Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.03.2017, Az. 2 BvR 483/17

2. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2017, 14448

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zur Ausübung amtlicher Funktionen durch ausländische Staatsoberhäupter bzw Regierungsmitglieder fremder Staaten in Deutschland - Versagung der Zustimmung zu Auftritten kein Akt eines Hoheitsträgers gegenüber einem (ausländischen) Bürger, sondern außenpolitische Entscheidung im Rahmen des Prinzips souveräner Gleichheit von Staaten (Art 2 Nr 1 UNCh) - Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Darlegung unmittelbarer Betroffenheit


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich dagegen, dass die Bundesregierung es dem [X.] Ministerpräsidenten [X.] ermöglicht habe, am 18. Februar 2017 in [X.] für eine nach seiner Auffassung demokratiefeindliche [X.]änderung in der [X.] zu werben, sowie gegen weitere im Zusammenhang mit dieser beabsichtigten [X.]reform stehende öffentliche Auftritte von Regierungsmitgliedern der [X.] in [X.].

2

1. Die [X.]beschwerde ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer nicht hinreichend substantiiert dargelegt hat, dass er durch die nicht näher bezeichneten Maßnahmen beziehungsweise Unterlassungen der Bundesregierung selbst betroffen ist.

3

a) Zwar haben Staatsoberhäupter und Mitglieder ausländischer Regierungen weder von [X.] wegen noch nach einer allgemeinen Regel des Völkerrechts im Sinne von Art. 25 [X.] einen Anspruch auf Einreise in das [X.] und die Ausübung amtlicher Funktionen in [X.]. Hierzu bedarf es der - ausdrücklichen oder konkludenten - Zustimmung der Bundesregierung, in deren Zuständigkeit für auswärtige Angelegenheiten eine solche Entscheidung gemäß Art. 32 Abs. 1 [X.] fällt (vgl. [X.] 104, 151 <207>; 131, 152 <195>; Oberverwaltungsgericht für das [X.], Beschluss vom 29. Juli 2016 - 15 B 876/16 -, juris, Rn. 15 ff.; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl. 2016, Art. 32 Rn. 11). Soweit ausländische Staatsoberhäupter oder Mitglieder ausländischer Regierungen in amtlicher Eigenschaft und unter Inanspruchnahme ihrer Amtsautorität in [X.] auftreten, können sie sich nicht auf Grundrechte berufen. Denn bei einer Versagung der Zustimmung würde es sich nicht um eine Entscheidung eines [X.] gegenüber einem ausländischen Bürger handeln, sondern um eine Entscheidung im Bereich der Außenpolitik, bei der sich die [X.] und die [X.] Regierung auf der Grundlage des Prinzips der souveränen Gleichheit der [X.] (Art. 2 Nr. 1 der [X.]) begegnen.

4

b) Der Beschwerdeführer hat jedoch nicht substantiiert dargelegt, dass er durch die angegriffenen Maßnahmen beziehungsweise Unterlassungen der Bundesregierung selbst nachteilig betroffen ist. Dies aber wäre Voraussetzung für eine Verletzung des Beschwerdeführers in seiner durch Art. 2 Abs. 1 [X.] gewährleisteten Freiheit vor gesetzlosem und gesetzwidrigem Zwang (vgl. insoweit BVerwGE 28, 268 <271>; 54, 211 <221 >; BVerwG, Beschluss vom 2. Juli 1979 - 7 [X.]/79 -, juris, Rn. 8; [X.], in: Dreier , [X.], [X.], 3. Aufl. 2013, Art. 19 Abs. 4 Rn. 70; [X.], in: [X.]/[X.], [X.], Art. 19 Abs. 4 Rn. 122 ) - hier in Verbindung mit Art. 25 [X.].

5

2. Soweit sich der Beschwerdeführer zur Begründung der [X.]beschwerde darüber hinaus auf seine Rechte als [X.]r Staatsbürger beruft, hat er die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] ebenfalls nicht dargetan.

6

Zwar schützt Art. 38 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 und Art. 79 Abs. 3 [X.] nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] davor, dass der Anspruch des Bürgers auf [X.] Selbstbestimmung, das heißt seine Mitwirkung an der durch Wahl bewirkten Legitimation von Staatsgewalt und seine Möglichkeit zur Einflussnahme auf deren Ausübung, entleert wird (vgl. [X.] 89, 155 <172>; 123, 267 <330>; 134, 366 <396 Rn. 51>; [X.], Urteil des [X.] vom 21. Juni 2016 - 2 BvR 2728/13 u.a. -, juris, Rn. 130). Eine solche Fallkonstellation liegt hier aber nicht vor. Darüber hinaus gewährt Art. 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] keinen Anspruch auf eine allgemeine Rechtmäßigkeitskontrolle in Bezug auf Maßnahmen der Regierung oder des [X.]. Er dient nicht der inhaltlichen Kontrolle [X.]r Prozesse, sondern ist auf deren Ermöglichung gerichtet (vgl. [X.] 129, 124 <168>; 134, 366 <396 f. Rn. 52>; [X.], Urteil des [X.] vom 21. Juni 2016, a.a.[X.], Rn. 126).

7

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerf[X.] abgesehen.

8

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 483/17

08.03.2017

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

Art 2 Abs 1 GG, Art 25 GG, Art 32 Abs 1 GG, Art 38 Abs 1 S 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, Art 2 Nr 1 UNCh

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.03.2017, Az. 2 BvR 483/17 (REWIS RS 2017, 14448)

Papier­fundstellen: NJW 2017, 1166 REWIS RS 2017, 14448

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