Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.12.2013, Az. IV ZR 215/12

4. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 610

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Gegenstand

Rechtsschutzversicherung: Inhaltskontrolle für eine Vergünstigungsklausel bei Beauftragung eines von der Versicherung empfohlenen Rechtsanwalts


Leitsatz

Die durch §§ 127, 129 VVG, § 3 Abs. 3 BRAO gewährleistete freie Anwaltswahl steht finanziellen Anreizen eines Versicherers in Bezug auf eine Anwaltsempfehlung (hier: Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung) nicht entgegen, wenn die Entscheidung über die Auswahl des Rechtsanwalts beim Versicherungsnehmer liegt und die Grenze unzulässigen psychischen Drucks nicht überschritten wird.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] - 3. Zivilsenat - vom 20. Juni 2012 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 8. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin - die Rechtsanwaltskammer für den [X.] …      - verlangt von dem beklagten Rechtsschutzversicherer unter anderem, die Verwendung von Bestimmungen in seinen [X.] für die Rechtsschutzversicherung ([X.] 2009) zu unterlassen, die ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit einer Anwaltsempfehlung betreffen.

2

Gemäß § 5a Abs. 6 a) [X.] 2009 richten sich Einstufung und Selbstbeteiligung nach folgender Tabelle:

Dauer des schadenfreien
ununterbrochenen Verlaufs

Versicherungsjahre

   [X.]   

Selbstbeteiligung €

6 und mehr

6

0

5

5

50

4

4

50

3

3

100

2

2

100

1

1

150

        

0

150

        

M0

150

        

M1

200

        

M2

200

        

M3

250

        

M4

250

        

M5

300

        

M6

300

3

Wird ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung erstmals vereinbart, erfolgt nach § 5a Abs. 2 a) [X.] 2009 die Einstufung des Versicherungsvertrages in die Schadenfreiheitsklasse [X.] Ist der Vertrag während eines Versicherungsjahres schadenfrei verlaufen und hat der Versicherungsschutz während dieser [X.] ununterbrochen bestanden, wird gemäß § 5a Abs. 3 a) [X.] 2009 der Vertrag nach Maßgabe obiger Tabelle in die nächstbessere [X.] eingestuft.

4

§ 5a Abs. 4 a) [X.] 2009 bestimmt für laufende Verträge bei einer Schadenbelastung eine Rückstufung nach folgender Tabelle:

  aus [X.]  

  nach [X.]  

6

M0

5

M0

4

M0

3

M0

2

M0

1

M0

0

M0

M0

M4

M1

M6

M2

M6

M3

M6

M4

M6

M5

M6

M6

M6

5

Die variable Selbstbeteiligung beträgt mithin zwischen 0 und 300 €.

6

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Regelung des schadenfreien und des schadenbelasteten Verlaufs im Sinne der [X.] 2009. § 5a Abs. 5 [X.] 2009 bestimmt dazu:

"(5) [X.] oder schadenbelasteter Verlauf im Sinne des Schadenfreiheitssystems

a) [X.] Verlauf

aa) Ein schadenfreier Verlauf des Vertrags liegt vor, wenn der Versicherungsschutz von Anfang bis Ende eines Versicherungsjahrs bestanden hat und der Versicherer in dieser [X.] für keinen Rechtsschutzfall eine Deckungszusage erteilt hat und keine Maßnahmen eingeleitet sind, die ein Kostenrisiko gemäß § 5 auslösen (z.B. Beauftragung eines Rechtsanwalts, Einreichung einer Klage).

bb) Der Vertrag gilt auch als schadenfrei, wenn der Rechtsschutzfall durch eine Erstberatung abgeschlossen ist oder wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird.

b) [X.] Verlauf

aa) Ein schadenbelasteter Verlauf des Vertrags liegt vor, wenn der Versicherer während eines Versicherungsjahrs für einen Rechtsschutzfall eine Deckungszusage erteilt und Maßnahmen eingeleitet sind, die ein Kostenrisiko gemäß § 5 auslösen (z.B. Beauftragung eines Rechtsanwalts, Einreichung einer Klage).

bb) Ein schadenbelasteter Verlauf des Vertrages liegt nicht vor, wenn der Rechtsschutzfall durch eine Erstberatung abgeschlossen ist oder wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird."

7

Deckungsanfragen beantwortet die Beklagte wie folgt:

"Es steht Ihnen frei, zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen in dieser Angelegenheit einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl zu beauftragen. Wir möchten Ihnen hierfür die Kanzlei (Name der Kanzlei, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse) empfehlen. Folgen Sie unserer Anwaltsempfehlung und beauftragen Sie die genannte Kanzlei, entfällt die Rückstufung Ihrer Schadenfreiheitsklasse. Dadurch vermeiden Sie eine höhere Selbstbeteiligung im nächsten Rechtsschutzfall."

8

Die Klägerin sieht in der Verknüpfung zwischen der Wahl eines vom Versicherer vorgeschlagenen Rechtsanwalts und dem Verzicht auf eine Rückstufung eine Einschränkung des durch § 127 [X.], § 3 Abs. 3 [X.] garantierten Rechts auf freie [X.]. Die finanziellen Nachteile in einer Größenordnung von 150 € bis 300 € seien nicht unerheblich. Die Wahl des Anwalts erfolge deshalb mit Blick auf die Auswirkungen auf die Selbstbeteiligung und sei daher nicht mehr frei. Die von der [X.] empfohlenen Anwälte seien ihr weitgehend über [X.] verbunden, die der [X.] finanzielle Vorteile bei der Honorarabrechnung einräumten. Dies berge die Gefahr, dass bei der Anwaltsempfehlung nicht die Interessen des Versicherungsnehmers, sondern wirtschaftliche Erwägungen der [X.] im Vordergrund stünden.

9

Dem hält die Beklagte entgegen, dass das Recht auf freie [X.] nicht verletzt sei. Dem Versicherungsnehmer stehe es frei, einen Rechtsanwalt selbst auszuwählen. Dies habe keine negativen Auswirkungen auf den Versicherungsschutz, vielmehr könnten auch in diesem Fall die Versicherungsleistungen in vollem Umfang in Anspruch genommen werden. Der finanzielle Anreiz durch Verzicht auf eine Rückstufung sei so gering, dass hierdurch kein Druck entstehe, der die Entscheidungsfreiheit des Versicherungsnehmers einschränkte. Bei der Auswahl der [X.] achte man im Sinne der Versicherungsnehmer auf Qualität; Vergütungsvereinbarungen, die das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) verletzten, würden nicht abgeschlossen.

Das [X.] ([X.], [X.], 1515) hat die auf Unterlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichtete Klage abgewiesen, da die [X.] ([X.]) der [X.] das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.] nicht einschränkten und keine gravierende Einflussnahme auf seine Auswahlentscheidung vorliege.

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg gehabt. Das [X.] (O[X.], [X.], 1167) hat die Beklagte neben der Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel dazu verurteilt, es zu unterlassen,

1. in Rechtsschutzversicherungen mit einer vom Schadenverlauf abhängigen, variablen Selbstbeteiligung nachfolgende oder diesen inhaltsgleiche Bestimmungen einzubeziehen oder sich auf diese zu berufen:

"Besserstellung bei [X.] Verlauf

a) [X.] Verlauf

bb) Der Vertrag gilt auch dann als schadenfrei, … wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird.

Rückstufung bei schadenbelastetem Verlauf

b) [X.] Verlauf

bb) Ein schadenbelasteter Verlauf des Vertrages liegt nicht vor, … wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird."

2. gegenüber [X.], die im Versicherungsfall einen nicht von der [X.] empfohlenen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen mandatieren wollen oder mandatiert haben, für nachfolgende Versicherungsfälle eine Selbstbeteiligung anzukündigen, die höher ist als jene, die der Versicherte bei Mandatierung eines von der [X.] empfohlenen Anwalts zu leisten hätte, und/oder eine solche höhere Selbstbeteiligung einzufordern.

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts soll das Recht auf freie [X.] jegliche Interessenkollision von vornherein vermeiden. Die Einschränkung in § 127 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach sich die freie [X.] auf den Kreis der Rechtsanwälte beschränkt, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, berechtige den Versicherer lediglich zu objektiven Leistungsbeschränkungen. Eine solche liege nicht vor. Durch die Vertragsgestaltung der [X.] entgehe dem Versicherten, der sich gegen die Wahl eines von der [X.] empfohlenen Rechtsanwalts entscheide, die hierfür in Aussicht gestellte Belohnung, was von diesem als nachteilig empfunden werde. Dies führe beim Versicherten zu einer unzulässigen mittelbaren Beeinträchtigung des Rechts auf freie [X.], da § 127 [X.] jede direkte oder indirekte Einschränkung der freien [X.] verbiete.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Allerdings hat das Berufungsgericht die Anträge der Klägerin entgegen der Ansicht der Revision zu Recht für zulässig erachtet.

a) Der Unterlassungsantrag zu 1 ist hinreichend bestimmt. Nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 [X.] muss der Antrag die beanstandete Klausel im Wortlaut enthalten. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann daher nur in der vom Anspruchsgegner verwendeten Fassung Gegenstand einer Unterlassungsklage sein (vgl. [X.], Urteil vom 15. Februar 1995 - [X.], [X.] 1995, 742 unter [X.]). Eine teilbare Klausel ist zum besseren Verständnis zwar ebenfalls im vollen Wortlaut wiederzugeben, jedoch ist der Antrag auf den unwirksamen Teil zu beschränken, da andernfalls die Klage teilweise unbegründet ist ([X.] in [X.]/Bornkamm, UWG 31. Aufl. § 8 [X.] Rn. 2). Hier wendet sich die Klägerin nicht gegen das Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung als Ganzes, sondern nur gegen darin enthaltene Regelungen mit Bezug zur Anwaltsempfehlung. Es ist deshalb unschädlich, dass sich der Antrag nicht dazu verhält, wie sich ein schadenfreier oder schadenbelasteter Verlauf auf die vom Versicherungsnehmer zu tragende Selbstbeteiligung auswirkt.

b) Der Klageantrag zu 2 ist - anders als die Revision meint - auch hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht erkennbar abgegrenzt sind, sich die Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was der [X.] verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt ([X.], Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, [X.], 152 Rn. 22 m.w.[X.]). Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind im Interesse eines hinreichenden Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, sofern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt ([X.], Urteil vom 30. April 2008 - [X.], [X.], 702 Rn. 55 m.w.[X.]). Diese Voraussetzungen sind hier gewahrt. Unter Berücksichtigung des Klagevorbringens ([X.], Urteil vom 9. Februar 2012 - [X.], [X.], 943 Rn. 18 m.w.[X.]) wendet sich die Klägerin mit diesem Antrag dagegen, dass für den Fall der Befolgung des Anwaltsvorschlags die Verringerung oder das Entfallen einer Selbstbeteiligung bei künftigen Versicherungsfällen durch die Beklagte angekündigt wird.

c) Zu Unrecht hält die Revision ferner die Kombination beider Klageanträge für unzulässig. Beide Unterlassungsbegehren umfassen nicht dasselbe. Mit dem Klageantrag zu 1 erstrebt die Klägerin, der [X.] die Verwendung bestimmter Klauseln ihrer [X.] zu untersagen. Eine Verwendung liegt bereits dann vor, wenn gegenüber [X.] erklärt wird, dass für bestimmte Verträge bestimmte Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten sollen (vgl. [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG 31. Aufl. § 1 [X.] Rn. 8). Der Klageantrag zu 2 geht darüber hinaus. Dieser betrifft die konkrete Umsetzung der streitgegenständlichen Allgemeinen Versicherungsbedingungen während der Regulierung eines Versicherungsfalles, indem die Beklagte eine individuelle Anwaltsempfehlung ausspricht und durch Hinweis auf die unterbleibende Rückstufung bei Befolgung dieser Empfehlung das Verhalten des Versicherungsnehmers zu beeinflussen versucht.

2. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass der Klägerin die von ihr geltend gemachten Ansprüche zustehen. Mangels Verletzung des Rechts auf freie [X.] kann die Klägerin weder aus §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB, §§ 127 Abs. 1, 129 [X.] (hierzu unten a) noch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 127, 129 [X.] und §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 3 Abs. 3 [X.] (hierzu unten b) Unterlassung verlangen.

a) Zwar ist die Klägerin anspruchsberechtigte Stelle i.S. des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 2. April 1998 - [X.], [X.], 835 unter I). Ebenso folgt aus einer Abweichung von halbzwingenden Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes ([X.]) zum Nachteil des Versicherungsnehmers die für einen Anspruch aus § 1 [X.] erforderliche Unwirksamkeit nach § 307 BGB (Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 - [X.], [X.]Z 191, 159 Rn. 19). Die gemäß § 129 [X.] halbzwingende Norm des § 127 [X.] ist aber nicht verletzt. Die angegriffenen Bestimmungen in § 5a Abs. 5 [X.] verstoßen nicht gegen das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.].

aa) Die zunächst vorzunehmende Auslegung der streitgegenständlichen Klauseln ergibt, dass die Beklagte entgegen der Ansicht der Klägerin die Liste ihrer [X.] nicht offenbaren muss und folglich dem Versicherungsnehmer hieraus auch keine Auswahl zu ermöglichen braucht.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteile vom 19. Dezember 2012 - [X.], [X.], 354 Rn. 11; vom 11. Dezember 2002 - [X.], [X.]Z 153, 182, 185 f.; vom 23. Juni 1993 - [X.], [X.]Z 123, 83, 85 f.).

§ 5a Abs. 5 a) [X.]) und b) [X.]) [X.] knüpfen die Fiktion der Schadenfreiheit und eines nicht schadenbelasteten Verlaufs daran, dass "ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird". Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich aus den Bestimmungen über die Kostenerstattung in der Rechtsschutzversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 [X.]) zunächst, dass der Versicherer primär keine Sachleistung erbringt, sondern lediglich Kosten erstattet. Daher weiß der durchschnittliche Versicherungsnehmer, dass er selbst den Anwalt zu beauftragen hat. Dies bestätigen ihm die streitgegenständlichen Klauseln ausdrücklich. Ihr weitergehender Regelungsgehalt erschöpft sich darin - für den Fall, dass der Versicherungsnehmer einen Rechtsanwalt wählt, der aus dem Kreis der vom Versicherer empfohlenen Anwälte stammt - eine Schadenfreiheit und einen nicht schadenbelasteten Verlauf zu fingieren. Auf welche Art und Weise der Versicherungsnehmer informiert wird, damit dieser einen empfohlenen Anwalt beauftragen kann, regeln die Klauseln dagegen für ihn erkennbar nicht. Sie besagen nicht, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer den Kreis aller [X.] offenzulegen und dem Versicherungsnehmer die Auswahl hieraus zu überlassen hätte. Die von den Klauseln allein eröffnete Möglichkeit des Versicherungsnehmers zur Beeinflussung des Schadenfreiheitssystems durch Mandatierung eines empfohlenen Anwalts besteht bereits, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer lediglich einen Rechtsanwalt nennt. Mit dieser Information kann der Versicherungsnehmer entscheiden, ob er den ihm benannten Anwalt beauftragen will oder sich stattdessen einen anderen Anwalt suchen möchte. Umgekehrt greift die Klausel auch ein, wenn der Versicherungsnehmer - etwa auf Grund eines vorherigen Mandatsverhältnisses - einen auf der aktuellen Empfehlungsliste des Versicherers befindlichen Rechtsanwalt mandatiert, selbst wenn in der Deckungszusage des Versicherers ein anderer Anwalt genannt worden sein sollte. Daher wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer den angegriffenen Klauseln auch keine weitergehenden Rechte wie etwa Ansprüche auf Offenlegung aller [X.] des Versicherers entnehmen.

[X.]) Die Freiheit der [X.] schließt nicht jegliche Anreizsysteme des Versicherers hinsichtlich der vom Versicherungsnehmer zu treffenden Entscheidung aus, welchen Rechtsanwalt er mandatiert.

(1) Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Versicherungsnehmer berechtigt, zu seiner Vertretung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll, aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, frei zu wählen. Dies bedeutet kein gesetzliches Recht des Versicherers, den Rechtsanwalt auszuwählen, sondern eröffnet ihm lediglich die Möglichkeit, allgemeine Kriterien des [X.] herauszuarbeiten. Im Rahmen des so festgelegten Leistungsumfangs steht dem Versicherungsnehmer die Auswahl des Rechtsanwalts frei ([X.], in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 127 Rn. 3). Nach § 127 Abs. 1 Satz 2 [X.] gilt dies auch, wenn der Versicherungsnehmer Rechtsschutz für die sonstige Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Anspruch nehmen kann.

(2) Nach richtlinienkonformer Auslegung des § 127 [X.] ist die Freiheit der [X.] nicht mit einem Verbot sämtlicher Anreizsysteme seitens des Versicherers gleichzusetzen. Liegt die Entscheidung über die Auswahl des Rechtsanwalts beim Versicherungsnehmer, ist nach der maßgeblichen Rechtsprechung des [X.] ([X.]) eine unvollständige Deckung der Kosten zulässig, sofern die freie [X.] nicht ausgehöhlt wird, d.h. die Beschränkung der Kostenübernahme eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versicherungsnehmer nicht faktisch unmöglich macht. Durch somit grundsätzlich zulässige finanzielle Anreize wird die [X.] des Versicherungsnehmers erst unfrei, wenn die Verbindung zwischen [X.] und finanziellem Anreiz die Grenze des unzulässigen psychischen Drucks überschreitet.

(a) Die in § 127 [X.] inhaltsgleich übernommene ([X.]. 707/06 S. 229) Vorschrift des § 158m [X.] a.F. ist im Zuge der Umsetzung der Richtlinie des Rates vom 22. Juni 1987 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung (87/344/[X.] - im Folgenden [X.]) in das [X.] aufgenommen worden ([X.], Einschränkungen der freien Rechtsanwaltswahl in der Rechtsschutzversicherung 1998 S. 176). Die Rechtsschutzversicherung gehört damit zu den wenigen Bereichen des Versicherungsvertragsrechts, die gemeinschaftsweit harmonisiert sind (Schauer, [X.], 702). Nationale Umsetzungsnormen wie § 127 [X.] sind bei ihrer Anwendung richtlinienkonform auszulegen ([X.] NJW 1994, 2473 Rn. 26).

(b) Zur Vermeidung von Interessenkollisionen nach Aufhebung der bis zum Inkrafttreten der [X.] in [X.] üblichen Spartentrennung muss neben organisatorischen Vorgaben (vgl. hierzu Art. 3 der [X.]) nach Art. 4 der [X.] die freie [X.] in jedem Rechtsschutzversicherungsvertrag für die Vertretung in Gerichts- und Verwaltungsverfahren sowie bei der Entstehung konkreter Interessenkollisionen vorgesehen sein. § 158m [X.] a.F. diente der Umsetzung dieser Vorgaben. Wegen der in [X.] - anders als in anderen [X.] - nicht möglichen Eigenwahrnehmung der Interessen des Versicherungsnehmers durch den Versicherer wurde dabei festgelegt, dass dem Versicherungsnehmer das Recht auf freie [X.] nicht nur bei Gerichts- und Verwaltungsverfahren zusteht, sondern auch im Bereich der außergerichtlichen Wahrnehmung (vgl. BT-Drucks. 11/6341 S. 37; [X.] aaO S. 185).

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass § 158m [X.] a.F. allein der [X.] dienen sollte. Es sollten über das EG-rechtlich seinerzeit Gebotene hinaus nur einige, in diesem Zusammenhang nicht interessierende Korrekturen der damaligen Gesetzeslage vorgenommen werden (BT-Drucks. 11/6341 S. 19). Die Gesetzesbegründung betont, das Recht der Rechtsschutzversicherung nicht umfassend regeln zu wollen, sondern sich anlässlich der Umsetzung der Richtlinie auf die dringendsten Regelungen zu beschränken (BT-Drucks. 11/6341 S. 34 f.). Deshalb kann dem § 158m [X.] a.F. keine über die [X.] hinaus gehende nationale Regelung zur Gewährleistung der freien [X.] entnommen werden.

(c) Der [X.] hat in zwei Leitentscheidungen den inhaltlichen Rahmen dafür festgelegt, was die [X.] unter der Freiheit der [X.] versteht. Hierbei hat er klargestellt, dass nicht jede Verbindung der Auswahl des Rechtsanwalts durch den Versicherungsnehmer mit einer Beschränkung der Kostenübernahme durch den Versicherer zu einer Unfreiheit der [X.] führt.

(aa) Die Entscheidung Eschig gegen [X.] (NJW 2010, 355) betraf eine sogenannte "[X.]" in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines [X.] Versicherers (hierzu [X.], 1625; Fenyves, [X.] 2010, 468 und [X.] 2006, 22), nach welcher der Versicherer in Versicherungsfällen mit einer Schädigung einer größeren Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis den Rechtsvertreter des Versicherungsnehmers selbst auswählen konnte. Das hat der [X.] als Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der [X.] angesehen: Nach Art. 3 bis 5 der [X.] stehe jedem Versicherungsnehmer die freie Wahl des Rechtsvertreters innerhalb der in den einzelnen Artikeln festgelegten Grenzen allgemein und eigenständig zu ([X.] aaO Rn. 46), dieses Recht sei in Gerichts- und Verwaltungsverfahren nicht an die Entstehung einer konkreten Interessenkollision geknüpft ([X.] aaO Rn. 52, 58) und der Gemeinschaftsgesetzgeber habe keine Ausnahmen für [X.] vorgesehen ([X.] aaO Rn. 60).

([X.]) In seiner späteren Entscheidung [X.] gegen [X.] ([X.], 3077; bestätigt durch Urteil vom 7. November 2013 - [X.]/12 Rn. 27) hat der [X.] deutlich gemacht, dass Einschränkungen der Kostenübernahme durch den Versicherer nicht zwangsläufig mit einer Beschränkung der freien [X.] des Versicherungsnehmers gleichzusetzen sind. In den zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen eines [X.] Versicherers war geregelt, dass sich das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.] nur auf Personen bezieht, die ihren Kanzleisitz am Ort des Gerichtes oder der Verwaltungsbehörde haben. Darin liegt nach Ansicht des [X.] keine Verletzung des Rechts auf freie [X.]: Der Deckungsumfang für die mit dem Tätigwerden eines Rechtsvertreters verbundenen Kosten sei in der Richtlinie nicht ausdrücklich geregelt ([X.] aaO Rn. 32). Die Wahlfreiheit i.S. von Art. 4 Abs. 1 der [X.] gebe mithin keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten vor, unter allen Umständen die vollständige Deckung der im Rahmen der Vertretung eines Versicherungsnehmers entstandenen Kosten unabhängig vom Ort des Kanzleisitzes zu gewährleisten, sofern die freie [X.] nicht ausgehöhlt werde. Letzteres sei anzunehmen, wenn die Beschränkung der Übernahme dieser Kosten eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versicherungsnehmer faktisch unmöglich mache. Das zu prüfen, sei Sache der nationalen Gerichte ([X.] aaO Rn. 33; vgl. auch Armbrüster, [X.], 167, 168; [X.], [X.], 3064, 3066); einer Vorlage an den [X.] bedarf es daher nicht (Art. 267 Abs. 3 AEUV).

(d) Diese maßgeblichen Vorgaben des [X.] sind durch die Gerichte der Mitgliedstaaten zu beachten. Dabei kann zur streitgegenständlichen Frage, wann die Grenze zur unzulässigen Verletzung der freien [X.] überschritten wird, auch die einschlägige Rechtsprechung in anderen Mitgliedstaaten, die die [X.] in ihr nationales Recht überführt haben, eine Verständnishilfe sein.

Ein überzeugender Ansatz ist insoweit dem - wenn auch zeitlich vor den Entscheidungen des [X.] ergangenen - Urteil des [X.] ([X.]) vom 22. Mai 2002 ([X.], 1330; hierzu [X.], [X.], 199, 200 f.) zu entnehmen. Die diesem Urteil zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen sahen pro Versicherungsfall eine Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers von 20% der Kosten, mindestens 3.000 Schilling (ca. 220 €) vor, die dann entfiel, wenn der Versicherungsnehmer einen vom Versicherer vorgeschlagenen Anwalt wählte. Der [X.] hat diese Klausel als Verstoß gegen das Art. 4 der [X.] umsetzende nationale Recht des § 158k Abs. 1 [X.] angesehen. [X.] Kriterium für eine fehlende Gesetzes- und Richtlinienkonformität sei, ob der dem Versicherungsnehmer offerierte Vorteil des Wegfalls eines Selbstbehalts die sachlich gerechtfertigte Grenze insofern überschreite, als der Versicherungsnehmer wegen der Größe des angebotenen Vorteils einem psychischen Zwang unterliege, von der freien Vertreterwahl jedenfalls nicht Gebrauch zu machen, um des ihm vom Versicherer dafür angebotenen Vermögensvorteils nicht verlustig zu gehen ([X.] aaO). Diese Gefahr sei bei dem in Rede stehenden Selbstbehalt von 20% der Kosten - d.h. unter Einschluss nicht nur der Kosten für den eigenen Anwalt, sondern auch aller anderen Verfahrenskosten - gegeben. Damit hat der [X.] - durchaus im Sinne des Aushöhlungsgedankens in dem späteren [X.]-Urteil in der Rechtssache [X.] (aaO) - entscheidend darauf abgestellt, ob ungeachtet der verbleibenden Auswahl des Rechtsanwalts die Verbindung zwischen [X.] und Selbstbehalt auf den Versicherungsnehmer einen psychischen Zwang ausübt.

cc) Nach richtlinienkonformer Auslegung des § 127 [X.] an Hand der Vorgaben des [X.] und unter Einbeziehung der damit übereinstimmenden vom [X.] entwickelten Grundsätze ist die Grenze zur Verletzung des Rechts auf freie [X.] erst überschritten, wenn die streitgegenständliche Vertragsgestaltung einen unzulässigen psychischen Druck zur Mandatierung des vom Versicherer vorgeschlagenen Anwalts ausübt. Dies ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu entscheiden. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob man den Verzicht auf eine Höherstufung bei Befolgung der Anwaltsempfehlung begrifflich als Vorteil oder die andernfalls erfolgende Rückstufung als Nachteil betrachtet; von der Vermeidung eines Nachteils kann die gleiche psychische Zwangswirkung wie von einem Vorteil ausgehen. Maßgebend ist insoweit insbesondere:

(1) Bei der Wirkweise des Anreizes zur Befolgung der Anwaltsempfehlung ist zu unterscheiden, ob sich dieser bereits auf den aktuell zu regulierenden Rechtsschutzfall auswirkt oder erst auf einen späteren. Mögliche Auswirkungen auf den - in der Regel nicht konkret vorhersehbaren - nächsten Versicherungsfall setzen den Versicherungsnehmer weniger unter Druck als finanzielle Konsequenzen für den momentan zu deckenden Rechtsschutzfall. Unter diesem Gesichtspunkt ist die psychische Einflussnahme durch die streitgegenständlichen [X.] eher gering, weil sich der gebotene Anreiz nicht auf den aktuellen Rechtsschutzfall finanziell auswirkt.

(2) Unter dem Aspekt der Dauerhaftigkeit der Auswirkungen ist zu beurteilen, wie lange die Entscheidung des Versicherungsnehmers in zeitlicher Hinsicht nachwirkt. Die psychische Beeinflussung ist umso geringer, je kürzer sich der Verzicht auf den finanziellen Anreiz auswirkt. Aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen Versicherungsnehmers erfolgt nach § 5a Abs. 3 a) [X.] ("Jährliche Besserstufung") i.V.m. der Tabelle in Absatz 6 a) [X.] auch in den SF-Klassen [X.] bis [X.] eine bessere Einstufung, wenn der Vertrag während eines Versicherungsjahres schadenfrei verlaufen ist. Dies bietet dem Versicherungsnehmer die Möglichkeit, in angemessenem Zeitraum trotz seines Verzichts auf einen vom Versicherer empfohlenen Anwalt in die gleiche Position wie ein Versicherungsnehmer zu kommen, der der Empfehlung des Versicherers gefolgt ist.

(3) Zur finanziellen Bedeutung des Anreizes als weiteren bedeutsamen Umstand gilt, dass der psychische Druck mit der Höhe des finanziellen Anreizes steigt. Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass auch moderate Beträge im Zusammenspiel mit den anderen oben genannten Faktoren zu einer psychischen Zwangswirkung führen können. Insoweit vermag jedenfalls die hier in Rede stehende finanzielle Größenordnung einer Rückstufung von maximal 150 € pro Schadenfall - unabhängig davon, ob man diese als gering bewertet oder nicht - für sich genommen weder bereits eine unzulässige psychische Zwangswirkung auszuschließen noch diese allein zu begründen.

dd) Unter Berücksichtigung der so umschriebenen richtlinienkonformen Auslegung hat das Berufungsgericht § 127 [X.] zu Unrecht als verletzt angesehen.

(1) Hier wird die Bedeutung des finanziellen Anreizes in der Größenordnung einer Rückstufung von maximal 150 € durch die Wirkungsweise des Anreizes (keine Auswirkung auf die Regulierung des anstehenden [X.], sondern nur auf den Selbstbehalt für den nächsten Versicherungsfall) und die begrenzte Nachwirkung einer Entscheidung gegen den Anreiz (durch Zeitablauf kann sich der Selbstbehalt auf das Niveau eines Kunden, der der Empfehlung gefolgt ist, wieder absenken) so weit verringert, dass auf den durchschnittlichen Versicherungsnehmer einer Rechtsschutzversicherung kein rechtlich maßgeblicher psychischer Zwang ausgeübt wird, den von der [X.] empfohlenen Anwalt zu mandatieren. Er mag der Anwaltsempfehlung des Versicherers der Einfachheit halber oder mangels besseren Wissens um die Qualität anderer Anwälte folgen. Eine rechtlich beachtliche übermäßige Beeinflussung, nur wegen der Konsequenzen für den Selbstbehalt den vorgeschlagenen Anwalt zu mandatieren, besteht jedoch nicht.

(2) Die hiergegen gerichteten Einwände überzeugen nicht.

(a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt § 129 [X.] nicht dazu, jede Einwirkung auf den Versicherungsnehmer als unzulässige Verletzung des Rechts auf freie [X.] zu betrachten. Richtig ist zwar, dass durch den halbzwingenden Charakter des § 127 [X.] eine Verletzung des Rechts auf freie [X.] - so sie denn vorliegt - nicht durch finanzielle Vorteile wie eine vergünstigte Prämie kompensiert werden kann. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des [X.] im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB eine an sich gegebene unangemessene Benachteiligung nicht mit einem vom Kunden zu zahlenden geringeren Preis gerechtfertigt werden kann ([X.], Urteile vom 16. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 216, 226; vom 12. Mai 1980 - [X.], [X.]Z 77, 126, 131; vgl. [X.], [X.] des [X.] 2004 S. 86). Allerdings ist damit nicht die vorgelagerte Frage beantwortet, ob § 127 [X.] verletzt ist. Eine nachteilige Abweichung von halbzwingenden Vorschriften setzt zumindest voraus, dass eine Vereinbarung den Versicherungsnehmer in irgendeiner Hinsicht schlechter stellt als das Gesetz ([X.] aaO S. 28). Dazu muss ihm eine Rechtsposition entzogen werden, die ihm durch die halbzwingende gesetzliche Regelung eingeräumt werden soll ([X.] aaO). Hinsichtlich des Rechts auf freie [X.] ist dies nach den vorstehenden Ausführungen so lange nicht anzunehmen, wie der Versicherungsnehmer den Anwalt selbst auswählen kann und seine Entscheidung keinem unzulässigen psychischen Druck ausgesetzt ist.

(b) Es gibt ferner keinen Widerspruch zur Entscheidung des [X.] vom 26. Oktober 1989 - [X.], [X.]Z 109, 153. Dort wurde es als Verstoß gegen § 242 BGB und § 1 UWG angesehen, dass ein Mieterverein gegenüber dem Versicherer aus einem Gruppenversicherungsvertrag das Recht für sich in Anspruch nahm, für seine Mitglieder den Rechtsanwalt zu benennen: Dadurch werde dem Versicherten das Recht zur [X.] genommen. Soweit in dieser Entscheidung ausgeführt ist, dass das persönliche Vertrauensverhältnis des Mandanten zu seinem Anwalt die sachliche Grundlage des Mandatsverhältnisses bilde und die [X.] deshalb grundsätzlich auch nur von dem in seinen Interessen betroffenen Rechtssuchenden selbst wahrgenommen werden könne, sind diese Grundsätze hier gewahrt. Da der Versicherungsnehmer die Auswahl des Rechtsanwalts selbst trifft und dabei keinem maßgeblichen psychischen Zwang ausgesetzt ist, bleibt das persönliche Vertrauen des Versicherungsnehmers zu seinem Anwalt Grundlage des Mandatsverhältnisses.

(c) Solange nach den zuvor dargestellten Grundsätzen das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.] unangetastet bleibt, ergibt sich auch keine Verschlechterung der Situation des Versicherungsnehmers im Hinblick auf einen möglichen Interessenkonflikt zwischen dem Wunsch des Versicherungsnehmers nach Durchsetzung seiner Rechte und dem Interesse des Versicherers an einer kostengünstigen Regulierung (vgl. zum Interessenkonflikt in der Rechtsschutzversicherung [X.], Urteil vom 20. Februar 1961 - [X.], NJW 1961, 1113 unter [X.] und BT-Drucks. 16/3655 S. 51).

(d) Soweit die Klägerin in den [X.] zwischen der [X.] und deren [X.]n finanzielle Nachteile für die betroffenen Anwälte erkennt, übersieht sie, dass es in der vom Senat zu beurteilenden Vertragsbeziehung allein um das Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer geht. Dessen Interessen aus dem Versicherungsvertrag sind tangiert, wenn der Versicherer einen Partneranwalt empfiehlt, der dem Versicherungsnehmer eine schlechtere Leistung als die durch das Mandatsverhältnis geschuldete erbringt. Zwar ist es nicht generell auszuschließen, dass Vorgaben einer Gebührenvereinbarung zwischen Versicherer und Anwalt in eine unzureichende Geschäftsbesorgung des Anwalts für den Versicherungsnehmer umschlagen können. Nach dem Sachvortrag der Klägerin ist dies hier jedoch nicht anzunehmen. Insbesondere lassen die von der Klägerin aufgezeigten Abschläge in der Honorierung der [X.] der [X.] für sich genommen nicht den Schluss auf eine unzureichende Geschäftsbesorgung für den Versicherungsnehmer zu.

b) Da das Recht auf freie [X.] durch die in Rede stehenden Klauseln nicht berührt wird, scheiden auch Unterlassungsansprüche gemäß § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 127, 129 [X.] und §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 3 Abs. 3 [X.] aus.

aa) Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 127, 129 [X.] um gesetzliche Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt, da jedenfalls die von der Klägerin geltend gemachte Verletzung des § 127 [X.] nicht besteht.

[X.]) Gemäß § 3 Abs. 3 [X.] hat jedermann im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen. Dieses Wahlrecht wird - ebenso wie das aus § 127 [X.] - nicht durch das streitgegenständliche Schadenfreiheitssystem der [X.] in rechtlich erheblicher Weise berührt.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

1. Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs aus §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind nicht gegeben.

Es besteht keine unangemessene Benachteiligung entgegen dem Gebot von Treu und Glauben. Diese setzt voraus, dass der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteil vom 10. Oktober 2012 - [X.], [X.], 46 Rn. 42 m.w.[X.]). Die Anwendung dieses Maßstabs erfordert eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen (Senatsurteil vom 10. Oktober 2012 aaO). Da nach den oben genannten Grundsätzen eine Verletzung des Rechts auf freie [X.] ausscheidet, besteht unter diesem Gesichtspunkt auch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Ebenso führen - entgegen der Ansicht der Klägerin - die [X.] in den [X.] der [X.] mit ihren [X.]n nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer unangemessen benachteiligt wird; wie ebenfalls zuvor dargelegt ist nach dem Vorbringen der Klägerin hier nicht ersichtlich, dass dies zu einer unzureichenden Geschäftsbesorgung für den Versicherungsnehmer führt.

2. Die Klägerin kann mangels Intransparenz nicht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB Unterlassung verlangen.

Anders als die Klägerin meint, ist die Formulierung, nach der Schadenfreiheit gilt, wenn der Versicherungsnehmer aus dem "Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte" einen Anwalt beauftragt, nicht deshalb intransparent, weil offen gelassen wird, ob sich der Begriff "aktuell" auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses oder den des [X.] bezieht. Dem um Verständnis bemühten durchschnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich, dass hierbei der Versicherungsfall maßgeblich ist, da sich für ihn die Frage der Mandatierung eines Anwalts erst zu diesem Zeitpunkt stellt. Es entspräche auch nicht seinen Interessen, der Anwaltsempfehlung statt der im [X.] aktuellen eine bei länger zurückliegendem Vertragsschluss unter Umständen schon mehrere Jahre alte Liste zu Grunde zu legen. Ebenso wenig enthält die Klausel ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der [X.], da in den [X.] die Leistungen des Versicherers im Einzelnen vertraglich festgelegt sind. Schließlich macht das streitgegenständliche Bedingungswerk hinreichend deutlich, welche wirtschaftlichen Vor- und Nachteile (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 2012 - [X.], [X.], 46 Rn. 75 ff.; vom 24. März 1999 - [X.], [X.]Z 141, 137, 143) für den Versicherungsnehmer im Schadenfreiheitssystem der [X.] mit der Anwaltsempfehlung verbunden sind.

3. Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 1 UWG sind nicht erfüllt.

Nach dem festgestellten Sachverhalt, der weitere Feststellungen nicht erwarten lässt und deshalb eine Zurückverweisung an das Berufungsgericht erübrigt, führen die in Rede stehenden Regelungen jedenfalls nicht zu einer unangemessenen unsachlichen Beeinträchtigung, die in ihrer Intensität der Ausübung von Druck in menschenverachtender Weise vergleichbar ist. Der von der [X.] in Aussicht gestellte finanzielle Vor- oder Nachteil ist nicht geeignet, die Rationalität der Entscheidung des Versicherungsnehmers für oder gegen die Beauftragung eines von der [X.] empfohlenen Anwalts vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (vgl. [X.], Urteile vom 24. Juni 2010 - [X.], [X.], 850 Rn. 13; vom 29. Oktober 2009 - [X.], [X.], 455 Rn. 17 jeweils m.w.[X.]). Ebenso wenig ist das Schadenfreiheitssystem der [X.] ein unverhältnismäßiges Hindernis nicht vertraglicher Art, mit dem die Ausübung der vertraglichen Rechte des Verbrauchers verhindert werden soll. Schließlich ist die von der Klägerin herangezogene Fallgruppe der Beeinflussung von Verkaufsförderern (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 24. Juni 2010 - [X.], [X.], 850 Rn. 16 ff. und vom 2. Juli 2009 - [X.], [X.], 969 Rn. 10 ff.) nicht einschlägig, da hier der Versicherer eine Empfehlung abgibt und es nicht um seine Beeinflussung durch Personen außerhalb des [X.] geht.

4. Ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 4 UWG besteht nicht.

Ohne Rechtsfehler hat das [X.] die - vom Berufungsgericht offen gelassene - Frage eines Verstoßes gegen diese Bestimmung mit der Begründung verneint, dass es sich bei den beanstandeten Regelungen nicht um Verkaufsförderungsmaßnahmen wie Preisnachlässe, Zugaben oder Geschenke handelt und zudem deren Inhalt für jeden aufmerksamen informierten Versicherungsnehmer klar und verständlich ist. Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, kann der Senat die Frage selbst in Übereinstimmung mit dem [X.] beantworten.

5. Weitere Ansprüche im Zusammenhang mit dem Vortrag der Klägerin, dass die Beklagte bei Empfehlung eines Anwalts, der eine Gebührenvereinbarung mit ihr unterhält, auch finanzielle Vorteile erzielt und den Versicherungsnehmer hierüber im Unklaren lässt, sind nicht Gegenstand des Verfahrens geworden.

[X.]                                 Felsch

             Lehmann                    Dr. Brockmöller

Meta

IV ZR 215/12

04.12.2013

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Bamberg, 20. Juni 2012, Az: 3 U 236/11, Urteil

§ 127 Abs 1 VVG, § 129 VVG, § 3 Abs 3 BRAO, § 307 BGB, § 4 Nr 1 UWG, § 4 Nr 4 UWG, § 4 Nr 11 UWG, § 8 Abs 3 Nr 2 UWG, § 5a Abs 5 ARB 2009

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.12.2013, Az. IV ZR 215/12 (REWIS RS 2013, 610)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 610

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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