Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.06.2021, Az. 1 BvR 1997/18

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2021, 5097

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Gehörsverletzung (Art 103 Abs 1 GG) aufgrund fehlenden Hinweises des Fachgerichts auf die unzureichende Begründung eines Terminsverlegungsantrags - Jedoch Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde wegen Substantiierungsmangels


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

[X.] betrifft den Anspruch auf rechtliches Gehör, den der Beschwerdeführer durch die Ablehnung seines [X.]s durch das [X.] verletzt sieht.

2

1. a) Das [X.] bestimmte mit Verfügung vom 11. Oktober 2017, dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 13. Oktober 2017, einen Termin zur mündlichen Verhandlung über eine Berufung des Beschwerdeführers auf den 7. Dezember 2017 um 14:20 Uhr. Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2017 beantragte der in Sozietät tätige Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers eine Verlegung dieses Termins, weil sowohl er selbst als auch die weiteren Mitglieder seiner Sozietät an diesem Termin verhindert seien. Nachdem ihn das [X.] mit Verfügung vom 18. Oktober 2017 aufgefordert hatte, die Gründe für seine Verhinderung glaubhaft zu machen, versicherte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2017 anwaltlich, dass er am späten Vormittag des 7. Dezember 2017 einen umfangreichen Termin in einem [X.] mit [X.]- und Sachverständigenanhörungen wahrzunehmen habe, sodass die rechtzeitige Anreise nach [X.] nicht gewährleistet sei. [X.] hob das [X.] den auf den 7. Dezember 2017 bestimmten Verhandlungstermin auf.

3

b) Hinsichtlich des sodann mit Verfügung vom 20. Dezember 2017, dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers zugestellt am 27. Dezember 2017, auf den 22. Februar 2018 um 9:55 Uhr bestimmten neuen Verhandlungstermins beantragte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2017 unter Bezugnahme auf einen bereits seit längerer [X.] anberaumten kollidierenden Gerichtstermin beim [X.] erneut Terminsverlegung. Mit Verfügung vom 3. Januar 2018 teilte das [X.] dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit, dass eine erneute Terminsverlegung nicht in Betracht komme und verwies darauf, dass "die Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder der [X.] durch einen Kollegen" bestehe. Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2018 teilte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers mit, dass er alleiniger Sachbearbeiter und einziger Fachanwalt für Sozialrecht in der Sozietät sei. Er sei gerade wegen seiner Expertise vom Beschwerdeführer beauftragt worden, weshalb eine [X.] durch einen Kollegen nicht in Betracht komme. Ferner bestehe auch kein Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung. Bei Verhinderung eines Prozessbevollmächtigten sei, wie es auch aus einer [X.] hervorgehe, einem Verlegungsersuchen grundsätzlich stattzugeben. Mit Verfügung vom 11. Januar 2018 teilte das [X.] dem Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers mit, dass in der von ihm zitierten [X.] dargelegt sei, "dass bei schon vorher bewilligter Verlegung […] und Verweisung auf die Sozietät dem erneuten Antrag nicht stattzugeben sei". Der Termin bleibe daher aufrechterhalten. Mit Schriftsatz vom 29. Januar 2018 führte der Prozessbevollmächtigte des Beschwerdeführers ergänzend aus, dass der Beschwerdeführer sogar eine über die Regelgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz hinausgehende Gebührenvereinbarung abgeschlossen habe, um gerade ihn persönlich als [X.] zu gewinnen.

4

c) Am 22. Februar 2018 fand in Abwesenheit des Beschwerdeführers und seines Prozessbevollmächtigten die mündliche Verhandlung vor dem [X.] statt. Mit Urteil vom selben Tag wies das [X.] die Berufung des Beschwerdeführers zurück. In diesem Urteil lehnte das [X.] unter anderem einen Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 S[X.] ab, weil der Beschwerdeführer aufgrund einer groben Nachlässigkeit seines Prozessbevollmächtigten innerhalb der gesetzten Frist keinen bestimmten Arzt namentlich benannt habe. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand scheide aus, da eine solche mangels abweichender gesetzlicher Anordnung nur in gesetzliche, nicht aber in richterliche Fristen gewährt werden könne. Zudem fehle es aufgrund der groben Nachlässigkeit des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers auch an einer unverschuldeten Fristversäumnis.

5

2. Eine vom Beschwerdeführer erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wies das [X.] mit Beschluss vom 23. Juli 2018 als unzulässig zurück. Der Beschwerdeführer habe nicht vorgetragen, einen ordnungsgemäßen [X.] mit einem substantiiert geltend gemachten Verlegungsgrund gestellt zu haben. Deshalb habe er den gerügten Verfahrensmangel in Form einer Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet.

6

3. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 [X.] sowie die Verletzung seines Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 20 Abs. 3 [X.], Art. 1 Abs. 1 [X.] und Art. 2 Abs. 1 [X.].

7

[X.] ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. [X.] nach § 93a Abs. 2 [X.] liegen nicht vor. [X.] hat keine Aussicht auf Erfolg, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügt.

8

1. Allerdings verletzte die Ablehnung der beantragten Terminsverlegung durch das [X.] das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 [X.].

9

a) Art. 103 Abs. 1 [X.] gewährt den Verfahrensbeteiligten einen Anspruch, sich vor dem Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt äußern zu können (vgl. [X.] 67, 39 <41>; 69, 145 <148>; 89, 381 <392>). Gleiches gilt für dessen rechtliche Bewertung (vgl. [X.] 74, 228 <233>; 119, 292 <296>). Dem entspricht die Pflicht des Gerichts, entsprechende Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. [X.] 70, 288 <293>; 96, 205 <216>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 24. August 2015 - 2 BvR 2915/14 -, Rn. 15; Beschluss der [X.] des [X.] vom 1. Oktober 2019 - 1 BvR 552/18 -, juris, Rn. 8). Ein Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung folgt unmittelbar aus Art. 103 Abs. 1 [X.] grundsätzlich nicht (vgl. [X.] 5, 9 <11>; 6, 19 <20>; 15, 303 <307>; 36, 85 <87>; 112, 185 <206>). Sofern aber eine mündliche Verhandlung stattfindet oder von Gesetzes wegen stattzufinden hat, begründet der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 [X.] das Recht eines Verfahrensbeteiligten, sich in dieser Verhandlung zu äußern (vgl. [X.] 42, 364 <370>; [X.]K 19, 377 <382>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 5. April 2012 - 2 BvR 2126/11 -, Rn. 20 f.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 25. Juni 2015 - 1 BvR 366/15 -, Rn. 7; Beschluss der [X.] des [X.] vom 13. Juni 2018 - 1 BvR 1040/17 -, Rn. 8; Beschluss der [X.] des [X.] vom 3. Juli 2019 - 1 BvR 2811/18 -, juris, Rn. 9).

Das Recht auf rechtliches Gehör bedarf der Ausgestaltung durch den Gesetzgeber (vgl. [X.] 89, 28 <35>). Da die Gewährleistungen in den [X.] über das verfassungsrechtlich erforderliche Maß an rechtlichem Gehör hinausreichen können, bedeutet nicht jeder Verstoß gegen entsprechende einfachrechtliche Verfahrensvorschriften notwendigerweise auch einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.] 60, 305 <310 f.>; 74, 288 <233>; [X.]K 10, 397 <400>; 20, 218 <224>). Ferner ist die Auslegung der einfachrechtlichen Verfahrensvorschriften in den jeweils maßgeblichen Prozessordnungen grundsätzlich Sache der Fachgerichte und unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das [X.] (vgl. [X.] 89, 28 <35 f.>). Im Hinblick auf das durch Art. 103 Abs. 1 [X.] gewährleistete Recht, sich in einer stattfindenden oder gesetzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung zu äußern, liegt eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 [X.] aber jedenfalls dann vor, wenn trotz beantragter Terminsverlegung und Bestehen eines [X.] gleichwohl eine mündliche Verhandlung am ursprünglich bestimmten Termin stattfindet und in der Sache entschieden wird (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 25. Mai 2016 - 1 BvR 1094/16 -, Rn. 2; [X.], Beschluss vom 2. August 2016 - [X.]/16 -, juris, Rn. 11; [X.], Beschluss vom 13. November 2008 - [X.] R 303/07 B -, juris, Rn. 8; [X.], Beschluss vom 9. August 2007 - 5 [X.]/07 -, juris, Rn. 1; [X.], in: [X.], [X.], 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 21). Gleiches gilt, sofern sich - ohne dass das Vorliegen eines [X.] abschließend beurteilt werden könnte - aus der Art und Weise der Behandlung eines abgelehnten [X.]es beziehungsweise der Begründung für dessen Ablehnung ergibt, dass die Bedeutung und die Tragweite des Rechts auf rechtliches Gehör verkannt wurden (vgl. zu diesem Maßstab bei der Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften [X.] 60, 305 <310 f.>; 74, 228 <233>; 89, 381 <391>; [X.]K 20, 218 <224>). Da die Ablehnung eines [X.]es regelmäßig die Möglichkeit einer [X.] auf Wahrnehmung ihres Rechts auf rechtliches Gehör durch Äußerung in einer stattfindenden oder gesetzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung einschränkt, gestalten die einfachrechtlichen Vorschriften über die Behandlung von Terminsverlegungsanträgen den Schutzbereich des Art. 103 Abs. 1 [X.] aus und sind damit unmittelbar grundrechtsrelevant. Deshalb kann bei Verstößen hiergegen die Schwelle zur Grundrechtsverletzung eher erreicht sein, als dies üblicherweise bei der Anwendung einfachen Rechts der Fall ist (vgl. [X.] 75, 302 <314> zur fehlerhaften Anwendung von Präklusionsvorschriften).

b) Nach diesen Maßstäben verletzte die Ablehnung der vom Beschwerdeführer beantragten Verlegung des auf den 22. Februar 2018 um 9:55 Uhr bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 [X.].

aa) Eine Terminsverlegung rechtfertigende und zur Wahrung rechtlichen Gehörs unter Umständen gebietende "erhebliche Gründe" im Sinne des nach § 202 Satz 1 S[X.] im sozialgerichtlichen Verfahren entsprechend anwendbaren § 227 Abs. 1 ZPO sind besonders gewichtige Umstände, die auch und gerade zur Gewährleistung des rechtlichen Gehörs eine Zurückstellung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots erfordern (vgl. [X.], Beschluss von 23. Januar 1995 - 9 [X.]/95 -, juris, Rn. 3; [X.], Urteil vom 13. Januar 2004 - [X.] -, juris, Rn. 27; [X.], Beschluss vom 30. September 2015 - [X.] KR 23/15 B -, juris, Rn. 8; [X.], in: [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 227 Rn. 6). Die Verhinderung des Prozessbevollmächtigten einer [X.] aufgrund eines bereits zuvor anberaumten kollidierenden Verhandlungstermins kann einen erheblichen Grund im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO darstellen (vgl. [X.], Beschluss vom 30. September 2015 - [X.] KR 23/15 B -, juris, Rn. 9; [X.], Beschluss vom 22. Januar 2013 - 11 LA 3/13 -, juris, Rn. 3; [X.], in: [X.]/[X.], ZPO, 18. Aufl. 2021, § 227 Rn. 5; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], S[X.], 13. Aufl. 2020, § 110 Rn. 5). Sofern ein Verhandlungstermin bereits verlegt wurde, kommt dem Beschleunigungsgebot allerdings ein erhöhtes Gewicht zu. In diesem Fall ist eine erneute Terminsverlegung zwar nicht generell ausgeschlossen, jedoch ist es einer [X.] beziehungsweise ihrem Prozessbevollmächtigten grundsätzlich zumutbar, zunächst in dem anderen Verfahren unter Hinweis auf die Terminskollision um eine Terminsverlegung zu ersuchen (vgl. [X.], Urteil vom 25. November 2008 - [X.]/07 -, [X.], [X.] f.). Obgleich ein Mandant auch bei der Beauftragung einer Sozietät im Regelfall erwarten darf, von dem Anwalt vertreten zu werden, der innerhalb der Sozietät die Sachbearbeitung übernommen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Januar 2008 - 9 W 32/07 -, NJW 2008, S. 1328 <1329>; [X.], in: [X.]/[X.], ZPO, 18. Aufl. 2021, § 227 Rn. 5), ist in diesen Fällen ferner die Möglichkeit der [X.] durch einen Vertreter zu berücksichtigen, sofern hierdurch schutzwürdige Interessen des Mandanten nicht beeinträchtigt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 23. Januar 1995 - 9 [X.]/95 -, NJW 1995, S. 1231; [X.], in: [X.]/[X.], ZPO, 18. Aufl. 2021, § 227 Rn. 5).

bb) Die Gründe für eine Terminsverlegung müssen im [X.] ungeachtet dessen, dass sie nach § 227 Abs. 2 ZPO erst auf Verlangen des Vorsitzenden glaubhaft zu machen sind, so detailliert vorgetragen werden, dass dem Gericht eine Prüfung ihrer Erheblichkeit möglich ist (vgl. [X.], Beschluss vom 31. März 2006 - IV [X.]8/04 -, juris, Rn. 4; [X.], Urteil vom 27. Februar 2008 - 13 Sa 2/07 -, juris, Rn. 26; [X.], in: [X.] ZPO, § 227 Rn. 16 ; [X.], in: [X.]/[X.], ZPO, 18. Aufl. 2021, § 227 Rn. 5). Genügt der [X.] diesen Voraussetzungen nicht, so ist das Gericht zur Wahrung des rechtlichen Gehörs und zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens grundsätzlich verpflichtet, den Antragsteller auf Lücken im Antrag hinzuweisen (vgl. [X.], in: [X.] ZPO, § 227 Rn. 16 ) und ihm damit die Möglichkeit zu geben, fehlende Angaben nachzuholen beziehungsweise erforderliche Unterlagen einzureichen (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Juli 2010 - [X.] R 561/09 B -, juris, Rn. 12; Beschluss von 24. Oktober 2013 - [X.] R 59/13 B -, juris, Rn. 19; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], S[X.], 13. Aufl. 2020, § 110 Rn. 4b). Allenfalls bei einem erst unmittelbar vor dem Termin gestellten [X.] kann das Gericht hiervon absehen (vgl. [X.], Beschluss vom 7. November 2017 - [X.] R 153/17 B -, juris, Rn. 9).

cc) Diesen einfachrechtlichen Maßstäben entsprach die Ablehnung der Terminsverlegung durch das [X.] nicht. Hierin liegt im konkreten Fall auch eine Verkennung der Bedeutung und Tragweite des dem Beschwerdeführer zustehenden Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 [X.].

Zwar war der mit Schriftsatz vom 29. Dezember 2017 gestellte zweite [X.] des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers nach den fachrechtlichen Anforderungen nicht hinreichend substantiiert begründet. Denn hierin wurde nur auf einen "bereits seit längerer [X.] anberaumten Gerichtstermin beim [X.]" verwiesen, ohne dass jedoch ausgeführt worden wäre, um welche Art von Termin es sich hierbei handelte, weshalb eine Vertretung des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers durch ein anderes Sozietätsmitglied entweder in dem Termin vor dem [X.] oder in dem kollidierenden Termin vor dem [X.] nicht möglich war oder weshalb eine Verlegung des kollidierenden Termins vor dem [X.] nicht in Betracht kam. Der bloße Hinweis eines Prozessbevollmächtigten, wegen eines kollidierenden anderen Termins nicht erscheinen zu können, reicht für die Darlegung eines erheblichen Grundes im Sinne des § 227 Abs. 1 ZPO nicht aus (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Januar 2014 - [X.]/12 -, juris, Rn. 21; [X.], in: [X.] Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, § 227 Rn. 12).

Allerdings hat das [X.] den Beschwerdeführer trotz des Umstandes, dass bis zu dem auf den 22. Februar 2018 bestimmten Termin noch ausreichend [X.] verblieb, nicht auf die unzureichende Begründung seines Antrages hingewiesen, sondern den [X.] sogleich zurückgewiesen. Da es sich um den einzigen Verhandlungstermin vor dem [X.] handelte und dem Beschwerdeführer somit das Recht, sich in einer stattfindenden beziehungsweise gesetzlich vorgesehenen mündlichen Verhandlung zu äußern, vollständig genommen wurde, hat das [X.] bei seiner Entscheidung die Bedeutung und die Tragweite des Rechts des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verkannt.

Dahinstehen kann, ob die in der Verfügung des [X.]s [X.] vom 3. Januar 2018 für die Ablehnung des [X.]es gegebene Begründung, wonach angesichts der bereits erfolgten Terminsverlegung und der Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung oder der [X.] durch einen Kollegen "eine erneute Terminsverlegung nicht in Betracht [komme]", einen weiteren Verstoß gegen das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 [X.] darstellt. Eine bereits erfolgte Terminsverlegung schließt jedenfalls eine weitere Terminsverlegung auch bei der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit der Vertretung einer [X.] durch ein anderes Mitglied der [X.] nicht generell aus. In die Entscheidung über die weitere Terminsverlegung sind vielmehr alle Umstände des Einzelfalles einzubeziehen, beispielsweise die Art des kollidierenden [X.] oder die Besonderheiten der Mandatsbeziehung zwischen einer [X.] und der Sozietät ihres Prozessbevollmächtigten. Zu berücksichtigen ist auch, dass dem Beschleunigungsgebot bei der vom Gericht nach § 227 Abs. 1 ZPO zu treffenden Ermessensentscheidung ein höheres Gewicht zukommen kann und dass daher ein Antragsteller gesteigerte Anforderungen zu unternehmen hat, um die Terminskollision etwa durch Verlegung des anderen Verhandlungstermins aufzulösen (vgl. [X.], Urteil vom 25. November 2008 - [X.]/07-, [X.], [X.] f.). Ob die Begründung des [X.]s [X.] diesen Maßstäben genügt, kann angesichts des bereits in dem unterlassenen Hinweis auf die unzureichende Begründung des [X.]es liegenden Verstoßes gegen das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 [X.] aber letztlich offenbleiben.

[X.]) Ebenfalls kann dahinstehen, ob die vom Beschwerdeführer in den Schriftsätzen vom 9. Januar 2018 und vom 29. Januar 2018 angeführten weiteren Umstände zur hinreichend substantiierten Begründung des [X.]es geeignet gewesen sind. Denn diese Umstände hat das [X.], wie sich aus dem Festhalten an der in der Verfügung vom 3. Januar 2018 geäußerten Rechtsauffassung ergibt, inhaltlich gar nicht mehr daraufhin überprüft, ob aufgrund dieser Umstände eine Zurückstellung des Beschleunigungsgebots und damit eine Terminsverlegung erforderlich gewesen wäre.

2. Jedoch hat der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass die angegriffene Entscheidung des [X.]s [X.] auch auf der Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör beruhte.

a) Die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 [X.] führt nur dann zur Aufhebung der angegriffenen Gerichtsentscheidung, wenn diese auf dem Gehörsverstoß beruht. Dies ist der Fall, wenn zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gewährung des rechtlichen Gehörs zu einer anderen Entscheidung geführt hätte (vgl. [X.] 7, 239 <241>; 86, 133 <147>; 89, 381 <392 f.>; 112, 185 <206>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 26. Mai 2014 - 2 BvR 683/12 -, Rn. 15). Ein Beschwerdeführer genügt daher bei der Rüge einer Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] folgenden Begründungsanforderungen nur dann, wenn er substantiiert darlegt, was er bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte (vgl. [X.] 112, 185 <206>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 4. Mai 2017 - 1 BvR 783/17 -, Rn. 4; Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. Mai 2019 - 1 BvR 1724/18 -, Rn. 39) und inwiefern die Berücksichtigung dieses Vorbringens zu einem anderen, für ihn günstigeren Ergebnis des Rechtsstreits hätte führen können (vgl. [X.] 148, 217 <266>).

b) Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht.

Der Beschwerdeführer führt lediglich aus, dass sein Prozessbevollmächtigter angesichts der Ausführungen in dem Urteil des [X.]s [X.] zur Nichteinhaltung der für den Antrag nach § 109 S[X.] gesetzten Frist, wonach nicht zu dem Fehlen eines Organisations- und Auswahlverschuldens seines Prozessbevollmächtigten bei der Führung des Fristenkalenders durch eine Kanzleimitarbeiterin vorgetragen worden sei, in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hätte, dass entgegen diesen Ausführungen schriftsätzlich bereits die hohe Qualifikation der betreffenden Mitarbeiterin (Rechtsfachwirtin) und die sich hieraus sowie aus ihrer bisherigen Zuverlässigkeit ergebende fehlende Notwendigkeit einer permanenten Kontrolle angeführt worden seien. Dieser Vortrag wäre in der mündlichen Verhandlung "untermauert" worden, zudem hätte sein Prozessbevollmächtigter auch "auf etwaige Rückfragen vertiefend geantwortet". Ferner sei davon auszugehen, dass für den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers als "Spezialist in sozialgerichtlichen Verfahren" im Rahmen einer rechtlichen Erörterung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens nach § 109 S[X.] zumindest die Möglichkeit bestanden hätte, das Gericht von seiner Haltung, den Antrag nach § 109 S[X.] abzulehnen, abzubringen.

Soweit der Beschwerdeführer anführt, dass sein Prozessbevollmächtigter angesichts der Ausführungen in dem Urteil des [X.]s [X.] zu den Gründen für die Ablehnung des [X.] nach § 109 S[X.] in der mündlichen Verhandlung sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft hätte, trägt der Beschwerdeführer selbst vor, dass das Gericht "[i]m Vorfeld der mündlichen Verhandlung […] nicht deutlich gemacht [habe], dass es dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgeben würde". Weshalb das Gericht dann einen entsprechenden Hinweis in der mündlichen Verhandlung hätte erteilen sollen, insbesondere angesichts des Umstandes, dass das Gericht durch Art. 103 Abs. 1 [X.] grundsätzlich weder zur Führung eines Rechtsgesprächs noch zu einer Mitteilung seiner Rechtsauffassung verpflichtet wird (vgl. [X.], in: [X.], [X.], 9. Aufl. 2021, Art. 103 Rn. 16 m.w.N.), legt der Beschwerdeführer nicht dar. Schließlich benennt der Beschwerdeführer auch keine konkreten neuen, nicht bereits schriftsätzlich vorgetragenen Umstände, die er in der mündlichen Verhandlung vorgebracht hätte. Er verweist lediglich darauf, dass er sein bisheriges Vorbringen vertieft und etwaige Rückfragen beantwortet hätte. Aus welchen konkreten Gründen dies das Gericht zu einer anderen Entscheidung hätte bewegen sollen, führt der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar aus.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1997/18

10.06.2021

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BSG, 23. Juli 2018, Az: B 9 SB 27/18 B, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 202 S 1 SGG, § 227 Abs 1 S 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.06.2021, Az. 1 BvR 1997/18 (REWIS RS 2021, 5097)

Papier­fundstellen: NJW 2021, 3384 REWIS RS 2021, 5097

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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