Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.04.2011, Az. 1 BvR 2658/10

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2011, 7283

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

GRUNDRECHTE HANDELS- UND GESELLSCHAFTSRECHT BANK- UND KAPITALMARKTRECHT AKTIEN BÖRSE

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zu den Anforderungen an die substantiierte Begründung einer Urteilsverfassungsbeschwerde 12, 15 UmwG 1995> - Zum Eigentumsschutz von Aktionären bzgl aktien- und umwandlungsrechtlicher Strukturmaßnahmen


Gründe

1

Die [X.]beschwerde betrifft die Voraussetzungen einer baren Zuzahlung zur Verbesserung des [X.] bei der Verschmelzung von Aktiengesellschaften durch Aufnahme.

I.

2

Nach dem [X.] (im Folgenden: [X.]) können Rechtsträger von Unternehmen, so unter anderem Aktiengesellschaften, durch Aufnahme miteinander verschmolzen werden (§§ 2 ff., §§ 60 ff. [X.]). Zu diesem Zweck schließen die [X.] der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger einen [X.], der unter anderem Angaben über das Umtauschverhältnis der Anteile des übertragenden in Anteile des übernehmenden Rechtsträgers und gegebenenfalls die Höhe einer baren Zuzahlung enthalten muss. Sind Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers der Auffassung, das Umtauschverhältnis der Anteile sei zu niedrig bemessen, können sie nach § 15 [X.] von dem übernehmenden Rechtsträger einen Ausgleich durch bare Zuzahlung verlangen. Die angemessene Zuzahlung wird auf Antrag gerichtlich im Spruchverfahren bestimmt.

II.

3

Die Beschwerdeführer waren Aktionäre der [X.] (im Folgenden: übertragender Rechtsträger), einer ehemaligen Tochtergesellschaft der [X.] (im Folgenden: übernehmender Rechtsträger). Bei dem übertragenden Rechtsträger handelte es sich um den größten [X.] Service Provider in [X.] und einen der bedeutendsten Anbieter von [X.]leistungen in [X.]pa.

4

Der übertragende Rechtsträger, dessen Grundkapital zunächst zu 100 % vom übernehmenden Rechtsträger gehalten wurde, erhöhte wegen eines geplanten Börsengangs sein Kapital. Die im Zuge der Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Aktien wurden im [X.] platziert und an der Börse notiert. Der Emissionskurs dieser Aktien lag bei 27 [X.] pro Stück.

5

In den ersten Jahren nach dem Börsengang erlitt der übertragende Rechtsträger Verluste. Der unmittelbar nach der Emission kurzzeitig angestiegene Aktienkurs sank in der Folgezeit und lag im [X.] 2004 bei unter 9 [X.]. Erstmals im Geschäftsjahr 2004 erwirtschaftete der übertragende Rechtsträger konzernweit einen Überschuss von ca. 300 Millionen [X.] bei einem Umsatz von ca. 2 Milliarden [X.].

6

In einer Ad-hoc-Mitteilung vom 9. Oktober 2004 verlautbarte der übernehmende Rechtsträger seine Absicht, die Verschmelzung des übertragenden Rechtsträgers auf sich durchzuführen. In Vorbereitung der Verschmelzung erstellten der übertragende und der übernehmende Rechtsträger einen gemeinsamen Verschmelzungsbericht. Anschließend wurde der [X.] beurkundet, in dem aufgrund von Unternehmensbewertungen nach der Ertragswertmethode das Umtauschverhältnis der Aktien auf 25 (Aktien des übertragenden Rechtsträgers) zu 13 (Aktien des übernehmenden Rechtsträgers) festgelegt wurde.

7

Der gerichtlich bestellte [X.] bestätigte die Angemessenheit des [X.]. Die Hauptversammlungen stimmten dem [X.] zu. Die Verschmelzung wurde in das Handelsregister eingetragen und bekannt gemacht.

8

Die Beschwerdeführer wandten sich neben weiteren Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers in einem Spruchverfahren gegen die Angemessenheit der [X.]. Sie erhoben vor allem Einwände gegen die konkrete Bemessung des Ertragswerts.

9

Das [X.] erkannte auf eine bare Zuzahlung von 1,15 [X.] für jede Aktie der Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers im Nennwert von 1 [X.] (veröffentlicht in [X.], [X.] 1607 ff.). Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, eine bare Zuzahlung sei nach § 15 [X.] festzusetzen, weil die Umtauschrelation nicht nach den [X.], sondern nach dem Verhältnis der Börsenkurse in einem Referenzzeitraum von drei Monaten vor Bekanntgabe der Absicht einer Verschmelzung habe bestimmt werden müssen. Eine Marktbewertung sei gegenüber der fundamentalanalytischen ([X.] vorzugswürdig. Der entsprechend § 5 der Verordnung über den Inhalt der Angebotsunterlage, die Gegenleistung bei Übernahmeangeboten und Pflichtangeboten und die Befreiung von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots ([X.]) gewichtete dreimonatige Durchschnittskurs der Aktien des übertragenden Rechtsträgers habe bei 8,59 [X.] und der der Aktien des übernehmenden Rechtsträgers bei 14,31 [X.] gelegen. Hieraus ergebe sich ein Umtauschverhältnis von 1 zu 0,6 statt - wie von den Vertragspartnern festgesetzt - von 1 zu 0,52.

Die hiergegen unter anderem von den Beschwerdeführern erhobenen sofortigen Beschwerden wies das [X.] zurück (veröffentlicht in [X.], [X.] 1841 ff.). Dabei stützte es sich im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Die mit der Überprüfung des [X.] nach § 15 [X.] im Spruchverfahren befassten Gerichte seien nicht an das von den [X.] vertraglich vereinbarte Ertragswertverfahren als Methode zur Ermittlung der Unternehmenswerte gebunden. Eine marktorientierte Ermittlung der Unternehmenswerte anhand der Börsenkurse könne eine geeignete und vertretbare Schätzmethode zur Ermittlung des Werts von Unternehmen sein. Unter bestimmten Voraussetzungen sei eine Schätzung des Werts eines Unternehmens anhand des [X.] einer Ermittlung des Ertragswerts sogar überlegen. Dies sei insbesondere bei der Bewertung von Unternehmen solcher Rechtsträger der Fall, deren Aktien - wie hier die des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers - in bedeutende Aktienindizes aufgenommen gewesen und in einem hoch liquiden Markt gehandelt worden seien. Auf dieser Grundlage hielt das [X.] die vom [X.] anhand des [X.] ermittelte Höhe der baren Zuzahlung für richtig.

III.

Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer [X.]beschwerde gegen die Beschlüsse des [X.]s und des [X.]s. Sie [X.] eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG.

Sowohl das [X.] als auch das [X.] hätten sie in ihrem Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 GG) verletzt. Sie hätten ihnen keine angemessene Entschädigung für den Entzug ihrer Beteiligung am übertragenden Rechtsträger zuerkannt, weil sie zu deren Bestimmung allein auf den Börsenwert abgehoben hätten. Zwar sei es richtig gewesen, bei der Bemessung des Unternehmenswerts des übernehmenden Rechtsträgers auf den gegenüber dem Ertragswert niedrigeren Börsenwert abzustellen. Bei der Bewertung des Unternehmens des übertragenden Rechtsträgers habe aber, um eine volle Entschädigung der Beschwerdeführer zu gewährleisten, der aufgrund einer überlegenen betriebswirtschaftlichen Methode ermittelte höhere Ertragswert und nicht der von Zufälligkeiten beeinflusste niedrigere Börsenwert herangezogen werden müssen. Es gebe keinen Grundsatz, dass die Unternehmenswerte des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers mit derselben Methode ermittelt werden müssten. Überdies habe der übernehmende Rechtsträger [X.] der Aktien des übertragenden Rechtsträgers im Zeitraum vor der Bekanntgabe der in Aussicht genommenen Verschmelzung manipuliert, so dass der Börsenkurs schon deshalb nicht als Anknüpfungspunkt für die Wertermittlung getaugt habe.

[X.] und [X.] hätten zudem durch das Beiseitelassen der Ertragswertmethode Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, weil sie sich über die [X.] getroffene Vereinbarung des übertragenden und des übernehmenden Rechtsträgers im [X.] hinweggesetzt hätten, diese Bewertungsmethode der Bestimmung des [X.] zugrunde zu legen.

IV.

Die [X.]beschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 93a Abs. 2 [X.]). Ihr kommt keine grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a [X.]). Die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen des Eigentumsschutzes von Minderheitsaktionären hat das [X.] bereits entschieden. Insbesondere die sich aus Art. 14 Abs. 1 GG ergebenden verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Einwirkung auf das Aktieneigentum von Minderheitsaktionären und Fragen der Wertermittlung sind in der Rechtsprechung des [X.]s hinreichend geklärt. Die Annahme der [X.]beschwerde ist auch nicht zur Durchsetzung der als verletzt gerügten Grundrechte der Beschwerdeführer angezeigt (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]).

1. Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 2 Abs. 1 GG beanstanden, ist die [X.]beschwerde nicht hinreichend substantiiert begründet worden.

Eine substantiierte Begründung (§ 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 [X.]) erfordert, dass der Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Verletzung seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte hinreichend deutlich aufzeigt (vgl. [X.] 20, 323 <329 f.>; 28, 17 <19>; 89, 155 <171>; 98, 169 <196>). Richtet sich die [X.]beschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung und ihrer konkreten Begründung. Dabei ist auch darzulegen, inwieweit das bezeichnete Grundrecht durch die angegriffene Entscheidung verletzt sein soll und mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen sie kollidiert (vgl. [X.] 88, 40 <45>; 99, 84 <87>; 101, 331 <345>; 105, 252 <264>; 108, 370 <386 f.>). Pauschal in Bezug genommene Anlagen wertet das [X.] nicht aus (vgl. [X.] 80, 257 <263>; 83, 216 <228>).

Diesen Anforderungen wird die [X.]beschwerde nicht gerecht. Zwar wird Art. 2 Abs. 1 GG als verletzt bezeichnet und darauf verwiesen, dass das [X.] den Willen der [X.] ignoriert habe, der Wertermittlung die Ertragswertmethode zugrunde zu legen. Das genügte hier jedoch nicht. Es war vielmehr geboten, unter Berücksichtigung der vom [X.] geklärten Maßstäbe zu Art. 2 Abs. 1 GG aufzuzeigen, inwiefern die von den [X.] und anzuwendenden gesetzlichen Regeln zur Überprüfung des [X.] (§ 12 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, § 15 Abs. 1 Satz 2 [X.]) hier der [X.] getroffenen Vereinbarung nach Auffassung der Beschwerdeführer keine Grenzen zu setzen vermögen. Zu dieser sich aufdrängenden Frage verhält sich die Begründung der [X.]beschwerde nicht. Deshalb kann dahingestellt bleiben, ob die Beschwerdeführer, die nicht Vertragspartner des [X.]es sind, einen grundrechtsverletzenden Eingriff in die Vertragsfreiheit überhaupt geltend machen könnten.

2. Die Annahme der [X.]beschwerde ist auch hinsichtlich der von den Beschwerdeführern geltend gemachten Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG nicht angezeigt.

a) Soweit die Beschwerdeführer eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch das [X.] [X.], ist durch die nachfolgende, bestätigende Entscheidung des [X.]s prozessuale Überholung eingetreten (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 8. November 2006 - 2 BvR 620/03 -, [X.], [X.] 60 <61>; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 27. September 2006 - 2 BvR 1844/06 -, juris, Rn. 2) und eine Annahme der [X.]beschwerde schon deshalb nicht veranlasst.

b) Eine Verletzung des Art. 14 Abs. 1 GG durch das [X.] ist nicht ersichtlich. Die [X.]beschwerde gibt überdies keinen Anlass zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung des [X.]s zu aktien- und umwandlungsrechtlichen Strukturmaßnahmen.

aa) Die Rechtsprechung des [X.]s ergibt bereits, dass Art. 14 Abs. 1 GG auch das in der Aktie verkörperte [X.] schützt, das im Rahmen seiner gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung durch Privatnützigkeit und Verfügungsbefugnis gekennzeichnet ist und sowohl die mitgliedschaftliche Stellung des Aktionärs in der Gesellschaft als auch vermögensrechtliche Ansprüche vermittelt (vgl. [X.] 14, 263 <276>; 25, 371 <407>; 50, 290 <339>; 100, 289 <301 f.>; [X.]K 1, 265 <267>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 27. Januar 1999 - 1 BvR 1805/94 -, NJW 1999, [X.] 1699 <1700>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 23. August 2000 - 1 BvR 68/95, 147/97 -, NJW 2001, [X.] 279; Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, [X.] 3266 <3267>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, [X.], [X.] 170 <171 Rn. 8>). Verliert der Minderheitsaktionär diese mitgliedschaftliche Stellung oder wird er hierin durch eine Strukturmaßnahme in relevantem Maße eingeschränkt, muss er für den Verlust seiner Rechtsposition und die Beeinträchtigung seiner vermögensrechtlichen Stellung wirtschaftlich voll entschädigt werden (vgl. [X.] 100, 289 <304>; [X.]K 1, 265 <267>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 29. November 2006 - 1 BvR 704/03 -, NJW 2007, [X.] 828 Rn. 10; Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, [X.] 3266 <3267>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, [X.], [X.] 170 <171 Rn. 9>). Dabei hat die Entschädigung den "wahren" Wert des [X.]s widerzuspiegeln. Der Schutz der Minderheitsaktionäre gebietet es sicherzustellen, dass sie jedenfalls nicht weniger erhalten, als sie bei einer freien Deinvestitionsentscheidung zum Zeitpunkt der Maßnahme erhalten hätten. Deswegen muss im Fall des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages oder im Fall der Eingliederung ein existierender Börsenkurs der beherrschten oder eingegliederten Gesellschaft bei der Barabfindung und bei einer Abfindung durch Aktien Berücksichtigung finden (vgl. [X.] 100, 289 <307 ff.>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, [X.], [X.] 170 <172 Rn. 9>).

bb) Diese Maßgaben, die für die Fallgestaltungen eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages sowie einer Eingliederung entwickelt worden sind, lassen sich auf den hier gegebenen Fall einer Verschmelzung durch Aufnahme übertragen (offener noch [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, [X.] 3266 <3267>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 20. Dezember 2010 - 1 BvR 2323/07 -, [X.], [X.] 170 <172 Rn. 11>). Der Beschluss des [X.]s steht damit im Einklang.

Wie das [X.] zutreffend dargelegt hat, gibt das Grundgesetz keine bestimmte Methode zur Unternehmensbewertung vor (vgl. [X.] 100, 289 <307>; Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. Mai 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, [X.] 3266 <3268>). So kann auch die Ertragswertmethode verfassungsrechtlich unbedenklich sein, ohne dass ihre Anwendung von [X.] wegen geboten wäre (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 30. August 2007 - 1 BvR 1267/06, 1280/06 -, NJW 2007, [X.] 3266 <3268>). [X.]rechtlich ebenso zulässig ist es bei Einhaltung bestimmter Mindeststandards, die das [X.] im Einzelnen aufgezeigt hat, die Unternehmenswerte der an der Verschmelzung beteiligten Rechtsträger anhand von Börsenwerten zu schätzen. Entsprechend hat sich das [X.] für eine im Grundsatz unbedenkliche Wertermittlungsmethode entschieden. Soweit die [X.]beschwerde nachträglich anhand des Gutachtens einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu belegen versucht, der Börsenkurs eigne sich weder generell noch im konkreten Fall zur Ermittlung des Unternehmenswerts des übertragenden Rechtsträgers, setzt sie letztlich nur ihre Auffassung von der richtigen Bewertungsmethode an die Stelle derjenigen des [X.]s. [X.]rechtlich erhebliche Fehler bei der Auswahl der Methode zeigt die [X.]beschwerde damit nicht auf.

Das [X.] hat weiter zutreffend angenommen, es lasse sich weder dem Grundgesetz noch der Rechtsprechung des [X.]s entnehmen, die Fachgerichte hätten zur Bestimmung des Unternehmenswerts stets sämtliche denkbaren Methoden heranzuziehen und bei der Bestimmung des [X.] im Zuge einer Verschmelzung durch Aufnahme die den Anteilsinhabern des übertragenden Rechtsträgers günstigste zugrunde zu legen. Entsprechend begegnet es von [X.] wegen keinen Bedenken, wenn sich ein Fachgericht, wie hier das [X.], im Spruchverfahren mit sorgfältiger und ausführlicher, den Streit zur "richtigen" Bewertungsmethode reflektierender Begründung für eine Bewertung beider Rechtsträger anhand des [X.] entscheidet, ohne sich dabei den Blick dafür zu verstellen, dass die Frage nach der vorzuziehenden Methode grundsätzlich von den jeweiligen Umständen des Falles abhängt. Ein solches Vorgehen ist im Lichte des Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, zumal es den zu anderen Strukturmaßnahmen entwickelten Grundsatz, der Börsenwert - hier: des übertragenden Rechtsträgers - bilde regelmäßig die Untergrenze einer zu gewährenden Abfindung (vgl. [X.] 100, 289 <305, 308, 310>), nicht in Frage stellt.

Schließlich begegnet die Anwendung der vom [X.] gewählten Methode auf den konkreten Fall keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Das [X.] hat richtig gesehen, dass die Aussagekraft und die Tauglichkeit einer marktorientierten Bewertungsmethode auf Grundlage des Börsenkurses im konkreten Fall der fachrichterlichen Prüfung und Würdigung unterliegt, namentlich im Blick auf eine etwaige Marktenge im Handel einer bestimmten Aktie, auf etwaige Anzeichen einer gezielten Pflege des Kurses der Aktie in Ansehung der bevorstehenden Strukturmaßnahme oder auf eine unzureichende Information des Marktes wegen eines Verstoßes gegen Mitteilungspflichten. Umstände, die die Tauglichkeit des [X.] als Schätzgrundlage in Frage stellten, hat es unter anderem unter Verweis auf die Notierung der Aktien beider Rechtsträger in bedeutenden Aktienindizes mit einer verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Argumentation verneint. Soweit die Beschwerdeführer mit ihrer [X.]beschwerde eine Manipulation des [X.] durch den übernehmenden Rechtsträger behaupten, fehlt es an der gebotenen Auseinandersetzung mit der Wertung des [X.]s, das den Börsenkurs in dem als Referenzperiode gewählten Zeitraum als für die Wertbestimmung tragfähig erachtet hat, auf diese Frage also ausdrücklich näher eingegangen ist.

3. Aus den vorgenannten Gründen kommt es nicht mehr auf die Frage der [X.]beschwerdebefugnis der Beschwerdeführerin zu 11) an, bei der es sich um eine ausländische Gesellschaft mit Sitz in den [X.] handelt (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG; [X.] 21, 207 <208 f.>; 23, 229 <236>; 100, 313 <364>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 27. Dezember 2007 - 1 BvR 853/06 -, NVwZ 2008, [X.] 670 f.; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 27. April 2010 - 2 BvR 1848/07 -, [X.], [X.] 1031 Rn. 11; Beschluss der [X.] des [X.] vom 18. August 2010 - 1 BvR 3268/07 -, [X.] 2010, [X.] 216 <219 Rn. 33>).

V.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2658/10

26.04.2011

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Frankfurt, 3. September 2010, Az: 5 W 57/09, Beschluss

Art 14 Abs 1 S 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, §§ 2ff UmwG 1995, §§ 60ff UmwG 1995, § 12 Abs 2 S 2 Nr 2 UmwG 1995, § 15 Abs 1 S 1 UmwG 1995, § 15 Abs 1 S 2 UmwG 1995, § 2 UmwG 1995, § 60 UmwG 1995, § 5 WpÜGAngebV

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 26.04.2011, Az. 1 BvR 2658/10 (REWIS RS 2011, 7283)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7283

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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