VG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2022, Az. 1 K 6043/20

1. Kammer | REWIS RS 2022, 3489

DATENSCHUTZ DSGVO ÖFFENTLICHKEIT

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Gegenstand

Veröffentlichung von Gerichtsentscheidungen datenschutzrechtlich zulässig, auch wenn Beteiligte möglw. identifizierbar; berechtigtes Interesse.


Leitsatz

1. Die Veröffentlichung einer Gerichtsentscheidung kann, auch wenn eine Prozesspartei ohne großen Aufwand mithilfe anderer Informationen identifiziert werden kann und die Entscheidung damit nicht im datenschutzrechtlichen Sinne anonymisiert ist, bei einem überwiegenden Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt sein (im Anschluss an VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 23.07.2010 - 1 S 501/10 -, juris).
2. Rechtsgrundlage ist die kraft nationalen Verfassungsrechts allen Gerichten obliegende Verpflichtung zur Veröffentlichung von veröffentlichungswürdigen Gerichtsentscheidungen. Diese stellt eine den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 DSGVO genügende rechtliche Verpflichtung im Sinne des Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 DSGVO dar, die das Recht auf Löschung nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO ausschließen kann.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die [X.] eines Urteils des [X.]s Baden-Württemberg.

Der Kläger war seit dem 01.12.2014 bei seinem Arbeitgeber beschäftigt. Nachdem zwei ordentliche Kündigungen des [X.] rechtskräftig für unwirksam erklärt worden waren, erklärte der Arbeitgeber am 24.02.2017 eine betriebsbedingte Kündigung zum 31.05.2017, am 03.05.2017 eine außerordentliche Kündigung, die hilfsweise fristgerecht zum 31.08.2017 ausgesprochen war, sowie unter dem 27.04.2017 die Anfechtung des Arbeitsvertragsangebotes vom 27.11.2014.

Mit Urteil vom 19.10.2017 stellte das [X.] fest, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die Anfechtung vom 27.04.2017 noch durch die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 03.05.2017 beendet worden sei. Im Übrigen wies es die Klage mit der Begründung ab, dass die betriebsbedingte Kündigung vom 24.02.2017 zum 31.05.2017 wirksam sei. Beide Parteien – der Kläger und sein Arbeitgeber – legten gegen das Urteil Berufung ein, der Arbeitgeber jedoch nur hinsichtlich der Anfechtung vom 27.04.2017. Mit Urteil vom [X.] ([X.].: 3 Sa 65/17) wies das [X.] (im Folgenden: [X.]) unter teilweiser Abänderung des Urteils des [X.] vom 19.10.2017 die Klage insgesamt ab. Es nahm an, die Anfechtung habe das Arbeitsverhältnis rückwirkend mit Ablauf des 03.05.2015 aufgelöst. Die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei berechtigt, weil der Kläger wissentlich sachlich unzutreffende Angaben über seinen beruflichen Werdegang gemacht und dies seinen Arbeitgeber zur Einstellung veranlasst habe. Auf die Revision des [X.] hob das [X.] mit Urteil vom 18.02.2021 ([X.].: 6 [X.]) das Urteil des [X.]s auf. Es stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung vom 24.02.2017 noch durch die Anfechtung vom 27.04.2017 oder die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 03.05.2017 beendet worden sei. Infolge der rechtskräftigen Feststellung durch das [X.] hinsichtlich der Kündigung vom 03.05.2017 stehe fest, dass das Arbeitsverhältnis sowohl im [X.]punkt des Zugangs der Kündigung als auch bis zum vorgesehenen Beendigungstermin der hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung am 31.08.2017 bestanden habe. Auch eine Anfechtung des Arbeitsvertragsangebotes vom 27.11.2014 sei daher nicht mehr möglich. Einen Antrag des [X.] festzustellen, dass das Urteil des [X.]s und seine Gründe „im Rechtsverkehr gegen den Kläger in keiner Weise benutzt werden dürfen“, lehnte das [X.] als unzulässig ab.

Das Urteil des [X.]s vom [X.] wurde in die [X.] der Arbeitsgerichte des [X.] eingestellt, die über die Homepage des [X.]s zugänglich ist. Aufgrund bestehender Rahmenverträge wurde das Urteil auch in den Datenbanken von juris, [X.] veröffentlicht. Es war zuvor in der Weise anonymisiert worden, dass im Rubrum die Angaben über die Parteien und ihre Vertreter vollständig gelöscht wurden. Im Sachverhalt und in den Entscheidungsgründen wurden die Namen aller Personen bis auf den Anfangsbuchstaben entfernt. In gleicher Weise wurde bei den Ortsbezeichnungen verfahren, während Datumsangaben mit Ausnahme des Geburtsjahres unverändert blieben.

Am 29.06.2020 beantragte der Kläger die Löschung der [X.] des Urteils und führte zur Begründung aus, dass es sich mit Hilfe seines Lebenslaufs beziehungsweise bereits mit Teilen davon leicht auf ihn zurückverfolgen lasse, ohne dass ein überwiegendes öffentliches Interesse an der [X.] bestehe. Aufgrund der Angaben in dem Urteil über seinen Grad der Behinderung, den ersten Buchstaben seines Geburtsortes, die ersten Buchstaben der [X.] seines Studiums und das Jahr des Beginns des Studiums sowie der Bezeichnung der in erster Instanz betriebenen Klageverfahren mit Aktenzeichen genüge bereits eine einfache Google-Recherche unter Eingabe einer Berufsbezeichnung und Beendigungsgrund oder Art des Arbeitsverhältnisses, um ihn zu identifizieren. Außerdem sei das Urteil inhaltlich falsch, insbesondere weil es davon ausgehe, dass der entscheidende Personalfragebogen während der Bewerbung und vor der Einstellungsentscheidung vom Arbeitgeber angefordert, jedoch erst eine Woche nach Abschluss des Arbeitsvertrages übergeben worden sei. An der [X.] eines falschen Urteils beziehungsweise eines Urteils, das auf falschen Tatsachen beruhe, bestehe kein öffentliches Interesse.

Mit Schreiben vom 06.07.2020 teilte der Präsident des [X.]s dem Kläger mit, dass eine Anonymisierung des Urteils des [X.]s vom [X.] vorgenommen worden sei, jedoch nicht auszuschließen sei, dass trotzdem Rückschlüsse auf einen Verfahrensbeteiligten gezogen werden können. Er werde die vorläufige Entfernung des Urteils aus der Rechtsprechungsdatenbank des [X.]s und der verschiedenen Kooperationspartner veranlassen und eine eingehende Prüfung des Sachverhalts vornehmen lassen. Auf Hinweis des [X.] über die [X.] unter [X.] bat der Präsident des [X.]s unter dem 15.10.2020 auch den Betreiber dieser Datenbank, das Urteil umgehend daraus zu entfernen.

Mit Schreiben vom 12.11.2020 teilte das [X.] dem Kläger mit, dass eine neue anonymisierte Fassung des Urteils des [X.]s vom [X.] erstellt worden sei, die das Ergebnis einer Abwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse der Verfahrensbeteiligten und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit sei. Diese Fassung sei an juris weitergeleitet worden und werde auch auf der Homepage des [X.]s erscheinen.

In der zuletzt bei juris veröffentlichten Fassung des Urteils des [X.]s vom [X.] ist im Tenor und unter Randnummer 3 das „[X.] - Kammern [X.] -“ als erstinstanzliches Gericht bezeichnet. Im Tatbestand finden sich unter den Randnummern 2, 3, 5, 6, 8, 19, 40 und 46, teilweise als unstreitiger Sachverhalt, teilweise als Beteiligtenvortrag festgehalten, folgende Informationen: Der Kläger sei ledig (Rn. 2), weise einen Grad der Behinderung von [X.] auf (Rn. 3) und habe im Gespräch mit dem Personalleiter des beklagten Arbeitgebers das Abschlussjahr seines Studiums zunächst auf das [X.] datiert, in einem späteren Schreiben aber mit 2001 angegeben (Rn. 5). Seine Einstellung bei dem beklagten Arbeitgeber sei nach Bewerbung am „00.00.2014“ und Telefon- und Skype-Interviews im Oktober und November 2014 zum 01.12.2014 als [X.] erfolgt; für die Einstellung seien die Erfahrung im Ausland sowie die damit verbundenen Kenntnisse aus den Jahren 1998 bis 2006 ausschlaggebend gewesen (Rn. 2). Der beklagte Arbeitgeber sei bei einer Internet-Recherche auf ein Degree Verify Certificate gestoßen, das den Studienbeginn auf das [X.] datiere, außerdem auf einen [X.]ungsartikel des [X.] vom „00.00.2003“ (Rn. 5); er habe einen „Criminal Background Summery“ in [X.] angefordert (Rn. 6). Der Kläger habe hierzu vorgetragen, dass er zwar von 1996 bis 2001 ein Vollzeitstudium absolviert habe, aber in dieser [X.] dennoch in Vollzeit berufstätig gewesen sei; er habe von 1996 bis 1999 in den Abendstunden studiert und zwischen 1999 und 2001 nicht mehr studiert, weil nur noch eine Prüfung gefehlt habe, die er im Oktober 2001 absolviert habe (Rn. 8); der [X.]ungsartikel aus dem [X.] sei „unzuverlässig“, der von einem [X.] Dienstleister mit Sitz in [X.] angefertigte [X.] unterliege einem Beweisverwertungsverbot (Rn. 40). Der Arbeitgeber habe vorgetragen, dass nach dem Criminal Background Summery feststehe, dass der Kläger eine massive Straftat im [X.]-Bereich begangen habe und deswegen von Januar 2004 bis Dezember 2006 im [X.] inhaftiert gewesen sei (Rn. 19); er bestreite nicht nur einzelne Angaben im Lebenslauf, sondern den Werdegang des [X.] insgesamt (Rn. 46). In den Entscheidungsgründen der anonymisierten Urteilsfassung wird die Begründung des [X.]s für seine Annahme, der Kläger habe im Personalfragebogen und im Lebenslauf wissentlich sachlich unzutreffende Angaben gemacht, unter Randnummer 60 wie folgt wiedergegeben: Im Personalfragebogen habe der Kläger angegeben, von 1992 bis 1997 studiert zu haben. Für den [X.]raum von 1997 bis 2001 seien keine Angaben erfolgt, während sodann Berufstätigkeiten von 2001 bis 2008 ohne nähere zeitliche Eingrenzung angeführt worden seien, zuletzt bei [X.] als [X.] Manager, zuvor bei [X.] als [X.] Projektmanager und bei [X.] als [X.] Im Lebenslauf sei dagegen ausgeführt, dass der Kläger von Juni 2001 bis August 2006 bei [X.] und zuvor von Juli 2000 bis Mai 2001 bei [X.] als [X.] Projektleiter sowie zuvor von Juni 1999 bis Juni 2000 bei [X.] als [X.]/[X.] angestellt gewesen sei.

Am 07.12.2020 hat der Kläger Klage vor dem [X.] erhoben. Er macht geltend, dass sich das Urteil des [X.]s auch in der zuletzt veröffentlichten Fassung noch immer leicht auf ihn zurückverfolgen lasse. Eine Person mit Internetzugang und rudimentären Kenntnissen über den Kläger könne ihn in weniger als 30 Minuten zuordnen. Sei die Person Mitarbeiter einer Firma, bei der der Kläger gearbeitet habe, sei die Zuordnung noch schneller und „zu 100 % versichert“. Im Rahmen von Bewerbungsverfahren würden Recherchen über Bewerber regelmäßig durchgeführt. Mit den aus der veröffentlichten Fassung ersichtlichen Aktenzeichen könne man an seine vollständigen Daten gelangen. Auch weil in dem Urteil sensible Daten wie seine Behinderung genannt würden, scheide ein überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit aus. Am gefährlichsten sei es, wenn ein Arbeitgeber das falsche Urteil finde und sich irrig berechtigt sehe, das Arbeitsverhältnis anfechten zu dürfen. Weil das Urteil inhaltlich falsch sei, habe die Öffentlichkeit kein Interesse daran, sie sei vielmehr davor zu schützen. Schließlich werfe das Urteil dem Kläger eine Täuschung seines Arbeitgebers vor und gefährde so sein berufliches und soziales Fortkommen. Der beklagte Arbeitgeber habe mithilfe des Urteils erreicht, dass die Staatsanwaltschaft Anklage gegen ihn erhoben habe. In der rechtswissenschaftlichen Literatur sei es zur Grundlage genommen worden, um ihn persönlich anzugreifen. Das Urteil sei „brandgefährlich“, obwohl es nach der Revisionsentscheidung des [X.]s nach § 562 Abs. 1 ZPO im rechtlichen Sinne nicht (mehr) existiere.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verpflichten, das Urteil des [X.]s Baden-Württemberg vom [X.] - 3 Sa 65/17 - in der derzeitigen Fassung aus der [X.] der Arbeitsgerichte des [X.] zu löschen, die Löschung des Urteils in der derzeitigen Fassung aus den Datenbanken, an die es übermittelt wurde, zu veranlassen sowie die künftige [X.] dieses Urteils zu unterlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er macht ergänzend geltend, dass für die Frage der [X.] unerheblich sei, ob das Urteil rechtskräftig werde oder ob von einem übergeordneten Gericht Rechtsfehler festgestellt würden. Es entspreche der regelmäßigen Praxis des Beklagten, diejenigen Entscheidungen, bei denen ein Rechtsmittel zum [X.] eingelegt worden sei, zu veröffentlichen. Selbst eine Entscheidung, die von einem übergeordneten Gericht aufgehoben worden sei, verliere dadurch nicht ihre [X.]swürdigkeit, sondern könne beispielsweise zur Fachdiskussion beitragen. Die veröffentlichte Fassung des Urteils des [X.]s vom [X.] sei hinreichend anonymisiert, weshalb kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung vorliege. Nicht anonymisiert worden sei die Landesbezeichnung „[X.]“, weil es in der Sache auch um [X.] Recht gehe. Soweit noch die Ortsangabe „kalifornisch“ enthalten sei, ergebe sich aus dem Urteil, dass diese Angabe sich nicht auf einen Wohn- oder Aufenthaltsort des [X.] beziehe, sondern auf den Sitz des privaten Dienstleisters, der die Recherche „[X.]“ durchgeführt habe. Der Standort der zuständigen Kammer des erstinstanzlichen Gerichts „[X.]“ lasse auch in Zusammenschau mit weiteren Angaben einen örtlichen Bezug auf den Kläger nicht zu. Eine einfache Google-Recherche unter Eingabe der Berufsbezeichnung und einer Ortsbezeichnung, durch die die Entscheidung dem Kläger zugeordnet werden könnte, sei nicht möglich. Die vorgenommene Anonymisierung genüge somit auch den Grundsätzen der Datenschutz-Grundverordnung. Mangels Eingriffs in eine geschützte Rechtsposition falle die Abwägung zwischen dem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Schutzinteresse des [X.] zugunsten des erstgenannten Interesses aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und den der Kammer vorliegenden Verwaltungsvorgang des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist zwar als Verpflichtungsklage statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Versagungsgegenklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Zwar sind die erstrebte Löschung des [X.]eils, das Treffen angemessener Maßnahmen, um andere zu informieren, dass der Kläger die Löschung der Daten verlangt hat, sowie die Unterlassung weiterer [X.]en selbst als schlichtes Verwaltungshandeln zu qualifizieren. Diesem Verwaltungshandeln geht jedoch eine Entscheidung des Beklagten voraus, die mit der Prüfung des geltend gemachten Anspruchs den rechtlichen Schwerpunkt bildet und die Merkmale eines Verwaltungsakts nach § 35 Satz 1 [X.] erfüllt, weil sie nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu setzen (vgl. [X.], [X.]. v. 02.03.2022 - 6 C 7.20 -, juris Rn. 19 m.w.[X.] Schwerpunkt des begehrten hoheitlichen Handelns sind nicht die vorgenannten tatsächlichen Maßnahmen. Der Schwerpunkt liegt vielmehr in der dem Prüfprogramm des Art. 17 der Verordnung ([X.]) 2016/679 ([X.] ) vom 27.04.2016 ([X.] L 119, 04.05.2016, [X.]) entsprechenden Entscheidung über den Antrag des [X.], in deren Rahmen der Beklagte insbesondere eine Aussage über die Verpflichtung zur Löschung der in Rede stehenden Daten trifft. Das durch das Löschungsbegehren entstandene streitbefangene Rechtsverhältnis wird einer – dem Interesse der Rechtssicherheit dienenden – Klärung zugeführt, der Löschungsanspruch verbindlich festgestellt. Die mit der Entscheidung verbundene Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Löschungsanspruchs betrifft den jeweiligen Anspruchsteller als außerhalb der Verwaltung stehende natürliche Person in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und entfaltet damit auch unmittelbare Außenwirkung (vgl. [X.], [X.]. v. 02.03.2022, a.a.[X.] Rn. 20).

Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Der Zulässigkeit steht insbesondere nicht entgegen, dass nach der Entscheidung des Beklagten vom 12.11.2020 über die [X.] des [X.]eils des [X.] in einer neu anonymisierten Fassung kein Vorverfahren nach § 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO durchgeführt wurde. Denn nach der Rechtsprechung des [X.], der die Kammer folgt, kommt es aus Gründen der [X.] nicht auf die fehlende Durchführung eines Widerspruchsverfahrens an, wenn sich der Beklagte – wie hier –, vorbehaltlos zur Sache eingelassen hat (vgl. [X.], [X.]. v. 18.04.1988 - 6 C 41.85 -, juris Rn. 27, und [X.]. v. 30.10.2013 - 2 C 23.12 -, juris Rn. 38).

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten, das [X.]eil des [X.] vom [X.] ([X.].: 3 Sa 65/17) in der derzeitigen Fassung aus der [X.] der Arbeitsgerichte des [X.] zu löschen, die Löschung des [X.]eils in der derzeitigen Fassung aus den Datenbanken, an die es übermittelt wurde, zu veranlassen sowie die künftige [X.] dieses [X.]eils zu unterlassen. Die Verarbeitung des [X.]eils durch den Beklagten in Form der zuletzt erfolgten [X.] ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Als Anspruchsgrundlage für das Löschungsbegehren des [X.] kommt Art. 17 Abs. 1 Buchst. a und d [X.] in Betracht. Danach hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen zu verlangen, dass sie betreffende personenbezogene Daten unverzüglich gelöscht werden, und der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern die personenbezogenen Daten für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig sind (Buchst. a) oder die personenbezogenen Daten unrechtmäßig verarbeitet wurden (Buchst. d). Vorliegend kann dahinstehen, ob der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet ist oder ob es infolge einer vollständigen Anonymisierung des [X.]eils des [X.] an einem Personenbezug der veröffentlichten Daten fehlt. Denn ein Löschungsanspruch des [X.] ist jedenfalls nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 [X.] ausgeschlossen, weil die Verarbeitung zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, die die Verarbeitung nach dem Recht des Mitgliedstaats, dem der Verantwortliche unterliegt, erfordert, erforderlich ist.

Allerdings sind die nach Art. 99 [X.] seit dem 25.05.2018 geltenden Vorschriften der [X.] auf die [X.] einer Gerichtsentscheidung durch den Beklagten prinzipiell anwendbar. Dabei kann offenbleiben, ob der sachliche Anwendungsbereich der [X.] unmittelbar eröffnet ist oder ob insoweit die Bereichsausnahme des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a [X.] greift (Tätigkeit, die nicht in den Anwendungsbereich des [X.]srechts fällt; vgl. dazu [X.], [X.]. v. 02.03.2022, a.a.[X.] Rn. 26 f.). Denn jedenfalls ordnen § 1 Abs. 8 BDSG und § 2 Abs. 4 LDSG für Verarbeitungen personenbezogener Daten im Rahmen einer Tätigkeit, die nicht in den sachlichen Anwendungsbereich der [X.] fällt, die entsprechende Anwendung der [X.] an, sofern – was vorliegend der Fall ist – die Verarbeitung nicht in besonderen Rechtsvorschriften geregelt ist. Auch einer Klärung des Verhältnisses von Bundes- und Landesrecht bedarf es daher aus Anlass des vorliegenden Rechtsstreits nicht.

Der persönliche Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 [X.] ist ebenfalls eröffnet. Der Kläger ist betroffene Person im Sinne der Vorschrift und der Beklagte Verantwortlicher für die in Rede stehende Datenverarbeitung. Verantwortlich in diesem Sinne ist nach Art. 4 Nr. 7 [X.] die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Für die allen Gerichten, somit auch den Instanzgerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit, [X.] Bundesverfassungsrechts obliegende Aufgabe, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, ist die Verwaltung des betroffenen Gerichts zuständig (vgl. [X.], [X.]. v. 26.02.1997 - 6 C 3.96 -, juris Rn. 22, 28 ff.). Der Beklagte entscheidet somit über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit der [X.] der Gerichtsentscheidung und ist daher Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 [X.].

Fraglich ist indes, ob auch der sachliche Anwendungsbereich des Art. 17 Abs. 1 [X.] eröffnet ist. Voraussetzung hierfür ist das Vorliegen personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 [X.], das heißt von Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen. Daran könnte es vorliegend mit Blick auf die durch den Beklagten (erneut) vorgenommene Anonymisierung des [X.]eils des [X.] fehlen.

Nach Art. 4 Nr. 1 Halbsatz 2 [X.] wird als identifizierbar angesehen eine natürliche Person, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung
oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder [X.] Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann. In Erwägungsgrund 26 [X.] heißt es ergänzend, dass, um festzustellen, ob eine natürliche Person identifizierbar ist, alle Mittel berücksichtigt werden sollten, die von dem Verantwortlichen oder einer anderen Person nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person direkt oder indirekt zu identifizieren, wie beispielsweise das Aussondern (Satz 3). Bei der Feststellung, ob Mittel nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich zur Identifizierung der natürlichen Person genutzt werden, sollten alle objektiven Faktoren, wie die Kosten der Identifizierung und der dafür erforderliche Zeitaufwand, herangezogen werden, wobei die zum Zeitpunkt der Verarbeitung verfügbare Technologie und technologische Entwicklungen zu berücksichtigen sind (Satz 4). Die Grundsätze des Datenschutzes sollten daher nicht für anonyme Informationen gelten, das heißt für Informationen, die sich nicht auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, oder personenbezogene Daten, die in einer Weise anonymisiert worden sind, dass die betroffene Person nicht oder nicht mehr identifiziert werden kann (Satz 5). Dem entspricht die bisherige Rechtsprechung zu den [X.] des [X.] in § 3 Abs. 6 BDSG a.F. beziehungsweise § 3 Abs. 6 LDSG a.F., wonach eine Person (noch) bestimmbar ist, wenn sie mit vertretbarem Aufwand gegebenenfalls unter Heranziehung von Zusatzwissen aus allgemein zugänglichen Quellen ermittelt werden kann (vgl. [X.], [X.]. v. 23.07.2010 - 1 S 501/10 -, juris Rn. 23 m.w.N.; s. auch [X.], [X.]. v. 19.10.2016 – [X.]/14 -, juris Rn. 38 ff.).

Den datenschutzrechtlichen [X.] wird bei zur [X.] vorgesehenen Gerichtsentscheidungen im Regelfall dadurch genügt, dass – wie hier bei der ersten [X.] des [X.]eils geschehen – im Rubrum die Angaben über die Parteien und ihre Vertreter vollständig gelöscht und im Sachverhalt sowie in den Entscheidungsgründen die Namen aller Personen und Orte bis auf den Anfangsbuchstaben entfernt werden (vgl. [X.], [X.]. v. 23.07.2010, a.a.[X.] Rn. 24). In Einzelfällen – so auch hier – führen diese im Regelfall ausreichenden Maßnahmen indes nicht zu einer hinreichenden Anonymisierung. Der Beklagte hat daher die vorläufige Entfernung der zuerst veröffentlichten Fassung des [X.]eils des [X.] aus der Rechtsprechungsdatenbank des [X.] und der verschiedenen Kooperationspartner veranlasst und nach Erstellung der streitgegenständlichen, neu anonymisierten [X.]eilsfassung diese zur [X.] freigegeben.

Für eine hinreichende Anonymisierung der darin enthaltenen personenbezogenen Daten spricht, dass nicht ersichtlich ist, dass der Kläger allein anhand der Angaben im Sachverhalt und in den Entscheidungsgründen der veröffentlichten Fassung des [X.]eils identifiziert werden kann. Eine Zuordnung zu einer Kennung, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder [X.] Identität des [X.] ist mit diesen Angaben nicht möglich. Auch die namentliche Bezeichnung des erstinstanzlichen Gerichts, einschließlich der zuständigen Kammer, lässt in einer Zusammenschau mit weiteren Angaben nicht zu, einen örtlichen Bezug zum Kläger herzustellen. Allerdings kommt ernsthaft in Betracht, dass der Kläger mithilfe anderer Informationen – etwa unter Heranziehung eines Lebenslaufs – identifiziert werden kann. Dagegen lässt sich zwar einwenden, dass eine im Entscheidungszeitpunkt durchgeführte einfache Recherche der Begriffe „Arbeitsgericht Projektmanager USA“ mit der Internet-Suchmaschine [X.] zu 8.210 Ergebnissen geführt hat und jedenfalls auf den ersten zehn Seiten kein Ergebnis mit einem Bezug zum Kläger angezeigt worden ist; auch mithilfe eines Lebenslaufs wäre danach ein Rückschluss auf seine Person nicht im Sinne des Erwägungsgrundes 26 [X.] „nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich“. Andererseits hat eine Eingabe der vorgenannten Begriffe in das Recherchefeld von juris lediglich zu insgesamt zehn Treffern geführt, unter denen auch das streitgegenständliche [X.]eil des [X.] zu finden war. Handelte es sich bei der Möglichkeit, die Angaben im Sachverhalt und in den Entscheidungsgründen der veröffentlichten Fassung des [X.]eils über eine [X.] mit dem Lebenslauf des [X.] zu verknüpfen, um ein Mittel, das von einem potentiellen Arbeitgeber im Falle einer Bewerbung vernünftigerweise zur Bestimmung des [X.] eingesetzt wird, wäre mithin der Personenbezug der in dem [X.]eil des [X.] veröffentlichten Daten nicht durch Anonymisierung vollständig beseitigt worden.

Ob dies – wie der Kläger unter Verweis auf die allgemeine Üblichkeit von Online-Recherchen zu Bewerbern geltend macht – tatsächlich der Fall ist, bedarf anlässlich des vorliegenden Rechtsstreits keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch bei einer unterstellten Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs von Art. 17 Abs. 1 [X.] ist ein Löschungsanspruch des [X.] jedenfalls nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 [X.] ausgeschlossen.

Das in Art. 17 Abs. 1 DS-GVO zum Ausdruck kommende „Recht auf Vergessenwerden“ ist durch Ausnahmen beschränkt, die dem Spannungsverhältnis zwischen dem Recht der betroffenen Person auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 7 und 8 [X.] einerseits und dem Recht auf Informationsfreiheit Dritter aus Art. 11 [X.], das insbesondere den Journalismus umfasst, sowie öffentlichen Interessen andererseits Rechnung tragen (vgl. Erwägungsgründe 4 Satz 2 und 65 Satz 5 [X.]; Standpunkt des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der [X.], 08.04.2016, 5419/1/19 REV 1, [X.]; Begründung des Rates: Standpunkt Nr. 6/16 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass der [X.], [X.] [X.], 03.05.2016, [X.]; [X.], [X.]. v. 24.09.2019 - [X.]/17 -, juris Rn. 57; [X.]., [X.]. v. 08.09.2020 - 16 A 672/17 -, juris Rn. 87). Art. 52 Abs. 1 [X.] lässt insoweit Einschränkungen der Ausübung von den in Art. 7 und 8 [X.] verankerten Rechten zu, sofern diese Einschränkungen gesetzlich vorgesehen sind, den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten, unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich sind und den von der [X.] anerkannten, dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen (vgl. [X.], [X.]. v. 24.09.2019 - [X.]/17 -, juris Rn. 57). Insbesondere soll sichergestellt werden, dass die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch [X.] nicht verhindert oder behindert wird (vgl. [X.]., [X.]. v. 22.05.2019 - 15 A 873/18 Rn. 101, 103). Auf Grund der Verpflichtung zur Verarbeitung der Daten scheidet der Löschungsanspruch aus Art. 17 Abs. 1 [X.] aus und die weitere Verarbeitung der Daten ist rechtmäßig, selbst wenn die Verarbeitung anfangs unrechtmäßig war (vgl. [X.]/[X.] in: [X.]/[X.], Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl. 2019, DS-GVO Art. 17 Rn. 22; [X.] in: [X.], [X.], 2. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 57; [X.] in: [X.], 40. Edition Stand 01.11.2021, DS-GVO Art. 17 Rn. 78, 80; [X.]/[X.] in: Ehmann/[X.]: [X.],2. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 55; [X.] in: [X.]/[X.]: DS-GVO, 3. Aufl. 2020, Art. 17 Rn. 70). Art. 17 Abs. 3 [X.] ermöglicht auch eine nicht von Art. 5 Abs. 1 Buchst. b oder Art. 6 Abs. 4 [X.] erfasste Änderung des Verarbeitungszwecks.

Die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 [X.] sind vorliegend erfüllt. Die [X.] des [X.]eils des [X.] in der streitgegenständlichen Fassung ist zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung des Beklagten, der dieser [X.] nationalen Verfassungsrechts unterliegt und die die vorgenommene Verarbeitung personenbezogener Daten erfordert, erforderlich.

Die rechtliche Verpflichtung, der der Beklagte unterliegt und die die Verarbeitung personenbezogener Daten des [X.] in der vorgenommenen Art und Weise erfordert, folgt aus dem Gebot der [X.] [X.]er Gerichtsentscheidungen. Allen Gerichten obliegt [X.] Bundesverfassungsrechts die öffentliche Aufgabe, die Entscheidungen ihrer Spruchkörper der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie erfasst alle Entscheidungen, an deren [X.] die Öffentlichkeit ein Interesse hat oder haben kann.Zur Publikation [X.]er Gerichtsentscheidungen besteht eine Rechtspflicht der Gerichtsverwaltung (vgl. [X.], [X.]. v. 14.09.2015 - 1 BvR 857/15 -, juris Rn. 16; [X.], [X.]. v. 26.02.1997 - 6 C 3.96 -, juris Rn. 22 f.; [X.], [X.]. v. 05.04.2017 - IV AR 2/16 -, juris Rn. 16).

Diese Pflicht folgt aus dem [X.] einschließlich der [X.] (Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3 GG), dem Demokratiegebot (Art. 20 Abs. 1 GG) und auch aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG), ohne dass es einer speziellen gesetzlichen Regelung bedürfte. Gerichtliche Entscheidungen konkretisieren die Regelungen der Gesetze; auch bilden sie das Recht fort. Schon von daher kommt der [X.] von Gerichtsentscheidungen eine der Verkündung von Rechtsnormen vergleichbare Bedeutung zu. Der Bürger muss, zumal in einer zunehmend komplexen Rechtsordnung, zuverlässig in Erfahrung bringen können, welche Rechte er hat und welche Pflichten ihm obliegen; die Möglichkeiten und Aussichten eines Individualrechtsschutzes müssen für ihn annähernd vorhersehbar sein. Ohne ausreichende Publizität der Rechtsprechung ist dies nicht möglich. Rechtsprechung im [X.] Rechtsstaat und zumal in einer Informationsgesellschaft muss sich – wie die anderen Staatsgewalten – darüber hinaus auch der öffentlichen Kritik stellen. Dabei geht es nicht nur darum, dass in der Öffentlichkeit eine bestimmte Entwicklung der Rechtsprechung als Fehlentwicklung in Frage gestellt werden kann. Dem Staatsbürger müssen die maßgeblichen Entscheidungen auch deshalb zugänglich sein, damit er überhaupt in der Lage ist, auf eine nach seiner Auffassung bedenkliche Rechtsentwicklung mit dem Ziel einer (Gesetzes-)Änderung einwirken zu können. Das Demokratiegebot wie auch das Prinzip der gegenseitigen Gewaltenhemmung, das dem Grundsatz der Gewaltenteilung zu eigen ist, erfordern es, dass auch über die öffentliche Meinungsbildung ein Anstoß zu einer parlamentarischen Korrektur der Ergebnisse möglich sein muss, mit denen die rechtsprechende Gewalt zur Rechtsentwicklung beiträgt. Eine grundsätzliche Nichtveröffentlichung gerichtlicher Entscheidungen würde zudem die Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen, denn erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommenden Informations- und Kontrollfunktionen wirksam wahrzunehmen (vgl. [X.], [X.]. v. 14.09.2015, a.a.[X.] Rn. 15 f.). Nicht zuletzt dient es auch der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege und der Fortentwicklung des Rechts, wenn durch die [X.] von Gerichtsentscheidungen eine fachwissenschaftliche Diskussion ermöglicht wird (vgl. zum Ganzen [X.], [X.]. v. 26.02.1997, a.a.[X.] Rn. 24).

Der Zugang zu Gerichtsentscheidungen ist allerdings nicht unbegrenzt. So sind die Entscheidungen etwa hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren (vgl. [X.], [X.]. v. 14.09.2015, a.a.[X.] Rn. 21). Soweit ausnahmsweise überwiegende Rechte der Parteien durch die [X.] einer Entscheidung infolge bloßer Pseudonymisierung verletzt sein können, kann dem im Einzelfall durch die Schwärzung von [X.]eilspassagen, die über die üblichen Verfahren zur Pseudonymisierung und Anonymisierung hinausgeht, oder im äußersten Fall durch einen Ausschluss der [X.] Rechnung getragen werden (vgl. [X.], [X.]. v. 05.04.2017, a.a.[X.] Rn. 18; [X.], [X.]. v. 19.09.2019 - 20 VA 21/17 -, juris Rn. 118). Dabei können begründete Bedenken gegen die [X.] aber noch nicht allein daraus abgeleitet werden, dass trotz Schwärzung von Namen und Bezeichnungen der mit dem Fall Vertraute feststellen kann, um welche Parteien und welchen Sachverhalt es sich handelt. Dies lässt sich wegen der grundsätzlichen Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens nicht ausschließen. Erforderlich wären vielmehr unabweisbare höhere Interessen, die eine Abweichung vom Grundsatz der Öffentlichkeit unter Berücksichtigung des [X.]s einschließlich der [X.], des Demokratiegebots, des Grundsatz der Gewaltenteilung sowie der Pressefreiheit gebieten (vgl. [X.], [X.]. v. 05.04.2017, a.a.[X.] Rn. 18).

Die [X.] gilt grundsätzlich auch für die Instanzgerichte, weil sich die [X.]swürdigkeit von Gerichtsentscheidungen nicht allein auf Entscheidungen der obersten Bundesgerichte beschränken lässt. Diesen Gerichten ist zwar durch das Prozessrecht die Entscheidung grundsätzlich bedeutsamer Fragen, die Wahrung der Rechtseinheit und die Fortentwicklung des Rechts in herausgehobener Weise aufgetragen. Es gelangen aber durchaus nicht alle grundsätzlichen oder doch das Allgemeininteresse berührenden Rechtsstreitigkeiten zu ihnen. Eine [X.]swürdigkeit wegen der „Grundsätzlichkeit“ einer Entscheidung beschränkt sich außerdem nicht auf Entscheidungen mit einer grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des Revisionsrechts. Auch in der Konkretisierung allgemein anerkannter Rechtssätze oder in deren Anwendung auf bis dahin weniger im Blickfeld stehende Sachverhalte kann ein eigenständiger Beitrag zur Fortentwicklung des (Richter-)Rechts liegen. Dieser ist auch dann [X.], wenn die Rechtsanwendung für [X.] gleichsam auf der Hand liegen mag. Denn die [X.]swürdigkeit beurteilt sich aus der Sicht derjenigen, die mit der Publikation erreicht werden sollen. Maßgeblich sind also das tatsächliche oder mutmaßliche Interesse der Öffentlichkeit und das Interesse derjenigen, die in entsprechenden Angelegenheiten um Rechtsschutz nachsuchen wollen (vgl. [X.], [X.]. v. 26.02.1997, a.a.[X.] Rn. 27).

Bei der Wahrnehmung ihrer Publikationsaufgabe ist die Gerichtsverwaltung angesichts der Verpflichtung der öffentlichen Gewalt zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten und des Datenschutzes zur Herstellung einer veröffentlichungs- und herausgabefähigen, das heißt insbesondere anonymisierten oder zumindest pseudonymisierten und neutralisierten Fassung der zur [X.] vorgesehenen Entscheidungen verpflichtet (vgl. [X.], [X.]. v. 26.02.1997, a.a.[X.] Rn. 28 ff.). Im Rahmen der Unkenntlichmachung ist im Einzelfall unter Abwägung der Rechte der Beteiligten zu prüfen, ob eine solche sachlich geboten ist (vgl. zur Nutzung von Marken und Zeichen im geschäftlichen Verkehr: [X.], [X.]. v. 19.09.2019, a.a.[X.] Rn. 102 ff.).

Diese Rechtspflicht der Gerichtsverwaltung zur Publikation [X.]er Gerichtsentscheidungen stellt eine rechtliche Verpflichtung im Sinne des Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 [X.] dar. Sie genügt insbesondere den Anforderungen von Art. 6 Abs. 3 [X.], die anzuwenden sind, weil die in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 [X.] geregelte Ausnahme von Art. 17 Abs. 1 [X.] an Verarbeitungen anknüpft, die nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c [X.] zulässig sind (vgl. [X.] in: [X.], 40. Edition Stand 01.11.2021, DS-GVO Art. 17 Rn. 83 f.; [X.]/[X.] in: Ehmann/[X.] [X.], 2. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 59; [X.] in: [X.]/[X.] DS-GVO,3. Aufl. 2020, Art. 17 Rn. 74).

Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b [X.] wird die Rechtsgrundlage für die Verarbeitungen nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. c [X.] unter anderem durch das Recht der Mitgliedstaaten festgelegt, dem der Verantwortliche unterliegt. Dabei muss der Zweck der Verarbeitung in der Rechtsgrundlage festgelegt sein (Art. 6 Abs. 3 Satz 2 [X.]) sowie das Recht des Mitgliedstaats ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgen und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten legitimen Zweck stehen (Art. 6 Abs. 3 Satz 4 [X.]). In den Erwägungsgrund 41 [X.] wird ergänzend ausgeführt, dass es sich bei der Rechtsgrundlage nicht notwendigerweise um einen von einem Parlament angenommenen Gesetzgebungsakt handeln muss (Satz 1); die Rechtsgrundlage sollte klar und präzise sein und ihre Anwendung sollte für die [X.] gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen [X.] und des [X.] vorhersehbar sein (Satz 2).

Diesen Anforderungen genügt die sich unmittelbar aus nationalem Verfassungsrecht ergebende rechtliche Verpflichtung der Gerichtsverwaltung zur [X.] von Gerichtsentscheidungen (vgl. auch [X.], [X.]. v. 26.02.1997, a.a.[X.] Rn. 24, wonach eine spezielle gesetzliche Regelung lediglich klarstellende Bedeutung hätte). Aus den vorstehenden Darlegungen zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der [X.] geht hervor, dass die Gerichte mit der [X.] [X.]er Gerichtsentscheidungen ein im öffentlichen Interesse liegendes Ziel verfolgt. Dabei sind insbesondere mit der Information von Bürgern und Presse, der Ermöglichung einer kritischen Debatte über die Rechtsprechung und einer parlamentarischen Korrektur sowie der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege nicht nur die Zwecke der Verarbeitung von personenbezogenen Daten eindeutig festgelegt. Aus der konkreten Ausgestaltung der [X.] durch die höchstrichterliche Rechtsprechung ergibt sich auch hinreichend klar und präzise sowie für den [X.] vorhersehbar, dass die Gerichtsverwaltung insbesondere durch Anonymisierung beziehungsweise Pseudonymisierung eine herausgabefähige Fassung der Entscheidung herzustellen hat. Schließlich steht das verfolgte Ziel bei abstrakter Betrachtung auch in einem angemessenen Verhältnis zu den Interessen der von das Datenverarbeitung betroffenen Personen.

Durch die Darstellung eines konkreten Lebenssachverhalts sind einerseits die in den Art. 7 und 8 [X.] verankerten Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten sowie das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG betroffen. Ein Eingriff in diese Rechte wird vermieden, wenn eine vollständige Anonymisierung der Entscheidung möglich ist. Im Falle einer bloßen Pseudonymisierung liegt zwar ein Eingriff in die geschützten Rechtsgüter vor. Dieser dürfte allerdings regelmäßig ein nur geringes Gewicht besitzen. Denn zum einen dürften in der Regel lediglich Vorgänge aus der Sozialsphäre betroffen sein (vgl. zum Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Abgrenzung vom unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung: [X.], [X.]. v. 13.06.2007 - 1 BvR 1783/05 -, juris Rn. 87 f., v. 14.09.1989 - 2 BvR 1062/87 -, juris Rn. 14 ff., und v. 8.03.1972 - 2 BvR 28/71 -, juris Rn. 22 f.; [X.] in: [X.], [X.]ition Stand 15.05.2022, Art. 2 Rn. 35 ff.). Zum zweiten dürfte eine Zuordnung der Entscheidung und der darin enthaltenen personenbezogenen Daten durch eine Pseudonymisierung nur mit einem nicht unerheblichen Aufwand möglich sein. Sind demgegenüber Vorgänge aus der Privat- oder gar Intimsphäre betroffen und liegen damit bei abstrakter Betrachtung Eingriffe von höherem Gewicht vor, erfordert dies im Einzelfall eine besonders sorgfältige und strenge Vornahme der Anonymisierung oder Pseudonymisierung und Abwägung der widerstreitenden Interessen, um einen angemessenen Ausgleich der kollidierenden Rechtsgüter herzustellen.

Dem stehen auf der anderen Seite mit der Information der Öffentlichkeit, dem Ermöglichen einer [X.] Debatte über eine parlamentarische Korrektur und der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der Rechtspflege für eine demokratische Grundordnung bei abstrakter Betrachtung besonders gewichtige Allgemeingüter gegenüber. Der öffentlichen Debatte immanent ist des Weiteren auch die Meinungsfreiheit, die für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend ist; denn sie ermöglicht erst die ständige geistige Auseinandersetzung, den Kampf der Meinungen, der ihr Lebenselement ist (vgl. [X.], [X.]. v. 15.01.1958 - 1 BvR 400/51 -, juris Rn. 32). Voraussetzung für die Ausübung der Meinungsfreiheit ist aber die [X.] der Gerichtsentscheidung als Anstoß der [X.] Debatte. Um eine gerichtliche Entscheidung verstehen zu können, ist es zwingend erforderlich, dass auch der zugrundeliegende Sachverhalt, der gegebenenfalls personenbezogene Daten enthalten kann, veröffentlicht wird. Nur in besonders gelagerten Einzelfällen werden deshalb, wenn eine vollständige Anonymisierung nicht möglich ist, die durch eine Pseudonymisierung bereits zur Geltung gekommenen Rechte des Einzelnen einen Ausschluss der [X.] rechtfertigen können (vgl. [X.], [X.]. v. 05.04.2017, a.a.[X.] Rn. 18; [X.], [X.]. v. 19.09.2019, a.a.[X.] Rn. 118).

Vor diesem Hintergrund ist die [X.] des [X.]eils des [X.] in der streitgegenständlichen Fassung auch fallbezogen erforderlich im Sinne von Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 DSGV[X.] Denn das besonders hohe öffentliche Interesse an der [X.] des [X.]eils in der streitgegenständlichen Fassung überwiegt die von dem Kläger für dessen Löschung geltend gemachten privaten Interessen.

Um festzustellen, ob eine Verarbeitung erforderlich ist, ist eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen den in den Art. 7 und 8 [X.] verankerten Grundrechten auf Achtung des Privatlebens sowie auf Schutz personenbezogener Daten einerseits und dem Zweck, dem die Erfüllung der rechtlichen Verpflichtung dient andererseits, erforderlich (vgl. [X.], [X.]. v. 24.09.2019, a.a.[X.] Rn. 59 < zu Art. 17 Abs. 3 Buchst. a [X.]>; s. auch [X.], [X.]. v. 13.05.2014 - [X.]/12 -, juris Rn. 74). Es ist ein angemessener Ausgleich der kollidierenden Rechtsgüter herzustellen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.06.2021 - [X.]/19 -, juris Rn. 111 f.). Der Begriff der Erforderlichkeit entspricht dem der praktischen Konkordanz im [X.] Verfassungsrecht ([X.]/[X.] in: Ehmann/[X.]: [X.], 2. Aufl. 2018, Art. 17 Rn. 55; [X.] in: [X.], 40. Edition Stand 01.11.2021, DS-GVO Art. 17 Rn. 79; [X.] in: [X.]/[X.]: DS-GVO, 3. Aufl. 2021, Art. 17 Rn. 40; [X.] in: [X.]: [X.], 2. Auflage 2018, Art. 17 Rn. 58). Dabei ist zu beachten, dass sich Ausnahmen und Einschränkungen in Bezug auf den Schutz der personenbezogenen Daten auf das absolut Notwendige beschränken müssen (vgl. [X.], [X.]. v. 17.06.2021, a.a.[X.] Rn. 110). Es ist eine Einzelfallabwägung unter Heranziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und unter Berücksichtigung des Verwendungszusammenhangs der Daten erforderlich. Je näher die Daten zum unantastbaren Persönlichkeitskern stehen und je geringer daher ihr Sozialbezug ist, desto intensiver ist ihr Schutz gegenüber staatlichen Eingriffen (vgl. [X.], [X.]. v. 23.07.2010, a.a.[X.] Rn. 33).

Gemessen daran überwiegt hier das erhebliche öffentliche Interesse an der [X.] die privaten Interessen des [X.] an der Löschung des streitgegenständlichen [X.]eils. Den privaten Interessen des [X.] wurde – das Vorliegen eines Eingriffs ins seine geschützten Rechtsgüter unterstellt – jedenfalls durch die vorgenommene Pseudonymisierung der in der veröffentlichten [X.]eilsfassung enthaltenen personenbezogenen Daten hinreichend Rechnung getragen.

Der etwaige Eingriff in die Grundrechte des [X.] aus Art. 7 und 8 [X.] beziehungsweise Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG betrifft weit überwiegend Vorgänge aus dem Arbeitsleben des [X.], nämlich zu welchen Zeiten er studierte beziehungsweise arbeitete, dass er wissentlich sachlich unzutreffende Angaben über seinen beruflichen Werdegang machte und dies seinen Arbeitgeber zur Einstellung veranlasste sowie dass die Auslandserfahrung für die Einstellung des [X.] ausschlaggebend war. Diese Vorgänge sind sämtlich der Sozialsphäre des [X.] zuzuordnen. Im Rahmen der Bewertung eines etwaigen Eingriffs in die geschützten Rechtsgüter des [X.] ist darüber hinaus die weitgehende Pseudonymisierung der zugehörigen personenbezogenen Daten zu berücksichtigen. Denn aus dem [X.]eil des [X.] sind insbesondere weder der Studiengang noch die Branche ersichtlich, in der der Kläger gearbeitet hat. Entgegen der Auffassung des [X.] genügt auch nicht bereits ein Internetzugang, um mithilfe einen Suchmaschine anhand seines Lebenslaufs das [X.]eil finden und es ihm innerhalb kurzer Zeit zuordnen zu können. Weiterhin ist auch in Rechnung zu stellen, dass sich die verschiedenen Daten nicht bereits aus einer Randnummer des Tatbestands oder der Entscheidungsgründe des [X.]eil ergeben, sondern sich vielmehr in verschiedenen Randnummern unterschiedliche Informationen über den Kläger finden. Einem eventuellen Eingriff in die geschützten Rechtsgüter des [X.] durch die Darstellung von Daten aus seinem Lebenslauf kommt daher bei konkreter Betrachtung nur ein sehr geringes Gewicht zu.

Hingegen kommt einem etwaigen Eingriff in die Grundrechte des [X.] ein höheres Gewicht zu, soweit das [X.] in dem streitgegenständlichen [X.]eil festgestellt hat, dass der Kläger seinen Arbeitgeber getäuscht hat. Denn diese Information kann, obgleich ebenfalls der Sozialsphäre des [X.] zugehörig, im Falle einer Zuordnung zu seiner Person im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens von nicht unerheblicher Bedeutung sein.

Eine hohe Bedeutung für die geschützten Rechtsgüter des [X.] weist zudem die veröffentlichte Information auf, dass er eine Behinderung hat. Auch diese Information bezieht sich indes nicht auf den unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung, sondern ist aufgrund der [X.] Bedeutung – etwa für den arbeitsrechtlichen Sonderkündigungsschutz im Falle einer Schwerbehinderung – der Privatsphäre des [X.] zuzuordnen und deshalb dem Zugriff der öffentlichen Gewalt nicht schlechthin entzogen (vgl. [X.], [X.]. v. 14.09.1989, a.a.[X.] Rn. 15, und v. 13.06.2007, a.a.[X.] Rn. 88). Insofern ist vorliegend ein besonderes Interesse der Allgemeinheit unter strikter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips erforderlich (vgl. [X.], [X.]. v. 08.03.1972, a.a.[X.] Rn. 23; [X.] in: [X.], [X.]. 15.05.2022, Art. 2 Rn. 41 m.w.N.). Dem entspricht, dass nach Art. 9 Abs. 1 [X.] die Verarbeitung von Gesundheitsdaten einer natürlichen Person zwar grundsätzlich untersagt ist, dies nach Art. 9 Abs. 2 [X.] jedoch unter anderem dann nicht gilt, wenn die Verarbeitung erforderlich ist damit der Verantwortliche oder die betroffene Person die ihm beziehungsweise ihr aus dem Arbeitsrecht und dem Recht der [X.] Sicherheit und des Sozialschutzes erwachsenden Rechte ausüben und seinen beziehungsweise ihren diesbezüglichen Pflichten nachkommen kann, soweit dies nach [X.]srecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten oder einer Kollektivvereinbarung nach dem Recht der Mitgliedstaaten, das geeignete Garantien für die Grundrechte und die Interessen der betroffenen Person vorsieht, zulässig ist (Buchst. b), oder wenn die Verarbeitung auf der Grundlage des [X.]srechts oder des Rechts eines Mitgliedstaats, das in angemessenem Verhältnis zu dem verfolgten Ziel steht, den Wesensgehalt des Rechts auf Datenschutz wahrt und angemessene und spezifische Maßnahmen zur Wahrung der Grundrechte und Interessen der betroffenen Person vorsieht, aus Gründen eines erheblichen öffentlichen Interesses erforderlich ist (Buchst. g).

Den geschützten Rechtsgütern des [X.] steht auf der anderen Seite ein besonders hohes Interesse der Öffentlichkeit an der [X.] gegenüber. Dieses besteht, weil das [X.] von seinem Rechtsstandpunkt aus eine Frage mit grundsätzlicher Bedeutung, nicht nur im Hinblick auf die Frage der [X.]swürdigkeit der Entscheidung, sondern auch im Sinne des maßgeblichen arbeitsgerichtlichen Verfahrensrechts, zu entscheiden hatte. Es handelt sich um eine obergerichtliche Leitsatzentscheidung, die der Rechtsfortbildung dient (vgl. [X.], [X.]. v. 23.07.2010, a.a.[X.] Rn. 35). Jeder Nutzer einer juristischen Datenbank, der nach Entscheidungen zur Frage, ob die Rechts[X.] eines einer Kündigungsschutzklage stattgebenden [X.]eils einer (späteren) Anfechtbarkeit des [X.] entgegensteht, stößt auf das streitgegenständliche [X.]eil. Die nachfolgende Entscheidung des [X.] hat die rechtswissenschaftliche Debatte über diese Frage nicht beendet. Diese kann vielmehr fortgesetzt werden, und für die Debatte ist es wichtig, auch die Argumente des [X.] für die von ihm vertretene Rechtauffassung zu kennen. Andere Gerichte sind auch nicht an die Entscheidung des [X.] gebunden, sondern können, insbesondere wenn ein neues Argument entwickelt wird, Anlass sehen, hiervon abzuweichen. Auch insofern kommt der [X.] des streitgegenständlichen [X.]eils des [X.] weiterhin eine erhebliche Bedeutung für die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege zu. Denn nur mithilfe der Entscheidung des [X.] ist erkennbar, ob ein Argument neu ist oder dem [X.] bei seiner Entscheidung bekannt war. Es besteht auch deshalb weiterhin ein sehr hohes Interesse an der [X.] des streitgegenständlichen [X.]eils des [X.], weil eine neue Fallkonstellation auftreten kann, in der sich die Frage der Rechts[X.] stellt, die aber vom [X.] (noch) nicht entschieden worden ist. Das streitgegenständliche [X.]eil des [X.] kann in einem solchen Fall zu einem besseren Verständnis der Entscheidung des [X.] beitragen. Sie stellt zum einen den Kontext der Entscheidung des [X.] dar und führt zum zweiten die Argumente für die gegenteilige Auffassung – die das [X.] nicht überzeugt haben – an. Darüber hinaus können die vom [X.] vertretenen Argumente auch Anlass für eine öffentliche Debatte und eine Gesetzesänderung durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber sein.

Die [X.]swürdigkeit des [X.]eils des [X.] umfasst auch dessen Feststellung, dass der Kläger seinen Arbeitgeber getäuscht hat. Denn gerade diese Information ist zum Verständnis der Entscheidung, die eine täuschungsbedingte Anfechtung eines Arbeitsvertragsangebots zum Gegenstand hatte, zwingend erforderlich. Ob die Information richtig oder falsch ist, der Kläger seinen Arbeitgeber also tatsächlich getäuscht hat, ist hingegen unerheblich.Die [X.] einer Entscheidung kann nicht davon abhängen, ob diese nach Auffassung einer Partei oder auch tatsächlich (rechts-)fehlerfrei ergangen ist oder nicht. Eine Überprüfung gerichtlicher Entscheidungen auf (rechtliche) Fehlerfreiheit durch die Justizverwaltung, die diese veröffentlicht, ist schon aus Gründen der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG) ausgeschlossen (vgl. [X.], [X.]. v. 19.09.2019, a.a.[X.] Rn. 125).

Schließlich liegt auch hinsichtlich der Mitteilung der Behinderung des [X.] im Tatbestand des [X.]eils ein besonderes Interesse der Allgemeinheit an der [X.] vor. Auch diese Information ist zum Verständnis der Entscheidung erforderlich, weil der Leser der Entscheidung nur mit deren Hilfe nachvollziehen kann, ob die besonderen Regelungen des Sonderkündigungsschutzes nach §§ 168 ff. [X.] eingreifen. Vorliegend wurde im Rahmen der Pseudonymisierung des [X.]eils zwar den angegebenen Grad der Behinderung durch „[X.]“ ersetzt, sodass nicht ohne Weiteres ersichtlich ist, ob eine Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 [X.]) vorlag. Durch die Information über die Behinderung im Tatbestand des [X.]eils und die Nichtthematisierung des Sonderkündigungsschutzes in den Entscheidungsgründen hat das [X.] jedoch eindeutig erkennen lassen, dass der Sonderkündigungsschutz im Fall des [X.] nicht eingriff.

Ausgehend hiervon fällt die Interessenbewertung und -abwägung unter Heranziehung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hier Lasten des [X.] aus. Das erhebliche öffentliche Interesse an der [X.] des streitgegenständlichen [X.]eils des [X.] überwiegt nicht nur das gering zu gewichtende Interesse des [X.] am Ausschluss der Übermittlung von Daten aus seinem Lebenslauf, sondern auch das höher zu bewertende Interesse an der Nichtveröffentlichung der festgestellten Täuschung seines Arbeitgebers sowie das hohe Interesse an der Mitteilung seiner Behinderung. Die zugehörigen Daten betreffen fast ausschließlich das sozialbezogene Verhalten des [X.] und nicht etwa seine Privat- oder Intimsphäre. Im Übrigen wurde dem Schutzinteresse des [X.] durch eine weitgehende Pseudonymisierung der Entscheidung Rechnung getragen, sodass ein angemessener Ausgleich der kollidierenden Rechtsgüter hergestellt wurde. Insbesondere die konkreten Stellenbezeichnungen sowie die Branche, in der der Kläger tätig war, wurden entfernt. Dies gilt auch für die Mitteilung der Behinderung des [X.], deren konkrete Gradangabe durch „[X.]“ ersetzt wurde. Auch insoweit rechtfertigt das besonderes Interesse der Allgemeinheit an der [X.] der Entscheidung in einer Fassung, die sich mit Blick auf das einschlägige materielle Recht insgesamt nachvollziehen lässt, die Mitteilung des der Sozialsphäre des [X.] zuzuordnenden (Rest-)Datums. Die Schwärzung des ganzen Satzes über die Behinderung würde demgegenüber eine erhebliche Veränderung der zu veröffentlichenden Entscheidung bedeuten, die zur Wahrung der Rechte des [X.] nicht erforderlich ist.

Insgesamt ist die [X.] des streitgegenständlichen [X.]eils des [X.] mithin im Sinne von Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 [X.] beziehungsweise – soweit es die Mitteilung der Behinderung des [X.] angeht – von Art. 9 Abs. 2 Buchst. b und g [X.] erforderlich, mit der Folge, dass ein sich aus Art. 17 Abs. 1 [X.] ergebender Löschungsanspruch des [X.] ausgeschlossen ist. Dass das [X.]eil des [X.] auf die Revision des [X.] durch das [X.] aufgehoben wurde ist insoweit unerheblich. Denn die [X.] einer Entscheidung hängt – wie oben dargelegt – nicht davon ab, ob diese rechtsfehlerfrei ergangen ist oder nicht.

Nichts anderes ergibt sich aus der vom Kläger geäußerten Befürchtung, Dritte könnten aufgrund der Angabe der Aktenzeichen der arbeitsgerichtlichen [X.]eile Zugriff auf seine Daten erhalten. Denn Dritte haben keinen Anspruch auf die Übersendung einer nicht anonymisierten beziehungsweise nicht pseudonymisierten Fassung der Gerichtentscheidungen (vgl. [X.], [X.]. v. 14.09.2015, a.a.[X.] Rn. 21).

Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach Art. 17 Abs. 2 DS-GVO darauf, dass der Beklagte unter Berücksichtigung der verfügbaren Technologie und der Implementierungskosten angemessene Maßnahmen, auch technischer Art trifft, um für die Datenverarbeitung Verantwortliche, die in der zuletzt veröffentlichten Fassung des [X.]eils des [X.] enthaltene personenbezogene Daten verarbeiten, darüber zu informieren, dass eine betroffene Person von ihnen die Löschung aller Links zu diesen personenbezogenen Daten oder von Kopien oder Replikationen dieser personenbezogenen Daten verlangt hat. Auch dieser Anspruch ist nach Art. 17 Abs. 3 Buchst. b Var. 1 DS-GVO ausgeschlossen.

Schließlich kann der Kläger von dem Beklagten nicht beanspruchen, die weitere [X.] des streitgegenständlichen [X.]eils des [X.] zu unterlassen. Ein Unterlassungsanspruch dieses Inhalts ergibt sich namentlich nicht aus den im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren § 823 Abs. 1, § 1004 BGB in Verbindung mit dem Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht des [X.]. Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen eines rechtswidrigen Eingriffs in die subjektiven Rechte des [X.], woran es vorliegend fehlt. Eine [X.] der zuletzt anonymisierten beziehungsweise pseudonymisierten Fassung des [X.]eils durch den Beklagten verletzt ungeachtet der Frage, ob der Schutzbereich des Grundrechts berührt ist, das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] nicht. Denn ein eventuell in einer derartigen [X.] liegender Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des [X.] ist aus den vorstehenden Gründen jedenfalls durch die verfassungsrechtliche Verpflichtung des Beklagten, das [X.]eil zu veröffentlichen, gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. In Anwendung des § 167 Abs. 2 VwGO wird davon abgesehen, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 124a Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Gründe vorliegt.

[X.]uss vom 31.03.2022

Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1, 2 GKG auf
5.000,-- [X.]R
festgesetzt.

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Meta

1 K 6043/20

31.03.2022

VG Stuttgart 1. Kammer

Urteil

Sachgebiet: K

Art. 6 DSGVO

Zitier­vorschlag: VG Stuttgart, Urteil vom 31.03.2022, Az. 1 K 6043/20 (REWIS RS 2022, 3489)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 3489

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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