Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2010, Az. IV ZR 188/08

4. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1530

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Gegenstand

Rechtsschutzversicherung: Erstattung der durch die Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts entstehenden Rechtsanwaltskosten


Leitsatz

Das in § 5 (1) a) Satz 1 ARB 94 enthaltene Leistungsversprechen des Rechtsschutzversicherers erfasst auch die Rechtsanwaltsvergütung, die durch die Selbstvertretung eines versicherten Rechtsanwalts in einem Zivilrechtsstreit entsteht .

Tenor

1. Der Kläger wird, nachdem er seine Revision gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 26. Juni 2008 zurückgenommen hat, dieses Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Die Klägerin wird, nachdem sie ihre Revision gegen das vorbezeichnete Urteil zurückgenommen hat, soweit das Rechtsmittel die Erstattung von Rechtsverfolgungskosten aus dem [X.] (später 13 [X.]) vor dem [X.], dem Berufungsverfahren 6 S 168/05 vor dem [X.] und dem selbständigen Beweisverfahren 11 H 16/02 vor dem [X.] betrifft, in diesem Umfang des Rechtsmittels für verlustig erklärt.

2. Im Übrigen wird - unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels - auf die Revision der Klägerin das vorbezeichnete Urteil im [X.] aufgehoben, im Übrigen teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird das Urteil des [X.] vom 16. Januar 2008 dahin geändert, dass die [X.] verurteilt wird, an beide Kläger als Gesamtgläubiger [X.] € nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basissatz ab dem 24. April 2007 zu zahlen.

3. Die Kosten des Revisionsverfahrens werden wie folgt verteilt:

Von den gerichtlichen Kosten trägt der Kläger 50%, die Klägerin 44% und die [X.] 6%;

seine außergerichtlichen Kosten trägt der Kläger selbst;

von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin - mit Ausnahme der durch die [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten - trägt die Klägerin selbst 88%, die [X.] 12%,

von den außergerichtlichen Kosten der [X.]n - mit Ausnahme der durch die [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten - trägt der Kläger 50%, die [X.] selbst 6%, die Klägerin 44%,

von den der Klägerin durch die [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt die Klägerin selbst 54%, die [X.] 46%,

von den der [X.]n durch die [X.] entstandenen außergerichtlichen Kosten trägt die [X.] selbst 46%, die Klägerin 54%.

4. Die Kosten der Vorinstanzen verteilen sich wie folgt:

Von den Gerichtskosten trägt der Kläger 50%, die Klägerin 25% und die [X.] 25%,

die außergerichtlichen Kosten des [X.] trägt dieser selbst,

von den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt die Klägerin selbst 50%, die [X.] 50%,

von den außergerichtlichen Kosten der [X.]n trägt der Kläger 50%, die [X.] selbst 25% und die Klägerin 25%.

5. Streitwert für das Revisionsverfahren bis zum 25. Oktober 2010: bis 13.000 €, danach: bis 3.500 €

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin fordert - soweit im Revisionsverfahren zuletzt noch im Streit - Versicherungsleistungen für insgesamt vier selbständige Beweisverfahren aus der von ihr unter Mitversicherung ihres Ehemannes, eines Rechtsanwalts (des [X.] zu 2), bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten gehaltenen Rechtsschutzversicherung, welcher die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung ([X.]) zugrunde liegen.

2

Die Klägerin und ihr Ehemann hatten Streit mit den Vermietern des von ihnen bewohnten Hauses. Wegen behaupteter Mängel dieser Mietsache leitete der Ehemann der Klägerin unter anderem in den Jahren 2004 bis 2005 jeweils als alleiniger Antragsteller insgesamt vier selbständige Beweisverfahren ein ([X.], Aktenzeichen 13 [X.], 13 [X.], 13 [X.] und 13 [X.]). In allen Verfahren vertrat sich der Ehemann der Klägerin selbst.

3

Die Beklagte lehnte eine Erstattung der durch diese Selbstvertretung entstandenen Rechtsanwaltskosten ab. Ferner beanstandete sie, dass durch die jeweils gesonderten Anträge auf Beweissicherung unnötig hohe Kosten entstanden seien und der Ehemann der Klägerin es entgegen § 17 (5) c) aa) [X.] versäumt habe, vor Antragstellung jeweils die Zustimmung des Versicherers einzuholen. Die Parteien hatten deswegen bereits in den Jahren 2005/2006 einen Rechtsstreit um die Erstattung der Rechtsverfolgungskosten geführt. Darin wurde rechtskräftig festgestellt, dass die Beklagte "Rechtsschutz zu gewähren hat in dem Umfang, in dem sie bei Einholung ihrer Zustimmung vor Einleitung dieser Beweisverfahren zu leisten gehabt hätte".

4

Die Klägerin fordert die Erstattung der durch die Selbstvertretung ihres Ehemannes entstandenen Rechtsanwaltsgebühren. Die vier Beweisverfahren seien bei der für die Kostenerstattung maßgeblichen Gebührenermittlung getrennt abzurechnen.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Klägerin der Klage teilweise stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Klägerin nach teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels nur noch das oben genannte Klagebegehren weiter. Ihr Ehemann hat seine Revision zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision der Klägerin hat zum Teil Erfolg.

7

I. Das Berufungsgericht (dessen Urteil in [X.] 2008, 650-652 veröffentlicht ist) meint, Kosten für die anwaltliche Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin in eigener Sache müsse die Beklagte ungeachtet des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO nicht erstatten. Das allein maßgebliche, in § 5 (1) a) Satz 1 [X.] enthaltene Leistungsversprechen erfasse den Sonderfall der Selbstvertretung eines Rechtsanwalts nicht. Die nachfolgende Klausel des § 5 (2) a) [X.], wonach die Kostenübernahme vom Versicherer erst gegen Nachweis einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung oder ihrer Erfüllung verlangt werden könne, führe dem Versicherungsnehmer hinreichend vor Augen, dass nur tatsächlich bestehende Zahlungsverpflichtungen, die bei einer Selbstvertretung nicht entstünden, die Leistungspflicht des Versicherers auslösten. Der Zweck einer Rechtsschutzversicherung bestehe in der Kompensation der mit einer Rechtsverfolgung verbundenen Vermögenseinbußen und nicht darin, anderweitige Umsatz- oder Gewinnhoffnungen der versicherten Person zu erfüllen.

8

Dem Versicherer sei es auch nach [X.] und Glauben nicht verwehrt gewesen, seine Rechtsauffassung in Abkehr von früher erteilten Deckungszusagen für andere Versicherungsfälle zu ändern.

9

Im Übrigen seien die erstattungsfähigen Kosten für die letzten vier selbständigen Beweisverfahren anhand eines einzigen, fiktiv die vier Teil-Gegenstandswerte zu einem Gesamtgegenstandswert bündelnden Beweisverfahrens zu berechnen. Das folge aus der rechtskräftigen Entscheidung des Vorprozesses.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nur zum Teil stand.

Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger aus den letzten vier selbständigen Beweisverfahren weitere 1.372,05 € für anwaltliche Gebühren und Auslagen zu erstatten, die durch die anwaltliche Selbstvertretung des Ehemannes entstanden sind.

1. Ob der Rechtsschutzversicherer auch Rechtsverfolgungskosten aus einer solchen Selbstvertretung zu erstatten hat, hängt von der Auslegung der maßgeblichen Versicherungsbedingungen ab. Die hier vereinbarten [X.] enthalten unter anderem folgende Klauseln:

"§ 1 Aufgaben der Rechtsschutzversicherung

Der Versicherer sorgt dafür, daß der Versicherungsnehmer seine rechtlichen Interessen wahrnehmen kann, und trägt die für die Interessenwahrnehmung erforderlichen Kosten ([X.]

§ 5 Leistungsumfang

(1) Der Versicherer trägt

a) bei Eintritt des [X.] im Inland die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung eines am Ort des zuständigen Gerichts ansässigen Rechtsanwalts. …

(2)

a) Der Versicherungsnehmer kann die Übernahme der vom Versicherer zu tragenden Kosten verlangen, sobald er nachweist, daß er zu deren Zahlung verpflichtet ist oder diese Verpflichtung bereits erfüllt hat.

§ 17 Verhalten nach Eintritt eines [X.]

(1) Wird die Wahrnehmung rechtlicher Interessen für den Versicherungsnehmer nach Eintritt eines [X.] erforderlich, kann er den zu beauftragenden Rechtsanwalt aus dem Kreis der Rechtsanwälte auswählen, deren Vergütung der Versicherer nach § 5 Absatz 1 a und b trägt. …"

a) In Lehre und Rechtsprechung war bisher umstritten, ob [X.] eines versicherten Rechtsanwalts nach diesen Bedingungen erstattet werden müssen.

aa) Für das Straf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren wird eine solche Verpflichtung des [X.] einhellig verneint. Die Strafprozessordnung sieht eine Selbstverteidigung des Rechtsanwalts in der Rolle des Beschuldigten, Angeklagten oder Betroffenen nicht vor. Eine andere Regelung ist - wie das [X.] inzwischen wiederholt ausgesprochen hat ([X.] 53, 207, 214 f.; [X.] NJW 1998, 2205) - auch nicht von [X.] wegen geboten, weil sich die Rolle des Beschuldigten oder Betroffenen mit der dem Verteidiger zugeschriebenen Stellung eines unabhängigen Organs der Rechtspflege nicht vereinbaren lässt. Demgemäß schuldet nach ganz herrschender Meinung der Rechtsschutzversicherer keine Erstattung von [X.] aus einer Selbstverteidigung des Versicherten (vgl. die Nachweise bei Armbrüster in [X.]/[X.], [X.]. § 2 [X.] 75 Rn. 6 und [X.], r+s 2009, 265, 266 [X.]. 5 und 6; ferner die Rechtsprechungsnachweise bei [X.] in [X.], [X.] 8. Aufl. § 5 [X.] 2000 Rn. 50). Denn der Rechtsschutzversicherer muss einen Honoraranspruch, der gebührenrechtlich gar nicht entstehen kann, auch nicht erstatten ([X.] aaO S. 267; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 2. Aufl. § 37 Rn. 185).

bb) Demgegenüber ist im Zivilverfahren die Selbstvertretung eines Rechtsanwalts auch für den [X.] in § 78 Abs. 4 ZPO ausdrücklich zugelassen. Als kostenrechtliche Konsequenz daraus bestimmt § 91 Abs. 2 Satz 3 (früher Satz 4) ZPO, dass dem Rechtsanwalt in eigener Sache die Gebühren und Auslagen zu erstatten sind, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts verlangen könnte. Daher steht einer Erstattungspflicht des [X.] hier nicht entgegen, dass ein Honoraranspruch für Selbstvertretung prozesskostenrechtlich nicht entstehen kann.

(1) Teilweise wird daher in der Literatur die Auffassung vertreten, der Rechtsschutzversicherer müsse dem Rechtsanwalt als Versicherungsnehmer auch die Vergütung für eine Selbstvertretung erstatten ([X.], [X.] 6. Aufl. § 2 [X.] 75 Rn. 43; [X.] in [X.], Handbuch Versicherungsrecht 4. Aufl. § 13 Rn. 331; Buschbell in Buschbell/Hering, Handbuch Rechtsschutzversicherung 4. Aufl. § 10 Rn. 49).

(2) Inzwischen ist allerdings die auch vom Berufungsgericht vertretene Gegenmeinung im Vordringen, die dem versicherten Rechtsanwalt in der Rechtsschutzversicherung die Erstattung von Honoraren aus Selbstvertretung auch für Zivil- und Arbeitsgerichtsverfahren versagt ([X.] NJW 2009, 239; Armbrüster in [X.]/[X.], [X.]. § 2 [X.] 75 Rn. 6; [X.] in [X.], [X.] 7. Aufl. § 2 [X.] 75 Rn. 43; [X.] in [X.], [X.] 8. Aufl. § 5 [X.] 2000 Rn. 49; [X.], NJW 2009, 1564 f.; [X.], [X.] 12. Aufl. § 2 (1) a Rn. 2d; [X.], [X.] 2008, 652; [X.], [X.], 409; [X.], r+s 2009, 265, 267 ff.; [X.] in [X.]/Matusche-[X.], [X.] 2. Aufl. § 37 Rn. 185; Schilling, [X.] ([X.]) und das [X.], Diss. 1987 S. 35 ff.).

Diese Meinung nimmt für sich in Anspruch, der Wortlaut der maßgeblichen Klauseln sei in mehrfacher Hinsicht eindeutig: Verspreche der Versicherer in § 5 (1) a) [X.], die Kosten "eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts" zu tragen, so drücke schon dies unmissverständlich eine Personenverschiedenheit aus, da einerseits vom Versicherungsnehmer, andererseits von einem Rechtsanwalt die Rede sei. Im Übrigen sei anwaltliche Tätigkeit ihrem Wesen nach ohnehin in der Regel die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ([X.] aaO S. 268). Die Bestimmungen der §§ 78 Abs. 4 und 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO seien als "prozessrechtliche Sonderregeln" für die Auslegung der Versicherungsbedingungen ohne Bedeutung und regelten lediglich das gebührenrechtliche Prozessrechtsverhältnis ([X.] NJW 2009, 239). Insbesondere zeige die Fälligkeitsregelung in § 5 (2) a) [X.], dass die Erstattung von [X.] nicht versprochen sei. Die Versicherungsleistung könne nach dem Wortlaut dieser Klausel erst verlangt werden, wenn der Versicherte zur Zahlung verpflichtet sei, ihm gegenüber also ein Zahlungsanspruch erhoben werde oder er diesen bereits erfüllt habe. Ein solcher Anspruch bestehe bei der Selbstvertretung nicht, denn der Rechtsanwalt erwerbe durch sie keinen Anspruch gegen sich selbst. Vielmehr werde ein solcher Anspruch lediglich fingiert. Die Erstattung fingierter Ansprüche sei in § 5 [X.] nicht versprochen. Das folge auch aus dem Sinn, Zweck und Wesen der Rechtsschutzversicherung als einer Kostenversicherung. Versprochen werde nur die Freistellung von Kosten, die bei der Rechtsverfolgung tatsächlich entstanden seien ([X.] aaO S. 268). Für eine über den Wortlaut der genannten Klausel hinausgehende, erweiternde Auslegung, deren Zulässigkeit ohnehin fraglich sei, bestehe auch aus Gründen des Regelungszwecks keine Veranlassung. Bei diesem Verständnis des [X.] werde auch nicht die freie [X.] im Sinne der §§ 158m Abs. 1, 158o [X.] (§§ 127 Abs. 1, 129 [X.]) eingeschränkt.

b) Dem vermag sich der [X.] nicht anzuschließen. Vielmehr ergibt die Auslegung der vorgenannten Bedingungen, dass der Rechtsschutzversicherer auch Gebühren und Auslagen für eine anwaltliche Selbstvertretung erstatten muss.

aa) Versicherungsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nicht wie Gesetze, sondern so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs sie verstehen muss. Dabei kommt es in der Regel auf die [X.] eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an ([X.], 83, 85; weitere Rechtsprechungsnachweise bei [X.] in [X.]/Langheid, [X.]. vor § 1 Rn. 16). Hier besteht jedoch die Besonderheit, dass sich die in Rede stehende Auslegungsfrage ausschließlich versicherten Rechtsanwälten stellt, die sich im Zivilverfahren selbst vertreten wollen. Deshalb ist hier auf die [X.] eines solchen Rechtsanwalts abzustellen.

bb) Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, schließt die Zusage in § 5 (1) a) [X.] ("der Versicherer trägt … die Vergütung eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts") es vom Wortlaut her nicht aus, dass damit auch die Selbstvertretung gemeint sein kann. Vor dem Hintergrund, dass § 78 Abs. 4 ZPO die Selbstvertretung ausdrücklich als einen rechtlich möglichen Fall der Vertretung einer [X.] durch einen Rechtsanwalt zulässt, ist der Wortlaut der Klausel nicht eindeutig. Denn auch wenn § 78 Abs. 4 ZPO zunächst nur eine verbindliche Regelung für das Prozessrechtsverhältnis trifft, kann diese nicht ohne Einfluss auf das Verständnis des § 5 (1) a) [X.] bleiben. Der Versicherungsnehmer wird der Leistungszusage entnehmen, dass der Versicherer für diejenigen Rechtsverfolgungskosten aufkommt, die für die ordnungsgemäße Vertretung des Versicherungsnehmers durch einen Rechtsanwalt anfallen. Er wird - gerade wenn er selbst Rechtsanwalt ist - dabei auch in den Blick nehmen, dass ihm nach dem Prozessrecht die Möglichkeit offen steht, anstelle der Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts die Selbstvertretung zu wählen, zumal von § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO gewährleistet wird, dass für seine eigenen Leistungen ebenfalls erstattungsfähige Rechtsanwaltskosten anfallen. Das führt den Versicherungsnehmer oder die versicherte Person zu einem Klauselverständnis, demzufolge auch die anwaltliche Selbstvertretung als Tätigkeit "eines für den Versicherungsnehmer tätigen Rechtsanwalts" anzusehen, eine Personenverschiedenheit von Anwalt und Mandant mithin kein kennzeichnendes Merkmal des Rechtsanwaltsmandats ist.

Darin kann sich der Versicherungsnehmer durch weitere Umstände bestärkt fühlen. Zum einen bestimmt § 5 (1) a) [X.], der Versicherer erstatte die Rechtsanwaltsvergütung "… bis zur Höhe der gesetzlichen Vergütung …". Diese Bezugnahme auf das gesetzliche Gebührenrecht legt es nahe anzunehmen, dass das erstattungsfähig sein soll, was auch nach den gesetzlichen Bestimmungen im Prozessrechtsverhältnis einen Erstattungsanspruch begründet. Auch damit stellt die Klausel eine Verbindung zu den gesetzlichen Regelungen nicht nur des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes sondern auch der Zivilprozessordnung über die Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren her. Diese gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere § 78 Abs. 4 und § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO, bleiben deshalb nicht so bedeutungslos für das Klauselverständnis, wie dies vielfach angenommen wird. Es kommt hinzu, dass § 17 (1) [X.] in Anlehnung an § 158m Abs. 1 und § 158o [X.] (§§ 127 Abs. 1, 129 [X.]) dem Versicherungsnehmer das Recht einräumt, den Rechtsanwalt "aus dem Kreis der Rechtsanwälte auszuwählen, deren Vergütung der Versicherer nach § 5 Abs. 1 a und b trägt". Ist der Versicherungsnehmer oder der Versicherte Rechtsanwalt, so wird er dieser Bestimmung nicht entnehmen, dass seine Wahl nicht auf sich selbst fallen darf. Vielmehr kann er die Klausel wegen der von der Regelung in § 78 Abs. 3, § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO ausgehenden Indizwirkung dahin deuten, dass ihm auch die Selbstvertretung als eine prozessrechtlich zulässige und gebührenrechtlich erstattungsfähige Variante des Rechtsanwaltsmandats offen steht.

Dem steht § 5 (2) a) [X.] nicht entgegen. Der Versicherungsnehmer wird schon nicht annehmen, dass mit der erkennbar lediglich die Fälligkeit der Versicherungsleistung bestimmenden Klausel, eine ergänzende inhaltliche Beschränkung des in § 5 (1) [X.] umfangreich beschriebenen [X.] erfolgen soll. Vielmehr liegt es für ihn nahe, die Fälligkeitsregelung für den Sonderfall der Selbstvertretung dahin zu verstehen, dass Letztere einen Unterfall der die Fälligkeit der Versicherungsleistung auslösenden Erfüllung darstellt. [X.] auch der sich selbst vertretende Rechtsanwalt keinen verpflichtenden Zahlungsanspruch gegen sich selbst erwerben und nachweisen können, so gleicht seine Situation wirtschaftlich derjenigen eines Versicherungsnehmers, der von einem anderen Rechtsanwalt vertreten worden ist und diesem das Honorar bereits beglichen hat. In beiden Fällen ist eine geldwerte anwaltliche Leistung bereits "auf Kosten" des Versicherungsnehmers erbracht, weil der Versicherungsnehmer den jeweils erforderlichen Aufwand dafür - im einen Fall durch Einsatz von Zeit und Arbeitskraft, im anderen Fall durch Einsatz eines äquivalenten Geldbetrages - getragen hat.

2. Anders als die Revision meint, sind die von der [X.] zu erstattenden Rechtsanwaltskosten für die Selbstvertretung des Ehemannes der Klägerin nicht auf der Grundlage der vier getrennt durchgeführten selbständigen Beweisverfahren vor dem [X.] (Aktenzeichen 13 [X.], 13 [X.], 13 [X.] und 13 [X.]) zu ermitteln. Vielmehr führt die rechtskräftige Grundentscheidung des [X.] aus dem Vorprozess (22 O 298/05) dazu, die zu erstattenden Rechtsanwaltsgebühren und -auslagen anhand eines fiktiven, die vier Beweisbegehren zusammenfassenden Verfahrens zu errechnen.

a) Das [X.] hat seinen Urteilsausspruch in den Urteilsgründen dahingehend erläutert, dass bei Beachtung der Obliegenheit aus § 17 (5) c) aa) [X.], d.h. bei Einholung der Zustimmung des [X.] vor der Einleitung gerichtlicher Schritte, dem Versicherer die Möglichkeit eröffnet gewesen wäre, seine Zustimmung zu den beabsichtigten vier Beweissicherungsverfahren aus Kostengründen von einer Bündelung in einem Verfahren abhängig zu machen. Wegen der Verletzung der genannten Obliegenheit hat das [X.] im Rahmen seiner rechtskräftigen Grundentscheidung eine Leistungskürzung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 [X.]G a.F. vorgenommen. Damit steht zwischen den [X.]en bindend fest, dass die Erstattungsleistung für die vier selbständigen Beweisverfahren ungeachtet weiterer Streitpunkte in jedem Falle auf den [X.] beschränkt bleibt, der sich unter Zugrundelegung eines einheitlichen Beweissicherungsverfahrens errechnen würde.

b) Der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtgläubiger sind nach allem die in den vier letzten selbständigen Beweisverfahren entstandenen Rechtsanwaltskosten aus der Selbstvertretung des Ehemannes der Klägerin wie folgt zu erstatten: Nach § 61 Abs. 1 [X.] gilt für alle hier in Rede stehenden Verfahren das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz; ferner gilt ein Mehrwertsteuersatz von 16%.

Auf der Basis eines einzigen selbständigen Beweisverfahrens mit einem alle vier Gegenstandswerte zusammenfassenden Gegenstandswert von 20.800 € ergibt sich:

1,3 Verfahrensgebühren

839,80 €

([X.] zum [X.] Nr. 3100)

        

eine halbe Gebühr für die Beschwerde     

323,00 €

([X.] zum [X.] Nr. 3500)

        

Auslagenpauschale

20,00 €

16% Umsatzsteuer

189,25 €

                 

zusammen:

1.372,05 €

Um diesen Betrag war die Verurteilungssumme des Berufungsurteils zu erhöhen. Im Zinsausspruch hat der [X.] berücksichtigt, dass Rechtshängigkeit hier bereits am 24. April 2007 eingetreten ist. Einen die Prozesszinsen (§ 291 BGB) übersteigenden Zinsanspruch hat die Klägerin nicht schlüssig dargelegt.

Terno                                            Wendt                                            Felsch

                Harsdorf-Gebhardt                              [X.]

Meta

IV ZR 188/08

10.11.2010

Bundesgerichtshof 4. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Stuttgart, 26. Juni 2008, Az: 7 U 15/08, Urteil

§ 5 Abs 1 Buchst a S 1 ARB 1994, § 78 Abs 4 ZPO, § 91 Abs 2 S 3 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2010, Az. IV ZR 188/08 (REWIS RS 2010, 1530)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1530

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

4 K 4413/22

IV ZR 188/08

W 5 M 19.1139

W 5 M 19.1138

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