Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 28.01.2016, Az. I ZR 231/14

1. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 16949

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT EUROPÄISCHER GERICHTSHOF (EUGH) ONLINE-HANDEL UNLAUTERER WETTBEWERB WERBUNG WETTBEWERBSRECHT VERSANDHANDEL

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

(Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern: Erfordernis der Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden in der Anzeigenwerbung in einem Printmedium bei Erwerb der Produkte ausschließlich über die Internetplattform des Werbenden - MeinPaket.de)


Leitsatz

MeinPaket.de

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. EG Nr. L 149 vom 11. Juni 2005, S. 22) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Müssen die Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/EG schon in der Anzeigenwerbung für konkrete Produkte in einem Printmedium gemacht werden, auch wenn die Verbraucher die beworbenen Produkte ausschließlich über eine in der Anzeige angegebene Website des werbenden Unternehmens erwerben und die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erforderlichen Informationen auf einfache Weise auf dieser oder über diese Website erhalten können?

2. Kommt es für die Antwort auf Frage 1 darauf an, ob das in dem Printmedium werbende Unternehmen für den Verkauf eigener Produkte wirbt und für die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/EG erforderlichen Angaben direkt auf eine eigene Website verweist, oder ob sich die Werbung auf Produkte bezieht, die von anderen Unternehmen auf einer Internetplattform des Werbenden verkauft werden, und die Verbraucher die Angaben nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erst in einem oder mehreren weiteren Schritten (Klicks) über eine Verlinkung mit den Internetseiten dieser anderen Unternehmen erhalten können, die auf der in der Werbung allein angegebenen Website des Plattformbetreibers bereitgestellt wird?

Tenor

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem [X.] werden zur Auslegung des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der [X.], 98/27/[X.] und 2002/65/[X.] und des Rates sowie der Verordnung ([X.]) Nr. 2006/2004 des [X.] und des Rates (ABl. [X.] Nr. L 149 vom 11. Juni 2005, [X.]) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Müssen die Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/[X.] schon in der Anzeigenwerbung für konkrete Produkte in einem Printmedium gemacht werden, auch wenn die Verbraucher die beworbenen Produkte ausschließlich über eine in der Anzeige angegebene Website des werbenden Unternehmens erwerben und die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erforderlichen Informationen auf einfache Weise auf dieser oder über diese Website erhalten können?

2. Kommt es für die Antwort auf Frage 1 darauf an, ob das in dem Printmedium werbende Unternehmen für den Verkauf eigener Produkte wirbt und für die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] erforderlichen Angaben direkt auf eine eigene Website verweist, oder ob sich die Werbung auf Produkte bezieht, die von anderen Unternehmen auf einer Internetplattform des Werbenden verkauft werden, und die Verbraucher die Angaben nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erst in einem oder mehreren weiteren Schritten (Klicks) über eine Verlinkung mit den Internetseiten dieser anderen Unternehmen erhalten können, die auf der in der Werbung allein angegebenen Website des [X.] bereitgestellt wird?

Gründe

1

I. Der Kläger ist der [X.], dem unter anderem zwei bundesweit tätige Anbieter von Elektro- und Elektronikartikeln sowie 13 Versandhändler angehören, die bundesweit Waren aller Art anbieten. Die [X.] betreibt das [X.]portal "[X.]", auf dem gewerbliche Verkäufer Waren anbieten können. Die [X.] selbst schließt mit den Käufern keine Verträge über diese Produkte ab.

2

Der Kläger nimmt die [X.] auf Unterlassung einer Anzeigenwerbung in Anspruch, die in der [X.]ung "[X.]" am 2. Dezember 2012 veröffentlicht worden ist, und die wie folgt gestaltet war:

Abbildung

3

Die Waren konnten über die Verkaufsplattform der [X.] erworben werden. Besuchte ein durch die Werbung angesprochener [X.]nutzer die Verkaufsplattform und gab den in der Anzeige genannten Code ein, öffnete sich die jeweilige Produktseite, auf der angezeigt wurde, wer der gewerbliche Verkäufer des jeweiligen Artikels war. Unter der Rubrik "Anbieterinformationen" erhielt der Nutzer Angaben zur Firma und Anschrift des Vertragspartners.

4

Der Kläger ist der Ansicht, dass die [X.] mit dieser Werbung gegen die Verpflichtung verstoßen habe, die Identität und die Anschrift der ihre Verkaufsplattform nutzenden Anbieter der Waren anzugeben.

5

Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß zur Unterlassung der konkret beanstandeten Werbung verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen ([X.], [X.], 391). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die [X.] beantragt, verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.

6

II. Der Erfolg der Revision hängt von der Auslegung des Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/[X.] über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern vom 11. Mai 2005 ab. Vor einer Entscheidung ist das Verfahren deshalb auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 3 AEUV eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.

7

1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht zu, weil die [X.] in der streitgegenständlichen Werbeanzeige nicht verpflichtet gewesen sei, Impressumsangaben zu den Verkäufern der beworbenen Waren zu machen. Dazu hat es ausgeführt:

8

Die beanstandete Anzeige stelle ein Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG dar, weil sich der Verbraucher aufgrund der Angaben in der Werbung zum Erwerb einer bestimmten Ware entschließen könne. Die Vorschrift erfasse auch die Werbung für konkrete Waren Dritter. Die [X.] habe daher die Identität und Anschrift derjenigen Unternehmer anzugeben, deren Waren sie anbiete. Diese Informationen müsse der Verbraucher vor der frühestmöglichen geschäftlichen Entscheidung über den Kauf erhalten. Auch bei der gebotenen weiten Auslegung des Begriffs der geschäftlichen Entscheidung sei die beanstandete Werbeanzeige jedoch nicht unlauter, weil ihr die Impressumsangaben zu den dritten Unternehmen fehlten. Die beworbenen Produkte könnten ausschließlich über das [X.]portal "[X.]" bestellt werden. Dort finde der am Erwerb der beworbenen Produkte interessierte Verbraucher im Zusammenhang mit der Warenpräsentation unter der Rubrik "Anbieterinformationen" sowie über den mit einem Link hinterlegten Namen des Verkäufers die erforderlichen Angaben zu dessen Identität und Anschrift. Derartige Links seien für den Verbraucher ohne weiteres als Hinweise auf Kontaktdaten des Anbieters erkennbar. Zudem befinde sich der Verbraucher, der eine Ware in Ruhe und unbeobachtet von Verkaufspersonal am heimischen Computer bestelle, nicht in einer vergleichbaren Drucksituation wie in einem Geschäftslokal. Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände sei deshalb nicht davon auszugehen, dass die fehlende Impressumsangabe in der Anzeige geeignet sei, den Verbraucher zu einer Kaufentscheidung zu veranlassen, die er sonst nicht getroffen hätte. Die Impressumsangaben im Onlineshop erfüllten im konkreten Fall den Gesetzeszweck.

9

2. Im Streitfall kommt es auf die Frage an, ob die Angaben zu Anschrift und Identität des Gewerbetreibenden im Sinne von Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/[X.] schon in der Anzeigenwerbung für konkrete Produkte in einem Printmedium gemacht werden müssen, auch wenn die Verbraucher die beworbenen Produkte ausschließlich über eine in der Anzeige angegebene Website des werbenden Unternehmens erwerben und die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erforderlichen Informationen auf einfache Weise auf dieser oder über diese Website erhalten können (Vorlagefrage 1).

a) Dem Kläger steht der begehrte Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG nur zu, wenn die [X.] gegen § 5a Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 2 UWG in der Fassung vom 3. März 2010 verstoßen hat. Da der Unterlassungsanspruch in die Zukunft gerichtet ist, muss das beanstandete Verhalten der [X.] zudem nach dem zur [X.] der Entscheidung geltenden Recht wettbewerbswidrig sein ([X.], Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13, [X.], 86 Rn. 20 = [X.], 35 - [X.]). § 5a Abs. 2 UWG ist durch das [X.] zur Änderung des [X.] vom 2. Dezember 2015 neu gefasst worden, während § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG unverändert geblieben ist. Die Änderung des § 5a Abs. 2 UWG hat auf die sich im Streitfall stellenden Vorlagefragen keinen Einfluss.

aa) Gemäß § 5a Abs. 2 UWG aF handelt unlauter, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 UWG dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG nF handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG gilt die Information über die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentlich, für den der in Anspruch genommene Unternehmer handelt, sofern Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, es sei denn, diese Informationen ergeben sich unmittelbar aus den Umständen.

bb) Die Vorschrift des § 5a Abs. 3 UWG dient der Umsetzung von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.]. Der [X.] Gesetzgeber hat dabei statt des in der Richtlinie verwendeten Begriffs "Aufforderung zum Kauf" die Umschreibung gewählt, dass Waren oder Dienstleistungen so angeboten werden, dass ein Durchschnittsverbraucher in die Lage versetzt wird, das Geschäft abzuschließen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des [X.] zur Änderung des UWG, BT-Drucks. 16/10145, [X.]). Nach der danach erforderlichen richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 3 UWG reicht es für ein qualifiziertes Angebot im Sinne von § 5a Abs. 3 UWG aus, dass eine Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] vorliegt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist das der Fall, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht ([X.], Urteil vom 12. Mai 2011 - [X.]/10, Slg. 2011, [X.] = GRUR 2011, 930 Rn. 33 - [X.]).

Dafür ist nicht erforderlich, dass das der Absatzförderung dienende Verhalten bereits ein Angebot im Sinne von § 145 [X.] oder eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (sogenannte invitatio ad offerendum) darstellt. Vielmehr reicht es nach der Senatsrechtsprechung aus, wenn der Verbraucher so viel über das Produkt und dessen Preis erfährt, dass er sich für den Kauf entscheiden kann (vgl. [X.], Urteil vom 12. September 2013 - [X.], [X.], 403 Rn. 8 = [X.], 435 - "DER [X.]"; Urteil vom 9. Oktober 2013 - [X.], [X.], 580 Rn. 12 = [X.], 545 - Alpenpanorama im Heißluftballon). Dabei genügt als für die Annahme einer Aufforderung zum Kauf erforderliche geschäftliche Entscheidung nach Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29/[X.] insbesondere jede Entscheidung eines [X.] darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen will. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] umfasst der Begriff "geschäftliche Entscheidung" nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts ([X.], Urteil vom 19. Dezember 2013 - [X.]/12, [X.], 196 = [X.], 161 Rn. 36 - [X.]).

Nach Erwägungsgrund 14 Satz 3 und 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] müssen die von der Richtlinie festgelegten Basisinformationen, die der Verbraucher für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt, zwar nicht notwendigerweise in jeder Werbung enthalten sein. Dies ist jedoch erforderlich, wenn der Gewerbetreibende zum Kauf auffordert.

cc) Danach könnte die Printwerbung der [X.] eine Aufforderung zum Kauf im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] darstellen, in der die nach Buchst. b dieser Vorschrift erforderlichen Impressumsangaben unmittelbar zu machen sind.

In der Werbeanzeige werden fünf konkrete Produkte abgebildet und jeweils unter Angabe des Preises beschrieben. Dadurch erhält der Verbraucher die wesentlichen Angaben, um sich zum Erwerb dieser Waren zu entschließen. Es handelt sich damit um Absatzwerbung und nicht um eine bloße Aufmerksamkeits- oder Imagewerbung. Die in der Werbung gegebenen Informationen können und sollen die Verbraucher dazu veranlassen, zunächst das [X.] der [X.] im [X.] aufzurufen und dann dort die beworbenen Produkte bei den jeweiligen Anbietern zu bestellen. Das Aufrufen eines [X.]s im [X.] könnte mit dem Betreten eines Geschäfts im Sinne der Entscheidung "[X.]" gleichgestellt werden (in diesem Sinne [X.], [X.], 1340, 1341 f.; [X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 33. Aufl., § 2 Rn. 48a). Dafür könnte die aus [X.]icht inzwischen vielfach bestehende grundsätzliche Austauschbarkeit von [X.]handel und stationärem Handel sprechen.

Nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/[X.] steht das nicht rechtzeitige Bereitstellen dem Vorenthalten einer Information im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie gleich. Im Fall des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erreicht den Verbraucher eine wesentliche Information nur rechtzeitig, wenn er sie erhält, bevor er aufgrund der Aufforderung zum Kauf eine geschäftliche Entscheidung treffen kann. Diese geschäftliche Entscheidung ist bei der Werbeanzeige der [X.] das Aufsuchen ihres [X.]s im [X.], um ein in der Anzeige beworbenes Produkt zu erwerben oder sich damit näher zu befassen. Diese Umstände sprechen dafür, dass die Informationen zu Identität und Anschrift der Anbieter der beworbenen Produkte bereits in dieser Werbeanzeige selbst erfolgen müssen.

dd) Allerdings ist der Rechtsprechung des Gerichtshofs nach Ansicht des erkennenden Senats nicht mit ausreichender Sicherheit zu entnehmen, ob im Fall einer auf das Aufsuchen eines [X.]s im [X.] gerichteten Printwerbung die nach Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/[X.] und § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG erforderlichen Angaben schon in der Printwerbung selbst zu machen sind.

Der Gerichtshof hat in der Entscheidung [X.] (Slg. 2011, [X.] Rn. 56) im Zusammenhang mit einer Werbung in einer Tageszeitung ausgeführt, Art. 7 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2005/29/[X.] untersage nicht, in einer Aufforderung zum Kauf nur bestimmte der ein Produkt kennzeichnenden Merkmale anzugeben, wenn der Gewerbetreibende im Übrigen auf seine Website verweise, sofern sich dort wesentliche Informationen über die maßgeblichen Merkmale des Produkts, dessen Preis und die übrigen Erfordernisse gemäß Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie fänden.

Diese Ausführungen des Gerichtshofs in dem Urteil "[X.]" vom 12. Mai 2011 erscheinen nicht als durch das nur kurze [X.] später, nämlich am 19. Dezember 2013 ergangene Urteil "[X.]" überholt. In dem Urteil "[X.]" ging es um eine irreführende [X.] für einen Supermarkt, ohne dass eine Verweisung auf eine Website erwähnt wird. Dementsprechend fand in dieser Sache das frühere Urteil "[X.]" auch keine Erwähnung. Selbst wenn das durch eine Printwerbung bewirkte Aufsuchen einer [X.]seite eine geschäftliche Entscheidung des [X.] darstellt, erscheint es unter diesen Umständen möglich, dass die Informationen gemäß Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie nicht schon in der Printwerbung selbst gemacht werden müssen. Vielmehr könnte es den Anforderungen dieser Vorschrift genügen, dass Verbraucher, die das [X.] der [X.] im [X.] aufrufen, dort bei der Präsentation der einzelnen Waren die Informationen zur Identität und Anschrift der Anbieter auf einfache Weise über die Rubrik "Anbieterinformationen" oder den mit einem Link hinterlegten Namen des Verkäufers finden können.

b) Nach Ansicht des Senats spricht einiges dafür, die Vorlagefrage 1 zu bejahen.

aa) Wie der Besuch eines stationären Geschäfts hängt auch das Aufsuchen eines [X.]portals unmittelbar mit dem Erwerb der dort jeweils angebotenen Produkte zusammen.

bb) Zudem erscheint die Information über den Vertragspartner gemäß Art. 7 Abs. 4 Buchst. b der Richtlinie 2005/29/[X.] und § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG nicht nur erforderlich, damit der Verbraucher ohne Schwierigkeiten Kontakt mit dem anbietenden Unternehmen aufnehmen kann. Vielmehr ist sie für die geschäftliche Entscheidung des [X.] auch deshalb wesentlich, weil dieser dadurch in die Lage versetzt wird, den Ruf des Unternehmers im Hinblick auf Qualität und Zuverlässigkeit der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen, aber auch dessen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, Bonität und Haftung einzuschätzen (vgl. [X.], Urteil vom 18. April 2013 - I ZR 180/12, [X.], 1169 Rn. 13 = [X.], 1459 - Brandneu von der [X.]). Die fehlenden Impressumsangaben in der beanstandeten Werbeanzeige können einen Verbraucher dazu veranlassen, das [X.]portal der [X.] aufzusuchen, obwohl er bei Kenntnis von der Identität des anbietenden Unternehmers möglicherweise davon abgesehen hätte, sich näher mit dem beworbenen Angebot zu befassen. Das kommt etwa in Betracht, wenn der Verkäufer in [X.] negativ bewertet wird oder der Kunde mit ihm konkrete negative Erfahrungen gemacht hat.

cc) Unerheblich erscheint in diesem Zusammenhang, ob der Kunde die beworbenen Produkte ausschließlich über das [X.]portal des Werbenden erwerben kann. Die erst dort gegebenen Informationen erreichen den Verbraucher zwar noch vor dem Kaufabschluss oder sind vor diesem [X.]punkt abrufbar. Sie erfolgen jedoch zu spät, um ihm eine informationsgeleitete Entscheidung darüber zu ermöglichen, ob er sich überhaupt näher mit einem der angebotenen Produkte befassen und dafür dieses [X.]portal aufsuchen will. Auch der Umstand, dass ein Verbraucher am Computer eine Ware in Ruhe und unbeobachtet von Verkaufspersonal bestellen kann, ändert nichts daran, dass ihm die wesentlichen Informationen über Anschrift und Identität der Anbieter der beworbenen Produkte fehlen, bevor er die [X.]seite des Werbenden aufsucht. Der mit Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] verfolgte Zweck spricht daher nach Ansicht des Senats dafür, dass die [X.] Identität und Anschrift der Verkäufer der Produkte bereits in der Werbeanzeige angibt.

dd) Nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2005/29/[X.] sind räumliche oder zeitliche Beschränkungen, die durch die Geschäftspraxis auferlegt werden, bei der Entscheidung darüber, ob Informationen vorenthalten werden, zu berücksichtigen. Solche Beschränkungen sind indes im Streitfall nicht ersichtlich. Im Übrigen wären nach Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie gegebenenfalls auch Maßnahmen zu berücksichtigen, die die [X.] getroffen hat, um den Verbrauchern die Informationen anderweitig zur Verfügung zu stellen. Zu solchen Maßnahmen hat die [X.] nichts vorgetragen.

3. Außerdem stellt sich im Streitfall die Frage, ob es für die Antwort auf Frage 1 von Bedeutung ist, ob das in dem Printmedium werbende Unternehmen für den Verkauf eigener Produkte wirbt und für die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] erforderlichen Angaben direkt auf eine eigene Website verweist, oder ob sich die Werbung auf Produkte bezieht, die von anderen Unternehmen auf einer [X.]plattform des Werbenden verkauft werden, und die Verbraucher die Angaben nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie erst in einem oder mehreren weiteren Schritten (Klicks) über eine Verlinkung mit den Webseiten dieser anderen Unternehmen erhalten können, die auf der in der Werbung allein angegebenen Website des [X.] bereitgestellt wird (Vorlagefrage 2).

Der Sachverhalt im vorliegenden Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass sich die beanstandete Anzeigenwerbung auf eine [X.]verkaufsplattform bezieht, auf der Produkte dritter Unternehmen zum Verkauf angeboten werden. Für den Senat erscheint nicht ausgeschlossen, dass es von Bedeutung sein könnte, ob ein in Printmedien für eigene Produktangebote werbendes Unternehmen für die nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] erforderlichen Angaben unmittelbar auf eine eigene Website verweist, oder ob die Verbraucher diese Angaben erst in einem oder mehreren weiteren Schritten über eine auf der Website eines werbenden [X.] bereitgestellte Verlinkung mit den Webseiten der Unternehmen erhalten können, die ihre Produkte auf der Plattform des Werbenden verkaufen.

So hält es der Senat etwa im Zusammenhang mit einer Werbung für Heilmittel in [X.] für ausreichend aber auch erforderlich, dass die heilmittelrechtlichen Pflichtangaben nach § 4 [X.] über einen klar erkennbaren Link abrufbar sind, der zu einer [X.]seite führt, auf der die Pflichtangaben unmittelbar, also ohne weitere Zwischenschritte leicht lesbar wahrgenommen werden können (vgl. [X.], Urteil vom 6. Juni 2012 - [X.], [X.], 94 Rn. 18 und Leitsatz = [X.], 65 - Pflichtangaben im [X.]). Ähnliche Grundsätze könnten auch für die Auslegung von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] gelten. Soweit ersichtlich, hat sich der Gerichtshof aber bisher mit dieser Fragestellung insbesondere im Zusammenhang mit Betreibern von [X.]plattformen noch nicht befasst.

4. Die Vorlagefragen sind entscheidungserheblich.

a) Die Informationspflicht nach Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] trifft die [X.] als für das Angebot Verantwortliche. Indem diese Vorschrift die Informationspflicht auf die Identität und Anschrift desjenigen Unternehmers erweitert, für den der anbietende Unternehmer handelt, wird sichergestellt, dass dem Verbraucher auch dann die Identität und die Anschrift seines Vertragspartners offenbart werden, wenn dieser beim Abschluss des Geschäfts nicht selbst in Erscheinung tritt, sondern ein Dritter dem Verbraucher das Geschäft anbietet. In diesem Fall bedarf es daher der Offenlegung von Informationen über den Vertragspartner des im Sinne von Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2005/29/[X.] und § 5a Abs. 3 Halbsatz 1 UWG qualifiziert angebotenen Geschäfts (vgl. [X.], [X.], 580 Rn. 20 - Alpenpanorama im Heißluftballon).

b) Der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage steht nicht die von der [X.] erhobene Einrede der Verjährung entgegen.

aa) Die [X.] hat geltend gemacht, das Begehren des [X.] im vorliegenden Verfahren unterscheide sich von demjenigen im vorausgegangenen Verfahren der einstweiligen Verfügung. Im Verfügungsverfahren habe der Kläger den Antrag dahingehend konkretisiert, dass er in der angegriffenen Werbung Informationen nur zum eigenen Unternehmen der [X.] vermisse. Das unterscheide sich vom Streitgegenstand des vorliegenden Hauptverfahrens, in dem der Kläger geklärt wissen wolle, ob Identität und Anschriften der Vertragspartner der [X.] anzugeben seien, deren Angebot in der Anzeige der [X.] beworben werde. Infolgedessen habe der Antrag auf einstweilige Verfügung vom 17. Dezember 2012 die Verjährung des im vorliegenden Verfahren verfolgten Unterlassungsanspruchs nicht gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 9 [X.] hemmen können.

bb) Ansprüche aus § 8 UWG verjähren nach § 11 Abs. 1 UWG in sechs Monaten. Die Verjährungsfrist begann spätestens am 6. Dezember 2012, dem Datum, an dem der Kläger die [X.] in Kenntnis der beanstandeten Werbung deswegen abgemahnt hat (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Entgegen der Ansicht der [X.] ist die Verjährung aber zunächst durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 17. Dezember 2012 (§ 204 Abs. 1 Nr. 9 [X.]) und sodann durch die Klage in der vorliegenden Hauptsache (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.]) gehemmt worden.

(1) Für die Reichweite der Hemmung durch den [X.] kommt es auf den Streitgegenstand des [X.] an (vgl. [X.]/Schmidt-Räntsch, [X.], 14. Aufl., § 204 Rn. 9; [X.].[X.]/[X.], 7. Aufl., § 204 Rn. 51). Allerdings wird die Verjährung bei einer Teilklage nur für die damit verfolgten Ansprüche gehemmt (vgl. [X.], Urteil vom 18. März 1976 - [X.], [X.]Z 66, 142, 148; Urteil vom 11. März 2009 - [X.], [X.], 386 Rn. 12).

Bei der wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsklage bildet die konkrete Verletzungsform den Streitgegenstand, wenn mit der Klage ein entsprechendes Unterlassungsbegehren verfolgt wird. Der Streitgegenstand umfasst in diesem Fall - unabhängig davon, ob der Kläger sich auf diese Rechtsverletzung gestützt und den zu dieser Rechtsverletzung gehörenden Tatsachenvortrag gehalten hat - alle Rechtsverletzungen, die in der konkreten Verletzungsform verwirklicht sind, auch wenn die verschiedenen Verletzungen jeweils einen unterschiedlichen Tatsachenvortrag erfordern ([X.], Urteil vom 13. September 2012 - I ZR 230/11, [X.]Z 194, 314 Rn. 19, 24 - Biomineralwasser).

(2) Danach umfasst der Streitgegenstand des [X.] im Streitfall das [X.], das der Kläger mit dem Unterlassungsantrag im vorliegenden Hauptverfahren verfolgt.

Der Kläger hatte im Verfahren der einstweiligen Verfügung beantragt, der [X.] zu untersagen,

gegenüber dem Letztverbraucher zu werben, ohne gleichzeitig die Identität (vollständige Firmierung inklusive Rechtsformzusatz) ... und Anschrift (Sitz des Unternehmens) des Unternehmens … anzugeben,

wenn dies geschieht wie in der beanstandeten Anzeige.

Der Kläger hat damit die Anzeige als konkrete Verletzungsform zwar eingeschränkt allein auf fehlende Angaben zu Identität und Anschrift des Unternehmens angegriffen. Er hat insoweit aber keine weitere Beschränkung vorgenommen und insbesondere auch keine Teilklage erhoben. Der [X.] umfasst damit sowohl fehlende Impressumsangaben für die [X.] selbst als auch das Fehlen entsprechender Angaben für die Unternehmen, deren Waren in der Anzeige von der [X.] beworben worden sind. Gegenstand des [X.]s des [X.] war die Werbung ohne Impressumsangaben, obwohl diese Angaben für die [X.] selbst oder für die Unternehmen, deren Waren sie bewarb, zu machen waren.

Aus der Antragsbegründung des [X.] ist keine Beschränkung dieses Streitgegenstands auf Angaben für die [X.] selbst zu entnehmen. Der Kläger hatte dort beanstandet, die Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den sie handelte, gebe die [X.] nicht an. Soweit der Kläger im [X.] daran ausgeführt hat, nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG sei die Antragsgegnerin verpflichtet, ihre Identität und Anschrift anzugeben, handelte es sich nur um eine erkennbar unvollständige Wiedergabe des Gesetzeswortlauts, der keine Absicht zur Einschränkung des Streitgegenstands entnommen werden konnte (vgl. [X.]Z 194, 314 Rn. 27 - Biomineralwasser).

(3) Die Parteien haben das einstweilige Verfügungsverfahren in der Berufungsverhandlung am 16. August 2013 übereinstimmend für erledigt erklärt. Bevor daraufhin nach § 204 Abs. 2 [X.] die aufgrund des [X.]s eingetretene Hemmung der Verjährung am 16. Februar 2014 endete, hat der Kläger am 27. September 2013 Klage in der Hauptsache erhoben. Dadurch ist in unverjährter [X.] eine weitere Hemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eingetreten (vgl. [X.]/Schmidt-Räntsch aaO § 204 Rn. 47).

Büscher                    Schaffert                        [X.]

                [X.]Schwonke

Meta

I ZR 231/14

28.01.2016

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

EuGH-Vorlage

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 26. September 2014, Az: I-6 U 56/14, Urteil

EGRL 7/97, EGRL 27/98, EGRL 65/2002, Art 7 Abs 4 Buchst b EGRL 29/2005, EWGRL 450/84, § 5a Abs 2 UWG, § 5a Abs 3 UWG, EGV 2006/2004

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, EuGH-Vorlage vom 28.01.2016, Az. I ZR 231/14 (REWIS RS 2016, 16949)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 220-222 REWIS RS 2016, 16949


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 231/14

Bundesgerichtshof, I ZR 231/14, 14.09.2017.

Bundesgerichtshof, I ZR 231/14, 28.01.2016.


Az. 6 U 56/14

Oberlandesgericht Köln, 6 U 56/14, 26.09.2014.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 231/14 (Bundesgerichtshof)


I ZR 231/14 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß: Aufrufen eines Verkaufsportals im Internet als geschäftliche Entscheidung; räumliche oder zeitliche Beschränkungen des Kommunikationsmittels; …


I ZR 231/14 (Bundesgerichtshof)


6 U 56/14 (Oberlandesgericht Köln)


I ZR 260/16 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß: Vorenthaltung wesentlicher Informationen in einem in einer Werbeanzeige enthaltenen Angebot


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.