Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 424/12

5. Senat | REWIS RS 2013, 7421

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) TARIFVERTRÄGE ZEITARBEIT GEHALT

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Verjährung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


Leitsatz

Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Klage erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist.

Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. März 2012 - 3 Sa 1526/11 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der 1959 geborene Kläger war vom 11. [X.]uli 2006 bis zum 31. [X.]anuar 2008 bei der [X.], die gewerblich Arbeitnehmerüberlassung betreibt, beschäftigt und bis zum 22. November 2007 verschiedenen Unternehmen als Helfer überlassen. Der Kläger erhielt bei einer regelmäßigen durchschnittlichen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden einen Bruttostundenlohn von zunächst 6,12 Euro, ab 1. [X.]anuar 2007 von 6,80 Euro und ab 1. April 2007 von 6,90 Euro.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag ein Formulararbeitsvertrag vom 7. [X.]uli 2006 (im Folgenden: Arbeitsvertrag) zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„1. Vertragsgegenstand

        

Der Arbeitgeber überlässt als Dienstleistungsunternehmen seinen Kunden Personal für die Durchführung von Arbeiten im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung. Mit Vertragsbeginn wird der Mitarbeiter als Zeitarbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig.

        

Der Mitarbeiter wird folgende Tätigkeiten eingestellt:

        

gewerbliche Hilfe

        

…       

        

2. Tarifvertrag

        

Es gelten die von der [X.] und [X.] und [X.] abgeschlossenen Mantel-, Entgelt- und Entgeltrahmentarifverträge vom 01.12.2004 in der jeweils geltenden Fassung, im folgenden: [X.], [X.] und [X.] genannt.

        

…       

        

16. Ausschlussfristen

        

Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gemäß § 16 [X.] innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten, (bei Ausscheiden ein Monat) nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Lehnt die Gegenpartei den Anspruch schriftlich ab, so muss der Anspruch innerhalb von einem Monat nach der Ablehnung bzw. dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht werden. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen.

        

…“    

4

Mit der am 14. März 2011 eingereichten und der [X.] am 31. März 2011 zugestellten Klage hat der Kläger für fünf Überlassungen im Zeitraum [X.]uli 2006 bis November 2007 unter Berufung auf § 10 Abs. 4 [X.] die Differenz zwischen der von der [X.] erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die jeweiligen Entleiher vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährten, verlangt und geltend gemacht, die Ansprüche seien weder verfallen noch verjährt. Die Verjährungsfrist habe erst mit dem Vorliegen der Gründe des Beschlusses des [X.] zur fehlenden Tariffähigkeit der [X.] zu laufen begonnen.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 13.181,45 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

6

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, die Ansprüche seien nach der Ausschlussfristenregelung in Nr. 16 Arbeitsvertrag verfallen, jedenfalls aber verjährt.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat auf die Berufung der [X.] die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht stattgegeben. Die [X.]lage ist unbegründet.

9

A. In [X.]öhe eines [X.] von 2.379,43 Euro brutto ist die [X.]lage bereits nach der eigenen Berechnung des [X.] unbegründet. Das Arbeitsgericht hat ihm zwar 13.181,45 Euro brutto zugesprochen. Doch hat der [X.]läger in der Berufungsbeantwortung seine [X.]orderung auf 10.802,02 Euro brutto neu berechnet, nachdem er Auskünfte nach § 13 [X.] eingeholt hatte. [X.] [X.]onsequenzen hat er daraus nicht gezogen.

B. Im Übrigen war die Beklagte nach § 10 Abs. 4 [X.] verpflichtet, dem [X.]läger für die [X.] an die [X.], die [X.], die [X.], die [X.] und die [X.] das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, wie es diese Entleiher ihren [X.]tammarbeitnehmern seinerzeit gewährten ([X.]). Der [X.]läger war nicht gehalten, Ausschlussfristen einzuhalten (I[X.]). Der Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für den [X.]treitzeitraum Juli 2006 bis November 2007 ist aber verjährt (II[X.]).

[X.] Das [X.] verpflichtet den Verleiher, dem Leiharbeitnehmer das gleiche Arbeitsentgelt zu zahlen, das der Entleiher vergleichbaren [X.]tammarbeitnehmern gewährt („equal pay“). Von diesem Gebot der Gleichbehandlung erlaubt das [X.] ein Abweichen durch [X.]arifvertrag, wobei im Geltungsbereich eines solchen [X.]arifvertrags nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen arbeitsvertraglich vereinbaren können (§ 9 Nr. 2 [X.]) mit der [X.]olge, dass der Entleiher grundsätzlich nur das tariflich vorgesehene Arbeitsentgelt gewähren muss (§ 10 Abs. 4 [X.]atz 2 [X.]). Eine solche zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Nr. 2 Arbeitsvertrag verweist auf unwirksame [X.]arifverträge. Die [X.] konnte keine wirksamen [X.]arifverträge schließen.

1. Nach den Entscheidungen des Ersten [X.]enats des [X.] vom 14. Dezember 2010 (- 1 [X.] - [X.] 136, 302), dem Beschluss des [X.]s Berlin-Brandenburg vom 9. Januar 2012 (- 24 [X.]aBV 1285/11 ua. -) sowie der Zurückweisung der hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde ([X.] 22. Mai 2012 - 1 ABN 27/12 -) ist rechtskräftig und mit bindender Wirkung gegenüber jedermann festgestellt, dass die [X.] seit ihrer Gründung und jedenfalls bis zum 14. Dezember 2010 nicht tariffähig war (vgl. [X.] 23. Mai 2012 - 1 [X.] - Rn. 12; 23. Mai 2012 - 1 [X.] - Rn. 7).

2. [X.]ehlt einer [X.]arifvertragspartei die [X.]ariffähigkeit, kann sie allenfalls eine [X.]ollektivvereinbarung ohne normative Wirkung, aber keinen [X.]arifvertrag i[X.]d. § 1 Abs. 1 [X.]VG abschließen (zur fehlenden [X.]arifzuständigkeit: [X.] 17. April 2012 - 1 [X.] - Rn. 69). [X.]rotz fehlender [X.]ariffähigkeit abgeschlossene „[X.]arifverträge“ sind deshalb von Anfang an unwirksam ([X.] 15. November 2006 - 10 [X.] - Rn. 21 [X.], [X.] 120, 182; 27. November 1964 - 1 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] 16, 329; Erf[X.]/[X.]ranzen 13. Aufl. § 2 [X.]VG Rn. 5; [X.]/[X.]reber Arbeitsrechts-[X.]andbuch 14. Aufl. § 198 Rn. 4). Davon geht auch § 97 Abs. 5 ArbGG aus. Die gesetzliche Anordnung, einen Rechtsstreit, der davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder deren [X.]arifzuständigkeit gegeben ist, bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen, wäre sinnlos, wenn die fehlende [X.]ariffähigkeit oder die fehlende [X.]arifzuständigkeit lediglich zu einer Unwirksamkeit des [X.]arifvertrags ex nunc führen würde. Dementsprechend wird in dem als besonderes Beschlussverfahren ausgestalteten Verfahren nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG nicht eine ursprünglich bestehende [X.]ariffähigkeit oder [X.]arifzuständigkeit „abgesprochen“, sondern lediglich das [X.]ehlen der [X.]ähigkeit oder der Zuständigkeit zum Abschluss eines [X.]arifvertrags festgestellt.

3. Die [X.]hese vom fehlerhaften [X.]arifvertrag ([X.]W[X.]/[X.]enssler 5. Aufl. § 1 [X.]VG Rn. 21a), die in Anlehnung an die Regeln der fehlerhaften Gesellschaft und des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Rückabwicklung die Unwirksamkeit vollzogener [X.]arifverträge ex nunc annimmt, ist bei der Vereinbarung tariflicher Regelungen gemäß § 9 Nr. 2 [X.] ungeeignet. Denn es geht in diesem [X.]alle nicht um die Rückabwicklung vollzogener [X.]arifverträge, sondern um die Rechtsfolge des [X.]cheiterns einer vom Gesetz nach § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 [X.]atz 2 [X.] eröffneten Gestaltungsmöglichkeit. Dabei muss nichts rückabgewickelt werden. Der Arbeitnehmer behält die bezogene Vergütung aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung und erwirbt darüber hinaus nach § 10 Abs. 4 [X.] einen Anspruch auf die Differenz zu dem Entgelt, das er erhalten hätte, wenn das Gebot der Gleichbehandlung von Anfang an beachtet worden wäre. Dazu räumt § 13 [X.] dem Leiharbeitnehmer einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Entleiher ein.

4. Ein etwaiges Vertrauen der Verleiher in die [X.]ariffähigkeit der [X.] ist nicht geschützt.

Der aus Art. 20 Abs. 3 GG hergeleitete Grundsatz des Vertrauensschutzes kann es, obwohl höchstrichterliche Urteile kein Gesetzesrecht sind und keine vergleichbare Rechtsbindung erzeugen, gebieten, einem durch gefestigte Rechtsprechung begründeten Vertrauenstatbestand erforderlichenfalls durch Bestimmungen zur zeitlichen Anwendbarkeit einer geänderten Rechtsprechung oder Billigkeitserwägungen im Einzelfall Rechnung zu tragen ([X.] 15. Januar 2009 - 2 BvR 2044/07 - Rn. 85, [X.]E 122, 248; vgl. dazu auch [X.] 19. Juni 2012 - 9 [X.] - Rn. 27 [X.]). Die Entscheidungen zur fehlenden [X.]ariffähigkeit der [X.] waren nicht mit einer Rechtsprechungsänderung verbunden. Weder das [X.] noch Instanzgerichte haben in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren jemals die [X.]ariffähigkeit der [X.] festgestellt. In der von der Revision angezogenen Entscheidung ([X.] 24. März 2004 - 5 [X.] - zu I 2 c cc der Gründe, [X.] 110, 79) hat der [X.]enat bei der Prüfung der [X.]ittenwidrigkeit der Vergütung eines Leiharbeitnehmers zwar auch einen von der [X.] abgeschlossenen Entgelttarifvertrag herangezogen, eine [X.]eststellung von deren [X.]ariffähigkeit war damit aber nicht verbunden. Die bloße Erwartung, das [X.] werde eine von ihm noch nicht geklärte Rechtsfrage in einem bestimmten [X.]inne, etwa entsprechend im [X.]chrifttum geäußerter Auffassungen, entscheiden, vermag einen Vertrauenstatbestand nicht zu begründen ([X.], 159, 161 [X.]).

Ein dennoch von Verleihern möglicherweise und vielleicht aufgrund des Verhaltens der [X.] oder sonstiger [X.]tellen entwickeltes Vertrauen in die [X.]ariffähigkeit der [X.] ist nicht geschützt. Die [X.]ariffähigkeit der [X.] wurde bereits nach deren ersten [X.]arifvertragsabschluss im Jahre 2003 in [X.]rage gestellt und öffentlich diskutiert (vgl. [X.]chüren in [X.]chüren/[X.]amann [X.] 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. [X.]; [X.] NZA 2008, 438; [X.]/[X.] 2010, 1180; [X.]/[X.] 2011, 375). Wenn ein Verleiher gleichwohl zur Vermeidung einer Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer von der [X.] abgeschlossene [X.]arifverträge arbeitsvertraglich vereinbart hat, bevor die dazu allein berufenen Gerichte für Arbeitssachen über deren [X.]ariffähigkeit befunden hatten, ist er ein Risiko eingegangen, das sich durch die rechtskräftigen Entscheidungen zur fehlenden [X.]ariffähigkeit der [X.] realisiert hat.

I[X.] Der [X.]läger war nicht gehalten, Ausschlussfristen aus unwirksamen [X.]arifverträgen der [X.] einzuhalten. Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob Regelungen zu Ausschlussfristen in [X.]arifverträgen der [X.] überhaupt den Anspruch auf gleiches Entgelt erfassen (vgl. dazu [X.] 29. August 2012 - 12 [X.]a 576/12 - Rn. 132, rkr.).

Eine Ausschlussfristenregelung in einem unwirksamen [X.]-[X.]arifvertrag ist auch nicht kraft Bezugnahme als Allgemeine Geschäftsbedingung Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden (aA Löwisch [X.]AE 2013, 11). Arbeitsvertragsparteien sind zwar grundsätzlich frei, ein kollektives Regelwerk in Bezug zu nehmen, ohne dass es auf dessen normative Wirksamkeit ankommt. Eine derartige Abrede scheidet jedoch aus, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, nur ein wirksamer [X.]arifvertrag habe vereinbart werden sollen ([X.] 14. Dezember 2011 - 4 [X.] - Rn. 43). Das ist vorliegend der [X.]all. Nur mit einer Bezugnahme auf einen wirksamen [X.]arifvertrag konnte die Beklagte als [X.]lauselverwenderin den Zweck der Bezugnahme - das Abweichen vom Gebot der Gleichbehandlung nach § 9 Nr. 2 [X.] - erreichen.

Darüber hinaus würde Nr. 16 Arbeitsvertrag als eigenständige vertragliche Ausschlussfristenregelung der AGB-[X.]ontrolle nicht standhalten. Die [X.]ürze der [X.]risten auf beiden [X.]tufen benachteiligte den [X.]läger entgegen den Geboten von [X.]reu und Glauben unangemessen, § 307 Abs. 1 [X.]atz 1 BGB (vgl. dazu im Einzelnen: [X.] 28. [X.]eptember 2005 - 5 [X.] - [X.] 116, 66; 25. Mai 2005 - 5 [X.] - [X.] 115, 19).

II[X.] Der Anspruch des [X.] auf gleiches Arbeitsentgelt für die streitgegenständlichen Überlassungen ist verjährt, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

1. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] ist ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch, der mit der Überlassung entsteht und mit dem arbeitsvertraglich für die Vergütung bestimmten [X.]punkt fällig wird. Mangels Eingreifens der besonderen [X.]atbestände der §§ 196, 197 BGB unterliegt er der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB.

2. [X.]ür den Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist kommt es - neben dem Entstehen des Anspruchs - nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB darauf an, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des [X.]chuldners [X.]enntnis erlangt oder ohne grobe [X.]ahrlässigkeit erlangen müsste.

Die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte [X.]enntnis des Gläubigers ist vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten [X.]atsachen gegen eine bestimmte Person eine [X.]lage, sei es auch nur eine [X.]eststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung so viel Erfolgsaussicht hat, dass sie dem Gläubiger zumutbar ist. Die erforderliche [X.]enntnis setzt keine zutreffende rechtliche Würdigung voraus, es genügt vielmehr die [X.]enntnis der den Anspruch begründenden tatsächlichen Umstände (BG[X.] 26. [X.]eptember 2012 - [X.]/11 - zu [X.]I 3 b [X.] (2) (b) der Gründe; [X.] 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - zu [X.] 3 a aa der Gründe; Erf[X.]/Preis 13. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 9; Mü[X.]oBGB/[X.] 6. Aufl. § 199 BGB Rn. 25 ff. - jeweils [X.]).

Danach hat der Leiharbeitnehmer von dem Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] ausreichende [X.]enntnis i[X.]v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, wenn er - wie im [X.]treitfall der [X.]läger - [X.]enntnis von der [X.]atsache hat, dass vergleichbare [X.]tammarbeitnehmer des Entleihers mehr verdienen als er. Grundsätzlich unbeachtlich ist dagegen die zutreffende rechtliche Würdigung einer arbeitsvertraglichen [X.]lausel, mit der der Verleiher von der in § 9 Nr. 2, § 10 Abs. 4 [X.]atz 2 [X.] eröffneten Möglichkeit, von dem Gebot der Gleichbehandlung abzuweichen, Gebrauch macht. Vertraut der Leiharbeitnehmer auf deren Rechtswirksamkeit und in diesem Zusammenhang auf die [X.]ariffähigkeit einer Arbeitnehmerkoalition, so ist dieses Vertrauen ebenso wenig geschützt wie das des Verleihers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn und solange dem Leiharbeitnehmer die Erhebung einer die Verjährung hemmenden [X.]lage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) unzumutbar war.

3. Dem [X.]läger war eine [X.]lage auf gleiches Arbeitsentgelt vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die fehlende [X.]ariffähigkeit der [X.] nicht unzumutbar. Eine solche hätte hinreichende Erfolgsaussicht gehabt.

Nach einer von [X.]chüren an allen [X.] Arbeitsgerichten durchgeführten Befragung, an der sich 83% der Arbeitsgerichte beteiligten ([X.]tand: August 2007), bezweifelten Arbeitsgerichte in [X.] seit 2003 nahezu ausnahmslos die [X.]ariffähigkeit der [X.]. Leiharbeitnehmer, die den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt einklagten, hatten damit regelmäßig ganz oder teilweise Erfolg, nur eine einzige [X.]lage wurde abgewiesen ([X.]chüren [X.], 1213). Auch im [X.]chrifttum ist die [X.]ariffähigkeit der [X.] seit deren erstem [X.]arifvertragsabschluss im Jahre 2003 in [X.]rage gestellt und ihr der Vorwurf gemacht worden, Leiharbeitsunternehmen mit „billigen“ [X.]arifverträgen „zu versorgen“ (vgl. nur [X.] [X.], 421; [X.]chüren in [X.]chüren/[X.]amann [X.] 4. Aufl. § 9 Rn. 107 ff. [X.]). [X.]elbst wenn eine entsprechende Zahlungsklage nach § 97 Abs. 5 [X.]atz 1 ArbGG ausgesetzt worden wäre und der [X.]läger von der Antragsbefugnis des § 97 Abs. 5 [X.]atz 2 ArbGG hätte Gebrauch machen müssen, hätte dies keine Unzumutbarkeit der gerichtlichen Geltendmachung des Anspruchs bewirkt (aA [X.]chüren AuR 2011, 142). Ein gesetzlich vorgesehenes Verfahren zur [X.]lärung einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage ist stets zumutbar. Zuwarten allein lässt keine [X.]lärung der Rechtslage erwarten ([X.]/[X.] (2009) § 199 BGB Rn. 62). Überdies hatten zum frühesten Ablauf der Verjährungsfrist am 31. Dezember 2009 bereits zwei Instanzen in dem dafür nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 iVm. § 97 ArbGG vorgesehenen Verfahren die fehlende [X.]ariffähigkeit der [X.] festgestellt ([X.] 1. April 2009 - 35 BV 17008/08 -; [X.] 7. Dezember 2009 - 23 [X.]aBV 1016/09 -).

Der Einwand der Revision, es gebe kein Beispiel für ein erfolgreiches, von einem Leiharbeitnehmer nach § 97 Abs. 5 [X.]atz 2 ArbGG eingeleitetes Verfahren, ist nicht zutreffend. Nachdem das [X.] mit Beschluss vom 16. April 2008 (- 2 Ca 249/08 -) einen Rechtsstreit über Vergütungsansprüche aus einem Leiharbeitsverhältnis für die [X.] vom 17. Oktober 2006 bis zum 31. Januar 2008 ausgesetzt hatte, hat der dortige [X.]läger ein Beschlussverfahren zur [X.]eststellung der [X.]ariffähigkeit der [X.] anhängig gemacht (vgl. [X.] 14. Dezember 2010 - 1 [X.] - Rn. 17, [X.] 136, 302), in dem festgestellt worden ist, dass die [X.] am 22. Juli 2003 nicht tariffähig war ([X.] 8. [X.]eptember 2011 - 63 BV 9415/08 -).

Das Argument, bis zur [X.]-Entscheidung des [X.] habe der [X.]läger den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt wegen § 13 [X.]albs. 2 [X.] nicht beziffern können, hat der [X.]läger selbst widerlegt. Unbeschadet der [X.]rage, ob der Auskunftsanspruch gegen den Entleiher nach dem [X.]inn und Zweck der Norm bereits bei berechtigten Zweifeln an der Wirksamkeit eines [X.]arifvertrags, dessen Geltung nach § 9 Nr. 2 [X.] vereinbart worden ist, besteht (so die herrschende Meinung im [X.]chrifttum, vgl. nur [X.]/[X.]ock in [X.]hüsing [X.] 3. Aufl. § 13 Rn. 10; [X.] in [X.]chüren/[X.]amann [X.] 4. Aufl. § 13 Rn. 7 - jeweils [X.]), hat der [X.]läger, ohne zuvor Auskünfte der Entleiher eingeholt zu haben, am 31. März 2011 eine bezifferte [X.]lage erheben können. Auskünfte hat der [X.]läger erst in der Berufungsinstanz eingeholt.

4. Danach hat die Verjährungsfrist für den Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt für Überlassungen im Jahre 2006 am 31. Dezember 2006, für solche aus dem [X.] am 31. Dezember 2007 zu laufen begonnen, § 199 Abs. 1 BGB. Bei Erhebung der [X.]lage war die regelmäßige Verjährungsfrist bereits abgelaufen.

IV. Der [X.]läger hat gemäß § 97 ZPO die [X.]osten der Revision zu tragen.

        

    Müller-Glöge    

        

    Laux    

        

    Biebl    

        

        

        

    Busch    

        

    A. [X.]    

                 

Meta

5 AZR 424/12

13.03.2013

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 15. Juli 2011, Az: 1 Ca 2297/11, Urteil

§ 611 BGB, § 1 TVG, § 195 BGB, § 199 Abs 1 Nr 2 BGB, § 9 Nr 2 AÜG, § 10 Abs 4 AÜG, § 307 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.03.2013, Az. 5 AZR 424/12 (REWIS RS 2013, 7421)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7421


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 5 AZR 424/12

Bundesarbeitsgericht, 5 AZR 424/12, 13.03.2013.


Az. 3 Sa 1526/11

Landesarbeitsgericht Hamm, 3 Sa 1526/11, 21.03.2012.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

5 AZR 242/12 (Bundesarbeitsgericht)

Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


5 AZR 294/12 (Bundesarbeitsgericht)

Gesamtvergleich - Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


5 AZR 146/12 (Bundesarbeitsgericht)

Darlegungslast - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


5 AZR 954/11 (Bundesarbeitsgericht)

Arbeitnehmerüberlassung - Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay")


5 AZR 8/13 (Bundesarbeitsgericht)

Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt ("equal pay") - Verjährung - Zumutbarkeit der Klageerhebung


Referenzen
Wird zitiert von

10 U 512/19

10 U 8/20

8 O 208/20

12 O 306/20

3 Sa 194/20

5 Sa 463/19

4 Sa 1541/12

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.