BT-Drucksache 16/4845

Deutschland braucht Mindestlöhne

Vom 27. März 2007


Deutscher Bundestag Drucksache 16/4845
16. Wahlperiode 27. 03. 2007

Antrag
der Abgeordneten Werner Dreibus, Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar Bartsch,
Karin Binder, Dr. Lothar Bisky, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Dr. Martina
Bunge, Roland Claus, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Dr. Dagmar Enkelmann,
Klaus Ernst, Wolfgang Gehrcke, Diana Golze, Heike Hänsel, Lutz Heilmann,
Hans-Kurt Hill, Cornelia Hirsch, Inge Höger, Dr. Barbara Höll, Ulla Jelpke,
Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Hakki Keskin, Katja Kipping, Monika Knoche,
Jan Korte, Katrin Kunert, Michael Leutert, Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch,
Ulrich Maurer, Dorothee Menzner, Kornelia Möller, Kersten Naumann, Wolfgang
Neskovic, Dr. Norman Paech, Petra Pau, Bodo Ramelow, Elke Reinke, Paul Schäfer
(Köln), Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Herbert Schui, Dr. Ilja Seifert,
Dr. Petra Sitte, Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Axel Troost, Alexander
Ulrich, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann, Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine
und der Fraktion DIE LINKE.

Deutschland braucht Mindestlöhne

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Deutschland ist – gemessen an der gesamtwirtschaftlichen Leistung – so reich
wie nie zuvor. Trotzdem arbeiten viele Menschen den ganzen Tag, können aber
sich und ihre Familien vom erarbeiteten Lohn nicht ernähren. Armutslöhne sind
ungerecht und unsozial. Sie missachten die Leistung der Arbeitnehmerinnen
und Arbeitnehmer. Das ist ein Skandal. Wer voll arbeitet, muss davon leben
können.

Großbritannien, die Niederlande, Belgien – die meisten unserer europäischen
Nachbarn – und selbst die USA praktizieren Mindestlöhne mit Erfolg. Auch in
Deutschland ist es höchste Zeit: für gerechte Löhne und gute Arbeit, für soziale
Sicherheit und Mindestlöhne!

Menschen, die einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgehen, müssen von ihrer
Arbeit auch menschenwürdig leben können.

II. Der Deutsche Bundestag fordert deshalb die Bundesregierung auf,
● tarifvertragliche Lösungen für Mindestlöhne zu fördern und dazu das
Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf alle Wirtschaftsbereiche auszuweiten;

● für Branchen, in denen tarifliche Lösungen nicht greifen oder Tariflöhne ein
Mindestniveau unterschreiten, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen,
der sich in seiner Höhe am Niveau vergleichbarer europäischer Länder ori-
entiert.

Drucksache 16/4845 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Begründung

Deutschland braucht Mindestlöhne:

● Die Einkommensschere geht weiter auseinander. Während Spitzengehälter
zunehmen, stagnieren die Löhne für viele Beschäftigte.

● Mehr als 2,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte arbeiten in Deutschland für
Armutslöhne, die weniger als 50 Prozent des Durchschnittslohns betragen.

● Lohndumping richtet sich gegen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Dumpinglöhne schwächen aber auch die Wettbewerbsfähigkeit von Betrie-
ben, die faire Löhne zahlen.

● Die Tarifbindung nimmt weiter ab. Nur 68 Prozent der Beschäftigten in
Westdeutschland und 53 Prozent in Ostdeutschland erhalten tariflich verein-
barte Löhne. Armutslöhne gibt es nicht nur bei tarifungebundenen Arbeit-
gebern. Auch viele Tariflöhne liegen zwischen 3 und 4 Euro.

● Niedriglöhne sind nicht allein die Folge zu geringer Qualifikationen. 60 Pro-
zent der Beschäftigten im Niedriglohnsektor verfügen über eine abgeschlos-
sene Berufsausbildung.

● Die Aufstiegsmobilität in besser bezahlte Jobs ist gering. Niedriglöhne sind
kein Einstieg in eine bessere Zukunft, sondern bedeuten meist Verharren in
Armut.

Berlin, den 27. März 2007

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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