Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.07.2023, Az. 2 BvC 4/23

2. Senat | REWIS RS 2023, 3919

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Unwirksamkeit des Beitritts des Deutschen Bundestags zum Wahlprüfungsbeschwerdeverfahren der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bzgl der Bundestagswahl 2021 - zudem Ablehnungsgesuch gegen Richter Müller gegenstandslos


Tenor

Der Beitritt des Deutschen Bundestages ist unzulässig.

Der Antrag auf Ablehnung des Richters Müller ist gegenstandslos.

Gründe

1

1. Am 26. September 2021 fand die Wahl zum 20. [X.] statt. Im [X.] wurden zugleich die Wahlen zum [X.] und zu den Bezirksverordnetenversammlungen abgehalten sowie über den Volksentscheid der Initiative "[X.] enteignen" abgestimmt. Beim [X.] gingen in der Folge 2.199 [X.] gegen die [X.] ein. Über diese hat der [X.] in den Sitzungen vom 7. April 2022, 7. Juli 2022, 10. November 2022, 30. März 2023 und vom 22. Juni 2023 entschieden (vgl. [X.] 20/28 vom 7. April 2022, S. 2427 ; [X.] 20/47 vom 7. Juli 2022, [X.] ; [X.] 20/66 vom 10. November 2022, [X.] , Ergebnis: [X.] ; [X.] 20/94 vom 30. März 2023, S. 11274 ; [X.] 20/112 vom 22. Juni 2023, [X.] ).

2

2. In einem Interview im Rahmen des "[X.] Einspruch Podcast" vom 5. Oktober 2022 äußerte sich [X.] unter anderem zu Fragen im Zusammenhang mit dem [X.] Wahlgeschehen.

4

Mit Urteil vom 16. November 2022 erklärte der [X.] des [X.] die Wahlen zum [X.] Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen für ungültig (vgl. [X.] des [X.], Urteil vom 16. November 2022 - [X.] 154/21 -). Als [X.] wurde in der Folge der 12. Februar 2023 bestimmt.

5

Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die [X.] lehnte das [X.] mit Beschluss vom 25. Januar 2023 ab (vgl. [X.], Beschluss des [X.] vom 25. Januar 2023 - 2 BvR 2189/22 -).

6

1. Die Beschwerdeführerin hat die Aufhebung des Beschlusses des [X.]es und die Entscheidung des [X.]s über die Gültigkeit der Wahl sowie über die Folgen ihrer Ungültigkeit beantragt. Die Wahlprüfungsbeschwerde zielt darauf ab, die Wahl jedenfalls in den Wahlkreisen 76 und 77 vollständig sowie in den Wahlkreisen 75, 79, 80 und 83 als Einstimmenwahl (nur Zweitstimme) wiederholen zu lassen.

7

2. Mit Schreiben der Vorsitzenden des [X.] vom 14. Februar 2023 ist dem [X.], dem Bundesrat, der Bundesregierung, dem [X.] und für Heimat, dem [X.], der Bundeswahlleiterin, dem Landeswahlleiter des [X.] und den im 20. [X.] vertretenen [X.]en Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

8

3. Von dieser Gelegenheit hat der [X.] mit Schriftsatz vom 29. März 2023 Gebrauch gemacht. Darin wird neben inhaltlichen Ausführungen der Beitritt des [X.]es zu dem Verfahren erklärt und der [X.] wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

9

a) Grundlage der Erklärung des Beitritts sei eine Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (vgl. BTDrucks 20/6013), dem Verfahren beizutreten, die der [X.] mit Beschluss vom 16. März 2023 angenommen habe (vgl. [X.] 20/91, [X.]). Danach sei der Beitritt zulässig, ohne dass er in den gesetzlichen Regelungen zur Wahlprüfung ausdrücklich vorgesehen sei, zumal er die verfahrensrechtliche Stellung der anderen Beteiligten nicht verschlechtere.

aa) Der Beitritt sei im Gesetz über das [X.] schon für kontradiktorische Verfahren nicht einheitlich geregelt; er sei diesen Verfahren auch nicht vorbehalten, wie die bei [X.] geltende Regelung zeige. Das [X.] habe vor diesem Hintergrund im Rahmen eines Zwischenländerstreits entschieden, den Beitritt bei einem "offenkundigen Bedürfnis" zuzulassen (unter Bezugnahme auf [X.]E 42, 103 <118>). Zudem sei auf eine Entscheidung aus dem [X.] zu verweisen, als § 94 Abs. 5 [X.]G den Beitritt im [X.] noch nicht geregelt habe ([X.]E 24, 33 <44 f.>). Demgegenüber habe das [X.] den Beitritt im Falle von Normenkontrollverfahren verweigert, wenn das Fehlen eines eigenen Antragsrechts durch einen Beitritt unterlaufen werden sollte (unter Bezugnahme auf [X.]E 68, 346 <348 ff.>; 156, 1 <4 ff. Rn. 11 ff.> - [X.]enfinanzierung - Beitritt zur abstrakten Normenkontrolle ). Insgesamt werde der Beitritt sehr unterschiedlich gehandhabt. Erkennen ließen sich weder Konturen eines einheitlichen Verständnisses dieses Rechtsinstituts noch verallgemeinerungsfähige Kriterien für die Frage, ob ein Beitritt möglich sein solle oder nicht.

bb) Das Wahlprüfungsverfahren nach § 48 [X.]G sei nur fragmentarisch geregelt. Dies gelte etwa mit Blick auf den Rechtsfolgenausspruch und das Verhältnis zur Verfassungsbeschwerde. Es wäre befremdlich, vom Schweigen des § 48 [X.]G darauf zu schließen, dass sich zu dem Verfahren außer dem Beschwerdeführer selbst niemand äußern könne. Vielmehr sei insoweit ein "besonderer richterrechtlicher Ergänzungsbedarf" festzustellen.

cc) Der [X.] wolle im [X.] lediglich seine eigene Entscheidung gegen einen Angriff verteidigen und nicht etwas angreifen, wofür er nicht zuständig sei. Ihm sei die Aufgabe der Wahlprüfung nach Art. 41 Abs. 1 Satz 1 GG verfassungsunmittelbar zugewiesen. Das [X.] dürfe seine Befugnisse im Rahmen der Wahlprüfung daher nur unter Beteiligung des [X.]es ausüben. Da § 48 [X.]G kein [X.] vorsehe, ginge eine strenge Bindung an den Wortlaut zulasten der verfassungsrechtlich vorgesehenen Aufgabenverteilung zwischen [X.] und [X.]. Es stünde dann im freien Ermessen des Gerichts, ob und wozu sich der [X.] im [X.] äußern könne.

dd) Jedenfalls in der vorliegenden Konstellation, in der eine Fraktion als [X.]minderheit gegen die Mehrheit vorgehe, sei der Beitritt des [X.]es gerechtfertigt. Die Ablehnung der Mehrheitsentscheidung im [X.] setze sich im verfassungsgerichtlichen Verfahren fort. Die notwendige prozessuale Waffengleichheit innerhalb des [X.]es könne hier nur dadurch erreicht werden, dass ein Verfahrensbeitritt des von der Mehrheit beherrschten [X.]es zugelassen werde. Die Situation sei vergleichbar mit derjenigen des [X.] und der Möglichkeit für die [X.]mehrheit, ihren Standpunkt in diesem Verfahren zu vertreten.

b) Der [X.] sei folglich auch zur Ablehnung des Richters Müller wegen Besorgnis der Befangenheit berechtigt. Mit dem Beitritt sei der [X.] Verfahrensbeteiligter, könne [X.] stellen und Prozesshandlungen vornehmen. Dies schließe die Möglichkeit der Ablehnung des Richters Müller ein. Dessen Interviewäußerungen zum [X.] Wahlgeschehen stellten einen Befangenheitsgrund dar. Sollte der Senat den Beitritt nicht für zulässig erachten, rege der [X.] an, das Ablehnungsgesuch dennoch nach § 19 Abs. 1 [X.]G zu bescheiden.

Der Beitritt des [X.]es ist unzulässig. Es fehlt an einer gesetzlichen Regelung des Beitritts im Zusammenhang mit der Wahlprüfung nach § 48 [X.]G ([X.]). Eine analoge Anwendung der Beitrittsregelungen des [X.]sgesetzes ([X.]G) kommt nicht in Betracht (I[X.]). Es ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht angezeigt, einen Beitritt im [X.] zuzulassen (II[X.]), zumal dies zu einer zweckwidrigen Verzögerung des Verfahrens der Wahlprüfungsbeschwerde führen könnte (IV.).

Die gesetzliche Regelung des [X.]s gemäß Art. 41 Abs. 2 GG, § 48 [X.]G sieht die Möglichkeit des Beitritts nicht vor.

1. Das [X.]sgesetz regelt den Beitritt nur für einzelne, sowohl kontradiktorische als auch nicht kontradiktorische Verfahren (vgl. § 65 Abs. 1, § 69, § 82 Abs. 2, § 83 Abs. 2 Satz 2, § 88, § 94 Abs. 5 Satz 1 [X.]G). Bei den kontradiktorischen Verfahren muss sich der [X.] für die Seite des Antragstellers oder des Antragsgegners entscheiden, eine eigene dritte Position kann er nicht begründen (vgl. [X.]E 12, 308 <310>; [X.], in: [X.]/Grünewald, BeckOK [X.]G, § 65 Rn. 4 ). Bei einem Verfahren mit objektivem Beanstandungscharakter hingegen kann auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung dem Verfahren als solchem beigetreten werden. Die gesetzlichen Möglichkeiten des Beitritts sind dabei nicht Ausdruck eines allgemeinen Prinzips des Prozessrechts, welches es dem Gesetzgeber abverlangen würde, für gerichtliche Streitigkeiten generell eine Regelung zu treffen, wie eine Person oder Einrichtung, die nicht [X.] oder Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens ist, zu einem oder einer Beteiligten werden kann (vgl. [X.], in: Schmidt-Bleibtreu/[X.]/[X.], [X.]G, § 65 Rn. 3a ). Die Möglichkeit des Beitritts zum Verfahren besteht daher grundsätzlich nur dann, wenn die einschlägige Verfahrensordnung dies ausdrücklich vorsieht.

2. Für das Wahlprüfungsverfahren ist die Möglichkeit des Beitritts gesetzlich nicht geregelt (vgl. [X.], in: [X.]/Grünewald, BeckOK [X.]G, § 48 Rn. 32 ). Sie widerspräche dem Charakter des zweistufigen Verfahrens. Die Wahlprüfung ist dem Fall vergleichbar, dass die Entscheidung einer [X.] durch ein Berufungs- oder Revisionsgericht überprüft wird. Dabei wird typischerweise die erste Instanz gerade nicht als eigenständiger Beteiligter in das zweitinstanzliche Verfahren einbezogen. Bei der Wahlprüfungsbeschwerde tritt zudem die Rolle des Beschwerdeführers gegenüber der objektiven Rechtsklärung in den Hintergrund (vgl. zum objektiven Charakter [X.]E 34, 81 <96 f.>; [X.], in: [X.]/Grünewald, BeckOK [X.]G, § 48 Rn. 32 ; [X.], NVwZ 2019, S. 1814 <1815>).

Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Verzicht auf die Schaffung der Möglichkeit des Beitritts im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde gemäß § 48 [X.]G auf einer unbeabsichtigten Regelungslücke oder einem bloßen Redaktionsversehen des Gesetzgebers beruht. Dagegen spricht auch die Entstehungsgeschichte der Vorschrift. § 48 Abs. 1 Halbsatz 1 [X.]G regelte in seiner bis zum 18. Juli 2012 geltenden Fassung eine eigene Form des "Beitritts", indem er verlangte, dass der Beschwerde eines Wahlberechtigten, dessen Einspruch vom [X.] verworfen wurde, mindestens einhundert Wahlberechtigte beitreten mussten (vgl. zur Begründung BTDrucks 17/9391, [X.]). Diese Regelung ist ersatzlos gestrichen worden.

Die Voraussetzungen einer analogen Anwendung der Beitrittsregelungen des [X.]sgesetzes liegen nicht vor.

1. Das [X.]sgesetz eröffnet in § 65 Abs. 1, § 69, § 82 Abs. 2, § 83 Abs. 2, § 88, § 94 Abs. 5 Satz 1 [X.]G nur selbst Antragsberechtigten und Verfassungsorganen die Möglichkeit, den jeweiligen Verfahren beizutreten (vgl. [X.]E 156, 1 <5 Rn. 14>). Soweit das [X.] eingeräumt wird, handelt es sich regelmäßig um solche, die gemäß § 77 [X.]G mit einem gesetzlichen [X.] ausgestattet sind. Ist ein solches nicht vorgesehen, steht einer analogen Anwendung der Beitrittsregelungen des [X.]sgesetzes bereits das Fehlen vergleichbarer Tatbestände entgegen (vgl. [X.]E 156, 1 <5 Rn. 14>).

2. Eine eigene Antragsbefugnis oder ein gesetzliches [X.] des [X.]es kennt das Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde nicht. Daher ist vorliegend keine Ausgangslage gegeben, die den im [X.]sgesetz geregelten Fällen des Beitritts vergleichbar wäre. Hinzu kommt, dass es sich bei der Wahlprüfungsbeschwerde um ein auf die Feststellung von [X.]n gerichtetes objektives Verfahren handelt, in dem, soweit es einmal in Gang gesetzt ist, Anträge und Anregungen der Antragsteller nicht mehr erforderlich sind (vgl. [X.]E 68, 346 <349 ff.>; 156, 1 <6 Rn. 16>). Demgemäß ist für eine analoge Anwendung der Beitrittsregelungen des [X.]sgesetzes in diesem Verfahren wegen des Fehlens sowohl einer unbeabsichtigten Regelungslücke als auch vergleichbarer Tatbestände kein Raum.

Die Eröffnung der Möglichkeit eines Beitritts im [X.] ist - entgegen der Auffassung des [X.]es - auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten.

1. Das [X.] hat bei Auslegung und Anwendung des [X.]sgesetzes die gegebene gesetzliche Verfahrensregelung ernst zu nehmen und bei etwaiger Ausfüllung von Gesetzeslücken Zurückhaltung walten zu lassen (vgl. [X.], in: [X.]/Grünewald, BeckOK [X.]G, § 17 Rn. 7 ). Demgemäß kommt die Zulassung eines Beitritts allenfalls bei Vorliegen eines aus verfassungsrechtlichen Gründen "offenkundigen Bedürfnisses" in Betracht (vgl. [X.]E 42, 103 <118>).

2. Daran fehlt es im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde.

Dass ein Beitritt in diesem Verfahren nicht vorgesehen ist, entspricht dem objektivrechtlichen Charakter des Verfahrens, das zwar zweistufig ausgestaltet ist und als Maßstab nicht nur das Grundgesetz, sondern die Wahlrechtsordnung insgesamt heranzieht, zugleich aber der möglichst zeitnahen Feststellung der ordnungsgemäßen Zusammensetzung des [X.] dient (vgl. [X.]E 85, 148 <158>).

a) Gemäß Art. 41 Abs. 1 GG ist die Wahlprüfung zunächst Sache des [X.]es. Dessen Wahlprüfungsausschuss ist durch § 3 Abs. 1 Wahlprüfungsgesetz (WahlPrüfG) ermächtigt, die Entscheidung des [X.]es vorzubereiten. Seine Zusammensetzung und der Vorsitz sind gesetzlich vorgegeben (§ 3 Abs. 2 und 3 WahlPrüfG). Der Ausschuss hat eigene Ermittlungsmöglichkeiten und kann das Verfahren selbst gestalten. Auch wenn die Tätigkeit des Wahlprüfungsausschusses den Beschluss des [X.]es lediglich vorbereitet und sie nicht der Rechtsprechung zuzuordnen ist, so hat der Ausschuss doch eine gerichtsähnliche Funktion. Ihm obliegt es, den Sachverhalt aufzuklären, [X.] festzustellen und sein Beratungsergebnis dem [X.] zur Beschlussfassung vorzulegen.

b) Gegenstand der Wahlprüfungsbeschwerde ist die objektive Überprüfung der Entscheidung des [X.]es. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine [X.]minderheit oder − häufiger − wahlberechtigte Personen unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 Halbsatz 1 [X.]G Wahlprüfungsbeschwerde erheben. Dadurch entsteht keine kontradiktorische Verfahrenssituation, in der dem Urheber der Ausgangsentscheidung die Möglichkeit einzuräumen wäre, diese als Beteiligter zu verteidigen. Die [X.]minderheit greift mit ihrem Antrag die Entscheidung der [X.]mehrheit nicht an, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sieht. Sie wird nur als eine - privilegiert beschwerdeberechtigte - Entität tätig, die durch ihren Antrag das objektive Verfahren der Wahlprüfung durch das [X.] in Gang setzt. Aus der bloßen Betroffenheit einer Entscheidung des [X.]es lässt sich nicht die Notwendigkeit für die [X.]mehrheit herleiten, im Verfahren vor dem [X.] mit eigenen Rechten ausgestatteter Verfahrensbeteiligter zu sein. Die vom Verfahrensbevollmächtigten insoweit angeführte "prozessuale Waffengleichheit" setzt voraus, dass zwei [X.]en sich miteinander in einem Rechtsstreit befinden und die Verfahrensordnung Vorsorge gegen ein Ungleichgewicht in dieser Auseinandersetzung treffen muss. Diese Konstellation ist vorliegend von vornherein nicht gegeben.

c) Deshalb fehlt es an einem aus verfassungsrechtlichen Vorgaben ableitbaren "offenkundigen Bedürfnis" zur Zulassung des Beitritts im Verfahren der Wahlprüfungsbeschwerde. Das schließt jedoch nicht aus, dass in diesem Verfahren dem [X.] Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Vielmehr ist dies - nicht zuletzt zur Wahrung des Amtsermittlungsgrundsatzes - regelmäßig angezeigt. Demgemäß ist auch im vorliegenden Verfahren dem [X.] Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt worden.

Schließlich spricht auch das Gebot der Verfahrensbeschleunigung in Wahlprüfungsverfahren gegen eine über das Gesetz hinausgehende Beitrittsmöglichkeit.

Mit der Zahl der förmlich am [X.] Beteiligten nehmen Komplexität und Dauer dieses Verfahrens zu. Dies steht jedoch im Widerstreit zu dem Zweck der Wahlprüfung, zügig über die ordnungsgemäße Zusammensetzung des [X.] und die Wiederholung der [X.] zu entscheiden. Die Wahlprüfung ist ein Verfahren, welches zwar bei den [X.] seinen Ausgang nimmt, im Übrigen aber vorrangig einem objektiven Interesse dient. Nur wenn die Wahl nicht für ungültig erklärt wird, wird gegebenenfalls die Verletzung subjektiver Rechte gesondert festgestellt (§ 48 Abs. 3 [X.]G). Die Zulassung des Beitritts wäre dem Zweck des Verfahrens abträglich, möglichst zeitnah über die ordnungsgemäße Zusammensetzung des [X.] zu entscheiden.

Der [X.] ist mangels zulässigen Beitritts oder anderweitiger Regelung, die ihn in den Stand eines Beteiligten versetzen würde, nicht berechtigt, einen Antrag nach § 19 [X.]G zu stellen. Deshalb und weil eine Entscheidung über die Besorgnis der Befangenheit eines Richters von Amts wegen nicht zulässig ist, war eine solche Entscheidung mit Blick auf den [X.] nicht veranlasst (vgl. [X.]E 46, 34 <37 ff.>; [X.], Beschluss des [X.] vom 25. Januar 2023 - 2 BvR 2189/22 -, Rn. 101 - [X.] Berlin - eA).

Diese Entscheidung ist im Ergebnis einstimmig ergangen.

Meta

2 BvC 4/23

05.07.2023

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvC

nachgehend BVerfG, 19. Dezember 2023, Az: 2 BvC 4/23, Urteil

§ 19 Abs 1 BVerfGG, § 48 BVerfGG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 05.07.2023, Az. 2 BvC 4/23 (REWIS RS 2023, 3919)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 3919

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