Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, Az. 8 AZR 769/10

8. Senat | REWIS RS 2012, 9054

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Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 11. November 2010 - 11 [X.] - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

[X.]ie Parteien streiten um Schadensersatz.

2

[X.]ie Beklagte betreibt ein Versicherungsunternehmen. Ihr Vertrieb ist heute in 15 [X.] gegliedert. [X.]ort wird jeweils zwischen dem Zielgruppenvertrieb und der Bestandsorganisation unterschieden.

3

Im Zielgruppenvertrieb arbeitet die Beklagte mit der [X.] ([X.]), dem [X.]eutschen [X.]otel- und Gaststättenverband ([X.]E[X.]OGA) und dem [X.] ([X.]) zusammen.

4

[X.]er Kläger ist seit dem 1. September 1977 bei der [X.] bzw. ihrer Rechtsvorgängerin, der [X.] (im Folgenden: [X.]) beschäftigt. Er ist als [X.]itarbeiter seit 1993 im [X.] im Zugangsweg [X.] tätig.

5

[X.]ie Zusammenarbeit mit dem [X.] gestaltet sich derart, dass sog. Beauftragte, die auch als Vorwerber bezeichnet werden und entweder als Angestellte oder als selbständige [X.]itarbeiter in vertraglicher Beziehung zur [X.] stehen, auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Adresslisten von Umsatzsteuerzahlern neue [X.]itglieder für den [X.] werben und mit diesen gegebenenfalls einen Beratungstermin für ein umfassendes Beratungsgespräch durch einen [X.]itarbeiter der [X.] vereinbaren.

6

[X.]ie von den Beauftragten generierten Beratungstermine werden in einen bei der [X.] bestehenden Terminpool gegeben und auf Berater wie den Kläger verteilt. [X.]iese Berater, die entweder angestellte [X.]itarbeiter der [X.] oder selbständige [X.]andelsvertreter sind, versuchen in einem oder mehreren Beratungsterminen die Versicherungsprodukte der [X.] zu vertreiben. Kommt es zu einem Geschäftsabschluss, wird die für die [X.]auer von zwei Jahren erzielte [X.] im Verhältnis 70 : 30 zwischen Berater und Beauftragtem aufgeteilt.

7

Am 28. [X.]ärz 2002 schlossen die [X.] und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich zur Neuordnung der [X.] der Stammorganisation sowie zur Neuordnung der Bereichsverwaltungen, die [X.]. die Reduzierung der damals bestehenden Geschäftsstellen von 102 auf 69 vorsah.

8

[X.]araufhin wurde unter dem 19. August 2002 vereinbart, dass der Kläger unter Beibehaltung seiner bisherigen Aufgaben und der gewährten Bezüge ab dem 1. September 2002 der neuen Filialdirektion [X.] unterstehe. [X.]as Einsatzgebiet werde auch weiterhin das ehemalige Gebiet der Filialdirektion [X.] sein, zur Wahrnehmung von Terminen außerhalb des ehemaligen Geschäftsbereichs der Filialdirektion sei der Kläger nicht verpflichtet. [X.]ie bisher vermittelten und derzeit betreuten Verträge würden ihm wie bisher zugeschlüsselt. Ein Bezirks- oder Kundenschutz entstehe dadurch nicht. [X.]er vorgelegte letzte Arbeitsvertrag vom 30. Jan[X.]r 2007 enthält im Wesentlichen eine Bezugnahme auf die akt[X.]lisierten [X.] ([X.]), in denen [X.]. Folgendes bestimmt ist:

        

„I. Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis

        

...     

        

2. Werbetätigkeit

        

Ihre Werbetätigkeit erstreckt sich auf die Vermittlung von bestandsfähigen Versicherungs- und Bausparanträgen und andere Finanzdienstleistungen für die [X.] und die mit ihr vertraglich verbundenen Gesellschaften (im Nachfolgenden zusammenfassend Produkte/Produktgeber/[X.] genannt). [X.] dürfen Sie nur nach einer entsprechenden Schulung und unter Beachtung der [X.] vermitteln.

        

Ihre Aufgabe ist es auch, Kunden der [X.] hinsichtlich der von Ihnen vermittelten Versicherungsverträge laufend zu betreuen, und zwar so lange, wie der Kunde die Prämien noch nicht für drei Jahre entrichtet hat. Zu Ihren Betreuungsaufgaben gehören insbesondere regelmäßige Kontaktbesuche, [X.]aßnahmen zur Rettung stornogefährdeter Verträge, Unterstützung und [X.]ilfe bei Kundenanfragen und in Leistungsfällen sowie bei der Klärung von Bankrückläufern.

        

...     

        

7.    

Kunden- und Vermittleranschriften/Abwerbung von Vermittlern/Kundenausspannungen

        

Ihnen übergebenes Adressmaterial darf nur für den bestimmungsgemäßen Zweck verwendet werden.“

9

[X.]ie Vergütung des [X.] umfasste zuletzt ein Grundgehalt i[X.]v. 1.820,00 Euro brutto, eine [X.], eine Sozialzulage und Bestandsboni sowie eine erfolgsabhängige Vergütung. [X.]iese wurde mit 17,90 Euro brutto pro erreichter Umsatzeinheit berechnet, wobei die Grundvergütung und die [X.] sollkostenpflichtig waren, dh. die erzielte erfolgsabhängige Vergütung wurde auf diese Positionen gegengerechnet. [X.]as Einkommen des [X.] entwickelte sich in folgenden Größenordnungen, wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien strittig geblieben sind und die Angaben pro Jahr um bis zu 4.000,00 Euro differieren:

        

Jahr 2000:

144.000,00 Euro

        

Jahr 2001:

155.000,00 Euro

        

Jahr 2002:

143.000,00 Euro

        

Jahr 2003:

135.000,00 Euro

        

Jahr 2004:

133.000,00 Euro

        

Jahr 2005:

158.000,00 Euro

        

Jahr 2006:

100.000,00 Euro

        

Jahr 2007:

119.000,00 Euro

        

Jahr 2008:

60.000,00 Euro

        

Jahr 2009:

97.189,87 Euro

[X.] entschied die [X.] unter dem Projektnamen „Strategie [X.] & [X.]“, die Vertriebsstrukturen zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am [X.]arkt zu ändern. [X.]it Schreiben vom 1. November 2005 teilte sie den angestellten [X.]itarbeitern des Innen- und [X.]es der Stammorganisation und der [X.] folgende Schwerpunkte der strategischen Ne[X.]usrichtung mit:

        

„[X.]ie [X.]-S und die [X.] werden in einer Vertriebsdirektion [X.]Z ([X.]-Zielgruppenvertrieb) zusammengeführt. … [X.]ieser Schritt ermöglicht uns die Bildung von noch leistungsfähigeren [X.] durch Zusammenfassung der heute bestehenden Geschäftsstellen. [X.]adurch wird die Anzahl der Standorte von derzeit 29 auf zehn reduziert.

        

…       

        

Unser Ziel besteht darin, beide Vertriebsorganisationen personell auszubauen, verbunden mit einer Betonung des Unternehmertums. [X.]ementsprechend wollen wir die Anzahl der Angestellten weiter reduzieren. Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass wir von bisher ca. 1.400 Angestellten in den beiden Vertriebsorganisationen im [X.] mit ca. 500 Angestellten agieren werden. …“

Tatsächlich wurde die Anzahl der zuvor 50 Geschäftsstellen und acht Niederlassungen auf 39 [X.] sowie vier Niederlassungen reduziert. [X.]as Gebiet der Regionaldirektion [X.] wurde vergrößert.

Im Zuge der beabsichtigten Neustrukturierung schlossen die [X.] und der Gesamtbetriebsrat im Jahr 2006 eine „Interimsbetriebsvereinbarung“, nach der die Geltung der E-Schutzvereinbarung vom 19. [X.]ezember 1997 einschließlich der damit in Bezug genommenen Sozialpläne vom 30. November 1984 für den Innendienst sowie vom 10. April 1990 für den [X.] um ein weiteres Jahr bis zum 31. [X.]ezember 2008 verlängert wurde. [X.]iese Verlängerung sollte nur dann wirksam werden, wenn die Anlage 1 zur Interimsbetriebsvereinbarung, die Rahmenbetriebsvereinbarung „Strategie [X.] & [X.]“ vom 22. November 2006 in [X.] tritt.

[X.]er Sozialplan [X.] vom 10. April 1990 enthielt auszugsweise folgende Regelungen:

        

1.    

Allgemeines

                 

...     

                 

[X.]er Sozialplan ist insbesondere anzuwenden, wenn nachweisbare, dauernde oder vorübergehende [X.] für Angestellte im Außendienst als Folge der [X.]aßnahmen eintreten oder zu befürchten sind, die im wesentlichen aus folgenden Einzelauswirkungen entstehen können:

                 

-       

Versetzung von Außendienst-Angestellten von einem Arbeitsplatz auf einen anderen.

                 

-       

Beeinträchtigung des Einkommens von Außendienst-Angestellten mit Führungs- oder Spezialisten-Funktion durch die Versetzung unterstellter oder betreuter Vermittler.

                 

-       

Gänzlicher Verlust einer Führungs- oder Spezialisten-Funktion verbunden mit dem weiteren Einsatz in rein akquisitorischen Aufgaben.

                 

...     

                 

Eventuell von diesem Sozialplan nicht erfaßte [X.]ärtefälle oder [X.]einungsverschiedenheiten über die Auslegung der Bestimmungen des [X.] sollen nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien deshalb unter Anwendung des beschriebenen Grundkonsenses und der gemeinsamen Zielsetzung behandelt und in erster Linie auch unter Berücksichtigung der Interessenlage der betroffenen Außendienst-Angestellten gelöst werden.

        

…       

        
        

7.    

Sicherung einer Weiterbeschäftigung im Unternehmen durch Versetzungen

        

7.1.   

Entfallen aus Anlaß der genannten [X.]aßnahmen Arbeitsmöglichkeiten in der bisherigen Zielgruppe, dem bisherigen Zugangsweg oder in dem bisherigen Gebiet, so sind den betroffenen Außendienst-Angestellten gleichwertige und zumutbare anderweitige Arbeitsmöglichkeiten im Außendienst desselben oder eines anderen Betriebes, ggf. auch in einer anderen Organisation, der [X.] anzubieten.

                 

Betroffene Außendienst-Angestellte können hierzu auch selbst Vorschläge unterbreiten.

        

...     

        
        

7.2.   

Ausgleich von [X.]

                 

Es wird erwartet, daß von den genannten [X.]aßnahmen betroffene Außendienst-Angestellte mit [X.]ilfe der [X.] und durch persönlichen Einsatz und entsprechendes Engagement dazu beitragen, daß notwendige Veränderungen in ihrem Arbeitsbereich nur in unvermeidbarem Umfang zu [X.] führen. Sie sind auch weiterhin verpflichtet, ihre volle Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen. [X.]ennoch eintretende Einkommenverluste werden im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen ausgeglichen.

        

7.2.1.

Ausgleich von [X.] aus verändertem Einsatz

                 

Außendienst-Angestellte, die von einer der genannten [X.]aßnahmen betroffen sind, erhalten, um [X.] aufgrund des veränderten Einsatzes zu vermeiden, bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist und für die [X.]auer der Einarbeitungszeit gemäß Ziffer 6.3. eine Garantie auf den Geldwert der Produktion sowie den gutgeschriebenen [X.] eines im Einzelfall festzulegenden Vergleichszeitraumes, erhöht um die in diesem Zeitraum abgerechnete [X.]s-Ausfall-Entschädigung wegen Urlaub und/oder Krankheit und/oder Betriebsrats-Tätigkeit. Ein eventuell während des [X.] entstehender und am Ende dieses Zeitraumes noch bestehender Unterschuß wird abgebucht.

                 

[X.]er Vergleichszeitraum beträgt 12 zusammenhängende [X.]onate. Er soll möglichst nah an dem Zeitpunkt der Veränderung des Arbeitseinsatzes liegen, aber davon noch nicht beeinflußt sein.

                 

…       

        

7.2.2.

Ausgleich von Einkommensminderung durch Versetzung unterstellter / betreuter Vermittler

                 

Führungskräfte und Spezialisten werden [X.], die nachweislich aus der Versetzung bisher unterstellter oder betreuter Vermittler im Zusammenhang mit den genannten [X.]aßnahmen herrühren, ausgeglichen. [X.]er Ausgleich erfolgt bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist und danach generell für die [X.]auer von 12 [X.]onaten auf der Basis eines gemäß Ziffer 7.2.1. festzulegenden Vergleichszeitraumes.

                 

…       

        

7.2.3.

Ausgleich von [X.] durch Funktionsverlust

                 

Ist die Versetzung mit dem gänzlichen Verlust einer Führungs- oder Spezialisten-Funktion verbunden, sind die bisherigen durchschnittlichen Bezüge bis zum Ablauf der vertraglichen Kündigungsfrist fortzuzahlen. Ferner wird der materielle Nachteil aus dem Wegfall von Leitungs- oder Beteiligungsprovision oder sonstiger Bezüge oder [X.] durch eine einmalige Abfindung ausgeglichen.“

In der Regionaldirektion [X.] nahm die Zahl der Beauftragten wie auch die Zahl der von diesen eingeworbenen Termine insbesondere ab 2004 ab, wobei die Einzelheiten hierzu streitig sind. Nach den Feststellungen des [X.] in diesem Fall ist die Zahl der Beauftragten von ursprünglich 26 wie folgt zurückgegangen:

        

Jahr   

Beauftragte

Termine

        

2003   

24    

170     

        

2004   

22    

        
        

2005   

21    

152     

        

2006   

17    

133     

        

2007   

11    

103     

        

2008   

9       

109     

Soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung verlangt der Kläger mit dem [X.]auptantrag Ersatz einer [X.] zwischen dem 1. Oktober 2006 und dem 31. [X.]ezember 2008, welche sich auf der Grundlage einer Berechnung nach Sozialplan auf 168.923,59 Euro belaufen soll. [X.]ilfsweise berechnet der Kläger auf der Basis von Jahresdurchschnittswerten eine [X.]ifferenz i[X.]v. 144.919,60 Euro.

[X.]er Kläger meint im Wesentlichen, die Verpflichtung der [X.], ihm die [X.] bis 2008 auszugleichen, folge aus Annahmeverzug, einer Teilunmöglichkeit oder einer Schadensersatzpflicht der [X.]. [X.]iese habe die Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis verletzt, für eine nach Anzahl und Q[X.]lität ausreichende Versorgung mit Terminen durch die Beauftragten zu sorgen. [X.]it ihrer Vorgehensweise habe die Beklagte in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses eingegriffen. [X.]ieser Kernbereich - die Versorgung mit Beratungsterminen - sei über eine betriebliche Übung Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden. [X.]ie Beklagte verfolge das Ziel, das Vertriebssystem des [X.]es und den Bereich [X.] abzuschaffen und ihn, den Kläger, in eine Eigenkündigung zu treiben.

[X.]ie Beklagte habe 2004 zunächst keine neuen Beauftragten mehr eingestellt, bestehende Verträge mit Beauftragten unter Zahlung von Abfindungen aufgelöst, doch noch neu eingestellte Beauftragte mangelhaft geschult und das Vertrauen der Kunden in die Beratung dadurch erschüttert, dass eine telefonische Nachkontrolle veranlasst worden sei. Verstärkt würden von vornherein nicht erfolgsträchtige Termine bei Kunden vergeben, deren Solvenz unzureichend sei. Schließlich sei ihm während des Berufungsverfahrens bekannt geworden, dass die Beklagte ihm durch den Einsatz sog. „[X.]“ Konkurrenz mache. Seit 2006 habe die Beklagte zudem im Gebiet [X.]/A Zuständigkeiten an den [X.] abgetreten.

[X.]er Kläger beantragt,

        

1.    

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 168.923,59 Euro brutto nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

        

2.    

hilfsweise: die Beklagte zu verurteilen, an ihn 144.919,60 Euro nebst 5 % Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

[X.]ie Beklagte hat die Klageabweisung im Wesentlichen damit begründet, dass sie keine Pflichten verletzt habe, indem sie weniger Beauftragte als Selbständige bzw. Angestellte beschäftige. Auf die „Q[X.]lität“ eines Termins habe sie ohnehin keinen Einfluss. [X.]ie Anzahl der Termine habe stets geschwankt. Auch liege kein Verschulden vor. [X.]ie Beklagte habe aktiv versucht, die Zahl der Beauftragten und damit die Beratungstermine zu erhöhen. Insbesondere habe sie 2006 drei, 2007 acht und 2008 neun Beauftragte neu in den Vertrieb eingebunden. Ein der [X.] zurechenbarer Schaden sei zudem nicht entstanden. Für den Umsatzeinbruch seien ausschließlich außerbetriebliche Umstände, nämlich die Änderung der Steuergesetze verantwortlich. [X.]a der Kläger - selbstbestimmt - einen sehr hohen Anteil an [X.] im Bereich der Lebensversicherungen erbringe, falle die gesetzliche Änderung zum 1. Jan[X.]r 2005 durch das Alterseinkünftegesetz und die dadurch eingetretene geringere Attraktivität von Lebensversicherungen besonders stark ins Gewicht. [X.]ass die bloße Terminanzahl im Übrigen wenig Aussagekraft habe, zeige sich auch an den vom Kläger vertriebenen Einheiten, die nach 2005 wieder gestiegen seien.

Im Übrigen sei die vertragliche Grundlage von der [X.] nicht geändert worden. [X.]er Kläger sei weder rechtlich noch tatsächlich gehindert gewesen, selbst Beratungstermine mit Neukunden als auch mit Bestandskunden zu vereinbaren und mit ihnen gegebenenfalls weitere Verträge abzuschließen. [X.]ies zeige sich auch an den [X.]sabrechnungen des [X.], da ohne Zwischenschaltung eines Beauftragten bzw. nach Ablauf von zwei Jahren bei Bestandskunden 100 % der [X.] an den Kläger fließe. Aus den [X.]sabrechnungen ergebe sich, dass dies auch tatsächlich geschehen sei. Ein Nebeneinander von Zielgruppenvertrieb und Agenturvertrieb gebe es seit vielen Jahren. [X.]ie [X.] könnten nicht auf die Termine der Beauftragten zugreifen und müssten so selbst Termine akquirieren. Richtig sei, dass der [X.] Bayern eigene Bemühungen zur [X.]itgliederwerbung entwickelt und ein Callcenter damit beauftragt habe. Allerdings geschehe dies in Absprache mit der [X.] vorwiegend in solchen Gebieten, die von der [X.] mangels eigener Kapazitäten nicht durch die Beauftragten besetzt werden könnten. [X.]er [X.] sei es nicht möglich, das Vorgehen des [X.] zu unterbinden.

[X.]as Arbeitsgericht hat die Zahlungsanträge abgewiesen. [X.]ie Berufung des [X.] blieb vor dem [X.] ohne Erfolg. [X.]it der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Die zwischen den Parteien getroffenen Entgeltvereinbarungen sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu beanstanden. Ohne besondere vertragliche Vereinbarung besteht grundsätzlich keine Pflicht des Arbeitgebers, seine Organisationsgewalt so auszuüben, dass die Höhe des erfolgsabhängigen variablen Entgelts einzelner Mitarbeiter sich nicht verändert.

A. Das [X.] hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Vertraglich sei der Kläger in seiner Tätigkeit nicht auf den Zugangsweg [X.] festgelegt worden. Damit stelle jedoch der Arbeitsvertrag zwischen den Parteien keine „Rahmenvereinbarung“ dar, vielmehr habe die [X.] im Rahmen ihres Weisungsrechts dem Kläger den Zugangsweg [X.] zugewiesen, was dieser grundsätzlich nicht in Frage stelle. Hinsichtlich der Vergütungshöhe scheide eine Ermessensausübung durch die [X.] schon deswegen aus, da diese sowohl hinsichtlich des [X.] wie auch der Höhe der variablen Gehaltsbestandteile arbeitsvertraglich geregelt sei. Das monatliche Fixum erreiche das tarifliche Entgelt, die erfolgsabhängige Vergütung verstoße nicht gegen § 138 Abs. 1 [X.]. Eine über die Grundvergütung hinausgehende Gehaltsabsicherung hätten die Parteien gerade nicht vereinbart. Eine „betriebliche Übung“, die Zahl der Vorwerber oder ein bestimmtes Entgeltniveau betreffend, sei weder aus dem unterbreiteten Tatsachenstoff ersichtlich noch vom Kläger substanziiert vorgetragen, der sich auf eine „immanente Schwelle“ berufe. Auch für den Kläger erkennbar sei jedoch die Zahl der Vorwerber vom jeweiligen Marktgeschehen und den vom Arbeitgeber verfolgten Organisationsstrategien abhängig. Zudem sei der Zugangsweg, in dem der Kläger vor allem tätig geworden sei, von der Mitwirkung eines [X.] ([X.]) abhängig gewesen. Der Annahme einer betrieblichen Übung stehe zudem die vereinbarte erfolgsabhängige Vergütung entgegen. Der Kläger habe kein Vertrauen darauf entwickeln können, dass die [X.] zusätzliche, vertraglich nicht vereinbarte Vorleistungen als eigene Verpflichtung übernehmen wollte. Der Kläger lasse auch die Änderungen im Steuerrecht (Lebensversicherungen) sowie den Einfluss von Mitbewerbern auf dem Markt außer Betracht. Der Referenzzeitraum für die Schadenshöhe sei willkürlich gewählt, zB blende der Kläger beim Hilfsantrag das wieder bessere [X.] aus. [X.] sei ein Gebiets- oder Kundenschutz ausdrücklich ausgeschlossen worden. Mit dem Verweis auf § 241 Abs. 2 [X.] könne der Kläger nicht die abschließend vertraglich geregelten Hauptleistungspflichten modifizieren. Außerdem treffe ihn die Pflicht zur Rücksichtnahme selbst, so könne er nicht von der [X.]n die Durchführung von aus seiner Sicht besseren Organisationskonzepten erwarten. In den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses sei schon deswegen nicht eingegriffen worden, weil eine Änderung der vertraglich festgelegten Arbeitspflicht des [X.] in ihrem Inhalt und Umfang nicht erfolgt sei. Daher befinde sich die [X.] auch nicht im Annahmeverzug. Dem Kläger sei es auch nicht subjektiv unmöglich geworden, die arbeitsvertraglich geschuldete Werbetätigkeit ohne zur Verfügung gestellte Termine und Kundenadressen auszuüben. Wenn der Kläger die Unzumutbarkeit einer sog. „Kaltakquise“ betone, stelle dies keine Unmöglichkeit dar, die arbeitsvertraglichen Pflichten zu erfüllen, die sich ohnehin nur auf die Werbetätigkeit und nicht unmittelbar auf den Werbeerfolg erstrecke. Für die Voraussetzung eines Anspruchs nach Ziff. 7.2 des [X.] habe der Kläger keine Tatsachen vorgetragen.

B. Diese Entscheidung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.

I. Zu Recht hat das [X.] Ansprüche des [X.] aus Annahmeverzug, (Teil-)Unmöglichkeit und Schadensersatzansprüche wegen Veränderungen im Vertriebssystem der [X.]n verneint.

1. Nach dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag in Verbindung mit den § 611 Abs. 1, § 612 Abs. 1 [X.], § 87 Abs. 1 Satz 1 und § 65 HGB hat der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung von 168.923,59 Euro.

a) Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung zum Arbeitsentgelt sieht neben dem - sollkostenpflichtigen - Grundgehalt eine erfolgsabhängige Vergütung vor. Der Kläger behauptet nicht, einen höheren Provisionsanspruch zu haben, weil die [X.] noch nicht alle seine Geschäftsabschlüsse der Jahre 2006 bis 2008 abgerechnet habe. Vielmehr stützt der Kläger sein Klagebegehren gerade darauf, nicht mehr als die abgerechneten Geschäfte abgeschlossen haben zu können. Ebenso kann sich nicht aus einer betrieblichen Übung ein höherer, von den tatsächlich verdienten Provisionen unabhängiger Vergütungsanspruch ergeben. Für den Kläger war erkennbar, dass die [X.] nur ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Zahlung der tatsächlich verdienten erfolgsabhängigen Vergütung nachgekommen ist. Der Kläger konnte das Verhalten der [X.]n nach [X.] und Glauben unter Berücksichtigung aller Begleitumstände (§§ 133, 157 [X.]) nicht dahin verstehen, die [X.] wolle sich zu einer über ihre gesetzlichen, tarifvertraglichen und vertraglichen Pflichten hinausgehenden Leistung verpflichten (st. Rspr., vgl. [X.] 8. Dezember 2010 - 10 [X.] - Rn. 11, [X.] § 242 Betriebliche Übung Nr. 91 = EzA [X.] 2002 § 307 Nr. 51).

b) Die arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung ist nicht nach § 138 [X.] nichtig.

aa) Die Vereinbarung eines auf den Geschäftsabschluss bezogenen erfolgsabhängigen Entgelts (Vermittlungsprovision) ist auch im Arbeitsverhältnis möglich, wie § 65 HGB für den abhängig beschäftigten [X.] (§ 59 HGB) zeigt. Die Provisionsvereinbarung muss aber mit höherrangigem Recht vereinbar sein (vgl. [X.]/[X.]. § 65 Rn. 5). Bei einer bestehenden Tarifbindung darf etwa das [X.] nicht unterschritten werden. Auch die alleinige Zusage einer Provision ohne Fixum ist grundsätzlich möglich, wofür bereits § 65 HGB spricht (vgl. [X.] 14. November 1966 - 3 [X.] - [X.] HGB § 65 Nr. 4; MünchKommHGB/von [X.] 3. Aufl. § 65 Rn. 11; [X.] in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 65 Rn. 9; [X.]/[X.] 12. Aufl. § 65 HGB Rn. 4; [X.]/[X.]. 14. Aufl. § 75 Rn. 7; [X.]/[X.] 3. Aufl. [X.] § 58 Rn. 4). Allerdings ist eine solche Vereinbarung dann nach § 138 [X.] wegen Sittenwidrigkeit unwirksam, wenn es dem [X.] im Einzelfall nicht möglich ist, durch vollen Einsatz seiner Arbeitskraft ein ausreichendes Einkommen (vgl. MünchKommHGB/von [X.] aaO; [X.]/[X.] aaO; [X.] aaO) bzw. die geforderten Umsätze (vgl. [X.] 20. Juni 1989 - 3 [X.] - zu II 3 b der Gründe, [X.] HGB § 87 Nr. 8 = EzA HGB § 87 Nr. 10) zu erzielen. Eine sittenwidrige Vereinbarung ist anzunehmen, wenn ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung iSv. § 138 Abs. 2 [X.] vorliegt. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Sinne von § 138 Abs. 2 [X.] liegt vor, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in der betreffenden Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohns (vgl. [X.] 22. April 2009 - 5 [X.] - Rn. 17, [X.]E 130, 338 = [X.] § 138 Nr. 64 = EzA [X.] 2002 § 138 Nr. 5) bzw. des allgemeinen Lohnniveaus für die ausgeübte Tätigkeit im Wirtschaftsgebiet (vgl. [X.] 23. Mai 2001 - 5 [X.] - zu II 2 a der Gründe, EzA [X.] § 138 Nr. 29) erreicht.

bb) Nach seinen eigenen Angaben hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum jährliche Einkommen von ca. 60.000,00 Euro bis ca. 119.000,00 Euro erzielt. Für eine Sittenwidrigkeit nach § 138 [X.] ist daher nichts ersichtlich, zumal die verabredete Grundvergütung um ein Mehrfaches überschritten wurde.

2. [X.] hat das [X.] einen auf Annahmeverzug, § 615 Satz 1 [X.], gestützten Zahlungsanspruch des [X.] abgelehnt.

a) Nach § 615 Satz 1 [X.] kann der Arbeitnehmer, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Dienste in Verzug kommt, für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber die ihm - nach Maßgabe der §§ 294 ff. [X.] - anzubietende Arbeitsleistung nicht annimmt, § 293 [X.]. Unter der Nichtannahme der Arbeitsleistung ist jedes Verhalten zu verstehen, das den Erfüllungseintritt verhindert (vgl. [X.]/Preis 12. Aufl. § 615 [X.] Rn. 55; [X.]/Kamanabrou 4. Aufl. § 615 [X.] Rn. 44). Das Angebot der Leistung durch den Arbeitnehmer hat nach Maßgabe der §§ 294 ff. [X.] zu erfolgen, wobei das Angebot die Funktion hat, die Leistungsbereitschaft des Arbeitnehmers klarzustellen und den Zeitpunkt des Annahmeverzugs eindeutig festzulegen (vgl. [X.] 9. August 1984 - 2 [X.] - zu [X.] 5 d der Gründe, [X.]E 46, 234 = [X.] § 615 Nr. 34 = EzA [X.] § 615 Nr. 43). Gemäß § 294 [X.] muss die Leistung dem Gläubiger grundsätzlich so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden. Nach § 295 [X.] genügt ein wörtliches Angebot des Schuldners, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist. Gehört es zu den arbeitsvertraglichen Aufgaben des Arbeitnehmers, die vom Arbeitgeber produzierten Waren zu verkaufen, muss der Arbeitgeber dies ermöglichen. Daran fehlt es etwa, wenn der Betrieb stillgelegt wird und die Waren nicht mehr produziert werden (vgl. [X.] 11. August 1998 - 9 [X.] - [X.] 1998, 1719).

b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s ist der Kläger zwischen dem 1. Oktober 2006 und dem 31. Dezember 2008 seiner Vertriebstätigkeit nachgegangen, hat daraus Einkünfte erzielt und die [X.] hat die Arbeitsleistung insoweit angenommen. Darüber hinausgehend hat der Kläger der [X.]n seine Arbeitskraft nicht in weiterem Umfang erfolglos angeboten. Ein solches Angebot war nicht nach § 296 [X.] entbehrlich, da die [X.] die ihr obliegenden Mitwirkungshandlungen vorgenommen hat. Unstreitig war der Kläger tatsächlich in der Lage, seine arbeitsvertragliche Aufgabe zu erfüllen. Er hat im streitbefangenen Zeitraum Verträge zugunsten der [X.]n mit Kunden abgeschlossen. Dass die [X.], was Voraussetzung eines etwaigen Annahmeverzugs wäre, in irgendeiner Form seine Arbeitsleistung abgelehnt hätte, behauptet auch der Kläger nicht (vgl. [X.] 15. November 1990 - 8 [X.] - zu 1 a der Gründe).

3. Zu Recht hat das [X.] weiter einen Anspruch nach § 326 Abs. 2 Satz 1 [X.] iVm. § 275 Abs. 1 bis Abs. 3 [X.] abgelehnt.

a) § 326 Abs. 2 Satz 1 [X.] erhält dem nach § 275 [X.] von der Leistungspflicht frei werdenden Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung, wenn der Gläubiger das Leistungshindernis überwiegend zu vertreten hat oder das Leistungshindernis zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem der Gläubiger im Annahmeverzug war.

b) Schon die Leistungspflicht des [X.] ist nicht nach § 275 [X.] entfallen, denn die vom Kläger geschuldete Leistung bestand darin, die von der [X.]n angebotenen Versicherungsleistungen zu vertreiben. Ein bestimmter Erfolg dieser Verkaufstätigkeit war vom Kläger nicht geschuldet. Der Kläger konnte im streitgegenständlichen Zeitraum Versicherungsleistungen der [X.]n vertreiben und hat dies auch weiterhin (erfolgreich) getan, wie sich aus den nicht angegriffenen Feststellungen des [X.]s ergibt. Der Rückgang des Umsatzes des [X.] begründet allein keine, auch nicht eine teilweise Unmöglichkeit der vom Kläger geschuldeten Arbeitsleistung (vgl. [X.] 15. November 1990 - 8 [X.] - zu 1 b der Gründe).

4. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung der [X.]n, im Verhältnis zu den Beratern eine bestimmte Anzahl von Vorwerbern zu beschäftigen oder dem Kläger eine bestimmte Zahl von Werbern/Vermittlern zu unterstellen, besteht nicht. [X.] hat daher das [X.] einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung solcher Pflichten, § 280 Abs. 1 [X.], verneint.

a) Den Allgemeinen Vertragsbestimmungen des auf den 30. Januar 2007 datierten Arbeitsvertrages kann eine Verpflichtung des [X.], nur anhand des ihm gegebenen Adressmaterials im Zugangsweg [X.] zu werben, nicht entnommen werden. Ziff. I Nr. 2 [X.] sieht eine Werbetätigkeit vor, die sich allgemein auf die Vermittlung von bestandsfähigen Versicherungs- und Bausparverträgen sowie andere Finanzdienstleistungen erstreckt. [X.] darf nur für den bestimmungsgemäßen Zweck verwendet werden, Ziff. I Nr. 7 [X.]. Eine Einschränkung der Werbetätigkeit des [X.] allein auf dieses zur Verfügung gestellte Adressmaterial oder den dadurch bestimmten potentiellen Kundenkreis enthalten die [X.] aber gerade nicht.

b) Die [X.] hat auch keine betriebliche Übung zum Einsatz von Vorwerbern oder zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Arbeitsorganisation begründet.

aa) Der Erklärungswert des Verhaltens eines Vertragspartners hängt auch vom Gegenstand ab, auf den sich das Verhalten bezieht. Je mehr eine Regelung das Funktionieren eines Betriebes in seiner Gesamtheit betrifft, umso weniger können die Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sich der Arbeitgeber mit einem bestimmten Verhalten [X.] binden wollte. Eine vertragliche Bindung kann nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände ein schutzwürdiges Vertrauen der Arbeitnehmer begründen ([X.] 13. Juni 2007 - 5 [X.] - Rn. 15, [X.] § 242 Betriebliche Übung Nr. 78; 21. Januar 1997 - 1 [X.] - zu II 2 b bb der Gründe, [X.] BetrVG 1972 § 77 Nr. 64 = EzA [X.] § 242 Betriebliche Übung Nr. 36).

bb) Der Einsatz der Beauftragten, seien es eigene Arbeitnehmer der [X.]n oder Selbständige, betraf die [X.]. Die [X.] plante und bestimmte den betrieblichen Arbeitsablauf und entschied daher, welche Versicherungsleistungen sie anbieten und über welchen Vertriebsweg dies geschehen sollte. Eine Vertriebsgestaltung, bei der Beauftragte zur Ermittlung von potentiellen Kunden eingesetzt und die von diesen eingeworbenen Kontakte an die Berater weitergegeben werden, betrifft die [X.] und hat Auswirkungen auf das Funktionieren des Betriebes als Ganzes. Ohne das Vorliegen besonderer Umstände konnte der Kläger nicht annehmen, die [X.] wolle sich mit der [X.], insbesondere mit dem Einsatz einer bestimmten Anzahl von Vorwerbern gegenüber den Beratern [X.] binden. Solche besonderen Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen, sie sind auch ansonsten nicht ersichtlich. Allein aus der Tatsache, dass eine bestimmte Organisation oder ein bestimmter Personaleinsatz vom Arbeitgeber über einen längeren Zeitraum hinweg beibehalten werden, kann ein Arbeitnehmer nicht auf den Willen des Arbeitgebers schließen, diese Planung und Organisation auch künftig unverändert beizubehalten und sich insoweit [X.] binden zu wollen.

c) Entsprechendes gilt in der Frage einer diesbezüglichen etwaigen Konkretisierung der Arbeitspflicht des [X.].

aa) Zwar können sich [X.] nach längerer Zeit auf bestimmte Arbeitsbedingungen konkretisieren. Dazu genügt jedoch nicht schon der bloße Zeitablauf. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer der Arbeitnehmer erkennen kann und darauf vertrauen darf, dass er nicht in anderer Weise eingesetzt werden soll (vgl. [X.] 13. März 2007 - 9 [X.]/06 - Rn. 50, [X.] § 307 Nr. 26). Auch hier gilt: Je stärker das in Rede stehende Verhalten des Arbeitgebers mit der [X.] verknüpft ist und deshalb das Funktionieren des Betriebes als Ganzes betrifft, umso stärker müssen die Umstände sein, aus denen sich eine Konkretisierung ergeben soll.

bb) Aus dem Aufrechterhalten bestimmter Vertriebsstrukturen über einen langen Zeitraum und dem Einsatz des [X.] in diesen Strukturen ergab sich nicht, dass die [X.] auch künftig Arbeit allein in dieser Struktur - zudem in bestimmtem Umfang - zuweisen wollte. Besondere Umstände, aus denen der Kläger anderes erkennen konnte und darauf vertrauen durfte, sind weder ersichtlich und werden auch vom Kläger nicht vorgetragen. Dagegen wurde im Arbeitsvertrag vom 19. August 2002 ausdrücklich bestimmt, dass ein Bezirks- oder Kundenschutz nicht besteht. Dadurch hat sich die [X.] vorbehalten, ihren Vertrieb auch in dem dem Kläger zugewiesenen Gebiet anders zu organisieren, weitere Personen oder Gesellschaften einzusetzen und dem Kläger nach ihrem Ermessen Daten und Unterlagen zur Verfügung zu stellen ([X.] 7. August 2002 - 10 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe, [X.] § 315 Nr. 81 = EzA [X.] § 315 Nr. 51). Selbst wenn die [X.] daher den Einsatz der Junior-Sales-Partner der Agenturen im Vertragsgebiet des [X.] nicht verhindert oder gar gefördert hat, hätte sie damit gegen arbeitsvertragliche Pflichten nicht verstoßen. Eine zulässige Aufklärungsrüge oder Rüge nach § 286 ZPO hat die Revision nicht erhoben. Soweit sie geltend macht, das [X.] habe rechtsfehlerhaft keine Hinweise dazu erteilt, dass es weder eine betriebliche Übung noch Konkretisierung annehmen wolle und es unterlassen habe, zur Frage eines „verfestigten Direktionsrechts“ Beweis zu erheben, erachtet der Senat diese [X.] nicht für durchgreifend (§ 564 ZPO).

5. Die [X.] hat die auch ihr obliegende Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des [X.], § 241 Abs. 2 [X.], nicht verletzt. [X.] hat das [X.] einen darauf gestützten Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 [X.] abgelehnt.

a) Nach § 241 Abs. 2 [X.] ist jede Partei des Arbeitsvertrages zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks (vgl. [X.] 10. September 2009 - 2 [X.] - Rn. 20, [X.]E 132, 72 = [X.] KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 60 = [X.] § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 77). Im Arbeitsverhältnis können die Vertragspartner deshalb zur Verwirklichung des [X.] zu leistungssichernden Maßnahmen verpflichtet sein. Dazu gehört auch die Pflicht, im Zusammenwirken mit dem Vertragspartner die Voraussetzungen für die Durchführung des Vertrages zu schaffen, [X.] nicht entstehen zu lassen bzw. zu beseitigen und dem anderen Teil den angestrebten Leistungserfolg zukommen zu lassen (vgl. [X.] 19. Mai 2010 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 134, 296 = [X.] GewO § 106 Nr. 10 = EzA [X.] 2002 § 615 Nr. 33). Die Interessen des Arbeitnehmers sind dabei so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung der Interessen und Belange beider Vertragspartner sowie der anderen Arbeitnehmer nach [X.] und Glauben verlangt werden kann (vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 8 [X.]/09 - Rn. 37, [X.] § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 44), dh. die Reichweite der Fürsorgepflicht kann nicht ohne Rücksicht auf die eigenen Interessen des Arbeitgebers bestimmt werden.

Zwar wird bei Handelsvertretern angenommen, dass der Unternehmer die Pflicht habe, das Vertriebssystem so auszugestalten, dass dem Handelsvertreter eine hinreichende Einnahmemöglichkeit geboten wird (vgl. [X.] in Großkomm. HGB 5. Aufl. § 86a Rn. 39). Eine solche Organisationspflicht findet aber in der Dispositionsfreiheit des Unternehmens ihre Grenze. Der Unternehmer muss sich nicht dem Handelsvertreter unterordnen, sondern darf frei entscheiden, was in seinem geschäftlichen Interesse liegt (vgl. [X.]/ Boujong/[X.]/Strohn/[X.] HGB 2. Aufl. § 86a Rn. 3). Es ist grundsätzlich sein alleiniges und frei auszuübendes Recht, den Betrieb so einzurichten, umzugestalten und in der Öffentlichkeit darzustellen, wie es ihm richtig und vernünftig erscheint (vgl. [X.]/Boujong/[X.]/Strohn/[X.] aaO mwN). Hiervon geht auch die Rechtsprechung des [X.] aus. So muss der Unternehmer den Interessen des Handelsvertreters ausreichend Rechnung tragen und darf diesen nicht willkürlich und ohne vertretbaren Grund zuwiderhandeln (vgl. [X.] 23. Juli 1997 - [X.] - zu II B 1 b der Gründe mwN, [X.]Z 136, 295). Die Grenze bildet allein die Willkür. Dies gilt auch im Verhältnis Arbeitnehmer - Arbeitgeber. Auch die Gerichte für Arbeitssachen unterziehen unternehmerische Organisationsentscheidungen allein einer Missbrauchskontrolle (vgl. [X.] 21. Februar 2002 - 2 [X.] II 2 der Gründe, [X.] § 2 Nr. 45; 24. April 1997 - 2 [X.] - zu II 2 a der Gründe, [X.]E 85, 358 = [X.] KSchG 1969 § 2 Nr. 42 = [X.] § 2 Nr. 26). Es ist nicht Sache der Arbeitsgerichte, dem Arbeitgeber eine „bessere“ oder „richtigere“ Unternehmenspolitik vorzuschreiben und damit in die Kostenkalkulation des Arbeitgebers einzugreifen. Die Gestaltung eines Betriebes, die Frage, ob und in welcher Weise sich jemand wirtschaftlich betätigen will, ist Bestandteil der grundrechtlich geschützten unternehmerischen Freiheit, wie sie sich aus Art. 2 Abs. 1, Art. 12 und Art. 14 GG ableiten lässt (vgl. [X.] 26. September 2002 - 2 [X.] - zu II 1 b der Gründe mwN, [X.]E 103, 31 = [X.] KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124 = [X.] § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 124). Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG grundsätzlich bis an die Grenze der Willkür berechtigt, seine betrieblichen Aktivitäten einzuschränken und bspw. bestimmte, bisher in seinem Betrieb verrichtete Arbeiten, an Dritte fremd zu vergeben. Hierzu gehört genauso das Recht, sein Unternehmen aufzugeben bzw. selbst darüber zu entscheiden, welche Größenordnung es haben und welche unternehmerischen Ziele es verfolgen soll (vgl. [X.] 21. Februar 2002 - 2 [X.]). Willkür liegt vor, wenn die vom Unternehmer/Arbeitgeber getroffene Entscheidung ohne Prüfung und Abwägung der Gegebenheiten erfolgt, das ihm eingeräumte unternehmerische Ermessen nicht ausgeübt wurde, oder wenn die Entscheidung aus sachfremden Erwägungen veranlasst worden ist. Allerdings folgt Willkür nicht bereits daraus, dass sich eine unternehmerische Entscheidung nachträglich als unzweckmäßig oder verfehlt herausstellt (vgl. dazu [X.]/ Boujong/[X.]/Strohn/[X.] aaO Rn. 10).

b) Bei der danach für die [X.] gebotenen Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des [X.] ist zu berücksichtigen, dass dieser überwiegend Einkommen aus Provisionen erzielte, also in besonderer Weise von Erfolg und Misserfolg bei Änderungen im Vertriebssystem betroffen war. Waren Veränderungen im Vertriebssystem erfolgreich, so profitierte der Kläger durch höhere Provisionseinnahmen davon, erwiesen sie sich als Fehlschlag, führte dies zu weniger Vertragsabschlüssen und zu geringeren Provisionen. Grundsätzlich lag daher eine erhebliche Verringerung der Anzahl der Vorwerber und die damit zusammenhängende Reduzierung von [X.] nicht im Interesse des [X.]. Gleichwohl hat die [X.] auch bei diesen Veränderungen der [X.] die Interessen des [X.] hinreichend gewahrt. Zunächst ist nicht ersichtlich, dass die Entscheidung, [X.] durch selbständige Handelsvertreter oder durch eine geringere Zahl von Beauftragten durchführen zu lassen, willkürlich gewesen wäre. Dagegen spricht schon, dass die ab 2002 beginnende Umstrukturierung ihre Grundlage in Vereinbarungen mit dem Gesamtbetriebsrat hatte, also die Folge einer Vielzahl von Verhandlungen und einer längeren Bemühung um eine für beide Seiten interessengerechte Lösung war. Die dazu abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen enthielten Regelungen, mit denen die wirtschaftlichen Folgen der Umstrukturierung für die Beschäftigten abgemildert wurden. Die [X.] hat auch in den Jahren 2006 bis 2008 - mit steigender Tendenz - neue Verträge mit Vorwerbern für die [X.] abgeschlossen, also das Interesse des [X.] in ihre unternehmerischen Entscheidungen einbezogen. Zudem war auch in diesen Jahren dem Kläger eine ganz überwiegend aus Provisionen bestehende hinreichende Einnahmemöglichkeit eingeräumt. Auch aus § 92a HGB kann der Kläger keinen Anspruch auf ein bestimmtes Provisions- oder Entgeltniveau herleiten. Mit dieser Norm hat der Gesetzgeber die besonders schutzwürdigen Einfirmenvertreter oder [X.] aufgrund ihrer besonders hohen Abhängigkeit vom Unternehmen schützen wollen, indem er die Möglichkeit eröffnete, die untere Grenze der vertraglichen Leistungen festzusetzen, um die notwendigen [X.] und wirtschaftlichen Bedürfnisse dieser Handelsvertreter sicherzustellen ([X.]/[X.] HGB 2. Aufl. § 92a Rn. 1). Wenn auch derartige Mindestarbeitsbedingungen bis heute nicht erlassen wurden, beabsichtigte der Gesetzgeber durch § 92a HGB nicht die Absicherung eines bestimmten, einmal erreichten [X.], sondern nur die Möglichkeit eines Mindestarbeitsverdienstes. Seine Mutmaßung, die [X.] habe sich selbst bewusst geschädigt, um ihn in eine Eigenkündigung zu treiben, hat der Kläger nicht durch Tatsachen untersetzt.

6. Entgegen der Auffassung des [X.] kann es dahinstehen, ob die verringerte Zahl von Vorwerbern oder die Veränderung in der Zusammenarbeit mit dem [X.] eine Störung der Geschäftsgrundlage iSd. § 313 Abs. 1 [X.] darstellen. Denn diese Vorschrift kann zu einem Anspruch auf Anpassung des [X.] führen, nicht jedoch ist sie Grundlage eines Schadensersatzanspruchs (vgl. BT-Drucks. 14/6040 S. 176; [X.] 9. Juli 1986 - 5 [X.] - [X.]E 52, 273 = [X.] § 242 Geschäftsgrundlage Nr. 7 = EzA [X.] § 242 Geschäftsgrundlage Nr. 1; [X.]/[X.] 4. Aufl. § 313 [X.] Rn. 3 mwN). Dem Vortrag des [X.] kann nicht entnommen werden, dass die Parteien jemals über die Anpassung des Arbeitsvertrages verhandelt hätten oder dass die [X.] sich einem solchen Ansinnen des [X.] verweigert hätte.

II. Auch soweit der Kläger hilfsweise beantragt, die [X.] zur Zahlung von 144.919,60 Euro zu verurteilen, bleibt die Klage ohne Erfolg. Da der Hilfsantrag aus den nämlichen Gründen wie der Hauptantrag scheitert, kann dahinstehen, ob die vom Kläger hilfsweise berechnete Differenzsumme schlüssig dargestellt ist.

C. Die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels hat der Kläger zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Böck    

        

    Breinlinger    

        

        

        

    Schuckmann    

        

    Mallmann    

                 

Meta

8 AZR 769/10

16.02.2012

Bundesarbeitsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 24. November 2009, Az: 25 Ca 17218/08, Urteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.02.2012, Az. 8 AZR 769/10 (REWIS RS 2012, 9054)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9054

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