Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.12.2013, Az. XI ZR 405/12

11. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 460

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Gegenstand

Streitwert einer Verbandsklage gegen Bearbeitungsentgelte in Bank-AGB


Tenor

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen das Urteil des 31. Zivilsenats des [X.] vom 17. September 2012 zugelassen.

Der Gegenstandswert beträgt 25.000 €.

Gründe

1

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere ist die Wertgrenze des § 26 Nr. 8 EGZPO überschritten. Nach dieser Vorschrift ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht nur zulässig, wenn der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € übersteigt. Das ist hier der Fall.

2

a) Landgericht und Berufungsgericht haben - dem Antrag des klagenden Verbraucherschutzvereins entsprechend - der beklagten Bank gemäß § 1 [X.] untersagt, für Bankgeschäfte mit privaten Kunden in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis, ihrem Preisaushang oder sonstigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Klausel zu verwenden, wonach ein Bearbeitungsentgelt von 1% anfällt. Das Berufungsgericht hat die Revision nicht zugelassen und den Streitwert für das Unterlassungsbegehren in Übereinstimmung mit der Vorinstanz auf bis zu 2.500 € festgesetzt.

3

b) Dieser Betrag kann jedoch mit Rücksicht auf die besonderen Umstände des Streitfalls nicht Grundlage der Bemessung der Beschwer der Beklagten sowie der Festsetzung des Streitwerts sein.

4

aa) Der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelklägers an der Abänderung des angefochtenen Urteils (st. Rspr.; [X.], Beschlüsse vom 16. Mai 2013 - [X.], juris Rn. 3 mwN, vom 13. Dezember 2012 - [X.], Grundeigentum 2013, 347 mwN und vom 10. Mai 2012 - I ZR 160/11, juris Rn. 3). Wendet sich die beklagte [X.] mit der Revision gegen die in den Vorinstanzen zu ihren Lasten titulierte [X.], so richtet sich der Wert der Beschwer daher nach ihrem - gemäß § 3 ZPO grundsätzlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten ([X.], Beschlüsse vom 10. April 2008 - [X.], juris Rn. 5, vom 6. November 2008 - [X.], juris Rn. 2 und vom 8. März 2012 - [X.] 3/12, juris Rn. 2) zu bemessenden - Interesse an der Beseitigung dieser Verpflichtung.

5

bb) Ist Gegenstand des Rechtsstreits allerdings - wie hier - die Verbandsklage eines [X.], so wird der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Dem liegt die Erwägung zugrunde, Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemessenen Kostenrisiken zu schützen ([X.], Beschlüsse vom 30. April 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 1074, vom 18. Juli 2000 - [X.], NJW-RR 2001, 352 und vom 28. September 2006 - [X.], NJW-RR 2007, 497 Rn. 2).

6

cc) Diese Grundsätze schließen es jedoch auch nach der Rechtsprechung des [X.] nicht von vornherein aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 5 [X.] Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], AGB-Recht, 11. Aufl., § 5 [X.] Rn. 30 mwN). Demgemäß hat der erkennende Senat die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung der Entscheidung über die Wirksamkeit einer Entgeltregelung nicht nur für deren Verwender sowie die Vertragspartner, sondern auch für andere Kreditinstitute und ihre Kunden bei der Festsetzung des Wertes der Beschwer und des Streitwerts wiederholt maßgeblich berücksichtigt (Senatsbeschlüsse vom 30. April 1991 - [X.], NJW-RR 1991, 1074 und vom 12. Dezember 2000 - [X.]/00, juris Rn. 3).

7

Im Streitfall belaufen sich nach dem durch die eidesstattliche Versicherung eines Mitarbeiters glaubhaft gemachten Vortrag der Beklagten allein die von ihr in den letzten drei Jahren bei der Gewährung standardisierter Modernisierungskredite an Verbraucher vereinnahmten Bearbeitungsentgelte auf insgesamt über 194.000 €. Dieser Betrag kann zwar nach den dargestellten [X.] im vorliegenden [X.] nicht unmittelbar bzw. allein Maßstab für die Festsetzung der Beschwer der Beklagten und für die Festsetzung des Streitwerts sein. Zu beachten ist des Weiteren aber, dass die Frage nach der Wirksamkeit von [X.] nach den Maßstäben des [X.] zu den derzeit äußerst umstrittenen Rechtsfragen der Bankentgelte zählt, deren Beantwortung, wie dem erkennenden Senat nicht nur aus zahlreichen anderen hierzu bei ihm anhängigen Revisionsverfahren (z.B. [X.]; [X.]), sondern auch aufgrund einer Vielzahl instanzgerichtlicher Entscheidungen (vgl. nur [X.], [X.], 2072; [X.], [X.], 1366; [X.], BeckRS 2011, 13603; [X.], [X.], 1125; [X.], BeckRS 2012, 09048; [X.], Urteil vom 24. Februar 2011 - 6 U 162/10, juris; [X.], BeckRS 2011, 08607; [X.], Beschluss vom 13. Oktober 2011 - 3 W 86/11, juris; [X.], [X.], 2320; [X.], [X.], 1710), einer außerordentlich hohen Zahl von Kundenbeschwerden bei den [X.] der Kreditwirtschaft (siehe Ombudsmann der privaten Banken, Tätigkeitsbericht 2012, [X.]) sowie einer breiten Diskussion im Schrifttum (vgl. nur [X.], ZIP 2011, 947; Tiffe, [X.], 127; [X.], [X.], 1841; [X.]/[X.], [X.], 2349; [X.], [X.], 2358; [X.], [X.] 2013, 158; [X.], [X.], 1777, 1829) bekannt ist, sowohl für die Kreditwirtschaft als auch für eine erhebliche Zahl von Verbrauchern von wesentlicher Bedeutung ist. Danach ist es angemessen, im Streitfall den Wert der Beschwer sowie den Streitwert mit 25.000 € zu bemessen.

8

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg; insoweit wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 ZPO von einer näheren Begründung abgesehen.

[X.]                      Ellenberger                        Grüneberg

                   Pamp                             [X.]

Meta

XI ZR 405/12

10.12.2013

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 17. September 2012, Az: I-31 U 60/12, Urteil

§ 3 ZPO, § 1 UKlaG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.12.2013, Az. XI ZR 405/12 (REWIS RS 2013, 460)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 460

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