Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 242/12

1. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 4788

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

ZIVIL- UND ZIVILVERFAHRENSRECHT BUNDESGERICHTSHOF (BGH) UNLAUTERER WETTBEWERB HAFTUNG MANAGER GESCHÄFTSFÜHRERHAFTUNG

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Unlauterer Wettbewerb einer GmbH: Persönliche Haftung des Geschäftsführers - Geschäftsführerhaftung


Leitsatz

Geschäftsführerhaftung

1. Der Geschäftsführer haftet für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft nur dann persönlich, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen.

2. Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern.

3. Der Geschäftsführer haftet allerdings persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 13. November 2012 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein Gasversorgungsunternehmen, das Verbraucher mit Erdgas beliefert. Der Beklagte zu 2 ist alleiniger Geschäftsführer der im Ausgangsverfahren ebenfalls beklagten [X.] (im Folgenden Beklagte zu 1). Diese vertrieb im Jahr 2009 im Auftrag der [X.], eines Wettbewerbers der Klägerin, [X.] und beauftragte hierzu selbständige Handelsvertreter, die den Vertrieb ihrerseits durch eigene Mitarbeiter oder Dritte im Wege der Haustürwerbung durchführten.

2

Die Klägerin hat behauptet, die bei der Haustürwerbung eingesetzten Werber hätten versucht, Verbraucher mit unzutreffenden und irreführenden Angaben zur Kündigung ihrer [X.] mit der Klägerin und zum Abschluss neuer Verträge mit der [X.] zu bewegen. Sie meint, neben der Beklagten zu 1 hafte auch der Beklagte zu 2 persönlich, da er von den Verstößen Kenntnis gehabt und seinen Betrieb jedenfalls nicht so organisiert habe, dass er die Einhaltung von Rechtsvorschriften habe sicherstellen können.

3

Das [X.] hat die Beklagten unter Androhung von [X.] verurteilt, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Vertrieb von [X.]n gegenüber Verbrauchern zu behaupten,

1. ihre Mitarbeiter (i) kämen im Auftrag der Klägerin und/oder ([X.]) es bestehe sonst eine rechtliche oder geschäftliche Verbindung zwischen der [X.] und der Klägerin und/oder ([X.]i) die Klägerin und die [X.] würden zusammengelegt;

2. im Zusammenhang mit einer Behauptung nach Nr. 1 zu behaupten, für den Wechsel von [X.]-Kunden zur [X.] gebe es Gutschriften oder Preisreduzierungen;

3. im Zusammenhang mit dem Wechsel von Kunden der Klägerin zur [X.] den Eindruck zu erwecken, es handele sich nicht um einen Lieferantenwechsel.

4

Außerdem hat das [X.] die Beklagten zur Auskunft verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt.

5

Auf die allein vom Beklagten zu 2 eingelegte Berufung hat das Berufungsgericht die gegen diesen gerichtete Klage abgewiesen (KG, [X.], 172 = [X.], 354).

6

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin weiterhin die Verurteilung des Beklagten zu 2. Dieser beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stünden gegen den [X.] zu 2 weder ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 und 3 Nr. 1, §§ 3, 5 Abs. 1 und 2 UWG noch die darauf bezogenen Folgeansprüche zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

8

Der [X.] zu 2 hafte unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr weder als Störer noch als Täter. Die Klägerin habe nicht substantiiert vorgetragen, wann und auf welche Weise er Kenntnis von ihren Vorwürfen erlangt habe. Eine Haftung ergebe sich auch nicht wegen eines pflichtwidrigen Unterlassens. Eine wettbewerbsrechtliche [X.], durch geeignete Maßnahmen falsche oder irreführende Darstellungen der eingesetzten Werber zu unterbinden, treffe zwar die [X.] zu 1 als Unternehmensträgerin, nicht aber den [X.] zu 2 als deren Geschäftsführer. Dieser sei grundsätzlich nur der [X.] und nicht [X.] gegenüber verpflichtet, dafür zu sorgen, dass sich die [X.] rechtmäßig verhalte. Es lägen auch keine Anhaltspunkte vor, aus denen sich eine persönliche wettbewerbsrechtliche Haftung ergeben könne, da der [X.] zu 2 nicht zu erkennen gegeben habe, gegenüber den Mitbewerbern seiner Auftraggeber persönlich die Verantwortung für ein wettbewerbskonformes Verhalten übernehmen zu wollen. Ebenso wenig hafte er wegen eines Organisationsverschuldens. Die Haftung für Organisationsmängel treffe primär die [X.]. Soweit daneben eine Eigenhaftung des Geschäftsführers überhaupt in Betracht komme, lägen jedenfalls im Streitfall keine derart gewichtigen Umstände und Rechtsverletzungen vor, die eine persönliche Erfolgsabwendungspflicht des [X.] zu 2 begründen könnten. Die Auslagerung des Direktvertriebs auf selbständige Dritte, die provisionsabhängig Haustürwerbung betrieben, begründe ebenfalls keine erhöhte Gefahr für die Begehung von [X.]verstößen.

9

Auch unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr bestehe kein Unterlassungsanspruch, da keine Anhaltspunkte für ein künftiges rechtswidriges Verhalten des [X.] zu 2 vorlägen, nachdem die durch ihn vertretene [X.] zu 1 die Unlauterkeit der angegriffenen Behauptungen nicht in Abrede gestellt und ihre Unterlassungsverpflichtung durch Verzicht auf Rechtsmittel gegen das erstinstanzliche Urteil anerkannt habe.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine persönliche Haftung des [X.] zu 2 für [X.]verstöße der von ihm vertretenen [X.] zu Recht verneint.

1. Zutreffend und von der Revision unbeanstandet ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass eine Haftung des [X.] zu 2 als Störer im Zusammenhang mit den [X.]verstößen der [X.] zu 1 nicht in Betracht kommt. Als Störer kann nach der Rechtsprechung des [X.]s bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer - ohne Täter oder Teilnehmer zu sein - in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 15. August 2013 - [X.], [X.], 1030 Rn. 30 = [X.], 1348 - File-Hosting-Dienst, mwN). Für Fälle des sogenannten [X.], um die es bei [X.]verstößen geht und in denen keine Verletzung eines absoluten Rechts in Rede steht, kann die Passivlegitimation nach der neueren [X.]srechtsprechung dagegen allein nach den deliktsrechtlichen Kategorien der [X.]chaft und Teilnahme begründet werden ([X.], Urteil vom 22. Juli 2010 - I ZR 139/08, [X.], 152 Rn. 48 = [X.], 223 - Kinderhochstühle im [X.]; Urteil vom 12. Juli 2012 - [X.], [X.], 301 Rn. 49 = [X.], 491 - Solarinitiative).

2. Auch soweit das Berufungsgericht eine Haftung des [X.] zu 2 als Täter für die mit den Klageanträgen zu I 1 bis 3 beanstandeten [X.]verstöße verneint hat, hält das Berufungsurteil rechtlicher Nachprüfung stand.

a) Die Frage, ob sich jemand als Täter (oder Teilnehmer) in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines [X.] - hier an den falschen oder irreführenden Darstellungen der im Auftrag der [X.] zu 1 handelnden Werber - beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen ([X.], [X.], 152 Rn. 30 - Kinderhochstühle im [X.]; [X.], Urteil vom 22. Juni 2011 - [X.], [X.], 1018 Rn. 24 = [X.], 1469 - Automobil-Onlinebörse). Täter ist danach derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer [X.]chaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB).

b) Der Geschäftsführer haftet für einen [X.]verstoß der von ihm vertretenen [X.], wenn er die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben hat (vgl. [X.], Urteil vom 19. Juni 1963 - [X.], [X.], 88, 89 - [X.]; Urteil vom 23. Mai 1985 - [X.], [X.], 1063, 1064 = WRP 1985, 694 - Landesinnungsmeister). Im Streitfall steht ein solches Verhalten des [X.] zu 2 nicht in Rede.

c) Nach der bisherigen Rechtsprechung haftet der Geschäftsführer darüber hinaus allerdings auch dann für [X.]verstöße der [X.], wenn er von ihnen Kenntnis hatte und es unterlassen hat, sie zu verhindern (vgl. nur [X.], Urteil vom 26. September 1985 - [X.], [X.], 248, 251 - Sporthosen; Urteil vom 9. Juni 2005 - I ZR 279/02, [X.], 1061, 1064 = WRP 2005, 1501 - Telefonische Gewinnauskunft). Diese Rechtsprechung, in der nicht daran angeknüpft wird, dass der gesetzliche Vertreter der juristischen Person das wettbewerbswidrige Verhalten selbst veranlasst hat, hat ihre ursprüngliche Grundlage in der Störerhaftung (vgl. [X.], [X.], 248, 251 - Sporthosen; [X.], Urteil vom 15. Januar 2009 - [X.], [X.], 841 Rn. 14 f. und 18 = [X.], 1139 - [X.]). Nach Aufgabe der Störerhaftung im Lauterkeitsrecht kann an der bisherigen Rechtsprechung in dieser Allgemeinheit nicht mehr festgehalten werden.

aa) Ein Unterlassen kann positivem [X.] nur gleichgestellt werden, wenn der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der tatbestandliche Erfolg nicht eintritt, und das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch ein [X.] entspricht. Erforderlich ist eine Garantenstellung des [X.], die ihn verpflichtet, den deliktischen Erfolg abzuwenden (vgl. [X.], Urteil vom 5. Dezember 1989 - VI ZR 335/88, [X.]Z 109, 297, 303; Urteil vom 10. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 26 Rn. 18). Eine Garantenstellung kann sich aus vorhergehendem gefährdenden [X.] (Ingerenz), Gesetz, Vertrag oder der Inanspruchnahme von Vertrauen ergeben (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 2000 - [X.], [X.], 82, 83 = [X.], 1263 - Neu in [X.] I; Urteil vom 12. Januar 2010 - 1 StR 272/09, NJW 2010, 1087 Rn. 58; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], UWG, 32. Aufl., § 8 Rn. 2.16; Hühner, [X.]-Prax 2013, 459, 460 f.). Sie muss gegenüber dem außenstehenden [X.] bestehen, der aus der Verletzung der Pflicht zur Erfolgsabwendung Ansprüche herleitet (vgl. [X.]Z 109, 297, 303; 194, 26 Rn. 20).

bb) Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere [X.]handlungen der von ihm vertretenen [X.] besteht danach nur, wenn er daran entweder durch positives [X.] beteiligt war oder wenn er die [X.]verstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen. Es kann deshalb dahinstehen, ob entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts anzunehmen ist, dass der [X.] zu 2 Kenntnis jedenfalls von einem Teil der beanstandeten Werbebehauptungen hatte, wofür insbesondere das von der [X.] zu 1 für die Haustürwerber bereitgestellte Formular "Missverständnisse vermeiden" sprechen könnte.

d) Nach diesen Grundsätzen kommt im Streitfall eine persönliche Haftung des [X.] zu 2 als Geschäftsführer nicht in Betracht.

aa) Die schlichte Kenntnis des Geschäftsführers von [X.] scheidet als haftungsbegründender Umstand aus. Erforderlich ist vielmehr grundsätzlich, dass der [X.]verstoß auf einem Verhalten beruht, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten ist. So liegt es etwa bei der rechtsverletzenden Benutzung einer bestimmten Firmierung und dem allgemeinen Werbeauftritt eines Unternehmens, über die typischerweise auf Geschäftsführungsebene entschieden wird. Dementsprechend hat der [X.] ohne weiteres eine Haftung der vertretungsberechtigten Organe einer juristischen Person für das allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens (vgl. [X.], Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, [X.], 184 Rn. 1, 32 = [X.], 194 - Branchenbuch Berg), für den Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam (vgl. [X.], Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 108/09, [X.], 1043 Rn. 5, 70 = [X.], 1454 - TÜV II) und für den allgemeinen Internetauftritt des Unternehmers (vgl. [X.], Urteil vom 19. April 2012 - [X.], [X.], 1145 Rn. 2, 36 = [X.], 1392 - Pelikan) bejaht.

bb) Erlangt der Geschäftsführer lediglich Kenntnis davon, dass bei der unter seiner Leitung stehenden Geschäftstätigkeit [X.]verstöße begangen werden oder ihre Begehung bevorsteht, trifft ihn persönlich regelmäßig auch keine wettbewerbsrechtliche [X.] im Verhältnis zu außenstehenden [X.], eine (weitere) Verletzung durch das [X.]recht geschützter Interessen von Marktteilnehmern zu verhindern.

(1) Der Haftung wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen [X.] liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenquelle schafft oder andauern lässt, die ihm zumutbaren Maßnahmen und Vorkehrungen treffen muss, die zur Abwendung der [X.] daraus drohenden Gefahren notwendig sind (vgl. [X.], [X.], 301 Rn. 51 - Solarinitiative). Im Zusammenhang mit der Haftung von Betreibern von [X.] für rechtsverletzende fremde Inhalte konkretisiert sich die wettbewerbsrechtliche [X.] als Prüfpflicht (vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 2007 - [X.], [X.]Z 173, 188 Rn. 22, 36 - [X.] bei [X.]; Urteil vom 12. Mai 2010 - I ZR 121/08, [X.]Z 185, 330 Rn. [X.] unseres Lebens). Die Haftung wegen Verletzung wettbewerbsrechtlicher [X.]en ist aber nicht auf die Verletzung von Prüfpflichten beschränkt (vgl. [X.]/Goldmann in Harte/[X.], UWG, 3. Aufl., § 8 Rn. 81). [X.]rechtliche [X.]en können sich ebenso als Überwachungs- und Eingreifpflichten konkretisieren (vgl. [X.] in [X.]/[X.], UWG aaO § 8 Rn. 2.10).

Solche [X.]en können auch das Organ einer [X.] treffen. Sie stellen sich als Garantenpflicht aus vorangegangenem gefahrbegründenden Verhalten dar (vgl. [X.], [X.], 82, 83 - Neu in [X.] I; Urteil vom 28. Juni 2007 - [X.], [X.], 186 Rn. 21 = [X.], 220 - Telefonaktion). Verstößt das Organ einer juristischen Person, das in seiner beruflichen Tätigkeit nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG als Unternehmer im Sinne des [X.] behandelt wird, gegenüber Verbrauchern gegen eine wettbewerbliche [X.], so entspricht sein Handeln nicht den Erfordernissen fachlicher Sorgfalt (§ 3 Abs. 2 UWG). Im Verhältnis zu anderen Marktteilnehmern handelt das [X.] unlauter gemäß § 3 Abs. 1 UWG (vgl. Bergmann/Goldmann in Harte/[X.] aaO § 8 Rn. 83 f.; [X.] in [X.]/[X.] aaO § 8 Rn. 2.8).

(2) Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen aber keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden [X.], [X.]verstöße der [X.] zu verhindern ([X.] in Harte/[X.] aaO § 8 Rn. 118). Die nach § 43 Abs. 1 GmbHG und § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG dem Geschäftsführer einer GmbH und den Mitgliedern des Vorstands einer Aktiengesellschaft obliegende Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung umfasst zwar auch die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass Rechtsverletzungen - wie etwa [X.]verstöße - unterbleiben. Diese Pflicht besteht aber grundsätzlich nur gegenüber der [X.] und nicht auch im Verhältnis zu außenstehenden [X.] (vgl. [X.]Z 109, 297, 303; [X.], Urteil vom 13. April 1994 - [X.], [X.]Z 125, 366, 375; [X.]Z 194, 26 Rn. 22 f.). Es kann zudem nicht außer Betracht bleiben, dass dem Geschäftsführer im Fall einer generellen Haftung für [X.]verstöße ein kaum kalkulierbares Risiko auferlegt würde (vgl. [X.], [X.], 248, 251 - Sporthosen).

(3) Eine Erfolgsabwendungspflicht des Geschäftsführers kann sich zwar in begrenztem Umfang aufgrund besonderer Umstände ergeben ([X.]Z 109, 297, 303; 125, 366, 375; 194, 26 Rn. 24; [X.], Urteil vom 28. April 2008 - [X.], [X.]Z 176, 204 Rn. 38; MünchKomm.GmbHG/[X.], § 43 Rn. 339, 350; [X.]/Ziemons in [X.], GmbHG, 2. Aufl., § 43 Rn. 343 ff.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], GmbHG, 20. Aufl., § 43 Rn. 77 f.). Die Revision meint dazu, der [X.] zu 2 hafte aufgrund einer [X.]verletzung, weil er in seiner Rolle als organschaftlicher Vertreter der [X.] zu 1 durch eine unzureichende Betriebsorganisation eine gesteigerte Gefahr für die Begehung massenhafter, systematischer sowie grober [X.]verstöße geschaffen oder diese jedenfalls begünstigt habe.

Die Revision macht damit aber allein Umstände geltend, die die Pflicht des [X.] zu 2 betreffen, den von ihm vertretenen Betrieb in einer Weise zu organisieren, die es ihm ermöglicht, die Einhaltung der Regeln des lauteren [X.] sicherzustellen. Damit kann sie keinen Erfolg haben. Der [X.] zu 2 haftet [X.] - wie dargelegt (Rn. 23) - nicht schon allein aufgrund seiner der [X.] gegenüber bestehenden Verpflichtung, ein rechtmäßiges Verhalten der [X.] sicherzustellen.

(4) Die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen [X.] im Zusammenhang mit der Organisation der von ihm vertretenen [X.] ist allerdings zu erwägen, wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit entzieht, überhaupt Kenntnis von etwaigen [X.]verstößen in seinem Unternehmen oder von ihm beauftragter Drittunternehmen zu nehmen und dementsprechend Einfluss zu ihrer Verhinderung ausüben zu können. In der Rechtsprechung ist dies angenommen worden, wenn ein Geschäftsführer sich dauerhaft im Ausland aufhält (vgl. [X.], [X.] 1983, 595; [X.], [X.]-RR 2002, 240, 243; [X.]-RR 2006, 182, 183). So liegt der Fall hier indes nicht. Dass die in Rede stehenden [X.]verstöße räumlich entfernt vom Geschäftssitz der [X.] zu 1, an dem der [X.] zu 2 seine Geschäftsführertätigkeit ausübt, begangen wurden, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Revision nicht die Annahme, dieser habe bewusst davon abgesehen, sich die Möglichkeit vorzubehalten, die im Außendienst tätigen Werber zu kontrollieren und Einfluss auf sie auszuüben.

(5) Anders als die Revision meint, kann auch nicht angenommen werden, dass der [X.] zu 2 sich durch die Auslagerung der Haustürwerbung auf Dritte bewusst der Möglichkeit begeben hat, durch direkte arbeitsrechtliche Weisungen und enge Kontrollen [X.]verstöße der Werber von vornherein zu unterbinden oder unverzüglich abzustellen.

Die gegenteilige Ansicht der Revision hätte zur Folge, dass mit jeder Beauftragung eines Subunternehmers die wettbewerbsrechtliche [X.] verbunden wäre, für die Einhaltung der [X.]vorschriften durch die Mitarbeiter der Subunternehmer zu sorgen. Das kann aber schon deshalb nicht angenommen werden, weil die Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unternehmen eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Unternehmensentscheidung ist, die nicht per se als Gefahrenquelle für [X.]verstöße angesehen werden kann. Dass der [X.] zu 2 Unternehmen mit der Durchführung der Vertriebstätigkeit beauftragt hat, bei denen er von vornherein mit [X.]verstößen hätte rechnen müssen, ist weder festgestellt noch vorgetragen worden.

(6) Auch die Aufnahme der [X.] für die [X.] als solche begründet keine wettbewerbsrechtliche [X.] des [X.] zu 2. Die im Auftrag der [X.] zu 1 betriebene Haustürwerbung war grundsätzlich zulässig. Anders als für die Prüfung einer wettbewerbsrechtlichen [X.] der [X.] zu 1 ist es für die Frage, ob der [X.] zu 2 als Geschäftsführer persönlich haftet, dann unerheblich, ob Haustürwerbung allgemein oder jedenfalls - wie die Revision behauptet - im Zusammenhang mit der Vermittlung von Gaslieferverträgen eine für [X.]verstöße besonders anfällige Vertriebsform ist. Eine zur persönlichen Haftung des Geschäftsführers führende Gefahrenlage ist in der Aufnahme oder Ausübung einer legalen Geschäftstätigkeit als solcher nicht zu sehen. Denn bei der Frage, ob wettbewerbsrechtliche [X.]en des Geschäftsführers in Betracht kommen, sind die gesellschaftsrechtlichen Haftungsgrundsätze, die vorstehend dargestellt sind, zu berücksichtigen (oben Rn. 23 f.). [X.]rechtliche [X.]en des Organs einer [X.] können daher nicht in einem weiten, die Haftungsschranken des [X.]srechts durchbrechenden Umfang, sondern nur bei Hinzutreten besonderer Umstände angenommen werden, die über die allgemeine Verantwortlichkeit für die Betriebsorganisation hinausgehen (vgl. [X.], [X.] 1994, 6, 12; [X.], GmbHR 2005, 1235, 1241 f.; Messer in Festschrift [X.], 2006, S. 769, 778 f.).

(7) Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, rechtfertigt auch die weitgehend erfolgsabhängige Bezahlung der Werber keine abweichende Beurteilung. Dabei handelt es sich um ein übliches und verbreitetes Mittel zur Motivation von Vertriebsmitarbeitern. Es ist weder für sich allein noch in Kombination mit anderen zulässigen Instrumenten des Waren- und Dienstleistungsabsatzes geeignet, eine wettbewerbsrechtliche [X.] des Geschäftsführers aufgrund vorangegangenen gefährdenden [X.]s zu begründen.

(8) Allerdings haftet der Geschäftsführer persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen [X.], wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. [X.], [X.], 841 Rn. 21 f. - [X.]). Dafür bestehen vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.

cc) Eine Garantenstellung und damit die Haftung eines [X.]sorgans kann auch dadurch begründet werden, dass es über seine ihm gegenüber der [X.] obliegenden Pflichten hinaus eine weitere Erfolgsabwendungspflicht [X.] gegenüber persönlich übernommen hat (vgl. [X.]Z 194, 26 Rn. 26; [X.], [X.] 1994, 6, 12). Daran wird es indes bei [X.]verstößen regelmäßig fehlen, da die Parteien im Vorfeld eines Verstoßes vielfach nicht miteinander in Kontakt oder in einer Geschäftsbeziehung stehen, aus der heraus das Organ einer [X.] ein besonderes, unter Umständen haftungsbegründendes Vertrauen erzeugen könnte. Das Berufungsgericht hat insoweit ohne Rechtsfehler angenommen, der [X.] zu 2 habe nicht zu erkennen gegeben, gegenüber der Klägerin persönlich die Verantwortung für den Schutz eines lauteren [X.] übernehmen zu wollen. Diese Beurteilung greift die Revision nicht an.

e) Eine Gehilfenhaftung des [X.] zu 2 kommt ebenfalls nicht in Betracht. Er hat die beanstandeten unlauteren [X.]handlungen nicht durch positives [X.] unterstützt. Eine Beihilfe durch Unterlassen scheidet schon deshalb aus, weil es jedenfalls an der dafür erforderlichen Rechtspflicht des [X.] zu 2 zur Erfolgsabwendung fehlt (vgl. [X.], [X.], 152 Rn. 34 - Kinderhochstühle im [X.]).

f) Das Berufungsgericht hat zu Recht auch eine Haftung des [X.] zu 2 unter dem Gesichtspunkt der Erstbegehungsgefahr verneint.

Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch setzt voraus, dass ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine in naher Zukunft konkret drohende Rechtsverletzung bestehen (vgl. [X.], [X.], 841 Rn. 8 - [X.], mwN). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es daran im Streitfall fehlt und der [X.] zu 2 insbesondere auch durch sein Verhalten im Prozess keinen Anlass für die Annahme gegeben hat, er werde sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten (vgl. [X.], Urteil vom 31. Mai 2001 - [X.], [X.], 1174, 1175 = [X.], 1076 - Berühmungsaufgabe; Urteil vom 17. August 2011 - [X.], [X.]Z 191, 19 Rn. 44 - Stiftparfüm).

3. Da die Unterlassungsansprüche unbegründet sind, hat das Berufungsgericht auch die darauf bezogenen Folgeansprüche zu Recht abgewiesen.

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Büscher     

        

Pokrant     

        

Richter am [X.] Prof. Dr. Schaffert
ist in Urlaub und daher verhindert
zu unterschreiben.

                                   

Büscher

        

Kirchhoff     

        

Koch     

        

Meta

I ZR 242/12

18.06.2014

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 13. November 2012, Az: 5 U 30/12, Urteil

§ 8 Abs 1 UWG, § 43 Abs 1 GmbHG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.06.2014, Az. I ZR 242/12 (REWIS RS 2014, 4788)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 4788

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I ZR 242/12 (Bundesgerichtshof)


I ZR 33/16 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß: Bereithaltung von Taxen für Beförderungsaufträge außerhalb behördlich zugelassener Stellen; Anspruch eines Fachverbandes auf Erstattung …


I ZR 155/21 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht des Rundfunkveranstalters zur Prüfung von Werbespots auf Rechtsverstöße: Haftung des Rundfunkveranstalters bei Übertragung …


I ZR 194/20 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbswidrige Glücksspielwerbung: Klagebefugnis des Bundesverbandes der Glücksspielunternehmen; Vorliegen eines Mischverbands; Fernsehwerbung für Glücksspielangebote auf einer …


I ZR 94/13 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsrecht: Konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Betreiber eines Hotels und dem mit einem Hotelbewertungsportal verknüpften Anbieter …


Literatur & Presse BETA

Diese Funktion steht nur angemeldeten Nutzern zur Verfügung.

Anmelden
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.