nach § 6 Abs. 5 [X.] ist für jede Arbeitsstunde, die in die Nachtzeit des § 2 Abs. 3 [X.] fällt, zu gewähren ([X.], vgl. nur [X.] [X.] 3. Aufl. § 6 Rn. 88). Das [X.] wertet damit die Belastung der Nachtarbeitnehmer durch Nachtarbeit - vorbehaltlich der Begriffsbestimmung in § 2 Abs. 4 [X.] - unabhängig davon, wie viele Arbeitsstunden in der Nachtzeit erbracht werden. Ist der Beschäftigte Nachtarbeitnehmer iSd. § 2 Abs. 5 [X.], verbietet sich eine „Staffelung“ der Höhe des Zuschlags nach § 6 Abs. 5 [X.] nach dem Umfang der geleisteten Nachtarbeitsstunden.

([X.]) Auch die Annahme, die Zustelltätigkeit der Klägerin sei zwingend in der Nachtzeit erforderlich, so dass der mit dem Zuschlag verbundene Zweck, im Interesse der Gesundheit des Arbeitnehmers Nachtarbeit zu verteuern und auf diesem Wege einzuschränken, nicht erreichbar sei, rechtfertigt vorliegend kein anderes Ergebnis. Kann bei [X.] mit dem Zuschlag nach § 6 Abs. 5 [X.] nur die mit der Nachtarbeit verbundene Erschwernis ausgeglichen werden, kommt ein „Abweichen nach unten“ nur dann in Betracht, wenn - wie etwa im Rettungswesen - überragende Gründe des Gemeinwohls die Nachtarbeit zwingend erfordern (vgl. [X.] 31. August 2005 - 5 [X.] - zu I 4 b der Gründe, [X.]E 115, 372; 9. Dezember 2015 - 10 [X.] - Rn. 29, [X.]E 153, 378). Solche liegen hier nicht vor.

5. Die tatsächlichen Feststellungen des [X.]s zum Umfang der im Streitzeitraum von der Klägerin geleisteten Nachtarbeit und sein Rechenwerk zur Ermittlung des Differenzanspruchs haben weder die [X.] noch die Klägerin mit ihren Revisionen angegriffen. Auf dieser Grundlage ergeben sich zu dem vom [X.] bereits ausgeurteilten Betrag weitere 480,50 Euro brutto als Differenz zwischen dem nach § 6 Abs. 5 [X.] geschuldetem und dem von der [X.] gezahltem Zuschlag für die Nachtarbeit der Klägerin.

6. Den Anspruch der Klägerin auf den gesetzlichen [X.] hat die [X.] mit der Zahlung des Mindestlohns nach § 24 Abs. 2 [X.] nicht erfüllen können. Der Anspruch auf den [X.] nach § 6 Abs. 5 [X.] beruht auf einer besonderen gesetzlichen Zweckbestimmung und steht neben dem Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nach dem [X.]. Wie durch die Zahlung des [X.] der Mindestlohnanspruch nicht erfüllt wird (st. Rspr., zuletzt [X.] 17. Januar 2018 - 5 [X.] - Rn. 16 mwN), kann umgekehrt auch eine Entgeltzahlung, welche die Höhe des gesetzlichen Mindestlohns nicht übersteigt, den Anspruch auf den [X.] nicht nach § 362 Abs. 1 BGB zum Erlöschen bringen.

7. Zinsen für die noch offene Forderung kann die Klägerin zu den beantragten [X.]punkten nach § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 614 Satz 2 BGB beanspruchen.

III. [X.] folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

        

    [X.]    

        

    Volk    

        

    Biebl    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    J. [X.]    

                 

Meta

5 AZR 25/17

25.04.2018

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, 9. Dezember 2015, Az: 7 Ca 7198/15, Urteil

§ 24 Abs 2 MiLoG, Art 3 Abs 1 GG, § 6 Abs 5 ArbZG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 25/17 (REWIS RS 2018, 10068)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 1193-1194 REWIS RS 2018, 10068

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