Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.03.2023, Az. B 10 ÜG 3/22 B

10. Senat | REWIS RS 2023, 2942

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 28. Januar 2022 wird als unzulässig verworfen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2299 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Der Kläger begehrt eine Entschädigung in Höhe von mindestens 2499 Euro wegen überlanger Dauer eines vor dem [X.] geführten Verfahrens mit dem Aktenzeichen [X.] AS 2934/11 und zuletzt [X.]/18 WA.

2

Er ist Volljurist und bezog Leistungen nach dem [X.] vom zuständigen Grundsicherungsträger, gegen den er zwischen 2009 und 2019 eine Vielzahl sozialgerichtlicher Verfahren führte.

3

Im Ausgangsverfahren stritten die Beteiligten über die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistungen für [X.]räume in den Jahren 2010 bis 2012. Streitbefangen war insbesondere die Berücksichtigung von Einnahmen aus [X.] als Einkommen.

4

Der Kläger erhob am 27.10.2011 Klage und legte am [X.] Verzögerungsrüge ein. In der vom [X.] anberaumten mündlichen Verhandlung am 10.4.2014 wies das Gericht darauf hin, streitgegenständlich seien dieselben Rechtsfragen, über die bereits eine andere Kammer des [X.] entschieden habe. Dagegen seien bereits seit drei Jahren beim L[X.] Berufungsverfahren anhängig, deren Ende derzeit nicht absehbar sei. Daraufhin beantragten die Beteiligten übereinstimmend, das Verfahren ruhend zu stellen. Seinen Ruhensbeschluss begründete das [X.] damit, die Anordnung sei aus wichtigem Grund zweckmäßig, um die Entscheidungen des L[X.] zu den auch hier streitgegenständlichen Rechtsfragen zu den Kosten der Unterkunft im Zusammenhang mit den geschlossenen Untermietverträgen abzuwarten.

5

Die Verfahren vor dem L[X.] endeten im Januar 2017. Auf Antrag des damaligen Beklagten vom 5.11.2018 nahm das [X.] den Rechtsstreit am 11.12.2018 wieder auf und beendete das Verfahren in der mündlichen Verhandlung vom [X.] durch einen Vergleich.

6

Das L[X.] als Entschädigungsgericht hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Urteil vom [X.] den Beklagten, nachdem dieser dem Kläger wegen überlanger Dauer des Ausgangsverfahrens eine Entschädigung in Höhe von 400 Euro gezahlt hatte, verurteilt, an diesen weitere 200 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem [X.] zu zahlen und im Übrigen die unangemessene Dauer des Ausgangsverfahrens festgestellt. Nach Erhebung der Verzögerungsrüge sei von einer dem Staat zuzurechnenden Verzögerung ab August 2012 bis Januar 2013 (sechs Kalendermonate) und von April 2013 bis Januar 2014 (zehn Kalendermonate) auszugehen. Die [X.]dauer der [X.] sei nur für die [X.] zwischen Februar 2017 und November 2018 (22 Kalendermonate) als dem Staat zurechenbare Untätigkeit des Gerichts zu werten. Die Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden [X.] sei vom Entschädigungsgericht nicht zu prüfen, weil es nach der Rechtsprechung des B[X.] keine rechtliche Vollkontrolle über das Handeln des Ausgangsgerichts ausüben dürfe. Willkürlich sei dessen Beschluss jedenfalls nicht gewesen. Vielmehr habe das Ausgangsgericht die Tatbestandsmerkmale des § 251 Satz 1 ZPO geprüft und die Zweckmäßigkeit des Ruhens bejaht. Auch unter dem Gesichtspunkt der Pflicht zur Verfahrensförderung sei das Ruhen bis Januar 2017 noch vom weiten prozessualen Gestaltungsspielraum des Ausgangsgerichts gedeckt gewesen. Dagegen habe für die anschließenden 22 Kalendermonate des Ruhens bis November 2018 keine sachliche Rechtfertigung bestanden, weil in der Berufungsinstanz kein Parallelverfahren mehr anhängig gewesen sei. Zuzüglich zwei weiterer Verzögerungsmonate im März und April 2019 sei es im Ausgangsverfahren zu [X.]en einer gerichtlichen Inaktivität von insgesamt 40 Kalendermonaten gekommen.

7

Nach Abzug einer Vorbereitungs- und Bedenkzeit des Ausgangsgerichts von zwölf Monaten sei von einer grundsätzlich entschädigungspflichtigen Verzögerung von 28 Kalendermonaten auszugehen. Dem Kläger stehe jedoch eine Geldentschädigung nur für sechs Monate zu, während für die Verzögerung der verbliebenen 22 Kalendermonate nach den konkreten Umständen des Falles eine Wiedergutmachung auf andere Weise ausreichend sei. Das Ausgangsverfahren sei weder besonders bedeutsam noch besonders dringlich gewesen. Für den Kläger selbst habe eine zügige Verfahrenserledigung lange nicht im Vordergrund gestanden. Zudem habe er das Ausgangsgericht nicht davon informiert, dass der Anordnungsgrund bereits im Januar 2017 weggefallen sei. Durch sein Stillhalten nach Wegfall des [X.] habe er ganz erheblich zur Verzögerung des Ausgangsverfahrens beigetragen. Nur dadurch sei es ihm "gelungen", Monate gerichtlicher Untätigkeit in [X.] relevantem Ausmaß "zu sammeln". Ein solches "Dulde und [X.]" habe der Gesetzgeber aber gerade verhindern wollen. Nach Zahlung von 400 Euro durch den Beklagten sei von diesem noch ein Betrag von weiteren 200 Euro für die verbliebenen sechs Monate zu zahlen.

8

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat der Kläger Beschwerde beim B[X.] eingelegt. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, eine Divergenz und Verfahrensmängel geltend.

9

II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht ordnungsgemäß dargetan worden sind (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G).

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das [X.] bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] V 5/20 B - juris Rd[X.] 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

a) Der Kläger misst folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung zu ([X.] f der Beschwerdebegründung):

        

"1. Fällt die gerichtliche Untätigkeit in einem ruhenden Verfahren, wenn das Gericht nach der Anordnung des Ruhens untätig bleibt und nicht kontrolliert, ob die Gründe, wegen denen das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurden, noch vorliegen und noch 'wichtig' sind und das fortwährende Ruhen noch 'zweckmäßig' ist, bereits ab dem Monat, der dem Ruhensbeschluss folgt oder erst ab dem Monat, der dem Wegfall der Ruhensgründe folgt, in den staatlichen Verantwortungsbereich?"

        

"2. Ist es ausreichend, wenn das Gericht nach der Anordnung des Ruhens untätig bleibt und nicht kontrolliert, ob die Gründe, wegen denen das Ruhen des Verfahrens angeordnet wurden, noch vorliegen und noch 'wichtig' sind und das fortwährende Ruhen noch ‘zweckmäßig‘ ist, nur die unangemessen lange Dauer eines Verfahrens festzustellen?"

        

"3. Ist ein (…) Beteiligter eines Verfahrens, dessen Ruhen von einem Gericht angeordnet wurde, um die Entscheidungen über Rechtsmittel, die gegen eine in einem Parallelverfahren von diesem Gericht getroffene Entscheidung eingelegt wurden, abzuwarten, berechtigt, davon auszugehen, dass das Gericht regelmäßig kontrollieren wird, ob in dem Parallelverfahren bereits entschieden wurde und, wenn dort bereits entschieden wurde, das Verfahren von Amts wegen fortgeführt werden wird und dass das Gericht weiß, dass und wie über die Rechtsmittel entschieden wurde und es nicht notwendig ist, es darüber zu informieren?"

        

"4. Fällt es in den staatlichen Verantwortungsbereich, wenn das Ruhen eines Verfahrens angeordnet wurde, um den Abschluss eines [X.] abzuwarten, dieses Parallelverfahren jedoch aufgrund in den staatlichen Verantwortungsbereich fallender Verzögerungen immer länger und deshalb auch die Dauer des Ruhens des Verfahrens immer länger dauert?"

Offenbleiben kann, ob der Kläger mit diesen Fragestellungen und seinen weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung überhaupt hinreichend konkrete Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 [X.]G) mit höherrangigem Recht ordnungsgemäß bezeichnet hat. Selbst aber, wenn der Senat ihnen die Qualität von Rechtsfragen zubilligen wollte, hat der Kläger deren Klärungsbedürftigkeit trotz seitenmäßig umfangreicher Ausführungen nicht substantiiert aufgezeigt. Er hat sich nicht im gebotenen Maße damit auseinandergesetzt, ob sich die von ihm formulierten Fragen nicht bereits mithilfe der vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung beantworten lassen (vgl hierzu B[X.] Beschluss vom 6.3.2020 - [X.] SB 86/19 B - juris Rd[X.] 6). Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das [X.] oder das [X.] diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 17.10.2018 - [X.] V 20/18 B - juris Rd[X.] 9 mwN). Im Hinblick darauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung substantiiert vorgetragen werden, dass das B[X.] oder das [X.] zu diesem [X.] noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebenden Fragen von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden sind (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 23/19 B - juris Rd[X.] 9; B[X.] Beschluss vom [X.] [X.]/16 B - juris Rd[X.] 9). Hieran fehlt es.

Nach der Rechtsprechung des B[X.] kommt ein Zuwarten auf Ergebnisse oder Ermittlungen in einem Parallelverfahren dann als sogenannte aktive Bearbeitungszeit des Ausgangsgerichts in Betracht, wenn zu erwarten ist, dass in einem solchen Verfahren Erkenntnisse gewonnen werden, die auch für das Ausgangsverfahren von Relevanz sind oder wenn die Beteiligten diesem Vorgehen ausdrücklich zustimmen (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 12/13 R - [X.] 4-1720 § 198 [X.] Rd[X.]7; vgl auch [X.] Beschluss vom 27.9.2011 - 1 BvR 232/11 - juris Rd[X.]1). Des Weiteren haben sowohl das B[X.] als auch das [X.] entschieden, dass das Gericht bei einer Entscheidung über die Aussetzung eines Verfahrens die mögliche Verfahrensverlängerung mit den Gesichtspunkten der Verfahrensökonomie und gegebenenfalls der Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen abzuwägen hat. Dabei hat es auch die Gesamtdauer des Verfahrens zu berücksichtigen und sich mit zunehmender Dauer nachhaltig um eine Beschleunigung des Verfahrens zu bemühen. Eine Verzögerung des vorgreiflichen Rechtsstreits ist ebenfalls ein Gesichtspunkt, dem bei der Ausübung des Ermessens Rechnung zu tragen ist. Im Fall einer ermessensfehlerhaften Entscheidung fällt die durch die Aussetzung verursachte Verfahrensverlängerung in den Verantwortungsbereich des Gerichts (B[X.] Urteil vom [X.] - [X.] [X.] 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.], Rd[X.]0; [X.] Beschluss vom 5.8.2013 - 1 BvR 2965/10 - juris Rd[X.]1).

Die Beschwerdebegründung erwähnt zwar diese Rechtsprechung zu Verzögerungen beim Zuwarten auf den Ausgang von Parallelverfahren und [X.]. Sie erörtert aber nicht, ob sich aus ihr Antworten auf die vom Kläger aufgeworfenen Fragen entnehmen lassen können. Dies wäre hier aber schon deshalb geboten gewesen, weil der Kläger zum einen vorträgt, dass er und auch die Beklagte im Ausgangsverfahren dem Ruhen zugestimmt haben, und er zum anderen offenbar sogar selbst davon ausgeht, dass die genannten und - von ihm in anderem Zusammenhang ausdrücklich thematisierten - Zweckmäßigkeitserwägungen insbesondere hinsichtlich der Dauer des Verfahrens bei der Entscheidung über die Anordnung und Aufrechterhaltung des Ruhens des Verfahrens nach § 251 ZPO und seine Fortdauer vergleichbar gelagert sind.

Die vom Kläger formulierten Fragen zu 2. und 3. betreffen die Abgrenzung einer möglichen Obliegenheit eines Beteiligten, dem Ausgangsgericht den ihm bekannten Wegfall des [X.] mitzuteilen, von der gerichtlichen Pflicht, einen möglichen Wegfall von Amts wegen als Teil einer ordnungsgemäßen Prozessführung zu kontrollieren. Der Kläger trägt selbst vor, das Entschädigungsgericht habe in dieser Hinsicht zwar einerseits angenommen, ab Wegfall des [X.] falle die Verlängerung der Dauer des Ausgangsverfahrens grundsätzlich in den staatlichen Verantwortungsbereich. Andererseits habe es nach den Umständen des Einzelfalls iS von § 198 [X.] [X.], namentlich seinem Verhalten, seiner juristischen Kenntnisse und seiner Motivlage, ausnahmsweise eine Entschädigung durch Feststellung der bloßen Überlänge nach § 198 Abs 4 Satz 1 [X.] für ausreichend gehalten. Die vom Entschädigungsgericht für diese Entscheidung festgestellten inneren und äußeren Tatsachen sind für den Senat bindend (vgl § 163 [X.]G). Die daraus vom Entschädigungsgericht in seinem Urteil gezogenen Schlussfolgerungen wenden § 198 [X.] auf den besonderen Fall des [X.] an. Soweit er mit seinen Fragestellungen die vom Entschädigungsgericht vorgenommene, aus seiner Sicht fehlerhafte Gewichtung, Abwägung und Würdigung der von ihm benannten besonderen ([X.] wollte, wendet er sich im Gewand einer Grundsatzrüge gegen eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung in seinem Einzelfall. Darauf kann eine Nichtzulassungsbeschwerde aber nicht mit Erfolg gestützt werden (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 20.5.2022 - [X.] [X.] 1/22 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom 27.3.2020 - [X.] [X.] 17/19 B - juris Rd[X.] 9).

b) Soweit der Kläger darüber hinaus für klärungsbedürftig hält, in welchem Umfang Gerichte die Nutzung von normativ eröffneten Entscheidungsspielräumen (Beurteilungs- und Ermessensspielräumen) zu begründen haben, bezeichnet er mit dem von ihm diesbezüglich in der Beschwerdebegründung ([X.] f) formulierten Fragestellungen schon keine hinreichend konkrete Rechtsfragen iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer bestimmten, genau bezeichneten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl § 162 [X.]G) mit höherrangigem Recht. Unabhängig davon, dass er sich in diesem Kontext nicht hinreichend mit Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften auseinandersetzt, geht es dem Kläger im [X.] seines diesbezüglichen Vorbringens erneut um die Überprüfung der Prozessführung des Ausgangsgerichts im Zusammenhang mit dem Ruhensbeschluss durch das Entschädigungsgericht, die er für fehlerhaft hält. Damit rügt er abermals im Gewand von [X.] eine aus seiner Sicht unrichtige Rechtsanwendung des Entschädigungsgerichts in seinem Einzelfall. Damit kann er - wie oben bereits ausgeführt - eine grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G nicht erfolgreich begründen. Dies gilt entsprechend, soweit der Kläger diese Frage auch in Bezug auf die Entscheidung des L[X.] im schriftlichen Verfahren aufwirft.

c) Unzulässig ist die Beschwerde zudem, sofern der Kläger der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung deshalb zumessen will, weil sich die angefochtene Entscheidung in verschiedener Hinsicht als "objektiv willkürlich" darstelle und es "nicht zweifelhaft" erscheine, dass das [X.] sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde.

Der Kläger weist zwar zutreffend auf die Rechtsprechung des [X.] hin, wonach unter diesen Umständen auch Rechtsfehler im Einzelfall ausnahmsweise eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 543 Abs 2 Satz 1 [X.] ZPO begründen können ([X.] Beschluss vom 1.10.2002 - [X.] - [X.]Z 152, 182 - juris Rd[X.]9). Verletzungen des Willkürverbots, insbesondere in Ausprägung des Anspruchs auf ein faires Verfahren, ordnet das B[X.] allerdings den [X.] des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G zu (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 14.10.2020 - [X.] [X.] 3/20 B - juris Rd[X.]2; B[X.] Beschluss vom 27.11.2018 - [X.] KR 25/18 B - juris Rd[X.]4 ff), die als Grund für die Zulassung der Revision in § 543 Abs 2 ZPO nicht genannt sind (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 56/21 B - juris Rd[X.]1). Entsprechend führt der [X.] in der vom Kläger benannten Entscheidung selbst aus, dass die Systematik des § 543 Abs 2 Satz 1 ZPO im Vergleich ua zu § 160 Abs 2 [X.]G hinsichtlich des Begriffs der grundsätzlichen Bedeutung eine gewisse Ausweitung erfahren hat (vgl [X.] aaO, Rd[X.]3).

Ob eine willkürlich fehlerhafte Entscheidung entsprechend der Rechtsprechung des [X.] ausnahmsweise auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G begründen kann, bedarf vorliegend keiner Erörterung. Denn der Kläger erfüllt weder die vom B[X.] an die Bezeichnung eines [X.] gestellten Anforderungen (s hierzu unter 3.) noch die für eine Grundsatzrüge wegen vermeintlichen Verstoßes einer reversiblen Norm gegen Verfassungsrecht. Hierfür verlangt das B[X.], dass der Beschwerdeführer, der mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des B[X.] zu den gerügten Verfassungsnormen und -prinzipien in substantieller Argumentation darlegt, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der infrage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des [X.] im Einzelnen dargelegt werden. Dabei ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in willkürlicher Weise verletzt hat (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 56/21 B - juris Rd[X.]2; B[X.] Beschluss vom 27.4.2021 - [X.] V 35/20 B - juris Rd[X.]5). Hierzu enthält die Beschwerdebegründung keine substantiierten Ausführungen. Im Übrigen setzt insoweit jedenfalls im [X.] korrespondierend mit dem B[X.] auch die Rechtsprechung des [X.] für eine Grundsatzrüge die ordnungsgemäße Darlegung voraus, dass der Beschwerdeführer angibt, welches Grundrecht verletzt sein soll, in welchem Verhalten des Berufungsgerichts die Verletzung liegen soll, dass die angefochtene Entscheidung darauf beruht und dass unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des [X.] nicht zweifelhaft sein kann, dass das angegriffene Urteil einer Nachprüfung durch das [X.] nicht standhalten würde ([X.] Beschluss vom 1.10.2002 - [X.] - [X.]Z 152, 182 - juris Rd[X.]6).

Der Kläger behauptet zwar, eine auf Art 2 Abs 1 [X.] iVm dem Rechtsstaatsprinzip und auf Art 3 Abs 1 [X.] in seiner Ausprägung als Verbot objektiver Willkür gestützte Verfassungsbeschwerde hätte Aussicht auf Erfolg. Jedoch fehlt es der Beschwerdebegründung an jeglicher Berücksichtigung der vom [X.] hierzu aufgestellten Grundsätze und der für die Beurteilung möglicher Grundrechtsverstöße insoweit entwickelten Maßstäbe. Einschlägige Rechtsprechung des [X.] wird hierzu weder erwähnt noch ausgewertet. Allein mit der Darstellung einer eigenen, von der angegriffenen Entscheidung abweichenden Rechtsansicht legt der Kläger nicht - wie erforderlich - die Verfassungswidrigkeit einer dieser Entscheidung zugrunde liegenden Norm des materiellen Rechts oder des Prozessrechts dar.

2. Auch die Voraussetzung einer Divergenz hat der Kläger nicht substantiiert bezeichnet.

Divergenz iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G bedeutet Widerspruch im Rechtssatz, nämlich das [X.] tragender abstrakter Rechtssätze, die zwei Urteilen zugrunde gelegt sind. Eine Abweichung liegt nicht schon dann vor, wenn das L[X.] als Entschädigungsgericht eine höchstrichterliche Entscheidung nur unrichtig ausgelegt oder das Recht fehlerhaft angewandt hat, sondern erst, wenn das Entschädigungsgericht Kriterien, die ein in der Norm genanntes Gericht aufgestellt hat, widersprochen, also andere Maßstäbe entwickelt hat. Das Entschädigungsgericht weicht damit nur dann iS von § 160 Abs 2 [X.] [X.]G von einer Entscheidung ua des [X.] oder des B[X.] ab, wenn es einen abstrakten Rechtssatz aufstellt, der einer zu demselben Gegenstand gemachten und fortbestehenden aktuellen abstrakten Aussage des [X.] oder des B[X.] entgegensteht und dem Inhalt der Entscheidung des Entschädigungsgerichts tragend zugrunde liegt. Die Beschwerdebegründung muss deshalb aufzeigen, welcher abstrakte Rechtssatz in den genannten höchstrichterlichen Urteilen enthalten ist, und welcher in der Entscheidung des Entschädigungsgerichts enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht und darlegen, dass die Entscheidung hierauf beruhen kann (stRspr; vgl zB B[X.] Beschluss vom 14.10.2020 - [X.] [X.] 3/20 B - juris Rd[X.] 6; B[X.] Beschluss vom 27.3.2020 - [X.] [X.] 17/19 B - juris Rd[X.]1). Diese Anforderungen erfüllt der Beschwerdevortrag des [X.] nicht.

Der Kläger rügt, das Entschädigungsgericht sei von dem Beschluss des [X.] (Kammer) vom 5.8.2013 (1 BvR 2965/10 - juris) und dem Urteil des B[X.] vom [X.] ([X.] [X.] 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.]) abgewichen, indem es zwar "nicht ausdrücklich formuliert", aber doch eine "Regelvermutung" aufgestellt habe, dass eine prozessleitende Verfügung, die zum Stillstand des Verfahrens führe, im Ergebnis noch vertretbar und deshalb davon auszugehen sei, dass das Ausgangsgericht Bedeutung und Tragweite des Menschenrechts aus Art 6 Abs 1 der [X.] ([X.]) und des Grundrechts aus Art 19 Abs 4 [X.] in der konkreten prozessualen Situation hinreichend beachtet und fehlerfrei gegen das Ziel einer möglichst richtigen Entscheidung abgewogen habe. Mit den vom Entschädigungsgericht gemachten Ausführungen, es sei "nicht zu prüfen, ob der Ruhensbeschluss rechtswidrig war", werde ferner der abstrakte Rechtssatz aufgestellt, dass in einem Entschädigungsverfahren nicht zu prüfen sei, ob prozessleitende Verfügungen, die zum Stillstand des Verfahrens führten, rechtswidrig seien.

Mit diesem und seinen weiteren Vorbringen hat der Kläger jedoch eine Divergenz iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G nicht hinreichend dargetan. Er hat keinen abstrakten Rechtssatz des Entschädigungsgerichts bezeichnet, der zu einer abstrakten und die zitierten Entscheidungen des [X.] und des B[X.] tragenden sowie zu demselben Gegenstand gemachten Aussage in Widerspruch steht (vgl stRspr; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] [X.] 8/20 B - juris Rd[X.]0; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] EG 18/18 B - juris Rd[X.]; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 1 KR 40/18 B - juris Rd[X.]; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] V 48/16 B - juris Rd[X.]3).

Mit der behaupteten "Regelvermutung" des Entschädigungsgerichts will der Kläger offenbar aus dessen Entscheidung einen sogenannten verdeckten Rechtssatz ableiten. Dazu hätte es aber der Darlegung bedurft, an welcher Stelle und mithilfe welcher anerkannten Methodik er diesen Rechtssatz dem Urteil entnommen hat. Dabei genügt es nicht, aus der konkreten Rechtsanwendung im Einzelfall auf einen Rechtssatz zu schließen (B[X.] Beschluss vom 20. 9. 2022 - [X.] V 7/22 B - juris Rd[X.]0). Diese gesteigerten Anforderungen für die Bezeichnung eines verdeckten Rechtssatzes verfehlt die Beschwerde.

Auch im Übrigen zeigt der Kläger keine Divergenz auf. Vielmehr hat das B[X.] in der von ihm angeführten Entscheidung vom [X.] ([X.] [X.] 2/13 R - B[X.]E 117, 21 = [X.] 4-1720 § 198 [X.]) die vom Kläger zur Begründung einer angeblichen Divergenz angeführte Entscheidung des [X.] im Rahmen einer Überprüfung von § 198 [X.] bei seiner Beurteilung der Prozessleitung des Ausgangsgerichts durch das Entschädigungsgericht herangezogen. Das B[X.] hat dabei (sogar) im Fall einer grundsätzlich antragsunabhängigen Aussetzungsentscheidung durch das Ausgangsgericht einen weiten prozessualen Gestaltungsspielraum insbesondere vor dem Hintergrund angenommen, dass die Klägerin des dortigen Verfahrens der Aussetzung ausdrücklich zugestimmt hatte (B[X.], aaO, Rd[X.]0 f). Zudem hat das Entschädigungsgericht danach die materiell-rechtlichen Annahmen, die das Ausgangsgericht seiner Verfahrensleitung und -gestaltung zugrunde legt, nicht infrage zu stellen, soweit sie nicht willkürlich erscheinen (B[X.], aaO, Rd[X.]6 mwN).

Dass das Entschädigungsgericht diesen vom B[X.] auf der Grundlage der Rechtsprechung des [X.] entwickelten Grundsätzen widersprochen, also seiner Entscheidung andere rechtliche Maßstäbe zugrunde gelegt hätte, obwohl es sich sogar ausdrücklich auf diese Rechtsprechung bezogen hat, hat der Kläger nicht dargetan. Ob das Entschädigungsgericht, wie der Kläger meint, in seinem Fall den Rahmen des prozessualen Gestaltungsspielraums des Ausgangsgerichts - willkürlich - zu weit gezogen hat, ist wiederum eine Frage der Rechtsanwendung des Einzelfalls, die - wie bereits ausgeführt - keine Revisionszulassung rechtfertigen kann. Ohnehin entbehrt aber der vom Kläger erhobene Vorwurf willkürlicher Rechtsanwendung durch das Entschädigungsgericht bei der Beurteilung der Ruhensentscheidung des Ausgangsgerichts angesichts des vom B[X.] in ständiger Rechtsprechung angenommenen weiten prozessualen Gestaltungsspielraums des Ausgangsgerichts jeglicher Substanz.

3. Schließlich hat der Kläger auch im Übrigen keinen Verfahrensmangel iS des § 160 Abs 2 [X.] [X.]G bezeichnet.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 1 [X.]G), so müssen bei der Bezeichnung des [X.] (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.]G) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des Entschädigungsgerichts ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung der angefochtenen Entscheidung besteht. Gemäß § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 [X.]G und auf eine Verletzung des § 103 [X.]G nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Entschädigungsgericht ohne hinreichende Bedeutung nicht gefolgt ist.

a) Der Kläger vertritt die Auffassung, das Entschädigungsgericht habe nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen. Insoweit sei sein Recht auf eine mündliche Verhandlung und sein Anspruch auf rechtliches Gehör verfahrensfehlerhaft beschnitten worden. Mit dieser Rüge vermag er nicht durchzudringen. Deren Darlegungsvoraussetzungen erfüllt er mit seinem Vortrag nicht.

§ 124 Abs 2 [X.]G sieht vor, dass ein Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, wenn die Beteiligten sich damit einverstanden erklärt haben. Ergeht ein Urteil schriftlich ohne Einverständnis der Beteiligten, so liegt hierin eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und in dem Verstoß gegen das Prinzip der Mündlichkeit der Verhandlung ein wesentlicher Verfahrensfehler (B[X.] Beschluss vom 11.11.2004 - [X.] SB 19/04 B - juris Rd[X.] 7 mwN). Einen solchen Verfahrensverstoß hat der Kläger jedoch nicht dargetan.

Der Kläger macht nicht geltend, das L[X.] habe ohne Zustimmung der Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Vielmehr trägt er selbst vor, dass beide Beteiligte schriftsätzlich gegenüber dem Entschädigungsgericht ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt hatten. Danach war die von ihm abgegebene Einverständniserklärung nach § 124 Abs 2 [X.]G für ihn bindend; er konnte sie als einseitige Prozesshandlung weder anfechten noch widerrufen, weil auch der Beklagte bereits zugestimmt hatte. Auch hat der Kläger nicht schlüssig dargetan, dass sich nach Abgabe der Einverständniserklärung die Rechtslage wesentlich geändert und die Erklärung deshalb ihre Wirksamkeit verloren hatte (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 151/21 B - juris Rd[X.]5 f; B[X.] Beschluss vom 17.7.2015 - [X.] SB 17/15 B - juris Rd[X.] 8; B[X.] Beschluss vom 11.11.2004 - [X.] SB 19/04 B - juris Rd[X.] 8). Die prozessuale Situation bei einer Entscheidung des Entschädigungsgerichts nach § 124 Abs 2 [X.]G ist insoweit nicht - wie es dem Kläger offenbar vorschwebt - vergleichbar mit der des [X.] von einer mündlichen Verhandlung bei einer Entscheidung im Beschlussverfahren nach Maßgabe des § 153 Abs 4 [X.]G, die nicht vom Einverständnis der Beteiligten abhängig ist.

Der Kläger meint zwar insoweit, das Entschädigungsgericht habe sein Ermessen nach § 124 Abs 2 [X.]G falsch ausgeübt und zudem unzureichend begründet. Indes legt er nicht dar, woraus sich die Pflicht des Entschädigungsgerichts ergeben haben sollte, seine nicht isoliert anfechtbare Entscheidung für ein Urteil ohne mündliche Verhandlung gesondert zu begründen, zumal hierüber - abweichend von § 128 Abs 2 ZPO - keine gesonderte Anordnung durch Beschluss ergehen musste (vgl BVerwG Beschluss vom 15.5.2014 - 9 [X.]/13 - juris Rd[X.]0). Ebenso wenig zeigt der Kläger auf, aus welchem Grund das Entschädigungsgericht sein Ermessen für ein Absehen von der mündlichen Verhandlung pflichtwidrig ausgeübt haben sollte, insbesondere durch Verletzung [X.] (vgl B[X.] Urteil vom 21.2.1989 - 1 RA 65/88 - juris Rd[X.]5 mwN). Die in dieser Hinsicht behauptete angebliche Gehörsverletzung (Art 103 Abs 1 [X.], § 62 [X.]G, Art 47 Abs 2 Satz 1 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art 6 Abs 1 [X.]) hat er darüber hinaus auch deshalb nicht hinreichend dargelegt, weil es ihm nach Erteilung seiner Zustimmung oblegen hätte, dem Entschädigungsgericht gegenüber den Wandel seiner Auffassung bezüglich der Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung anzuzeigen und die Umstände mitzuteilen, die eine solche Verhandlung aus seiner Sicht nunmehr doch erforderlich machen könnten. Denn wird - wie hier - eine Verletzung des Anspruchs eines Verfahrensbeteiligten auf rechtliches Gehör geltend gemacht, so muss auch dargetan werden, dass der Beteiligte seinerseits alles getan hat, um sich selbst rechtliches Gehör zu verschaffen (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 30.8.2022 - [X.] SB 17/22 B - juris Rd[X.] 9; B[X.] Beschluss vom 15.8.2018 - B 13 R 387/16 B - juris Rd[X.]2).

Entsprechendes gilt, soweit er rügt, das Entschädigungsgericht habe trotz des von ihm erklärten Einverständnisses zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht im schriftlichen Verfahren entscheiden dürfen, weil sich weder aus den Beschlüssen zu den [X.] noch aus dem gerichtlichen Schreiben vom 29.11.2021 ein Hinweis auf ein mögliches Absehen von einer Verurteilung des Beklagten zu einer Geldentschädigung ergeben habe. Denn damit hat der Kläger keine sein rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung bezeichnet. Dafür hätte es näherer Darlegungen bedurft, warum die von § 198 [X.] [X.] regelhaft vorgeschriebene Prüfung des Entschädigungsgerichts einer möglichen Wiedergutmachung in anderer Weise als durch Geldzahlung dem Rechtsstreit eine unerwartete Wendung gegeben hat, mit der selbst ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen [X.] nicht rechnen musste (vgl stRspr; zB [X.] Beschluss vom 5.4.2012 - 2 BvR 2126/11 - juris Rd[X.]8; [X.] Beschluss vom 29.5.1991 - 1 BvR 1383/90 - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom 21.10.2019 - [X.] V 11/19 B - juris Rd[X.]0; B[X.] Beschluss vom 7.8.2014 - B 13 R 441/13 B - juris Rd[X.]2). Zudem verpflichtet der Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör das Prozessgericht grundsätzlich nicht, die für die richterliche Überzeugungsbildung möglicherweise leitenden Gesichtspunkte vorher mit den Beteiligten zu erörtern (vgl B[X.] Beschluss vom 21.3.2016 - [X.] SB 81/15 B - juris Rd[X.] 6 mwN).

Aus der seitenmäßig umfänglichen Beschwerdebegründung erschließt sich im Übrigen, dass das Entschädigungsgericht bei der Prüfung einer Entschädigung wegen unangemessener Verfahrensdauer nach § 198 Abs 1 Satz 2 und [X.] und Abs 4 [X.] alle Umstände des Einzelfalls erwogen hat, wenn auch nicht im Sinne des [X.]. Das gilt insbesondere für den vom Entschädigungsgericht auch nach dem Vortrag des [X.] ausdrücklich erwogenen Umstand, dass die in der Berufungsinstanz anhängigen Parallelverfahren, deren Ausgang das [X.] als Ausgangsgericht abgewartet hatte, ihrerseits bereits eine überlange Dauer aufwiesen.

Zudem gewährleistet der Anspruch auf rechtliches Gehör nur, dass der Kläger "gehört", nicht jedoch "erhört" wird. Er verpflichtet das Prozessgericht nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden, sondern (lediglich) ihre Darlegungen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl B[X.] Beschluss vom 22.9.2022 - [X.] V 4/22 BH - juris Rd[X.]2; B[X.] Beschluss vom 27.5.2022 - B 12 R 41/21 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris Rd[X.] 7). Im [X.] rügt der Kläger auch hier die inhaltliche Unrichtigkeit der Entscheidung des Entschädigungsgerichts in Bezug auf die Bewertung der Umstände des Einzelfalls. Hierauf kann jedoch eine Verfahrensrüge nicht gestützt werden. Ebenso wenig können deren Beschränkungen in § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G durch die Berufung auf die Vorschriften zum rechtlichen Gehör oder fairen Verfahren umgangen werden (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 82/21 B - juris Rd[X.] 9; B[X.] Beschluss vom [X.] [X.]/21 B - juris Rd[X.]6).

b) Soweit der Kläger schließlich behauptet, das Entschädigungsgericht habe gegen § 136 Abs 1 [X.] 6 [X.]G verstoßen, weil es seine Entscheidung nicht mit Gründen versehen und dadurch gleichzeitig wiederum seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt habe, gilt nichts anderes. Nach der ständigen Rechtsprechung des B[X.] zu § 136 Abs 1 [X.] 6 [X.]G (zB B[X.] Beschluss vom 22.9.2022 - [X.] SB 8/22 B - juris Rd[X.]1; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 65/20 B - juris Rd[X.] 6; B[X.] Beschluss vom 21.8.2017 - [X.] EG 1/17 B - juris Rd[X.]0) müssen die Entscheidungsgründe im Regelfall zu allen entscheidungserheblichen Streitpunkten die Erwägungen, die zum Urteilsausspruch des Gerichts geführt haben, enthalten. Zum [X.], der durch eine Bezugnahme auf vorinstanzliche Entscheidungen, Akten und andere Unterlagen nicht ersetzt werden kann, gehört danach grundsätzlich die Angabe der angewandten Rechtsnormen und der für erfüllt oder nicht als gegeben erachteten Tatbestandsmerkmale sowie der ausschlaggebenden tatsächlichen und rechtlichen Gründe.

Der Kläger trägt aber nicht vor, dass das angefochtene Urteil des Entschädigungsgerichts diesen Mindestinhalt nicht enthält. Er kritisiert, der Entscheidung des Entschädigungsgerichts lasse sich nicht nachvollziehbar entnehmen, weshalb das fortwährende Ruhen des Verfahrens erst ab dem Wegfall des [X.] in den staatlichen Verantwortungsbereich falle. Indes hat das Entschädigungsgericht diese Abgrenzung auch nach dem Beschwerdevortrag damit begründet, bis zum Abschluss der beim L[X.] anhängigen Parallelverfahren sei die fortdauernde [X.] noch vom prozessualen Gestaltungsspielraum des Ausgangsgerichts gedeckt gewesen. Dieses habe ua durch einen Erörterungstermin und eine mündliche Verhandlung bereits beachtliche Anstrengungen unternommen gehabt, um das Verfahren zum Abschluss zu bringen. Zugleich könne gerade die fortgeschrittene Dauer eines [X.] Anlass zu der Annahme bieten, dass dieses bald abgeschlossen sein werde. Dass der Kläger diese Begründung des Entschädigungsgerichts für unzutreffend hält, ist für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren unerheblich.

Die vom Kläger insbesondere wegen der Bewertung seiner juristischen Fähigkeiten durch das Entschädigungsgericht erhobenen [X.] der falschen Beweiswürdigung und des Verstoßes gegen Denkgesetze schließt § 160 Abs 2 [X.] Halbsatz 2 [X.]G von vornherein aus (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] V 35/21 B - juris Rd[X.]2 mwN).

c) Ebenfalls nicht substantiiert dargelegt ist die als Verfahrensmangel gerügte Verletzung des effektiven Rechtsschutzes nach Art 19 Abs 4 [X.], weil das Entschädigungsgericht den Zugang des [X.] zum [X.] durch die Nichtzulassung der Revision ohne sachliche Gründe erschwert habe. Der Kläger legt schon nicht dar, weshalb der effektive Rechtsschutz nach Art 19 Abs 4 [X.] durch die gesetzliche Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde anzufechten (§ 160 Abs 1 [X.]G), nicht gewahrt sein sollte (vgl B[X.] Beschluss vom 20.5.2022 - [X.] [X.] 1/22 B - juris Rd[X.]8).

d) Soweit der Kläger schließlich behauptet, das Ausgangsgericht habe bei seinem Ruhensbeschluss der Vorsitzenden Richterin in der mündlichen Verhandlung gegen das Gebot des gesetzlichen Richters (Art 101 Abs 1 Satz 2 [X.]) verstoßen, weil [X.] nicht beteiligt gewesen seien, hat er bereits keinen rügefähigen Verfahrensfehler des Entschädigungsgerichts bezeichnet.

4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]G).

5. Die nicht formgerecht begründete Beschwerde ist ohne Hinzuziehung [X.] als unzulässig zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 [X.]G).

6. [X.] ergibt sich aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO.

7. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3, § 52 Abs 3 Satz 1, § 63 Abs 2 Satz 1 GKG. Da das Entschädigungsgericht nach vorprozessual bereits erfolgter Zahlung durch den Beklagten von 400 Euro dem weiterhin vom Kläger geltend gemachten Anspruch von 2499 Euro in Höhe von 200 Euro entsprochen hat, war bei der Streitwertfestsetzung noch von einem Betrag von 2299 Euro auszugehen.

Kaltenstein

Röhl   

Othmer

Meta

B 10 ÜG 3/22 B

30.03.2023

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, 28. Januar 2022, Az: L 37 SF 268/19 EK AS, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 30.03.2023, Az. B 10 ÜG 3/22 B (REWIS RS 2023, 2942)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 2942

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 BvR 2126/11

9 B 57/13

1 BvR 2965/10

1 BvR 232/11

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