Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 09.11.2017, Az. 1 BvR 1489/16

1. Senat 1. Kammer | REWIS RS 2017, 2613

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Nichtannahmebeschluss: Störung der Feiertagsruhe durch Vorführung eines nicht feiertagsfreien Films ("Das Leben des Brian") am Karfreitag - Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde gegenüber einem Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gem § 10 FeiertG NW - zudem unzureichende Substantiierung der Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung


Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1

Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen die Auferlegung eines Bußgeldes wegen der Vorführung des Filmes "Das Leben des [X.]" an einem [X.], welcher aufgrund der Vorschriften des Gesetzes über die Sonn- und Feiertage [X.] ([X.]) nicht als zur Aufführung an einem [X.] geeignet anerkannt ist.

2

1. a) Der Beschwerdeführer ist Mitglied der Initiative "Religionsfrei im Revier", die für einen weltanschaulich neutralen Staat eintritt. Nach ihrer Auffassung widersprechen die Regelungen des [X.] der erforderlichen konsequenten Trennung von Kirche und Staat. Daher organisierte der Beschwerdeführer für die Initiative an jedem [X.] seit dem [X.] eine Vorführung des Spielfilms "Das Leben des [X.]". Dabei handelt es sich um einen Film der [X.] "[X.]" aus dem Jahr 1979, in welchem die zur selben Zeit und am selben Ort wie [X.] geborene Hauptfigur, ein "naiver [X.]", aufgrund von Missverständnissen gegen seinen Willen als [X.] verehrt und schlussendlich gekreuzigt wird. Der Film wurde 1980 von der [X.] ([X.]) als "nicht feiertagsfrei" eingestuft.

3

Die [X.] ist heute eine als GmbH organisierte [X.] der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft ([X.]). Sie vergibt als gutachterliche Stelle für die Länder insbesondere Altersfreigaben für Filme gemäß § 14 Jugendschutzgesetz. Des Weiteren stuft sie Filme als "feiertagsfrei" oder "nicht feiertagsfrei" ein, sofern dies beantragt wird. Die Kompetenz zur Vornahme rechtsverbindlicher Freigaben für den [X.] in [X.] ist ihr nach den Feststellungen des Amtsgerichts aufgrund der Ermächtigung in § 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.] übertragen worden. Eine Neubegutachtung, welche unter bestimmten Voraussetzungen möglich ist, wurde hinsichtlich einer Feiertagsfreigabe des Filmes "Das Leben des [X.]" seit 1980 nicht beantragt.

4

Die von dem Beschwerdeführer organisierte Filmvorführung am [X.] 2014 fand in den Räumen eines [X.] Zentrums statt und war für jedermann frei zugänglich. Der Beschwerdeführer machte zuvor über Presseveröffentlichungen auf die Vorführung des Films aufmerksam. Während der Vorführung waren die Türen und Fenster des Raumes geschlossen, so dass der Film außerhalb des [X.] Zentrums weder visuell noch akustisch wahrnehmbar war. Vor Ort wiesen keine Aushänge auf die Filmvorführung hin. An der Vorführung nahmen etwa 55 bis 60 Zuschauer teil. Der Beschwerdeführer wusste, dass der aufgeführte Film als "nicht feiertagsfrei" eingestuft war, die Vorführung damit gegen das [X.] verstieß und dadurch die Vorführung ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach sich ziehen konnte.

5

b) Nachdem die Stadt das Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen der Filmvorführung im [X.] noch eingestellt hatte, verhängte sie wegen der Filmvorführung 2014 gegen den Beschwerdeführer ein Bußgeld in Höhe von 300 €. Gemäß § 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.] sei am [X.] die Aufführung nicht feiertagsfreier Filme, wozu "Das Leben des [X.]" zähle, untersagt. Die Vorführung durch den Beschwerdeführer stelle dementsprechend eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 4 [X.] dar. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 10 [X.] sei nicht erteilt worden.

6

c) Auf den Einspruch des Beschwerdeführers hin reduzierte das Amtsgericht das Bußgeld auf 100 €. Den hiergegen gerichteten Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Rechtsbeschwerde verwarf das [X.] als unbegründet. Es sei in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits ausreichend geklärt, dass das [X.] und damit auch § 6 Abs. 3 [X.] verfassungsgemäß sei.

7

2. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde unmittelbar gegen die Entscheidungen im Ausgangsverfahren und mittelbar gegen § 6 Abs. 3 Nr. 3 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 4 [X.]. Er rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Art. 11 und Art. 20 Abs. 3 GG sowie Art. 9 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten ([X.]), weiter aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG, Art. 5 Abs. 1 und 3 GG, Art. 33 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit Art. 140 GG, dieser in weiterer Verbindung mit Art. 136 und 139 [X.] ([X.]), sowie aus Art. 103 Abs. 2 GG.

8

a) Die angegriffenen Entscheidungen verletzten ihn in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG "im Zusammenhang mit Art. 11 GG". Es stelle eine hiernach unzulässige Ungleichbehandlung dar, wenn Menschen, die keiner [X.] Religionsgemeinschaft angehörten, am [X.] auch solche Verbote zu beachten hätten, die über den "allgemeinen Feiertagsschutz" gemäß Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 [X.] hinausgingen. Umgekehrt stelle es eine Bevorzugung von Mitgliedern [X.] Religionsgemeinschaften dar, wenn an einem für sie wichtigen Feiertag auch andere Menschen Beschränkungen einzuhalten hätten. Nach dem in Art. 20 Abs. 3 GG enthaltenen Verhältnismäßigkeitsprinzip treffe den Staat die Pflicht, solche nicht gerechtfertigten Einschränkungen, die im Übrigen auch eine Beschränkung der allgemeinen Freizügigkeit gemäß Art. 11 GG darstellten, auszuschließen.

9

§ 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.] verwirkliche das damit verfolgte Ziel nicht in verhältnismäßiger Weise. Zweck der Regelung dürfe aus Sicht eines weltanschaulich neutralen Staates lediglich sein, Menschen [X.] Glaubens von möglichen Störungen freizuhalten. Es stelle aber bei objektiver Betrachtungsweise überhaupt keine Störung der Religionsausübung von [X.] dar, wenn irgendwo Filme aufgeführt würden, die keinen zu dem Feiertag passenden Inhalt hätten.

b) Er werde auch in seinem Grundrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG verletzt. Eine umfassende Beschränkung des Verhaltens derjenigen, welche an einem solchen Tag wie [X.] keine Religion ausübten, stelle eine Verletzung ihrer Freiheit von Religion und Glauben dar.

c) Ferner werde er in seinen Grundrechten aus Art. 5 Abs. 1 und 3 GG, worunter auch Filmvorführungen fielen, verletzt. Die Regelung in § 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.] gehe weit über ein nach Art. 5 Abs. 2 GG zulässiges allgemeines Gesetz hinaus. Der Film mache religiöse Gruppen und Riten nicht lächerlich, sondern sei eine bekannte und beliebte satirische Komödie. § 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.] stelle eine unzulässige Zensur nach Art. 5 Abs. 3 GG dar.

d) Zudem liege eine Verletzung von Art. 33 GG in Verbindung mit Art. 136 und 139 [X.] vor, weil ihm in [X.] die Vorführung des Filmes "Das Leben des [X.]" untersagt werde, in anderen Bundesländern hingegen nicht.

e) Schließlich verstießen die angegriffenen Entscheidungen auch gegen Art. 103 Abs. 2 GG, da der Tatbestand der Ordnungswidrigkeit zu unbestimmt sei. Die Formulierung "zur Aufführung am [X.] geeignet" stelle einen völlig unbestimmten Rechtsbegriff dar, so dass auf dieser Grundlage kein Bußgeld erlassen werden dürfe. Zudem seien keinerlei Kriterien erkennbar, anhand welcher die Eignung von Filmen für den [X.] geprüft werden könnte. Der objektive Inhalt des Feiertages [X.] lasse keine Maßstäbe erkennen, nach welchen eine Anerkennung oder Nichtanerkennung erforderlich sein könnte.

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 [X.]), weil sie unzulässig ist.

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt nicht dem aus § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.] folgenden Grundsatz der Subsidiarität.

a) Der Grundsatz der Subsidiarität dient zum einen der Wahrung der grundgesetzlichen Zuständigkeitsverteilung, nach der vorrangig die Fachgerichte Rechtsschutz gewähren; zum anderen soll er sicherstellen, dass dem Verfassungsgericht die Fallanschauung und Rechtsauffassung der Fachgerichte vermittelt wird, so dass es nicht auf unsicherer Grundlage entscheiden muss (vgl. [X.] 77, 381 <401>; 86, 15 <27>; 97, 157 <165>; 114, 258 <279>). Er verlangt, dass ein Beschwerdeführer über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern ([X.] 78, 58 <68>; 114, 258 <279>; vgl. 131, 47 <56>, jeweils m.w.[X.], stRspr). Er greift nicht nur dann ein, wenn eine anderweitige Möglichkeit besteht, die Verfassungswidrigkeit des [X.] Akts der öffentlichen Gewalt geltend zu machen. Es genügt, wenn dessen Beseitigung aus anderen Gründen erreicht werden kann ([X.] 78, 58 <69>), also die Möglichkeit besteht oder bestand, ohne Inanspruchnahme des [X.] im praktischen Ergebnis dasselbe zu erreichen ([X.] 33, 247 <258>; 51, 130 <139>). Beruht ein Eingriffsakt auf einer grundrechtsverletzenden Regelung, die Ausnahmen vorsieht, so muss der Beschwerdeführer vor der Erhebung der Verfassungsbeschwerde versuchen, die Beseitigung des [X.] unter Berufung auf die Ausnahmeregelung zu erwirken oder ihn abzuwenden, wenn dies nicht offensichtlich aussichtslos ist (vgl. [X.] 78, 58 <69>). Dazu gehört auch, dass der Betroffene eines Bußgeldverfahrens, für den zuvor die Möglichkeit bestand, eine Ausnahmegenehmigung für das mit Bußgeld bedrohte Verhalten zu erlangen, um eine solche Ausnahmegenehmigung regelmäßig zunächst nachsuchen und gegen eine ablehnende Behördenentscheidung gegebenenfalls den Verwaltungsrechtsweg beschreiten muss (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des [X.] vom 6. Dezember 2002 - 1 BvR 1409/02 -, juris, Rn. 5 ff.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 22. Dezember 2000 - 1 BvR 2043/00 -, juris, Rn. 4 f.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 17. Februar 1999 - 1 BvR 2488/95 -, juris, Rn. 2 ff.; Beschluss der [X.] des [X.] vom 5. Dezember 2005 - 1 BvR 1730/02 -, juris, Rn. 13; zum Fall eines Strafverfahrens vgl. auch [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 20. Januar 2000 - 2 BvR 2382/99 -, juris, Rn. 4).

b) Diesen Anforderungen wird die Verfassungsbeschwerde nicht gerecht.

aa) Der Beschwerdeführer hat weder vorgetragen noch ist sonst ersichtlich, dass er gemäß § 10 Abs. 1 [X.] eine Ausnahmegenehmigung von dem Filmvorführungsverbot (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) bei dem hierfür zuständigen Regierungspräsidenten beantragt hat. Hätte der Beschwerdeführer eine solche Ausnahmegenehmigung erhalten, wäre es von vornherein nicht zur Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens gekommen.

bb) Das Stellen eines Antrags auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 10 Abs. 1 [X.] wäre dem Beschwerdeführer auch zumutbar gewesen, da der Antrag nicht offensichtlich aussichtslos oder sinnlos gewesen wäre und auch sonst durch die Antragstellung keine ersichtlichen Nachteile gedroht hätten (vgl. dazu [X.] 68, 376 <381>; 78, 58 <69>; 79, 1 <20>).

§ 10 Abs. 1 [X.] setzt tatbestandlich neben dem "Vorliegen eines dringenden Bedürfnisses" voraus, dass mit der Ausnahme "keine erhebliche Beeinträchtigung des Sonn- und Feiertagsschutzes verbunden ist". Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wäre nach der bisherigen Rechtsprechung der [X.] Verwaltungsgerichte nicht offensichtlich zu verneinen gewesen. So hat das Oberverwaltungsgericht für das Land [X.] hinsichtlich § 10 Abs. 1 [X.] bereits ausgeführt, dass auch der Grundrechtsschutz einer Veranstaltung grundsätzlich ein "dringendes Bedürfnis" im Sinne der Norm begründen kann; insbesondere sei das Spannungsverhältnis zwischen der Religionsausübungsfreiheit und dem Feiertagsschutz im Rahmen des § 10 [X.] zu lösen (vgl. OVG [X.], Beschluss vom 23. März 2015 - 4 [X.]/15 -, juris, Rn. 9). Dementsprechend wäre das Merkmal "dringendes Bedürfnis" auch nicht eng im Sinne einer objektiven Notwendigkeit zu verstehen. Allenfalls ein bloßes wirtschaftliches Interesse genügt nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nicht für den Erhalt einer Ausnahmegenehmigung (vgl. OVG [X.], Beschluss vom 23. März 2015 - 4 [X.]/15 -, juris, Rn. 17; [X.], Urteil vom 26. April 2006 - 3 K 128/06 -, juris, Rn. 33; VG Düsseldorf, Beschluss vom 24. März 2005 - 3 L 585/05 -, juris, Rn. 8). Im Fall des Beschwerdeführers dürfte für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung - soweit er die Zuordnung der Veranstaltung zum Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 GG oder der Art. 5 und 8 GG hinreichend darlegt - auch sprechen, dass durch die Art und Weise der Filmvorführung in einem geschlossenen Raum mit einer geringen Teilnehmerzahl keine konkreten Auswirkungen zu besorgen waren, die den äußeren Ruherahmen des mit einem besonderen Stilleschutz ausgestatteten Tages hätten beeinträchtigen können. Auch in den angegriffenen Entscheidungen ist solches nicht festgestellt worden. Das Erfordernis, dass mit der Ausnahmeerteilung keine erhebliche Beeinträchtigung der Sonn- und Feiertagsruhe verbunden sein darf, dürfte damit ebenfalls erfüllt gewesen sein. Dies gilt vor allem auch im Hinblick auf die inzwischen ergangene Entscheidung des [X.] zum Feiertagsschutz (Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 1 BvR 458/10 -, juris - "[X.]-Entscheidung"). Hiernach muss der Gesetzgeber Ausnahmen von den Veranstaltungsverboten an stillen Feiertagen wie dem [X.] für solche Veranstaltungen vorsehen, die dem Schutz der Versammlungsfreiheit oder der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit, auch in ihrer Ausprägung als Weltanschauungsfreiheit, unterfallen. Eine solche Ausnahme sieht § 10 Abs. 1 [X.] gerade vor.

2. Darüber hinaus zeigt die Verfassungsbeschwerde die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht in hinreichend substantiierter Weise auf.

a) Eine § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 [X.] genügende Begründung der Verfassungsbeschwerde setzt voraus, dass der die Rechtsverletzung enthaltende Vorgang substantiiert und schlüssig vorgetragen wird. Bei einer gegen eine gerichtliche Entscheidung gerichteten Verfassungsbeschwerde hat der Beschwerdeführer sich mit dieser inhaltlich auseinanderzusetzen. Es muss deutlich werden, inwieweit durch die angegriffene Maßnahme das bezeichnete Grundrecht verletzt sein soll (vgl. [X.] 130, 1 <21> m.w.[X.]). Die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung ist deutlich zu machen ([X.] 108, 370 <386>). Soweit das [X.] für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden ([X.] 77, 170 <214 ff.>; 101, 331 <345 f.>; 130, 1 <21>). Es bedarf also einer umfassenden einfachrechtlichen und verfassungsrechtlichen Aufarbeitung der Rechtslage (vgl. [X.]K 20, 327 <329>).

b) Diesen Anforderungen genügen die erhobenen Grundrechtsrügen nicht.

aa) Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1 und 3 GG geltend macht, fehlt es an der Darstellung und näheren Auseinandersetzung mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben (vgl. etwa [X.] 55, 72 <88>; 88, 87 <96 f.>; 133, 377 <407 f.> m.w.[X.]). Er differenziert weder klar zwischen Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 GG noch zwischen den verschiedenen Ansatzpunkten einer Ungleichbehandlung (Religionsgemeinschaften oder einzelne Personen, Feiertagsschutz allgemein oder konkrete Maßnahme). Zur substantiierten Darlegung einer Verletzung von Art. 3 GG ist es jedoch erforderlich, aufzuzeigen, zwischen welchen konkreten Vergleichsgruppen eine Ungleichbehandlung bestehen soll und inwieweit es sich bei den gebildeten Vergleichsgruppen um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte handelt; zudem gilt es, sich mit naheliegenden Gründen für eine Differenzierung auseinanderzusetzen (vgl. [X.] 130, 151 <174 f.>; 131, 66 <82>). Der Beschwerdeführer setzt sich auch nicht substantiiert mit der in diesem Zusammenhang naheliegenden Frage auseinander, ob Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 [X.] einen Rechtfertigungsgrund für einen besonderen Schutz auch christlich verwurzelter Feiertage darstellt (vgl. dazu [X.] 125, 39 <82 ff.> sowie nunmehr auch [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 1 BvR 458/10 -, juris, Rn. 59 ff. - "[X.]-Entscheidung").

bb) Ebensowenig legt der Beschwerdeführer hinsichtlich der gerügten Verletzung von Art. 4 Abs. 1 und 2 GG anhand der verfassungsrechtlichen Maßstäbe eine Grundrechtsverletzung inhaltlich nachvollziehbar dar; er setzt sich mit möglichen Rechtfertigungsgründen, insbesondere der Reichweite von Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 139 [X.] nicht auseinander (vgl. zu letzterem [X.] 125, 39 <82 ff.> sowie nunmehr auch [X.], Beschluss vom 27. Oktober 2016 - 1 BvR 458/10 -, juris, Rn. 59 ff. - "[X.]-Entscheidung"). Er begründet nicht substantiiert, inwiefern sein eigenes Verhalten Schutz durch die Religions- oder Weltanschauungsfreiheit genießt. Vielmehr beschränkt sich seine Darlegung auf das nach seiner Ansicht erforderliche Maß des Schutzes der Religionsfreiheit anderer.

Soweit der Beschwerdeführer "umfassend" auf die Beschwerdebegründung im Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 458/10 ("[X.]-Entscheidung") verweist, genügt auch dies nicht den Begründungsanforderungen an eine Verfassungsbeschwerde. Insofern ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des [X.], sich aus pauschalen Verweisen das verfassungsrechtlich Relevante herauszusuchen (vgl. [X.] 80, 257 <263>; 83, 216 <228>). Zudem handelte es sich dort um einen anders gelagerten Sachverhalt.

cc) Bezüglich des gerügten Verstoßes gegen die Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) fehlt es bereits an der Darlegung, in welcher Hinsicht in dem Abspielen des [X.] eine Meinungsäußerung des Beschwerdeführers gelegen hat. Der Vorwurf der Zensur (Art. 5 Abs. 1 Satz 3 GG) entbehrt - zumal im Blick auf das enge Verständnis des Zensurbegriffs in der Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.] 33, 52 <72 f.>; 87, 209 <230>) - jeglicher Begründung.

dd) Die beanstandete Verletzung von Art. 33 GG in Verbindung mit Art. 136 und 139 [X.] hat der Beschwerdeführer ebenfalls nicht substantiiert unter Auseinandersetzung mit der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung und dem grundsätzlichen Verhältnis der Gleichheitsrechte zur föderalen Struktur der [X.] begründet (vgl. etwa [X.] 13, 54 <91>; 51, 43 <58 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 30. März 1992 - 2 BvR 1269/91 -, juris, Rn. 9; Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 2/01 -, juris, Rn. 5).

ee) Schließlich ist auch die gerügte Verletzung des [X.] (Art. 103 Abs. 2 GG) nicht substantiiert ausgeführt. Der Beschwerdeführer setzt sich nicht näher mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben zu Art. 103 Abs. 2 GG auseinander. Er geht nicht darauf ein, dass Generalklauseln oder unbestimmte, wertausfüllungsbedürftige Begriffe im Strafrecht und hier im Ordnungswidrigkeitenrecht nicht von vornherein verfassungsrechtlich zu beanstanden sind, sofern sie sich mit Hilfe der üblichen Methoden auslegen und anwenden lassen (vgl. hierzu [X.] 45, 363 <371 f.>; 86, 288 <311>; 131, 268 <307>; das gilt auch für Verweisungen der sanktionsbegründenden Norm auf andere Normen im selben Gesetz: vgl. [X.] 75, 329 <342>; 87, 399 <407>). Der Beschwerdeführer leitet die vermeintliche Unbestimmtheit des durch § 11 Abs. 1 Nr. 4 [X.] in Bezug genommenen § 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.] allein aus dessen Wortlaut her, ohne weitere Auslegungsmethoden heranzuziehen. Auf die Frage, ob und inwieweit die Akzessorietätsregelung zur Anerkennung der [X.]seignung von Filmen (§ 6 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) durch den Kultusminister oder eine von diesem bestimmte, gar nicht-öffentliche Stelle den Bestimmtheitsanforderungen noch genügt, geht er ebenfalls nicht ein.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 [X.] abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

1 BvR 1489/16

09.11.2017

Bundesverfassungsgericht 1. Senat 1. Kammer

Nichtannahmebeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend OLG Hamm, 27. Mai 2016, Az: III-2 RBs 59/16, Beschluss

Art 3 Abs 1 GG, Art 3 Abs 3 GG, Art 4 Abs 1 GG, Art 4 Abs 2 GG, Art 5 Abs 1 S 1 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 33 GG, Art 136 GG, Art 139 GG, Art 140 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 90 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 6 Abs 3 Nr 3 FeiertG NW, § 10 Abs 1 FeiertG NW, § 11 Abs 1 Nr 4 FeiertG NW, Art 136 WRV, Art 139 WRV

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 09.11.2017, Az. 1 BvR 1489/16 (REWIS RS 2017, 2613)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2613

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

1 BvR 442/18

Zitiert

1 BvR 458/10

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