Bundessozialgericht, Urteil vom 07.09.2017, Az. B 10 ÜG 1/16 R

10. Senat | REWIS RS 2017, 5666

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Überlanges Gerichtsverfahren - Ausschluss eines Richters - Mitwirkung am Ausgangsverfahren - tatsächliche Befassung mit der Sache - Zugehörigkeit zum Spruchkörper nicht ausreichend - Entschädigungspauschale - Abweichung wegen Unbilligkeit - rein subjektive Kriterien nicht relevant - Bedeutung des Verfahrens - keine Pflicht zur Aufklärung der subjektiven Betroffenheit - sozialgerichtliches Verfahren - Zuordnung von Warte- und Bearbeitungszeiten zu Aktivitäts- und Inaktivitätszeiten - Zeiten der Erstellung eines Gutachtens - Sachstandsanfrage - Einsatz von Zwangsmitteln - Übersendung und Weiterleitung von Schriftsätzen bzw Gutachten - Möglichkeit der Stellungnahme - Warten auf angeforderte Akten - kurzfristige Überlassung der Akten an die Vorinstanz - Zeit zwischen Verkündung und Zustellung - Gebot der Verfahrensbeschleunigung - verfahrensfördernde Maßnahmen - Ex-ante-Beurteilung der richterlichen Verfahrensleitung


Leitsatz

1. Für eine zum Ausschluss eines Richters führende Mitwirkung im Entschädigungsverfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren genügt jede tatsächliche Befassung mit der Sache, nicht hingegen die bloße Senatszugehörigkeit.

2. Im Entschädigungsverfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren sind rein subjektive Kriterien nicht geeignet, eine Abweichung von der Entschädigungspauschale zu begründen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert des Revisionsverfahrens wird auf 16 400 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt eine Entschädigung wegen überlanger Dauer ihres vor dem [X.] ([X.]) und nachfolgend dem [X.] (L 3 VE 22/08) geführten Opferentschädigungsverfahrens (im Folgenden: Ausgangsverfahren).

2

Das wegen Versorgungsleistungen nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 geführte Ausgangsverfahren begann vor dem [X.] im Februar 2002 und endete mit der Zustellung des Berufungsurteils im November 2013. An dem Berufungsurteil vom [X.] wirkten als Berufsrichter RiL[X.] G. als Vorsitzender sowie RiL[X.] M. und Ri[X.] H. mit. Den Vorsitz im zuständigen Senat hatte ursprünglich der im September 2008 ausgeschiedene (spätere) VizePräsL[X.] W. und - nach zwischenzeitlich anderweitiger Besetzung - seit August 2013 VRiL[X.] A.

3

Der Verfahrensverlauf im Ausgangsverfahren gestaltete sich im Wesentlichen wie folgt: Nach mehreren Fristverlängerungsanträgen teilte die Klägerin im Juni 2003 mit, eine weitere Klagebegründung werde nicht erfolgen. Das [X.] nahm Ermittlungen auf und forderte ua eine ergänzende Stellungnahme zum Verwaltungsgutachten an, die erst nach mehreren Erinnerungen im April 2004 vorgelegt wurde. Nach Schriftwechsel der Beteiligten holte das [X.] ein gerichtliches Sachverständigengutachten nebst Zusatzgutachten von Amts wegen ein, das nach [X.] im August 2005 bei Gericht einging. Eine weitere Stellungnahme folgte im November 2005. Auf den zeitgleichen Antrag der Klägerin gab das [X.] nach Eingang eines ersten Kostenvorschusses im Januar 2006 ein weiteres Gutachten in Auftrag, welches nach Anforderung eines zweiten Kostenvorschusses, einem auf Antrag der Klägerin verschobenen [X.] und nach wiederholter [X.] im September 2006 vorgelegt sowie nach weiterem Schriftwechsel der Beteiligten im Dezember 2006 um eine Stellungnahme ergänzt wurde. Nach weiterem Schriftsatz der Klägerin und dessen Übersendung an den Beklagten im August 2007 beraumte das [X.] im Februar 2008 Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 7.3.2008 an, verlegte den Termin auf Antrag der Klägerin und entschied sodann in der Sache teilweise zu deren Gunsten (Urteil vom 18.4.2008).

4

Die Berufung des Beklagten erfolgte im Juli 2008, die Begründung im August 2008. Am 25.9.2008 fertigte der (spätere) VizePräsL[X.] W. als damaliger Vorsitzender kurz vor seinem Ausscheiden aus dem zuständigen Senat noch die Eingangsverfügung für das Berufungsverfahren. Der neue Senatsvorsitzende ernannte im November 2008 den Berichterstatter. Im selben Monat ging die Berufungserwiderung der Klägerin ein, die erbetene Stellungnahme des Beklagten hierzu im Dezember 2008, welche zwei Tage später an die Klägerin bei freigestellter Stellungnahme weitergeleitet wurde.

5

Nach Wiedervorlage der Akten im Januar 2009 und weiteren unterschiedlich langen Wiedervorlagefristen wurden im November 2009 die Verwaltungsakten von dem Beklagten angefordert, die im Januar 2010 beim L[X.] eingingen. [X.] verfügte der Berichterstatter die Beiziehung von Gerichtsakten des [X.], die im Februar 2011 eingingen. Nach Verfügung einer weiteren Wiedervorlage erfolgten zunächst keine weiteren gerichtlichen Aktivitäten, bis das [X.] vom L[X.] die Gerichtsakten des Ausgangsverfahrens im Oktober 2011 anforderte. Diese wurden dem [X.] im November 2011 übersandt und zusammen mit den zwischenzeitlich ebenfalls angeforderten Verwaltungsakten im Dezember 2011 zurückgereicht. Nach weiteren Aktenanforderungen zwischen März 2012 teilte das L[X.] den Beteiligten im Juni 2012 mit, der Rechtsstreit sei entscheidungsreif. Im März 2013 bestimmte das L[X.] Termin zur mündlichen Verhandlung auf den [X.], der aber wegen eines Hinweises zur Sach- und Rechtslage auf Antrag der Klägerin vertagt wurde. Einen Monat später erging dann die Sachentscheidung zu Lasten der Klägerin (Urteil vom [X.]). Das schriftliche Urteil wurde der Klägerin am 25.11.2013 zugestellt. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision blieb erfolglos (Beschluss vom 27.3.2014 - B 9 V 69/13 B - zugestellt am 14.4.2014).

6

Am [X.] und zuletzt am 3.8.2012 hatte die Klägerin die unangemessen lange Dauer des Verfahrens gerügt und bereits am [X.] [X.] über einen Entschädigungsanspruch in Höhe von 19 200 Euro zzgl Zinsen bei dem zuständigen 12. Senat des L[X.] erhoben, dem zu dieser Zeit planmäßig die Berufsrichter VizePräsL[X.] W. sowie die RiL[X.] G. und M. zugewiesen waren.

7

Der 12. Senat hat als Entschädigungsgericht in der Vertretungsbesetzung mit RiL[X.] S. als Vorsitzendem sowie VRiL[X.] A. und RiL[X.] C. der Klage wegen eines [X.] iHv 2800 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Entschädigungsgericht ua ausgeführt, die Stammbesetzung des 12. Senats sei nicht zur Entscheidung befugt gewesen. Der Vorsitzende VizePräsL[X.] W. habe in seiner Funktion als damaliger Vorsitzender des 3. Senats die Eingangsverfügung im Berufungsverfahren des Ausgangsrechtsstreits unterzeichnet, die RiL[X.] G. und M. hätten die zweitinstanzliche Entscheidung im Ausgangsverfahren mitgetroffen. VRiL[X.] A. sei hingegen trotz zwischenzeitlicher Übernahme des Vorsitzes des 3. Senats nicht allein deswegen kraft Gesetzes von der Vertretung im 12. Senat ausgeschlossen gewesen. In der Sache sei die zulässige [X.] nur teilweise begründet. Abzüglich der dem Gericht jeweils zuzubilligenden Vorbereitungs- und Bedenkzeit von zwölf Monaten ergebe sich eine unangemessene Dauer zwar nicht des Klage-, wohl aber des Berufungsverfahrens von 28 Monaten, aus der der zugesprochene Entschädigungsanspruch resultiere. Die subjektive Vorstellung der Klägerin, sich weiter als Opfer zu fühlen, rechtfertige keine Anhebung des gesetzlich vorgesehenen Regelbetrags.

8

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen und formellen Rechts. Das L[X.] sei im Ausgangsverfahren fehlerhaft besetzt gewesen. Der VRiL[X.] A. sei als seinerzeitiger Vorsitzender des 3. Senats von der Mitwirkung ausgeschlossen gewesen (§ 60 Abs 1 [X.]G iVm § 41 [X.] 7 ZPO). Er hätte auf eine schnellere Urteilsabfassung drängen müssen. In der Person des VizePräsL[X.] W. sei hingegen der Ausschlussgrund nicht erfüllt gewesen. In der Sache liege ein Verstoß gegen § 198 Abs 1 [X.] vor, weil sowohl die Liegezeiten insgesamt zu gering bemessen worden seien als auch die monatliche Entschädigung wegen der erlittenen immateriellen Nachteile. Das L[X.] sei insoweit zu Unrecht [X.] der Klägerin nicht nachgekommen.

9

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] vom 16. Dezember 2015 abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin neben den bereits ausgeurteilten 2800 Euro weitere 16 400 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 13. März 2013 zu zahlen.

Das beklagte Land beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 [X.] [X.]), das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 162 [X.]). Das [X.] hat die [X.] in nicht zu beanstandender Weise an den maßgeblichen Vorschriften der §§ 198 bis 201 [X.] gemessen (dazu 1.). Das Entschädigungsgericht war bei seiner Entscheidung vom 16.12.2015 nicht fehlerhaft besetzt (dazu 2.). Das [X.] ist zu Recht von der Zulässigkeit der [X.] ausgegangen (dazu 3.). Ein weitergehender Entschädigungsanspruch über die bereits erfolgte Verurteilung des beklagten [X.] hinaus steht der Klägerin aber nicht zu (dazu 4.).

1. Das Begehren der Klägerin ist an den §§ 198 ff [X.] zu messen, obwohl diese Vorschriften erst nach Anhängigkeit des hier von der Klägerin als überlang gerügten Verfahrens in [X.] getreten sind (zeitlicher Anwendungsbereich des § 198 [X.]). Die Vorschriften des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ([X.]) vom 24.11.2011 ([X.] 2302) und damit auch die §§ 198 ff [X.] finden aufgrund der Übergangsregelung des Art 23 [X.] [X.] auch auf Verfahren Anwendung, die bei Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 (vgl Art 24 [X.]) bereits anhängig waren. Dies ist hier der Fall; das als überlang gerügte Verfahren war in der ersten Instanz seit dem 11.2.2002 anhängig. Dementsprechend findet auch Art 5 [X.] über den besonderen Mitwirkungsausschluss des § 41 [X.] 7 ZPO Anwendung.

2. Das Entschädigungsgericht war indes nicht fehlerhaft besetzt. Weder die Mitwirkung des VRi[X.] A. (dazu a) noch der Ausschluss des VizePräs[X.] [X.] (dazu b) verletzen das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen [X.] ([X.]).

a) Der VRi[X.] A. war nicht iS von § 60 Abs 1 [X.] iVm § 41 [X.] 7 ZPO [X.] von der Ausübung des [X.]amtes ausgeschlossen. Die diesbezüglichen Ausführungen des [X.] halten im Ergebnis einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand. Nach § 60 Abs 1 [X.] iVm § 41 [X.] 7 ZPO ist ein [X.] von der Ausübung des [X.]amtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren [X.] ausgeschlossen, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird (vgl [X.] vom 5.5.2015 - [X.] ÜG 5/14 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 12 Rd[X.] 11). Ausschließung in diesem Sinne ist die [X.] eintretende Unfähigkeit des [X.]s zur Ausübung des [X.]amtes in einem bestimmten Rechtsstreit (vgl zB: [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2014, § 60 Rd[X.] 7). Für eine zum Ausschluss im Entschädigungsverfahren führende Mitwirkung genügt grundsätzlich jede tatsächliche Befassung mit der Sache im Ausgangsverfahren, nicht hingegen die bloße Senatszugehörigkeit. Dies ergibt sich aus Wortlaut, Systematik (dazu aa), Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung (dazu [X.]) und Verfassungsrecht (dazu [X.]).

aa) Nach dem Wortlaut und der Systematik des § 41 [X.] 7 ZPO ist ein [X.] von der Ausübung des [X.]amtes in Sachen wegen überlanger Gerichtsverfahren [X.] ausgeschlossen, wenn er in dem beanstandeten Verfahren in einem Rechtszug mitgewirkt hat, auf dessen Dauer der Entschädigungsanspruch gestützt wird. Der Begriff der "Mitwirkung" ist gesetzlich nicht definiert. Nach allgemeinem Sprachgebrauch wird unter "Mitwirkung" die Einbeziehung in Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse verstanden. Der juristische Sprachgebrauch ist demgegenüber enger. Nach § 41 [X.] 6 ZPO ist ein [X.] von der Ausübung des [X.]amtes [X.] sogar nur in Sachen ausgeschlossen, in denen er in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten [X.]s handelt. In Abgrenzung zu § 41 [X.] 6 ZPO ist es revisionsrechtlich deshalb nicht zu beanstanden, dass das [X.] unter "Mitwirkung" iS des § 41 [X.] 7 ZPO jedwede richterliche Tätigkeit in der Gerichtsakte im zuständigen Senat während der [X.] der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens, gleich welchen Umfanges, angesehen hat. Grundsätzlich kann auch eine nur geringfügige Befassung mit der Sache ausreichen (vgl hierzu [X.] Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom [X.] SF 3/12 EK [X.] - Juris Rd[X.] 31, dort offengelassen für Kenntnisnahmeverfügung während Urlaubsvertretung).

Allein die nachträgliche Übernahme des Vorsitzes im Berufungssenat des Ausgangsverfahrens genügt danach nicht, um eine "Mitwirkung" iS von § 41 [X.] 7 ZPO zu begründen, wenn der Wechsel des Vorsitzes zwischen dem Urteilsspruch und dem Absetzen der Entscheidungsgründe erfolgt ist. Verfahrensleitung und Verhandlungsverantwortung weist das Gesetz dem Vorsitzenden nur in Verfahren zu, an denen er beteiligt ist (vgl § 153 Abs 1 iVm §§ 104, 106 ff [X.] sowie § 155 [X.]). Als Vorsitzender des für das Ausgangsverfahren zuständigen Senats (nur) in der [X.] zwischen Verkündung und Zustellung des Urteils konnte er auf die Entscheidung im Ausgangsverfahren und dessen Übergabe zur Geschäftsstelle keinen Einfluss mehr ausüben. Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hat der VRi[X.] A. auch an der Abfassung des schriftlichen Urteils des Ausgangsverfahrens nicht mitgewirkt und auch ansonsten keinen Einfluss auf das Berufungsverfahren genommen. Eine Einbeziehung des VRi[X.] A. in die Entscheidungs- und Willensbildungsprozesse des [X.] ist damit weder möglich gewesen noch erfolgt. Übernimmt ein Senatsvorsitzender beim [X.] den Vorsitz des Spruchkörpers, nachdem dieser in anderer Besetzung ein Urteil gesprochen hat, hat er weder die Aufgabe noch die Befugnis, auf eine zügige Absetzung des Urteils hinzuwirken. Denn in einem schriftlich niedergelegten Urteil kommt der richterliche Wille, der die Entscheidung trägt, zum Ausdruck. Er kann allein von den an der mündlichen Verhandlung beteiligten [X.]n gebildet werden (vgl OLG Braunschweig Beschluss vom [X.] - [X.], 1165 ). Das schließt eine Mitwirkung des nachträglich in den Senat eingetretenen Vorsitzenden iS von § 41 [X.] 7 ZPO aus. Eine solche Mitwirkung läge lediglich bei eigener Beteiligung am Urteil vor. Selbst dann würden den Vorsitzenden selber im Übrigen zwar § 134 Abs 2 [X.] [X.] sowie die von der Rechtsprechung aufgestellte Fünfmonatsfrist zur Absetzung des Urteils (zum absoluten Revisionsgrund des § 202 [X.] [X.] iVm § 547 [X.] 6 ZPO vgl [X.] Beschluss vom 27.4.1993 - GmS-OGB 1/92 - [X.] 3-1750 § 551 [X.] 4; s auch [X.] vom [X.] - 1 RK 6/93 - [X.] 3-1750 § 551 [X.] 7; [X.] vom [X.] - 5 RJ 62/93 - [X.] 3-1500 § 164 [X.] 5 - jeweils zu der Vorgängervorschrift § 551 [X.] 7 ZPO idF vom 1.1.1964) binden. Auch in diesem Fall könnte er auf die weiteren Senatsmitglieder aber wie auch sonst lediglich durch Überzeugungskraft kraft Sachkunde, Erfahrung und Menschenkenntnis einwirken.

[X.]) Auch nach Sinn und Zweck des § 41 [X.] 7 ZPO, wie er sich aus seiner Entstehungsgeschichte ergibt, genügt grundsätzlich nur die tatsächliche Befassung mit der [X.] für einen Ausschluss der Mitwirkung im Entschädigungsverfahren. Diese Regelung ist durch Art 5 [X.] 2 [X.] mWv 3.12.2011 eingeführt worden (s unter II.1.). Zu diesem [X.]punkt sah § 41 ZPO nur den bereits erwähnten und in [X.] 6 geregelten Ausschluss von der Ausübung des [X.]amtes wegen Mitwirkung in einem früheren Rechtszug oder im schiedsrichterlichen Verfahren vor. § 41 [X.] 6 ZPO soll den Rechtsmittelzug durch einen "neuen", unvoreingenommenen [X.] garantieren (vgl Vollkommer in [X.], ZPO, 31. Aufl 2016, § 41 Rd[X.] 5) und verhindern, dass ein [X.] seine eigene Entscheidung in einer höheren Instanz selbst überprüfen kann. [X.] als im Rahmen des § 41 [X.] 7 ZPO (dazu im Folgenden) ist daher nur der [X.] ausgeschlossen, der gerade an der Urteilsfindung beteiligt war (vgl [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 Rd[X.] 13 mwN; vgl [X.]/[X.], [X.], § 60 Rd[X.] 10; vgl [X.] Beschluss vom 27.1.1971 - 2 BvR 507/69, 2 BvR 511/59 - [X.]E 30, 165 ).

Mit der Ergänzung des § 41 ZPO durch dessen [X.] 7 sollte zusätzlich erreicht werden, dass den Spruchkörpern der Entschädigungsgerichte in Verfahren wegen überlanger Gerichtsverfahren, keine [X.] angehören, die an den beanstandeten Verfahren im vermeintlich überlangen Rechtszug mitgewirkt haben. Damit sollte dem Anschein mangelnder Unvoreingenommenheit und ansonsten zu erwartenden Befangenheitsgesuchen vorgebeugt werden (vgl BT-Drucks 17/3802 [X.]; dies aufgreifend die Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 28.9.2011, BT-Drucks 17/7217 [X.]). Weitergehend als § 41 [X.] 6 ZPO setzt eine Mitwirkung iS des § 41 [X.] 7 ZPO deshalb keine Beteiligung an der Entscheidung voraus (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 60 Rd[X.] 4f). Von dem [X.] erfasst sind vielmehr alle Mitwirkungshandlungen während der Dauer des als überlang gerügten [X.] (vgl [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2014, § 60 Rd[X.] 17), dh von der Anhängigkeit der Klage bis zur Zustellung der letztinstanzlichen Entscheidung im Ausgangsverfahren. Auch die Mitwirkung am Verfahren vor oder nach Erlass der instanzbeendenden Entscheidung kann insoweit zur Verzögerung beigetragen haben (vgl hierzu [X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 Rd[X.] 16). Nach dem Grundgedanken des § 41 [X.] 7 ZPO soll kein [X.] ein von ihm geführtes Ausgangsverfahren im [X.] überprüfen dürfen (vgl Vollkommer in [X.], ZPO, 31. Aufl 2016, § 41 Rd[X.] 5, 14a). Dem Risiko einer dadurch hervorgerufenen Verhinderung aller [X.] des Gerichts muss notfalls mit Hilfe einer Zuständigkeitsbestimmung iS von § 58 Abs 1 [X.] 1 [X.] Rechnung getragen werden (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] SF 12/12 S - Juris Rd[X.] 4 mwN; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2014, § 58 Rd[X.] 11 mwN).

Selbst bei einem solchen weiten Verständnis des § 41 [X.] 7 ZPO genügt indes nicht bereits eine bloße - hier zudem noch sehr kurze - Zugehörigkeit zu dem Spruchkörper, dessen Tätigkeit in Rede steht, um einen Ausschluss im Entschädigungsverfahren anzunehmen (vgl [X.] vom [X.] zu Art 1a [X.] 15 und [X.] vom [X.] zu § 97c Abs 2). Vielmehr bedarf es einer sachbezogenen Mitwirkung, dh einer tatsächlichen Befassung mit der Sache und eines sachlichen Eingreifens gerade in dem zur gerichtlichen Entscheidung anstehenden Fall (so - zum vergleichbaren § 60 Abs 2 [X.] - [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl - 28. Nachtrag, § 60 [X.]86/6; auch [X.]/von [X.], [X.], 16. Aufl 2014, § 54 Rd[X.] 7; [X.] in [X.]/Fröhler, [X.], 14. Aufl 2014, § 54 Rd[X.] 8) oder zumindest der Befugnis und der Möglichkeit zum Eingreifen. [X.], die auf die überlange Verfahrensdauer keinerlei Einfluss hatten und auch nicht nehmen durften, erfasst die Regelung nicht (vgl [X.] in [X.], [X.], 2013, § 54 Rd[X.] 22).

[X.]) Auch das Verfassungsrecht gebietet keine weitergehende Auslegung des Begriffs der "Mitwirkung", die die bloße Senatszugehörigkeit miterfasst. Denn bei der Auslegung und Anwendung des § 41 [X.] 7 ZPO ist das Spannungsverhältnis verfassungsmäßiger Rechte zu beachten. Während die §§ 41, 42 ZPO einerseits das verfassungsrechtliche Gebot schützen, Neutralität und Distanz des [X.]s in Fällen der Vorbefasstheit abzusichern, ist andererseits das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen [X.] zu beachten ([X.]; vgl [X.] [X.] vom 23.9.1997 - 1 BvR 116/94 - NJW 1998, 369 ). Die Aufzählung der Ausschlussgründe in § 41 [X.] 1 bis 8 ZPO ist deshalb abschließend (allgemeine Meinung, vgl zB bereits [X.] vom 22.5.1962 - 9 RV 1430/59 - [X.], 66 = [X.] [X.] 7 zu § 41 ZPO ; [X.]/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl - 28. Nachtrag, § 60 [X.]86/5 f, [X.]). Die engere Auslegung der Ausschlusstatbestände fügt sich in die allgemeine Interpretation der prozessrechtlichen Regelungen zum Ausschluss vom [X.]amt ein. Die Bestimmungen der § 60 Abs 1 [X.] [X.] aF, § 41 ZPO werden auch sonst eher restriktiv ausgelegt (vgl zB [X.] vom 8.5.1996 - 6 [X.] 16/95 - [X.], 175, 179 = [X.] 3-5407 Art 33 § 3a [X.] 1 S 6, betreffend § 41 [X.] 4 ZPO; vgl auch B[X.] Beschluss vom 26.2.1957 - 1 RA 17/57 - [X.] [X.] 1 zu § 41 ZPO, betreffend § 41 [X.] 6 ZPO; vgl auch B[X.] Beschluss vom 30.1.1962 - 6 [X.] 23/60 - [X.] [X.] 6 zu § 41 ZPO und [X.] Urteil vom 4.12.1989 - RiZ (R) 5/89 - NJW 1991, 425, beide betreffend § 41 [X.] 1 ZPO).

Eine extensive Auslegung geriete dagegen in Konflikt zu [X.], denn niemand darf seinem gesetzlichen [X.] entzogen werden (vgl [X.] Urteil vom [X.] - [X.] 1976, 837 ; [X.] Urteil vom 4.12.1989 - RiZ (R) 5/89 - NJW 1991, 425 ; BVerwG Urteil vom 18.10.1979 - 3 C 117/79 - NJW 1980, 2722; [X.] Beschluss vom 12.9.2007 - [X.]/03 - [X.]/NV 2008, 102 ; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2014, § 60 Rd[X.] 10; weitergehender [X.] Beschluss vom [X.] - 9 W 94/01 - [X.] 2001, 767 zu § 41 [X.] 3 ZPO; auch Schleswig-Holsteinisches [X.] Beschluss vom 5.3.1998 - L 5 [X.]/98 - [X.] 1998, 351 Ehe zwischen einer [X.]in und einem Prozessbevollmächtigten des Klägers). [X.] erlaubt daher keine analoge Auslegung dahin, dass der [X.] über die ausdrücklich normierten Fälle hinaus auch in vergleichbaren Situationen ausgeschlossen ist ([X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, § 41 Rd[X.] 15). Den Belangen der Prozessbeteiligten kann für solche Fallgestaltungen durch die Möglichkeit der Ablehnung wegen Befangenheit Rechnung getragen werden (vgl [X.] Nichtannahmebeschluss vom [X.] - 1 BvR 730/01 - NJW 2001, 3533; [X.] Beschluss vom 26.1.1971 - 2 BvR 443/69 - [X.]E 30, 149, 154).

Nach diesen Vorgaben war VRi[X.] A. als Vorsitzender des im Ausgangsverfahren zuständigen 3. Senats nicht von der Ausübung des [X.]amtes im anschließenden Entschädigungsverfahren ausgeschlossen. Denn er hat während der [X.] der Anhängigkeit des Ausgangsverfahrens nach den für den Senat nach § 163 [X.] bindenden Feststellungen des angefochtenen Urteils der Vorinstanz keine richterliche Tätigkeit in der Gerichtsakte entfaltet.

b) Ebenfalls kein Verstoß gegen das Recht der Klägerin auf den gesetzlichen [X.] ([X.]) ist umgekehrt in dem Ausschluss von VizePräs[X.] [X.] zu sehen. Wie das [X.] als Entschädigungsgericht zutreffend angenommen hat, war VizePräs[X.] [X.] im Entschädigungsverfahren gemäß § 60 Abs 1 [X.] iVm § 41 [X.] 7 ZPO von der Ausübung des [X.]amtes ausgeschlossen, weil er in der Verfahrensakte - wenn auch nur einmalig - richterlich tätig geworden ist. Denn er hat vor seinem Wechsel in den 12. Senat noch als Vorsitzender [X.] im Ausgangsverfahren die Eingangsverfügung in der Berufungsinstanz unterzeichnet. Damit hat er die Klägerin zur Berufungserwiderung binnen vier Wochen aufgefordert und eine Wiedervorlagefrist von fünf Wochen verfügt. Darin liegt eine Verfahrensförderung und Sachaufklärungshandlung iS des § 106 Abs 1 [X.], also eine sachliche Einwirkung auf den zur Entscheidung anstehenden Einzelfall.

3. Die auf § 198 [X.] gestützte [X.] ist zulässig. Das [X.] war gemäß § 202 [X.] [X.] iVm § 201 Abs 1 [X.] [X.] für Klagen auf Entschädigung nach § 198 [X.] gegen den Beklagten das für dieses Land örtlich zuständige [X.]. [X.] ist im Verfahren wirksam durch die Präsidentin des [X.] Mecklenburg-Vorpommern vertreten worden. Die [X.] ist als allgemeine Leistungsklage statthaft (§ 54 Abs 5 [X.]; vgl hierzu B[X.] Urteil vom 5.5.2015 - [X.] ÜG 8/14 R - [X.] 4-1710 Art 23 [X.] 4). Der [X.] kann nicht entgegengehalten werden, sie sei nach Erhebung der [X.] verfrüht erhoben worden (zur Wartefrist als Sachurteilsvoraussetzung vgl [X.] vom 5.5.2015 - [X.] ÜG 8/14 R - [X.] 4-1710 Art 23 [X.] 4 Rd[X.] 16 mwN ). Zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs 1 [X.] kann eine Klage frühestens sechs Monate nach Erhebung der [X.] erhoben werden (§ 198 Abs 5 [X.] [X.], Art 23 [X.] [X.]). Bei Erhebung der [X.] am [X.] war die Sechsmonatsfrist des § 198 Abs 5 [X.] [X.] bezogen auf die am [X.] und zuletzt am 3.8.2012 angebrachten [X.]n aber bereits abgelaufen. Die Nichteinhaltung der Wartefrist hätte der Klägerin ohnehin während einer Übergangszeit bis zum 31.12.2014 nicht entgegengehalten werden können ([X.] vom [X.] - [X.] ÜG 2/14 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 5 ). Die Klagefrist des § 198 Abs 5 [X.] [X.] ([X.] [X.]) ist ebenfalls eingehalten. Hier hat die Klägerin die [X.] sogar noch vor Verkündung des Berufungsurteils des Ausgangsgerichts vom [X.] erhoben, was zulässig ist (§ 198 Abs 5 [X.] [X.]; vgl auch BT-Drucks 17/3802 [X.]2).

4. Die Klägerin hat über den ihr bereits zuerkannten Entschädigungsanspruch hinaus keinen weitergehenden Anspruch nach § 198 [X.] gegen das beklagte Land. Diese hat den richtigen Beklagten verklagt (dazu a) und auch die [X.] rechtzeitig erhoben (dazu b). Das Entschädigungsgericht hat zu Recht eine unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens von 28 Monaten bejaht (dazu c). Entgegen der Auffassung der Klägerin hält auch die Entscheidung einer revisionsrichterlichen Überprüfung Stand, wegen der erlittenen immateriellen Nachteile (dazu d) keinen höheren Betrag als die Pauschalentschädigung von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung festzusetzen (dazu e).

a) [X.] ist für die [X.] nach § 200 [X.] [X.] passiv legitimiert, weil es danach für Nachteile haftet, die aufgrund von Verzögerungen bei seinen Gerichten entstehen.

b) Die Klägerin hat die nach § 198 Abs 3 [X.] [X.] zwingend erforderliche [X.] jedenfalls am [X.] rechtzeitig erhoben. Für die unverzügliche Erhebung der [X.] in bei Inkrafttreten des [X.] bereits anhängigen Verfahren ist es ausreichend, wenn die Rüge spätestens drei Monate nach Inkrafttreten des [X.] am 3.12.2011 erfolgt (Art 23 [X.] [X.] zur Einordnung als materiell-rechtlich wirkende Ausschlussfrist vgl [X.] vom [X.] - [X.] ÜG 2/14 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 5 Rd[X.] 27 mwN; [X.] vom 5.5.2015 - [X.] ÜG 8/14 R - [X.] 4-1710 Art 23 [X.] 4 Rd[X.] 21 f mwN).

c) Das [X.] hat zutreffend eine Überlänge des Ausgangsverfahrens vor dem [X.] und [X.] von insgesamt 28 Monaten festgestellt. Dies betrifft die Liegezeiten im Berufungsverfahren vor dem [X.] von Februar bis Oktober 2009, Februar bis Dezember 2010, März bis September 2011, Januar und Februar 2012, Juli 2012 bis Februar 2013 sowie von August bis Oktober 2013 unter Abzug von zwölf Monaten Bearbeitungs- und Bedenkzeit. Nach § 198 Abs 1 [X.] [X.] wird angemessen entschädigt, wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet. Das [X.] hat den Gesamtzeitraum des Verfahrens zutreffend ermittelt und die für eine Prüfung der Angemessenheit der Verfahrensdauer bedeutsamen Gesichtspunkte beachtet (dazu aa); es hat zu Recht die Bedeutung (dazu [X.]) und die Schwierigkeit (dazu [X.]) des Verfahrens, das Verhalten der Verfahrensbeteiligten (dazu [X.]) und die Prozessleitung der Gerichte des Ausgangsverfahrens in seine Bewertung der Angemessenheit der Verfahrensdauer einbezogen (dazu ee). Das Entschädigungsgericht ist zudem, soweit es um die Würdigung dieser Prozessleitung geht, von einem zutreffenden richterlichen Überprüfungsmaßstab sowie dem Erfordernis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ausgegangen. Es hat dabei den Ausgangsgerichten zu Recht eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden (dazu ff).

aa) Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens sowie nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter (§ 198 Abs 1 [X.] [X.]). Der unbestimmte Rechtsbegriff "unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens" ist insbesondere unter Rückgriff auf diejenigen Grundsätze auszulegen, die der [X.] zu Art 6 Abs 1 [X.] Europäische Menschenrechtskonvention ([X.]) und das [X.] zum Recht auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) sowie zum Justizgewährleistungsanspruch (Art 2 Abs 1 iVm Art 20 Abs 3 GG) entwickelt haben ([X.] vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 7/14 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 10 Rd[X.] 25 mwN). Ausgangspunkt und erster Schritt der Angemessenheitsprüfung bildet die Feststellung der in § 198 Abs 6 [X.] 1 [X.] definierten Gesamtdauer des Gerichtsverfahrens von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss. Kleinste im Geltungsbereich des [X.] relevante [X.]einheit ist hierbei der Kalendermonat ([X.] vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 11/13 R - B[X.]E 118, 102 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 9). Unter einem rechtskräftigen Abschluss ist die formelle Rechtskraft einer Entscheidung zu verstehen (B[X.] Urteil vom 21.2.2013 - [X.] ÜG 1/12 KL - B[X.]E 113, 75 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 1, Rd[X.] 24 mwN).

Das Ausgangsverfahren vor dem [X.] begann am 11.2.2002 und endete vor dem [X.] durch Zustellung des Urteils am 25.11.2013 und erreichte damit eine Gesamtdauer von 140 Kalendermonaten. Für den [X.]raum nach Zustellung des Berufungsurteils bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht die Klägerin keine Verzögerung geltend. Er bleibt daher außer Betracht.

In einem zweiten Schritt ist der Ablauf des Verfahrens an den von § 198 Abs 1 [X.] [X.] genannten Kriterien zu messen. Bei der Feststellung der Tatsachen, die zur Ausfüllung der von § 198 Abs 1 [X.] [X.] genannten unbestimmten Rechtsbegriffe erforderlich sind, kommt dem Entschädigungsgericht ein erheblicher tatrichterlicher Beurteilungsspielraum zu (vgl im Einzelnen [X.] vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 3, Rd[X.] 26 mwN).

Auf dieser Grundlage ergibt die wertende Gesamtbetrachtung und Abwägung aller Einzelfallumstände in einem dritten Schritt, ob die Verfahrensdauer die äußerste Grenze des Angemessenen deutlich überschritten und deshalb das Recht auf Rechtsschutz in angemessener [X.] verletzt hat. Dabei billigt der Senat den Ausgangsgerichten eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit von bis zu zwölf Monaten je Instanz zu, die für sich genommen noch nicht zu einer unangemessenen Verfahrensdauer führt (näher B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 3, Rd[X.] 43 ff mwN; [X.] vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 11/13 R - B[X.]E 118, 102 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 9; [X.] vom 5.5.2015 - [X.] ÜG 8/14 R - [X.] 4-1710 Art 23 [X.] 4 Rd[X.] 36).

[X.]) Das [X.] hat als Ausgangspunkt die Bedeutung der Ausgangsverfahren rechtsfehlerfrei in seine Bewertung der Angemessenheit eingestellt. Die von § 198 [X.] genannte Bedeutung eines Verfahrens ergibt sich aus der allgemeinen Tragweite der Entscheidung für die materiellen und ideellen Interessen der Beteiligten. Zur Bedeutung der Sache iS von § 198 Abs 1 [X.] [X.] trägt dabei im Kontext des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz maßgeblich das Interesse des Betroffenen gerade an einer raschen Entscheidung sowie eine mögliche Entwertung der Rechtsposition durch [X.]ablauf bei (vgl [X.] vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 3, Rd[X.] 29 mwN ). Insofern ist das [X.] im Rahmen seines tatrichterlichen [X.] in nicht zu beanstandender Weise von einer eher durchschnittlichen Bedeutung ausgegangen. Die Klägerin bezog während des laufenden Verfahrens bereits Entschädigungsleistungen nach einer MdE von 80 sowie eine Erwerbsunfähigkeitsrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und war in ihrer wirtschaftlichen Existenz nicht gefährdet. Im Streit standen nur noch die im Vergleich damit weniger gewichtige Erhöhung nach dem Maximalwert einer MdE von 100 sowie die Gewährung einer höheren Grundrente auch für einen [X.]punkt vor Antragstellung.

Die zugrundeliegenden Feststellungen hat das [X.] verfahrensfehlerfrei getroffen. Das angefochtene Urteil beruht entgegen dem Vorbringen der Revision nicht auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht durch das [X.] (§ 103 [X.]). Es ist nicht ersichtlich, dass sich das [X.] auf dem Boden seiner Rechtsauffassung zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt sehen müssen (vgl zB [X.] vom 10.6.1975 - 9 RV 124/74 - B[X.]E 40, 49 = [X.] 3100 § 30 [X.] 7; [X.] vom [X.] - B 13 RJ 31/04 R - [X.] 4-2600 § 43 [X.] 3 Rd[X.] 21 f; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 12. Aufl 2017, § 103 Rd[X.] 20 mwN). Soweit die Klägerin dem [X.] in diesem Zusammenhang vorwirft, es habe feststellen müssen, ob unter den besonderen Umständen des Einzelfalls jegliches Verfahren und dessen Länge für sie - die Klägerin - überdurchschnittlich belastend gewesen sei, verkennt sie bereits, dass es für die Bedeutung des Verfahrens allein auf einen Maßstab objektivierter Betrachtung ankommt ([X.] vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 7/14 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 10 Rd[X.] 30 mwN).

[X.]) Ebenso wenig sind Rechtsfehler zu erkennen, soweit das [X.] einen durchschnittlichen bis leicht überdurchschnittlichen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeitsgrad des Ausgangsverfahrens wegen Versorgung nach dem Gesetz über die Entschädigung für Opfer von Gewalttaten (Opferentschädigungsgesetz - OEG) angenommen hat, ua wegen der Bewertung bestimmter anerkannter Schädigungsfolgen mit einer MdE von mehr als 80 unter Berücksichtigung widerstreitender Gutachten (zur Komplexität der rechtlichen Aufarbeitung lange zurückliegender [X.] vgl auch [X.] Urteil vom 21.10.2010 - Individualbeschwerde [X.] 2651/07 Sch./Deutschland - Juris Rd[X.] 30).

[X.]) Das [X.] hat eine dem Verhalten der Klägerin zurechenbare Verlängerung der Ausgangsverfahren zutreffend in der [X.] des erfolglosen Wartens auf die Klagebegründung gesehen, welche die Klägerin in Aussicht gestellt hatte. Solche durch zulässiges Prozessverhalten, wie [X.], herbeigeführte Verfahrensverzögerungen fallen in den Verantwortungsbereich des Betroffenen und werden nicht dem Staat zugerechnet (vgl [X.] Urteil vom 13.2.2014 - [X.]/13 - [X.] 2014, 526 mwN; zur Erschwerung richterlicher Tätigkeit durch Fristverlängerungsanträge vgl auch [X.] Urteil vom 29.5.1986 - Individualbeschwerde [X.] 9384/81, 9/1984/81/128 D./Deutschland - NJW 1989, 652, 654).

ee) Das [X.] als Entschädigungsgericht hat schließlich zutreffend die Prozessleitung sowohl des [X.] als auch des [X.] als Berufungsgericht im Ausgangsverfahren in seine Erwägungen einbezogen. Denn über die in § 198 [X.] explizit genannten Kriterien zur Bestimmung der Angemessenheit hinaus hängt die Unangemessenheit der Verfahrensdauer wesentlich davon ab, ob dem Staat zurechenbare Verhaltensweisen des Gerichts zur Überlänge des Verfahrens geführt haben. Maßgeblich sind Verzögerungen (vgl § 200 [X.]), also sachlich nicht gerechtfertigte [X.]en des Verfahrens, insbesondere aufgrund von Untätigkeit des Gerichts (vgl [X.] Nichtannahmebeschluss vom 13.8.2012 - 1 BvR 1098/11 - Juris; B[X.] U rteil vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 3, Rd[X.] 34).

ff) Das Entschädigungsgericht ist, soweit es um die Würdigung dieser Prozessleitung durch die Gerichte des Ausgangsverfahrens geht, von einem zutreffenden richterlichen Überprüfungsmaßstab sowie dem Erfordernis einer Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände ausgegangen. Es hat dabei den Ausgangsgerichten zu Recht eine Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugestanden und seine materiell-rechtlichen Annahmen nicht überprüft. Ebenso wenig hat das Entschädigungsgericht das weite, mit zunehmender Verfahrensdauer allerdings schrumpfende Ermessen des Ausgangsgerichts bei der Verfahrensleitung verkannt (vgl [X.] vom [X.] - [X.] ÜG 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 3, Rd[X.] 36 mwN und Rd[X.] 37 unter Hinweis auf [X.]).

(1) Die Berücksichtigung dieser Maßstäbe durch das Entschädigungsgericht im Rahmen der Bewertung der Umstände des Einzelfalls im Ausgangsverfahren ist nicht zu beanstanden. Zu Recht hat das Entschädigungsgericht - wie ausgeführt - die Monate des Wartens auf die Klagebegründung nicht einer unzureichenden Prozessleitung des [X.] zu geordnet (s unter II.4.c [X.]).

(2) Auch in Bezug auf die [X.]en, in denen das Gericht des Ausgangsverfahrens auf ergänzende Stellungnahmen oder Gutachten von Sachverständigen wartete, ist die Anwendung des dargestellten [X.] unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nicht zu beanstanden. Wird eine Verzögerung durch das Verhalten Dritter ausgelöst, kommt es darauf an, inwieweit dies dem Gericht zugerechnet werden kann, insbesondere, weil es seinerseits von zumutbaren Beschleunigungshandlungen abgesehen hat (vgl zB [X.]e vom [X.] - [X.] ÜG 9/13 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 6 Rd[X.] 37 und - [X.] ÜG 12/13 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 4 Rd[X.] 41). Nach diesen Maßstäben ist das Entschädigungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass in den Monaten Januar bis März 2004, in denen das [X.] auf die ergänzende Stellungnahme des Gutachters im Verwaltungsverfahren wartete, ohne ihm dafür zunächst eine Frist gesetzt zu haben, keine entschädigungsrelevante Liegezeit zu sehen ist. Trotz des generellen Beschleunigungsgebots sind die Gerichte zur Fristsetzung nicht verpflichtet (vgl § 118 Abs 1 [X.] [X.] iVm § 411 Abs 1 ZPO). Bei der Entscheidung, ob und welche Frist einem Sachverständigen zu setzen ist, handelt es sich um eine Maßnahme der materiellen Verfahrensleitung. Sie setzt eine tatsächliche und rechtliche Bewertung voraus, die in den Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit fällt. Solche Entscheidungen können deshalb nur dann die Feststellung einer Verfahrensverzögerung rechtfertigen, wenn die richterliche Bewertung vor dem Hintergrund der jeweils geltenden Prozessordnung und/oder des materiellen Rechts unvertretbar und unter keinem Gesichtspunkt verständlich erscheint (vgl [X.] Urteil vom 10.7.2013 - 4 [X.] 3/13 - Juris mwN). So stellt sich der Fall nicht dar. Das [X.] hatte dem Gutachter zwar zunächst keine Frist gesetzt, aber nach Ablauf von drei Monaten nach Erteilung des Auftrags zur ergänzenden Stellungnahme den Sachverständigen wiederholt erinnert, zuletzt unter Fristsetzung und Vernehmungsandrohung. Dieses Vorgehen erscheint weder unvertretbar noch unter keinem Gesichtspunkt verständlich. In sozialgerichtlichen Verfahren kann erfahrungsgemäß mit dem Eingang eines medizinischen Gutachtens nicht vor Ablauf von drei Monaten gerechnet werden und wird daher typischerweise regelmäßig erst nach vier bis fünf Monaten eine Sachstandsanfrage an den jeweiligen Gutachter gerichtet (vgl [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom [X.] - L 37 SF 65/12 EK U - Juris Rd[X.] 41; [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom 6.12.2013 - L 37 SF 2/13 EK U - [X.] 2014, 30 ). Die Tatsachengerichte entgegen § 411 Abs 1 ZPO und entgegen der richterlichen Unabhängigkeit zu einer Fristsetzung zu drängen und vertretbare Wartezeiten andernfalls als entschädigungsrelevante Liegezeiten zu werten, ist nicht angezeigt. Die zügige Erledigung eines Rechtsstreits ist kein Selbstzweck. Vielmehr verlangt gerade das Rechtsstaatsprinzip die grundsätzlich umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung des Streitgegenstands durch das dazu berufene Gericht ([X.] Beschluss vom 11.6.1980 - 1 PBvU 1/79 - [X.]E 54, 277, 291; [X.] Beschluss vom 12.2.1992 - 1 BvL 1/89 - [X.]E 85, 337, 345; [X.] [X.] vom [X.] - 1 BvR 711/96 - NJW 1997, 2811, 2812; [X.] [X.] vom 26.4.1999 - 1 BvR 467/99 - NJW 1999, 2582, 2583). Dazu dienen auch vertretbare [X.]räume, die das Gericht - und sei es nur durch angemessene interne Wiedervorlagefristen - einem Sachverständigen einräumt, um als weisungsgebundener Gehilfe des Gerichts den Streitgegenstand in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären. Das Unterlassen einer Fristsetzung für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens kann dann nicht zu einer Verletzung des [X.] führen, wenn das Gericht auf eine zeitnahe Erledigung drängt bzw sachgerechte Gründe für eine Verzögerung gegeben sind ([X.] Beschluss vom 31.1.2017 - 13 WF 12/17 - Juris).

Auch in Bezug auf die Monate September 2004 bis Juli 2005, in denen das [X.] auf das Gutachten des von Amts wegen bestellten Sachverständigen wartete, ist die Anwendung des dargestellten [X.] durch das Entschädigungsgericht nicht zu beanstanden. Das Entschädigungsgericht durfte es als nicht entschädigungsrelevant bewerten, dass das [X.] an den Sachverständigen erstmals im Januar 2005 eine Sachstandsanfrage richtete, nachdem es ihn im September 2004 zum Sachverständigen ernannt hatte. Auch das Abfassen eines Gutachtens erfordert [X.]. Daher weist die Wertung des Entschädigungsgerichts, die zweite Sachstandsanfrage im Juli 2005 sei vertretbar gewesen, nachdem der [X.] für Mai 2005 vorgesehen gewesen war, ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Das Absehen des [X.], in dieser Konstellation Ordnungsmittel anzudrohen, führt ebenfalls noch nicht zu einer dem Staat zurechenbaren Verfahrensverzögerung. Nach den Feststellungen des Entschädigungsgerichts hat das [X.] zu dem in angemessenen [X.]abständen wiederholt den Kontakt zu dem Sachverständigen gesucht, der wiederum auf die Anfragen stets reagiert und erkennen lassen hat, er arbeite auf die Fertigstellung des Gutachtens hin. Im Interesse der Rechtsstaatlichkeit darf das Gericht zudem beim Einsatz von Zwangsmitteln Augenmaß walten lassen. Eine vorschnelle Drohung mit Zwangsmaßnahmen lässt zumindest befürchten, das Gutachten werde nicht in der gebotenen Gründlichkeit und damit Qualität erstattet werden (vgl [X.] Berlin-Brandenburg Urteil vom 12.5.2015 - L 37 SF 37/12 [X.] - Juris Rd[X.] 164; [X.] Mecklenburg-Vorpommern Urteil vom [X.] SF 3/12 EK [X.] - Juris Rd[X.] 48) oder der Gutachter werde von der Übernahme weiterer Aufträge abgeschreckt.

(3) Das Entschädigungsgericht hat schließlich zu Recht die Monate Januar 2007 sowie Januar 2008 und 2009 nicht als entschädigungsrelevante Liegezeiten gewertet. Zwar hat das [X.] nach den Feststellungen der Vorinstanz die ergänzende Stellungnahme des antragsgemäß bestellten Sachverständigen im Dezember 2006 den Beteiligten (nur) zur Kenntnis übersandt, dennoch begegnet es keinen Bedenken, dass das Entschädigungsgericht das Bestehen eines [X.] erst ab Februar 2007 - dh nach einer sechswöchigen Frist zur möglichen Stellungnahme - angenommen hat. Denn die Übersendung eines Schriftsatzes, eines Gutachtens oÄ an die Beteiligten zur Kenntnis beinhaltet stets die Möglichkeit zur Stellungnahme. Die Entscheidung des Gerichts, im Hinblick auf eine mögliche Stellungnahme zunächst nicht weitere Maßnahmen zur Verfahrensförderung zu ergreifen, unterliegt grundsätzlich noch seiner Entscheidungsprärogative und ist - mit Ausnahme unvertretbarer oder schlechthin unverständlicher Wartezeiten - weder durch das Entschädigungs- noch durch das Revisionsgericht als Verfahrensverzögerung zu bewerten. Das Entschädigungsgericht ist davon ausgegangen, das [X.] habe aus seiner - allein maßgeblichen - Ex-ante-Sicht eine Replik eines der Beteiligten auf die ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen nicht ausschließen können. Diese Einschätzung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Nichts anderes gilt für den Monat Januar 2009, nachdem das [X.] als Berufungsgericht die Berufungserwiderung des Beklagten der Klägerin im Dezember 2008 (nur) zur Kenntnis und freigestellter Stellungnahme übersandt hatte.

(4) Ebenso wenig ist im Ergebnis die Wertung des Entschädigungsgerichts zu beanstanden, den Monat Mai 2008 nicht als unangemessene Liegezeit anzusehen. Die Feststellungen des [X.] zu den Umständen der Entscheidung (im April 2008) und der Zustellung ihrer schriftlichen Gründe (im Juni 2008) lassen bereits nicht erkennen, dass das [X.] im Mai 2008 untätig gewesen wäre. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus § 134 Abs 2 [X.] [X.] keine überlange Verfahrensdauer für diesen Monat herleiten. Diese Soll-Vorschrift billigt dem Gericht gerade einen [X.]raum für die Formulierung und die Niederschrift des Urteils zu. Diese gesetzlich definierte [X.] kann daher auch nicht der allgemeinen, vom Senat zugestandenen Vorbereitungs- und Bedenkzeit zugeordnet werden.

Im Übrigen löst nicht jede Überschreitung der durchschnittlichen oder gar der optimalen Verfahrensdauer - auch einzelner Verfahrensabschnitte wie hier der Urteilsabsetzung und -zustellung - bereits einen Entschädigungsanspruch aus. Bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das [X.] ist - wie in der Gesetzesbegründung ausdrücklich betont - nicht von dem Maßstab eines "idealen [X.]s" auszugehen, sondern vielmehr anhand des konkreten Einzelfalls ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl BT-Drucks 18/9092 [X.]). Selbst wenn das Urteil nach § 134 Abs 2 [X.] [X.] vor Ablauf eines Monats - vom Tag der Verkündung an gerechnet - vollständig abgefasst der Geschäftsstelle übermittelt werden soll, erweist sich der hier zweimonatige Verfahrensabschnitt von Urteilsverkündung bis Urteilszustellung als nicht entschädigungsrelevant.

(5) Entsprechendes gilt für den Monat Juli 2013, in dem die Klägerin eine entschädigungsrelevante Verzögerung nach Verkündung des Berufungsurteils sieht. Umstände, aus denen sich ergibt, dass das Berufungsgericht in diesem Monat untätig geblieben sei, hat das Entschädigungsgericht ebenfalls nicht festgestellt und die Revision nicht vorgebracht.

(6) Die Feststellungen des Entschädigungsgerichts tragen auch nicht die Auffassung der Revision, die Grenzen des prozessualen Ermessensspielraums habe das Berufungsgericht im Ausgangsverfahren zu weit gezogen, soweit es die [X.]en betrifft, in denen dieses während einer [X.] das Ausgangsverfahren nicht betrieben hat (Januar und Februar 2011). Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass ein Gericht regelmäßig erst nach Sichtung der erstinstanzlichen Gerichtsakte und der Verwaltungsakten beurteilen kann, ob und ggf welche weiteren Verfahrensakten beigezogen werden sollen. [X.]en, in denen ein Gericht auf angeforderte Akten wartet, sind daher regelmäßig nicht als entschädigungsrelevante Inaktivitätszeiten zu werten, falls nicht das Gebot der Verfahrensbeschleunigung ausnahmsweise bereits vorher verfahrensfördernde Maßnahmen gebietet. Zwar hatte das Ausgangsverfahren im [X.]punkt der umstrittenen [X.] bereits fast neun Jahre gedauert. Gleichwohl durfte das Entschädigungsgericht ein Abwarten des Akteneingangs durch das Berufungsgericht im Ausgangsverfahren noch für vertretbar halten. Den Gerichten des Ausgangsverfahrens war ihre besondere Verpflichtung, sich wegen der langen Verfahrensdauer um eine Beschleunigung zu bemühen, ersichtlich bewusst und sie haben danach auch gehandelt. Das zeigt die rasche zeitliche Abfolge von [X.] (Januar 2011) und -übersendung (Februar 2011). Entsprechendes gilt für die weiteren [X.]en des [X.] (März bzw April 2012) und deren Übersendung durch das [X.] (April bzw Juni 2012). Denn für die Beurteilung der richterlichen Handlungen ist entscheidend, wie das Gericht die Sach- und Rechtslage aus seiner Ex-ante-Sicht einschätzen durfte; es kommt nicht darauf an, wie sich der Verfahrenslauf im Nachhinein bei einer Ex-post-Betrachtung darstellt (vgl [X.] Urteil vom 7.5.2014 - X K 11/13 - HFR 2014, 1005 ).

(7) Auch die Entscheidung des Berufungsgerichts, auf die Anforderungen des [X.] (Oktober und November 2011) hin diesem im November 2011 die angeforderten Akten kurzfristig zu überlassen, stellt sich nicht als schlechthin unvertretbar dar. Das hat das Entschädigungsgericht ebenfalls zutreffend angenommen.

d) Ein entschädigungsfähiger immaterieller Nachteil der Klägerin iS des § 198 Abs 1 [X.] [X.] ist schon aufgrund der nicht widerlegten Vermutung des § 198 Abs 1 [X.] [X.] anzunehmen. Eine Wiedergutmachung auf andere Weise ist nicht möglich (§ 198 Abs 2 [X.], Abs 4 [X.] [X.]).

e) Die Entscheidung des Entschädigungsgerichts, nicht von dem in § 198 Abs 2 S 3 [X.] vorgesehenen Regelbetrag von 1200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung eines Verfahrens abzuweichen, begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken. § 198 Abs 2 S 4 [X.] eröffnet nur für atypische Sonderfälle die Möglichkeit, von der 1200 Euro-Pauschale nach oben oder nach unten abzuweichen (vgl dazu im Einzelnen B[X.] Urteil vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 11/13 R - B[X.]E 118, 102 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 9, Rd[X.] 37 ff).

Das zu beurteilende Ausgangsverfahren hebt sich indes nicht durch eine oder mehrere entschädigungsrelevante Besonderheiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Fällen ab. In Angelegenheiten des [X.] Entschädigungsrechts ist die besondere emotionale Betroffenheit der jeweiligen Kläger keine Besonderheit und als solche zur Anhebung der gesetzlichen Entschädigungspauschale grundsätzlich nicht geeignet. Das Gefühl der Klägerin, ein Opfer staatlicher Institutionen - auch der Gerichte und der ärztlichen Sachverständigen - zu sein, mag aus ihrer rein persönlichen Sicht verständlich sein. Subjektive Kriterien sind aber nicht geeignet, einen atypischen Sonderfall iS des § 198 Abs 2 S 4 [X.] zu begründen. Das widerspräche dem Sinn und Zweck sowie dem Pauschalierungskonzept der Norm. In Anlehnung an die Rechtsprechung des [X.] soll der Entschädigungsanspruch des § 198 [X.] dem Rechtsuchenden für die entstandenen Verzögerungen eines Gerichtsverfahrens eine angemessene Entschädigung gewähren (vgl BT-Drucks 17/3802 [X.]). Sie soll die verzögerte Entscheidungsfindung und die daraus folgenden immateriellen Nachteile ausgleichen. Die Entschädigung hat dagegen keinen Bezug zu sonstigen negativen Empfindungen, die das Gerichtsverfahren aus anderen Gründen in der Person des jeweiligen Klägers ausgelöst haben mag. Der Gesetzgeber hat die Frage nach der Bemessung der Entschädigung für immaterielle Nachteile durch Pauschalierung gelöst und dabei den weitgehenden Verzicht auf eine Differenzierung im Einzelfall in Kauf genommen zugunsten der Vorteile einer Pauschalierung. Damit wollte er Streitigkeiten um die Höhe der Entschädigung und eine zusätzliche Belastung für die Gerichte vermeiden. Überdies können durch die Pauschalierung die Entschädigungsverfahren zügiger abgeschlossen werden, was auch im Interesse der Betroffenen liegt (vgl BT-Drucks 17/3802 [X.]0). Nur bei einer Beschränkung auf objektive Gesichtspunkte kann der legitime Zweck erreicht werden, die Gerichte nicht durch aufwändige Ermittlungen im Entschädigungsverfahren zusätzlich zu belasten und letztere so zügig abzuschließen.

Die dem gefundenen Ergebnis zugrundeliegenden Feststellungen hat das [X.] auch hier verfahrensfehlerfrei getroffen. Das angefochtene Urteil beruht entgegen dem Vorbringen der Revision nicht auf einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§ 103 [X.]). Die Klägerin beanstandet, das [X.] habe ihren in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2015 gestellten Beweisantrag nicht übergehen dürfen. Es habe vielmehr feststellen müssen, ob unter den besonderen Umständen des Einzelfalls jegliches Verfahren und dessen Länge für sie - die Klägerin - subjektiv überdurchschnittlich belastend gewesen sei. Diese Rüge verkennt indes, dass sich die Entschädigungshöhe pauschal nach § 198 Abs 2 S 3 [X.] richtet; nur in atypischen Fällen iS von § 198 Abs 2 S 4 [X.] darf davon abgewichen werden (vgl [X.] vom [X.] - [X.] ÜG 2/14 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] 5 Rd[X.] 53; [X.] vom 12.2.2015 - [X.] ÜG 11/13 R - B[X.]E 118, 102 = [X.] 4-1720 § 198 [X.] 9, Rd[X.] 37 f). Die Revisionsbegründung lässt indes schon nicht erkennen, durch welche entschädigungsrelevanten Besonderheiten sich das vorliegende Verfahren in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht von vergleichbaren Verfahren abheben könnte. In [X.] ist die psychische Belastung des Betroffenen üblicherweise keine Besonderheit und deshalb auch nicht geeignet, eine Atypik zu begründen. Hiervon ausgehend musste sich das [X.] nicht zu weiteren Ermittlungen im Sinne eines Gutachtens über die psychische Belastung der Klägerin gedrängt fühlen.

5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 183 S 6 [X.], § 197a Abs 1 [X.] [X.] iVm § 154 Abs 2 [X.].

6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 [X.] [X.] iVm § 47 Abs 1 [X.], § 52 Abs 1 und Abs 3 [X.], § 63 Abs 2 [X.] GKG. Der Streitwert entspricht der im Revisionsverfahren noch geltend gemachten Entschädigungssumme.

Meta

B 10 ÜG 1/16 R

07.09.2017

Bundessozialgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend SG Schwerin, 18. April 2008, Az: S 6 VE 3/02, Urteil

§ 41 Nr 7 ZPO, § 41 Nr 6 ZPO, § 411 Abs 1 ZPO, § 198 Abs 1 S 1 GVG, § 198 Abs 1 S 2 GVG, § 198 Abs 2 S 3 GVG, § 198 Abs 2 S 4 GVG, § 198 Abs 3 S 1 GVG, § 198 Abs 5 S 2 GVG, § 198 Abs 6 Nr 1 GVG, Art 23 S 1 ÜberlVfRSchG, Art 23 S 2 ÜberlVfRSchG, Art 24 ÜberlVfRSchG, § 58 SGG, § 60 Abs 1 SGG, § 103 S 1 SGG, § 106 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 134 Abs 2 S 1 SGG, § 155 Abs 1 SGG, OEG, Art 3 GG, Art 19 Abs 4 GG, Art 101 Abs 1 S 2 GG, Art 6 Abs 1 S 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 07.09.2017, Az. B 10 ÜG 1/16 R (REWIS RS 2017, 5666)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5666

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - überlanges Gerichtsverfahren - Entschädigungsklage - Erhebungszeitpunkt der Verzögerungsrüge …


B 10 ÜG 3/16 R (Bundessozialgericht)

Überlanges Gerichtsverfahren - unangemessene Verfahrensdauer - gleichzeitig neben dem Hauptsacheverfahren geführtes Prozesskostenhilfeverfahren - Annex zum …


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III ZR 311/13

1 BvR 1098/11

X K 11/13

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