Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 18.01.2022, Az. 1 BvR 2318/21

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2022, 1981

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

SCHULEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) FAMILIENRECHT KINDER CORONAVIRUS

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Rspr des BGH zur ausschließlichen Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte für die Überprüfung schulinterner Infektionsschutzmaßnahmen nicht zu beanstanden - Verfassungsbeschwerde wegen Ablehnung der Einleitung eines Kindesschutzverfahrens (§ 1666 BGB) bereits nicht hinreichend substantiiert begründet - zudem keine Grundrechtsverletzung ersichtlich


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens nach § 1666 BGB ablehnende familiengerichtliche Entscheidungen, welche die Beschwerdeführerin zur Aufhebung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen in der Grundschule ihres [X.] angeregt hatte.

2

Familiengericht und [X.] haben die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens abgelehnt, weil die Familiengerichte keine Hoheitsbefugnisse gegenüber staatlichen Stellen hätten. Die Beschwerdeführerin macht mit ihrer Verfassungsbeschwerde unter anderem einen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG geltend, weil das [X.] die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat.

3

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführerin nicht zur Entscheidung an. [X.] (§ 93a Abs. 2 [X.]) liegen nicht vor, weil die Verfassungsbeschwerde unzulässig ist und zudem eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin nicht ersichtlich ist.

4

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt aus mehreren Gründen den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] folgenden Begründungsanforderungen nicht.

5

Die Beschwerdeführerin hat es entgegen den genannten gesetzlichen Anforderungen bereits versäumt, innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.] für die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde erforderliche Unterlagen vorzulegen oder deren wesentlichen Inhalt vorzutragen.

6

Für die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist nach § 93 Abs. 1 Satz 1 [X.] erforderlich, dass diese innerhalb eines Monats ab Zustellung der angegriffenen Entscheidung beim [X.] eingelegt und begründet wird. Zur Begründung gehört die fristgerechte Vorlage aller für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde notwendigen Anlagen, insbesondere der angegriffenen Entscheidungen und aller sonstigen wichtigen Dokumente (vgl. [X.] 93, 266 <288>; 129, 269 <278> m.w.N.; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 4. September 2019 - 1 BvR 1789/19 -, Rn. 3). Ein Nachreichen von Unterlagen nach Ablauf der Monatsfrist ist, vorbehaltlich einer Wiedereinsetzung, grundsätzlich nicht möglich (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 16. Juni 2017 - 1 BvR 1877/15 -, Rn. 9).

7

Hier erfolgte die Vorlage der angegriffenen Entscheidungen acht Tage nach Ablauf der Monatsfrist. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde gibt insbesondere den Inhalt der Beschwerdeentscheidung des [X.]s auch nicht in der gebotenen Weise wieder.

8

2. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde genügt im Übrigen den Anforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] nicht und zeigt insbesondere die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf.

9

Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen Rechtsprechung des [X.]s bereits vor, der die angegriffenen Gerichtsentscheidungen folgen, so ist der behauptete [X.] in Auseinandersetzung mit den vom [X.] entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. [X.] 151, 67 <84 f. Rn. 49>; [X.], Beschluss des [X.] vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, Rn. 89 jeweils m.w.N.).

Hier hat die Beschwerdeführerin die angeblich verletzten Grundrechte nur genannt, sich aber nicht mit den Maßstäben des [X.]s zu diesen Normen auseinandergesetzt. Das gilt auch und vor allem für die behauptete Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG wegen der unterbliebenen Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das [X.].

3. Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten der Beschwerdeführerin ist auch nicht ersichtlich.

Die Fachgerichte haben in Übereinstimmung mit der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], Beschlüsse vom 6. Oktober 2021 - [X.] 35/21 -, Rn. 8, und vom 3. November 2021 - [X.] 289/21 -, Rn. 15) § 1666 Abs. 4 BGB dahingehend ausgelegt, dass damit eine Befugnis der Familiengerichte zum Erlass von Anordnungen zur Durchsetzung des Kindeswohls gegenüber Behörden und sonstigen Trägern der öffentlichen Gewalt nicht verbunden ist. Angesichts der durch den [X.] geklärten fachrechtlichen Rechtslage waren die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde von vornherein nicht gegeben. Ihr Unterbleiben verletzt die Beschwerdeführerin daher nicht in ihrem Anspruch auf den gesetzlichen Richter.

Soweit die Beschwerdeführerin meint, sich auf Rechtsprechung des [X.] stützen zu können, verkennt sie deren Inhalt. Die gerichtliche Kontrolle von [X.], auch hinsichtlich Infektionsschutzmaßnahmen in den jeweiligen Schulen, obliegt auch nach dessen Rechtsprechung allein den Verwaltungsgerichten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Juni 2021 - 6 AV 1/21 -, Rn. 7).

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2318/21

18.01.2022

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend Brandenburgisches Oberlandesgericht, 23. Juni 2021, Az: 9 UF 105/21, Beschluss

Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 1666 Abs 1 BGB, § 1666 Abs 4 BGB, § 70 Abs 1 FamFG, § 70 Abs 2 S 1 FamFG, § 151 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 18.01.2022, Az. 1 BvR 2318/21 (REWIS RS 2022, 1981)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1981

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