Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.11.2022, Az. 1 BvR 1496/22

1. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2022, 7057

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Zur Vollstreckung einer familiengerichtlichen Umgangsregelung bei nachfolgendem Umgangsausschluss zur Wahrung des Kindeswohls - hier: Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Begründung bereits unzulässig - zudem angegriffene Entscheidungen im Ergebnis wohl nicht zu beanstanden


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die unterbliebene Vollstreckung einer familiengerichtlichen Entscheidung vom 20. Mai 2020, mit der wöchentliche begleitete Umgangskontakte des Beschwerdeführers mit seinem bei dessen Mutter lebenden [X.] angeordnet wurden.

2

1. Nach Erlass der genannten Entscheidung fanden nur wenige der angeordneten Umgangskontakte statt. Anträge der Mutter auf vorläufige Einstellung der Vollstreckung blieben erfolglos. Im [X.] an einzelne Umgangskontakte mit dem Beschwerdeführer kam es zu Verhaltensauffälligkeiten bei dem [X.], der auch verbal Umgang mit seinem Vater mehrfach ablehnte. In einem das Umgangsrecht betreffenden Verfahren schloss das [X.] mit Beschluss vom 7. Dezember 2020 nach Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen Gefährdung des Kindeswohls jegliche Umgangskontakte des Beschwerdeführers mit seinem [X.] bis zum 31. Dezember 2022 aus.

3

2. Im vorliegenden Ausgangsverfahren setzte das [X.] zunächst Ordnungsgelder gegen die Mutter wegen mehrfachen Verstoßes gegen die angeordneten begleiteten Umgangskontakte fest. Auf die sofortige Beschwerde der Mutter hob es im [X.] die Festsetzung auf und wies den Ordnungsmittelantrag des Beschwerdeführers zurück, weil sich im Nachhinein herausgestellt habe, dass die angeordneten Umgangskontakte nicht kindeswohldienlich seien. Das [X.] wies die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers zurück. Das [X.] habe zutreffend entschieden, dass aufgrund des nunmehrigen [X.] durch das [X.] die Grundlage für ein Ordnungsmittelverfahren gegen die Mutter entfallen sei.

4

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers nicht zur Entscheidung an. [X.] (§ 93a Abs. 2 [X.]) liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg. Entgegen den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] zeigt ihre Begründung die Möglichkeit einer Verletzung des Beschwerdeführers in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht auf. Eine solche ist letztlich auch nicht ersichtlich.

5

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] folgenden Begründungsanforderungen nicht und zeigt insbesondere die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht auf.

6

Liegt zu den mit der Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Verfassungsfragen Rechtsprechung des [X.] bereits vor, der die angegriffenen Gerichtsentscheidungen folgen, so ist der behauptete [X.] in Auseinandersetzung mit den vom [X.] entwickelten Maßstäben zu begründen (vgl. [X.] 151, 67 <84 f. Rn. 49>; [X.], Beschluss des [X.] vom 19. November 2021 - 1 BvR 781/21 u.a. -, Rn. 89 jeweils m.w.N.).

7

Daran fehlt es hier. Der Beschwerdeführer stellt zwar einige Maßstäbe zu den von ihm als verletzt gerügten Grundrechten dar. Es mangelt allerdings an hinreichend substantiierten Erwägungen dazu, aus welchen Gründen die angegriffenen Entscheidungen nach diesen Maßstäben Grundrechte verletzt haben könnten. Der Beschwerdeführer benennt im [X.] lediglich angebliche [X.]e Fehler der Entscheidungen. Er macht aber nicht deutlich, inwieweit in der möglichen Verletzung von einfachem Recht ein Verfassungsverstoß liegen könnte. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund des hier anzuwendenden zurückgenommenen [X.] (vgl. [X.] 18, 85 <92 f.>; 111, 54 <84>), der auch bezüglich eines [X.] der hier vorliegenden Art gilt (vgl. [X.]K 20, 135 <142 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 13. November 2007 - 1 BvR 1637/07 -, juris, Rn. 23).

8

2. Eine Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten des Beschwerdeführers ist auch nicht ersichtlich.

9

Die Entscheidungen der Fachgerichte dürften [X.] jedenfalls im Ergebnis zutreffend sein.

a) Zwar findet nach den [X.]en Vorgaben im Vollstreckungsverfahren eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung und mithin eine (erneute) Kindeswohlprüfung grundsätzlich nicht statt (vgl. [X.], Beschluss vom 1. Februar 2012 - [X.] 188/11 -, juris, Rn. 22).

b) Dieser Grundsatz kennt aber [X.] Ausnahmen. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung erfolgt in Ausnahmefällen, beispielsweise, wenn der titulierte Umgang offenkundig mit einer Gefährdung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes im Sinne des § 1666 Abs. 1 BGB verbunden wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2012 - 4 [X.]/12 -, juris, Rn. 21).

Vorliegend haben [X.] und [X.] aufgrund des Einnässens des [X.]es nach einzelnen Umgangskontakten mit dem Beschwerdeführer und nach Einholung eines Sachverständigengutachtens nachvollziehbar angenommen, dass Umgangskontakte des Beschwerdeführers mit dem [X.] dessen Wohl gefährden, weshalb [X.] ausnahmsweise eine Kindeswohlprüfung im Vollstreckungsverfahren stattfinden durfte und diese Prüfung nachvollziehbar zu Ungunsten der Durchsetzung der angeordneten Umgangskontakte des Beschwerdeführers ausging.

Dass die Fachgerichte dabei davon ausgegangen sind, durch den Beschluss des [X.]s zum Umgangsausschluss vom 7. Dezember 2020 sei die Grundlage für eine Vollstreckung der amtsgerichtlichen Entscheidung entfallen, dürfte zwar [X.] zweifelhaft sein (vgl. [X.], Beschluss vom 11. September 2012 - 4 [X.]/12 -, juris, Rn. 23). Es lässt sich jedoch nicht erkennen, dass die vertretene Rechtsauffassung auf einer grundlegenden Verkennung des Elternrechts des Beschwerdeführers beruht. Denn das fachgerichtlich erzielte Ergebnis, aus der familiengerichtlichen Umgangsregelung vom 20. Mai 2020 nicht mehr zu vollstrecken, nachdem eine aus den Umgängen resultierende Kindeswohlgefährdung im Raum stand, hätte [X.] ohnehin herbeigeführt werden dürfen oder gar zum Schutz des Kindes herbeigeführt werden müssen. Das [X.] hätte die Vollstreckung aus dem Beschluss vom 20. Mai 2020 wegen der Anhaltspunkte für eine umgangsbedingte Kindeswohlgefährdung bereits zuvor auf der Grundlage von § 64 Abs. 3 FamFG oder § 93 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 FamFG einstellen können oder müssen.

3. Soweit der Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde auch die Verletzung von Grundrechten seines [X.]es geltend machen möchte, ist er dazu prozessual mangels Vertretungsbefugnis nicht berechtigt.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1496/22

10.11.2022

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 3. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Hamm, 30. August 2022, Az: II-4 WF 285/21, Beschluss

Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 1666 BGB, § 64 Abs 3 FamFG, § 93 Abs 1 S 1 Nr 3 FamFG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 10.11.2022, Az. 1 BvR 1496/22 (REWIS RS 2022, 7057)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 7057 NJW 2023, 358 REWIS RS 2022, 7057


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 1 BvR 1496/22

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 1496/22, 10.11.2022.


Az. 4 WF 285/21

Oberlandesgericht Hamm, 4 WF 285/21, 30.08.2022.

Oberlandesgericht Hamm, 4 WF 285/21, 17.05.2022.


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1 BvR 781/21

XII ZB 188/11

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