Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 954/11

5. Senat | REWIS RS 2013, 7455

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) GLEICHSTELLUNG ARBEITSVERTRAG INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT TARIFVERTRÄGE LEIHARBEIT ZEITARBEIT GEHALT LEIHARBEITNEHMER

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


Leitsatz

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 AÜG ist ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem im Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird.

2. Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren Stammarbeitnehmern des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im Leiharbeitsverhältnis es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 AÜG "dem Grunde nach" ausreicht.

Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 20. September 2011 - 7 [X.] 1318/11 - aufgehoben.

2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des [X.] (Oder) vom 9. Juni 2011 - 3 Ca 422/11 - teilweise abgeändert.

3. Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

4. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Die 1959 geborene Klägerin war - nach vorhergehender Arbeitslosigkeit - vom 4. Mai 2009 bis zum 30. Juni 2010 bei der [X.], die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und der [X.] in [X.] für Montagearbeiten überlassen. Die Klägerin erhielt bei einer regelmäßigen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen [X.]ruttostundenlohn von zunächst 6,00 Euro, ab 1. Juli 2009 von 6,15 Euro. Außerdem zahlte die [X.]eklagte für Überstunden einen Zuschlag von 25 %, eine Fahrtkostenerstattung iHv. 12,00 Euro pro Arbeitstag und ab Dezember 2009 einen monatlichen Zuschuss zu vermögenswirksamen Leistungen iHv. 13,50 Euro brutto.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 30. April 2009 zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„§ 1 Tarifliche [X.]estimmungen

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister ([X.]) und der [X.] und [X.] ([X.]) geschlossenen Tarifverträgen, bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und [X.]eschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer [X.] der in Satz 1 genannten Tarifgemeinschaft ist.

        

Soweit der Mitarbeiter nicht tarifgebunden ist, vereinbaren die Parteien, dass die [X.]estimmungen der in Abs. 1 genannten Tarifverträge den [X.]estimmungen dieses Arbeitsvertrages vorgehen. Dies gilt nicht, soweit die in Abs. 1 genannten Tarifverträge eine solche Abweichung ausdrücklich zulassen oder sich aus den [X.]estimmungen dieses Arbeitsvertrages eine für den Mitarbeiter günstigere Regelung ergibt. Insoweit gilt § 4 Abs. 3 [X.], insbesondere für die Durchführung des Günstigkeitsvergleichs gemäß Satz 2 entsprechend.

        

Sollten die in Abs. 1 genannten Tarifverträge gekündigt werden oder auf andere Weise ihre Gültigkeit verlieren, ohne dass neue, zwischen diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossene Tarifverträge an ihre Stelle treten, bestimmen sich die Rechte und Pflichten der Parteien des Arbeitsvertrages nach den in Abs. 1 genannten Tarifverträgen in der zuletzt zwischen den Tarifvertragsparteien vereinbarten Fassung.

        

...     

        

§ 2 Vertragsgegenstand

        

…       

        

Der Mitarbeiter wird für folgende Tätigkeit eingestellt:

        

Zeitarbeiterin

        

Diese Tätigkeit umfasst folgende Aufgabenbereiche:

        

allgemeine Montagearbeiten gem. Einsatzmitteilung

        

Für ihre Ausübung ist folgende Qualifikation erforderlich:

        

keine 

        

…       

        

§ 6 Vergütung

        

Gemäß der in § 2 genannten Tätigkeitsbezeichnung wird der Mitarbeiter in [X.] E 1 gemäß des in § 1 Abs. 1 genannten [X.] eingruppiert.

        

Der Mitarbeiter erhält

        

ein tarifliches Entgelt, dessen Höhe sich nach den [X.]estimmungen der in § 1 Abs. 1 genannten Tarifverträge bemisst (tarifliches Entgelt). Der Stundenlohn beträgt danach derzeit 6,00 € brutto.

        

…       

        

[X.]ei auswärtigen Einsätzen können unter [X.]eachtung der jeweils gültigen gesetzlichen [X.]estimmungen je nach Einsatzort arbeitstägliche Zuschüsse für Fahrgeld, Verpflegung oder Übernachtung (Aufwandserstattung) gewährt werden. Maßgebend ist die Entfernung des Arbeitsortes vom Wohnort oder der [X.]etriebsstätte, das genutzte Verkehrsmittel und die ggf. erforderliche Unterbringung am Arbeitsort. Solche Zuschüsse werden nur gezahlt, wenn und soweit es sofort zwischen der [X.] und dem Mitarbeiter schriftlich vereinbart worden ist.

        

…       

        

Lohnabrechnungszeitraum ist der Kalendermonat. Die Lohnabrechnung und -zahlung ist zum 21. Kalendertag des folgenden Monats fällig. Die Zahlung erfolgt bargeldlos, wofür der Mitarbeiter der [X.] ein [X.]ankkonto anzugeben hat.

        

…       

        

§ 14 Ausschlussfristen

        

Die Parteien vereinbaren hiermit ausdrücklich einzelvertraglich unabhängig von der Geltung eines Tarifvertrages und der einzelvertraglichen [X.]ezugnahme eines Tarifvertrages im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses folgendes:

        

Ansprüche der Vertragsparteien aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Satz 1 gilt nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden.

        

Lehnt die andere Vertragspartei die Erfüllung des Anspruchs schriftlich ab, oder erklärt sie sich nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Ablehnung oder Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird.

        

…“    

4

Am 6. April 2010 schlossen die Parteien rückwirkend zum 1. Januar 2010 eine von der [X.] vorformulierte Änderungsvereinbarung, die auszugsweise lautet:

        

„§ 1 Tarifliche [X.]estimmungen

        

(Änderung des Absatzes 1)

        

Die Rechte und Pflichten dieses Arbeitsvertrages bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband Mittelständischer Personaldienstleister e.V. ([X.]) und der Tarifgemeinschaft Christlicher [X.]en Zeitarbeit und [X.] ([X.]), der Christlichen [X.] Metall ([X.]), der [X.] - die [X.]erufsgewerkschaft e.V. ([X.]), dem [X.]eschäftigtenverband Industrie, Gewerbe, Dienstleistung ([X.]IGD), dem [X.] land- und ernährungswirtschaftlicher [X.]erufe (ALE[X.]) sowie medsonet. Die Gesundheitsgewerkschaft (medsonet) geschlossenen Tarifverträgen, derzeit bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und [X.]eschäftigungssicherungstarifverträgen sowie etwaigen ergänzenden oder ersetzenden Tarifverträgen, in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer der in Satz 1 genannten [X.]en oder der Tarifgemeinschaft ist.“

5

Ab 1. Juli 2010 wurde die Klägerin von der [X.] in ein befristetes Arbeitsverhältnis übernommen und erhielt bei einer Arbeitszeit von 35 Wochenstunden ein [X.]ruttomonatsgehalt von 1.948,00 Euro. Außerdem sollten die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie in [X.]erlin und [X.]randenburg Anwendung finden.

6

Mit der am 8. März 2011 eingereichten und der [X.] am 11. März 2011 zugestellten Klage hat die Klägerin zuletzt für den Zeitraum 15. Juni 2009 bis 30. Juni 2010 unter [X.]erufung auf § 10 Abs. 4 [X.] die Differenz zwischen der von der [X.] erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin im Streitzeitraum vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt hat, verlangt und geltend gemacht, die einzelvertragliche Ausschlussfrist habe erst mit der Entscheidung des [X.]undesarbeitsgerichts zur fehlenden Tariffähigkeit der [X.] zu laufen begonnen.

7

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an die Klägerin 14.809,29 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz seit dem 11. März 2011 zu zahlen.

8

Die [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die fehlende Tariffähigkeit einer Arbeitnehmervereinigung führe nur zur Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc, zumindest habe sie auf die Wirksamkeit der von der [X.] geschlossenen Tarifverträge vertrauen dürfen. Ab dem 1. Januar 2010 habe sie aufgrund der Inbezugnahme des mehrgliedrigen Tarifvertrags zwischen dem [X.] e.V. ([X.]), der [X.] und einer Reihe von [X.] vom 15. März 2010 von dem Gebot der Gleichbehandlung abweichen dürfen. Schließlich seien Ansprüche der Klägerin wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung nach der vertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das [X.] hat die [X.]erufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die [X.]eklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist begründet. Das [X.] hat die Berufung der [X.] gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht zurückgewiesen. Die Klage ist unbegründet.

A. In Höhe eines [X.] von 1.365,74 Euro brutto ist die Klage bereits nach der eigenen Berechnung der Klägerin unbegründet. Die Vorinstanzen haben ihr zwar 14.809,29 Euro brutto zugesprochen. Doch hat die Klägerin in der Revisionserwiderung ihre Forderung auf 13.443,55 Euro brutto neu berechnet und ausgeführt, es sei mit der Klage irrtümlich zu viel gefordert und „so auch überhöht ausgeurteilt worden“. [X.] Konsequenzen hat sie daraus nicht gezogen.

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 [X.] verpflichtet, der Klägerin für die [X.] an die [X.] das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es die Entleiherin ihren [X.]n gewährt ([X.]). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ist aber aufgrund der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung verfallen, weil ihn die Klägerin nicht rechtzeitig gegenüber der [X.] geltend gemacht hat (I[X.]).

[X.] Das [X.] verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren [X.]n gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das [X.] ein Abweichen durch Tarifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 [X.]) mit der Folge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 Satz 2 [X.]). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. § 1 des ursprünglichen Arbeitsvertrags (fortan: Arbeitsvertrag) verweist auf unwirksame Tarifverträge, mit § 1 des Arbeitsvertrags idF der [X.] vom 6. April 2010 (fortan: Arbeitsvertrag 2010) werden die dort genannten Tarifverträge nicht wirksam in Bezug genommen.

1. Das Gebot der Gleichbehandlung ist bindend. § 10 Abs. 4 [X.] verstößt insoweit weder gegen Grundrechte noch gegen Unionsrecht.

a) § 10 Abs. 4 [X.] verletzt die Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberverbände ebenso wenig wie die Berufsfreiheit der Verleihunternehmen. Das hat das [X.] bereits entschieden ([X.] 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. -). Entgegen der Auffassung der Revision gilt im Hinblick auf die kollektive Koalitionsfreiheit der in der [X.] tätigen Arbeitnehmervereinigungen und die individuelle Koalitionsfreiheit der Leiharbeitnehmer nichts anderes.

Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet einer Arbeitnehmerkoalition deren Bildung, Bestand und Betätigung, wobei letztere alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen umfasst (vgl. [X.] 6. Februar 2007 - 1 [X.] - Rn. 21 ff.; [X.] 20. November 2012 - 1 [X.] - Rn. 111). Zu der koalitionsmäßigen Betätigung gehört auch die Tarifautonomie als das Recht, Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen mit der Arbeitgeberseite auszuhandeln. In diesen Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG greift das Gebot der Gleichbehandlung nicht ein, weil die [X.] es den Koalitionen ermöglicht, für ihre Mitglieder verbindliche abweichende Regelungen zu treffen. Das Bestreben der Arbeitgeberseite, über für sie wirtschaftlich günstigere tarifliche Regelungen dem Gebot der Gleichbehandlung nicht nachkommen zu müssen, wird es einer Arbeitnehmerkoalition in der [X.] eher erleichtern als erschweren, Tarifverträge auszuhandeln. Zudem wäre ein Eingriff in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG wegen der damit vom Gesetzgeber verfolgten Zwecke nicht nur gegenüber Arbeitgeber-, sondern auch gegenüber [X.] verfassungsrechtlich gerechtfertigt (vgl. dazu im Einzelnen: [X.] 29. Dezember 2004 - 1 BvR 2283/03 ua. - zu [X.] 3 b der Gründe).

Die Koalitionsfreiheit umfasst als individuelles Freiheitsrecht auch das Recht des Einzelnen, sich einer Koalition anzuschließen. Ein - feststellbarer - Druck auf Leiharbeitnehmer zum Austritt aus bzw. zum [X.] in eine Arbeitnehmerkoalition geht von § 10 Abs. 4 [X.] nicht aus. Ist der Verleiher bereit, dem Leiharbeitnehmer ein Arbeitsentgelt zu zahlen, so wie es der Entleiher seinen [X.]n gewährt, kann dies unbeschadet einer Tarifbindung arbeitsvertraglich wirksam (§ 4 Abs. 3 [X.]) vereinbart werden.

b) Ob Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Leiharbeit (fortan: [X.]) hinsichtlich des Arbeitsentgelts von der Ermächtigungsgrundlage des Art. 153 AEUV (ex Art. 137 EGV) gedeckt ist, kann dahingestellt bleiben. Dem nationalen Gesetzgeber bleibt es unbenommen, über die in Art. 5 [X.] vorgesehenen Maßnahmen hinauszugehen. Eine Vorlage der in der Revision aufgeworfenen Frage nach der Reichweite des Art. 5 [X.] an den [X.] hatte mangels Entscheidungserheblichkeit zu unterbleiben (vgl. [X.] 29. Mai 2012 - 1 BvR 3201/11 - Rn. 21 ff.).

2. Das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 Satz 1 und Satz 4 [X.] wird nicht gemäß § 10 Abs. 4 Satz 2 [X.] durch Bezugnahme auf von der [X.] abgeschlossene Tarifverträge (§ 1 Arbeitsvertrag in der ursprünglichen Fassung) ausgeschlossen. Die [X.] konnte keine wirksamen Tarifverträge schließen.

a) Nach den Entscheidungen des [X.] des [X.] vom 14. Dezember 2010 (- 1 [X.] - [X.]E 136, 302), dem Beschluss des [X.]s Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 [X.] 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde ([X.] 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die [X.] seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. [X.] 23. Mai 2012 - 1 [X.] - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 [X.] - Rn. 7). Ob die [X.] der genannten Entscheidungen durch die zum 30. April 2011 erfolgte Einfügung von § 3a [X.] durch Art. 1 Nr. 6 des [X.] zur Änderung des [X.]es - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung vom 28. April 2011 ([X.]) wieder entfallen ist (so etwa [X.]/[X.] 2011, 1636; [X.] NZA 2011, 1062), kann entgegen der Auffassung der Revision dahingestellt bleiben. § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 [X.] setzen einen zum Zeitpunkt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung und während der Dauer des Arbeitsverhältnisses wirksamen Tarifvertrag voraus ([X.], vgl. nur [X.] in [X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. § 9 Rn. 102; [X.] in Thüsing [X.] 3. Aufl. § 9 Rn. 39; [X.]/[X.] [X.] 2. Aufl. § 9 Rn. 120).

b) Fehlt einer Tarifvertragspartei die Tariffähigkeit, kann sie allenfalls eine Kollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen Tarifvertrag iSd. § 1 Abs. 1 [X.] abschließen (zur fehlenden Tarifzuständigkeit: [X.] 17. April 2012 - 1 [X.] - Rn. 69). Trotz fehlender Tariffähigkeit abgeschlossene „Tarifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam ([X.] 15. November 2006 - 10 [X.] - Rn. 21 [X.], [X.]E 120, 182; 27. November 1964 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 16, 329; [X.]/[X.] 13. Aufl. § 2 [X.] Rn. 5; [X.]/[X.] 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren Tarifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende Tariffähigkeit oder die fehlende Tarifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des Tarifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das Fehlen der Fähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines Tarifvertrags festgestellt.

c) Die These vom fehlerhaften Tarifvertrag ([X.]/Henssler 5. Aufl. § 1 [X.] Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener Tarifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 [X.] ungeeignet. Denn es geht in diesem Falle nicht um die Rückabwicklung vollzogener Tarifverträge, sondern um die Rechtsfolge des Scheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 Satz 2 [X.] eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 [X.] einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 [X.] dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

d) Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die Tariffähigkeit der [X.] ist nicht geschützt.

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen ([X.] 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, [X.]E 122, 248; vgl. dazu auch [X.] 19. Juni 2012 - 9 [X.] - Rn. 27 [X.]). Die Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der [X.] waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das [X.] noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die Tariffähigkeit der [X.] festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung ([X.] 24. März 2004 - 5 [X.] - zu I 2 c cc der Gründe, [X.]E 110, 79) hat der [X.] bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der [X.] abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine Feststellung von deren Tariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das [X.] werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten Sinne, etwa entsprechend im Schrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen ([X.], 159, 161 [X.]).

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der [X.] oder sonstiger Stellen entwickeltes Vertrauen in die Tariffähigkeit der [X.] ist nicht geschützt. Die Revision weist selbst darauf hin, dass die Tariffähigkeit der [X.] bereits nach deren ersten Tarifvertragsabschluss im Jahre 2003 in Frage gestellt und öffentlich diskutiert wurde (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.] 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. [X.]; [X.] NZA 2008, 438; [X.]/[X.] 2010, 1180; [X.]/[X.] 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der [X.] abgeschlossene Tarifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren Tariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden Tariffähigkeit der [X.] realisiert hat.

3. § 1 Arbeitsvertrag 2010 hat die Beklagte nicht von dem Gebot der Gleichbehandlung entbunden. Die Bezugnahmeklausel, mit der die Geltung der vom [X.] ([X.]), der [X.] und einer Reihe von [X.] geschlossenen Tarifverträge vom 15. März 2010 (im Folgenden: [X.]-TV 2010) vereinbart werden soll, ist intransparent und nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam.

a) Bei den in § 1 Arbeitsvertrag 2010 genannten Tarifverträgen handelt es sich nicht um ein einheitliches Tarifwerk (Einheitstarifvertrag), sondern, wie auch die Präambel zum [X.]-TV 2010 festhält, um einen mehrgliedrigen Tarifvertrag im engeren Sinne (zur Terminologie: [X.] 8. November 2006 - 4 [X.] - Rn. 22, [X.]E 120, 84). Bei diesem sind mehrere selbständige Tarifverträge in einer Urkunde zusammengefasst. Die arbeitsvertragliche Bezugnahme erstreckt sich damit auf sechs eigenständige [X.], jeweils bestehend aus Mantel-, Entgeltrahmen-, Entgelt- und Beschäftigungssicherungstarifvertrag. Mangels anderweitiger Regelung in der Klausel, etwa einer einsatzbezogenen Differenzierung der anzuwendenden [X.] nach der Branche des Entleihers, muss der durchschnittliche Leiharbeitnehmer davon ausgehen, dass gleichzeitig sechs eigenständige [X.] auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

Ob § 9 Nr. 2 [X.] eine derartige Vertragsgestaltung, mit der gleichsam sechsfach von der [X.] Gebrauch gemacht werden soll, zulässt, zumal wenn zum Zeitpunkt des Abschlusses der vereinbarten [X.] die fehlende Tariffähigkeit einer der tarifschließenden Koalitionen im Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4, § 97 ArbGG bereits zweitinstanzlich festgestellt war ([X.] 7. Dezember 2009 - 23 [X.] 1016/09 - [[X.]]), braucht der [X.] nicht zu entscheiden. § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist jedenfalls intransparent.

b) § 1 Arbeitsvertrag 2010 ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). [X.] ist unstreitig von der [X.] für eine Vielzahl von [X.]en vorformuliert und den Arbeitnehmern einseitig gestellt worden. [X.]altspunkte dafür, die Klausel sei zwischen den Parteien „ausgehandelt“ iSv. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB liegen nicht vor. Die Beklagte hat selbst nicht vorgebracht, der Klägerin die Möglichkeit der Einflussnahme auf die streitgegenständliche Klausel eingeräumt zu haben (vgl. [X.] 19. Mai 2010 - 5 [X.] - Rn. 25 f. [X.]).

c) Verweist eine Regelung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf Vorschriften eines anderen Regelwerks, führt dies für sich genommen nicht zur Intransparenz. Insbesondere arbeitsvertragliche Bezugnahmen auf tarifliche Regelwerke, auch wenn sie dynamisch ausgestaltet sind, entsprechen einer im Arbeitsrecht gebräuchlichen Regelungstechnik und dienen den Interessen beider Parteien eines auf die Zukunft gerichteten Arbeitsverhältnisses ([X.] 14. November 2012 - 5 [X.] - Rn. 22 [X.]). Dass bei Vertragsschluss noch nicht absehbar ist, welchen zukünftigen Inhalt die in Bezug genommenen Tarifregelungen haben werden, ist unerheblich. Die im Zeitpunkt der jeweiligen Anwendung geltenden, in Bezug genommenen Regelungen sind bestimmbar. Das ist zur Wahrung des Transparenzgebots für Klauseln, die - wie im Regelfall - auf einen bestimmten bzw. bestimmbaren Tarifvertrag oder ein bestimmtes bzw. [X.] tarifliches Regelwerk im Sinne einer Einheit aus Mantel-, Entgelt- und sonstigen Einzeltarifverträgen verweisen, ausreichend (vgl. [X.] 21. November 2012 - 4 [X.] - Rn. 35 [X.]). Doch bedarf eine Bezugnahmeklausel wie die streitgegenständliche, mit der mehrere eigenständige tarifliche Regelwerke gleichzeitig auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung gebracht werden sollen, zur Gewährleistung ihrer hinreichenden Bestimmtheit einer Kollisionsregel, der sich entnehmen lässt, welches der mehreren in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben soll. Andernfalls lässt sich nicht für jeden Zeitpunkt bestimmen, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke sich jeweils durchsetzen und gelten soll. Fehlt in der Bezugnahmeklausel eine Kollisionsregel, besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer wegen dieser Unklarheit seine Rechte nicht wahrnimmt. Gerade dies will das Bestimmtheitsgebot verhindern ([X.] 17. August 2011 - 5 [X.] - Rn. 13, 16 [X.]).

d) Nach diesen Grundsätzen verstößt § 1 Arbeitsvertrag 2010 gegen das Transparenzgebot. [X.] enthält keine Kollisionsregel. Der Leiharbeitnehmer kann aus ihr nicht ersehen, welches der mehreren in Bezug genommen tariflichen Regelwerke bei sich widersprechenden Regelungen den Vorrang haben und bei welcher - für das Gebot der Gleichbehandlung nach § 10 Abs. 4 [X.] maßgeblichen - Überlassung gelten soll. Er kann außerdem anhand der Klausel und der gemäß § 8 [X.] im Betrieb auszulegenden Tarifverträge nicht ermitteln, welches der in Bezug genommenen tariflichen Regelwerke bei einer bestimmten Überlassung eine Vereinbarung „im Geltungsbereich“ eines Tarifvertrags iSv. § 9 Nr. 2 [X.] ist. Denn die [X.]-TV 2010 enthalten neben dem räumlichen, fachlichen und persönlichen einen „organisatorischen“ Geltungsbereich, der sich nur aus den Satzungen der Arbeitnehmervereinigungen, bei der [X.] aus der Kenntnis von deren Mitgliederbestand erschließen lässt.

Unerheblich ist, dass bei der Vereinbarung der Klausel die tariflichen Regelwerke noch inhaltsgleich waren ([X.] 2012, 27, 34). Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss für die Dauer des Arbeitsverhältnisses erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] - Rn. 21 [X.]). Er kann weder auf eine ständige Beobachtung der [X.] noch zu Spekulationen darüber verpflichtet werden, welches von mehreren tariflichen Regelwerken zu einem bestimmten Zeitpunkt auf sein Arbeitsverhältnis Anwendung finden soll.

I[X.] Der Anspruch der Klägerin auf gleiches Arbeitsentgelt ist nach § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag verfallen.

1. Allerdings war die Klägerin nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen Tarifverträgen der [X.] oder aus dem nicht wirksam in das Arbeitsverhältnis einbezogenen [X.]-TV 2010 einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in Tarifverträgen der [X.] überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu [X.] 29. August 2012 - 12 Sa 576/12 - Rn. 132, rkr.).

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen [X.]-Tarifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden ([X.], 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn [X.]altspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer Tarifvertrag habe vereinbart werden sollen ([X.] 14. Dezember 2011 - 4 [X.] - Rn. 43). Das ist vorliegend der Fall. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen Tarifvertrag konnte die Beklagte als Klauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 [X.] - erreichen.

2. Die Klägerin musste die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Abs. 2 Arbeitsvertrag beachten. Es handelt sich um eine eigenständige arbeitsvertragliche Regelung, die der [X.] standhält. Dem steht die Unabdingbarkeit des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] nicht entgegen, weil Ausschlussfristen ausschließlich die Art und Weise der Durchsetzung eines entstandenen Anspruchs betreffen und nicht zu dessen Inhalt gehören ([X.] 23. März 2011 - 5 [X.] - Rn. 31 [X.], [X.]E 137, 249).

a) § 14 Arbeitsvertrag ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Das steht zwischen den Parteien außer Streit. [X.] enthält unabhängig von der Inbezugnahme tariflicher Vorschriften eine eigenständige arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, die auch den Anspruch auf gleiches Entgelt erfasst und von dessen Fälligkeit zu dem für die Vergütung nach § 6 Arbeitsvertrag bestimmten Zeitpunkt ausgeht. Das ergibt die Auslegung der Klausel.

aa) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind - ausgehend vom Vertragswortlaut - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei die [X.] des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind (st. Rspr., vgl. zB [X.] 19. Mai 2010 - 5 [X.] - Rn. 30 [X.]).

bb) [X.] erfasst den Anspruch des Arbeitnehmers auf ein Arbeitsentgelt in der Höhe, wie es einem vergleichbaren [X.] des Entleihers gewährt wird. Denn zu den Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehungen gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme ([X.] 21. Januar 2010 - 6 [X.] - Rn. 19 [X.]). Der durchschnittliche Leiharbeitnehmer muss zumindest aus der Formulierung „die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen“ erkennen, dass die Klausel auch den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erfasst. Ohne Arbeitsverhältnis hätte er keinen derartigen Anspruch.

Unbeschadet des grundsätzlichen Vorrangs einer ausdrücklich in den Arbeitsvertrag aufgenommenen Klausel vor einer nur durch die pauschale Bezugnahme auf einen Tarifvertrag anwendbaren Regelung, bringt § 14 Abs. 1 Arbeitsvertrag unmissverständlich zum Ausdruck, dass die Klausel unabhängig von der einzelvertraglichen Bezugnahme auf einen Tarifvertrag auf [X.] Geltung beansprucht.

Durch Auslegung ist weiter zu ermitteln, welche Bedeutung dem Begriff „Fälligkeit“ nach der Klausel zukommt. Davon geht im Ansatz auch das [X.] aus, wenn es von einer „Auslegung des Begriffs der Fälligkeit im Sinne der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist“ spricht. Allerdings gewinnt das [X.] anschließend sein „Auslegungsergebnis“ aus § 307 BGB und „maßgeblichen Grundgedanken des Verjährungsrechts“. Damit vermischt es aber gleichsam die Ebenen: Es ist zunächst nach den für die Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen entwickelten Grundsätzen zu klären, was „Fälligkeit“ in § 14 Arbeitsvertrag meint und dann in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der durch Auslegung gewonnene Inhalt der Klausel den Anforderungen des § 307 BGB genügt.

Unter der Überschrift „Vergütung“ ist in § 6 Arbeitsvertrag auch deren Fälligkeit geregelt (zum 21. Kalendertag des folgenden Monats). Es bestehen keine [X.]altspunkte, dass § 14 Arbeitsvertrag für gesetzlich begründete Ansprüche von einem anderen Fälligkeitszeitpunkt ausgeht. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und zu dem in § 6 Arbeitsvertrag für die Vergütung bestimmten Zeitpunkt fällig wird. Weiterhin fehlt jeglicher [X.]altspunkt, Fälligkeit im Sinne der Klausel würde die Kenntnis des Leiharbeitnehmers von dem Anspruch und der für die Bezifferung maßgeblichen Tatsachen voraussetzen.

b) [X.] ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Dies setzt objektiv eine ungewöhnliche Klausel voraus, mit der der Arbeitnehmer subjektiv nicht zu rechnen brauchte ([X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] - Rn. 16 [X.]).

bb) Gemessen an diesen Anforderungen ist eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung nicht überraschend iSv. § 305c Abs. 1 BGB.

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben ([X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu [X.] 3 Gründe [X.], [X.]E 115, 19). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfristen“ überschriebenen eigenen [X.] enthalten, der zudem durch Fettdruck hervorgehoben ist.

c) [X.] ist nicht mangels hinreichender Transparenz unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

aa) Für eine den Inhalt des [X.] regelnde Allgemeine Geschäftsbedingung wie die zur Pauschalabgeltung von Überstunden verlangt das [X.] in ständiger Rechtsprechung, der Arbeitnehmer müsse bereits bei Vertragsabschluss erkennen können, was gegebenenfalls „auf ihn zukommt“ ([X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] - Rn. 21 [X.]). Für eine die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen [X.] - und damit zugleich dessen Untergang (zur rechtsvernichtenden Wirkung der Ausschlussfrist: [X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - Rn. 29, [X.]E 116, 66) - regelnde Klausel gelten keine geringeren Anforderungen. Auch hier muss der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen können, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen ([X.] 31. August 2005 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 115, 372) und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern.

bb) Diesen Anforderungen genügt § 14 Arbeitsvertrag. Der Arbeitnehmer kann ersehen, dass alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, „ausgeschlossen“ sind bzw. „verfallen“ (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter Fristen in der in der Klausel bezeichneten Weise geltend gemacht werden.

d) Jedenfalls die erste Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

aa) Der [X.] hat im Jahre 2005 entschieden, dass eine einzelvertragliche Ausschlussfrist, die die schriftliche Geltendmachung aller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Frist von nicht weniger als drei Monaten ab Fälligkeit verlangt, den Arbeitnehmer nicht unangemessen entgegen den Geboten von Treu und Glauben benachteiligt ([X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - [X.]E 116, 66). Daran hält der [X.] auch unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich in [X.] getretenen § 9 Satz 3 [X.] und des § 8 Abs. 3 Satz 3 [X.] fest. Diese Rechtsprechung hat im Schrifttum überwiegend Zustimmung gefunden (vgl. nur [X.]/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 46; [X.]/[X.] 5. Aufl. [X.]. §§ 305 - 310 BGB Rn. 10 - jeweils [X.]; Kortstock NZA 2010, 311) und in der Praxis Rechtssicherheit geschaffen.

bb) Eine Ausschlussfrist muss dem Gläubiger aber eine faire Chance lassen, seine Ansprüche durchzusetzen ([X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - Rn. 30, [X.]E 116, 66). Um zu gewährleisten, dass der Leiharbeitnehmer den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt auch dann fristwahrend geltend machen kann, wenn er die Höhe des vergleichbaren [X.]n des Entleihers gewährten Arbeitsentgelts (noch) nicht im Einzelnen kennt, muss die erste Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung im [X.] es zulassen, dass eine schriftliche Geltendmachung des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] „dem Grunde nach“ ausreicht.

Das ist bei der streitgegenständlichen Klausel der Fall. In ihr ist nur von schriftlicher Geltendmachung, aber nicht davon die Rede, dass diese konkret beziffert sein müsse. Für den vergleichbaren Fall der Geltendmachung von Annahmeverzugsvergütung nach einer Arbeitgeberkündigung hat das [X.] für die schriftliche Geltendmachung seit jeher die Erhebung der Kündigungsschutzklage ausreichen lassen (st. Rspr. seit [X.] 10. April 1963 - 4 [X.] - [X.]E 14, 156; siehe auch [X.] 19. September 2012 - 5 [X.] - Rn. 18). In dieser Auslegung bleibt der Zweck der ersten Stufe einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung gewahrt. Der Arbeitgeber erhält zeitnah Gewissheit, ob der Leiharbeitnehmer den (versuchten) Ausschluss des Anspruchs aus § 10 Abs. 4 [X.] hinnimmt oder sich ein vergleichbaren [X.]n gewährtes Entgelt vorbehält. Der Leiharbeitnehmer erhält eine angemessene Überlegungsfrist und kann sich - auch wenn er die Entgeltregelung für [X.] im Entleiherbetrieb noch nicht im Einzelnen kennt - durch schriftliche Geltendmachung „dem Grunde nach“ für jede Überlassung den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt sichern.

e) Ob die zweite Stufe der arbeitsvertraglichen Ausschlussfristenregelung, gegebenenfalls in der Auslegung, dass bis zur rechtskräftigen Feststellung der als Vorfrage für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt maßgebenden fehlenden Tariffähigkeit einer Koalition eine Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Geltendmachung ausreicht, den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügt, braucht der [X.] nicht zu entscheiden. Denn die Unwirksamkeit der zweiten Stufe würde nach dem sog. [X.] die Wirksamkeit der ersten Stufe einer Ausschlussfristenregelung wie der vorliegenden nicht berühren (vgl. [X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] - Rn. 37; 12. März 2008 - 10 [X.]/07 - Rn. 26 ff. [X.]).

3. Die Klägerin hat die erste Stufe der Ausschlussfristenregelung in § 14 Arbeitsvertrag nicht eingehalten. Sie hat den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt erstmals mit der der [X.] am 11. März 2011 zugestellten Klage geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt war der Anspruch aus § 10 Abs. 4 [X.] für den gesamten Streitzeitraum bereits untergegangen.

Dem Verfall steht § 14 Abs. 2 Satz 2 Arbeitsvertrag nicht entgegen. Danach gilt Satz 1 nicht für Ansprüche, die auf eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Ein solcher ist der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nicht. § 10 Abs. 4 [X.] begründet nicht bloß ein Verhaltensgebot für den Entleiher mit das Vermögen des Leiharbeitnehmers drittschützender Wirkung. Die Norm regelt vielmehr die arbeitsvertragliche Sonderbeziehung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer und begründet selbst einen gesetzlichen Entgeltanspruch. § 10 Abs. 4 [X.] ist deshalb kein Schutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB (vgl. [X.] 25. April 2001 - 5 [X.] - zu [X.]I 1 [X.] der Gründe, [X.]E 97, 350; [X.]/[X.] 72. Aufl. § 823 BGB Rn. 56). Auch die Bestimmung des § 16 Abs. 1 Nr. 7a [X.] ist kein Schutzgesetz, denn die dort als Ordnungswidrigkeit eingestufte Verletzung des Gebots der Gleichbehandlung wird im Verhältnis zum Leiharbeitnehmer über den gesetzlichen Entgeltanspruch aus § 10 Abs. 4 [X.] gesichert.

C. Die Klägerin hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. [X.]    

                 

Meta

5 AZR 954/11

13.03.2013

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Frankfurt (Oder), 9. Juni 2011, Az: 3 Ca 422/11, Urteil

§ 10 Abs 4 S 2 AÜG, § 9 Nr 2 AÜG, Art 9 Abs 3 GG, § 4 Abs 3 TVG, § 10 Abs 4 S 1 AÜG, § 10 Abs 4 S 4 AÜG, § 307 Abs 1 S 2 BGB, § 305 Abs 1 S 1 BGB, § 305c Abs 1 BGB, § 307 Abs 1 S 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 823 Abs 2 BGB, Art 20 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 954/11 (REWIS RS 2013, 7455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7455

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 AZR 242/12 (Bundesarbeitsgericht)

Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


5 AZR 294/12 (Bundesarbeitsgericht)

Gesamtvergleich - Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


5 AZR 423/12 (Bundesarbeitsgericht)

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt (equal pay) - Berechnung des Urlaubsabgeltungsanspruchs


5 AZR 368/13 (Bundesarbeitsgericht)

Arbeitnehmerüberlassung - Nachweispflichten des Arbeitgebers


5 AZR 424/12 (Bundesarbeitsgericht)

Verjährung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.