Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, Az. 8 AZR 98/11

8. Senat | REWIS RS 2012, 9031

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Gegenstand

Schadensersatz - variable Entgeltbestandteile - Veränderungen im Vertriebssystem


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 7. Oktober 2010 - 2 Sa 1206/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten um Schadensersatz.

2

[X.]ie Beklagte betreibt ein Versicherungsunternehmen. Ihr Vertrieb ist heute in 15 [X.] gegliedert. [X.]ort wird jeweils zwischen dem Zielgruppenvertrieb und der Bestandsorganisation unterschieden.

3

Im Zielgruppenvertrieb arbeitet die Beklagte mit der [X.] ([X.]), dem [X.]eutschen [X.]otel- und Gaststättenverband ([X.]E[X.]OGA) und dem [X.] ([X.]) zusammen.

4

[X.]er Kläger ist seit dem 1. Oktober 1979 bei der [X.] bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der [X.] (im Folgenden: [X.]) beschäftigt. Er ist als Mitarbeiter im [X.] im Zugangsweg [X.] tätig.

5

[X.]ie Zusammenarbeit mit dem [X.] gestaltet sich derart, dass sog. Beauftragte, die auch als Vorwerber bezeichnet werden und entweder als Angestellte oder als selbständige Mitarbeiter in vertraglicher Beziehung zur [X.] stehen, auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Adresslisten von Umsatzsteuerzahlern neue Mitglieder für den [X.] werben und mit diesen gegebenenfalls einen Beratungstermin für ein umfassendes Beratungsgespräch durch einen Mitarbeiter der [X.] vereinbaren.

6

[X.]ie von den Beauftragten generierten Beratungstermine werden in einen bei der [X.] bestehenden Terminpool gegeben und auf Berater wie den Kläger verteilt. [X.]iese Berater, die entweder angestellte Mitarbeiter der [X.] oder selbständige [X.]andelsvertreter sind, versuchen in einem oder mehreren Beratungsterminen die Versicherungsprodukte der [X.] zu vertreiben. Kommt es zu einem Geschäftsabschluss, wird die für die [X.]auer von zwei Jahren erzielte [X.] im Verhältnis 70 : 30 zwischen Berater und Beauftragtem aufgeteilt.

7

Am 28. März 2002 schlossen die [X.] und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich zur Neuordnung der [X.] der Stammorganisation sowie zur Neuordnung der Bereichsverwaltungen, die [X.]. die Reduzierung der damals bestehenden Geschäftsstellen von 102 auf 69 vorsah.

8

[X.]er Kläger wurde 1986 Gruppenleiter und erhielt einen Änderungsvertrag. In diesem heißt es [X.].:

        

„Neben Ihren akquisitorischen Aufgaben, die unverändert bestehenbleiben, haben wir Ihnen außerdem die Aufgabe übertragen, eine [X.] auf- und auszubauen. Ziel Ihrer Führungstätigkeit ist es, dafür zu sorgen, daß die Ihnen unterstellten Werber ein mindestens ihren jeweiligen Verträgen entsprechendes Neugeschäft vermitteln. ...

        

Im übrigen weisen wir ausdrücklich darauf hin, daß wir uns das Recht vorbehalten, die Anzahl der Ihnen unterstellten Werber jederzeit zu verändern.“

9

Auch anlässlich der Beförderung zum Vertriebsleiter heißt es im [X.] vom 17. Febr[X.]r 2000:

        

„... Im übrigen weisen wir ausdrücklich darauf hin, daß wir uns das Recht vorbehalten, die Anzahl der Ihnen unterstellten Vermittler jederzeit zu verändern. ...“

[X.]ie Vergütung des [X.] umfasste zuletzt ein Grundgehalt i[X.]v. 1.820,00 Euro brutto, einen Reisekostenersatz i[X.]v. 0,23 Euro je Kilometer und eine Sozialzulage (46,00 Euro), wobei die Grundvergütung und die [X.] sollkostenpflichtig waren, dh. die erzielte erfolgsabhängige Vergütung wurde auf diese Positionen gegengerechnet. Als variable Entgeltbestandteile erhielt der Kläger neben [X.]en bei bestehenden Verträgen ([X.]) eine erfolgsabhängige Vergütung i[X.]v. 15,34 Euro je Nettoeinheit. Sodann erhielt er „Organisations- und Leistungszuschüsse“ für die Abschlüsse der ihm unterstellten Mitarbeiter, und zwar 1,53 Euro je Nettoeinheit für die hauptberuflichen Vermittler (Berater) und 3,58 Euro je Nettoeinheit für Abschlüsse von nebenberuflichen Vermittlern (Vorwerbern), auch „[X.]“ genannt. Schließlich erhielt der Kläger eine Zuführungsvergütung von 460,16 Euro je zugeführtem Vermittler, sofern dieser nach einem Jahr noch hauptberuflich tätig war. [X.]weise umfasste die dem Kläger zuzuordnende Gruppe bis zu neun Vermittler, die ab 2006 sukzessive ausschieden. Nach dem Ausscheiden der beiden letzten Mitarbeiter unterstehen dem Kläger keine Berater mehr.

Nach Angaben des [X.] entwickelte sich sein Einkommen seit 2002 wie folgt:

        

Jahr 2002:

79.895,68 Euro

        

Jahr 2003:

73.584,43 Euro

        

Jahr 2004:

81.744,46 Euro

        

[X.]:

79.953,59 Euro

        

Jahr 2006:

41.169,57 Euro

        

[X.]:

39.925,93 Euro

        

Jahr 2008:

31.760,13 Euro

[X.] entschied die [X.] unter dem Projektnamen „Strategie [X.] & [X.]“, die Vertriebsstrukturen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Markt zu ändern. Mit Schreiben vom 1. November 2005 teilte sie den angestellten Mitarbeitern des Innen- und [X.]es der Stammorganisation und der [X.] folgende Schwerpunkte der strategischen Ne[X.]usrichtung mit:

        

„[X.]ie [X.]-S und die [X.] werden in einer Vertriebsdirektion [X.]Z ([X.]-Zielgruppenvertrieb) zusammengeführt. … [X.]ieser Schritt ermöglicht uns die Bildung von noch leistungsfähigeren [X.] durch Zusammenfassung der heute bestehenden Geschäftsstellen. [X.]adurch wird die Anzahl der Standorte von derzeit 29 auf zehn reduziert.

        

...     

        

Unser Ziel besteht darin, beide Vertriebsorganisationen personell auszubauen, verbunden mit einer Betonung des Unternehmertums. [X.]ementsprechend wollen wir die Anzahl der Angestellten weiter reduzieren. Wir gehen zum jetzigen [X.]punkt davon aus, dass wir von bisher ca. 1.400 Angestellten in den beiden Vertriebsorganisationen im [X.] mit ca. 500 Angestellten agieren werden. …“

Tatsächlich wurde die Anzahl der zuvor 50 Geschäftsstellen und acht Niederlassungen auf 39 [X.] sowie vier Niederlassungen reduziert. [X.]as Gebiet der [X.] wurde vergrößert.

Im Zuge der beabsichtigten Neustrukturierung schlossen die [X.] und der Gesamtbetriebsrat im Jahr 2006 eine „Interimsbetriebsvereinbarung“, nach der die Geltung der E-Schutzvereinbarung vom 19. [X.]ezember 1997 einschließlich der damit in Bezug genommenen Sozialpläne vom 30. November 1984 für den Innendienst sowie vom 10. April 1990 für den [X.] um ein weiteres Jahr bis zum 31. [X.]ezember 2008 verlängert wurde. [X.]iese Verlängerung sollte nur dann wirksam werden, wenn die Anlage 1 zur Interimsbetriebsvereinbarung, die Rahmenbetriebsvereinbarung „Strategie [X.] & [X.]“ vom 22. November 2006 in [X.] tritt.

[X.]er Sozialplan [X.] vom 10. April 1990 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

„1.     

Allgemeines

                 

...     

                 

[X.]er Sozialplan ist insbesondere anzuwenden, wenn nachweisbare, dauernde oder vorübergehende [X.] für Angestellte im Außendienst als Folge der Maßnahmen eintreten oder zu befürchten sind, die im wesentlichen aus folgenden Einzelauswirkungen entstehen können:

                 

-       

Versetzung von Außendienst-Angestellten von einem Arbeitsplatz auf einen anderen.

                 

-       

Beeinträchtigung des Einkommens von Außendienst-Angestellten mit Führungs- oder Spezialisten-Funktion durch die Versetzung unterstellter oder betreuter Vermittler.

                 

-       

Gänzlicher Verlust einer Führungs- oder Spezialisten-Funktion verbunden mit dem weiteren Einsatz in rein akquisitorischen Aufgaben.

                 

...     

                 

Eventuell von diesem Sozialplan nicht erfaßte [X.]ärtefälle oder Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung der Bestimmungen des [X.] sollen nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien deshalb unter Anwendung des beschriebenen Grundkonsenses und der gemeinsamen Zielsetzung behandelt und in erster Linie auch unter Berücksichtigung der Interessenlage der betroffenen Außendienst-Angestellten gelöst werden.

        

…       

        
        

7.    

Sicherung einer Weiterbeschäftigung im Unternehmen durch Versetzungen

        

7.1.   

Entfallen aus Anlaß der genannten Maßnahmen Arbeitsmöglichkeiten in der bisherigen Zielgruppe, dem bisherigen Zugangsweg oder in dem bisherigen Gebiet, so sind den betroffenen Außendienst-Angestellten gleichwertige und zumutbare anderweitige Arbeitsmöglichkeiten im Außendienst desselben oder eines anderen Betriebes, ggf. auch in einer anderen Organisation, der [X.] anzubieten.

                 

Betroffene Außendienst-Angestellte können hierzu auch selbst Vorschläge unterbreiten.

        

...     

        
        

7.2.   

Ausgleich von [X.]

                 

Es wird erwartet, daß von den genannten Maßnahmen betroffene Außendienst-Angestellte mit [X.]ilfe der [X.] und durch persönlichen Einsatz und entsprechendes Engagement dazu beitragen, daß notwendige Veränderungen in ihrem Arbeitsbereich nur in unvermeidbarem Umfang zu [X.] führen. Sie sind auch weiterhin verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. [X.]ennoch eintretende Einkommenverluste werden im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen ausgeglichen.

                 
        

7.2.1.

Ausgleich von [X.] aus verändertem Einsatz

                 

Außendienst-Angestellte, die von einer der genannten Maßnahmen betroffen sind, erhalten, um [X.] aufgrund des veränderten Einsatzes zu vermeiden, bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist und für die [X.]auer der Einarbeitungszeit gemäß Ziffer 6.3. eine Garantie auf den Geldwert der Produktion sowie den gutgeschriebenen [X.] eines im Einzelfall festzulegenden Vergleichszeitraumes, erhöht um die in diesem [X.]raum abgerechnete [X.]s-Ausfall-Entschädigung wegen Urlaub und/oder Krankheit und/oder Betriebsrats-Tätigkeit. Ein eventuell während des [X.] entstehender und am Ende dieses [X.]raumes noch bestehender Unterschuß wird abgebucht.

                 

[X.]er Vergleichszeitraum beträgt 12 zusammenhängende Monate. Er soll möglichst nah an dem [X.]punkt der Veränderung des Arbeitseinsatzes liegen, aber davon noch nicht beeinflußt sein.

                 

…       

        

7.2.2.

Ausgleich von Einkommensminderung durch Versetzung unterstellter / betreuter Vermittler

                 

Führungskräfte und Spezialisten werden [X.], die nachweislich aus der Versetzung bisher unterstellter oder betreuter Vermittler im Zusammenhang mit den genannten Maßnahmen herrühren, ausgeglichen. [X.]er Ausgleich erfolgt bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist und danach generell für die [X.]auer von 12 Monaten auf der Basis eines gemäß Ziffer 7.2.1. festzulegenden Vergleichszeitraumes.

                 

…       

        

7.2.3.

Ausgleich von [X.] durch Funktionsverlust

                 

Ist die Versetzung mit dem gänzlichen Verlust einer Führungs- oder Spezialisten-Funktion verbunden, sind die bisherigen durchschnittlichen Bezüge bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist fortzuzahlen. Ferner wird der materielle Nachteil aus dem Wegfall von Leitungs- oder Beteiligungsprovision oder sonstiger Bezüge oder [X.] durch eine einmalige Abfindung ausgeglichen.“

[X.]er Kläger gehörte im Bereich [X.] zur [X.], in der die Zahl der Beauftragten wie auch die Zahl der von diesen angeworbenen Termine seit 2003 stetig abnahm. Während 2005 der Kläger und die ihm unterstellten Mitarbeiter insgesamt 1.125 Termine wahrgenommen hatten, davon der Kläger 48 Termine, waren es im [X.] noch 80 Termine, von denen der Kläger 57 wahrnahm.

Soweit in der Revisionsinstanz von Bedeutung verlangt der Kläger mit dem [X.]auptantrag Ersatz einer [X.] für die [X.] vom 1. Oktober 2006 bis zum [X.]ezember 2008, welche sich auf der Grundlage einer Berechnung nach Sozialplan auf 131.862,83 Euro belaufen soll. [X.]ilfsweise berechnet der Kläger auf der Basis von Jahresdurchschnittswerten eine [X.]ifferenz i[X.]v. 122.426,85 Euro. Schließlich verlangt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte ihm alle künftig noch entstehenden oder schon im [X.] entstandenen Nachteile zu ersetzen habe.

[X.]er Kläger meint, die Verpflichtung der [X.], ihm die [X.] von 2006 bis 2008 auszugleichen, folge aus Annahmeverzug, einer Teilunmöglichkeit oder einer Schadensersatzpflicht der [X.]. [X.]iese habe Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, wenn sie nicht für eine nach Anzahl und Q[X.]lität ausreichende Versorgung mit Terminen durch die Beauftragten sorge. [X.]iese Verpflichtung ergebe sich auch aus einer entsprechenden betrieblichen Übung. Mit ihrer Vorgehensweise habe die Beklagte in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingegriffen. [X.]as provisionsabhängige Einkommen habe sich um mehr als 15 % reduziert, weshalb mangels Änderungskündigung ein unzulässiger Eingriff in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses vorliege. Jedenfalls habe die Beklagte ihre Fürsorgepflicht dadurch verletzt, dass sie Beauftragte in den Ruhestand geschickt oder abgefunden habe, ohne zu bedenken, dass es dann an Personal fehle, um Beratungstermine zu vereinbaren. [X.]ie Beklagte hätte auf ein angemessenes Verhältnis von Beauftragten und Beratern achten müssen, § 315 BGB. Neu eingestellte Beauftragte seien zudem mangelhaft geschult worden. [X.]ie betriebliche Organisation sei mangelhaft. Maßnahmen wie eine telefonische Nachkontrolle oder q[X.]litativ schlechte zugewiesene Termine hätten die Arbeit der Berater und ihre Erfolgsaussichten erschwert bzw. geschmälert. Auch habe die Beklagte dem Kläger vorsätzlich Konkurrenz gemacht, indem sie Agenturangestellte auf das Kundenklientel des [X.] angesetzt habe. [X.]as Zugangssystem [X.] habe die Beklagte eigenmächtig gestört. So habe sie zum Beispiel zugelassen, dass der [X.] die Mitgliederwerbung selbst durch Callcenter wahrnehme, statt mit der [X.] zusammenz[X.]rbeiten.

[X.]er Kläger beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 131.862,13 Euro brutto nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, an ihn 122.426,85 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

3.    

festzustellen, dass die Beklagte dem Kläger alle durch die Umstrukturierungen entstehenden künftigen Nachteile zu ersetzen hat, insbesondere zukünftige Schadensersatzansprüche für 2009 und später bzw. auch schon für das [X.] gemäß obigen Anträgen 1 und 2.

[X.]ie Beklagte hat den Antrag auf Klageabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass sie keine Pflichten verletzt habe, indem sie weniger Beauftragte als Selbständige bzw. Angestellte beschäftige. Auf die „Q[X.]lität“ eines Termins habe sie ohnehin keinen Einfluss. [X.]ie Anzahl der Termine habe stets geschwankt. Auch liege kein Verschulden vor. [X.]ie Beklagte habe aktiv versucht, die Zahl der Beauftragten und damit die Beratungstermine zu erhöhen. Insbesondere habe sie 2006 drei, 2007 acht und 2008 neun Beauftragte neu in den Vertrieb eingebunden. Ein der [X.] zurechenbarer Schaden sei zudem nicht entstanden. Für den Umsatzeinbruch seien ausschließlich außerbetriebliche Umstände, nämlich die Änderung der Steuergesetze verantwortlich. [X.]a der Kläger - selbstbestimmt - einen sehr hohen Anteil an [X.] im Bereich der Lebensversicherungen erbringe, falle die gesetzliche Änderung zum 1. Jan[X.]r 2005 durch das Alterseinkünftegesetz und die dadurch eingetretene geringere Attraktivität von Lebensversicherungen besonders stark ins Gewicht. [X.]ass die bloße Terminanzahl im Übrigen wenig Aussagekraft habe, zeige sich auch an den vom Kläger vertriebenen Einheiten, die nach 2005 wieder gestiegen seien.

Im Übrigen sei die vertragliche Grundlage von der [X.] nicht geändert worden. [X.]er Kläger sei weder rechtlich noch tatsächlich gehindert gewesen, selbst Beratungstermine mit Neukunden als auch mit Bestandskunden zu vereinbaren und mit ihnen gegebenenfalls weitere Verträge abzuschließen. [X.]ies zeige sich auch an den [X.]sabrechnungen des [X.], da ohne Zwischenschaltung eines Beauftragten bzw. nach Ablauf von zwei Jahren bei Bestandskunden 100 % der [X.] an den Kläger fließe. Aus den [X.]sabrechnungen ergebe sich, dass dies auch tatsächlich geschehen sei. Ein Nebeneinander von Zielgruppenvertrieb und Agenturvertrieb gebe es seit vielen Jahren. [X.]ie [X.] Partner könnten nicht auf die Termine der Beauftragten zugreifen und müssten so selbst Termine akquirieren. Richtig sei, dass der [X.] Bayern eigene Bemühungen zur Mitgliederwerbung entwickelt und ein Callcenter damit beauftragt habe. Allerdings geschehe dies in Absprache mit der [X.] vorwiegend in solchen Gebieten, die von der [X.] mangels eigener Kapazitäten nicht durch die Beauftragten besetzt werden könnten. [X.]er [X.] sei es nicht möglich, das Vorgehen des [X.] zu unterbinden.

[X.]as Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. [X.]as [X.] hat die Berufung des [X.] durch Teilurteil soweit zurückgewiesen, als der Kläger auch im zweiten Rechtszug den Ausgleich von [X.] verlangte sowie die Feststellung einer Verpflichtung der [X.] zum Schadensersatz durchsetzen wollte. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Die zwischen den Parteien getroffenen Entgeltvereinbarungen sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Ohne besondere vertragliche Vereinbarung besteht grundsätzlich keine Pflicht des Arbeitgebers, seine Organisationsgewalt so auszuüben, dass die Höhe des erfolgsabhängigen variablen Entgelts einzelner Mitarbeiter sich nicht verändert.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Für die Zahlungsansprüche fehle es an einer Anspruchsgrundlage. Ein Schadensersatzanspruch scheitere mangels Pflichtverletzung. Eine Pflicht, den Kläger mit ausreichenden Terminen zu versorgen oder eine hierauf gerichtete Organisationseinheit vorzuhalten, bestehe nicht. Eine ausdrückliche Abrede dazu fehle ebenso wie eine betriebliche Übung. Der Kläger habe nicht davon ausgehen können, die [X.] wolle ihm beim Einsatz im Zugangssystem [X.] qualitativ und quantitativ ausreichend Termine garantieren. Auch eine Verletzung der Fürsorgepflicht liege nicht vor, da die Rücksichtnahmepflichten ihre Schranken im Eigeninteresse des Arbeitgebers fänden. Die unternehmerische Entscheidungsfreiheit begrenze die Pflichten des Arbeitgebers, so dass er nicht eine bestimmte Organisationsstruktur vorhalten müsse, die den Arbeitnehmern optimale Vergütungschancen eröffne. Andernfalls werde die vereinbarte variable Vergütung zur Festvergütung umgestaltet.

Die [X.] habe nicht einseitig Pflichten des Arbeitsverhältnisses geändert, also nicht in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingegriffen. Ein Verstoß gegen die §§ 315, 242 [X.] liege ebenfalls nicht vor. Ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht sei nicht erkennbar. Eine Verpflichtung der [X.]n, den Kläger vor Konkurrenz durch andere Vermittler zu schützen, bestehe nicht. Ein Bezirks- oder Kundenschutz sei nicht vereinbart. Da eine Verpflichtung, den Kläger im Zugangsweg [X.] einzusetzen, nicht bestehe, müsse die [X.] kein Vertriebssystem aufrechterhalten und könne dem [X.] nicht die Art und Weise der Mitgliederwerbung vorschreiben. Weder eine (Teil-)Unmöglichkeit noch Annahmeverzug liege vor. Zu einer Mitwirkungshandlung in der Form der Bereitstellung von Terminen sei die [X.] nicht verpflichtet gewesen.

Der Feststellungsantrag sei unzulässig, da ein dem Antrag stattgebendes Urteil den Streit der Parteien, ob und welche Rechtsnachteile zu ersetzen sind, nicht klären würde. Die Formulierung mache noch nicht einmal deutlich, durch welche Umstrukturierung die geltend gemachten Nachteile entstanden sein sollen oder künftig entstehen werden. Auch sei nicht erkennbar, welche konkreten Nachteile Inhalt der begehrten gerichtlichen Entscheidung sein sollten.

B. Diese Entscheidung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Zu Recht hat das [X.] Ansprüche des [X.] aus Annahmeverzug, (Teil-)Unmöglichkeit und Schadensersatzansprüche wegen Veränderungen im Vertriebssystem der [X.]n verneint.

1. Vorrangig begehrt der Kläger mit seiner Klage einen Ausgleich der in der [X.] zwischen dem 1. Oktober 2006 bis zum 31. Dezember 2008 gegenüber den Vorjahren geringeren Provisionseinnahmen. Zur Begründung führt er vor allem eine aus seiner Sicht bestehende Verpflichtung der [X.]n an, ein bestimmtes Vertriebssystem durch ein bestimmtes Zahlenverhältnis von Vorwerbern/Beauftragten zu Beratern aufrechtzuerhalten und ein bestimmtes Niveau - qualitativ wie quantitativ - an Beratungsterminen zur Verfügung zu stellen. Die [X.] habe in ein funktionierendes Vertriebssystem eingegriffen und ihre Zusammenarbeit mit dem [X.] verändert und eingeschränkt. Rechtlich stützt der Kläger seinen Anspruch auf den Gesichtspunkt des Annahmeverzugs, der Unmöglichkeit und auf Schadensersatz. Die Höhe des verlangten Schadensersatzes berechnet er in erster Linie „nach den Vorgaben des Sozialplans“.

2. Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag in Verbindung mit den § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 1 [X.], § 87 Abs. 1 Satz 1 und § 65 HGB hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 131.862,13 Euro.

a) Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung zum Arbeitsentgelt sieht neben dem - sollkostenpflichtigen - Grundgehalt eine erfolgsabhängige Vergütung vor. Der Kläger behauptet nicht, einen höheren Provisionsanspruch zu haben, weil die [X.] noch nicht alle seine Geschäftsabschlüsse der Jahre 2006 bis 2008 abgerechnet habe. Vielmehr stützt der Kläger sein Klagebegehren gerade darauf, nicht mehr als die abgerechneten Geschäfte abgeschlossen haben zu können. Ebenso kann sich nicht aus einer betrieblichen Übung ein höherer, von den tatsächlich verdienten Provisionen unabhängiger Vergütungsanspruch ergeben. Für den Kläger war erkennbar, dass die [X.] nur ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Zahlung der tatsächlich verdienten erfolgsabhängigen Vergütung nachgekommen ist. Der Kläger konnte das Verhalten der [X.]n nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 [X.]) nicht dahin verstehen, die [X.] wolle sich zu einer über ihre gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., vgl. [X.] 8. Dezember 2010 - 10 [X.] - Rn. 11, [X.] § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA [X.] 2002 § 307 Nr. 51).

b) Die arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung ist nicht nach § 138 [X.] nichtig.

aa) Die Vereinbarung eines auf den Geschäftsabschluss bezogenen erfolgsabhängigen Entgelts (Vermittlungsprovision) ist auch im Arbeitsverhältnis möglich, wie § 65 HGB für den abhängig beschäftigten [X.] (§ 59 HGB) zeigt. Die Provisionsvereinbarung muss aber mit höherrangigem Recht vereinbar sein (vgl. [X.]/[X.]. § 65 Rn. 5). Bei einer bestehenden Tarifbindung darf etwa das [X.] nicht unterschritten werden. Auch die alleinige Zusage einer Provision ohne Fixum ist grundsätzlich möglich, wofür bereits § 65 HGB spricht (vgl. [X.] 14. November 1966 - 3 [X.] - [X.] HGB § 65 Nr. 4; MünchKommHGB/von [X.] 3. Aufl. § 65 Rn. 11; [X.] in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 65 Rn. 9; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 65 HGB Rn. 4; [X.]/[X.]. 14. Aufl. § 75 Rn. 7; [X.]/[X.] 3. Aufl. [X.] § 58 Rn. 4). Allerdings ist eine solche Vereinbarung dann nach § 138 [X.] wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn es dem [X.] im Einzelfall nicht möglich ist, durch vollen Einsatz seiner Arbeitskraft ein ausreichendes Einkommen (vgl. MünchKommHGB/von [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO) bzw. die geforderten Umsätze (vgl. [X.] 20. Juni 1989 - 3 [X.] - zu II 3 b der Gründe, [X.] HGB § 87 Nr. 8 = EzA HGB § 87 Nr. 10) zu erzielen. Eine sittenwidrige Vereinbarung ist anzunehmen, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung iSv. § 138 Abs. 2 [X.] vorliegt. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 2 [X.] liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns (vgl. [X.] 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.]E 130, 338 = [X.] § 138 Nr. 64 = EzA [X.] 2002 § 138 Nr. 5) bzw. des allgemeinen Lohnniveaus für die ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsgebiet (vgl. [X.] 23. Mai 2001 - 5 [X.] - zu II 2 a der Gründe, EzA [X.] § 138 Nr. 29) erreicht.

bb) Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger im streitgegenständlichen [X.]raum von Oktober 2006 bis Ende 2008 ein jährliches Einkommen von [X.] und mehr erzielt. Für eine Sittenwidrigkeit nach § 138 [X.] ist daher nichts ersichtlich, zumal die verabredete Grundvergütung um nahezu 50 % überschritten wurde.

3. [X.] hat das [X.] einen auf Annahmeverzug, § 615 Satz 1 [X.], gestützten Zahlungsanspruch des [X.] abgelehnt.

a) Nach § 615 Satz 1 [X.] kann der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die ihm - nach Maßgabe der §§ 294 ff. [X.] - anzubietende Arbeitsleistung nicht annimmt, § 293 [X.]. Unter der Nichtannahme der Arbeitsleistung ist jedes Verhalten zu verstehen, das den Erfüllungseintritt verhindert (vgl. [X.]/Preis 12. Aufl. § 615 [X.] Rn. 55; [X.]/Kamanabrou 4. Aufl. § 615 [X.] Rn. 44). Das Angebot der Leistung durch den Arbeitnehmer hat nach Maßgabe der §§ 294 ff. [X.] zu erfolgen, wobei das Angebot die Funktion hat, die Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers klarzustellen und den [X.]punkt des Annahmeverzugs eindeutig festzulegen (vgl. [X.] 9. August 1984 - 2 [X.] - zu [X.] 5 d der Gründe, [X.]E 46, 234 = [X.] § 615 Nr. 34 = EzA [X.] § 615 Nr. 43). Gemäß § 294 [X.] muss die Leistung dem Gläubiger grundsätzlich so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden. Nach § 295 [X.] genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Gehört es zu den arbeitsvertraglichen Aufgaben des Arbeitnehmers, die vom Arbeitgeber produzierten Waren zu verkaufen, muss der Arbeitgeber dies ermöglichen. Daran fehlt es etwa, wenn der Betrieb stillgelegt wird und die Waren nicht mehr produziert werden (vgl. [X.] 11. August 1998 - 9 [X.] - [X.] 1998, 1719).

b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s ist der Kläger zwischen dem 1. Januar 2006 und dem 31. Dezember 2008 seiner Vertriebstätigkeit nachgegangen, hat daraus Einkünfte erzielt und die [X.] hat die Arbeitsleistung insoweit angenommen. Darüber hinausgehend hat der Kläger der [X.]n seine Arbeitskraft nicht in weiterem Umfang erfolglos angeboten. Ein solches Angebot war nicht nach § 296 [X.] entbehrlich, da die [X.] die ihr obliegenden Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat. Unstreitig war der Kläger tatsächlich in der Lage, seine arbeitsvertragliche Aufgabe als Vertriebsleiter zu erfüllen. Er hat im streitbefangenen [X.]raum Verträge zugunsten der [X.]n mit Kunden abgeschlossen. Dass die [X.], was Voraussetzung eines etwaigen Annahmeverzugs wäre, in irgendeiner Form seine Arbeitsleistung abgelehnt hätte, behauptet auch der Kläger nicht (vgl. [X.] 15. November 1990 - 8 [X.] - zu 1 a der Gründe).

4. Zu Recht hat das [X.] weiter einen Anspruch nach § 326 Abs. 2 Satz 1 [X.] iVm. § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] abgelehnt.

a) § 326 Abs. 2 Satz 1 [X.] erhält dem nach § 275 [X.] von der Leistungspflicht frei werdenden Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Gläubiger das Leistungshindernis überwiegend zu vertreten hat oder das Leistungshindernis zu einem [X.]punkt eintritt, in dem der Gläubiger im Annahmeverzug war.

b) Schon die Leistungspflicht des [X.] ist nicht nach § 275 [X.] entfallen, denn die vom Kläger geschuldete Leistung als Vertriebsleiter bestand darin, die von der [X.]n angebotenen Versicherungsleistungen zu vertreiben und dabei die Berater wie die Vorwerber anzuleiten. Ein bestimmter Erfolg dieser Verkaufstätigkeit war vom Kläger nicht geschuldet. Der Kläger konnte im streitgegenständlichen [X.]raum Versicherungsleistungen der [X.]n vertreiben und hat dies auch weiterhin (erfolgreich) getan, wie sich aus den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s ergibt. Der Rückgang des Umsatzes des [X.] begründet allein keine, auch nicht eine teilweise Unmöglichkeit der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung (vgl. [X.] 15. November 1990 - 8 [X.] - zu 1 b der Gründe).

5. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der [X.]n, im Verhältnis zu den Beratern eine bestimmte Anzahl von Vorwerbern zu beschäftigen oder dem Kläger eine bestimmte Zahl von Werbern/Vermittlern zu unterstellen, besteht nicht. [X.] hat daher das [X.] einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung solcher Pflichten, § 280 Abs. 1 [X.], verneint.

a) Ausdrücklich hat sich die [X.] sowohl 1986, als der Kläger Gruppenleiter wurde, als auch aus Anlass der Beförderung zum Vertriebsleiter im Februar 2000 das Recht vorbehalten, die Anzahl der dem Kläger unterstellten Werber oder später der Vermittler jederzeit zu verändern. Daneben sahen die fortbestehenden akquisitorischen Aufgaben des [X.] keine Verpflichtung vor, ausschließlich im Zugangsweg [X.] zu werben.

b) Die [X.] hat auch keine betriebliche Übung zum Einsatz von Vorwerbern oder zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Arbeitsorganisation begründet.

aa) Der Erklärungswert des Verhaltens eines Vertragspartners hängt auch vom Gegenstand ab, auf den sich das Verhalten bezieht. Je mehr eine Regelung das Funktionieren eines Betriebes in seiner Gesamtheit betrifft, umso weniger können die Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber mit einem bestimmten Verhalten [X.] binden wollte. Eine vertragliche Bindung kann nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen ([X.] 13. Juni 2007 - 5 [X.] - Rn. 15, [X.] § 242 Betriebliche Übung Nr. 78; 21. Januar 1997 - 1 [X.] - zu II 2 b bb der Gründe, [X.] BetrVG 1972 § 77 Nr. 64 = EzA [X.] § 242 Betriebliche Übung Nr. 36).

bb) Der Einsatz der Beauftragten, seien es eigene Arbeitnehmer der [X.]n oder Selbständige, betraf die [X.]. Die [X.] plante und bestimmte den betrieblichen Arbeitsablauf und entschied daher, welche Versicherungsleistungen sie anbieten und über welchen Vertriebsweg dies geschehen sollte. Eine Vertriebsgestaltung, bei der Beauftragte zur Ermittlung von potentiellen Kunden eingesetzt und die von diesen eingeworbenen Kontakte an die Berater weitergegeben werden, betrifft die [X.] und hat Auswirkungen auf das Funktionieren des Betriebes als Ganzes. Ohne das Vorliegen besonderer Umstände konnte der Kläger nicht annehmen, die [X.] wolle sich mit der [X.], insbesondere mit dem Einsatz einer bestimmten Anzahl von Vorwerbern gegenüber den Beratern [X.] binden. Solche besonderen Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen, sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein aus der Tatsache, dass eine bestimmte Organisation oder ein bestimmter Personaleinsatz vom Arbeitgeber über einen längeren [X.]raum hinweg beibehalten werden, kann ein Arbeitnehmer nicht auf den Willen des Arbeitgebers schließen, diese Planung und Organisation auch künftig unverändert beizubehalten und sich insoweit [X.] binden zu wollen.

c) Entsprechendes gilt in der Frage einer diesbezüglichen etwaigen Konkretisierung der Arbeitspflicht des [X.].

aa) Zwar können sich [X.] nach längerer [X.] auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße [X.]ablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (vgl. [X.] 13. März 2007 - 9 [X.]/06 - Rn. 50, [X.] § 307 Nr. 26). Auch hier gilt: Je stärker das in Rede stehende Verhalten des Arbeitgebers mit der [X.] verknüpft ist und deshalb das Funktionieren des Betriebes als Ganzes betrifft, umso stärker müssen die Umstände sein, aus denen sich eine Konkretisierung ergeben soll.

bb) Aus dem Aufrechterhalten bestimmter Vertriebsstrukturen über einen langen [X.]raum und dem Einsatz des [X.] in diesen Strukturen ergab sich nicht, dass die [X.] auch künftig Arbeit allein in dieser Struktur - zudem in bestimmtem Umfang - zuweisen wollte. Besondere Umstände, aus denen der Kläger anderes erkennen konnte und darauf vertrauen durfte, sind weder ersichtlich und werden auch vom Kläger nicht vorgetragen. Im Hinblick auf seine Stellung als Vorgesetzter hatte sich die [X.] zudem zumindest eine Änderung der Zahl der dem Kläger unterstellten Mitarbeiter ausdrücklich vorbehalten.

6. Die [X.] hat die auch ihr obliegende Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des [X.], § 241 Abs. 2 [X.], nicht verletzt. [X.] hat das [X.] einen darauf gestützten Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 [X.] abgelehnt.

a) Nach § 241 Abs. 2 [X.] ist jede Partei des Arbeitsvertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (vgl. [X.] 10. September 2009 - 2 [X.] - Rn. 20, [X.]E 132, 72 = [X.] KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = [X.] § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des [X.] zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrages zu schaffen, [X.] nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen (vgl. [X.] 19. Mai 2010 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 134, 296 = [X.] GewO § 106 Nr. 10 = EzA [X.] 2002 § 615 Nr. 33). Die Interessen des Arbeitnehmers sind dabei so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner sowie der anderen Arbeitnehmer nach [X.] und Glauben verlangt werden kann (vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 8 [X.]/09 - Rn. 37, [X.] § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 44), dh. die Reichweite der Fürsorgepflicht kann nicht ohne Rücksicht auf die eigenen Interessen des Arbeitgebers bestimmt werden.

Zwar wird bei Handelsvertretern angenommen, dass der Unternehmer die Pflicht habe, das Vertriebssystem so auszugestalten, dass dem Handelsvertreter eine hinreichende Einnahmemöglichkeit geboten wird (vgl. [X.] in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 86a Rn. 39). Eine solche Organisationspflicht findet aber in der Dispositionsfreiheit des Unternehmens ihre Grenze. Der Unternehmer muss sich nicht dem Handelsvertreter unterordnen, sondern darf frei entscheiden, was in seinem geschäftlichen Interesse liegt (vgl. [X.]/Boujong/[X.]/Strohn/[X.] HGB 2. Aufl. § 86a Rn. 3). Es ist grundsätzlich sein alleiniges und frei auszuübendes Recht, den Betrieb so einzurichten, umzugestalten und in der Öffentlichkeit darzustellen, wie es ihm richtig und vernünftig erscheint (vgl. [X.]/Boujong/[X.]/Strohn/[X.] aaO mwN). Hiervon geht auch die Rechtsprechung des [X.] aus. So muss der Unternehmer den Interessen des Handelsvertreters ausreichend Rechnung tragen und darf diesen nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund zuwiderhandeln (vgl. [X.] 23. Juli 1997 - [X.] - zu II B 1 b der Gründe mwN, [X.]Z 136, 295). Die Grenze bildet allein die Willkür. Dies gilt auch im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber. Auch die Gerichte für Arbeitssachen unterziehen unternehmerische Organisationsentscheidungen allein einer Missbrauchskontrolle (vgl. [X.] 21. Februar 2002 - 2 [X.] [X.] der Gründe, [X.] § 2 Nr. 45; 24. April 1997 - 2 [X.] - zu [X.] a der Gründe, [X.]E 85, 358 = [X.] KSchG 1969 § 2 Nr. 42 = [X.] § 2 Nr. 26). Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine „bessere“ oder „richtigere“ Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in die Kostenkalkulation des Arbeitgebers einzugreifen. Die Gestaltung eines Betriebes, die Frage, ob und in welcher Weise sich jemand wirtschaftlich betätigen will, ist Bestandteil der grundrechtlich geschützten unternehmerischen Freiheit, wie sie sich aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 und Art. 14 GG ableiten lässt (vgl. [X.] 26. September 2002 - 2 [X.] - zu [X.] b der Gründe mwN, [X.]E 103, 31 = [X.] KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124 = [X.] § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124). Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich bis an die Grenze der Willkür berechtigt, seine betrieblichen Aktivitäten einzuschränken und bspw. bestimmte, bisher in seinem Betrieb verrichtete Arbeiten, an Dritte fremd zu vergeben. Hierzu gehört genauso das Recht, sein Unternehmen aufzugeben bzw. selbst darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben und welche unternehmerischen Ziele es verfolgen soll (vgl. [X.] 21. Februar 2002 - 2 [X.]). Willkür liegt vor, wenn die vom Unternehmer/Arbeitgeber getroffene Entscheidung ohne Prüfung und Abwägung der Gegebenheiten erfolgt, das ihm eingeräumte unternehmerische Ermessen nicht ausgeübt wurde, oder wenn die Entscheidung aus sachfremden Erwägungen veranlasst worden ist. Allerdings folgt Willkür nicht bereits daraus, dass sich eine unternehmerische Entscheidung nachträglich als unzweckmäßig oder verfehlt herausstellt (vgl. dazu [X.]/Boujong/[X.]/Strohn/[X.] aaO, Rn. 10).

b) Bei der danach für die [X.] gebotenen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des [X.] ist zu berücksichtigen, dass dieser überwiegend Einkommen aus Provisionen erzielte, also in besonderer Weise von Erfolg und Misserfolg bei Änderungen im Vertriebssystem betroffen war. Waren Veränderungen im Vertriebssystem erfolgreich, so profitierte der Kläger durch höhere Provisionseinnahmen davon, erwiesen sie sich als Fehlschlag, führte dies zu weniger Vertragsabschlüssen und zu geringeren Provisionen. Grundsätzlich lag daher eine erhebliche Verringerung der Anzahl der Vorwerber und die damit zusammenhängende Reduzierung von [X.] nicht im Interesse des [X.]. Gleichwohl hat die [X.] auch bei diesen Veränderungen der [X.] die Interessen des [X.] hinreichend gewahrt. Zunächst ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung, [X.] durch selbständige Handelsvertreter oder durch eine geringere Zahl von Beauftragten durchführen zu lassen, willkürlich gewesen wäre. Dagegen spricht schon, dass die ab 2002 beginnende Umstrukturierung ihre Grundlage in Vereinbarungen mit dem Gesamtbetriebsrat hatte, also die Folge einer Vielzahl von Verhandlungen und einer längeren Bemühung um eine für beide Seiten interessengerechte Lösung war. Die dazu abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen enthielten Regelungen, mit denen die wirtschaftlichen Folgen der Umstrukturierung für die Beschäftigten abgemildert wurden. Die [X.] hat auch in den Jahren 2006 bis 2008 - mit steigender Tendenz - neue Verträge mit Vorwerbern für die [X.] abgeschlossen, also das Interesse des [X.] in ihre unternehmerischen Entscheidungen einbezogen. Zudem war auch in diesen Jahren dem Kläger eine ganz überwiegend aus Provisionen bestehende hinreichende Einnahmemöglichkeit eingeräumt. Auch aus § 92a HGB kann der Kläger keinen Anspruch auf ein bestimmtes Provisions- oder Entgeltniveau herleiten. Mit dieser Norm hat der Gesetzgeber die besonders schutzwürdigen Einfirmenvertreter oder [X.] aufgrund ihrer besonders hohen Abhängigkeit vom Unternehmen schützen wollen, indem er die Möglichkeit eröffnete, die untere Grenze der vertraglichen Leistungen festzusetzen, um die notwendigen [X.] und wirtschaftlichen Bedürfnisse dieser Handelsvertreter sicherzustellen ([X.]/[X.] HGB 2. Aufl. § 92a Rn. 1). Wenn auch derartige Mindestarbeitsbedingungen bis heute nicht erlassen wurden, beabsichtigte der Gesetzgeber durch § 92a HGB nicht die Absicherung eines bestimmten, einmal erreichten [X.], sondern nur die Möglichkeit eines Mindestarbeitsverdienstes. Seine Mutmaßung, die [X.] habe sich selbst bewusst geschädigt, um ihn in eine Eigenkündigung zu treiben, hat der Kläger nicht durch Tatsachen untersetzt.

7. Entgegen der Auffassung des [X.] kann es dahinstehen, ob die verringerte Zahl von Vorwerbern oder die Veränderung in der Zusammenarbeit mit dem [X.] eine Störung der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 [X.] darstellen. Denn diese Vorschrift kann zu einem Anspruch auf Anpassung des [X.] führen, nicht jedoch ist sie Grundlage eines Schadensersatzanspruchs (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 176; [X.] 9. Juli 1986 - 5 [X.] - [X.]E 52, 273 = [X.] § 242 Geschäftsgrundlage Nr. 7 = EzA [X.] § 242 Geschäftsgrundlage Nr. 1; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 313 [X.] Rn. 3 mwN). Dem Vortrag des [X.] kann nicht entnommen werden, dass die Parteien jemals über die Anpassung des Arbeitsvertrages verhandelt hätten oder dass die [X.] sich einem solchen Ansinnen des [X.] verweigert hätte.

II. Auch soweit der Kläger hilfsweise beantragt, die [X.] zur Zahlung von 122.426,85 Euro zu verurteilen, bleibt die Klage ohne Erfolg. Da der Hilfsantrag aus den nämlichen Gründen wie der Hauptantrag scheitert, kann dahinstehen, ob die vom Kläger hilfsweise berechnete Differenzsumme schlüssig dargestellt ist.

III. [X.] hat auch das [X.] die Berufung des [X.] hinsichtlich des [X.] zurückgewiesen. Die begehrte, umfassende, nicht mehr an konkrete Umstände geknüpfte Feststellung, die der Kläger verlangt, ist nicht hinreichend iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt. Soweit eine Ersatzpflicht für die Schäden in den Jahren 2005 und 2009 festgestellt werden soll, also für abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende [X.]räume, steht der Zulässigkeit des Antrags der Vorrang der Leistungsklage entgegen, weil dem Kläger eine Bezifferung möglich und zumutbar ist. Jedenfalls aber ist der Feststellungsantrag unbegründet. Die [X.] hat nicht gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen, der Kläger kann Schadensersatzansprüche nicht mit Erfolg geltend machen.

C. Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Meta

8 AZR 98/11

16.02.2012

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 24. November 2009, Az: 25 Ca 17216/08, Urteil

§ 138 Abs 1 BGB, § 241 Abs 2 BGB, § 275 Abs 1 BGB, § 280 Abs 1 BGB, § 313 Abs 1 BGB, § 326 Abs 2 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 612 Abs 1 BGB, § 615 S 1 BGB, § 65 HGB, § 87 Abs 1 HGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, Az. 8 AZR 98/11 (REWIS RS 2012, 9031)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9031

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