Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.07.2016, Az. 1 BvR 2584/14

1. Senat 2. Kammer | REWIS RS 2016, 7997

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

VERTRAUENSSCHUTZ BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) SOZIALRECHT VERFASSUNGSBESCHWERDE VERSICHERUNGSRECHT UNTERNEHMENSJURISTEN BERUFS- UND STANDESRECHT RENTENVERSICHERUNG SYNDIKUSANWÄLTE

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde eines Syndikusanwalts gegen die Ablehnung seiner Befreiung von der Rentenversicherungspflicht - zum Entfallen der Beschwer in Fällen, in denen die mit einer Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Rechtsnorm gegenstandslos geworden oder ein für verfassungswidrig gehaltenes Gesetz aufgehoben wird - ggf teleologische Reduktion des § 231 Abs 4b S 5 SGB 6 geboten - Auslagenerstattung bei Erfolglosigkeit der Verfassungsbeschwerde, wenn die öffentliche Gewalt von sich aus den angegriffenen Akt beseitigt - Gegenstandswertfestsetzung


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 100.000 € (in Worten: einhunderttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer ist Syndikusrechtsanwalt und wendet sich gegen die Ablehnung seiner [X.] von der Rentenversicherungspflicht, die in letzter Instanz durch das angegriffene Urteil des [X.] vom 3. April 2014 bestätigt worden ist.

2

1. Nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist am 1. Januar 2016 das [X.] und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21. Dezember 2015 ([X.]) in [X.] getreten. Syndikusrechtsanwälte können nunmehr nach § 46a der Bundesrechtsanwaltsordnung ([X.]) bei der örtlich zuständigen Rechtsanwaltskammer ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft beantragen. Nach § 46c Abs. 1 [X.] gelten für sie die für Rechtsanwälte geltenden Vorschriften, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Zu den demnach anzuwendenden Vorschriften gehört auch § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des [X.] ([X.]), wonach Rechtsanwälte, wenn und solange sie Pflichtmitglieder der Versorgungswerke sind, auf Antrag von der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien sind.

3

Für die Frage der Rückwirkung eines entsprechenden [X.]santrags hat der Gesetzgeber in § 231 Abs. 4b und 4c [X.] folgende Regelungen getroffen:

(4b)

(4c)

1. …

2. bis zum Ablauf des 1. April 2016 die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach der Bundesrechtsanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung oder der Patentanwaltsordnung in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung beantragen.

4

2. Der Beschwerdeführer hat bis zum 1. April 2016 seine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt beantragt und einen Antrag auf rückwirkende [X.] nach § 231 Abs. 4b Satz 6 [X.] gestellt. Aufgrund der in § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] getroffenen Regelung geht er jedoch davon aus, dass er eine Rückwirkung seines [X.]santrags nur durch Fortsetzung des [X.] erreichen kann.

5

Wenn er die Verfassungsbeschwerde zurücknähme oder eine Erledigungserklärung abgäbe, würde er von dem Ausnahmetatbestand erfasst mit der Folge, dass eine rückwirkende [X.] von der Versicherungspflicht ausgeschlossen wäre. Sein im Ausgangsverfahren gestellter [X.]santrag sei durch das mit der Verfassungsbeschwerde angegriffene Urteil des [X.] vom 3. April 2014, also am Tag vor dem gesetzlich normierten Stichtag, bestandskräftig abgelehnt worden. Seine Verfassungsbeschwerde entfaltete keine aufschiebende Wirkung. Wenn er sich auf eine Rücknahme einließe, verzichtete er auf einen möglichen rückwirkenden Erfolg seiner Rechtsbehelfe. Im Falle einer stattgebenden Entscheidung durch das [X.] würde die [X.] nicht erst ab dem 1. April 2014 (vgl. § 231 Abs. 4b Satz 3 [X.]), sondern bereits ab Beginn der Beschäftigung gelten, auf den sich sein im Ausgangsverfahren gestellter [X.]santrag bezogen habe. Es könne auch nicht von ihm verlangt werden, auf mehrere [X.] zu verzichten. Auch dürfe er nicht auf einen langwierigen fachgerichtlichen Rechtsstreit verwiesen werden, der erforderlich werden könnte, wenn die [X.] ([X.]) eine Rückwirkung ablehne.

II.

6

1. Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 [X.] nicht vorliegen.

7

a) Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung kommt der Verfassungsbeschwerde keine grundsätzliche Bedeutung mehr zu (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a [X.]). Für außer [X.] getretenes oder geändertes Recht besteht im Regelfall kein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse seine Verfassungsmäßigkeit zu klären, auch wenn die strittigen verfassungsrechtlichen Fragen noch nicht durch das [X.] entschieden worden sind (vgl. [X.] 91, 186 <200>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 8. Dezember 2015 - 1 BvR 2120/10 -, NVwZ 2016, [X.] 381).

8

Eine grundsätzliche Bedeutung kommt auch nicht wegen einer möglicherweise für den Beschwerdeführer [X.] Anwendung der Übergangsbestimmung des § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] in Betracht. Dies folgt zum einen daraus, dass die Auslegung dieser Vorschrift und ihre Verfassungsmäßigkeit nicht Gegenstand des [X.] waren. Darüber hinaus handelt es sich um eine Norm des einfachen Rechts, dessen Auslegung und Anwendung zunächst den Fachgerichten obliegt (vgl. [X.] 18, 85 <93>; 72, 122 <138>; 89, 1 <9 f.>; 97, 12 <27>; 99, 145 <160>; [X.]K 6, 46 <50>; 10, 13 <15>; 10, 159 <163>; stRspr).

9

b) Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht im Sinne von § 93a Abs. 2 Buchstabe b, 1. Halbsatz [X.] zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers angezeigt, weil die Verfassungsbeschwerde unter Berücksichtigung der nunmehr geltenden Sach- und Rechtslage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg mehr hat (vgl. [X.] 90, 22 <26>; 96, 245 <250>; 108, 129 <136>; [X.]K 12, 189 <196>; stRspr). Die Verfassungsbeschwerde ist mangels [X.] unzulässig. Das schutzwürdige Interesse des Beschwerdeführers, die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Entscheidungen durch das [X.] feststellen zu lassen, ist infolge der zum 1. Januar 2016 in [X.] getretenen Rechtsänderung entfallen.

aa) Gründe für ein trotz Erledigung in der Hauptsache fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis sind insbesondere eine Wiederholungsgefahr, eine fortdauernde Beeinträchtigung oder eine tiefgreifende, anderweitig nicht zu beseitigende Grundrechtsbeeinträchtigung (vgl. [X.] 33, 247 <257 f.>; 69, 161 <168>; 81, 138 <140>; 103, 44 <58 f.>; 116, 69 <79>; [X.]K 6, 260 <263>; stRspr). Wenn eine mit der Verfassungsbeschwerde mittelbar angegriffene Rechtsnorm gegenstandslos geworden oder ein für verfassungswidrig gehaltenes Gesetz aufgehoben worden ist, ist eine fortdauernde Beschwer dagegen im Regelfall zu verneinen (vgl. [X.] 9, 89 <92 ff.>; 100, 271 <281>; 108, 370 <383>; 109, 64 <84>; stRspr). Dies gilt insbesondere dann, wenn auf Grundlage der geänderten Rechtslage auch im Falle einer erfolgreichen Verfassungsbeschwerde der Beschwerdeführer aufgrund des nun geltenden Gesetzesrechts keinen Erfolg haben kann (vgl. [X.] 110, 304 <320>).

bb) Aus dem nunmehr von dem Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde einzig noch verfolgten Ziel, einer in zeitlicher Hinsicht möglichst weitgehenden Anerkennung seines [X.]santrags, ergibt sich kein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis. Der Beschwerdeführer ist unter dem Gesichtspunkt der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde vielmehr gehalten, im fachgerichtlichen Verfahren eine rückwirkende [X.] gemäß § 231 Abs. 4b Sätze 1 und 2 [X.] geltend zu machen. Das ist ihm auch zuzumuten, obgleich er nach dem Wortlaut der Norm unter den [X.] des § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] fällt. Denn die Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] wirft keine spezifisch verfassungsrechtlichen Fragen auf, die nur das [X.] beantworten kann. Die vornehmlich veranlasste Prüfung des einfachen Rechts lässt eine verbesserte Entscheidungsgrundlage für eine später erneut zu erhebende Verfassungsbeschwerde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwarten, so dass eine Vorabentscheidung durch das [X.] nicht in Betracht kommt (vgl. [X.] 102, 197 <210>; 123, 148 <173>; [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 16. Juli 2015 - 1 BvR 1014/13 -, NVwZ-RR 2016, [X.] 1 <[X.] 2 Rn. 10>; stRspr).

(1) Die Sozialgerichte werden im Rahmen der Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] den vom Gesetzgeber mit dieser Ausnahmebestimmung verfolgten Zweck zu berücksichtigen haben, einer bestimmten Gruppe von [X.] einen Vertrauens- und Bestandsschutz zu versagen (vgl. BTDrucks 18/5201, [X.] f.). Von der Rückwirkung ausgenommen werden sollen Beschäftigungszeiten, "in denen eine [X.] von der Versicherungspflicht (auch) auf der Grundlage der vor der Rechtsprechung des [X.] aus April 2014 geübten Rechtspraxis von der Verwaltung abgelehnt wurde und bestandskräftig geworden ist und in der Folge in der Regel Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden mussten" (BTDrucks 18/5201, [X.]; [X.] 278/15, [X.]). Ein umfassender Vertrauens- und Bestandsschutz soll nur denjenigen zukommen, die über einen wirksamen [X.]sbescheid verfügen oder auch nach den Urteilen des [X.] vom 3. April 2014 weiterhin von der Rentenversicherung befreit waren (vgl. [X.]/Scharnke, [X.], [X.] 195 <201>). Dagegen wird er jenen "[X.]" verwehrt, die ihre Ablehnungsbescheide nicht angefochten und stattdessen Beiträge in die Rentenkasse eingezahlt haben, weil sie damit zu erkennen gegeben haben, dass sie die von der [X.] verfügte Eingruppierung in die gesetzliche Rentenversicherung hingenommen haben (vgl. [X.], in: [X.]/Offermann-Burckart/[X.]/[X.] , [X.], 2016, § 3 Rn. 61 m.w.N.). Mit Blick auf diesen Schutzzweck wird zu erwägen sein, ob ein Ausschluss des Beschwerdeführers vom personellen Anwendungsbereich im Wege der teleologischen Reduktion in Betracht kommt.

Dafür spricht auch ein Vergleich mit einer anderen Fallgruppe, für die unter dem Gesichtspunkt eines "sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs" über eine solche tatbestandliche Exklusion nachgedacht wird. Jene betroffenen Rechtsanwälte, die auf ein Rundschreiben der [X.] vom 12. Dezember 2014 zur Umsetzung der Rechtsprechung des [X.] vom 3. April 2014 (veröffentlicht unter anderem in [X.], [X.] 29 f.) reagiert und im Vertrauen darauf, dass ihnen dadurch keine Rechtsnachteile entstehen, ihre [X.]santräge zurückgenommen haben, sollen so zu behandeln sein, als wenn ihnen eine bestandskräftige [X.] erteilt worden wäre (vgl. [X.], a.a.[X.], Rn. 62). § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] wird also im sozialrechtlichen Schrifttum nicht als starre Ausnahmeregelung begriffen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen, in denen sachliche Gründe dafür vorliegen, werden Durchbrechungen erwogen. Auch unter diesem Aspekt besteht Grund zur Annahme, dass die für den Vollzug der Neuregelung zuständigen Behörden und Sozialgerichte bereits aus Gründen der Auslegung des einfachen Rechts im Sinne des Beschwerdeführers entscheiden werden.

(2) Insbesondere werden die Fachgerichte mit Blick auf die prozessuale Situation des Beschwerdeführers, der sämtliche ihm [X.], im Ausgangsverfahren getroffenen Entscheidungen mit den zu Gebote stehenden Rechtsbehelfen bis zum [X.] angegriffen hat, eine verfassungskonforme Auslegung von § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] zu erwägen haben. Dabei sind nicht nur seine Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1 bzw. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] zu berücksichtigen, sondern auch der Gesichtspunkt der Effektivität des von ihm beschrittenen, verfassungsrechtlich durch Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a [X.] gewährleisteten Rechtsschutzes. Da er rechtzeitig gegen das Urteil des [X.] vom 3. April 2014 Verfassungsbeschwerde erhoben hat, erscheint zumindest zweifelhaft, ob hier für das Kriterium einer "bestandskräftig abgelehnten" [X.] von der Versicherungspflicht der Eintritt der Rechtskraft des Urteils im fachgerichtlichen Verfahren (vgl. dazu [X.] 93, 381 <385>) maßgeblich sein kann.

(3) Demnach bestehen keine Bedenken, den Beschwerdeführer für den Fall, dass er mit seinem Antrag auf rückwirkende [X.] nach § 231 Abs. 4b Satz 6 [X.] keinen Erfolg haben sollte, zunächst auf den fachgerichtlichen Rechtsweg zu verweisen. Dort kann er zum einen geltend machen, dass er nicht unter den [X.] des § 231 Abs. 4b Satz 5 [X.] fällt. Zum anderen hat er die Möglichkeit, auf Grundlage von § 231 Abs. 4b Satz 4 [X.] eine über den 1. April 2014 hinausgehende [X.] anzustreben. [X.] stünde er angesichts der zwischenzeitlichen Neuregelung auch im Falle einer seiner Verfassungsbeschwerde stattgebenden Entscheidung nicht.

Nach den von der Kammer eingeholten Stellungnahmen des Beschwerdeführers ist kein Grund dafür erkennbar, dass er nicht in der Lage sein könnte, die Voraussetzungen des § 231 Abs. 4b Satz 4 [X.] darzulegen, zumal er sich im Ausgangsverfahren stets auf den Standpunkt gestellt hat, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] von der Versicherungspflicht befreit zu sein. Einem entsprechenden Antrag stünde es insbesondere nicht entgegen, wenn der Beschwerdeführer lediglich die nach § 13 Abs. 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in [X.] in der Fassung vom 1. September 2009 vorgesehenen Mindestbeiträge in Höhe von 30 % des [X.] gezahlt haben sollte. Denn auch dabei handelt es sich um einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b Satz 4 [X.] (vgl. Hartmann/Horn, [X.], [X.] 255 <257>; [X.], a.a.[X.], Rn. 59; [X.]., [X.], [X.] 175 <176>; vgl. auch Wein/[X.], [X.], [X.] 245 <248>).

Tatsächlich hat der Beschwerdeführer jedoch nicht nur diese Mindestbeiträge, sondern ausweislich der von ihm vorgelegten Beitragskontoübersichten des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in [X.] während des gesamten Zeitraums von August 2009 bis August 2014 darüber hinausgehende zusätzliche Pflichtbeiträge gezahlt, die auf seinen Antrag hin durch Bescheid des Versorgungswerks festgesetzt worden sind (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 der Satzung des Versorgungswerks der Rechtsanwälte in [X.] in der Fassung vom 1. September 2009). Dabei handelt es sich, wie der Beschwerdeführer in seinen gegenüber der Kammer abgegebenen Stellungnahmen vom 10. und 27. Juni 2016 ausgeführt hat, um einkommensbezogene Pflichtbeiträge, deren Höhe nach dem von ihm erzielten Einkommen für jeden Monat individuell errechnet worden ist. Dass die von ihm auf dieser Grundlage geleisteten zusätzlichen Zahlungen nachträglich nach Verkündung des mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteils des [X.] vom 3. April 2014 an den Rentenversicherungsträger ausgekehrt worden sind, steht ihrer rechtlichen Qualifikation als einkommensbezogene Pflichtbeiträge im Sinne von § 231 Abs. 4b Satz 4 [X.] nicht entgegen, weil es schon nach dem Wortlaut der Norm allein auf den Zahlungszeitpunkt ankommt. Zudem sind diese Zahlungen auf Grundlage des vom Gesetzgeber in § 286f Satz 1 [X.] angeordneten internen Ausgleichs zwischen dem Rentenversicherungsträger auf der einen und den Versorgungswerken auf der anderen Seite nachträglich wieder auszugleichen. Daraus folgt, dass dem Beschwerdeführer wegen der zwischenzeitlichen Erstattung der an das Versorgungswerk geleisteten Zusatzbeiträge kein Nachteil erwachsen kann.

c) Von einer weitergehenden Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3, 1. Alternative [X.]. Die Kammer hat aus Gründen der Billigkeit von ihrer Befugnis zu einer Kostenentscheidung zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch gemacht.

a) Beseitigt die öffentliche Gewalt von sich aus den mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Akt, so kann, falls keine anderweitigen Gründe ersichtlich sind, davon ausgegangen werden, dass sie das mit der Verfassungsbeschwerde verfolgte Begehren als berechtigt anerkennt. In diesem Fall entspricht die Auslagenerstattung durch die zuständige Gebietskörperschaft der Billigkeit, ohne dass es auf die Erfolgsaussichten der Verfassungsbeschwerde ankommt (vgl. [X.] 33, 247 <264 f.>; 85, 109 <115>; 87, 394 <397>; 91, 146 <147>; [X.]K 5, 316 <327 f.>; stRspr).

b) Der Gesetzgeber hat durch die Verabschiedung des [X.] zu erkennen gegeben, dass er dem vom Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Anliegen aus rechtspolitischen Gründen folgt. Erklärtes Ziel des [X.] war es, die Rechtsstellung von [X.] weitgehend anzugleichen und speziell im Hinblick auf die [X.] von der Versicherungspflicht den vor Verkündung des mit der Verfassungsbeschwerde angefochtenen Urteils des [X.] vom 3. April 2014 bestehenden Rechtszustand aufrechtzuerhalten beziehungsweise wiederherzustellen (vgl. BTDrucks 18/6915, [X.] 1 f.). Durch die Rechtsänderung ist der Beschwerdeführer - unbeschadet der Frage des Umfangs der Rückwirkung von der [X.] von der Versicherungspflicht - unmittelbar begünstigt worden. Gründe, warum ihm dieser wirtschaftliche Erfolg seiner Verfassungsbeschwerde nicht auch in kostenrechtlicher Hinsicht zugutekommen sollte, sind nicht zu erkennen.

3. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte (Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG) in Verbindung mit § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des [X.] im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. [X.] 79, 365 <366 ff.>; [X.]K 20, 336 <337 ff.>; stRspr).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 2584/14

19.07.2016

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 2. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend BSG, 3. April 2014, Az: B 5 RE 9/14 R, Urteil

§ 34a Abs 3 BVerfGG, § 93a Abs 2 Buchst a BVerfGG, § 93a Abs 2 Buchst b BVerfGG, § 46a BRAO, § 46c Abs 1 BRAO, § 14 Abs 1 S 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, SAnwRNOG/FGOÄndG, § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 6 vom 09.12.2004, § 231 Abs 4b S 1 SGB 6, § 231 Abs 4b S 2 SGB 6, § 231 Abs 4b S 4 SGB 6, § 231 Abs 4b S 5 SGB 6, § 231 Abs 4b S 6 SGB 6, § 231 Abs 4c SGB 6

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 19.07.2016, Az. 1 BvR 2584/14 (REWIS RS 2016, 7997)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 2731 REWIS RS 2016, 7997

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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