Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.09.2014, Az. 2 BvR 2782/10

2. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2014, 2680

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

ÖFFENTLICHES RECHT BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) KINDER DDR

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Zum Begriff des Lebens unter haftähnlichen Bedingungen gem § 2 Abs 2 StrRehaG - Verletzung des Willkürverbots sowie der Rechtsschutzgarantie durch verfehlte Auslegung der § 1 Abs 1, § 2 StrRehaG, durch Nichtberücksichtigung von § 7 Abs 2 StrRehaG sowie durch unzureichende richterliche Sachaufklärung (§ 10 Abs 1 StrRehaG) - hier: Verweigerte Rehabilitierung wegen zwangsweiser Heimunterbringung des Betroffenen im Kindesalter in der ehemaligen DDR


Tenor

1. Der Beschluss des [X.] vom 22. Oktober 2010 - 2 Ws Reh 8/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinen Grundrechten aus Artikel 3 Absatz 1 und aus Artikel 2 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3 des Grundgesetzes. Er wird aufgehoben. Die Sache wird an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.

2. Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Ablehnung eines Antrags auf Rehabilitierung wegen der Unterbringung in Kinderheimen in der ehemaligen [X.] Republik.

2

1. Der Beschwerdeführer beantragte mit Antrag vom 6. Dezember 2006 seine Rehabilitierung wegen der Unterbringung in verschiedenen Kinderheimen. Er sei in den Jahren 1961 bis 1966 in den Kinderheimen "[X.]" in [X.], "Weiße Taube" in [X.] bei [X.], "[X.]" in [X.] bei [X.] und Oberspree [X.] sowie - nach einer vorübergehenden Entlassung zu seiner Mutter - in den Jahren 1967 bis 1970 in den Heimen Oberspree [X.], [X.] und [X.] bei [X.] untergebracht gewesen.

3

Nachdem das [X.] [X.] von dem Jugendamt [X.], dem Jugendamt [X.], dem [X.] sowie dem Kinderheim "[X.]" in [X.] die Auskunft erhalten hatte, dass Unterlagen zu dem Beschwerdeführer dort nicht mehr vorhanden seien, teilte es dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 27. September 2007 mit, es hätten sich keine Erkenntnisse bezüglich der in [X.] belegenen Jugendheime gewinnen lassen. Da weitere Ermittlungsansätze nicht erkennbar seien, komme die Anordnung des Ruhens des Verfahrens in Betracht.

4

In seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2007 rügte der Antragsteller, ein solches Vorgehen widerspreche dem Amtsermittlungsgrundsatz. Auslöser für das Tätigwerden des [X.] [X.] im Jahr 1960 seien vermutlich die zwangsweise Aussiedlung seines Vaters sowie die illegale Ausreise durch den Bruder seiner Mutter gewesen. Es bestehe die Vermutung, dass seine Einweisung in ein geschlossenes Kinderheim und die jährliche Verlegung in immer neue, örtlich weit vom Elternhaus entfernte Einrichtungen habe verhindern sollen, dass die Mutter mit ihm zusammen das Gebiet der [X.] verlasse. Dass das Nichtvorhandensein von Unterlagen und Beweismitteln für solche Vorgänge zu seinen Lasten gehen solle, entspreche nicht dem Sinn des [X.] des Gesetzes.

5

2. Mit Beschluss vom 21. Dezember 2007 wies das [X.] [X.] den Antrag zurück. Zur Begründung führte es aus, es sei schon zweifelhaft, ob hinsichtlich der Unterbringungen in [X.] und [X.] sowie [X.] und [X.] seine Zuständigkeit gegeben sei. Der Antrag sei aber jedenfalls unbegründet. Es mache sich die Sachverhaltsdarstellung des den Beschwerdeführer betreffenden Beschlusses des [X.] vom 15. Dezember 2004 (5 [X.]) zu Eigen. Das [X.] habe festgestellt, der Beschwerdeführer stamme aus ungünstigen familiären Verhältnissen. Die Ehe seiner Eltern sei im Jahr 1958 geschieden worden. Seiner berufstätigen Mutter habe die [X.] gefehlt, sich ausreichend um ihn zu kümmern. Nach den bei den Akten befindlichen Berichten von Jugendhilfeeinrichtungen der ehemaligen [X.] hätten sich bei ihm frühzeitig Einordnungsprobleme und ein Mangel an Disziplin bemerkbar gemacht. [X.] sei er in ein Kinderheim eingewiesen worden.

6

Vor diesem Hintergrund sei nicht ersichtlich, dass die Einweisung in ein Kinderheim unter Zugrundelegung des Standes der pädagogischen Wissenschaften [X.] mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar gewesen sei. Insbesondere fänden sich keine Hinweise für eine politische Verfolgung.

7

3. Der Beschwerdeführer legte Beschwerde ein und beantragte unter anderem, die Frage der sachlichen Zuständigkeit zu klären und das Verfahren bei Bedarf an das zuständige Gericht abzugeben sowie zur Rolle der Jugendhilfe den Landesbeauftragten für die Unterlagen des [X.] der ehemaligen [X.] zu hören.

8

Aus dem von ihm mit der Beschwerde vorgelegten Scheidungsurteil vom 19. Juni 1959 ergibt sich, dass sein Vater die ehemalige [X.] illegal verlassen hatte. Aus dem vorgelegten Antrag auf Einweisung in den geschlossenen Jugendwerkhof vom 16. September 1971 lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer [X.] ein Jahr verfrüht eingeschult worden ist. In der Schule und im Hort sei es von Anfang an zu massiven Disziplinschwierigkeiten gekommen (Aggressivität gegenüber Mitschülern, Distanzlosigkeit gegenüber Erwachsenen, Sachbeschädigungen, Diebstahlshandlungen, sexuelle Auffälligkeit, Neigung zur Brutalität). [X.] sei eine Begutachtung in der Medizinischen Akademie [X.] erfolgt und die Einweisung in ein Normalkinderheim veranlasst worden. Da er dort ähnliche Verhaltensweisen gezeigt habe, sei er im August 1963 in ein Spezialkinderheim verbracht worden. Im Juli 1965 sei er im Bezirkskrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie erneut begutachtet worden. Nach dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Schriftwechsel seiner Mutter mit dem Leiter des Spezialkinderheims "[X.]" in [X.], in das der Beschwerdeführer nach seinem Vortrag 1964 aus dem Heim in [X.] verbracht worden ist, wurde er im Mai/Juni 1966 für drei Wochen zur Beobachtung in das [X.] des Kombinats der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie in [X.]-Niederschöneweide überstellt, bevor er zu seiner Mutter nach Hause entlassen wurde.

9

Der Beschwerdeführer hat in der Beschwerde vorgetragen, weder sei der später erhobene und dann immer wieder verwendete Vorwurf, er habe in die Heimerziehung verbracht werden müssen, weil er negative Verhaltensauffälligkeiten aufgewiesen habe, wahr gewesen, noch seien solche Vorkommnisse tatsächlich belegt. Eine derartige Verhaltensauffälligkeit, wie sie dem damals sechsjährigen Beschwerdeführer unterstellt werde, sei nicht nur unwahrscheinlich, sondern entbehre jeder Grundlage. Das [X.] lasse unbeachtet, dass es offensichtliche Widersprüche gebe, wie beispielsweise, dass er bereits ein Jahr verfrüht als uneingeschränkt schulreif beurteilt worden sei, kurz nach der Einschulung aber angeblich solche erheblichen Verhaltensauffälligkeiten aufgewiesen habe, dass seine geschlossene Heimerziehung erforderlich geworden sei. Zwar sei er durch die verfrühte Einschulung und die schwierigen Familienverhältnisse, insbesondere durch die durch den Vater erlebte Gewalt, in der Schule völlig überfordert gewesen, worunter die Konzentration und auch der gemeinschaftliche Umgang in der Schule gelitten hätten. Eine gegen den Willen der Mutter erfolgte Heimeinweisung sei aber ungeeignet gewesen, um die dadurch entstandene Problematik zu lösen.

4. Mit Beschluss vom 10. März 2008 wies das [X.] die Beschwerde als unbegründet zurück. Der Beschluss wurde von dem [X.] durch Beschluss vom 13. Mai 2009 (2 BvR 718/08, juris) aufgehoben, und die Sache wurde an das [X.] zurückverwiesen.

5. Die nach Zurückverweisung der Sache durch das [X.] mit dem Ziel einer Aufklärung über die Umstände der Unterbringung in den von dem Beschwerdeführer genannten Kinder- und [X.] veranlassten Anfragen an die Landesbeauftragten für die Unterlagen des [X.] der ehemaligen [X.] in [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] an das [X.], an die [X.] des Landes [X.], an das [X.] und das Landesarchiv [X.] blieben ergebnislos.

Zu den Einrichtungen in [X.], [X.] und [X.] teilte das [X.] des [X.] mit, diese Einrichtungen hätten - ebenso wie eine vierte in [X.] - zum Kombinat der Sonderheime des [X.] in [X.] gehört, das auf die Behandlung, Unterbringung und Therapie sogenannter verhaltensgestörter Kinder spezialisiert gewesen sei. Aus den vorliegenden Informationen könne nur ein grobes Bild der Erziehungspraxis in den [X.] gezeichnet werden.

In einem weiteren - noch vorläufigen - Bericht der Beauftragten des [X.] zur Aufarbeitung der Folgen der [X.] Diktatur vom 2. Oktober 2010 ist ausgeführt, die Aufgabe des nach einem Beschluss des Präsidiums des Ministerrats aus dem [X.] gegründeten "Kombinats der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie" mit insgesamt vier [X.] und einem Diagnostischen Zentrum mit [X.] in [X.] habe darin bestanden, Schüler, die "aufgrund ihrer starken Fehlentwicklung mit allgemeinen pädagogischen Mitteln nicht hinreichend zu beeinflussen sind und deshalb einer speziellen pädagogischen-psychologischen Einwirkung bedürfen", in den [X.] umzuerziehen. Nach der bisherigen Auswertung von 23 Akten in dem Heim [X.] untergebrachter Kinder und Jugendlicher habe die Unterbringung und Behandlung in den [X.] in grobem Missverhältnis zu den Situationen gestanden, denen damit begegnet werden sollte. Einweisungen, Unterbringung und Behandlung seien mit dem Ziel erfolgt, an einem isolierten Ort unter Umgehung geltender Gesetze durch eine militärisch geprägte Kollektiverziehung das vorgebliche Fehlverhalten durch eine sogenannte Umerziehung zu korrigieren. Die Kinder und Jugendlichen seien Isolation, Druck und Gewalt unterzogen und jahrelang mit Psychopharmaka behandelt worden.

Der Beschwerdeführer wurde von den Anfragen und deren Ergebnissen nicht in Kenntnis gesetzt. Weitergehende Ermittlungsmaßnahmen nahm das [X.] nicht vor.

6. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 22. Oktober 2010, dem Beschwerdeführer zugestellt am 15. November 2010, hob das [X.] den Beschluss des [X.]s [X.] vom 21. Dezember 2007 auf, soweit darin über Heimeinweisungen des Beschwerdeführers nach 1966 entschieden wurde und verwarf den Rehabilitierungsantrag in diesem Umfang als unzulässig. Die weitergehende Beschwerde verwarf es als unbegründet.

a) Das [X.] habe seine Zuständigkeit und damit die Frage der Zulässigkeit des Antrags nicht offenlassen dürfen. Für alle Maßnahmen nach der Entlassung des Beschwerdeführers im Jahr 1966 sei nicht mehr das [X.] [X.] zuständig, weil die am 12. Januar 1968 erneut angeordnete Heimerziehung auf einem Beschluss des Jugendhilfeausschusses des [X.] beruhe. Die örtliche Unzuständigkeit führe zur teilweisen Unzulässigkeit des Rehabilitierungsantrags, die über § 15 [X.] gemäß § 309 Abs. 2 [X.] auszusprechen sei. Sei das Gericht des ersten Rechtszugs örtlich unzuständig, müsse das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung aufheben und den gestellten Antrag ablehnen. Eine Verweisung an das örtlich zuständige Gericht sei grundsätzlich ausgeschlossen.

b) Hinsichtlich des Rehabilitierungsantrags für die [X.] zwischen 1961 und 1966 habe die Beschwerde in der Sache keinen Erfolg. Der Heimaufenthalt sei keine mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbare Freiheitsentziehung oder ein ihr gleich gestelltes Leben unter haftähnlichen Bedingungen (§ 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, § 1 Abs. 1 [X.]).

aa) Eine Freiheitsentziehung liege immer dann vor, wenn die Bewegungsfreiheit allseitig und umfassend durch Einschließen oder Einsperren für eine gewisse Dauer auf einen räumlich eng umgrenzten Raum reduziert sei. Das treffe auf geschlossene Einrichtungen wie Kliniken, Abteilungen und Heime durchaus zu. Auch [X.] in der [X.] seien unter Umständen derart abgeschlossen gewesen. Normale Kinderheime, wie das Heim in [X.], das immer noch existiere, seien dagegen "offen" gewesen. Hier hätten für die Kinder nur die Einschränkungen geherrscht, wie sie im Rahmen der allgemeinen Erziehungs- und Aufsichtspflicht des [X.] angemessen und üblich gewesen seien. Das seien altersgerechte Freiheitsbeschränkungen, die von dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz nicht erfasst seien. Der Beschwerdeführer sei bei seiner Heimeinweisung knapp sieben Jahre alt gewesen. Auch ein Kind, das nicht im Heim lebe, müsse sich in diesem Alter in hohem Maße den Anordnungen der sorgeberechtigten Eltern beugen. Damit seien zwangsläufig Beeinträchtigungen der Bewegungsfreiheit verbunden. Das Haus oder die Wohnung dürften Kinder in diesem Alter im eigenen Interesse in der Regel nicht ohne Erlaubnis der Eltern verlassen. Verschlossene Türen oder Fenster seien also nichts, was über das hinausgehe, was für Kinder im Alter des Betroffenen an Freiheitsbeschränkungen weitestgehend üblich gewesen sei.

Welche Verhältnisse in den Kinderheimen "Weiße Taube" und "[X.]" geherrscht hätten, habe nicht aufgeklärt werden können. Deshalb gehe der Senat vom Vorbringen des Beschwerdeführers aus. Dieses lasse eine Freiheitsentziehung nicht erkennen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass Kinder im Alter zwischen acht und elf Jahren erzogen sowie betreut und in diesem Zusammenhang beaufsichtigt und kontrolliert werden müssten. Dazu gehörten Verbote wie auch Lob, Tadel und Strafe. Dass der Heimaufenthalt des Beschwerdeführers weitestgehend durch Verbote und Strafen geprägt gewesen sei, sei bedauerlich, gehe aber nicht über das hinaus, was Kinder an üblichen Freiheitsbeschränkungen in dieser [X.] erfahren hätten. Es müsse bei der Prüfung berücksichtigt werden, dass in den Jahren zwischen 1963 und 1966 ganz andere Erziehungsansätze an der Tagesordnung gewesen seien. Ein Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis hätten Kinder im damaligen Alter des Beschwerdeführers im Verhältnis zu den Sorgeberechtigten nicht beanspruchen können. Es habe dem [X.] im Rahmen des ihm übertragenen Erziehungsrechts zugestanden, über Kontakte des Beschwerdeführers zu entscheiden und dies als Erziehungsmittel einzusetzen. Das werde in Familien auch nicht anders gehandhabt. Die Entwicklung gruppendynamischer Prozesse und deren Ausnutzung durch die Erzieher seien ebenso wenig eine Besonderheit der Heimerziehung des Betroffenen gewesen. Jeder habe solche Erfahrungen im Kindergarten, in der Schule und der [X.] gemacht. Deshalb sei der Begriff der Freiheitsentziehung eng zu interpretieren als eine ungewöhnliche, allseitige und umfassende Bewegungsbeeinträchtigung, die der Haft zumindest ähnlich sei. Dem entspreche die Heimerziehung des Beschwerdeführers bis 1966 nicht.

Zu seinem wohl dreiwöchigen Aufenthalt im Kombinat der Sonderheime für Psychodiagnostik und pädagogisch-psychologische Therapie [X.]-Niederschöneweide zum Zwecke der Beobachtung trage der Beschwerdeführer nichts vor. Im [X.] daran sei die Entlassung zu seiner Mutter erfolgt. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass dort über die üblichen Freiheitsbeschränkungen, die mit der Anfertigung eines Gutachtens verbunden seien, hinausgegangen worden sei.

bb) Selbst wenn der Beschwerdeführer eine Freiheitsentziehung erlitten hätte, wäre, so meint das [X.] weiter, die dahingehende Entscheidung der Jugendhilfe nicht mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar.

Der Betroffene sei als sechs Jahre alter Junge keiner politischen Verfolgung ausgesetzt gewesen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.]). Nach seinen Schilderungen zu den familiären Verhältnissen und den wahrscheinlich bereits hierdurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen habe es nahe gelegen, dass man sein Wohl beziehungsweise seine Erziehung und Entwicklung gefährdet und ihn deshalb in einem Heim besser aufgehoben gesehen habe. Anhaltspunkte für seine Vermutung, man habe durch die Heimerziehung die Ausreise der Mutter mit dem [X.] in Richtung [X.] verhindern wollen, gebe es nicht. Es seien keine Gründe der Mutter ersichtlich, diesen Schritt in Erwägung zu ziehen. Die Ausreise des ungeliebten Ehemanns, von dem sie 1959 geschieden worden sei, komme dafür nicht in Betracht. Sei die Mutter des Beschwerdeführers 1961 nicht mit ihrem Kind nach [X.] übergesiedelt, spreche nichts für einen dahingehenden Versuch, nachdem die Grenze geschlossen worden sei.

Die Unterbringung im Kinderheim habe auch nicht in grobem Missverhältnis zum Anlass des Beschlusses der Jugendhilfe im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gestanden. Es habe im Einzelnen nicht ermittelt werden können, warum der Beschwerdeführer 1961 ins Kinderheim gemusst habe. Nach seinem eigenen Vorbringen habe er im Elternhaus bereits massive Gewalt und ein ungünstiges Umfeld kennengelernt. Die notwendige Berufstätigkeit der allein lebenden Mutter habe die weitere Erziehung schwierig gestaltet. In jedem Fall habe es nicht fern gelegen, die Erziehung und Entwicklung des Beschwerdeführers als gefährdet anzusehen. Auch der Rechtsstaat mache von der Heimerziehung als Hilfe zur Erziehung Gebrauch. Die zum Teil möglicherweise praktizierte Erziehung von "harter Hand" lasse die zum Heimaufenthalt führende Entscheidung der Jugendhilfe ebenfalls nicht als rechtsstaatswidrig erscheinen. Exzesse in der konkreten Einrichtung kämen auch im Rechtsstaat vor, ohne dass sie die angeordnete Heimerziehung und deren Ziel, Gefahren für die Erziehung und Entwicklung oder die Gesundheit Minderjähriger abzuwenden, grundsätzlich in Frage stellten. Die Beurteilung von Maßnahmen der Jugendhilfe in der ehemaligen [X.] müsse dem Umstand Rechnung tragen, dass sich die Anschauungen zum Umgang mit Kindern seither grundlegend gewandelt hätten. Was damals in ganz [X.] gängige Praxis gewesen sei, sei weder zu [X.] staatliches Unrecht der [X.] noch mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar.

Auch darüber hinaus gebe es keine Anhaltspunkte für sachfremde Zwecke der Entscheidung der Jugendhilfe (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.]). Ein Rechtsstaat übernehme ebenfalls die Verantwortung für gefährdete Kinder und Jugendliche im Wege der Heimerziehung. Die vom Beschwerdeführer dargestellten Besonderheiten seiner Person und familiären sowie Betreuungssituation würden grundsätzlich die Annahme einer hierfür erforderlichen Kindeswohlgefährdung rechtfertigen. Aus dem Schreiben des Spezialkinderheims "[X.]" an die Mutter des Betroffenen vom 18. Mai 1966 gehe ausdrücklich hervor, dass man dort eine Entlassung zum 2. Juli 1966 befürwortete, weil der [X.] nicht mehr auszubauen gewesen sei. Sachfremd von der Behörde verfolgte Zwecke wie das Erzielen von monatlich 90 [X.] Unterhalt vom Vater des Beschwerdeführers schließe der Senat aus.

7. Mit der am 7. Dezember 2010 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung von Art. 1 GG, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG sowie von Art. 3 Abs. 1 GG.

8. Die Landesregierung von [X.] hat von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgesehen. Die Akten des [X.] waren beigezogen.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde gemäß § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.] zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG und aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG angezeigt ist. Die Voraussetzungen für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor (§ 93c [X.]). Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen Fragen hat das [X.] bereits entschieden.

1. Der Beschluss des [X.]s verstößt gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) in der Ausprägung des Willkürverbots (a), soweit das [X.] den Rehabilitierungsantrag im Hinblick auf die Heimaufenthalte in der [X.] von 1967 bis zum 8. Juli 1970 als unzulässig verworfen (b) und angenommen hat, die Heimaufenthalte des Beschwerdeführers in den Jahren 1961 bis 1966 hätten keine Freiheitsentziehung im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 des Gesetzes über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 ([X.], im folgenden Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz oder [X.]) bedeutet (c).

a) Ein [X.]spruch verstößt nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s dann gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Fehlerhafte Rechtsanwendung macht eine Gerichtsentscheidung nicht objektiv willkürlich. [X.] unhaltbar ist eine fachgerichtliche Entscheidung vielmehr erst dann, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird (stRspr; [X.] 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

b) Das ist bei der teilweisen Verwerfung des Rehabilitierungsantrags als unzulässig im Hinblick auf § 7 Abs. 2, § 15 [X.], § 309 Abs. 2 [X.] der Fall.

aa) Soweit in dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozessordnung entsprechend (§ 15 [X.]). Die Entscheidung über eine gemäß § 13 Abs. 1 [X.] statthafte Beschwerde ergeht daher im schriftlichen Verfahren durch einen zu begründenden Beschluss (§ 15 [X.] i.V.m. § 309 Abs. 1 [X.]). Wird die Beschwerde für begründet erachtet, so erlässt das Beschwerdegericht gemäß § 15 [X.] in Verbindung mit § 309 Abs. 2 [X.] zugleich die in der Sache erforderliche Entscheidung ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/Schwarze/[X.], Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 13 [X.] Rn. 22 f.).

bb) Das [X.] hat unter Verweis auf Kommentierungen zum Strafprozessrecht ([X.], in: [X.] Kommentar zur Strafprozessordnung, 6. Aufl. 2008, § 309 Rn. 10 und [X.], [X.], 53. Aufl. 2010, § 309 Rn. 6) angenommen, es müsse den angefochtenen Beschluss wegen der örtlichen Unzuständigkeit des Gerichts des ersten Rechtszugs aufheben und den gestellten Antrag ablehnen. Die von dem Beschwerdeführer hilfsweise beantragte Verweisung an das örtlich zuständige Gericht hat es für - grundsätzlich - ausgeschlossen gehalten. Das ist unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar, denn es lässt die offensichtlich einschlägige Vorschrift des § 7 Abs. 2 [X.] außer [X.].

(1) Im Strafverfahrensrecht fehlt es für die Verweisung eines Verfahrens vom örtlich unzuständigen an das örtlich zuständige Gericht an einer gesetzlichen Grundlage. Der [X.] darf folglich bei örtlicher Unzuständigkeit keine Verweisung aussprechen, sondern muss eine Sachentscheidung ablehnen (vgl. BGHSt 23, 79 <82>; KG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 1 AR 1480/97 -, [X.], [X.]; [X.], in: [X.] Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 309 Rn. 10; Scheuten, in: [X.] Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 16 Rn. 5). Soweit das Beschwerdegericht gemäß § 309 Abs. 2 [X.] die in der Sache erforderliche Entscheidung zu treffen hat, kann es deshalb (auch) keine Verweisung aussprechen, sondern muss die Erstentscheidung aufheben und den gestellten Antrag ablehnen (vgl. KG, Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 1 AR 1480/97 -, [X.], [X.]; [X.], in: [X.] Kommentar zur Strafprozessordnung, 7. Aufl. 2013, § 309 Rn. 10).

(2) Nach den klaren gesetzlichen Regelungen liegt es im [X.] aber anders. Nach § 7 Abs. 2 [X.] kann der Antrag nach § 1 [X.] bei jedem Gericht schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle gestellt werden. Die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit erfolgt von Amts wegen. Ein unzuständiges Gericht hat die Sache an das örtlich und sachlich zuständige Gericht abzugeben. Das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz sieht eine Verwerfung des Antrags als unzulässig mangels eigener örtlicher Zuständigkeit nicht vor. Dies folgt bereits aus der - aus Gründen der Fürsorge (vgl. BTDrucks 12/1608, [X.]) von dem Gesetz vorgesehenen - Befugnis des Antragstellers nach § 7 Abs. 2 Satz 1 [X.], den Rehabilitierungsantrag bei jedem [X.] Gericht zu stellen. Wird er bei einem unzuständigen Gericht gestellt, ist er daher - was der Beschwerdeführer in der Beschwerde auch ausdrücklich beantragt hat - von diesem formlos an das zuständige Gericht abzugeben. (Erst) wenn dieses seine Zuständigkeit verneint, ist das Verfahren nach § 14 [X.] durchzuführen (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.], 1993, § 8 Rn. 18; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/Schwarze/[X.], Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 8 [X.] Rn. 7).

(3) Die offensichtlich einschlägige Norm des § 7 Abs. 2 [X.] hat das [X.] - wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt - bei seiner Entscheidung nicht berücksichtigt. Es hatte gemäß § 15 [X.] in Verbindung mit § 309 Abs. 2 [X.] die in der Sache erforderliche Entscheidung zu treffen und hätte das Verfahren daher an das zuständige Gericht abgeben müssen.

cc) Soweit das [X.] im Übrigen meint, das [X.] habe nicht berücksichtigt, dass der Antrag des Beschwerdeführers auch [X.]räume erfasse, hinsichtlich derer schon [X.]en des [X.]s Cottbus, des Brandenburgischen [X.]s und des [X.] vorlägen, deren materielle Rechtskraft einer erneuten [X.] entgegenstehe, übersieht es, dass sich der streitgegenständliche Rehabilitierungsantrag ausdrücklich nur auf die Heimunterbringungen bis zum 8. Juli 1970 bezieht, die die genannten Entscheidungen nicht betreffen.

c) Auch die Annahme des [X.]s, die Heimaufenthalte des Beschwerdeführers in den Jahren 1961 bis 1966 hätten keine Freiheitsentziehung im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 [X.] dargestellt, weil sie lediglich mit altersgerechten oder für eine Begutachtung erforderlichen Freiheitsbeschränkungen verbunden gewesen seien, ist auf der Grundlage der vom [X.] getroffenen Feststellungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und verstößt gegen den Gleichheitssatz in der Ausprägung des Willkürverbots (Art. 3 Abs. 1 GG).

aa) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] in der vom [X.] bei der angegriffenen Entscheidung zugrunde zu legenden bis zum 8. Dezember 2010 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1999 ([X.]) finden die Vorschriften des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes auf eine außerhalb eines Strafverfahrens ergangene gerichtliche oder behördliche Entscheidung, mit der eine Freiheitsentziehung angeordnet worden ist, entsprechende Anwendung. Eine Freiheitsentziehung setzt eine vollständige und nachhaltige Absonderung von der Umwelt mit Beschränkung auf einen eng begrenzten Raum - Zelle, Lager, Gebäudekomplex - voraus (Schwarze, in: [X.]/[X.]/[X.]/Schwarze/[X.], Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 2 [X.] Rn. 3).

Der Freiheitsentziehung werden durch § 2 Abs. 2 [X.] Leben unter haftähnlichen Bedingungen oder Zwangsarbeit unter haftähnlichen Bedingungen gleichgestellt. Damit sollen, wie in § 43 Abs. 3 des Bundesgesetzes zur Entschädigung für Opfer der [X.] Verfolgung in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juni 1956 ([X.], 569, Bundesentschädigungsgesetz - [X.]), neben der eigentlichen Freiheitsentziehung auch bestimmte Formen der Freiheitsbeschränkungen in die Regelung einbezogen werden. Ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen gemäß § 2 Abs. 2 [X.] liegt, wie auch das [X.] nicht verkannt hat, vor, wenn der Betroffene erheblichen und laufend behördlich streng überwachten Einschränkungen seiner Bewegungsfreiheit unterworfen ist und nach den sonstigen sich ergebenden Bedingungen ein Leben führen muss, das dem eines Häftlings sehr nahe kommt (BTDrucks 12/4994, [X.] 53).

(1) Zu § 43 Abs. 3 [X.] war anerkannt, dass ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen auch dann vorliegen kann, wenn es - bei bestehender Aufenthaltsbeschränkung - an dem [X.] im strengen Sinne fehlt, auf der anderen Seite aber sonstige, im allgemeinen mit dem Begriff der Haft verbundene Merkmale deutlich hervortreten (BSG, Urteil vom 27. April 1967 - 4 [X.] -, juris, Rn. 25). Das ist dann der Fall, wenn der Verfolgte an dem betreffenden Ort zwar nicht vollständig, aber sehr weitgehend von seiner Umwelt abgeschnitten ist (BSG, a.a.[X.], Rn. 21). Dabei sind bei Kindern und Jugendlichen insbesondere auch die mit der Unmöglichkeit von Kontakten zu ihren Eltern verbundenen psychischen Beeinträchtigungen zu berücksichtigen. So hat das [X.] ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Sinne von § 43 Abs. 3 [X.] bei einem zwölfjährigen Schulkind bejaht, das im Jahr 1937 durch das Jugendamt zum Zwecke der politischen und religiösen Umerziehung seinen Eltern entzogen und bei einer mit seiner Überwachung beauftragten Landwirtin im Ort [X.] untergebracht worden war, wobei es mit seinen Eltern weder brieflich noch persönlich Verbindung aufnehmen und den Ort [X.] - bei ansonsten freien Bewegungsmöglichkeiten im Ort selbst - nicht verlassen durfte (vgl. BSG, a.a.[X.], Rn. 21 ff.).

(2) Die Unterbringung in einem Jugendwerkhof und einem geschlossenen Durchgangsheim stellt nach gefestigter obergerichtlicher Rechtsprechung ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen dar (vgl. [X.], Beschluss vom 5. Dezember 1995 - 1 Ws Reh 185/95 -, juris, Rn. 7 ff.; KG, Beschluss vom 6. März 2007 - 2/5 Ws 246/06 REHA -, juris, Rn. 4 m.w.N.; Thüringer [X.], Beschluss vom 21. Juli 2008 - 1 [X.] 10/08 -, juris, zur Unterbringung in einem Jugendwerkhof, Rn. 19, sowie einem "geschlossenen" Durchgangsheim mit festgelegtem Tagesablauf, Rn. 13). Die Unterbringung in einem Kinderheim ist nach der Rechtsprechung in der Regel mit erheblichen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen verbunden und wurde auch nach der bis zum 8. Dezember 2010 geltenden Fassung des § 2 [X.] (ohne weiteres) als haftähnlich angesehen, wenn sie aus Gründen der politischen Verfolgung oder aus sachfremden Gründen erfolgte (vgl. KG, Beschluss vom 9. September 2010 - 2 Ws 351/09 REHA -, juris, Rn. 2 ff., 18, Kinderheimaufenthalt eines 13jährigen Kindes nach (Ausreise-)Demonstration und Verhaftung der Eltern; [X.], Beschluss vom 16. September 2010 - 1 Reha [X.] -, juris, Heimeinweisung eines Kindes, um den Vater zur Rückkehr in die [X.] zu bewegen; vgl. auch BTDrucks 17/3233, [X.] 7; Thüringer [X.], Beschluss vom 17. Januar 2012 - 1 [X.] 50/11 -, juris, Rn. 32 f.; [X.], [X.] 2013, [X.] 98 <100>).

bb) Die Auffassung des [X.]s, die von dem Beschwerdeführer geschilderten Lebensbedingungen während seiner Heimaufenthalte stellten kein der Freiheitsentziehung gleichgestelltes Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.], sondern lediglich altersgerechte Freiheitsbeschränkungen dar, die nicht über das hinausgingen, was Kinder an üblichen Freiheitsbeschränkungen zu dieser [X.] erfahren hätten, ist unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar. Sie führt zu einer krassen Missdeutung des Inhalts des § 2 Abs. 2 [X.], durch die das gesetzgeberische Anliegen grundlegend verfehlt wird.

(1) Zu den Lebensbedingungen in den Heimen, in denen er untergebracht war, hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgetragen, sämtliche Einrichtungen, in denen er sich befunden habe, hätten [X.] gehabt. Türen und Fenster seien verschlossen gewesen. Urlaub oder so genannte Ferien zu Hause seien nicht vorgesehen gewesen. Ihre Gewährung habe der alleinigen Einschätzung des Gruppenerziehers unterlegen. Ein Schuljahr lang habe der Beschwerdeführer keinen Kontakt zur Mutter haben dürfen. Die Kinder hätten Anstaltskleidung und einheitliche Haarschnitte getragen. Der Tagesablauf sei straff geplant gewesen. Individuelle Freizeit habe es nicht gegeben. Alles - persönliche Körperpflege, [X.], Mahlzeiten einnehmen und Briefeschreiben - sei in der Gruppe und unter Kontrolle durchgeführt worden. Briefe an die Eltern seien generell zensiert, Post und - ohnehin streng reglementierte - Päckchen von den Eltern teilweise nicht ausgehändigt worden. Nach dem Schulunterricht sei die Freizeit in der Gruppe verbracht worden. Den Kindern sei durch die Übertragung von [X.] genau vorgegeben worden, was sie hätten tun dürfen. Freizeit habe das Erlernen von Handarbeit, das Reparieren von Kleidung, die Säuberung des Objekts und [X.] bedeutet. Bereits seit seiner ersten Heimeinweisung habe er für seinen Unterhalt, für seinen Bekleidungszustand, seine räumliche und körperliche Ordnung und Sauberkeit sowie für alle Belange des täglichen Lebens selbst Verantwortung tragen müssen. Es habe keine freien Bewegungsmöglichkeiten für die Kinder und Jugendlichen gegeben. Jegliche Absonderung von der Gruppe, die nicht vom Erzieher genehmigt worden sei, habe als Fluchtversuch gegolten und sei bestraft worden. Jegliche Intimsphäre sei aufgelöst gewesen. Es habe ein System der [X.] und eine Gruppenhierarchie mit entsprechender Gewaltausübung der Kinder untereinander gegeben, die von dem [X.] als Mittel der Disziplinierung gefördert und genutzt worden sei. Wer sich wegen Übergriffen an die Erzieher gewendet habe, sei bestraft worden. [X.] Strafen seien an der Tagesordnung gewesen.

Von diesem Vorbringen des Beschwerdeführers geht das [X.] für die Heime "Weiße Taube" in [X.] und "[X.]" in [X.], bei denen es sich nach den dem [X.] vorliegenden Unterlagen zur [X.] der Unterbringung des Beschwerdeführers um [X.] handelte, ausdrücklich aus. Es entspricht im Übrigen auch dem von der [X.] für die Unterlagen des [X.] der ehemaligen [X.] herausgegebenen Bericht von [X.] ([X.], Jugendhilfe der [X.] im Dienst der Disziplinierung von Kindern und Jugendlichen <1945-1989>, [X.] 2010, [X.] 103 f.; vgl. auch [X.], Rechtsfragen der Heimerziehung in der [X.], in: Aufarbeitung der Heimerziehung in der [X.], Expertise 1, [X.] 80-84). Soweit das [X.] annimmt, eine Freiheitsentziehung durch die Einweisung in das Kinderheim "[X.]" scheide schon deshalb aus, weil dieses als Normalkinderheim "offen" gewesen sei, fehlt, wie der Beschwerdeführer zu Recht rügt, jede tatsächliche Grundlage für diese Feststellung und insbesondere eine Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, seine Schilderungen beträfen die Verhältnisse in sämtlichen Einrichtungen, in denen er untergebracht gewesen sei.

(2) Nach seinem Vorbringen musste der Beschwerdeführer ein Leben unter haftähnlichen Bedingungen führen (§ 2 Abs. 2 [X.]). Er war einer Aufenthaltsbeschränkung unterworfen, denn er durfte einen eng umgrenzten örtlichen Bereich - das jeweilige Heim oder den Aufenthaltsort seiner jeweiligen Heimgruppe - nicht verlassen und stand unter der ständigen Aufsicht der Erzieher. Seine Außenkontakte waren erheblich eingeschränkt. Er war durch die - gegen den Willen seiner Mutter erfolgte - Unterbringung in einem Heim außerhalb des [X.] und die behördlich verwehrten Kontakte zu der - kontaktbereiten - Mutter behördlich auferlegten Beschränkungen unterworfen, mit denen bei Kindern in dem Alter des Beschwerdeführers erhebliche psychische Beeinträchtigungen verbunden sind (vgl. BSG, a.a.[X.], Rn. 28). Der Beschwerdeführer hatte zudem keinerlei individuelle Rückzugsmöglichkeiten und Intimsphäre sowie keinerlei Bewegungsfreiheit oder individuelle Freizeit zu altersgerechtem Spiel, und genoss keinerlei Schutz gegenüber von Lehrern, Erziehern und anderen Kindern ausgeübter Gewalt.

Soweit das [X.] meint, die dem Beschwerdeführer auferlegten Beschränkungen stellten lediglich altersgerechte Freiheitsbeschränkungen dar, die nicht über das hinausgingen, was Kinder an üblichen Freiheitsbeschränkungen zu dieser [X.] erfahren hätten, trifft das offensichtlich nicht zu. Kinder in diesem Alter erfahren üblicherweise keine behördlich veranlasste Trennung von ihren Eltern. Auch mussten bei ihren Eltern lebende Kinder in den Jahren 1961 bis 1966 in der Regel nicht unter den von dem Beschwerdeführer geschilderten Umständen leben. Dass vergleichbare Bedingungen in den sechziger Jahren auch in anderen Kinderheimen im Westen wie im Osten geherrscht haben mögen, spricht nicht gegen die Annahme haftähnlicher Bedingungen im Sinne von § 2 Abs. 2 [X.].

(3) Mit der Begründung des [X.]s verbleibt den Vorschriften der § 2 Abs. 1 und 2, § 1 Abs. 1 [X.] für in Kinderheimen unter haftähnlichen Bedingungen untergebrachte Kinder im Alter von sechs bis elf Jahren (gar) kein Anwendungsbereich. Ihnen wird eine Rehabilitierung für ein behördlich aus Gründen der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Gründen angeordnetes Leben unter haftähnlichen Bedingungen im Gegensatz zu Jugendlichen und Erwachsenen grundsätzlich verwehrt, obwohl ein solches Leben geeignet ist, gegen den Willen der Eltern von diesen getrennte sechs- bis elfjährige Kinder besonders hart zu treffen. Das ist unter keinem rechtlichen Aspekt mehr vertretbar und stellt einen Verstoß gegen das aus Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitende Willkürverbot dar.

Die Folgerung des [X.]s, eine Freiheitsentziehung sei vorliegend zu verneinen, steht im Übrigen in einem unaufgelösten Widerspruch zu seiner Annahme, eine solche liege bei der Einweisung in eine geschlossene Einrichtung vor, und auch [X.] der Jugendhilfe der [X.] seien unter Umständen derart abgeschlossen gewesen.

Angesichts des Vortrags des Beschwerdeführers und des dem [X.] zudem vorliegenden vorläufigen Berichts des Beauftragten des [X.] zur Aufarbeitung der Folgen der [X.] Diktatur vom 2. Oktober 2010 ist auch nicht nachvollziehbar, warum die in dem [X.] des Kombinats der Sonderheime in [X.]-Niederschöneweide "üblichen Freiheitsbeschränkungen, die mit der Anfertigung eines Gutachtens verbunden waren", keine Freiheitsentziehung im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 [X.] bedeuteten.

cc) Schließlich lässt das [X.] gänzlich außer [X.], dass der Beschwerdeführer sich - während nicht näher vom [X.] aufgeklärter [X.]räume - in der Psychiatrie befunden hat. In diesem Fall wird das Vorliegen einer Freiheitsentziehung aber unwiderlegbar vom Gesetzgeber vermutet (vgl. Thüringisches [X.], Beschluss vom 17. Januar 2012 - 1 [X.] 50/11 -, juris, Rn. 25 f. unter Verweis auf die Gesetzesbegründung BTDrucks 12/4994, [X.] 53; [X.], [X.] 2013, [X.] 98 <100>).

2. Soweit das [X.] annimmt, eine etwaige Freiheitsentziehung sei jedenfalls nicht mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar, verstößt der Beschluss gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes.

a) Das Rechtsstaatsprinzip enthält das Gebot, wirksamen Rechtsschutz zu gewähren, der grundsätzlich zu einer umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung des Verfahrensgegenstandes führen muss. Art. 2 Abs. 1 GG verleiht dem Einzelnen ein Recht auf effektiven Rechtsschutz. Dieses Recht ist verletzt, wenn die Gerichte die prozessrechtlichen Möglichkeiten etwa zur Sachverhaltsfeststellung so eng auslegen, dass ihnen eine sachliche Prüfung der ihnen vorgelegten Fragen nicht möglich ist und das vom Gesetzgeber verfolgte [X.] deshalb nicht erreicht werden kann ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 3. Mai 1995 - 2 BvR 1023/94 -, juris, Rn. 19).

§ 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] verpflichtet die Gerichte zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen. Dies erschien dem Gesetzgeber nicht nur wegen der Nähe zum Strafverfahren notwendig, sondern auch im Hinblick auf die besondere Fürsorgepflicht des Gerichts gegenüber den Antragstellern und wegen der Schwierigkeit erforderlich, die häufig in ferner Vergangenheit liegenden Sachverhalte zu ermitteln. Das Gericht muss deshalb die für seine Entscheidung erheblichen Tatsachen selbst prüfen ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 3. Mai 1995 - 2 BvR 1023/94 -, juris, Rn. 20). Es muss Hinweisen auf eine mögliche politische Verfolgung oder sonstige sachfremde Gründe unter Ausnutzung aller ihm im [X.] zur Verfügung stehenden Mittel nachgehen. Da es hierzu von Amts wegen verpflichtet ist, sind an die Darlegung durch den Antragsteller keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 3. Mai 1995 - 2 BvR 1023/94 -, juris, Rn. 20; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/Schwarze/[X.], Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 10 [X.] Rn. 5, Rn. 8 a.E.). Das Gericht hat von sich aus - im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens - die zur Aufklärung des Sachverhalts notwendigen Maßnahmen zu treffen. Es hat - unterstützt von der Staatsanwaltschaft und durch die in § 10 Abs. 2 [X.] normierte Mitwirkungspflicht des Antragstellers - sämtliche Erkenntnisquellen zu verwenden, die erfahrungsgemäß dazu führen können, die Angaben eines Betroffenen zu bestätigen ([X.]K 4, 119 <129> zu einer Rehabilitierung wegen einer Einweisung in die Psychiatrie).

Hält sich ein Rehabilitierungsgericht an die Tatsachenfeststellungen der Gerichte (oder Behörden) der ehemaligen [X.] für gebunden, so verweigert es dem Betroffenen die von Rechtsstaats wegen geforderte Überprüfung erheblicher Tatsachen und verfehlt damit schlechterdings das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel, zur Rehabilitierung politisch (Straf-)Verfolgter die fortdauernde Wirksamkeit von Urteilen dieser Gerichte (oder Entscheidungen dieser Behörden) zu durchbrechen. Ein solchermaßen ineffektives Rehabilitierungsverfahren steht in Widerspruch zum Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 3. Mai 1995 - 2 BvR 1023/94 -, juris, Rn. 20).

(Erst) wenn das Gericht alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft hat, entscheidet es in freier Beweiswürdigung (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/ Schwarze/[X.], Rehabilitierung, 2. Aufl. 1997, § 10 [X.] Rn. 7). § 10 Abs. 2 [X.] fordert insoweit nicht den vollen Beweis, sondern lässt die Glaubhaftmachung genügen. Damit wird für das Rehabilitierungsverfahren ausdrücklich klargestellt, dass der [X.] sich für seine Überzeugungsbildung mit einem geringeren Maß an Wahrscheinlichkeit begnügen kann. Es genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (vgl. [X.], a.a.[X.], § 10 [X.] Rn. 10). Die Nichterweislichkeit anspruchsbegründender Tatsachen geht allerdings zu Lasten des Antragstellers. Die Rehabilitierungsgerichte sind von Verfassungs wegen nicht gehalten, im Zweifel für den Antragsteller zu entscheiden. Der Grundsatz in dubio pro reo gilt nicht (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 16. Februar 2000 - 2 BvR 1601/94 -, juris, Rn. 2).

b) Nach diesem Maßstab hat das [X.] seine Aufgabe zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes verfehlt, indem es der ihm obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist (vgl. [X.]K 4, 119 <130>). Erheblich für die [X.] war hier die Frage, aus welchen Gründen es zu der ersten Heimeinweisung des Beschwerdeführers in den Jahren 1961 oder 1962 gekommen ist (§ 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]). Das hat das [X.] nicht ausreichend aufgeklärt. Es ist den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Hinweisen auf sachfremde Gründe nicht unter Ausnutzung aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel nachgegangen, sondern hat den Grund der Einweisung des Beschwerdeführers schon wegen der nicht mehr auffindbaren Unterlagen der Jugendhilfe als nicht aufklärbar angesehen. Damit hat es dem Beschwerdeführer die von Rechtsstaats wegen geforderte Überprüfung erheblicher Tatsachen verweigert.

Der Beschwerdeführer hatte erstinstanzlich die Vermutung geäußert, dass Auslöser für seine Heimeinweisung [X.] die zwangsweise Aussiedlung seines Vaters in die [X.] im Jahre 1958/1959 sowie das illegale Verlassen der [X.] durch einen Bruder der Mutter gewesen sein könne. Zwar mag die Beurteilung des [X.]s zutreffen, der Aufenthalt des Vaters des Beschwerdeführers im Westen habe für sich genommen den [X.]-Behörden [X.] keinen Grund für die Befürchtung gegeben, dass auch seine Mutter in den Westen übersiedeln wollte, nachdem die Ehe nach mehreren erfolglosen Versuchen 1959 geschieden worden war. Eine Gesamtschau des Vorbringens des Beschwerdeführers lässt es aber nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen, dass - wie der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde geltend macht - die Heimeinweisung mit dem Ziel erfolgt ist, seine Mutter unter Kontrolle zu halten.

aa) Einen möglichen Anhalt dafür gab der Hinweis des Beschwerdeführers auf ein illegales Verlassen der [X.] durch den Bruder der Mutter. Dieser Vortrag hätte das [X.] veranlassen müssen, auf weitere Angaben des Beschwerdeführers zu dem [X.]punkt und den näheren Umständen der Flucht hinzuwirken. Hätte das [X.] auf die Notwendigkeit der Ergänzung des entsprechenden [X.] hingewiesen, hätte der Beschwerdeführer auch Anlass gehabt, wie nunmehr im Verfassungsbeschwerdeverfahren nachzutragen, dass (und wann) ein zweiter Bruder der Mutter nach der Schließung der [X.]er Mauer einen Grenzdurchbruch habe erzwingen wollen und deshalb zu mehreren Jahren Haft verurteilt worden sei.

bb) Zudem drängte es sich förmlich auf, dass die Gründe für die Heimeinweisung, die näheren Umstände und das dabei beachtete Verfahren durch die Mutter oder andere Familienmitglieder des Beschwerdeführers, die die maßgebliche [X.] als Erwachsene erlebt haben, näher geschildert werden können. Es hätte deshalb nahegelegen, dem anwaltlich nicht vertretenen Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 2 [X.] aufzugeben, solche Personen zu benennen und deren Darstellung beizubringen, sowie gegebenenfalls diese Personen als Zeugen zu vernehmen (vgl. auch [X.] [X.], Beschluss vom 24. September 2013 - [X.] 172/11 -, juris, Rn. 13, 16; KG, Beschluss vom 21. November 2013 - 2 Ws 177/11 REHA, 2 Ws 491/13 REHA -, juris).

cc) Einen weiteren Ermittlungsanhalt bot der in dem Antrag auf Einweisung in den geschlossenen Jugendwerkhof vom 16. September 1971 enthaltene Hinweis, dass der Beschwerdeführer vor der ersten Heimeinweisung 1962 in der Medizinischen Akademie [X.] begutachtet worden sei. Es hätte nahegelegen, die dortige Patientenakte des Beschwerdeführers beizuziehen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine solche Akte in entsprechenden Archiven noch aufbewahrt wird.

dd) Wenn das [X.] schließlich - wie vom Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift beantragt - zur Klärung der Rolle der Jugendhilfe den Landesbeauftragten für die Unterlagen des [X.] der ehemaligen [X.] Republik angehört hätte, hätte es möglicherweise die auch von dem Thüringer [X.] seiner Entscheidung vom 7. Mai 2013 (1 [X.] 3/13 , juris, Rn. 21) hinsichtlich einer Heimeinweisung [X.] zugrunde gelegten Erkenntnisse gewinnen können. Danach sei die Jugendhilfe in der unmittelbaren Nachkriegszeit in [X.] in ihrem Wirken der [X.] vergleichbar gewesen und habe seit ihrer Gründung im Jahr 1950 eng mit dieser zusammengearbeitet. Sie sei entgegen ihrer Bezeichnung kein Instrument der Jugendwohlfahrt oder -hilfe, sondern eines der Einschüchterung gewesen. Es habe eine Durchmischung von geheimdienstlicher und sozialpolitischer Tätigkeit gegeben, die im Jargon der [X.] als "politisch-operative Zusammenarbeit" bezeichnet und durch willfährige Mitarbeiter sowohl in der Jugendhilfe als auch im Wohnungswesen realisiert worden sei (vgl. auch [X.], [X.], Jugendhilfe der [X.] im Dienst der Disziplinierung von Kindern und Jugendlichen (1945-1989), [X.] 2010, [X.] 133, 136, sowie die den Entscheidungen der [X.]e [X.] vom 16. September 2010 - 1 Reha [X.] -, juris und des Thüringer [X.]s vom 12. Juni 2012 - 1 [X.] 52/11 -, juris, zugrundeliegenden Sachverhalte). Dabei sei die künstliche Herbeiführung unhaltbarer Zustände zum Zwecke der Herauslösung von Kindern aus Familien (etwa durch Verknappung von Wohnraum) keine Seltenheit und Ausdruck politischer Verfolgung gewesen. Insbesondere in Fällen, in denen Eltern - etwa weil sich vorläufig nicht genügend Belastendes gegen sie hatte finden lassen - nicht verhaftet worden seien, seien sie dadurch an ihrer "schwächsten Stelle", ihren Kindern, getroffen worden.

ee) Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse hätte es sodann nahe gelegen zu klären, ob die Mutter des Beschwerdeführers und andere in Betracht kommende Zeugen aus der Familie des Beschwerdeführers mit der Anforderung und Sichtung ihrer bei den Beauftragten für die Unterlagen des [X.] der ehemaligen [X.] (möglicherweise) vorhandenen Unterlagen einverstanden sind, ob solche existieren und ob sich aus ihnen Hinweise auf sachfremde Gründe für eine Heimeinweisung des Beschwerdeführers ergeben. Dies drängte sich auch deshalb auf, weil es - wie der Beschwerdeführer zu Recht geltend macht - nur schwer nachvollziehbar ist, dass die Schwierigkeiten seiner alleinerziehenden Mutter, für ihn bis zu ihrem Arbeitsende eine Betreuung zu finden, nicht anders als durch eine vorzeitige Einschulung des laut der gesundheitlichen Begutachtung vom 28. April 1961 motorisch sehr unruhigen, gleichwohl - ein Jahr verfrüht - als voll schulfähig beurteilten Kindes hätten gelöst werden können und dass es sodann bereits kurze [X.] später zu so erheblichen Verhaltensauffälligkeiten gekommen sein soll, dass eine Begutachtung in der Psychiatrie und eine - gegen den Willen der Mutter erfolgte - Heimeinweisung erforderlich geworden sein sollen (vgl. auch Thüringer [X.], Beschluss vom 12. Juni 2012 - 1 [X.] 52/11 -, juris, Rn. 21). Bereits das [X.] hat in seinem den Beschwerdeführer betreffenden Beschluss vom 15. Dezember 2004 darauf hingewiesen, dass es in keiner Weise ersichtlich sei, weshalb es erforderlich gewesen sein soll, ihn ihm Alter von sieben Jahren gegen den Willen seiner erziehungsberechtigten Mutter in einem Kinderheim unterzubringen.

III.

1. Der Beschluss des [X.]s Naumburg vom 22. Oktober 2010 ist wegen des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG aufzuheben, und die Sache ist an das [X.] zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2 [X.]).

2. Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 [X.].

Meta

2 BvR 2782/10

24.09.2014

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 1. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 22. Oktober 2010, Az: 2 Ws Reh 8/10, Beschluss

Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 43 Abs 3 BEG, § 309 StPO, § 1 Abs 1 Nr 2 StrRehaG, § 2 Abs 1 S 1 StrRehaG vom 17.12.1999, § 2 Abs 2 StrRehaG vom 17.12.1999, § 7 Abs 2 StrRehaG, § 10 Abs 1 S 1 StrRehaG, § 15 StrRehaG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 24.09.2014, Az. 2 BvR 2782/10 (REWIS RS 2014, 2680)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2680

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

B 9 V 6/13 R

2 BvR 2063/11

2 BvR 429/11

10 ZB 15.819

L 15 SB 207/12

2 BvR 1985/16

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