Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.04.2015, Az. VIII ZR 104/14

8. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 11872

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) AUTO VERTRAGSRECHT AUTOKAUF ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN (AGB)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Allgemeine Geschäftsbedingungen für den Gebrauchtwagenkauf: Intransparenz einer Klauselkombination über die Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche


Leitsatz

Zu den Anforderungen an eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Gebrauchtwagenkauf (in Fortführung von BGH, Urteil vom 29. Mai 2013, VIII ZR 174/12, NJW 2013, 2584 Rn. 15 f.).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des [X.] vom 13. März 2014 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts [X.] vom 26. Juli 2013 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin kaufte vom Beklagten, einem Autohändler, einen gebrauchten Pkw des Typs "[X.]", den er am 23. Februar 2010 an sie übergab.

2

Dem Kaufvertrag liegen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Beklagten zugrunde. Diese entsprechen den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger, Unverbindliche Empfehlung des [X.] ([X.])" mit Stand 3/2008. Sie lauten auszugsweise wie folgt:

"[X.]. Sachmangel

1.     

Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln verjähren in einem Jahr ab Ablieferung des Kaufgegenstandes an den Kunden. […]

                 

5.     

Abschnitt [X.] Sachmangel gilt nicht für Ansprüche auf Schadensersatz; für diese Ansprüche gilt Abschnitt [X.]I Haftung.

[X.]I. Haftung

1.     

Hat der Verkäufer aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen für einen Schaden aufzukommen, der leicht fahrlässig verursacht wurde, so haftet der Verkäufer beschränkt:
Die Haftung besteht nur bei Verletzung vertragswesentlicher Pflichten, etwa solcher, die der Kaufvertrag dem Verkäufer nach seinem Inhalt und Zweck gerade auferlegen will oder deren Erfüllung die ordnungsgemäße Durchführung des Kaufvertrages überhaupt erst ermöglicht und auf deren Einhaltung der Käufer regelmäßig vertraut und vertrauen darf. Diese Haftung ist auf den bei Vertragsabschluss vorhersehbaren typischen Schaden begrenzt. […]

                 

5.    

Die Haftungsbegrenzungen dieses Abschnitts gelten nicht bei Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit."

3

Nach der Übergabe des Fahrzeuges traten Korrosionsschäden auf. Mit Schreiben vom 8. November 2011 forderte die Klägerin den Beklagten zur Beseitigung dieser Schäden unter Fristsetzung bis zum 17. November 2011 auf und leitete mit [X.] vom 23. November 2011, auf den der Beklagte mit [X.] vom 16. Dezember 2011 erwiderte, beim [X.] ein selbständiges Beweisverfahren ein. Die Kosten für eine Beseitigung der Korrosionsschäden, die auf Verarbeitungsfehler bei der Produktion zurückzuführen sind, betragen (netto) 2.158,73 €. Diesen Betrag verlangt die Klägerin mit ihrer Klage.

4

Das Amtsgericht hat den Beklagten - mit Ausnahme einer Nebenforderung - antragsgemäß verurteilt. Auf die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Die Klägerin begehrt mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

7

Der Klägerin stehe kein Schadensersatzanspruch nach § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1, § 281 BGB zu. Das Fahrzeug sei bei Gefahrübergang allerdings unstreitig mangelhaft gewesen. Auch habe die Klägerin mit Schreiben vom 8. November 2011 vergeblich unter Fristsetzung die Nacherfüllung verlangt. Die Ansprüche der Klägerin seien jedoch schon verjährt gewesen, als sie diese erstmals geltend gemacht habe. Die Verjährungsfrist sei durch die [X.] des [X.]n wirksam auf ein Jahr verkürzt worden. Eine entsprechende Verkürzung der Verjährung sei gemäß § 475 Abs. 1 und 2 BGB bei gebrauchten Sachen möglich. Zwar bestimme Abschnitt [X.] der [X.], dass Abschnitt [X.] nicht für Schadensersatzansprüche gelte. Allerdings verjährten nach Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 eindeutig die Ansprüche des Käufers wegen Sachmängeln ein Jahr nach Ablieferung des Kaufgegenstandes. Der von der Klägerin geltend gemachte Schadensersatzanspruch setze indes einen Gewährleistungsanspruch voraus, weil sie den Ersatz des "[X.]" begehre (§ 437 Nr. 3, § 281 BGB). Daher müsse auch ein solcher Schadensersatzanspruch innerhalb eines Jahres nach Ablieferung geltend gemacht werden. Das sei hier unstreitig nicht der Fall.

8

Die [X.] seien auch nicht gemäß § 305c BGB unwirksam. Es sei eindeutig, dass nach der Konzeption der Geschäftsbedingungen Ansprüche wegen Sachmängeln nach einem Jahr verjähren sollten. Abschnitt [X.]I der [X.], auf den Abschnitt [X.] verweise, bestimme lediglich den Umfang einer Schadensersatzhaftung. Dies entspreche konzeptionell der Regelung des § 475 Abs. 3 BGB, der es ermögliche, die Schadensersatzhaftung unter Berücksichtigung von §§ 307 bis 309 BGB auszuschließen. Demnach kämen nach den [X.] Schadensersatzansprüche nach Ablauf eines Jahres nur noch in den in Abschnitt [X.]I geregelten Fällen in Betracht.

II.

9

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht die Verkürzung der Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Sachmängeln durch Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 der [X.] als wirksam und die Schadensersatzforderung der Klägerin als verjährt angesehen.

1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch grundsätzlich gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB zusteht, weil nach den [X.] und [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts das Fahrzeug bei der Übergabe mangelhaft war, die Klägerin den [X.]n mit Schreiben vom 8. November 2011 vergeblich unter Fristsetzung zur Nachbesserung aufgefordert hat und die Beseitigung des Schadens Aufwendungen in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe von 2.158,73 € erfordert.

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht diesen Anspruch jedoch als verjährt angesehen, denn die Regelungen zur Verjährungsfrist in Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der [X.] genügen den Anforderungen des [X.] nicht und sind deshalb wegen unangemessener Benachteiligung unwirksam (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Regelungen sind nicht klar und verständlich, da sich ihnen die Auswirkungen dieser Klauseln auf Schadensersatzansprüche wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen lassen.

a) Dem Käufer kann gegen den Verkäufer einer mangelhaften Sache ein Anspruch, welcher auf die Zahlung der für die Reparatur erforderlichen Kosten gerichtet ist (vgl. [X.], Urteil vom 15. Juni 2012 - [X.], [X.]Z 193, 326 Rn. 31 mwN), als Schadensersatz statt der Leistung unter zwei Gesichtspunkten zustehen. Zum einen kann der Verkäufer seine Pflicht zur Lieferung der mangelfreien [X.] (§ 433 Abs. 1 Satz 2 BGB) schuldhaft verletzt haben; zum anderen kann sich ein solcher Anspruch unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung der Verpflichtung des Verkäufers zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) ergeben (vgl. [X.]surteil vom 17. Oktober 2012 - [X.]II ZR 226/11, [X.]Z 195, 135 Rn. 11 ff.).

b) Ein nach Maßgabe des § 437 Nr. 3 BGB in Betracht kommender Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht des [X.]n zur Lieferung eines mangelfreien Pkw steht der Klägerin schon deshalb nicht zu, weil der [X.] die in der Lieferung des mangelhaften Fahrzeuges liegende Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 Satz 2 BGB). Denn nach den [X.] und [X.] Feststellungen des Berufungsgerichts sind die Korrosionsschäden auf Verarbeitungsfehler bei der Produktion zurückzuführen und erst nach der Übergabe des Fahrzeugs aufgetreten. Ein Verschulden des Herstellers muss sich der [X.] nicht gemäß § 278 Satz 1 BGB zurechnen lassen (st. Rspr.; vgl. nur [X.]surteil vom 2. April 2014 - [X.]II ZR 46/13, [X.]Z 200, 337 Rn. 31 f. mwN).

c) Der Klägerin steht jedoch ein Schadenersatzanspruch gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB zu, weil der [X.] seine Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) schuldhaft verletzt hat, indem er die Korrosionsschäden trotz Fristsetzung nicht beseitigt hat.

Anders als die Revisionserwiderung meint, steht einer Verletzung der Pflicht des [X.]n zur Nacherfüllung nicht entgegen, dass Sachmängelansprüche gemäß Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 der [X.] binnen eines Jahres ab Ablieferung verjähren und dass dieser Zeitraum bereits verstrichen war, als die Klägerin ihren Nacherfüllungsanspruch erstmals geltend gemacht hat. Unabhängig davon, ob der [X.] - wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat - sich gegenüber der Klägerin binnen der von ihr zur Nacherfüllung gesetzten Frist auf eine Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs berufen hat, war er gleichwohl zur Nacherfüllung verpflichtet. Denn die Regelungen zur Verjährungsfrist in Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der [X.] benachteiligen die Klägerin unangemessen, da sie den Anforderungen des [X.] (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht genügen.

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners auch daraus ergeben, dass eine Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen ([X.], Urteile vom 9. April 2014 - [X.]II ZR 404/12, [X.]Z 200, 362 Rn. 37; vom 26. Oktober 2005 - [X.]II ZR 48/05, [X.]Z 165, 12, 21 f.; vom 23. Februar 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1144 Rn. 10; vom 15. Mai 2013 - [X.], [X.], 888 Rn. 45; jeweils mwN). Der Verwender muss folglich einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 9. April 2014 - [X.]II ZR 404/12, aaO; vom 26. Oktober 2005 - [X.]II ZR 48/05, aaO; vom 5. Dezember 2012 - [X.], [X.], 375 Rn. 35; vom 23. Februar 2011 - [X.], aaO; vom 14. Januar 2014 - [X.] 355/12, [X.], 307 Rn. 23; jeweils mwN). Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen können, damit er nicht von deren Durchsetzung abgehalten wird ([X.]surteil vom 26. September 2007 - [X.]II ZR 143/06, NJW 2007, 3632 Rn. 31 mwN).

Bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 28. Mai 2014 - [X.]II ZR 179/13, aaO; vom 9. April 2014 - [X.]II ZR 404/12, aaO; vom 26. Oktober 2005 - [X.]II ZR 48/05, aaO; vom 10. November 2011 - [X.], aaO; vom 23. Februar 2011 - [X.], aaO; vom 14. Januar 2014 - [X.] 355/12, aaO). Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten [X.] verstanden werden (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteile vom 9. April 2014 - [X.]II ZR 404/12, aaO; vom 9. Februar 2011 - [X.]II ZR 295/09, [X.], 1860 Rn. 29; vom 23. Februar 2011 - [X.], aaO; vom 17. April 2013 - [X.]II ZR 225/12, NJW 2013, 1805 Rn. 9; jeweils mwN).

bb) Diesen Anforderungen werden die Regelungen in Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der [X.] des [X.]n nicht gerecht. Diesen Klauseln sind die Auswirkungen der Verjährungsfrist für sachmangelbedingte Schadensersatzansprüche nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen. Für den Käufer bleibt unklar, ob er mit einem Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und 3, § 439 Abs. 1 BGB) wegen Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 bereits nach einem Jahr oder erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ausgeschlossen ist. Denn einerseits soll gemäß Abschnitt [X.] die Verjährungsverkürzung in Abschnitt [X.] Nr. 1 nicht für Schadensersatzansprüche gelten. Andererseits sollen nach Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 Ansprüche wegen Sachmängeln, also auch der Anspruch auf Nacherfüllung, nach Ablauf eines Jahres ab Ablieferung der [X.] verjähren.

(1) Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 der [X.] verkürzt die Verjährungsfrist für sämtliche Ansprüche wegen Sachmängeln auf ein Jahr. Daher ist der Verkäufer nach dieser Klausel berechtigt, die Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) nach Ablauf eines Jahres zu verweigern (§ 214 Abs. 1 BGB). Verweigert er die Nacherfüllung nach Ablauf der Verjährungsfrist gemäß § 214 Abs. 1 BGB zu Recht, kann ein Schadensersatzanspruch hierauf nicht gestützt werden. Die Nichterfüllung des Nacherfüllungsanspruchs aus § 439 Abs. 1 BGB stellt in diesem Fall keine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB (i.V.m. § 437 Nr. 3 BGB) dar, denn § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 BGB setzen voraus, dass dem Gläubiger ein Anspruch aus dem Schuldverhältnis zusteht, der nicht durch eine dauernde oder aufschiebende Einrede gehemmt ist (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 2013 - [X.]I ZR 162/12, NJW 2013, 1431 Rn. 20).

Legt man also allein Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 der [X.] zugrunde, scheiden Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung der Pflicht des Verkäufers zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) demnach bereits nach Ablauf eines Jahres ab Übergabe des Fahrzeuges aus, sofern sich der Verkäufer auf die Verjährung beruft.

(2) Im Widerspruch hierzu ergibt sich aus den Regelungen in Abschnitt [X.] sowie Abschnitt [X.]I der [X.], dass Schadensersatzansprüche einschließlich des Schadensersatzanspruchs wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 437 Nr. 3, § 281 Abs. 1, § 280 Abs. 1 und 3, § 439 Abs. 1 BGB) erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren ab Ablieferung des Fahrzeuges (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB) nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können, wenn sich der Verkäufer auf die Verjährung beruft.

Abschnitt [X.] der [X.] nimmt Schadensersatzansprüche sämtlich von den Regeln des Abschnittes [X.] und damit auch von der Verjährungsverkürzung des Abschnitts [X.] Nr. 1 Satz 1 aus und unterstellt sie - anders als das Berufungsgericht meint - den Regelungen in Abschnitt [X.]I der [X.]. Ausnahmen sind dem [X.] formulierten Wortlaut der Regelung in Abschnitt [X.], die der [X.] selbst auslegen kann (st. Rspr.; vgl. nur [X.]surteil vom 3. Dezember 2014 - [X.]II ZR 224/13, [X.], 79 Rn. 16 mwN), nicht zu entnehmen.

Ausgehend von den Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders ist die genannte Klausel - jedenfalls nach der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB - dahin zu verstehen, dass für Schadensersatzansprüche generell die in [X.] Nr. 1 Satz 1 angeordnete Verjährungsverkürzung nicht gilt, sondern es bei der gesetzlichen Verjährungsfrist verbleibt. Abschnitt [X.] erfasst - wie die Überschrift "Sachmangel" deutlich macht - auch Schadensersatzansprüche wegen Sachmängeln. Eine nähere Unterscheidung der grundsätzlich möglichen Unterarten von Schadensersatzansprüchen wegen Sachmängeln (Verletzung von Erfüllungs-, Nacherfüllungs- oder Nebenpflichten) enthält die Regelung nicht.

Der für Schadensersatzansprüche geltende Abschnitt [X.]I der [X.] enthält demgegenüber nur gegenständliche Beschränkungen der Haftung und trifft keine Regelungen zur Verkürzung der Verjährungsfrist. Aus dem Zusammenspiel der genannten Klauseln folgt also, dass für Schadensersatzansprüche - einschließlich des Anspruches wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung (§ 439 Abs. 1 BGB) - die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gilt (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB).

Legt man also nicht nur Abschnitt [X.] Nr. 1, sondern auch Abschnitt [X.] der [X.] zugrunde, kann der Käufer somit einen Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung auch noch nach Ablauf eines Jahres nach Übergabe des Fahrzeuges mit Erfolg geltend machen.

(3) In Anbetracht des aufgezeigten Widerspruchs zwischen den Regelungen in den Abschnitten [X.] Nr. 1 Satz 1 (Verkürzung der Verjährung für Nachbesserungsansprüche) und [X.] und [X.]I (keine Verjährungsverkürzung für Schadensersatzansprüche) ist für einen durchschnittlichen Vertragspartner des Verwenders nicht erkennbar, ob ein Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung erst nach Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von zwei Jahren oder bereits nach einem Jahr nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden kann, weil der Verkäufer nach Ablauf eines Jahres die Nacherfüllung gemäß § 214 Abs. 1 BGB verweigern darf, ohne pflichtwidrig zu handeln. Denn den [X.] ist für einen durchschnittlichen Kunden, von dem rechtliche Spezialkenntnisse nicht erwartet werden dürfen ([X.], Urteile vom 29. Mai 2008 - [X.], [X.], 2495 Rn. 19 mwN; vom 10. Dezember 2014 - [X.], [X.], 318 Rn. 22), nicht mit der gebotenen Klarheit zu entnehmen, dass die Verjährung des von Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 erfassten Nachbesserungsanspruchs - ungeachtet der anders lautenden Regelung in Abschnitt [X.] - dazu führen kann, dass ein Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der [X.] nach Ablauf eines Jahres ab Ablieferung der [X.] nicht mehr geltend gemacht werden könnte. Erst recht erschließt sich ihm nicht, wie der Widerspruch zwischen den gegenläufigen Regelungen des Abschnitts [X.] Nr. 1 Satz 1 und [X.] aufzulösen ist. Die Klauseln geben keine eindeutige Antwort darauf, ob und inwieweit sich die bei Zugrundelegung von Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1 der [X.] nach Ablauf eines Jahres eintretende Verjährung des Nacherfüllungsanspruchs auf den Schadenersatzanspruch wegen der Verletzung der Pflicht zur Nacherfüllung auswirkt und damit dessen erfolgreicher Geltendmachung bereits vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist entgegensteht. Diese Unklarheit in einer wesentlichen Rechtsposition macht die Regelungen in Abschnitt [X.] Nr. 1 Satz 1, Nr. 5 der [X.] intransparent im Sinne des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und damit unwirksam.

3. Die Entscheidung des Berufungsgerichts beruht auch auf der rechtsfehlerhaften Annahme, die Verjährungsfrist für diesen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung der [X.] werde durch die [X.] des [X.]n wirksam auf ein Jahr verkürzt und der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch werde von dieser Verkürzung erfasst. Der Schadensersatzanspruch der Klägerin war bei Erhebung der Klage am 27. November 2012 nicht verjährt, denn die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren war in diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen. Sie begann mit Ablieferung des Pkw am 23. Februar 2010 zu laufen (§ 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB) und wurde gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 7, § 209 BGB für die Dauer der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens gehemmt. Dem steht nicht entgegen, dass der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht im Sinne des § 166 ZPO förmlich zugestellt, sondern lediglich formlos übersandt wurde (vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2011 - [X.]I ZR 186/09, [X.]Z 188, 128 Rn. 44 ff.). Die Hemmung begann mit Zugang des Antrages (vgl. [X.], Urteil vom 27. Januar 2011 - [X.]I ZR 186/09, aaO) und somit spätestens am 16. Dezember 2011, dem Tag, an dem der [X.] auf den Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens erwidert hat. Sie endete gemäß § 204 Abs. 2 BGB sechs Monate nach Beendigung dieses Verfahrens. Das Verfahren endete mit Ablauf der mit Verfügung vom 25. Juni 2012 gesetzten Stellungnahmefrist, so dass die Verjährungsfrist bei Erhebung der Klage am 27. November 2012 noch lief und durch diese erneut gehemmt wurde.

III.

Hiernach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, da die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Berufung des [X.]n gegen das Urteil des Amtsgerichts.

Dr. Milger                       Dr. Hessel                       Dr. Fetzer

                  [X.]                        Kosziol

Meta

VIII ZR 104/14

29.04.2015

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Waldshut-Tiengen, 13. März 2014, Az: 2 S 34/13

§ 280 Abs 1 BGB, § 280 Abs 3 BGB, § 281 Abs 1 BGB, § 305c Abs 2 BGB, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 437 Nr 3 BGB, § 438 Abs 1 Nr 3 BGB, § 439 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 29.04.2015, Az. VIII ZR 104/14 (REWIS RS 2015, 11872)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 2244 REWIS RS 2015, 11872

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VIII ZR 104/14 (Bundesgerichtshof)


13 U 3666/18 (OLG München)

Schadensersatzanspruch wegen Verletzung von Nacherfüllungspflichten


III ZR 263/20 (Bundesgerichtshof)

Verjährung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche in einem sog. Dieselfall


VIII ZR 174/12 (Bundesgerichtshof)

Gewährleistung beim Gebrauchtwagenkauf: Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche; Anforderungen an die Schadensschätzung; Gebrauchtwagenkauf mit wunschgemäßem …


VIII ZR 86/16 (Bundesgerichtshof)

Inhaltskontrolle für eine Formularklausel in einer Qualitätssicherungsvereinbarung über ersatzpflichtigen Mehraufwand bei Mängeln in ständiger Geschäftsbeziehung …


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.