BT-Drucksache 16/12130

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Vom 4. März 2009


Deutscher Bundestag Drucksache 16/12130
16. Wahlperiode 04. 03. 2009

Antrag
der Abgeordneten Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. Dietmar Bartsch, Karin Binder,
Dr. Lothar Bisky, Heidrun Bluhm, Eva Bulling-Schröter, Dr. Martina Bunge,
Roland Claus, Sevim Dag˘delen, Dr. Diether Dehm, Werner Dreibus, Dr. Dagmar
Enkelmann, Klaus Ernst, Wolfgang Gehrcke, Diana Golze, Heike Hänsel,
Lutz Heilmann, Hans-Kurt Hill, Cornelia Hirsch, Inge Höger, Dr. Barbara Höll,
Ulla Jelpke, Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Hakki Keskin, Katja Kipping, Monika
Knoche, Jan Korte, Katrin Kunert, Michael Leutert, Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch,
Ulrich Maurer, Dorothee Menzner, Kornelia Möller, Kersten Naumann, Wolfgang
Neskovic, Dr. Norman Paech, Petra Pau, Bodo Ramelow, Elke Reinke, Paul Schäfer
(Köln), Volker Schneider (Saarbrücken), Dr. Herbert Schui, Dr. Ilja Seifert,
Dr. Petra Sitte, Frank Spieth, Dr. Kirsten Tackmann, Dr. Axel Troost, Alexander
Ulrich, Jörn Wunderlich, Sabine Zimmermann und der Fraktion DIE LINKE.

Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Der Bundestag wolle beschließen:

Es wird ein Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 44 des Grundgesetzes ein-
gesetzt. Dem Untersuchungsausschuss sollen 7 ordentliche Mitglieder (CDU/
CSU: 2 Mitglieder, SPD: 2 Mitglieder, FDP: 1 Mitglied, DIE LINKE.: 1 Mit-
glied, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: 1 Mitglied) und eine entsprechende An-
zahl von stellvertretenden Mitgliedern angehören.

Der Untersuchungsausschuss soll klären,

I. ob, inwieweit und seit wann die Bundesregierung, insbesondere der Bundes-
minister der Finanzen, Peer Steinbrück, über die Liquiditätsprobleme der Hypo
Real Estate Holding AG (HRE) informiert war, die dazu geführt haben, dass die
Bundesregierung und ein Konsortium aus Vertretern des privaten Banken-
sektors erstmalig am 29. September 2008 die Übernahme von Bürgschaften für
die Verbindlichkeiten der HRE zugesagt haben, und damit zusammenhängend,

1. seit wann und inwieweit das Bundesministerium der Finanzen von der Bun-
desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) über die im Rahmen
eigener durchgeführter bzw. in ihrem Auftrag durch die Bundesbank durch-
geführten Prüfungen der HRE sowie den ihrer (ausländischen) Töchter fest-
gestellten unbesicherten Refinanzierungsbedarf der HRE unterrichtet war,
2. welchen Dienststellen des Bundesministeriums der Finanzen (Zwischen-)
Berichte der BaFin mit welchem Inhalt über die Prüfung der HRE wann zu-
gegangen sind,

Drucksache 16/12130 – 2 – Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

3. wie hoch der unbesicherte Refinanzierungsbedarf der HRE darin beziffert
worden ist,

4. ob der Bundesregierung, insbesondere dem Bundesministerium der Finan-
zen, vor dem 29. September 2008 bekannt war, dass etwaige Ansprüche
gegen die an der Abspaltung, aus der die HRE hervorgegangen ist, betei-
ligten Rechtsträger (vgl. dazu das Börsenzulassungsprospekt der Hypo
Real Estate Group für die künftige Hypo Real Estate Holding AG vom
19. September 2003, S. 15 ff.) im Herbst 2008 verjähren würden,

5. ob, wann und inwieweit die Bundesregierung, insbesondere Bundesminis-
ter Peer Steinbrück selbst und die Bundesminister der übrigen zuständig-
keitshalber damit zu befassenden Bundesministerien, durch ihre Häuser
auf diesen Umstand hingewiesen worden sind,

6. ob und inwieweit die drohende Verjährung von Ansprüchen der HRE ge-
gen die an der Abspaltung beteiligten Rechtsträger beachtet worden ist bei
der Terminierung der Verhandlungen von Bundesminister Peer Steinbrück,
des Präsidenten der BaFin und der Vertreter des privaten Bankensektors,
die zu der Bürgschaftszusage vom 29. September 2008 geführt haben,

7. ob und ggf. in welcher Weise Personen aus dem gegenwärtigen oder ehe-
maligen Umfeld der an der Abspaltung beteiligten Rechtsträger direkt oder
indirekt in die Verhandlungen vom 28./29. September 2008 einbezogen
waren,

8. ob und inwieweit die Haftung der an der Abspaltung im Jahr 2003 beteilig-
ten Rechtsträger und deren drohende Verjährung in den Verhandlungen
vom 28./29. September 2008 erörtert worden sind,

9. was im Rahmen der Vorbereitung der Bürgschaftszusage vom 29. Septem-
ber 2008 unternommen wurde, um auf eine Frist wahrende Geltendma-
chung etwaiger Ansprüche der HRE gegenüber den an der Abspaltung be-
teiligten Rechtsträgern hinzuwirken,

10. was seit dem 29. September 2008 seitens des Bundesministeriums der
Finanzen und der anderen, zuständigkeitshalber damit zu befassenden
Bundesministerien unternommen wurde, um aufzuklären, ob und wenn ja,
weshalb die Leitung des Bundesministeriums der Finanzen und der ande-
ren betroffenen Bundesministerien, insbesondere deren Bundesminister,
nicht rechtzeitig vor deren Eintritt über die drohende Verjährung der Haf-
tung der an der Abspaltung beteiligten Rechtsträger für die HRE informiert
worden sind,

11. welche organisatorischen und rechtlichen Konsequenzen seitdem im Bun-
desministerium der Finanzen und den anderen zuständigkeitshalber damit
zu befassenden Bundesministerien gezogen wurden oder geplant sind, um
künftig zu gewährleisten, dass die politische Leitung der jeweiligen Häu-
ser, insbesondere deren Bundesminister, rechtzeitig unterrichtet werden,
wenn Ansprüche von Unternehmen des Finanzsektors, für deren Verbind-
lichkeiten der Bund im Zuge der Finanzmarkstabilisierung Bürgschaften
übernimmt oder zu übernehmen beabsichtigt, gegen Dritte zu verjähren
drohen,

12. wie insbesondere organisatorisch und rechtlich sichergestellt wird, dass die
(Zwischen-)Berichte der BaFin zur finanziellen Situation von ihr selbst
geprüfter oder in ihrem Auftrag geprüfter Kreditinstitute künftig unverzüg-
lich der politischen Leitung der damit zuständigkeitshalber zu befassenden
Bundesministerien, insbesondere deren Bundesminister, zugeleitet werden,

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode – 3 – Drucksache 16/12130

II. in Bezug auf die noch ausstehende Einbeziehung von Finanzholdings in die
staatliche Finanzaufsicht,

1. ob es zutrifft, dass sich die BaFin bereits im Frühjahr 2007 an das Bundes-
ministerium der Finanzen gewendet hat, um im Interesse einer wirksameren
Kontrolle des Finanzsektors auf eine Einbeziehung von Finanzholdings in
die staatliche Finanzaufsicht hinzuwirken (vgl. den Bericht des Nachrichten-
magazins DER SPIEGEL, Ausgabe 6/2009),

2. ob, wann und inwieweit die politische Leitung des Bundesministeriums der
Finanzen, insbesondere der Bundesminister, mit diesem Vorschlag der
BaFin befasst worden ist,

3. wann mit der Erarbeitung der dafür erforderlichen Rechtsgrundlagen begon-
nen worden ist,

III. in Bezug auf die Entstehung der HRE durch Abspaltung von der Hypo Ver-
einsbank (HVB) im Jahr 2003,

1. ob es im Vorfeld der Abspaltung bereits Beanstandungen der betroffenen
Geschäftsbereiche der HVB bzw. ihrer Tochtergesellschaft, der DIA GmbH,
durch die staatliche Finanzaufsicht gegeben hat,

2. worauf sich diese Beanstandungen gegebenenfalls im Einzelnen bezogen,

3. ob und wann das Bundesministerium der Finanzen seinerzeit über solche
Beanstandungen unterrichtet worden ist,

4. ob und wann die politische Leitung des Bundesministeriums der Finanzen,
insbesondere der Bundesminister, damit befasst worden ist.

Berlin, den 4. März 2009

Dr. Gregor Gysi, Oskar Lafontaine und Fraktion

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