Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.05.2019, Az. 2 BvR 649/19

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2019, 7130

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT PARTEIEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT ALTERNATIVE FÜR DEUTSCHLAND (AFD) FINANZIERUNG STIFTUNGEN

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Streit über Gewährung von Zuschüssen an parteinahe Stiftung ist nichtverfassungsrechtlicher Art - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Erschöpfung des insoweit eröffneten Rechtswegs zu den Verwaltungsgerichten - keine Vorabentscheidung geboten


Tenor

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

2. Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] sind nicht erfüllt. Die Verfassungsbeschwerde ist insgesamt unzulässig.

2

1. Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen wendet, dass das [X.], für Bau und Heimat ihm auf seine Anträge keine Globalzuschüsse gewährt und das [X.] im Auftrag des [X.] entsprechende Ablehnungsbescheide und einen Widerspruchsbescheid erlassen hat (Beschwerdegegenstände Nummern 1 bis 3, 7 und 8), hat er nicht den Rechtsweg erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]).

3

a) Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art.

4

aa) Für die Bestimmung der Rechtsnatur des Streits kommt es auf das Rechtsverhältnis an, in dem die geltend gemachten Ansprüche wurzeln; dabei ist maßgebend auf das verfassungsrechtliche Grundverhältnis abzustellen. Auf die Vorstellung des Beschwerdeführers und die von ihm behauptete Rechtsnatur des Streitverhältnisses kommt es hingegen nicht an (vgl. [X.] 42, 103 <110 f., 113>; 62, 295 <313>; 109, 1 <6 f.>).

5

Ein verfassungsrechtliches Rechtsverhältnis kann nur zwischen Faktoren bestehen, die am Verfassungsleben beteiligt sind ([X.] 1, 208 <221>; 27, 240 <245 f.>; vgl. auch [X.] 64, 301 <312 f.>). Die geltend gemachten Ansprüche müssen sich aus einem beide Teile umschließenden materiellen Verfassungsrechtsverhältnis ergeben (vgl. [X.] 2, 143 <159>; 13, 54 <72 f.>), mithin aus Rechtsbeziehungen, die zwischen Verfassungsorganen oder am Verfassungsleben beteiligten Organen zueinander bestehen (BVerwGE 36, 218 <228>; 51, 69 <71>).

6

bb) Dies ist beim Beschwerdeführer, einem eingetragenen Verein, nicht der Fall. Er steht zwar der Alternative für [X.] ([X.]) nahe, hebt aber in seiner Verfassungsbeschwerde selbst hervor, dass er von dieser [X.] deutlich abgegrenzt, nach seiner Satzung rechtlich selbständig und organisatorisch unabhängig ist. Die Abwehr einer Grundrechtsverletzung ist auch nicht allein deshalb dem [X.] zuzurechnen, weil nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Verfassungsorgan gehandelt hat oder weil sich die Maßnahme ihrerseits nach Verfassungsrecht beurteilt (vgl. [X.] 1, 208 <221>; 13, 54 <72 f.>; 27, 240 <246>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 14. Oktober 1987 - 2 BvR 64/87 -, NVwZ 1988, S. 817 f.; BVerwG, Urteil vom 28. November 1975 - [X.]/73 -, NJW 1976, S. 637 <638>; BVerwGE 51, 69 <71>).

7

b) Den verwaltungsgerichtlichen Rechtsweg hat der Beschwerdeführer bislang nicht erschöpft. Zwar hat er vom [X.], für Bau und Heimat einen rechtsmittelfähigen Bescheid über die dort gestellten Anträge gefordert und jedenfalls gegen den Ablehnungsbescheid des beauftragten [X.]s vom 7. Dezember 2018 Widerspruch erhoben (§§ 68 ff. VwGO). Der Beschwerdeführer ist jedoch weiterhin gehalten, gegen die Ablehnungsbescheide in Gestalt der späteren Widerspruchsbescheide Anfechtungsklagen zu erheben (§ 42 Abs. 1, § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und gegebenenfalls die nach der Verwaltungsgerichtsordnung statthaften Rechtsmittel einzulegen.

8

2. Eine Vorabentscheidung des [X.] ist nicht veranlasst. Der Beschwerdeführer hat nicht hinreichend dargelegt, dass die Verfassungsbeschwerde von allgemeiner Bedeutung ist oder dass ihm ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde (§ 90 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Es ist nicht erkennbar, dass über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus zahlreiche gleichgelagerte Fälle mitentschieden werden würden (vgl. [X.] 108, 370 <386>). Auch die vom Beschwerdeführer geäußerte Auffassung, er (sein Fall) liege "in den nächsten Jahren so sinnlos wie kostenträchtig vor den Verwaltungsgerichten", begründet allenfalls einen Nachteil allgemeiner Natur, wie er sich durch die Rechtsverfolgung im Prozess ergeben kann, der aber keine vorzeitige Entscheidung durch das [X.] rechtfertigt (vgl. [X.] 1, 69 f.; 8, 222 <226>; [X.]K 17, 448 <454 f.>). Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass ihm für den Weg durch den verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug die erforderlichen finanziellen Mittel fehlen, hat er diese Behauptung nicht belegt und sich dabei auch nicht mit der Möglichkeit der Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 166 VwGO) auseinandergesetzt.

9

Soweit der Beschwerdeführer unmittelbar Beschlüsse des Haushaltsausschusses des [X.] und das Haushaltsgesetz 2019 angreift, fehlt ihm die Beschwerdebefugnis. Er ist nicht selbst, gegenwärtig und unmittelbar in Grundrechten betroffen (vgl. [X.] 1, 97 <101>; 49, 1 <8>; stRspr). Denn wie die Verfassungsbeschwerde selbst erkennt, entfaltet das Haushaltsgesetz ([X.]) keine unmittelbare Außenwirkung und begründet dementsprechend keine Ansprüche Dritter (vgl. [X.] 1, 299 <307>; 38, 121 <126>; 55, 349 <362>; 79, 311 <327>; [X.], in: [X.], [X.], 8. Aufl. 2018, Art. 110 Rn. 37; Gröpl, in: [X.] Kommentar zum [X.], 174. Aktualisierung September 2015, Art. 110 Rn. 201, 239). Dies gilt erst recht für die angegriffenen Beschlüsse des Haushaltsausschusses des [X.] (Beschwerdegegenstände Nummern 4 und 10) und den einem solchen Beschluss zugrundeliegenden Entwurf des [X.] (Beschwerdegegenstand Nummer 9).

Soweit die Verfassungsbeschwerde schließlich bemängelt, das [X.], für Bau und Heimat unterlasse es fortdauernd, dass auch der Beschwerdeführer zu "[X.]n" hinzugezogen werde ([X.]), fehlt es an einem hinreichend bestimmten, konkreten Akt der öffentlichen Gewalt als tauglichem Beschwerdegegenstand (vgl. [X.], [X.], 2. Aufl. 2015, § 90 Rn. 157). Der Beschwerdeführer legt lediglich dar, dass die parteinahen Stiftungen - mit Ausnahme des Beschwerdeführers - in der Vergangenheit "[X.]" durchgeführt hätten. Er trägt aber nicht vor, auf welche Art und Weise das [X.], für Bau und Heimat auf den Teilnehmerkreis und den Ablauf solcher - von ihm nicht ausgerichteten - "[X.]" hätte Einfluss nehmen können und müssen. Auch ist nicht erkennbar, auf welche - vergangenen oder zukünftigen - "[X.]" und auf welches konkrete hoheitliche Handeln oder Unterlassen des [X.] sich die Verfassungsbeschwerde bezieht. Jedenfalls wäre der Beschwerdeführer auch insoweit gehalten, den behaupteten [X.] zunächst im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen (vgl. oben I. 1.).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Durch die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (vgl. § 40 Abs. 3 GO[X.]; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 23. Januar 2019 - 2 BvR 2429/18 -, Rn. 76).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 649/19

20.05.2019

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Beschluss

Sachgebiet: BvR

§ 90 Abs 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 2 BVerfGG, HG 2019, § 40 Abs 1 S 1 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 20.05.2019, Az. 2 BvR 649/19 (REWIS RS 2019, 7130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 7130


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 BvE 3/19

Bundesverfassungsgericht, 2 BvE 3/19, 22.02.2023.

Bundesverfassungsgericht, 2 BvE 3/19, 28.07.2022.

Bundesverfassungsgericht, 2 BvE 3/19, 22.07.2020.


Az. 2 BvR 649/19

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 649/19, 20.05.2019.


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Staatliche Förderung der Tätigkeit parteinaher Stiftungen bedarf einer besonderen gesetzlichen Grundlage - Haushaltsgesetz insofern nicht …


Referenzen
Wird zitiert von

2 BvE 3/19

16 K 2526/19

Zitiert

2 BvR 2429/18

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