Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.11.2010, Az. III ZR 32/10

3. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 1715

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ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) VERFAHRENSDAUER

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Gegenstand

Amtspflichtverletzung des Richters: Richterspruchprivileg für prozessleitende Maßnahmen und Grenzen der Überprüfbarkeit der richterlichen Prozessführung und einer pflichtwidrigen Verfahrensverzögerung im Amtshaftungsprozess


Leitsatz

1. Das Richterspruchprivileg des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB (Amtspflichtverletzung "bei dem Urteil in einer Rechtssache") erfasst auch alle prozessleitenden Maßnahmen, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch Urteil zu entscheiden, also die Grundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen .

2. Auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB ist der verfassungsrechtliche Grundsatz der richterlichen Unabhängigkeit zu berücksichtigen. Daraus folgt, dass das richterliche Verhalten bei der Prozessführung im Amtshaftungsprozess nur auf seine Vertretbarkeit hin zu überprüfen ist. Bei der Würdigung, ob dem Richter pflichtwidrige Verzögerungen anzulasten sind (§ 839 Abs. 2 Satz 2 BGB), ist zu beachten, dass sich bei zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet. Der Zeitfaktor ist aber auch bei langer Verfahrensdauer nicht der allein entscheidende Maßstab .

Tenor

Auf die Revision des beklagten [X.] wird das Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 8. Januar 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des [X.], an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger verlangt vom beklagten Land aus dem Gesichtspunkt der Amtshaftung Schadensersatz wegen überlanger Verfahrensdauer eines Zivilprozesses.

2

Der Kläger betrieb vormals ein Transportunternehmen. In den Jahren 1981/1982 war er als Subunternehmer der Firma [X.] (im Folgenden: Fa. [X.]) bei dem Neubau zweier [X.] tätig. Bei Abrechnung der Leistungen entstand Streit unter anderem darüber, ob dem Kläger in erster Linie Beförderungsleistungen (Abtransport der angefallenen Erd- und Gesteinsmassen) mit der Folge eines Vergütungsanspruchs nach dem insoweit bindenden Tarif für den Güternahverkehr ([X.]) oder aber Erdarbeiten mit der Folge einer Abrechnung nach den vertraglichen Bestimmungen und damit im Wesentlichen nach Massen in Auftrag gegeben worden waren. Die Firma [X.] bezahlte die nach Maßgabe des [X.] erstellten klägerischen Rechnungen nur teilweise.

3

In dem darauf vom Kläger eingeleiteten Rechtsstreit, in dem die Fa. [X.] hilfsweise die Aufrechnung mit bestrittenen Gegenforderungen geltend machte, hat das [X.] mit Urteil vom 18. April 1985 die Klageforderung dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt; der Kläger dürfe nach dem [X.] abrechnen. Die hiergegen gerichtete Berufung hat das [X.] unter dem 19. Juni 1986 zurückgewiesen. Durch Beschluss vom 24. Juni 1987 hat der [X.] die Revision der Firma [X.] nicht angenommen.

4

Im anschließenden Betragsverfahren hat das [X.] nach umfangreicher Beweisaufnahme mit Schlussurteil vom 24. Mai 1996 der Klage teilweise stattgegeben. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Berufung eingelegt. Während des Berufungsverfahrens vor dem [X.], in dem zunächst eine weitere umfangreiche Beweisaufnahme stattfand, wurde durch Beschluss des [X.] vom 1. Februar 2002 auf Antrag der Firma [X.] vom 23. November 2001 über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger erhielt am 11. November 2002 aus einer von der Fa. [X.] zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Schlussurteil des [X.] vormals gestellten Prozessbürgschaft 680.000 DM (347.678,47 €). Das Berufungsverfahren endete mit einem am 1. März 2004 zwischen dem Kläger und dem Insolvenzverwalter abgeschlossenen Vergleich. Wegen Masseunzulänglichkeit hat der Kläger allerdings keine Aussicht, die hieraus resultierenden weitergehenden Ansprüche gegen die Firma [X.] durchzusetzen.

5

Seinen diesbezüglichen Ausfallschaden macht der Kläger nunmehr gegenüber dem beklagten Land geltend. Die im Vorprozess tätigen Gerichte hätten pflichtwidrig das Verfahren nicht ausreichend gefördert. Bei ordnungsgemäßer Sachbehandlung hätte der Vorprozess spätestens bis Ende 1990 mit einem rechtskräftigen Urteil, das bezüglich einer Zahlungsverpflichtung der Fa. [X.] nicht hinter dem Vergleich vom 1. März 2004 zurückgeblieben wäre, beendet sein müssen. Die Zahlungsunfähigkeit der Fa. [X.] sei erst viele Jahre später eingetreten.

6

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das beklagte Land verurteilt, an den Kläger 530.841,67 € nebst Zinsen, abzüglich am 11. November 2002 erstatteter 347.678,47 €, zu zahlen. Hiergegen wendet sich das beklagte Land mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsgericht.

I.

8

Das [X.]erufungsgericht ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem [X.]esichtspunkt der Amtshaftung zustehe. Der Vorprozess sei phasenweise durch die am [X.] sowie am [X.] mit der Sache befassten [X.] nicht mit der gebotenen [X.]eschleunigung bearbeitet und hierdurch dem Kläger schuldhaft und kausal ein Vermögensschaden zugefügt worden. Zwar sei das Verhalten der [X.]erichte im sogenannten [X.]rundverfahren nicht zu beanstanden. Jedoch sei es im [X.]etragsverfahren sowohl in erster als auch in zweiter Instanz zu pflichtwidrigen Verstößen gegen die gerichtliche Prozessförderungspflicht gekommen. Die hierauf zurückzuführende Verzögerung belaufe sich auf insgesamt 34 Monate. Ohne diese hätte im Vorprozess jedenfalls bis Mitte 2000 ein vollstreckungsfähiges [X.]erufungsurteil ergehen können, wobei dem Kläger, wäre der Vorprozess streitig entschieden worden, ein Vergütungsanspruch von 530.841,67 € nebst Zinsen (abzüglich 347.678,47 €) hätte zugesprochen werden müssen. Zu diesem [X.]punkt hätte die Firma [X.] von ihrer Hausbank auch noch die notwendigen Kreditmittel erhalten, um einer entsprechenden Zahlungsverpflichtung nachzukommen oder - im Falle der beabsichtigten Revisionseinlegung - durch Stellung einer [X.]ankbürgschaft die Vollstreckung abzuwenden.

II.

9

Diese [X.]eurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand.

1. Als [X.] haftet das beklagte Land für etwaiges dienstliches Fehlverhalten der mit der [X.]earbeitung und Entscheidung des [X.] befassten [X.]erufsrichter des [X.] sowie des [X.] nach § 839 [X.][X.][X.], Art. 34 Satz 1 [X.][X.]. Im Rahmen eines anhängigen Rechtsstreits üben die hieran beteiligten [X.] in Wahrnehmung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amts hoheitliche Tätigkeit aus. Die Haftung des beklagten [X.] erfasst dabei auch den hier streitgegenständlichen Fall einer [X.] Sachbearbeitung durch die [X.]erichte (vgl. nur [X.], [X.]eschluss vom 5. Februar 1998 - [X.], [X.], 2288, 2289; [X.], Urteil vom 11. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 260 Rn. 17 ff).

a) Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 [X.][X.]) ist in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 [X.][X.] für zivilrechtliche Streitigkeiten die [X.]ewährleistung eines wirkungsvollen Rechtsschutzes abzuleiten (vgl. nur [X.] 54, 277, 291; 85, 337, 345). Dazu gehört auch, dass streitige Rechtsverhältnisse in angemessener [X.] geklärt werden (vgl. nur [X.] 88, 118, 124; [X.] NJW 1997, 2811, 2812; NJW 1999, 2582, 2583; NJW 2000, 797). Hierbei verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Verpflichtung des [X.]erichts, sich nachhaltig um eine Förderung und [X.]eendigung des Verfahrens zu bemühen (vgl. nur [X.] NJW 2001, 214, 215; NJW 2004, 3320; NJW 2005, 739; NJW 2008, 503, 504). Die [X.]erichte müssen daher - und zwar als drittbezogene Amtspflicht gegenüber den Parteien - anhängige Verfahren mit der gebotenen [X.]eschleunigung bearbeiten und bei [X.] möglichst zeitnah abschließen. Der aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Anspruch auf Justizgewährung beinhaltet insoweit das Recht auf eine Entscheidung innerhalb angemessener Frist; gleiches folgt im Übrigen auch aus Art. 6 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.] aaO).

b) Soweit nach § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] ein [X.], der bei dem Urteil in einer Rechtssache seine Amtspflichten verletzt, für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich ist, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht, gilt diese Privilegierung nach § 839 Abs. 2 Satz 2 [X.][X.][X.] nicht im Falle einer pflichtwidrigen Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amts. Satz 2 spricht hierbei nur die Selbstverständlichkeit aus, dass pflichtwidrige Untätigkeit des [X.]s keine fehlerhafte Tätigkeit bei einem Urteil ist (vgl. nur [X.]/[X.], [X.][X.][X.], Neubearb. 2007, § 839 Rn. 334). Nicht unter Satz 2 fallen deshalb Maßnahmen des [X.]erichts, die rechtzeitig getroffen wurden, aber im Ergebnis zu einer Verlängerung des Verfahrens geführt haben. Aber auch soweit das richterliche Verhalten nicht von § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] erfasst wird, kann bei der [X.]eurteilung der Frage, ob eine haftungsbegründende Verzögerung vorliegt, der verfassungsrechtlich garantierte [X.]rundsatz richterlicher Unabhängigkeit (Art. 97 Abs. 1 [X.][X.]) nicht unberücksichtigt bleiben.

aa) Durch die Formulierung in § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] ("bei dem Urteil", nicht "durch das Urteil") werden nicht nur Mängel erfasst, die in dem Urteil selbst liegen oder die unmittelbar bei seinem Erlass begangen werden. Vielmehr sind privilegiert auch alle Maßnahmen, die objektiv darauf gerichtet sind, die Rechtssache durch Urteil zu entscheiden, also die [X.]rundlagen für die Sachentscheidung zu gewinnen (vgl. nur [X.], Urteile vom 28. Oktober 1965 - [X.], [X.] 1966, 28 f; 11. März 1968 - [X.], [X.]Z 50, 14, 16 f; und 6. Oktober 1983 - [X.], [X.] § 839 ([X.]) [X.][X.][X.] Nr. 16; [X.]/[X.] aaO Rn. 329 m.w.N.). Zum Urteil gehört die richtige Feststellung des Tatbestands, insbesondere die Trennung des unstreitigen Sachverhalts von streitigen [X.]ehauptungen sowie die Prüfung der Erheblichkeit des jeweiligen Vortrags und eines etwaigen [X.]eweisantritts. Das alles bestimmt nicht nur den Inhalt des Urteils, sondern auch den Ablauf und die Dauer des Verfahrens. Dabei können dem [X.] Pflichtverletzungen auch vor der eigentlichen Sachentscheidung unterlaufen, zum [X.]eispiel bei der unzulänglichen Vorbereitung der Verhandlung, der mangelnden Aufklärung des Sachverhalts oder dem Absehen von einer [X.]eweisaufnahme. Insoweit stellen zwar die Ablehnung einer weiteren Sachaufklärung bzw. einer [X.]eweisaufnahme wie auch der Erlass eines [X.] oder sonstige leitende Maßnahmen keine Urteile im prozessualen Sinn dar. Sie stehen aber in einem so engen Zusammenhang mit dem Urteil, dass sie von diesem haftungsmäßig nicht getrennt werden können (vgl. [X.], Urteil vom 19. November 1956 - [X.], [X.] § 839 ([X.]) [X.][X.][X.] Nr. 5). Führt deshalb zum [X.]eispiel die Anordnung einer [X.]eweisaufnahme oder die Erteilung von Hinweisen und Auflagen zu einer Verlängerung des gerichtlichen Verfahrens, ist dies - vorbehaltlich der [X.]renze der Rechtsbeugung (§ 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.]) - ohne [X.]elang, auch wenn nach Auffassung des zur Entscheidung des Amtshaftungsprozesses berufenen [X.]erichts die [X.]eweisaufnahme oder der Hinweis bzw. die Auflage überflüssig gewesen sind und ein der Klage [X.] sowie einen Vollstreckungsschaden vermeidendes Urteil deshalb früher hätte ergehen können. [X.]leiches gilt für sonstige prozessleitende Maßnahmen, die darauf abzielen, die [X.]rundlagen für die Entscheidung zu gewinnen.

bb) Aber auch im Übrigen - außerhalb des Anwendungsbereichs von § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] - erlangt der verfassungsrechtliche [X.]rundsatz richterlicher Unabhängigkeit seine [X.]edeutung. Der gegenteiligen Meinung des [X.], der in seiner Revisionserwiderung die Auffassung vertritt, aus der Verpflichtung zur Entscheidung in angemessener [X.] (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 [X.][X.]; Art. 6 Abs. 1 [X.]) folge, dass das [X.]ericht die Prozessführung nach dem [X.]faktor auszurichten, das heißt bei verschiedenen Möglichkeiten der Verfahrensgestaltung zugunsten der das Verfahren schneller abschließenden Alternative zu entscheiden habe, wobei Art. 97 Abs. 1 [X.][X.] insoweit ohne [X.]edeutung sei, folgt der [X.] nicht. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck. Vielmehr verlangt gerade das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene [X.]ericht ([X.] 54, 277, 291; 85, 337, 345; [X.] NJW 1997, 2811, 2812; NJW 1999, 2582, 2583). Insoweit ist die sachgerechte Führung eines Prozesses - abgesehen von zwingenden gesetzlichen Vorgaben - in das Ermessen der verantwortlichen [X.] gestellt (vgl. [X.] 55, 349, 369 zur Terminierung der mündlichen Verhandlung; siehe auch [X.] Eu[X.]RZ 1982, 75). Hierbei kann die Verfahrensführung - im Ergebnis nicht anders als es der [X.] in ständiger Rechtsprechung in anderem Zusammenhang bereits für bestimmte staatsanwaltschaftliche Handlungen, bei denen ein [X.]eurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers besteht (vgl. Urteil vom 21. April 1988 - [X.], NJW 1989, 96, 97; [X.]eschluss vom 27. September 1990 - [X.], [X.]R [X.][X.][X.] § 839 Abs. 1 Satz 1 Staatsanwalt 3; Urteile vom 16. Oktober 1997 - [X.], [X.], 751, 752; und 18. Mai 2000 - [X.], [X.], 586, 587), aber auch für bestimmte richterliche Maßnahmen außerhalb des Anwendungsbereichs des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] (vgl. Urteile vom 29. April 1993 - [X.], [X.]Z 122, 268, 271; und 21. Juli 2005 - [X.], [X.]eckRS 2005, 09404; [X.]eschluss vom 21. Dezember 2005 - [X.], juris Rn. 12) entschieden hat - im Amtshaftungsprozess nicht auf ihre Richtigkeit, sondern nur auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Letztere darf nur verneint werden, wenn bei voller Würdigung auch der [X.]elange einer funktionstüchtigen Zivilrechtspflege das richterliche Verhalten nicht mehr verständlich ist ([X.], Urteil vom 21. April 1988, aaO; [X.]eschluss vom 27. September 1990 aaO). [X.]ei der insoweit anzustellenden [X.]ewertung darf der [X.]faktor - zumal sich bei zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des [X.]erichts, sich nachhaltig um eine Förderung und [X.]eendigung des Verfahrens zu bemühen, verdichtet (vgl. nur [X.] NJW 2001, 214, 215; NJW 2004, 3320; NJW 2005, 739; NJW 2008, 503, 504) - selbstverständlich nicht ausgeblendet werden; er ist aber nicht der allein entscheidende Maßstab.

c) Die Darlegungs- und [X.]eweislast dafür, dass ein richterliches Verhalten unvertretbar und insoweit amtspflichtwidrig war, trägt grundsätzlich der Kläger. Soweit dieser in seiner Revisionserwiderung demgegenüber die Auffassung vertritt, das beklagte Land sei darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die zuständigen Amtsträger im Zusammenhang mit dem Vorprozess alle Maßnahmen zur beschleunigten Erledigung ergriffen hätten, kann dem nicht gefolgt werden.

Der Kläger stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass allein schon die von ihm vorgetragene und als solches unstreitige Dauer des [X.] erhelle, dass von einem Verstoß gegen das [X.]ebot, eine Entscheidung in angemessener [X.] zu treffen, auszugehen sei. Deshalb hätte es dem beklagten Land im Rahmen einer sekundären Darlegungslast obgelegen, den Verstoß auszuräumen und im Einzelnen vorzutragen, warum das Procedere der zuständigen [X.] gerechtfertigt und deshalb kein schnelleres Urteil zu erreichen gewesen sei. Hierzu hätte - unter Darlegung unter anderem der [X.]eschäftslage der beteiligten [X.]erichte, ihres damaligen [X.], ihrer personellen und sachlichen Ausstattung und etwaiger Erschwernisse bei den für die Entscheidungsfindung notwendigen Abläufen - substantiiert jede richterliche Maßnahme unter [X.]eschleunigungsgesichtspunkten legitimiert und letztlich auch dargelegt werden müssen, dass das beklagte Land die notwendigen Organisationsstrukturen eingerichtet hat um sicherzustellen, dass beschleunigungsbedürftige Verfahren auch besonders gefördert werden und die mit dem Vorprozess befassten Spruchkörper in die Lage versetzt wurden, dem Anspruch auf Justizgewährung nachzukommen.

[X.]ei dieser Argumentation übersieht der Kläger aber bereits im Ausgangspunkt, dass zur [X.]egründung der Amtshaftung eines [X.]s nach § 839 Abs. 2 Satz 2 [X.][X.][X.], Art. 34 Satz 1 [X.][X.] nicht bereits die pauschale Feststellung genügt, der Vorprozess habe insgesamt zu lange gedauert. Entscheidend ist vielmehr, ob durch konkrete pflichtwidrige Verhaltensweisen der im Vorprozess tätigen [X.], für deren Vorliegen grundsätzlich der Kläger darlegungs- und beweispflichtig ist, oder bei deren Überlastung durch Organisationsverschulden des [X.] (zur Darlegungs- und [X.]eweislast in diesem Fall siehe [X.], Urteil vom 11. Januar 2007 - [X.], [X.]Z 170, 260 Rn. 22) eine den streitgegenständlichen Vermögensschaden verursachende Verzögerung aufgetreten ist.

d) Die Überprüfung der Verfahrensführung im Vorprozess obliegt grundsätzlich dem Tatrichter. Dessen Würdigung kann vom Revisionsgericht daraufhin überprüft werden, ob der rechtliche Rahmen verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob alle für die [X.]eurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt und angemessen abgewogen worden sind. Insoweit erweist sich die angefochtene Entscheidung, wie die Revision zu Recht beanstandet, teilweise als rechtsfehlerhaft:

aa) Das [X.]erufungsgericht geht von einer pflichtwidrigen Verzögerung des erstinstanzlichen [X.] im [X.]raum zwischen dem 16. November 1989 und dem 12. März 1990 aus. Insoweit sei - zumal in Ansehung der inzwischen beträchtlichen Verfahrensdauer - nicht nachvollziehbar, aus welchen [X.]ründen nicht bereits am 16. November 1989, sondern erst am 12. März 1990 der [X.]eweisbeschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens verkündet worden sei, was zu einer Verkürzung des Verfahrens um immerhin fast vier Monate geführt hätte.

Diese [X.]ewertung hält den [X.] der Revision nicht stand. Das [X.] hat im [X.] an die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 1989 Termin zur Verkündung einer Entscheidung auf den 16. November 1989 bestimmt. An diesem Tag hat das [X.]ericht einen [X.]eschluss verkündet. Darin hat die Kammer auf verschiedene tatsächliche und rechtliche [X.]esichtspunkte hingewiesen (Nr. 1) und im Übrigen die [X.]eweisfrage, zu der das [X.]ericht beabsichtigte, ein [X.]utachten einzuholen, näher ausformuliert (Nr. 2). Den Parteien wurde [X.]elegenheit zur Stellungnahme bis zum 7. Dezember 1989 gegeben, wobei die weitere Entscheidung im schriftlichen Verfahren ergehen sollte (Nr. 3). Die Parteien haben daraufhin mit Schriftsätzen vom 4. und 7. Dezember 1989 zu dem [X.]eschluss sowie anschließend unter dem 23. und 31. Januar 1990 zu dem jeweiligen Schriftsatz der [X.]egenseite Stellung genommen. Am 12. März 1990 hat das [X.] dann einen [X.]eweisbeschluss über die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gefasst.

Die Entscheidung eines [X.]erichts, vor Erlass eines [X.] den Parteien zunächst noch Hinweise zu geben und erst anschließend die [X.]eweisaufnahme anzuordnen, unterfällt der Privilegierung des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.]. Ob die konkrete Vorgehensweise angesichts des Umstands, dass - worauf die Revisionserwiderung abstellt - bereits im Termin am 31. Oktober 1989 die Sach- und Rechtslage sowie der sinnvolle [X.]ang des weiteren Verfahrens erörtert und grundsätzlich Einvernehmen über die Einholung eines [X.]utachtens erzielt worden ist, geboten oder sinnvoll war, ist genauso wenig entscheidungserheblich, wie der Umstand, dass die Anhörung der Parteien letztlich nur zu einer geringfügigen Ergänzung der bereits im [X.]eschluss vom 16. November 1989 angesprochenen [X.]eweisfrage geführt hat. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung um fast vier Monate kann deshalb nicht gesprochen werden.

bb) Soweit das [X.]erufungsgericht im Hinblick auf die erheblichen [X.]verluste, die im Zusammenhang mit der letztlich erfolglosen [X.]eauftragung des Sachverständigen Prof. [X.]a. aufgetreten sind, den Umgang des [X.]s mit dem Sachverständigen als unangemessen nachsichtig gerügt und eine pflichtwidrige Verfahrensverzögerung von mindestens 14 Monaten festgestellt hat, sind die diesbezüglichen Ausführungen, die auch vom beklagten Land nicht angegriffen werden, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das - nicht unter § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] fallende - Verhalten des [X.]s war nicht mehr vertretbar.

cc) Rechtsfehlerhaft ist allerdings, wie die Revision zutreffend rügt, die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, das [X.] habe pflichtwidrig nicht sogleich nach Eingang des [X.]utachtens des Sachverständigen Prof. [X.]. am 26. April 1995 Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung anberaumt; hierdurch sei - auch unter [X.]erücksichtigung des notwendigen [X.]aufwands für eine sachgerechte Terminierung dieser umfänglichen Sache - im Hinblick auf die erst am 6. September 1995 erfolgte [X.] eine Verzögerung von vier Monaten eingetreten.

Das [X.] hat, nachdem am 26. April 1995 das [X.]utachten des Sachverständigen Prof. [X.]. (nebst Zusatzgutachten des Sachverständigen Prof. [X.]) eingegangen war, noch unter dem gleichen Tag den Parteien Abschriften zur Stellungnahme mit der Auflage (§ 411 Abs. 4 ZPO) übermittelt, bis zum 31. Mai 1995 ihre Einwendungen sowie die [X.]egutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen. Die Parteien haben sich mit Schriftsätzen vom 30. und 31. Mai sowie 22. Juni 1995 geäußert. Am 6. September 1995 ist dann Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden.

Die Regelung des § 411 Abs. 4 ZPO, wonach die Parteien dem [X.]ericht innerhalb eines angemessenen [X.]raums ihre Einwendungen gegen das schriftliche [X.]utachten, die [X.]egutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen mitzuteilen haben, wofür ihnen das [X.]ericht eine Frist setzen kann, hat den Zweck, das [X.]ericht möglichst frühzeitig darüber zu informieren, ob und wann ein neuer Termin zu bestimmen ist, ob der Sachverständige zu diesem Termin zu laden und zur Vorbereitung seiner Anhörung über die Einwände der Parteien zum [X.]utachten zu informieren ist oder ob zur Vorbereitung eines noch zurückgestellten Termins zunächst ein schriftliches Ergänzungsgutachten anzufordern ist (vgl. nur [X.]/[X.]reger, ZPO, 28. Aufl., § 411 Rn. 5e). Entscheidet sich ein [X.]ericht dafür, den Parteien zunächst rechtliches [X.]ehör zu geben, um dann auf der [X.]rundlage der eingehenden Stellungnahmen über die weitere Verfahrensweise (Terminierung mit oder ohne Ladung des Sachverständigen, Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens) befinden zu können, unterfällt dies dem § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.]. Von einer pflichtwidrigen Verzögerung von vier Monaten kann deshalb nicht gesprochen werden, zumal nach Eingang der Schriftsätze der Parteien die sachgerechte weitere [X.]earbeitung des Verfahrens gewisse [X.] in Anspruch nehmen durfte.

dd) Die Annahme des [X.]erufungsgerichts, im Zuge des zweitinstanzlichen Verfahrens sei es im Zusammenhang mit verschiedenen Terminierungen des [X.] zu weiteren pflichtwidrigen Verzögerungen von mindestens zwölf Monaten gekommen, hält nur teilweise einer rechtlichen Überprüfung stand.

(1) Zu Recht hat allerdings das [X.]erufungsgericht beanstandet, dass nach Eingang der [X.] der Parteien erst unter dem 12. Juni 1997 ein (sogenannter Vorschalt-) Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem [X.]erichterstatter als Einzelrichter bestimmt worden ist. [X.]egen das Schlussurteil des [X.]s vom 24. Mai 1996 haben beide Parteien des [X.] [X.]erufung eingelegt. Die [X.]eklagte hat ihr Rechtsmittel mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1996, der Kläger seines mit Schriftsatz vom 15. Oktober 1996 begründet. Das [X.] hat anschließend nicht von der Möglichkeit des § 520 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. [X.]ebrauch gemacht, ein schriftliches Vorverfahren anzuordnen. Dann hätte nach § 520 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. an sich aber Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt werden müssen. Zwar war es auch in diesem Falle dem [X.] nicht verwehrt, zunächst die Akte zu bearbeiten und anschließend auf dieser [X.]rundlage zu befinden, ob zugleich mit der Terminsladung durch prozessleitende Verfügungen das Verfahren weiter gefördert werden kann. Jedoch war insoweit bei der Ermessensausübung, gerade weil es sich um einen bereits seit längerem anhängigen Rechtsstreit handelte, dem Recht der Parteien auf eine Entscheidung in angemessener Frist durch zügige [X.]earbeitung Rechnung zu tragen, damit anschließend möglichst zeitnah noch terminiert werden kann. Der diesbezügliche [X.]rahmen kann im Amtshaftungsprozess - ohne die [X.]eschränkung in § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.] - auf seine Vertretbarkeit überprüft werden. Vor diesem Hintergrund erweist sich - auch bei [X.]erücksichtigung des Umfangs und der tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten des [X.], die eine entsprechende Vorbereitungszeit und damit einen gewissen Terminierungsvorlauf bedingten, sowie des Umstands, dass das [X.] nicht nur diesen Rechtsstreit zu entscheiden hatte - die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, der [X.]raum von fast acht Monaten zwischen dem Eingang der [X.]erufungsbegründungen und der Terminsverfügung sei - zumal bei einem bereits so viele Jahre anhängigen und in erster Instanz teilweise auch pflichtwidrig verzögerten Prozess - zu lang, als rechtsfehlerfrei.

Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand des beklagten [X.], es sei weder vom Kläger vorgetragen noch vom [X.]erufungsgericht festgestellt, dass ein früherer [X.] zur Verfügung gestanden habe, das heißt im Falle einer zeitlich früheren [X.] die Verhandlung auch tatsächlich früher hätte stattfinden können, geht bereits deshalb fehl, weil nichts dafür ersichtlich ist, dass sich die [X.]elastungssituation des [X.] im Vorprozess binnen kürzester [X.] so verändert hat, dass sich hieraus relevante Unterschiede im Hinblick auf den [X.]rahmen zwischen einer Terminierung und dem [X.] hätten ergeben können.

(2) Das [X.]erufungsgericht hat des Weiteren beanstandet, dass sich nach Aktenlage nicht erschließe, warum unter dem 23. März 2000 [X.]stermin erst auf den 9. November 2000 bestimmt worden sei. Die Entscheidung eines [X.]erichts, wann nach Eintritt der [X.] die mündliche Verhandlung stattfindet, kann im Amtshaftungsprozess auf ihre Vertretbarkeit überprüft werden. Jedoch ist bei der pauschalen [X.]ewertung des [X.]erufungsgerichts nicht erkennbar, dass alle für die diesbezügliche [X.]eurteilung wesentlichen Umstände [X.]erücksichtigung gefunden haben, zumal sich der Urteilsbegründung nicht entnehmen lässt, von welcher zeitlichen Verzögerung das [X.]erufungsgericht in diesem Zusammenhang ausgeht. Im Vorprozess hat das [X.], nachdem die Parteien zu den Ergänzungsgutachten der Sachverständigen Prof. [X.]. und Prof. [X.] mit Schriftsätzen vom 17. Dezember 1999 sowie 12. und 17. Januar 2000 Stellung genommen hatten, mit Verfügung vom 10. Februar 2000 Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung unter Ladung der beiden Sachverständigen zur Erläuterung ihrer [X.]utachten auf den 14. August 2000 bestimmt. Nachdem der [X.]eklagtenvertreter unter Hinweis auf seine urlaubsbedingte Abwesenheit und auf § 227 ZPO die Verlegung des Termins beantragt hatte, hat der [X.]svorsitzende am 24. Februar 2000 den Termin aufgehoben. Zugleich hat er die Parteien darauf hingewiesen, dass und warum eine Vorverlegung des Termins nicht möglich sei und die Sache erst auf einen [X.] nach dem 1. Oktober 2000 gelegt werden könne. Unter dem 25. Februar 2000 hat der zu diesem [X.]punkt noch nicht abgeladene Sachverständige [X.] mitgeteilt, dass er und sein Kollege [X.]. wegen urlaubsbedingter Abwesenheit am 14. August 2000 nicht anwesend sein könnten und im Hinblick auf den Urlaub und Hochschulexkursionen ein Termin vor der [X.] nicht möglich sei. Das [X.]erufungsgericht hat sich hiermit nicht näher auseinandergesetzt, was nachzuholen sein wird.

(3) Nach Auffassung des [X.]erufungsgerichts liegt eine zusätzliche Pflichtwidrigkeit darin, dass im weiteren Verfahrensablauf erst am 15. Mai 2001 statt zeitnah nach Eingang des klägerischen Schriftsatzes vom 5. März 2001 Termin anberaumt worden sei. Auch insoweit ist allerdings nicht ersichtlich, dass alle für die [X.]eurteilung wesentlichen Umstände [X.]erücksichtigung gefunden haben. Im Vorprozess hat das [X.] im Termin am 9. November 2000 die Sachverständigen Prof. [X.]. und Prof. [X.] ergänzend angehört und dann mit [X.]eschluss vom gleichen Tag dem Kläger Auflagen erteilt. Diesen ist der Kläger - nach Fristverlängerung - mit Schriftsätzen vom 28. Februar und 5. März 2001 nachgekommen. Unter dem 17. Mai 2001 ist dann durch den [X.]erichterstatter als Einzelrichter (§ 524 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) Termin zur mündlichen Verhandlung und [X.]eweisaufnahme unter Ladung mehrerer Zeugen bestimmt worden. Hierbei hat sich, worauf das [X.] in seinem Urteil zutreffend hingewiesen hat, zwischen dem [X.]eschluss vom 9. November 2000 und der [X.] die [X.]sbesetzung (zweimaliger [X.]) geändert. Hiermit hat sich das [X.]erufungsgericht nicht auseinandergesetzt.

(4) Zuletzt beanstandet das [X.]erufungsgericht, dass sich den Akten keine Sachgründe entnehmen ließen, warum im [X.] an die am 5. September 2001 durchgeführte [X.]eweisaufnahme vor dem [X.]erichterstatter und die anschließende Rückübertragung des Rechtsstreits auf den [X.] dessen Vorsitzender Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung erst unter dem 25. Oktober 2001 bestimmt habe. [X.]ezüglich dieser pauschalen [X.]ewertung gilt [X.]leiches wie zu (2) und (3) ausgeführt. Abgesehen davon, dass zunächst vom [X.] geprüft werden musste, welche Konsequenzen für den weiteren Verfahrensablauf aus der umfangreichen [X.]eweisaufnahme folgten, ergibt sich aus den Akten, dass das [X.] unter dem 10. August 2001 dem Sachverständigen [X.] einen Zusatzauftrag erteilt hatte. Dieser hat mit Schreiben vom 12. September 2001 - dieses enthält keinen Eingangsstempel; die in der Akte davor und dahinter abgehefteten Vorgänge sprechen allerdings dafür, dass es nicht vor dem 25. September 2001 zu den Akten gelangt ist - ein umfangreiches Ergänzungsgutachten vorgelegt. Im Rahmen der [X.] vom 25. Oktober 2001 sind dann im Übrigen nicht nur die Sachverständigen Prof. [X.]. und Prof. [X.], sondern auch - unter Formulierung einer neuen [X.]eweisfrage - ein weiterer Sachverständiger geladen worden. Hiermit hat sich das [X.]erufungsgericht nicht auseinandergesetzt.

ee) Die mit der Revisionserwiderung vom Kläger erhobene [X.]egenrüge, die zweimalige Zuweisung der Sache an den [X.]erichterstatter als Einzelrichter im Zusammenhang mit der Anberaumung des ersten Verhandlungstermins am 11. August 1997 sowie dem späteren [X.]eweisaufnahmetermin am 5. September 2001 sei als pflichtwidrige Verzögerung des Verfahrens zu bewerten, ist unbegründet.

Die Zivilprozessordnung - damals § 524 Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F., jetzt § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F. - erlaubt im [X.]erufungsverfahren die Zuweisung der Sache an den Einzelrichter zur Vorbereitung der Entscheidung. Im Falle der Zuweisung ist der Einzelrichter unter anderem befugt, vorbereitende Maßnahmen (§ 273 ZPO) zu treffen. Er hat im Termin mit den Parteien die Sach- und Rechtslage zu erörtern, insoweit auch das richterliche Fragerecht (§ 139 ZPO) auszuüben und die Parteien auf von ihnen übersehene [X.]esichtspunkte hinzuweisen, ferner gegebenenfalls Auflagen zu erteilen. Daneben steht auch die allgemeine Aufgabe, in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche [X.]eilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht zu sein. Nach § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F. (jetzt § 527 Abs. 2 Satz 2 ZPO n.F.) ist auch die Erhebung einzelner [X.]eweise erlaubt (siehe im Einzelnen zu den Aufgaben und [X.]efugnissen des Einzelrichters nach § 524 ZPO a.F.: [X.], ZPO, 21. Aufl., § 524, Rn. 8 f; [X.]/[X.], ZPO, 2. Aufl., § 524 Rn. [X.], [X.] I). [X.]ei der Entscheidung über die Zuweisung an den Einzelrichter handelt es sich um eine in das Ermessen des Vorsitzenden bzw. des [X.]erichts fallende, nicht anfechtbare Entscheidung (vgl. [X.], aaO Rn. 3, 6; [X.]/[X.], aaO Rn. [X.]; zur entsprechenden Rechtslage nach § 527 Abs. 1 Satz 1 ZPO n.F.: MünchKommZPO/[X.], 3. Aufl., § 527 Rn. 3, 19; Musielak/[X.]all, ZPO, 7. Aufl., § 527 Rn. 3; [X.]/Schütze/[X.]erken, ZPO, 3. Aufl., § 527 Rn. 5, 7). Diese unterfällt dem Anwendungsbereich des § 839 Abs. 2 Satz 1 [X.][X.][X.]. Das [X.]erufungsgericht hat daher zu Recht die Zuweisung an den Einzelrichter nicht beanstandet.

2. Da die Annahme des [X.]erufungsgerichts, es sei zu einer insgesamt 34-monatigen Verzögerung des [X.] gekommen, teilweise rechtsfehlerhaft ist, fehlt die [X.]rundlage für die darauf aufbauenden Feststellungen zur verzögerungsbedingten Vereitelung der Durchsetzung der klägerischen Ansprüche. Hierzu bedarf es - unter [X.]erücksichtigung der Ausführungen des [X.]s zu 1 - neuer Feststellungen des [X.]erufungsgerichts. Diese erübrigen sich - entgegen der Auffassung der Revision - nicht deshalb, weil der Klage aus anderen [X.]ründen der Erfolg versagt werden müsste.

a) Eine Haftung des beklagten [X.] scheidet insbesondere nicht deshalb aus, weil das [X.] eine Pflichtverletzung der mit dem Vorprozess befassten [X.]erufsrichter verneint hat und es damit bei Anwendung der sogenannten [X.] jedenfalls an einem Verschulden fehlt.

Die [X.] beruht auf der Erwägung, dass von einem [X.]eamten, der allein und im Drang der [X.]eschäfte handeln muss, keine bessere Rechtseinsicht erwartet werden kann, als von einem [X.]remium mit mehreren Rechtskundigen, das in voller Ruhe und reiflicher Überlegung entscheidet, nachdem vorher der [X.] in ganzer Fülle vor ihm ausgebreitet worden ist (vgl. nur [X.]/[X.], aaO Rn. 211; R[X.]RK/Kreft, [X.][X.][X.], 12. Aufl., § 839 Rn. 296). Insoweit trifft nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] (R[X.]Z 106, 406, 410; 141, 328, 334; 156, 34, 51; 164, 32, 40 f) und des [X.]undesgerichtshofs (vgl. nur [X.], Urteil vom 28. April 1955 - [X.], [X.]Z 17, 153, 158; vom 6. Februar 1986 - [X.], [X.]Z 97, 97, 107; vom 20. Februar 1992 - [X.]/90, [X.]Z 117, 240, 250; und 14. März 2002 - [X.], [X.]Z 150, 172, 184) einen [X.]eamten in der Regel kein Verschulden, wenn ein mit mehreren [X.]erufsrichtern besetztes Kollegialgericht die Amtstätigkeit als objektiv rechtmäßig angesehen hat.

Ob und in welchem Umfang dieser [X.]rundsatz auch für die richterliche Tätigkeit gilt (so [X.], Urteil vom 29. Mai 1958 - [X.]/57, [X.]Z 27, 338, 346; [X.]eschluss vom 19. Dezember 1991 - [X.], NJW-RR 1992, 919 f; jeweils amtsrichterliche Tätigkeiten betreffend), kann genauso dahinstehen wie die Frage, ob die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, die [X.]ewertung des [X.]s sei bereits deshalb ohne [X.]edeutung, weil sie auf einer unzureichenden [X.]eurteilungsgrundlage beruhe und insoweit nicht sorgfältig erfolgt sei (zu dieser Einschränkung der Richtlinie vgl. nur [X.], Urteile vom 19. Januar 1989 - [X.], NJW 1989, 1924, 1926; vom 2. April 1998 - [X.], NVwZ 1998, 878; und 18. November 2004 - [X.], [X.], 1582, 1583), rechtsfehlerfrei ist. Denn Voraussetzung für die Anwendung der [X.] ist, dass der [X.]eamte eine zweifelhafte und nicht einfach zu lösende Rechtsfrage zu beantworten hat (vgl. etwa R[X.]Z 156, 34, 51; [X.], Urteile vom 28. April 1955, aaO; vom 14. Juni 1962 - [X.], NJW 1962, 2100; vom 28. Februar 1963 - [X.], [X.], 628, 630; vom 10. Oktober 1963 - [X.], [X.], 63, 64; und 14. Dezember 1978 - [X.], [X.]Z 73, 161, 164). Derartige ernsthafte Zweifelsfragen können sich zwar auch bei der Anwendung und Auslegung verfahrensrechtlicher Vorschriften stellen, nicht aber, wenn - wie hier - zeitliche Verzögerungen im Zusammenhang mit einer richterlichen Untätigkeit bzw. verspäteten richterlichen Tätigkeit in Rede stehen.

b) [X.] hat das [X.]erufungsgericht eine anderweitige Ersatzmöglichkeit nach § 839 Abs. 1 Satz 2 [X.][X.][X.] verneint. Zwar steht dem [X.]eschädigten ein Amtshaftungsanspruch im Falle einer fahrlässigen Amtspflichtverletzung nur zu, wenn er nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen vermag. Er braucht sich jedoch nicht auf weitläufige, unsichere oder im Ergebnis zweifelhafte Wege des Vorgehens gegen Dritte verweisen zu lassen. Die Ausnutzung anderweitiger Ersatzmöglichkeit muss ihm in diesem Sinne zumutbar sein (vgl. nur [X.], Urteil vom 5. November 1992 - [X.], [X.]Z 120, 124, 126; [X.]eschluss vom 26. März 1997 - [X.], NJW 1997, 2109; Urteil vom 17. Juni 2004 - [X.], [X.]R [X.][X.][X.] § 839 Abs. 1 Satz 2 Zumutbarkeit 3). Zu Unrecht beanstandet insoweit die Revision, dass dem Kläger Schadensersatzansprüche aus § 826 [X.][X.][X.] gegen den Sachverständigen [X.]a. zustünden. Das [X.]erufungsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Kläger nach der für ihn überschaubaren Sachlage schwerlich einen Schädigungsvorsatz des Sachverständigen hätte darlegen und im zu erwartenden [X.]estreitensfall auch hätte beweisen können. [X.]ei dieser Sachlage sei ihm ein Prozess wegen erkennbar fehlender Erfolgsaussicht nicht zumutbar, zumal sich die in die Verantwortung des Sachverständigen fallende Verzögerung ohnehin nicht mit der [X.]esamtverzögerung des [X.] decke, was im Rahmen der anzustellenden Kausalitätsbetrachtung weitere Probleme und Nachweisschwierigkeiten nach sich gezogen hätte. Soweit die Revision hierzu - unter [X.]ezugnahme auf [X.], Urteil vom 24. September 1991 - [X.], NJW 1991, 3282 - darauf verweist, dass es für die Annahme eines Schädigungsvorsatzes ausreiche, dass der Sachverständige leichtfertig gehandelt und die Schädigung der Prozessbeteiligten billigend in Kauf genommen habe, hat dies das [X.]erufungsgericht, wie die im Urteil zitierte Rechtsprechung zeigt, bei seiner tatrichterlichen Würdigung nicht übersehen.

III.

Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und die Sache an das [X.]erufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Schlick                                     Herrmann                                     Wöstmann

                       Seiters                                         [X.]

Meta

III ZR 32/10

04.11.2010

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 8. Januar 2010, Az: I-11 U 27/06, Urteil

§ 839 Abs 2 S 1 BGB, § 839 Abs 2 S 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 04.11.2010, Az. III ZR 32/10 (REWIS RS 2010, 1715)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1715

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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