Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.12.2021, Az. B 9 V 32/21 B

9. Senat | REWIS RS 2021, 259

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

(Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - soziales Entschädigungsrecht - Gewaltopfer - tätlicher Angriff - geschlechtszuweisende Operation eines zweigeschlechtlichen Menschen mit Einwilligung der Eltern - ärztlicher Eingriff - Völkerrecht - Folterverbot - keine unmittelbare Geltung der Entschädigungsregelung in der Antifolterkonvention - Klärungsbedürftigkeit - Auseinandersetzung mit höchstrichterlicher Rechtsprechung - sozialgerichtliches Verfahren - Verfahrensfehler - Zurückweisung der Berufung ohne mündliche Verhandlung nach § 153 Abs 4 SGG - zu kurze Anhörungsfrist - Mindestfrist von zwei Wochen - Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensmangels - Zurückweisungsbeschluss nach mehr als zwei Wochen - "faktisch angemessene Frist" durch späte Entscheidung - Verpflichtung des Gerichts zur Kenntnisnahme von Vorbringen nach Fristablauf - Anhalten von intern ergangenen Beschlüssen - Zustellung des Beschlusses an die Beteiligten - Beendigung des Berufungsverfahrens - keine Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand - gerichtliches Ermessen - beschränkter Prüfungsumfang des BSG - keine Überprüfung der zugrunde liegenden Tatsachenwürdigung - rechtliches Gehör - unvollständige Beweisanordnung - Absehen von der Übermittlung formaler Anschreiben und Hinweise für die Gutachtenerstellung - Fragerecht an den Sachverständigen - Aufrechterhaltung des Fragerechts nach Anhörungsmitteilung gemäß § 153 Abs 4 S 2 SGG - Sachaufklärungspflicht - Darlegungsanforderungen)


Tenor

Der Antrag der klagenden Person, ihr für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des [X.] vom 13. Juli 2021 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin B aus [X.], wird abgelehnt.

Die Beschwerde der klagenden Person gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Beschluss wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. In dem der Beschwerde und dem Antrag auf Prozesskostenhilfe (PK[X.]) zugrundeliegenden Rechtsstreit macht die klagende Person, die auch den Vornamen "A" verwendet, mit Antrag vom [X.] einen Anspruch auf Versorgungsleistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz ([X.]) geltend, weil sie Opfer einer [X.]ewalttat geworden sei. Bei angeborenem 21-[X.]ydroxylase-Mangel mit Salzverlustsyndrom und Zweigeschlechtlichkeit sei sie im [X.] unter Anwendung des Medikaments [X.] über Jahre hinweg zwangsbehandelt und psychoendokrinologisch zwangskastriert worden. Zudem seien eine Klitoridektomie und eine Blasenpunktion durchgeführt worden. Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom [X.], [X.]iderspruchsbescheid vom 14.10.2014).

2

Die hiergegen erhobene Klage hat das [X.] abgewiesen (Urteil vom 19.12.2018). Im Berufungsverfahren hat das L[X.] ua [X.]utachten von [X.] vom 14.2.2020 und [X.] vom [X.] als Sachverständige eingeholt sowie [X.] als den die klagende Person im [X.] behandelnden Arzt schriftlich als Zeugen vernommen. Mit Schreiben vom 19.5.2021 und nochmals unter Fristsetzung zur Stellungnahme von einer [X.]oche mit Schreiben vom [X.], dem damaligen Prozessbevollmächtigen der klagenden Person zugestellt am selben Tag, hat das L[X.] die Beteiligten zu seiner Absicht angehört, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung im Beschlussverfahren zu entscheiden.

3

Das L[X.] hat mit Beschluss vom [X.] die Berufung der klagenden Person zurückgewiesen. Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Versorgung nach § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] seien mit Blick auf die im Jahr 1977 durchgeführte Klitoridektomie und nach § 1 Abs 2 [X.] 1 [X.] wegen der Verordnung und Behandlung mit dem Medikament [X.] nicht erfüllt. [X.]s sei weder im Sinne eines [X.] noch im Sinne einer [X.]laubhaftmachung nachgewiesen, dass sich die im [X.] im Zusammenhang mit der medizinischen Intervention handelnden Personen der klagenden Person gegenüber in feindseliger [X.]illensrichtung verhalten hätten. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, dass der seinerzeitige [X.]ingriff rechtswidrig erfolgt sei. Vielmehr sei davon auszugehen, dass eine wirksame [X.]inwilligung vorgelegen habe, weil die für die klagende Person [X.]rziehungsberechtigten in die medizinische Intervention eingewilligt hätten. Die von den [X.]lternteilen der klagenden Person unterzeichneten [X.]rklärungen ließen daran keine durchgreifenden Zweifel aufkommen. Die Beweiserleichterung des § 6 Abs 3 [X.] iVm § 15 [X.]esetz über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung komme der klagenden Person nicht zugute, da der sie im [X.] behandelnde Arzt [X.] als Zeuge zur Verfügung gestanden habe und sämtliche ärztlichen Unterlagen noch vorhanden seien. [X.]in Versorgungsanspruch könne auch nicht aus Art 14 des [X.], unmenschliche oder erniedrigende Behandlungen oder Strafe vom 10.12.1984 ([X.]; [X.] 1990, 246; für [X.] in [X.] seit 31.10.1990, [X.] 1993, 715) abgeleitet werden. Schließlich stehe der klagenden Person kein Anspruch auf [X.]ntschädigung wegen der behaupteten Vornahme einer Blasenpunktion zu, da bereits unklar sei, wann und unter welchen Umständen diese durchgeführt worden sei. Medizinische Unterlagen lägen insoweit nicht mehr vor. Selbst wenn man eine solche unterstelle, sei nicht erwiesen, dass eine Blasenpunktion in feindseliger [X.]illensrichtung vorgenommen worden sei.

4

Der Beschluss des L[X.] ist der Beklagen am [X.] und dem damaligen Prozessbevollmächtigten der klagenden Person am [X.] zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom [X.] hat die klagende Person einen Kostenvorschuss zur [X.]inholung eines [X.]utachtens nach § 109 [X.][X.] gezahlt und [X.]iedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

5

[X.]egen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat die klagende Person Beschwerde beim B[X.] eingelegt, die sie mit dem Vorliegen von Verfahrensmängeln (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.]) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.][X.]) begründet. Als Verfahrensmängel rügt sie neben einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.][X.]) und ihres Anspruchs auf Anhörung eines bestimmten Arztes (§ 109 [X.][X.]) sowie einer fehlerhaften [X.] Verstöße des L[X.] gegen § 153 Abs 4 [X.][X.] und das Prinzip der Mündlichkeit (§ 124 Abs 1 [X.][X.]) sowie ihr Fragerecht zu den eingeholten Sachverständigengutachten und der schriftlichen Zeugenaussage als Ausfluss ihres Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.], § 62 [X.][X.]). Für die Durchführung des [X.]s hat die klagende Person PK[X.] unter Beiordnung von Rechtsanwältin B aus A beantragt.

6

II. A. Der Antrag der klagenden Person auf PK[X.] ist abzulehnen.

7

[X.]emäß § 73a Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem bedürftigen Beteiligten für das Verfahren vor dem B[X.] nur dann PK[X.] bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf [X.]rfolg bietet. Das ist hier nicht der Fall (hierzu sogleich unter B).

8

Mit der Ablehnung des Antrags auf PK[X.] entfällt zugleich die Möglichkeit der Beiordnung der Prozessbevollmächtigten der klagenden Person im Rahmen der PK[X.] (§ 73a Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm § 121 Abs 1 ZPO).

9

B. Die Nichtzulassungsbeschwerde der klagenden Person ist zulässig, aber unbegründet, soweit sie als Zulassungsgrund das Vorliegen eines [X.] (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.]) wegen eines Verstoßes gegen § 153 Abs 4 [X.][X.] (dazu unter 1.) und einer fehlerhaften [X.] (dazu unter 2.) geltend macht. Soweit die klagende Person jedoch die Verletzung der Sachaufklärungspflicht, ihres Anspruchs auf Anhörung eines bestimmten Arztes und ihres Fragerechts sowie eine unzureichende Beweiswürdigung des L[X.] rügt, ist die Nichtzulassungsbeschwerde bereits unzulässig (dazu unter 3.) Dies gilt auch für ihre [X.]rundsatzrüge (dazu unter 4.).

1. Nach § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.] ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensfehler vorliegt, auf dem die angefochtene [X.]ntscheidung beruhen kann. Zwar ist dem L[X.] durch eine zu kurze Frist im [X.] vom [X.] ein Verfahrensfehler unterlaufen (dazu unter a); auf diesem Verfahrensmangel kann die angefochtene [X.]ntscheidung aber nicht beruhen (dazu unter b). Die darüber hinaus von der klagenden Person im Zusammenhang mit der [X.]ntscheidung des L[X.] geltend gemachten Verfahrensmängel, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, liegen nicht vor (dazu unter c und d).

a) Das L[X.] hat § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] verletzt. Danach sind die Beteiligten vor [X.]rlass eines Beschlusses nach § 153 Abs 4 Satz 1 [X.][X.] zu hören. Der Verstoß des Berufungsgerichts gegen diese Verfahrensvorschrift liegt darin, dass es der klagenden Person eine unangemessen kurze Frist zur Äußerung auf das gerichtliche [X.] vom [X.] von nur einer [X.]oche gesetzt hat.

aa) Die Regelung in § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] schreibt zwar nicht vor, dass das [X.]ericht eine Frist zur Stellungnahme zu bestimmen hat noch welche Frist zumindest einzuräumen wäre. Anders als bei einer Verletzung von § 153 Abs 4 Satz 1 [X.][X.] liegt damit nicht ohne [X.]eiteres ein absoluter Revisionsgrund (gemäß § 202 Satz 1 [X.][X.] iVm § 547 [X.] 1 ZPO ) vor, bei dem unwiderleglich vermutet wird, dass die [X.]ntscheidung auf dem [X.] beruht (vgl B[X.] Beschluss vom 24.2.2016 - [X.] R 341/15 B - juris Rd[X.] 6 mwN). Denn die nicht ordnungsgemäß durchgeführte Anhörung nach § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] ist in erster Linie eine [X.]ehörsverletzung, deren Kausalität für die angegriffene [X.]ntscheidung nicht ohne [X.]eiteres zu unterstellen ist. [X.]ird in diesem Zusammenhang den Beteiligten eine Frist vorgegeben, so muss diese so ausreichend bemessen sein, dass ein Betroffener auch tatsächlich die Möglichkeit hat, sich vor der [X.]ntscheidung des [X.]erichts zu äußern. Anderenfalls setzt sich das [X.]ericht in [X.]iderspruch zu seinem eigenen Verhalten und verletzt das aus Art 2 Abs 1 [X.][X.] iVm dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende allgemeine verfassungsrechtliche Prozessgrundrecht auf ein faires Verfahren (vgl B[X.] Beschluss vom 24.2.2016, aaO; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 386/07 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7 Rd[X.] 12 mwN).

bb) In der Rechtsprechung des B[X.] wird übereinstimmend davon ausgegangen, dass sich die Angemessenheit einer Frist zur Stellungnahme nach den Umständen des [X.]inzelfalls richtet. [X.]ine [X.] nach § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] muss so bemessen sein, dass dem Betroffenen ausreichend [X.] zur [X.]inholung rechtlichen und gegebenenfalls medizinischen Rats sowie zur Abfassung seiner Äußerung verbleibt. In der Regel darf jedenfalls bei einer ausdrücklichen Fristsetzung vom [X.]ericht eine Äußerungsfrist von zwei [X.]ochen - ohne die Anrechnung von [X.] - nicht unterschritten werden (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 386/07 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7 Rd[X.] 14 f; B[X.] Beschluss vom 29.11.2006 - [X.] [X.] 23/06 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 3 Rd[X.] 8).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe war die der klagenden Person gesetzte [X.] von lediglich einer [X.]oche ab der Fertigung des zweiten [X.]s vom [X.] trotz der noch am selben Tag erfolgten Zustellung an ihren damaligen Prozessbevollmächtigten zu kurz.

b) Dieser Verfahrensmangel greift jedoch nicht durch, weil die [X.]ntscheidung des L[X.] nicht auf ihm beruhen kann. Zwar war die eingeräumte Frist zu kurz, faktisch hat der klagenden Person jedoch eine angemessene Frist zur Verfügung gestanden, ohne dass die klagende Person diese zu einer Äußerung genutzt hat. [X.]s hat sich nicht zu Lasten der klagenden Person ausgewirkt, dass das L[X.] ihr mit dem [X.] vom [X.] nur eine Äußerungsfrist von einer [X.]oche gesetzt hat. Denn der angegriffene Beschluss des L[X.] ist erst am [X.] ergangen. Damit aber hat der klagenden Person tatsächlich in jedem Fall eine angemessene Frist von zwei [X.]ochen zuzüglich hinreichender [X.] - genau eine Frist von 18 Tagen - zur Verfügung gestanden, um eine weitere Stellungnahme oder Beweisanträge bei [X.]ericht einzureichen. Daher konnte die nach § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] vorgeschriebene Anhörung im vorliegenden Fall die ihr zugedachte Funktion, die ansonsten durch die mündliche Verhandlung ermöglichte umfassende Anhörung der Beteiligten adäquat zu kompensieren (vgl B[X.] Beschluss vom 17.11.2015 - [X.] KR 65/15 B - juris Rd[X.] 8), tatsächlich noch erfüllen. Mithin hat es sich nicht ausgewirkt, dass das L[X.] im [X.] vom [X.] eine zu kurze Frist gesetzt hat.

c) Des [X.]eiteren sieht die klagende Person § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] und ihren Anspruch auf [X.]ewährung rechtlichen [X.]ehörs (Art 103 Abs 1 [X.][X.], § 62 [X.][X.]) auch dadurch verletzt, dass das L[X.] ihr auf ihren Schriftsatz vom [X.] keine [X.]iedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt und keine Beweisaufnahme nach § 109 [X.][X.] durchgeführt hat. [X.]in [X.] liegt insoweit jedoch nicht vor.

[X.]in [X.]ericht ist zwar grundsätzlich verpflichtet, Vorbringen der Beteiligten, das nach Fristablauf bei [X.]ericht eingeht, zur Kenntnis zu nehmen und in [X.]rwägung zu ziehen, indem es den Vorgang der Ausfertigung und Absendung des noch intern gebliebenen Beschlusses anhält und erneut über die Sache berät (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 386/07 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7 Rd[X.] 23 mwN). Dies war dem L[X.] im vorliegenden Fall aber nicht möglich. Der Schriftsatz der klagenden Person vom [X.] ist bei [X.]ericht am selben Tag eingegangen. Zu diesem [X.]punkt hatte der Beschluss vom [X.] den internen Bereich des L[X.] bereits verlassen und war den Beteiligten bereits zugestellt. Diese haben den Beschluss ausweislich des [X.]mpfangsbekenntnisses des damaligen Prozessbevollmächtigten der klagenden Person am [X.] und des [X.]mpfangsbekenntnisses der [X.] am [X.] erhalten. Mit der Zustellung an die Beteiligten ist der Beschluss wirksam (vgl hierzu [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.][X.], 13. Aufl 2020, § 133 Rd[X.] 2a) und damit gemäß § 202 Satz 1 [X.][X.] iVm § 318 ZPO für das L[X.] bindend geworden (B[X.] Beschluss vom [X.], aaO Rd[X.] 24). [X.]ine [X.]iedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 Abs 1 [X.][X.]) war nach Beendigung des Berufungsverfahrens nicht mehr möglich.

d) Die klagende Person rügt ferner eine Verletzung des § 153 Abs 4 Satz 1 [X.][X.] und eine Verletzung des [X.]rundsatzes der mündlichen Verhandlung gemäß § 124 Abs 1 [X.][X.], weil das L[X.] nicht ohne mündliche Verhandlung hätte entscheiden dürfen. [X.]in solcher Verfahrensmangel, der jedenfalls auch zu einer nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des [X.]erichts (§ 202 Satz 1 [X.][X.] iVm § 547 [X.] 1 ZPO) führt und damit zu der unwiderleglichen Vermutung dafür, dass die angegriffene [X.]ntscheidung auf dieser [X.]esetzesverletzung beruht (B[X.] Beschluss vom 24.2.2016 - [X.] R 341/15 B - juris Rd[X.] 6; B[X.] Beschluss vom 8.9.2015 - [X.] KR 134/14 B - juris Rd[X.] 6), liegt hier jedoch ebenfalls nicht vor.

Die [X.]ntscheidung, die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 [X.][X.] zurückzuweisen, steht im pflichtgemäßen [X.]rmessen des L[X.] ("kann"). Diese [X.]ntscheidung kann vom B[X.] deshalb nur darauf geprüft werden, ob das Berufungsgericht von seinem [X.]rmessen erkennbar fehlerhaft [X.]ebrauch gemacht hat, etwa wenn der Beurteilung sachfremde [X.]rwägungen oder eine grobe Fehleinschätzung zugrunde liegen (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 18.6.2019 - [X.] V 38/18 B - juris Rd[X.] 9; B[X.] Beschluss vom 23.3.2016 - [X.] SB 83/15 B - juris Rd[X.] 8; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 386/07 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7 Rd[X.] 27, jeweils mwN).

Die mündliche Verhandlung, aufgrund der die [X.]erichte der Sozialgerichtsbarkeit regelmäßig entscheiden (§ 124 Abs 1 [X.][X.]), verfolgt den Zweck, dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches [X.]ehör zu genügen und mit ihnen den Streitstoff erschöpfend zu erörtern. Diese Funktion und Bedeutung der mündlichen Verhandlung muss das Berufungsgericht auch bei seiner [X.]ntscheidung berücksichtigen, ob es im vereinfachten Verfahren gemäß § 153 Abs 4 Satz 1 [X.][X.] ohne mündliche Verhandlung entscheiden will. Demgemäß sind für diese [X.]rmessensentscheidung - auch im [X.]inblick auf das in Art 6 Abs 1 [X.]uropäische Menschenrechtskonvention jedermann gewährleistete Recht auf rechtliches [X.]ehör - die Schwierigkeit des Falles und die Bedeutung der [X.] relevant (vgl B[X.] Beschluss vom 8.9.2015 - [X.] KR 134/14 B - juris Rd[X.] 8). Nicht erforderlich ist eine mündliche Verhandlung dann, wenn der Sachverhalt umfassend ermittelt worden ist, sodass [X.] in einer mündlichen Verhandlung nicht mehr geklärt werden müssen, oder wenn im Berufungsverfahren lediglich der erstinstanzliche Vortrag wiederholt wird und das [X.]ericht nur noch darüber zu befinden hat, wie das [X.]esamtergebnis des Verfahrens gemäß § 128 [X.][X.] zu würdigen und rechtlich zu beurteilen ist. Von Bedeutung kann insoweit auch eine außergewöhnlich lange Verfahrensdauer sein oder ob im Berufungsverfahren neuer Tatsachenvortrag durch einen Beteiligten erfolgt ist, den das L[X.] als nicht glaubhaft oder nicht glaubwürdig beurteilt hat. In jedem Fall ist der Anspruch der Beteiligten auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 [X.][X.]) zu beachten, nach dem die [X.]estaltung des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis zu dem auf Sachverhaltsaufklärung und Verwirklichung des materiellen Rechts gerichteten Verfahrensziel stehen muss (vgl B[X.] Beschluss vom 8.9.2015 - [X.] KR 134/14 B - juris Rd[X.] 8; B[X.] Beschluss vom 24.5.2012 - [X.] S[X.]4/11 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 14 Rd[X.] 10; jeweils mwN). Ist bei Abwägung aller danach zu berücksichtigenden Umstände die [X.]ahl des vereinfachten Verfahrens ohne mündliche Verhandlung unter keinen Umständen zu rechtfertigen, liegt eine grobe Fehleinschätzung im obigen Sinne vor (B[X.] Beschluss vom 18.6.2019 - [X.] V 38/18 B - juris Rd[X.] 10; B[X.] Urteil vom [X.] - B 2 U 29/00 R - [X.] 3-1500 § 153 [X.] 13 - juris Rd[X.] 22).

[X.]ntgegen der Ansicht der klagenden Person ist dies vorliegend jedoch nicht der Fall. Insbesondere sind die entscheidungsrelevanten [X.] - ausgehend von der insoweit maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung des L[X.] (vgl zB B[X.] Beschluss vom 10.6.2021 - [X.] V 56/20 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom 31.7.2017 - [X.] KR 47/16 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 30 Rd[X.] 16, jeweils mwN) - nicht ungeklärt geblieben. Das Berufungsgericht hat nach [X.]inholung von zwei Sachverständigengutachten und einer Zeugenvernehmung des die klagende Person im [X.] behandelnden Arztes sowie nach Beiziehung sämtlicher noch vorhandener ärztlicher Unterlagen des UK[X.] die Voraussetzungen eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS des § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] mit Blick auf die vorgenommene Klitoridektomie nicht als nachgewiesen bewertet und festgestellt, dass weder im Sinne eines [X.] noch im Sinne einer [X.]laubhaftmachung nachgewiesen sei, dass sich die im UK[X.] im Zusammenhang mit der medizinischen Intervention handelnden Personen der klagenden Person gegenüber in feindseliger [X.]illensrichtung verhalten haben. Zudem ist das L[X.] zum [X.]rgebnis gelangt, dass nicht erkennbar sei, dass der seinerzeitige [X.]ingriff rechtswidrig erfolgt sei. [X.]s habe eine wirksame [X.]inwilligung vorgelegen, weil die für die klagende Person [X.]rziehungsberechtigten in die medizinische Intervention im [X.] eingewilligt hätten. [X.]ine vorsätzliche Beibringung von [X.]ift iS des § 1 Abs 2 [X.] 1 [X.] scheidet nach Ansicht des L[X.] bereits deshalb aus, weil die Verordnung und Dosierung des Medikaments [X.] nicht in feindseliger [X.]illensrichtung erfolgt sei. Auch sei die Verabreichung des Medikaments nicht durch medizinisches Personal erfolgt, sondern in Tablettenform durch die klagende Person selbst oder deren [X.]rziehungsberechtigte.

Danach sind weder sachfremde [X.]rwägungen noch eine grobe Fehleinschätzung bei der [X.]ntscheidung des L[X.] erkennbar, durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Denn es hatte nur noch darüber zu befinden, wie das [X.]esamtergebnis des Verfahrens gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] zu würdigen und rechtlich zu beurteilen war. Allein der erhebliche Umfang der Akten, der nicht zuletzt auch durch die zahlreichen und umfänglichen Schriftsätze der klagenden Person bedingt ist, steht der [X.]ntscheidung des L[X.], im Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung entscheiden zu wollen, nicht entgegen. Zwar ist die [X.] durchaus als lang zu bewerten. Das Berufungsverfahren selbst hat ca zweieinhalb Jahre gedauert. Allerdings hat das L[X.] eine umfassende Beweisaufnahme vorgenommen. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass gerade die Beweisaufnahme des L[X.] dem Anspruch der klagenden Person auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 [X.][X.]) diente, um eine vollständige Sachverhaltsaufklärung und die Verwirklichung des materiellen Rechts zu gewährleisten (vgl hierzu B[X.] Beschluss vom 24.5.2012 - [X.] S[X.]4/11 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 14 Rd[X.] 10 mwN). Unerheblich ist in diesem Kontext der [X.]inwand der klagenden Person, der Streitgegenstand sei aufgrund seiner Bezüge zum [X.] und internationalen Recht besonders schwierig und zudem noch weiter aufklärungsbedürftig, weil erhebliche [X.]idersprüche in den eingeholten [X.]utachten und der zeugenschaftlichen Stellungnahme bestünden und die Diagnosen fehlerhaft seien. Aus der hier allein maßgeblichen Sicht des L[X.] war die Frage eines Versorgungsanspruchs aufgrund eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs iS von § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] und der vorsätzlichen Beibringung von [X.]ift nach § 1 Abs 2 [X.] 1 [X.] auf [X.]rundlage dieser Normen geklärt, ohne dass diesbezüglich europäisches und internationales Recht anzuwenden war. Die [X.]ürdigung der Sachverständigengutachten und der Angaben des gehörten Zeugen sowie der beigezogenen medizinischen Befunde und sonstigen Unterlagen durch das L[X.] unterliegen dabei nicht der Prüfung durch das B[X.]. Denn gemäß § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] kann eine Beschwerde nicht auf eine Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] ([X.]rundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden. Das L[X.] war auch nicht verpflichtet, die klagende Person vor der [X.]ntscheidung auf die beabsichtigte Beweiswürdigung hinzuweisen (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 386/07 B - [X.] 4-1500 § 153 [X.] 7 Rd[X.] 29-30).

2. Soweit die klagende Person als Verfahrensmangel rügt, sie habe eine fehlerhafte und damit unwirksame [X.] zur Bestellung der Sachverständigen [X.] erhalten und sei dadurch in ihrem rechtlichem [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.], § 62 [X.][X.]) verletzt worden, ist die Beschwerde ebenfalls unbegründet.

Für die Beweisaufnahme durch die Sozialgerichte genügt regelmäßig eine prozessleitende Anordnung ([X.]/[X.], Prozesse in Sozialsachen, 2. Aufl 2016, § 6 Rd[X.] 488; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]andbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, [X.] Rd[X.] 37). Als solche ist die aktenkundige, vom Berichterstatter des L[X.] unter dem [X.] verfügte und den Beteiligten mit [X.]erichtsschreiben vom 11.2.2021 übersandte [X.] zu qualifizieren. Die klagende Person legt nicht substantiiert dar, dass und gegebenenfalls welche notwendigen Inhalte dieser ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten übersandten [X.] gefehlt haben und inwiefern sie dadurch an der [X.]ahrnehmung ihrer prozessualen Rechte gehindert worden ist. [X.]ine [X.]ehörsverletzung im Zusammenhang mit der [X.] ist auch nicht erkennbar. Denn diese enthält alle zur [X.]ahrung des rechtlichen [X.]ehörs der Beteiligten erforderlichen Inhalte, insbesondere die Bestellung und namentliche Benennung der beauftragten Sachverständigen sowie die an die Sachverständige gestellten Fragen.

Soweit die klagende Person rügt, dass die ersten vier Seiten der übersandten [X.] gefehlt hätten, hat bereits das L[X.] in dem angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass die für die Beteiligten sichtbare Paginierung der [X.] beginnend auf Seite 5 darauf beruht hat, dass die vorgehenden Seiten 1 bis 4 das Anschreiben an die Sachverständige, rechtliche [X.]inweise zur [X.]rstattung des [X.]utachtens und die von der Sachverständigen auszufüllenden [X.]onorarformulare beinhaltet haben, die den Beteiligten nicht notwendig zur Kenntnis gegeben werden brauchen. [X.]s bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die klagende Person aufgrund dieser Paginierung der [X.] gehindert gewesen ist, von ihren prozessualen Rechten [X.]ebrauch zu machen. Solches hat sie in der Beschwerdebegründung auch nicht nachvollziehbar vorgetragen.

3. Soweit die klagende Person darüber hinaus Verletzungen der Sachaufklärungspflicht des L[X.] nach § 103 [X.][X.] und ihres Rechts auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 [X.][X.] sowie eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Berufungsgerichts rügt (dazu unter a) und ihr Fragerecht an die Sachverständigen und den Zeugen vom L[X.] als nicht beachtet ansieht (dazu unter b), ist die Beschwerde unzulässig. Denn sie hat die von ihr genannten Verfahrensmängel nicht in der gebotenen [X.]eise bezeichnet (§ 160a Abs 2 Satz 3 [X.][X.]).

a) [X.]ird ein Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht (§ 103 [X.][X.]) gerügt, muss die Beschwerdebegründung hierzu folgende Punkte enthalten: (1) Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne [X.]eiteres auffindbaren und bis zuletzt aufrechterhaltenen [X.], dem das L[X.] nicht gefolgt ist, (2) [X.]iedergabe der Rechtsauffassung des L[X.], aufgrund derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe des voraussichtlichen [X.]rgebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die [X.]ntscheidung des L[X.] auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das L[X.] mithin bei Kenntnis des behaupteten [X.]rgebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren [X.]rgebnis hätte gelangen können (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 50/19 B - juris Rd[X.] 6; B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] S[X.]7/18 B - juris Rd[X.] 6).

Die klagende Person trägt vor, sie habe mit diversen Schriftsätzen unter Beifügung zahlreicher ärztlicher Dokumente sowie Ausschnitten von Publikationen auf zahlreiche [X.]idersprüche in den [X.]utachten der Sachverständigen [X.] und [X.] sowie in der schriftlichen Zeugenaussage des [X.] hingewiesen, die eine ergänzende Sachverhaltsaufklärung durch das L[X.] erfordert hätten. Das L[X.] sei ihren diesbezüglich gestellten Beweisanträgen jedoch nicht nachgegangen.

Mit diesem und ihrem weiteren Beschwerdevortrag erfüllt die klagende Person die vorgenannten besonderen [X.] an eine Sachaufklärungsrüge nicht.

[X.]in in der Berufungsinstanz anwaltlich vertretener Beteiligter - wie die klagende Person - kann nur dann mit der Rüge des Übergehens eines [X.] gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten hat oder das [X.]ericht den Beweisantrag in seiner [X.]ntscheidung wiedergibt. Nach Sinn und Zweck des § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das [X.] vor seiner [X.]ntscheidung durch einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärung des [X.]erichts (§ 103 [X.][X.]) noch nicht als erfüllt ansieht. [X.]ntscheidet das Berufungsgericht - wie vorliegend - durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung, so muss ein anwaltlich vertretener Beteiligter nach Zugang der Anhörungsmitteilung nach § 153 Abs 4 Satz 2 [X.][X.] schriftlich gestellte Beweisanträge aufrechterhalten oder neue Beweisanträge stellen. Anderenfalls gilt ein früherer Beweisantrag als erledigt (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 71/19 B - juris Rd[X.] 11 mwN). Die klagende Person hat schon nicht dargetan, ob und welchen ihrer in der Beschwerdebegründung genannten Anträge sie auch nach dem zweiten [X.] des L[X.] vom [X.] wiederholt oder aufrechterhalten hat.

Zudem hat die klagende Person nicht substantiiert dargelegt, aus welchen [X.]ründen sich das L[X.] ausgehend von seiner Rechtsauffassung zur weiteren Sachaufklärung hätte gedrängt fühlen müssen. Vielmehr führt sie in ihrer Beschwerdebegründung ausschließlich aus, warum aus ihrer Sicht das L[X.] ihren Anträgen auf weitere Beweiserhebung hätte nachgehen müssen. Die klagende Person hätte sich jedoch im Rahmen ihrer Sachaufklärungsrüge mit der Rechtsansicht des L[X.] auseinandersetzen und hiervon ausgehend bezogen auf jeden ihrer Anträge substantiiert aufzeigen müssen, warum das L[X.] sich zu weiteren [X.]rmittlungen hätte veranlasst sehen müssen. Dies hat sie jedoch nicht getan. Allein die bloße Behauptung der klagenden Person, das L[X.] hätte bei einer weiteren Sachaufklärung entsprechend ihrer Anträge zu dem [X.]rgebnis kommen können, dass keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende [X.]inwilligung der [X.]ltern für den intensiven [X.]ingriff mit nachhaltigen Folgen vorgelegen habe, und dass der chirurgische [X.]ingriff an dem [X.]enitale im Jahr 1977 nicht den Regeln der medizinischen Kunst entsprochen habe, reicht angesichts der vom L[X.] bereits vorgenommenen [X.]rmittlungen (ua) durch Sachverständigen- und Zeugenbeweis nicht aus. Im [X.] ihres diesbezüglichen [X.] wendet sich die klagende Person gegen die Auswertung und [X.]ürdigung der eingeholten Sachverständigengutachten, der Zeugenaussage sowie der aktenkundigen medizinischen Befunde und sonstigen Unterlagen durch das L[X.], die sie für falsch hält. Damit rügt die klagende Person die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts (vgl § 128 Abs 1 Satz 1 [X.][X.]). Diese kann jedoch - wie bereits ausgeführt - mit einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht angegriffen werden (§ 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.]).

Sofern die klagende Person geltend macht, das L[X.] habe ihr Recht auf gutachtliche Anhörung eines bestimmten Arztes nach § 109 [X.][X.] verletzt, indem es ihrem Antrag auf Anhörung des [X.] trotz Leistung eines Kostenvorschusses zur [X.] nicht entsprochen habe, kann sie mit diesem Vorbringen im [X.] von vornherein nicht gehört werden. Denn auf eine Verletzung von § 109 [X.][X.] kann die Verfahrensrüge nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.]albsatz 2 [X.][X.] nicht - weder unmittelbar noch mittelbar - gestützt werden (B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] V 18/19 B - juris Rd[X.] 8).

b) Auch soweit die klagende Person eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches [X.]ehör (Art 103 Abs 1 [X.][X.], § 62 [X.][X.]) in Form des Fragerechts nach § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO rügt, hat sie einen solchen Verfahrensmangel nicht hinreichend dargetan.

Die klagende Person trägt vor, sie habe in diversen Schriftsätzen auf erhebliche [X.]idersprüche in den [X.]utachten der Sachverständigen [X.] und [X.] und in der schriftlichen Zeugenaussage des [X.] hingewiesen. Diese seien jedoch vom L[X.] zu den von ihr aufgeworfenen Fragen nicht angehört worden, obwohl sie dies beantragt habe.

Nach § 116 Satz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 [X.][X.] iVm §§ 397, 402, 411 Abs 4 ZPO steht jedem Beteiligen im Sozialgerichtsprozess das Recht zu, einem Zeugen oder Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache für dienlich erachtet. Sachdienliche Fragen iS von § 116 Satz 2 [X.][X.] liegen dann vor, wenn sie sich im Rahmen des [X.] halten und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet sind. [X.]ierbei müssen keine Fragen formuliert werden; es reicht vielmehr aus, die noch aufklärungs- oder erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Da das Fragerecht der Verwirklichung des rechtlichen [X.]ehörs dient, ist weiterhin erforderlich, dass der Beteiligte alles getan hat, um die Anhörung zu erreichen. Dieser Obliegenheit ist er jedenfalls dann nachgekommen, wenn er einen darauf gerichteten Antrag rechtzeitig gestellt, dabei schriftlich objektiv sachdienliche Fragen angekündigt und das Begehren bis zuletzt aufrechterhalten hat (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 15.5.2017 - [X.] SB 85/16 B - juris Rd[X.] 7; B[X.] Beschluss vom 7.8.2014 - [X.] R 439/13 B - juris Rd[X.] 10, jeweils mwN).

Das Beschwerdevorbringen der klagenden Person entspricht diesen Anforderungen nicht. Unabhängig davon, dass sie schon nicht vorgetragen hat, dass und welche Fragestellungen oder erläuterungsbedürftige Punkte sie auch nach der zweiten Anhörungsmitteilung des L[X.] vom [X.] noch aufrechterhalten oder wiederholt hat, setzt die Ausübung des Rechts, Fragen an einen Zeugen oder Sachverständigen zu stellen, stets eine hinreichend konkrete Bezeichnung der noch aufklärungs- oder erläuterungsbedürftigen Punkte voraus. Bei einem medizinischen Sachverständigen muss ein - wie die klagende Person - rechtskundig vertretener Beteiligter hierzu die in dem Verfahren auf [X.]rundlage der aktenkundigen medizinischen Sachverständigengutachten und Berichte zu den beabsichtigten Fragen bereits getroffenen oder in Zusammenhang mit diesen Fragen stehenden medizinischen Feststellungen auf dem jeweiligen Fachgebiet näher benennen, sodann auf dieser [X.]rundlage auf insoweit bestehende Lücken, [X.]idersprüche oder Unklarheiten hinweisen und hiervon ausgehend schließlich die konkret - aus seiner Sicht - noch erläuterungsbedürftigen Punkte formulieren (vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - [X.] SB 26/18 B - juris Rd[X.] 9). Dass und gegebenenfalls wann die klagende Person dies gegenüber dem L[X.] in welcher Form und mit welchem konkreten Inhalt getan hat, zeigt sie in der Beschwerdebegründung aber nicht hinreichend auf. Nähere Ausführungen wären hier auch schon deshalb notwendig gewesen, weil das L[X.] in dem angefochtenen Beschluss ausdrücklich ausgeführt hat, dass die klagende Person von ihrem Recht, objektiv sachdienliche Fragen an die Sachverständigen und den Zeugen zu stellen, "keinen [X.]ebrauch gemacht" habe.

4. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist schließlich auch unzulässig, soweit die klagende Person eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.] 1 [X.][X.]) geltend macht.

[X.]ine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 [X.] 1 [X.][X.], wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den [X.]inzelfall hinaus aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus [X.]ründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist, und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. [X.]in Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit ([X.]ntscheidungserheblichkeit) sowie die über den [X.]inzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten [X.]ntscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 8.3.2021 - [X.] [X.] 3/20 B - juris Rd[X.] 14; B[X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 401/16 B - juris Rd[X.] 6). Die [X.] an eine [X.]rundsatzrüge erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

Die klagende Person misst folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung bei:

"1. Ist die Feindseligkeit der [X.]illensrichtung im Sinne des [X.] und/oder die [X.]ntschädigungspflicht aus dem [X.] zu bejahen, wenn ein Arzt einem Kind ohne nachgewiesene medizinische Indikation prophylaktisch das Lustorgan unter Verletzung des völkerrechtlichen Folterverbotes aus dem [X.]esetz zu dem VN-Übereinkommen vom 10. Dez. 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (B[X.]Bl. 1990, [X.], Seite 246 - 261) sowie weiterer von der Bundesrepublik [X.] ratifizierten [X.] mit lebenszerstörender Folge entfernt?

2. Sind alle [X.]andlungen, die von den [X.] als Verstoß gegen das völkerrechtliche Folterverbot eingestuft oder von dem [X.]uropäischen Parlament durch verbindlichen Rechtsakt missbilligt sind, unabhängig von der [X.]illensrichtung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] anzusehen?

3. [X.]erden Medikamentenversuche mit in der Bundesrepublik [X.] nicht für Kinder zugelassenen triebhemmenden Präparaten in Tablettenform (Cyproteronacetat = [X.] = S[X.] 8.0714), die ausschließlich eine Zulassung für Sexualverbrecher besitzen bzw. zum [X.]punkt des [X.] besaßen, von der Tatbestandsvariante des § 1 Abs. 2 [X.]. 1 [X.] erfasst?"

Damit und mit ihren weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung hat die klagende Person schon keine hinreichend konkreten Rechtsfragen zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit von § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 [X.] 1 [X.] als revisible Norm des Bundesrechts (vgl § 162 [X.][X.]) mit höherrangigem Recht aufgeworfen und den vom Revisionsgericht zu erwartenden klärenden Schritt für deren Beantwortung in der gebotenen Form aufgezeigt. Vielmehr zielen die von ihr formulierten Fragen auf abstrakte Aussagen zu möglichen Angriffshandlungen und deren [X.]inschätzung als feindselig im Sinne der genannten Vorschriften ab. Die Beantwortung dieser Fragen setzt jedoch eine [X.]ürdigung des Sach- und Streitstandes voraus (§ 128 Abs 1 Satz 1 [X.][X.]). Beinhaltet aber eine Fragestellung im [X.] letztlich eine Frage der Beweiswürdigung, kann ein Beschwerdeführer die gesetzlichen Beschränkungen der Verfahrensrüge in § 160 Abs 2 [X.] 3 [X.][X.] - soweit sie reichen - nicht dadurch erfolgreich umgehen, dass er die Rüge in eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu kleiden sucht (vgl stRspr; zB B[X.] Beschluss vom 16.1.2020 - [X.]0 Ü[X.] 15/19 B - juris Rd[X.] 8 mwN).

Selbst aber wenn man den von der der klagenden Person aufgeworfenen Fragestellungen die Qualität von Rechtsfragen unterstellen wollte, hat die klagende Person deren Klärungsbedürftigkeit nicht dargetan. Sie setzt sich in ihrer Beschwerdebegründung nicht mit den hier maßgeblichen Vorschriften in § 1 Abs 1 Satz 1 und Abs 2 [X.] 1 [X.] auseinander. Die klagende Person benennt auch weder die hierzu ergangene Rechtsprechung des B[X.] noch wertet sie diese aus, um zu begründen, dass sich daraus nicht bereits hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der Fragen ergeben (vgl B[X.] Beschluss vom 21.12.2017 - [X.] V 46/17 B - juris Rd[X.] 7 mwN). Sie erörtert nicht einmal die [X.]ntscheidung des B[X.] vom 29.4.2010 ([X.] V[X.] 1/09 R - B[X.][X.] 106, 91 = [X.] 4-3800 § 1 [X.] 17), in der sich das B[X.] mit der Bewertung von ärztlichen [X.]ingriffen als vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriff iS des § 1 Abs 1 Satz 1 [X.] beschäftigt hat. Schließlich setzt sich die klagende Person trotz ihrer umfänglichen Ausführungen zur [X.] (aaO) nicht mit dem Umstand auseinander, dass Art 14 [X.] den Opfern einer Folterhandlung keinen unmittelbaren [X.]ntschädigungsanspruch gegen einen der Konventionsstaaten vermittelt (vgl hierzu B[X.] Beschluss vom 1.7.2020 - [X.] R 7/19 B[X.] - juris Rd[X.] 7 mwN).

5. Dass die klagende Person die Berufungsentscheidung inhaltlich für unrichtig hält, kann als solches nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB B[X.] Beschluss vom 28.10.2020 - [X.]0 [X.][X.] 1/20 B[X.] - juris Rd[X.] 11; B[X.] Beschluss vom 25.7.2011 - [X.]2 KR 114/10 B - [X.] 4-1500 § 160 [X.] 22 - juris Rd[X.] 4).

6. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 [X.]albsatz 2 [X.][X.]).

C. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.][X.].

Meta

B 9 V 32/21 B

16.12.2021

Bundessozialgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: V

vorgehend SG Hamburg, 19. Dezember 2018, Az: S 12 VE 46/14, Urteil

Art 14 FoltKonv, § 1 Abs 1 S 1 OEG, § 1 Abs 2 Nr 1 OEG, § 153 Abs 4 S 1 SGG, § 153 Abs 4 S 2 SGG, § 62 SGG, § 67 SGG, § 73a Abs 1 S 1 SGG, § 103 SGG, § 109 SGG, § 116 S 2 SGG, § 118 Abs 1 S 1 SGG, § 124 Abs 1 SGG, § 128 Abs 1 S 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 114 Abs 1 S 1 ZPO, § 397 ZPO, § 402 ZPO, § 411 Abs 4 ZPO, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 16.12.2021, Az. B 9 V 32/21 B (REWIS RS 2021, 259)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 259

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