Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. IV ZR 215/12

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 593

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 215/12

Verkündet am:

4. Dezember 2013

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja

[X.]Z: ja

[X.]R: ja

[X.] §§ 127 Abs. 1, 129; [X.] § 3 Abs. 3

Die durch §§ 127, 129 [X.], § 3 Abs. 3 [X.] gewährleistete freie [X.] steht finanziellen Anreizen eines Versicherers in Bezug auf eine Anwaltsempfeh-lung (hier: Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung) nicht entge-gen, wenn die Entscheidung über die Auswahl des Rechtsanwalts beim [X.] liegt und die Grenze unzulässigen psychischen Drucks nicht überschritten wird.

[X.], Urteil vom 4. Dezember 2013 -
IV ZR 215/12 -
O[X.]

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin Dr.
Brockmöller auf die mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2013

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des Ober-landesgerichts Bamberg

3. Zivilsenat

vom 20.
Juni 2012 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 8. November 2011 wird [X.].

Die Kosten der Rechtsmittelverfahren hat die Klägerin zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin -
die Rechtsanwaltskammer für den [X.]

-
verlangt von
dem beklagten Rechtsschutzversi-cherer unter anderem,
die Verwendung von Bestimmungen
in seinen All-gemeinen Versicherungsbedingungen
für die Rechtsschutzversicherung ([X.] 2009) zu unterlassen, die ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung im Zusammenhang mit einer Anwaltsempfehlung be-treffen.

1
-
3
-

Gemäß § 5a Abs. 6 a) [X.] 2009 richten sich Einstufung und Selbstbeteiligung nach folgender Tabelle:

Dauer des schadenfreien
ununterbrochenen Verlaufs
Versicherungsjahre
[X.]

6 und mehr
6
0
5
5
50
4
4
50
3
3
100
2
2
100
1
1
150

0
150

[X.]
150

M1
200

M2
200

M3
250

M4
250

M5
300

[X.]
300

Wird ein Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteiligung erstmals vereinbart, erfolgt nach § 5a Abs. 2 a) [X.] 2009 die Einstufung des Versicherungsvertrages in die Schadenfreiheitsklasse SF
0. Ist der Vertrag während eines Versicherungsjahres schadenfrei verlaufen und hat der Versicherungsschutz während dieser [X.] ununterbrochen [X.], wird gemäß § 5a Abs. 3 a) [X.] 2009 der [X.] obiger Tabelle in die nächstbessere [X.] eingestuft.

§ 5a Abs. 4 a) [X.] 2009 bestimmt für laufende Verträge bei einer Schadenbelastung eine Rückstufung
nach folgender Tabelle:

2
3
4
-
4
-

aus [X.]
nach [X.]
6
[X.]
5
[X.]
4
[X.]
3
[X.]
2
[X.]
1
[X.]
0
[X.]
[X.]
M4
M1
[X.]
M2
[X.]
M3
[X.]
M4
[X.]
M5
[X.]
[X.]
[X.]

Die variable Selbstbeteiligung beträgt mithin zwischen 0 und 300

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Regelung des schadenfreien und des schadenbelasteten Verlaufs im Sinne der [X.] 2009. § 5a Abs. 5 [X.] 2009 bestimmt dazu:

"(5) [X.] oder schadenbelasteter Verlauf im Sinne des Schadenfreiheitssystems

a) [X.] Verlauf

aa)
Ein schadenfreier Verlauf des Vertrags liegt vor, wenn der Versicherungsschutz von Anfang bis Ende eines Versi-cherungsjahrs bestanden hat und der Versicherer in dieser [X.] für keinen Rechtsschutzfall eine Deckungszusage er-teilt hat und keine Maßnahmen eingeleitet sind, die ein Kostenrisiko gemäß § 5 auslösen (z.B. Beauftragung eines Rechtsanwalts, Einreichung einer Klage).

[X.]) Der Vertrag gilt auch als schadenfrei, wenn der [X.] durch eine Erstberatung abgeschlossen ist oder 5
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-
5
-

wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom [X.] empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird.

b) Schadenbelasteter Verlauf

aa) Ein schadenbelasteter Verlauf des Vertrags liegt vor, wenn der Versicherer während eines Versicherungsjahrs für einen Rechtsschutzfall eine Deckungszusage erteilt und Maßnahmen eingeleitet sind, die ein Kostenrisiko gemäß §
5 auslösen (z.B. Beauftragung eines Rechtsanwalts, Ein-reichung einer Klage).

[X.]) Ein schadenbelasteter Verlauf des Vertrages liegt nicht vor, wenn der Rechtsschutzfall durch eine Erstberatung ab-geschlossen ist oder wenn ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird."

Deckungsanfragen beantwortet die Beklagte wie folgt:

"Es steht Ihnen frei, zur Wahrnehmung der rechtlichen Inte-ressen in dieser Angelegenheit einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl zu beauftragen. Wir möchten Ihnen hierfür die Kanzlei (Name der Kanzlei, Anschrift, Telefonnummer, E-Mail-Adresse) empfehlen. Folgen Sie unserer Anwaltsempfeh-lung und beauftragen Sie die genannte Kanzlei, entfällt die Rückstufung Ihrer Schadenfreiheitsklasse. Dadurch [X.] Sie eine höhere Selbstbeteiligung im nächsten Rechtsschutzfall."

Die Klägerin sieht in der Verknüpfung zwischen der Wahl eines vom Versicherer
vorgeschlagenen Rechtsanwalts und dem Verzicht auf eine Rückstufung
eine Einschränkung des durch §
127 [X.], § 3 Abs. 3 [X.] garantierten Rechts auf freie [X.]. Die finanziellen Nach-b-lich.
Die Wahl des Anwalts erfolge deshalb mit Blick auf die Auswirkun-gen auf die Selbstbeteiligung und sei daher nicht mehr frei. Die von der 7
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6
-

[X.] empfohlenen Anwälte seien ihr weitgehend über [X.] verbunden, die der [X.] finanzielle Vorteile bei der Honorarabrechnung einräumten. Dies berge die Gefahr, dass bei der Anwaltsempfehlung nicht die Interessen des Versicherungsnehmers,
sondern wirtschaftliche Erwägungen der [X.] im Vordergrund stün-den.

Dem hält die Beklagte entgegen, dass das Recht auf freie An-waltswahl nicht verletzt sei. Dem Versicherungsnehmer
stehe es frei, ei-nen Rechtsanwalt selbst auszuwählen. Dies habe keine negativen [X.] auf den Versicherungsschutz, vielmehr könnten auch in [X.] die Versicherungsleistungen in vollem Umfang in Anspruch ge-nommen werden. Der finanzielle Anreiz durch Verzicht auf eine Rückstu-fung sei so gering,
dass hierdurch kein Druck entstehe, der die Ent-scheidungsfreiheit des Versicherungsnehmers
einschränkte. Bei der Auswahl der [X.] achte man im Sinne der [X.]
auf Qualität; Vergütungsvereinbarungen, die das Rechtsanwaltsver-gütungsgesetz (RVG)
verletzten, würden nicht abgeschlossen.

Das [X.] ([X.], VersR 2011,
1515) hat die auf Un-terlassung und Erstattung vorgerichtlicher Abmahnkosten gerichtete [X.] abgewiesen, da die [X.] ([X.])
der [X.] das
Recht des Versicherungsnehmers auf freie
Anwalts-wahl
nicht einschränkten
und keine gravierende Einflussnahme auf seine Auswahlentscheidung vorliege.

Die Berufung der Klägerin hat Erfolg gehabt. Das Oberlandesge-richt (O[X.], [X.], 1167) hat die Beklagte neben der Er-9
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-

stattung vorgerichtlicher Abmahnkosten unter Androhung näher bezeich-neter Ordnungsmittel dazu verurteilt, es zu unterlassen,

1. in Rechtsschutzversicherungen mit einer vom Schaden-verlauf abhängigen, variablen Selbstbeteiligung nachfol-gende oder diesen inhaltsgleiche Bestimmungen einzube-ziehen oder sich auf diese zu berufen:

"Besserstellung bei schadenfreiem
Verlauf

a) [X.] Verlauf

Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird.

Rückstufung bei schadenbelastetem Verlauf

b) Schadenbelasteter Verlauf

[X.]) Ein schadenbelasteter Verlauf des Vertrages liegt nicht vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte beauftragt wird."

2. gegenüber [X.], die im [X.] einen nicht von der [X.] empfohlenen Rechtsanwalt mit der Vertretung ihrer Interessen mandatie-ren wollen oder mandatiert haben, für nachfolgende Versi-cherungsfälle eine Selbstbeteiligung anzukündigen, die [X.] ist als jene, die der Versicherte bei Mandatierung eines von der [X.] empfohlenen Anwalts zu leisten hätte, und/oder eine solche höhere Selbstbeteiligung einzufor-dern.
-
8
-

Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat
Erfolg.

[X.] Nach Auffassung des Berufungsgerichts soll das Recht auf freie [X.] jegliche Interessenkollision von vornherein vermeiden. Die Einschränkung in § 127 Abs. 1 Satz 1 [X.], wonach sich die freie An-waltswahl auf den Kreis der Rechtsanwälte beschränkt, deren Vergütung der Versicherer nach dem Versicherungsvertrag trägt, berechtige den Versicherer lediglich zu objektiven Leistungsbeschränkungen. Eine sol-che liege nicht vor.
Durch die Vertragsgestaltung der [X.] entgehe dem Versicherten, der sich gegen die Wahl eines von der [X.] empfohlenen Rechtsanwalts entscheide, die hierfür in Aussicht gestellte Belohnung, was von diesem als nachteilig empfunden werde. Dies führe beim Versicherten zu einer unzulässigen mittelbaren Beeinträchtigung des Rechts auf freie [X.], da § 127 [X.] jede direkte oder indi-rekte Einschränkung der freien [X.] verbiete.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Allerdings hat das Berufungsgericht die Anträge der Klägerin entgegen der Ansicht der Revision zu Recht für zulässig erachtet.
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-

a) Der Unterlassungsantrag zu
1 ist hinreichend bestimmt. Nach §
8 Abs. 1 Nr. 1 [X.] muss der Antrag die beanstandete Klausel im Wortlaut enthalten. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann daher nur in der vom Anspruchsgegner verwendeten Fassung [X.] einer Unterlassungsklage sein (vgl. [X.], Urteil vom 15. [X.] 1995 -
VIII ZR 93/94, [X.] 1995, 742 unter [X.]). Eine teilbare Klausel ist zum besseren Verständnis zwar ebenfalls im vollen Wortlaut wieder-zugeben, jedoch ist der Antrag auf den unwirksamen Teil zu beschrän-ken, da andernfalls die Klage teilweise unbegründet ist ([X.] in [X.]/
Bornkamm, UWG 31. Aufl. § 8 [X.] Rn. 2).
Hier wendet sich die Kläge-rin nicht gegen das Schadenfreiheitssystem mit variabler Selbstbeteili-gung als Ganzes, sondern nur gegen darin enthaltene Regelungen mit Bezug zur Anwaltsempfehlung. Es ist deshalb unschädlich, dass sich der Antrag nicht dazu verhält, wie sich ein schadenfreier oder schadenbelas-teter Verlauf auf die vom Versicherungsnehmer zu tragende Selbstbetei-ligung auswirkt.

b) Der Klageantrag zu
2 ist -
anders als die Revision meint -
auch hinreichend bestimmt. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsan-trag nicht derart undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) nicht er-kennbar abgegrenzt sind, sich die Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und letztlich die Entscheidung darüber, was der
Beklag-ten verboten ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bleibt ([X.], Ur-teil vom 22. Juli 2010 -
I [X.], [X.], 152 Rn. 22 m.w.N.). Bei der Fassung eines Unterlassungsantrags sind im Interesse eines [X.] Rechtsschutzes gewisse Verallgemeinerungen zulässig, so-fern auch in dieser Form das Charakteristische der konkreten Verlet-17
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-

zungsform zum Ausdruck kommt
([X.], Urteil vom 30. April 2008 -
I [X.], [X.], 702 Rn. 55 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier gewahrt. Unter Berücksichtigung des Klagevorbringens
([X.], Urteil vom 9. Februar 2012 -
I [X.], [X.], 943 Rn. 18 m.w.N.)
wendet
sich die Klägerin mit diesem Antrag dagegen, dass für den Fall der Befolgung des Anwaltsvorschlags die Verringerung oder das Entfal-len einer Selbstbeteiligung bei künftigen Versicherungsfällen durch die Beklagte angekündigt wird.

c)
Zu Unrecht hält die Revision ferner die Kombination beider [X.]anträge für unzulässig. Beide Unterlassungsbegehren umfassen nicht dasselbe. Mit dem Klageantrag zu
1 erstrebt
die Klägerin,
der [X.] die Verwendung bestimmter Klauseln ihrer
[X.] 2009 zu untersagen. [X.] Verwendung liegt bereits dann vor, wenn gegenüber [X.] erklärt wird, dass für bestimmte Verträge bestimmte Allgemeine Geschäftsbe-dingungen
gelten sollen (vgl. [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG 31. Aufl. § 1 [X.] Rn. 8). Der Klageantrag zu
2 geht darüber hinaus. Dieser be-trifft die konkrete Umsetzung der streitgegenständlichen [X.]
während der Regulierung eines
[X.]es, indem die Beklagte eine individuelle Anwaltsempfehlung ausspricht und durch Hinweis auf die unterbleibende Rückstufung bei Befolgung dieser Empfehlung das Verhalten des Versicherungsnehmers zu beeinflussen versucht.

2. Das Berufungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft
angenommen, dass der Klägerin die von ihr geltend gemachten
Ansprüche
zustehen.
Mangels Verletzung des Rechts auf freie [X.] kann die Klägerin weder aus §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
[X.], § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs.
2 Nr.
1
BGB, §§
127 Abs. 1, 129 [X.]
(hierzu unten a) noch aus § 8 19
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-
11
-

Abs. 1, 3 Nr. 2, §§
3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 127, 129 [X.]
und §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 3 Abs. 3 [X.]
(hierzu unten b) Unterlassung verlangen.

a) Zwar ist die Klägerin anspruchsberechtigte Stelle i.S.
des
§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 2. April 1998 -
I [X.], [X.], 835 unter I). Ebenso folgt aus einer Abweichung von halbzwingenden Vorschriften des Versicherungsvertragsgesetzes ([X.])
zum Nachteil des Versicherungsnehmers die für einen Anspruch aus § 1 [X.] erforderliche Unwirksamkeit nach § 307 BGB (Senatsurteil vom 12. Oktober 2011 -
IV ZR 199/10, [X.]Z 191, 159 Rn. 19). Die gemäß §
129 [X.] halbzwingende Norm des §
127 [X.] ist aber nicht
verletzt. Die angegriffenen Bestimmungen in §
5a Abs. 5 [X.] 2009
verstoßen nicht gegen das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.].

aa)
Die zunächst vorzunehmende Auslegung der [X.] ergibt, dass die Beklagte entgegen der Ansicht der Klä-gerin die Liste ihrer [X.] nicht offenbaren muss und folglich dem Versicherungsnehmer hieraus auch keine Auswahl zu ermöglichen braucht.

Allgemeine Versicherungsbedingungen sind nach gefestigter Rechtsprechung des Senats so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer sie bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es
auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit auch auf seine Interessen an (Senatsurteile vom [X.] 2012 -
IV ZR 21/11, [X.], 354 Rn. 11; vom 11. Dezember 21
22
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12
-

2002 -
IV ZR 226/01, [X.]Z 153, 182, 185 f.; vom 23. Juni 1993 -
IV ZR 135/92, [X.]Z 123, 83, 85
f.).

§ 5a Abs. 5 a) [X.]) und b) [X.]) [X.] 2009 knüpfen die Fiktion der Schadenfreiheit und
eines nicht schadenbelasteten Verlaufs daran, dass "ein Rechtsanwalt aus dem Kreis der aktuell vom Versicherer empfohle-nen Rechtsanwälte beauftragt wird".
Dem durchschnittlichen Versiche-rungsnehmer erschließt sich aus den Bestimmungen über die Kostener-stattung
in der Rechtsschutzversicherung
(vgl. § 5 Abs. 1 [X.] 2009) [X.], dass der Versicherer primär keine Sachleistung erbringt, sondern lediglich Kosten erstattet. Daher weiß der durchschnittliche Versiche-rungsnehmer, dass er selbst den Anwalt zu beauftragen hat. Dies bestä-tigen ihm die streitgegenständlichen Klauseln ausdrücklich. Ihr
weiterge-hender Regelungsgehalt erschöpft sich darin

für den Fall, dass der Versicherungsnehmer
einen Rechtsanwalt
wählt,
der aus dem Kreis der vom Versicherer
empfohlenen Anwälte stammt

eine Schadenfreiheit und
einen nicht schadenbelasteten Verlauf zu
fingieren. Auf welche Art und Weise der Versicherungsnehmer informiert wird, damit dieser einen empfohlenen Anwalt beauftragen kann, regeln die Klauseln
dagegen für ihn erkennbar nicht. Sie besagen nicht, dass der Versicherer dem [X.] den Kreis aller
[X.] offenzulegen und dem Versicherungsnehmer
die Auswahl hieraus zu überlassen hätte. Die von den Klauseln allein eröffnete Möglichkeit des Versicherungsnehmers
zur Beeinflussung des Schadenfreiheitssystems durch Mandatierung eines empfohlenen Anwalts besteht bereits, wenn der Versicherer dem [X.]
lediglich einen Rechtsanwalt
nennt. Mit dieser Informa-tion kann der Versicherungsnehmer
entscheiden, ob er den ihm benann-ten Anwalt beauftragen will
oder sich stattdessen einen
anderen Anwalt
suchen möchte. Umgekehrt greift die Klausel auch ein, wenn der [X.]
-
13
-

cherungsnehmer

etwa auf Grund eines vorherigen Mandatsverhältnis-ses

einen auf der aktuellen Empfehlungsliste
des Versicherers
befindli-chen Rechtsanwalt mandatiert, selbst wenn in der Deckungszusage des Versicherers
ein anderer Anwalt genannt worden sein sollte. Daher
wird der durchschnittliche Versicherungsnehmer
den angegriffenen Klauseln auch keine weitergehenden Rechte wie etwa Ansprüche auf
Offenlegung aller [X.] des Versicherers
entnehmen.

[X.]) Die Freiheit der [X.] schließt nicht jegliche Anreizsys-teme des Versicherers hinsichtlich der vom Versicherungsnehmer zu treffenden Entscheidung
aus, welchen
Rechtsanwalt er mandatiert.

(1) Gemäß § 127 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist der Versicherungsnehmer
berechtigt, zu seiner Vertretung in Gerichts-
und Verwaltungsverfahren den Rechtsanwalt, der seine Interessen wahrnehmen soll,
aus dem Kreis der Rechtsanwälte, deren Vergütung der Versicherer
nach dem [X.] trägt, frei zu wählen. Dies bedeutet kein gesetzliches Recht des Versicherers, den Rechtsanwalt auszuwählen, sondern eröff-net ihm lediglich die Möglichkeit, allgemeine Kriterien des [X.] herauszuarbeiten.
Im Rahmen des so festgelegten Leistungsum-fangs
steht dem Versicherungsnehmer die Auswahl des Rechtsanwalts frei
(Hillmer-Möbius, in [X.]/[X.], [X.] 2. Aufl. § 127 Rn. 3). Nach § 127 Abs. 1 Satz 2
[X.] gilt dies auch, wenn der Versiche-rungsnehmer Rechtsschutz für die sonstige Wahrnehmung rechtlicher In-teressen in Anspruch nehmen kann.

(2) Nach
richtlinienkonformer
Auslegung des § 127 [X.] ist die Freiheit der [X.] nicht mit einem Verbot sämtlicher Anreizsyste-me seitens des Versicherers
gleichzusetzen.
Liegt die Entscheidung über 25
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-

die Auswahl des Rechtsanwalts beim Versicherungsnehmer, ist nach der maßgeblichen Rechtsprechung des
Europäischen Gerichtshofs ([X.])
eine unvollständige Deckung der Kosten zulässig, sofern die freie An-waltswahl nicht ausgehöhlt wird, d.h. die Beschränkung der [X.] eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versiche-rungsnehmer nicht faktisch unmöglich macht. Durch
somit grundsätzlich zulässige finanzielle Anreize wird die
[X.] des [X.] erst unfrei, wenn die Verbindung zwischen [X.] und fi-nanziellem Anreiz die Grenze des unzulässigen psychischen Drucks
überschreitet.

(a) Die in § 127 [X.] inhaltsgleich übernommene ([X.]. 707/06 S. 229) Vorschrift des §
158m [X.] a.F. ist im Zuge der [X.] zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften für die Rechtsschutzversicherung (87/344/[X.] -
im Folgenden [X.]) in das [X.] aufgenommen worden ([X.], Einschränkungen der freien Rechtsanwaltswahl in der Rechtsschutzversicherung 1998
S. 176). Die Rechtsschutzversicherung gehört damit zu den wenigen Bereichen des Versicherungsvertragsrechts, die gemeinschaftsweit harmonisiert sind (Schauer, [X.], 702). Nationale Umsetzungsnormen wie §
127 [X.] sind bei ihrer Anwendung richtlinienkonform auszulegen ([X.]
NJW 1994, 2473 Rn. 26).

(b) Zur Vermeidung von Interessenkollisionen nach Aufhebung der bis zum Inkrafttreten der [X.] in [X.] üblichen Spartentrennung muss neben organisatorischen Vorgaben (vgl. hierzu Art. 3 der [X.]) nach Art. 4 der [X.] die freie [X.] in jedem 28
29
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-

Rechtsschutzversicherungsvertrag für die Vertretung in Gerichts-
und Verwaltungsverfahren sowie
bei der Entstehung konkreter Interessenkol-lisionen vorgesehen
sein. §
158m [X.] a.F.
diente der Umsetzung dieser Vorgaben. Wegen der in [X.] -
anders als in anderen [X.] -
nicht möglichen Eigenwahrnehmung der Interessen des [X.] durch den Versicherer
wurde dabei festgelegt, dass dem Versicherungsnehmer das Recht auf freie [X.] nicht nur bei Ge-richts-
und Verwaltungsverfahren zusteht, sondern auch im Bereich der außergerichtlichen Wahrnehmung
(vgl. BT-Drucks. 11/6341 S. 37; [X.] aaO S. 185).

Aus der Gesetzesbegründung ergibt sich, dass § 158m [X.]
a.F. allein der Richtlinienumsetzung dienen sollte. Es sollten über das EG-rechtlich seinerzeit Gebotene hinaus nur
einige, in diesem Zusammen-hang nicht interessierende Korrekturen der damaligen Gesetzeslage vor-genommen werden (BT-Drucks. 11/6341 S. 19). Die Gesetzesbegrün-dung
betont, das Recht der Rechtsschutzversicherung nicht umfassend regeln zu wollen, sondern sich
anlässlich der Umsetzung der Richtlinie auf die dringendsten Regelungen zu beschränken (BT-Drucks. 11/6341 S. 34 f.). Deshalb kann dem § 158m [X.] a.F. keine über die Richtli-nienumsetzung hinaus gehende nationale Regelung zur Gewährleistung der freien [X.] entnommen werden.

(c)
Der [X.] hat in zwei Leitentscheidungen den inhaltlichen Rahmen dafür festgelegt, was die
[X.] unter der Freiheit der [X.] versteht. Hierbei hat er klargestellt, dass nicht jede Verbindung der Auswahl des Rechtsanwalts durch den Versicherungsnehmer mit einer Beschränkung der Kostenübernahme durch den Versicherer zu einer Unfreiheit der [X.] führt.
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16
-

(aa) Die Entscheidung Eschig gegen [X.] (NJW 2010, 355) betraf eine sogenannte
"[X.]" in den [X.] eines [X.] Versicherers (hierzu [X.], 1625; Fenyves, [X.] 2010, 468 und [X.], 22), nach welcher der Versicherer in Versicherungsfällen mit einer Schädigung einer größeren Anzahl von Versicherungsnehmern durch dasselbe Ereignis den Rechtsvertreter des Versicherungsnehmers selbst auswählen konnte. Das hat der [X.] als Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der [X.] angesehen: Nach Art.
3 bis 5 der [X.] stehe jedem Versicherungsnehmer die freie Wahl des Rechtsvertreters innerhalb der in den einzelnen Artikeln festgelegten Grenzen allgemein und eigenstän-dig zu ([X.] aaO Rn. 46), dieses Recht sei in Gerichts-
und Verwal-tungsverfahren nicht an die Entstehung einer konkreten Interessenkolli-sion geknüpft ([X.] aaO Rn. 52, 58) und der [X.] habe keine Ausnahmen für [X.] vorgesehen ([X.] aaO Rn.
60).

([X.]) In seiner späteren Entscheidung [X.] gegen [X.] (NJW 2011, 3077; bestätigt durch Urteil vom 7.
November 2013
C-442/12 Rn.
27) hat der [X.] deutlich gemacht, dass Einschränkungen der [X.] durch den Versicherer nicht zwangsläufig mit einer Be-schränkung der freien [X.] des Versicherungsnehmers gleichzu-setzen
sind. In den zugrunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbe-dingungen eines [X.] Versicherers
war geregelt, dass sich das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.] nur auf Per-sonen bezieht, die ihren Kanzleisitz am Ort des Gerichtes oder der Ver-waltungsbehörde haben. Darin liegt nach Ansicht des [X.] keine Ver-32
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17
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letzung des Rechts auf freie [X.]: Der Deckungsumfang für die mit dem Tätigwerden eines Rechtsvertreters
verbundenen Kosten sei in der Richtlinie nicht ausdrücklich geregelt ([X.] aaO Rn. 32). Die Wahl-freiheit i.S.
von Art. 4 Abs. 1 der [X.] ge-be mithin keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten
vor, unter allen Um-ständen die vollständige Deckung der im Rahmen der Vertretung eines Versicherungsnehmers
entstandenen Kosten unabhängig vom Ort des Kanzleisitzes zu gewährleisten, sofern die freie [X.] nicht [X.] werde. Letzteres sei anzunehmen, wenn die Beschränkung der Übernahme dieser Kosten eine angemessene Wahl des Vertreters durch den Versicherungsnehmer faktisch unmöglich mache.
Das zu prüfen,
sei Sache der nationalen Gerichte ([X.] aaO Rn. 33; vgl. auch Armbrüster, [X.], 167, 168;
Wendenburg, NJW 2011, 3064, 3066); einer Vorla-ge an den [X.] bedarf es daher nicht (Art.
267 Abs.
3 AEUV).

(d) Diese maßgeblichen Vorgaben des [X.] sind durch die Ge-richte der Mitgliedstaaten zu beachten. Dabei kann
zur streitgegenständ-lichen Frage, wann die Grenze zur unzulässigen Verletzung der freien [X.] überschritten wird, auch die einschlägige Rechtsprechung in anderen Mitgliedstaaten, die die [X.] in ihr nationales Recht überführt haben, eine Verständnishilfe sein.

Ein überzeugender Ansatz ist insoweit
dem -
wenn auch zeitlich vor den
Entscheidungen
des [X.] ergangenen -
Urteil des [X.] ([X.]) vom 22. Mai 2002 ([X.], 1330;
hierzu [X.], [X.], 199, 200 f.) zu
entnehmen. Die diesem Urteil zugrunde liegenden [X.]
sahen pro Versicherungsfall eine Selbstbeteiligung des Versicherungsnehmers
von 20% der Kosten, mindestens 3.000 34
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18
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Schilling (ca. 220

, die dann entfiel, wenn der [X.] einen vom Versicherer
vorgeschlagenen Anwalt wählte. Der [X.] hat diese Klausel als Verstoß gegen das Art. 4 der Rechtsschutzversi-cherungsrichtlinie umsetzende nationale Recht des § 158k Abs. 1 [X.] angesehen. [X.] Kriterium für eine fehlende Gesetzes-
und Richtlinienkonformität sei, ob der dem Versicherungsnehmer
offe-rierte Vorteil des Wegfalls eines Selbstbehalts die sachlich [X.] insofern überschreite, als der Versicherungsnehmer
wegen der Größe des angebotenen Vorteils einem psychischen Zwang unterlie-ge, von der freien Vertreterwahl jedenfalls nicht Gebrauch zu machen, um des ihm vom Versicherer dafür angebotenen Vermögensvorteils nicht verlustig zu gehen ([X.] aaO). Diese Gefahr sei bei dem in
Rede ste-henden Selbstbehalt von 20% der Kosten -
d.h. unter Einschluss nicht nur der Kosten für den eigenen Anwalt, sondern auch aller anderen Ver-fahrenskosten

gegeben. Damit hat der [X.] -
durchaus im Sinne des Aushöhlungsgedankens
in dem späteren [X.]-Urteil
in der Rechtssache [X.]
(aaO)

entscheidend darauf abgestellt, ob ungeachtet der verblei-benden Auswahl des Rechtsanwalts die Verbindung zwischen Anwalts-wahl und Selbstbehalt auf den Versicherungsnehmer
einen
psychischen Zwang
ausübt.

cc) Nach richtlinienkonformer
Auslegung des § 127 [X.] an Hand der Vorgaben des [X.] und unter Einbeziehung der damit übereinstim-menden vom [X.] entwickelten Grundsätze ist die Grenze zur Verlet-zung des Rechts auf freie [X.] erst überschritten, wenn die streitgegenständliche Vertragsgestaltung einen unzulässigen psychi-schen Druck zur Mandatierung des vom Versicherer
vorgeschlagenen Anwalts ausübt. Dies ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Um-stände zu entscheiden. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob 36
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man den Verzicht auf
eine Höherstufung bei Befolgung der Anwaltsemp-fehlung begrifflich als Vorteil oder
die andernfalls erfolgende Rückstu-fung
als Nachteil betrachtet; von der Vermeidung eines Nachteils kann die gleiche psychische Zwangswirkung wie von einem Vorteil ausgehen.
Maßgebend ist insoweit insbesondere:

(1) Bei der Wirkweise des Anreizes zur Befolgung der Anwaltsemp-fehlung ist zu unterscheiden, ob sich dieser bereits auf den aktuell zu [X.] auswirkt oder erst auf einen späteren. [X.] Auswirkungen auf den -
in der Regel nicht konkret vorhersehbaren -
nächsten Versicherungsfall setzen den Versicherungsnehmer weniger unter Druck als finanzielle Konsequenzen für den momentan
zu decken-den Rechtsschutzfall. Unter diesem Gesichtspunkt ist die psychische Einflussnahme durch die
streitgegenständlichen [X.] eher gering, weil sich der gebotene Anreiz nicht auf den aktuellen Rechtsschutzfall [X.] auswirkt.

(2) Unter dem Aspekt der Dauerhaftigkeit der Auswirkungen ist zu beurteilen, wie
lange die Entscheidung des Versicherungsnehmers
in zeitlicher Hinsicht nachwirkt. Die psychische Beeinflussung ist umso ge-ringer, je kürzer sich der Verzicht auf den finanziellen Anreiz auswirkt. Aus der maßgeblichen Sicht des durchschnittlichen [X.]s erfolgt nach § 5a Abs. 3 a) [X.] 2009 ("Jährliche Besserstufung") i.V.m. der Tabelle in Absatz 6
a) [X.] 2009 auch in den [X.]n [X.] bis [X.] eine bessere Einstufung, wenn der Vertrag während eines [X.] schadenfrei verlaufen
ist. Dies bietet dem Versiche-rungsnehmer die Möglichkeit, in angemessenem
[X.]raum trotz seines Verzichts auf einen vom Versicherer empfohlenen Anwalt in die gleiche 37
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20
-

Position wie ein Versicherungsnehmer zu kommen, der
der Empfehlung des Versicherers gefolgt ist.

(3) Zur finanziellen
Bedeutung des Anreizes als weiteren
bedeut-samen
Umstand gilt, dass der psychische Druck mit der Höhe des [X.]en Anreizes steigt. Gleichzeitig
ist jedoch zu beachten, dass auch moderate Beträge im Zusammenspiel mit den anderen oben genannten
Faktoren zu einer psychischen Zwangswirkung führen können.
Insoweit vermag jedenfalls die hier in Rede stehende finanzielle Größenordnung einer Rückstufung von
maximal 1

pro Schadenfall
-
unabhängig da-von,
ob man diese als gering bewertet
oder nicht
-
für sich genommen weder bereits eine unzulässige psychische Zwangswirkung auszuschlie-ßen noch diese allein zu begründen.

dd) Unter Berücksichtigung der so umschriebenen richtlinienkon-formen Auslegung hat das Berufungsgericht §
127 [X.] zu Unrecht als verletzt angesehen.

(1) Hier wird die Bedeutung des finanziellen Anreizes in der
Grö-ßenordnung einer Rückstufung von maximal durch die Wirkungs-weise des Anreizes (keine Auswirkung auf die Regulierung des anste-henden [X.], sondern nur auf den Selbstbehalt für den nächsten Versicherungsfall) und die begrenzte Nachwirkung einer Ent-scheidung gegen den Anreiz (durch [X.]ablauf kann sich der Selbstbehalt
auf das Niveau eines Kunden, der der Empfehlung gefolgt ist, wieder [X.]) so weit verringert, dass auf den durchschnittlichen Versiche-rungsnehmer
einer Rechtsschutzversicherung kein rechtlich maßgebli-cher psychischer Zwang ausgeübt wird, den von der [X.] empfoh-lenen Anwalt zu mandatieren. Er mag der Anwaltsempfehlung des Versi-39
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21
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cherers
der Einfachheit halber
oder mangels besseren Wissens um die Qualität anderer
Anwälte folgen. Eine
rechtlich beachtliche
übermäßige Beeinflussung, nur wegen der Konsequenzen für den Selbstbehalt den vorgeschlagenen Anwalt zu mandatieren, besteht jedoch nicht.

(2) Die hiergegen gerichteten Einwände überzeugen nicht.

(a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts führt § 129 [X.] nicht dazu, jede Einwirkung auf den Versicherungsnehmer als [X.] Verletzung des Rechts auf freie [X.] zu betrachten. Richtig ist zwar, dass durch den halbzwingenden Charakter des § 127 [X.] eine Verletzung des Rechts auf freie [X.] -
so sie denn vorliegt -
nicht durch finanzielle Vorteile wie eine vergünstigte Prämie kompensiert wer-den kann. Das ergibt sich bereits daraus, dass nach der Rechtsprechung des [X.] im Rahmen der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB eine an sich gegebene unangemessene Benachteiligung
nicht mit einem vom Kunden zu zahlenden geringeren Preis gerechtfertigt werden kann ([X.],
Urteile vom 16. November 1992 -
II ZR 184/91, [X.]Z 120, 216, 226; vom 12. Mai 1980 -
VII ZR 166/79, [X.]Z 77, 126, 131; vgl. [X.], [X.] des [X.] 2004 S. 86). Allerdings ist damit nicht die vorgelagerte Frage beantwortet, ob § 127 [X.] verletzt ist. Eine nachteilige Abweichung von halbzwingenden Vorschriften setzt zumindest voraus, dass eine Vereinbarung den Versicherungsnehmer
in irgendeiner Hinsicht schlechter stellt als das Gesetz ([X.] aaO S. 28). Dazu muss ihm eine Rechtsposition entzogen werden, die ihm durch die halbzwingende gesetzliche Regelung eingeräumt werden soll ([X.] aaO). Hinsichtlich des Rechts auf freie [X.] ist dies nach den vorstehenden Ausführungen so lange nicht anzunehmen, wie der Versi-42
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cherungsnehmer den Anwalt selbst auswählen kann und seine Entschei-dung keinem unzulässigen psychischen Druck
ausgesetzt ist.

(b) Es gibt ferner keinen Widerspruch zur Entscheidung des [X.] vom 26. Oktober 1989 -
I [X.], [X.]Z 109, 153. Dort wurde es als Verstoß gegen § 242 BGB und § 1 UWG angesehen, dass ein Mieterverein gegenüber dem Versicherer aus einem Gruppen-versicherungsvertrag das Recht für sich in Anspruch nahm, für seine Mitglieder den Rechtsanwalt zu benennen: Dadurch werde
dem Versi-cherten das Recht zur [X.] genommen. Soweit in dieser Ent-scheidung ausgeführt ist, dass das persönliche Vertrauensverhältnis des Mandanten zu seinem Anwalt die sachliche Grundlage des Mandatsver-hältnisses bilde und die [X.] deshalb grundsätzlich auch nur von dem in seinen Interessen betroffenen Rechtssuchenden selbst wahrge-nommen werden
könne, sind diese Grundsätze hier gewahrt. Da der Versicherungsnehmer die
Auswahl des Rechtsanwalts selbst trifft und dabei keinem maßgeblichen psychischen Zwang ausgesetzt ist, bleibt das persönliche Vertrauen des Versicherungsnehmers zu seinem Anwalt Grundlage des Mandatsverhältnisses.

(c) Solange nach den zuvor dargestellten Grundsätzen das Recht des Versicherungsnehmers auf freie [X.] unangetastet bleibt, ergibt sich auch keine Verschlechterung der Situation des [X.] im Hinblick auf einen möglichen Interessenkonflikt zwi-schen dem Wunsch des Versicherungsnehmers nach Durchsetzung sei-ner Rechte und dem Interesse des Versicherers an einer kostengünsti-gen Regulierung (vgl. zum Interessenkonflikt in der Rechtsschutzversi-cherung [X.], Urteil vom 20. Februar 1961 -
II ZR 139/59, NJW 1961, 1113 unter [X.] und BT-Drucks. 16/3655 [X.]).
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-

(d) Soweit die Klägerin in den [X.] zwischen der [X.] und deren [X.]n finanzielle Nachteile für die betroffenen Anwälte erkennt, übersieht sie, dass es in der vom Senat zu beurteilenden Vertragsbeziehung allein um das Verhältnis zwischen [X.] und Versicherungsnehmer geht. Dessen Interessen aus dem Versicherungsvertrag sind tangiert, wenn der Versicherer einen Partner-anwalt empfiehlt, der dem Versicherungsnehmer eine schlechtere Leis-tung als die durch das Mandatsverhältnis geschuldete erbringt. Zwar ist es
nicht generell auszuschließen, dass Vorgaben einer Gebührenverein-barung zwischen Versicherer und Anwalt in eine unzureichende Ge-schäftsbesorgung des Anwalts für den Versicherungsnehmer umschla-gen können. Nach dem Sachvortrag der Klägerin ist dies hier jedoch nicht anzunehmen. Insbesondere lassen die von der Klägerin
aufgezeig-ten Abschläge in der Honorierung der [X.] der [X.] für sich genommen nicht den Schluss auf eine
unzureichende Geschäftsbe-sorgung für den Versicherungsnehmer zu.

b) Da das Recht auf freie [X.] durch die in Rede stehen-den Klauseln nicht berührt wird, scheiden
auch Unterlassungsansprüche
gemäß
§ 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG, §§ 127, 129 [X.]
und §§
1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.],
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 3 Abs. 3 [X.] aus.

aa) Nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG handelt unlauter, wer einer gesetzli-chen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer
das Marktverhalten zu regeln. Es kann dahinstehen, ob es sich bei den Bestimmungen der §§ 127, 129 [X.] um gesetzliche 46
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-

Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG handelt, da
jedenfalls die
von der Klägerin geltend gemachte Verletzung des § 127 [X.]
nicht besteht.

[X.]) Gemäß § 3 Abs. 3 [X.] hat jedermann im Rahmen der ge-setzlichen Vorschriften das Recht, sich in Rechtsangelegenheiten aller Art durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl beraten und vor Gerichten, Schiedsgerichten oder Behörden vertreten zu lassen.
Dieses Wahlrecht wird -
ebenso wie das aus § 127 [X.] -
nicht durch das streitgegenständ-liche Schadenfreiheitssystem der [X.] in rechtlich erheblicher Wei-se berührt.

II[X.] Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar.

1.
Die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs
aus
§§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.], § 307
Abs. 1 Satz 1 BGB sind nicht gegeben.

Es besteht
keine unangemessene
Benachteiligung entgegen dem
Gebot von Treu und Glauben. Diese
setzt voraus, dass der Verwender durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteil vom [X.] 2012 -
IV ZR 10/11, [X.], 46 Rn. 42 m.w.N.). Die Anwen-dung dieses Maßstabs erfordert eine Ermittlung und Abwägung der wechselseitigen Interessen (Senatsurteil vom 10. Oktober 2012 aaO). Da nach den oben genannten Grundsätzen eine Verletzung des Rechts auf freie [X.] ausscheidet, besteht unter diesem Gesichtspunkt auch 49
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-

keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers. Ebenso führen -
entgegen der Ansicht der Klägerin -
die [X.] in den
[X.] der [X.] mit ihren [X.] nicht dazu, dass der Versicherungsnehmer unangemessen be-nachteiligt wird; wie ebenfalls zuvor dargelegt ist nach dem Vorbringen der Klägerin hier nicht ersichtlich, dass dies zu einer unzureichenden Geschäftsbesorgung für den Versicherungsnehmer führt.

2.
Die Klägerin kann mangels Intransparenz nicht gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2
[X.], § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB Unterlassung verlangen.

Anders als die Klägerin meint,
ist die Formulierung, nach der
Schadenfreiheit gilt, wenn der Versicherungsnehmer
aus dem "Kreis der aktuell vom Versicherer empfohlenen Rechtsanwälte" einen Anwalt [X.], nicht deshalb intransparent, weil offen gelassen wird, ob sich der Begriff "aktuell" auf den [X.]punkt des Vertragsschlusses oder den des [X.] bezieht. Dem um Verständnis bemühten durch-schnittlichen Versicherungsnehmer erschließt sich, dass hierbei der
Ver-sicherungsfall maßgeblich ist, da sich für ihn die Frage der Mandatierung eines Anwalts erst zu diesem [X.]punkt stellt. Es
entspräche
auch nicht seinen Interessen, der Anwaltsempfehlung statt der im [X.] eine bei länger zurückliegendem Vertragsschluss unter Umstän-den
schon mehrere Jahre alte Liste zu Grunde zu legen. Ebenso wenig enthält die Klausel ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht der [X.], da in den
[X.] die Leistungen des Versicherers im Einzelnen vertraglich festgelegt sind.
Schließlich macht das streitgegenständliche Bedingungswerk hinreichend deutlich, welche wirtschaftlichen
Vor-
und Nachteile (vgl. Senatsurteile vom 10. Oktober 2012 -
IV ZR 10/11, VersR 53
54
-
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-

2013, 46 Rn. 75 ff.; vom 24. März 1999 -
IV
ZR 90/98, [X.]Z 141, 137, 143) für den Versicherungsnehmer im Schadenfreiheitssystem der [X.] mit der Anwaltsempfehlung verbunden sind.

3.
Die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr.
1
UWG sind nicht erfüllt.

Nach dem festgestellten Sachverhalt, der weitere Feststellungen
nicht erwarten lässt und deshalb eine Zurückverweisung an das [X.] erübrigt, führen
die in Rede stehenden Regelungen
jeden-falls nicht zu einer unangemessenen unsachlichen Beeinträchtigung, die in ihrer Intensität der Ausübung von Druck in menschenverachtender Weise vergleichbar ist. Der von der [X.] in Aussicht gestellte [X.]e Vor-
oder Nachteil ist nicht geeignet, die Rationalität der Entschei-dung des Versicherungsnehmers für oder gegen die Beauftragung eines von der [X.] empfohlenen Anwalts vollständig in den Hintergrund treten zu lassen (vgl. [X.], Urteile vom 24. Juni 2010 -
I [X.], [X.], 850 Rn. 13; vom 29. Oktober 2009 -
I [X.], [X.], 455 Rn. 17 jeweils
m.w.N.). Ebenso
wenig
ist das Schadenfrei-heitssystem
der [X.] ein
unverhältnismäßiges Hindernis nicht ver-traglicher Art,
mit dem die Ausübung der vertraglichen Rechte des [X.] verhindert werden soll. Schließlich ist die von der Klägerin herangezogene Fallgruppe der Beeinflussung von Verkaufsförderern (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 24. Juni 2010 -
I [X.], [X.], 850 Rn. 16 ff.
und vom 2.
Juli 2009 -
I [X.], [X.], 969 Rn.
10 ff.) nicht einschlägig, da hier der Versicherer eine Empfehlung abgibt und es nicht um seine Beeinflussung durch Personen außerhalb des Versicherungsvertragsverhältnisses
geht.

55
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27
-

4.
Ein Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 2, §§ 3, 4 Nr.
4
UWG besteht nicht.

Ohne Rechtsfehler hat das [X.] die -
vom Berufungsgericht offen gelassene -
Frage
eines Verstoßes gegen diese Bestimmung mit der Begründung verneint, dass es sich bei den beanstandeten Regelun-gen nicht um Verkaufsförderungsmaßnahmen wie [X.], [X.] oder Geschenke handelt
und zudem deren Inhalt für jeden aufmerk-samen informierten Versicherungsnehmer klar und verständlich ist. Da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind, kann der Senat die [X.] selbst in Übereinstimmung mit dem [X.] beantworten.

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-

5.
Weitere Ansprüche im Zusammenhang mit dem Vortrag der Klä-gerin, dass die Beklagte bei Empfehlung eines Anwalts, der eine Gebüh-renvereinbarung mit ihr unterhält, auch finanzielle Vorteile erzielt und den Versicherungsnehmer hierüber im Unklaren lässt, sind nicht Gegen-stand des Verfahrens geworden.

[X.]

[X.] [X.]

[X.] Dr. Brockmöller

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.11.2011 -
1 O 336/10 -

O[X.], Entscheidung vom 20.06.2012 -
3 [X.] -

59

Meta

IV ZR 215/12

04.12.2013

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.12.2013, Az. IV ZR 215/12 (REWIS RS 2013, 593)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 593

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IV ZR 215/12

I ZR 139/08

I ZR 178/10

IV ZR 199/10

IV ZR 21/11

IV ZR 10/11

I ZR 182/08

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